Botschafter des Heils in Christo Inhaltsverzeichnis: 1935 | Seite |
Inhaltsverzeichnis 1935 | 1 |
Gottes Treue | 7 |
Ihr seid das Salz der Erde | 16 |
Evangelium und evangelisieren | 22 |
Unterredungen über den zweiten Brief an die Korinther | 28 |
Drückt dich die Last (Gedicht) | 29 |
Ihr seid das Licht der Welt | 46 |
Weg und Dienst | 55 |
Ein gutes Rezept | 56 |
Stephanus | 57 |
Etwas über die Leiden des Herrn | 71 |
Vom Segen fröhlichen Gebens | 76 |
Kurze Worte, die uns etwas zu sagen haben | 78 |
Ein echter Diener | 79 |
Er muss wachsen, ich aber abnehmen | 80 |
Fragen aus dem Leserkreise | 83 |
Niedergang und Aufstieg | 85 |
Und es nahm das Buch | 104 |
Reinigt die Straße von Steinen | 105 |
Nichts — und doch alles (Gedicht) | 112 |
Eine Frage für jeden | 113 |
Archippus | 121 |
Glieder Seines Leibes | 134 |
Stimmen zum »Gebet des Herrn« | 139 |
Erhalt uns Herr, bei Deinem Wort! (Gedicht) | 140 |
Für mich Und dich | 141 |
Gesunde Lehre | 148 |
Der Bräutigam kommt | 161 |
Aufrichtigkeit (Gedicht) | 168 |
Über die Zucht | 169 |
Bemerkungen zum Brief an die Philipper | 180 |
Christus - unser Hoherpriester | 189 |
In Gemeinschaft sein | 259 |
Die Geburt Moses | 225 |
Welches Todes Er sterben solltet | 269 |
Jesus Christus — unser Sachwalter | 320 |
Wer sein Leben liebt, wird es verlieren | 289 |
Die Worte Agurs, des Sohnes Jakes | 300 |
Ach, wäre mein Gemüte so! (Spruch) | 308 |
Die Bibel | 309 |
Das Bekenntnis Justins, des Märtyrers | 328 |
Wendung (Gedicht) | 332 |
Botschafter
des
Heils in Lhrifto
„Der Herr ist nahe." (Phil. 4, 5.)
Dreiundachtzigster Jahrgang
Verlag von R. Brockhaus
Wuppertal-Elberfeld
1935
Gedruckt bet z. u.V. Srockhsus, L.-G.,VuppertÄl-rtberfel!>
Inhaltsverzeichnis
Seite
Gottes Treue ............................................................ . 1
„Ihr seid das Salz der Erde"..................................... 7
Evangelium und evangelisieren ..... 76. 49
Unterredungen über den zweiten Brief an die
Korinther.... 22. 38. 64. 97. 427. 454
Drückt dich die Last? (Gedicht) ...... 28
Ihr seid das Licht der Welt........................ - - - 29
Weg und Dienst...................................................... . 46
Gedanken .......................................... 55. 444
Ein gutes Rezept....................................................................56
Stephanus ............ 57
Etwas über die Leiden des Herrn ...... 74
Vom Segen fröhlichen Gebens . . . . . . .76
Kurze Worte, die uns etwas zu sagen haben . . . 78
Ein echter Diener ................................................ 79
„E r muß wachsen, i ch aber abnehmen" .... 80
Fragen aus dem Leserkreise .... 83. 466. 334
Niedergang und Aufstieg.................................... . 85
„Und es nahm das Buch" ................................................404
„Reinigt die Straße von Steinen!"............................. 408
Nichts — und doch alles (Gedicht)................................... 442
Eine Frage für jeden........................................................... 443
Archippus ...................................................... 424
„Glieder Seines Leibes" ................................................434
Stimmen zum „Gebet des Herrn" . ..... 439
Erhalt'uns, Herr, bei Deinem Wort! (Gedicht). . 440
Seite
„Für mich und dich"........................................................... 141
Gesunde Lehre....................................................................... 148
Der Bräutigam kommt!..................................................... 161
Aufrichtigkeit (Gedicht)..................................................... 168
Über die Jucht...........................................................169. 197
Bemerkungen zum Brief an die Philipper
180. 210. 247. 274
Christus — unser Hohepriester . 189. 219. 2Z7. 259
„In Gemeinschaft sein" ......... 225
Die Geburt Moses'........................................................... 253
„Welches Todes Er sterben sollte!" .... 269
Jesus Christus — unser Sachwalter. . . .281. 320
„Wer sein Leben liebt, wird es verlieren . . . 289
Die Worte Agurs, des Sohnes Jakes. . . 300. 312
Ach, wär' mein Gemüte so! (Spruch)............................. 308
Die Bibel ........................................................................ 309
Das Bekenntnis Justins, des Märtyrers . . .328
Wendung (Gedicht) . ..................................................... 332
Gottes Treue
„Ein Gott der Treue und sonder Trug." So nennt
Ihn schon MoseS in seinem herrlichen Liede. (Lies 5. Mose
32.) „Gott ist treu", heißt es im Neuen Testament,
(r. Kor. r, y; ro, t3.) Das gilt für alle Zeit.
In reichem Maße hat der Prophet Daniel erfahren,
daß Gott sich zu Seinem Wort bekennt und zu denen, die
auf Ihn harren. Mag auch der Zustand des Volkes Gottes
auf dem niedrigsten Stand angelangt sein, dennoch
antwortet Gott dem einzelnen, der zu Ihm ruft. Dafür
bietet die Geschichte dieses Mannes ermunternde Beispiele.
Daniel zählte zu den vornehmen Jünglingen aus Juda
(Dan. t, 3. 6), die ausgesucht wurden, um in unmittelbarer
Nähe des Königs Beamtendienste zu tun (V. 5),
nachdem sie drei Jahre an seinem Hof eine entsprechende
Erziehung genossen hatten. Somit lag eine glänzende Laufbahn
vor ihm, Grund genug — so würden sicher viele an
Daniels Stelle gedacht haben —, sich möglichst schnell und
vollkommen allem anzupassen und alles zu tun, was geeignet
schien, sich die Gunst des gewaltigen Herrschers
zu sichern.
Welch großes persönliches Interesse der König an den
vier auserlesenen israelitischen Jünglingen nahm, geht
wohl am besten aus der Tatsache hervor, daß er ihnen von
seiner eigenen Tafelkost und von seinem Wein verordnete.
Offenbar lag ihm daran, die jungen Männer in jeder
Hinsicht für den vorgesehenen Dienst an seinem Hof vorzubereiten.
t^XXXIII 1
2
Doch der Gedanke an Tafelkost und Wein des Königs
erfreute Daniel nicht, denn diese Dinge bedeuteten
für den gottesfürchtigen Israeliten Verunreinigung. Die
Lage war nicht so einfach: Der König hatte das Essen und
Trinken angeordnet, sei es als Beweis königlicher Huld
oder aus Zweckmäßigkeitsgründen, und der zur Erziehung
am Hofe weilende Jüngling, Sohn eines unterjochten Volkes,
hätte, menschlich gesprochen, alle Ursache gehabt, die
Gnade des Königs nicht zu verscherzen. Zweifellos gab es
Kämpfe für Daniel. Aber das Ergebnis dieser Kämpfe
war, daß er sich in seinem Herzen vornahm, sich durch
Kost und Wein des Königs n i ch t zu verunreinigen. Glücklicher
Daniel! Durch diesen Herzensentschluß ist deine Sache
Gottes eigene Angelegenheit geworden. Du hast
dich für Ihn entschieden und hast damit das deinige getan.
Alles übrige darfst du jetzt getrost Gott überlassen.
Und Gott half unmittelbar. Er „gab Daniel Gnade"
in den Augen der beiden Beamten, mit denen er in dieser
Sache redete. Seiner Bitte, einen zehntägigen Versuch mit
ihm anzustellen unter Verwendung von Gemüsekost, wurde
entsprochen. Der Versuch hatte einen überraschenden Erfolg.
Gemüse und Wasser war wohl kaum die Kost, von
der zu erwarten stand, daß sie den, der davon lebte, nach
zehn Tagen „besser und völliger an Fleisch" aussehen ließ
als den, der „die Tafelkost des Königs" aß.
Sicher hat Daniel in diesen Tagen neue Kämpfe bestanden
(denn wo wäre Glaube ohne Kampf?), wenn sein
Auge die zweifellos sehr gute und nahrhafte Kost der Königstafel
sah. Aber: „Er wird kein Gutes vorenthalten denen,
die in Lauterkeit wandeln". Daniel erfuhr die Wahrheit
dieses Wortes. Und es kann nicht anders sein. Da
z
niels Gottesfurcht war der Grund seiner Enthaltsamkeit.
Somit konnte er uneingeschränkt auf Gott rechnen.
Es möchte nützlich sein, bei dieser Gelegenheit die öfters
vertretene Auffassung zu besehen, als ob die Gläubigen
der Jetztzeit hinsichtlich des Irdischen überhaupt keine
göttlichen Zuwendungen zu erwarten hätten, weil sie doch
keine Verheißungen für diese Erde haben. Man findet mitunter
derartige Ansichten da, wo ein offenkundig verkehrter
Weg üble Folgen gehabt hat und man nicht
geneigt ist, die gegebene Lage zu sehen, wie sie ist, und die
Folgen als Ernte einer bösen Saat anzuerkennen. Nun ist
ja kein Zweifel, daß die Gläubigen unserer Tage, die Kinder
Gottes, der Leib des im Himmel befindlichen verherrlichten
Hauptes, die Braut des Lammes, die Glieder Christi,
angeleitet werden, diesen verschiedenen, unzweideutig
auf die himmlische Stellung hinweisenden Berufungen zu
entsprechen. Auch ist es wahr, daß die Schriften des Neuen
Testaments Verheißungen für das Volk Gottes hinsichtlich
dieser Erde nicht enthalten, weil eben dieses Volk
der neuen Schöpfung angehört, deren Haupt der verherrlichte
Christus ist. Wozu sollen einem mit Christo verbundenen
Fremdling Verheißungen gegeben werden für eine
Zeit und für einen Ort, die er beide aufgeben möchte, um
bei Christo zu sein? Wozu irdische Verheißungen für den
Menschen Gottes, der dem Himmel angehört, der berufen
ist, zu suchen, „was droben ist, wo der Christus ist",
und zu sinnen auf das, „was droben ist, ni cht auf das,
wasauf der Erde ist"? Dennoch hebt dies alles die
Tatsache nicht auf, daß auch der Gläubige, solange er auf
dieser Erde lebt, den für sie geltenden Bedingungen und
Gesetzen unterworfen ist. So werden in Eph. b, 2. 3 die
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Kinder ausdrücklich auf eine für die Erde gegebene Verheißung
hingewiesen. Und Petrus benutzt eine Stelle aus den
Psalmen, welche die Segnung des Gerechten und die Bestrafung
des Bösen auf Erden betont, zur Ermunterung
der Gläubigen, an die er schreibt. (Vergl. 4. Petr. Z, 40
bis 42.) Und wenn es in dem gleichen Psalm weiter beißt:
„Viele sind der Widerwärtigkeiten des Gerechten, aber aus
allen denselben errettet ihn Jehova" (Ps. 34, 49), so
darf auch der Christ heute sicherlich mit solchem Wort auf
Gottes unwandelbare Treue rechnen. Es ehrt den Vater,
wenn Sein Kind Ihm vertraut, indem es sich auf Sein
Wort stützt.
Kehren wir zu Daniel zurück. Sein Glaube wurde
reich belohnt. Er erfuhr, daß die Untreue des Menschen
(das Volk war wegen seiner Untreue in Gefangenschaft)
die Treue Gottes nicht aufhebt (vergl. Röm. 3,3), daß Er
vielmehr dem entgegenkommt, „der Freude daran hat, Gerechtigkeit
zu üben, und auf Seinen Wegen Seiner gedenkt".
(Jes. 64, 5.)
Ebenso wie die oben erwähnten Segensworte sind
auch die Erfahrungen Daniels für uns heute eine Ermunterung,
Ermunterung für jeden, der ein Gefühl hat für
den Zustand des Zeugnisses, das Gott in diesen Tagen auf
Erden hat. Damals war das Volk Gottes im Exil. Sie waren
Knechte im fremden Land. Seine Edlen waren dem
fremden Herrscher dienstpflichtig und seiner Willkür unterworfen.
Hatte es bei solcher Lage der Dinge noch Zweck,
den Weg der Absonderung zu gehen? Daniel hat gut daran
getan, dieser Frage nicht Raum zu gewähren, und Gott hat
ihm reichlich bezeugt, daß Er Derselbe ist zu aller Zeit.
Mochte sein Volk auch längst den Platz des Abgesondert
5
seins aufgegeben haben, war es aus diesem Grunde ein
durch Gottes Gericht zerstreutes Volk geworden, nichts weniger
als abgesondert, so nimmt doch Daniel für sich
den Platz der Absonderung ein, indem er sich fernhält von
jeder Verunreinigung. Davon nahm Gott Kenntnis. Er
„merkte aus", Sein Auge sah ein ungeteiltes Herz, und angesichts
eines solchen konnte Er sich mächtig erweisen. Und
— auch darin offenbart sich Gottes Treue und Güte —
Daniel bleibt mit diesen seinen Gefühlen nicht allein. Gott
gibt ihm in seinen Freunden Genossen, die mit ihm gehen.
Dieselbe Treue, die gleiche Freundlichkeit und Güte erweist
der Herr heute denen, die die praktische Absonderung von
aller Art des Bösen als das Gebot der Stunde für sich anerkennen.
Freilich: „Alle aber auch, die gottselig leben wollen
in Christo Jesu, werden verfolgt werden". (2. Tim. 3,
z2.) Daniel und seine Freunde haben dem Grundsatz nach
das gleiche erfahren. Es fanden sich erbitterte Feinde, offenbar
Werkzeuge Satans, die scheinbar für eine kurze Zeit
den Sieg über die Männer Gottes davontrugen, indem sie
dieselben bis in den Feuerofen und in die Löwengrube
brachten. Aber der „Gott der Treue" lebt, und Er vermag
zu retten. Selbst der „Geruch des Feuers" kam nicht an die
Männer, die im Feuerofen waren, weil ihr Gott mitih -
nen dort war. Und Daniel konnte inmitten der hungrigen
Löwen dem König bezeugen: „Mein Gott hat Seinen
Engel gesandt und hat den Rachen der Löwen verschlossen".
Und wie groß war die Wirkung des Zeugnisses und
der Erfahrungen Daniels und seiner Freunde auf die beiden
Herrscher! In beiden Fällen sehen wir ob der Größe
des Tuns Gottes überwältigte Männer, welche, die eige
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nen Götzen damit als wertlos beiseiteschiebend, dem Gott
Daniels und seiner Freunde alle Ehre zuerkennen. (Vergl.
Dan. 3, 2Y u. 6, 27.) Beachten wir die Worte der Könige!
Beide nennen Gott nicht den Gott Israels, sondern den
Gott Sadrachs, Mesachö und Abednegos, bzw. den Gott
Daniels. Der Zustand Israels bildete wahrlich keine Ehre
für Gott. Lage und Verfassung dieses Volkes gaben den
Herrschern keine Veranlassung, von Gott als dem Gott
Israels zu reden. Der Gott Daniels aber, der Gott Sadrachs,
Mesachö und Abednegos, „schämte sich nicht, i h r
Gott genannt zu werden". Er bekannte sich sichtbarlich zu
denen, „die Ihn anriefen in Wahrheit", und dies in einer
Zeit, in der die „Stämme Jahs" längst aufgehört hatten,
ein Zeugnis für Jehova zu sein.
Wem daran liegt, in unserer Zeit Gottes Treue zu
sehen, der beschreite den Weg Daniels. Dieser Weg ist ein
Weg der Beugung (lies Kap. 9), ein Weg, der die Z u -
stimmung der Menge nicht hat. Vielmehr muß mit
ihrer Gegnerschaft gerechnet werden; und mit Sicherheit
hat ein solcher Weg die Feindschaft der Welt zur Folge.
Doch mag er auch Verständnislosigkeit, Schwierigkeiten,
Kämpfe und Übungen für den Gläubigen schaffen, die unter
Umständen arge Engen oder Tiefen bedeuten, vergleichbar
dem Feuerofen und der Löwengrube für jene Männer
Gottes vor alters, so ist es doch besser, in Übereinstimmung
mit dem Herrn und im Genuß der Abhängigkeit von Ihm
diesen Weg zu gehen und auf diesem Wege Seine
Treue und Herablassung zu erfahren, als einen Weg einzuschlagen,
der zwar die Zustimmung der Menschen findet,
auf dem aber die G em ei n s ch a ft mit dem Herrn fehlt.
Diese allein verbürgt wahren Frieden und eine Ruhe der
7
Seele, die selbst im Feuerofen und in der Löwengrube
standhält.
Auf diesem Wege werden wir, jeder persönlich,
auch erfahren, daß Gott sich nicht schämt, unser
Gott genannt zu werden. Er kann sich dann zu uns bekennen,
und die Weise, in der Er dies tut, wird Seine Größe
und Unumschränktheit offenbaren zu Seinem Preise. Denn
der Gott Daniels ift unser Gott.
„Ihr seid das Salz der Erde"
In der Bergpredigt stellt der Herr Jesus bekanntlich
die großen Grundsätze vor, die in dem Reiche der Himmel
gelten sollten, dessen Errichtung nahe war. Nachdem Er
in den Seligpreisungen, die im vergangenen Jahr Gegenstand
unserer Betrachtung waren, gezeigt hat, wodurch die
wahren Söhne des Reiches sich bezüglich Charakters und
Verhaltens auszeichnen sollten (V. 3—y), und weiter,
was ihr Teil in der Welt sein würde (V. 70—12), geht Er
dazu über, von der Stellung zu reden, die diese in der
Welt einnehmen sollten. Er tut dies in zwei sehr ausdrucksvollen
Bildern, indem Er sie mit Salz und Licht vergleicht.
(V. 13—16.)
Hier möchte ich zunächst aus eine interessante und bezeichnende
Wahrnehmung Hinweisen, und zwar die, daß im
Anfang von Matth. 5 zwei Charakterzüge immer wieder
bestimmt hervortreten, nämlich Gerechtigkeit und
Gnade. Wie in den ersten vier Seligpreisungen — der
Leser wird sich dessen erinnern — Gerechtigkeit vorherrschend
war, in den drei folgenden dagegen die Gnade,
wie ferner die erste Seligpreisung der Verfolg
8
ten durch Gerechtigkeit, die zweite aber wiederum
mehr durch Gnade gekennzeichnet wurde, so entspricht
auch die Eigenschaft des Salzes der Gerechtigkeit,
während das Licht, das sich erhellend und belebend überall
hin ergießt, mehr in Übereinstimmung mit der Tätigkeit
der Gnade steht.
Salz ist ein Stoff, der erhaltende Kraft besitzt; es hat
die wertvolle Eigenschaft, Dinge, die der Gefahr der
Fäulnis ausgesetzt sind, vor Zersetzung zu bewahren. Es ist
kein Heilmittel, um bereits Verdorbenes wiederherzustellen,
sondern es schützt lediglich, was noch gut ist, vor dem
Verderben. Es übt diese Wirkung ganz von selbst aus, im
verborgenen, mag der Gegenstand, auf den es angewendet
wird, danach verlangen oder nicht. Deshalb ist es ein so
treffendes Bild von der Gnade in ihrer erhaltenden
Kraft, die sich in Heiligkeit und praktischer
Gerechtigkeit erweist, und somit bewahrend auf andere
einwirkt, sie mögen wollen oder nicht. Salz hat keinen
lieblichen Geschmack, wie z. B. Honig; im Gegenteil besitzt
es eine beißende Schärfe, ist aber gerade deshalb für alles
unentbehrlich, was in Gefahr steht, zu verderben.
Wenn der Herr sagt: „Ihr seid das Salz der Erde"
oder „des Landes", so denkt Er zunächst an die Stellung,
die die Jünger — der damalige Überrest in Israel — in ihrem
Lande einnehmen sollten, wo Gott sich geoffenbart
hatte. Ihre große Aufgabe war, einen erhaltenden Einfluß
auf ihre Volksgenossen auszuüben, denn der Messias war
noch nicht verworfen, und so war noch mit der Möglichkeit
zu rechnen, daß Er Sein Reich in Macht und Herrlichkeit
errichten konnte. Da aber die Juden später ihren König
verworfen haben, und Er infolgedessen Sein Reich in einer
9
anderen, heute noch bestehenden Form errichtet hat, so gelten
die Worte des Herrn folgerichtig heute allen Gläubigen
inmitten der Christenheit?) Die Erde ist in der Sprache des
Neuen Testaments der Schauplatz, wo Gott sich geoffenbart
hat, wo Sein Licht hingedrungen, wo ein Zeugnis von
Ihm vorhanden ist. Das gilt sowohl vom Judentum, als
auch von der bekennenden Christenheit.
So hat denn der Herr Jesus den Seinigen in klarer
Weise ihren Platz angewiesen. Er sagt nicht: Ihr solltet
das Salz der Erde sein, sondern: ihr seid es. Inwieweit sie
ihre große Aufgabe erfüllen, auf ihre Umgebung einen Einfluß
auszuüben, daß dem Junehmen des Verderbens in religiöser
wie in sittlicher Hinsicht Einhalt geschieht, hängt
von dem Maße des Salzgehalts in ihnen ab. Leider muß
hier gleich gesagt werden, daß es bei den Gläubigen an dieser
heiligenden, bewahrenden inneren Kraft schon sehr
bald gefehlt hat, sonst hätte das Böse überhaupt nicht in
das christliche Bekenntnis eindringen, geschweige denn einen
solch verheerenden Einfluß gewinnen können. Immerhin
hat es zu allen Zeiten durch Gottes Gnade solche gegeben,
die dem zunehmenden Verderben entgegengetreten sind
und durch Wort und Wandel ein Zeugnis dagegen abgelegt
haben.
Auf welche Weise aber wird oder ist überhaupt jemand
ein solches Salz?*) ** ) Kein Kind Adams wird als ein
*) Ich Zweifle nicht daran, daß der zukünftige jüdische Überrest
dieselbe Stellung inmitten der großen Masse des Volkes ein-
nehmen wird.
") Die Bergpredigt selbst beantwortet diese Frage nicht. Sie
wendet sich einfach an gewisse Menschen, die an ihrem Platz eine
bestimmte Stellung einnehmen, und sagt ihnen, was von ihnen in
dieser Stellung erwartet wird, und was die Folgen sind, wenn sie
— io —
Salz in dem Sinne der Schrift geboren. Von Geburt an
wohnt die Sünde in ihm, also gerade das, was das Verderben
bewirkt. Darum ist vor allem eine neue Geburt nötig,
und zwar eine Geburt „aus Wasser" und „aus Geist".
(Vergl. Joh. 3, 5; Jak. 1, 18.) Alles Böse, das mit der
alten Natur in Verbindung steht, wird durch „das Wort
der Wahrheit" (Wasser) aufgedeckt, wird gerichtet und
verabscheut, und dann wird durch den Heiligen Geist
ein neues, göttliches Leben geschaffen. Die ganze Fülle dieses
Lebens erblicken wir in Jesu, der nicht nur Liebe, sondern
auch Licht ist, und Dessen Pfad deshalb Wahrheit,
Gerechtigkeit und Heiligkeit war. Er war im vollsten Sinne
„das Salz der Erde". Um nun ein „Salz" zu sein, muß
ein Mensch zunächst göttliches Leben in Ihm empfangen
haben und „nach Gott geschaffen sein in wahrhaftiger Gerechtigkeit
und Heiligkeit". Und um dann als „Salz"
wirkenzu können, muß er stets auf Ihn blicken und in
inniger Gemeinschaft mit Ihm bleiben. Wie Er (als
Mensch) „sich durch das Wort Seiner Lippen bewahrte vor
den Wegen des Gewalttätigen", so muß auch jeder, den es
angeht, sich durch dasselbe Wort Gottes bewahren, leiten
und bilden lassen. Tut er das, so wird es seinen heiligenden
Einfluß nicht bei ihm verfehlen, so daß er, abgesondert
von jeder Art des Bösen, für Gott dastehen und auch ein
Salz für andere sein wird.
Daß ein solches Verhalten eines Gläubigen überaus
heilsam auf die ihn umgebende religiöse Welt einwirken
muß, bedarf keiner Frage. Wer sich durch das Wort Gottes,
das wie ein scharfes, zweischneidiges Schwert wirkt,
da nicht treu sind. Meder von dem völligen Verderben des Menschen
noch von der Erlösung ist in der Bergpredigt die Rede.
uneingeschränkt beurteilen läßt und dann, unter diesem
Urteil stehend, alles ablegt, sich von allem trennt, was
nicht mit dem Wort und Willen Gottes übereinstimmt,
wird durch sein Verhalten die christlichen Bekenner, mit denen
er in Berührung kommt, warnen und strafen. (Vergl.
Eph. 5, tt.) Die Schärfe der göttlichen Wahrheit, die
durch ihn in Leben und Wandel zur Geltung kommt, wird
gegen deren selbstsüchtiges, eigenwilliges und böses Leben
und Treiben zeugen und so dazu dienen, die Zunahme des
Verderbens aufzuhalten.
Das ist die große Aufgabe, die der Herr Seinen Nachfolgern
hienieden gestellt hat. Daß sie in Gefahr sind, dieser
ihrer Verantwortung nicht zu entsprechen, geht aus der
unmittelbar folgenden ernsten Warnung hervor: „Wenn
aber das Salz kraftlos geworden ist, womit soll es gesalzen
werden?" Die Gläubigen können ihre heiligende Kraft
verlieren. Das Salz wird, bildlich gesprochen, kraftlos —
ein furchtbarer Zustand. Denn wenn ein einzelner oder die
Gesamtheit in einen solchen Zustand gerät, so ist der
Zweck des Hierseins verfehlt. Anstatt anderen
zum Segen und Nutzen zu sein, ihnen zur Bewahrung zu
dienen, ist man ihnen zum Unsegen und Schaden. Wie
Salz nur durch seine Salzkraft Wert hat, weil es für keinen
anderen Zweck als zum Salzen zu gebrauchen ist und
nutzlos wird, sobald es jene verliert, so wird auch der Christ
als Zeuge wertlos, wenn er nicht in enger Verbindung mit
Christo, dem treuen und wahrhaftigen Zeugen, und der in
Ihm geoffenbarten Wahrheit bleibt. Es ist überaus ernst,
daß es nach den Worten des Herrn für ein solch wertlos gewordenes
Zeugnis keine Wiederherstellung mehr gibt. Andere
Dinge, die der Zersetzungögefahr ausgesetzt sind, kön-
12
neu mit Salz gesalzen werden. Wenn dieses aber selbst geschmacklos
wird *), so gibt es kein Mittel, ihm seine Kraft
wiederzugeben. „Es taugt zu nichts mehr, als hinausgeworfen
und von den Menschen zertreten zu werden."
Fürwahr ein ernstes Bild, das der Herr hier gebraucht,
um Seinen Jüngern und Jüngerinnen zu zeigen,
wie Er ihre Stellung auf Erden ansieht. Erhaben ernst ist
das Vorrecht, das — wenn auch unvollkommen — sein zu
dürfen, was Er in Vollkommenheit war, eine von jeder
Unreinheit sich fernhaltende heiligende Kraft für andere.
Erschütternd ernst ist aber mich der damit verbundene Hinweis
auf die Möglichkeit, jede bewahrende Kraft zu verlieren
und dann weggeworfen und von den Menschen zertreten
zu werden. Der Herr schenke Schreiber und Leser Gnade,
daß letzteres nicht bei ihnen eintrete!
Wenn wir an die Christenheit als ein Ganzes denken,
so teilt die Schrift uns mit, daß sie in ihrem Zeugnis gänzlich
versagen und ihre würzende Kraft ganz verlieren wird.
Nirgendwo wird angedeutet, daß es für sie eine Wiederherstellung
aus diesem Zustande gebe. Das Wort: „Sei
nicht hochmütig, sondern fürchte dich!" gilt ihr, ebenso
wie die Fortsetzung: „Wenn du nicht an der Güte (Gottes)
bleibst, wirst auch du ausgeschnitten werden". (Vergl. Römer
11, 20. 22.) Und später kündet der „treue und wahr-
") Daß Salz seinen Geschmack verliert, ist in den Tropen
nichts Seltenes. Ls kommt sowohl bei dem aus dem Toten Meer
gewonnenen Salz vor als auch bei dem Steinsalz. Bei letzterem
nimmt die Luft den oberen zu Tage liegenden Platten den Salzgehalt.
Bei ersterem tritt dieses „Araflloswerden" durch Feuchtigkeit
ein. Der Geschichtsschreiber Iosephus teilt mit, daß Lserodes zweimal
große Mengen im Tempel-Magazin aufbewahrtes, unbrauchbar
gewordenes Meersalz auf den Tempelhof ausschütten ließ,
wo es zertreten wurde.
— rz —
hastige Zeuge" der untreuen, hochmütigen Zeugin an:
„Weil du lau bist und weder kalt noch warm, so werde ich
dich auSspeien aus meinem Munde" (Offbg. 3, 1b); und
noch später ruft „ein starker Engel" über „die große Stadt
Babylon" aus, daß sie „mit Gewalt niedergeworfen und
nie mehr gefunden werden" würde. (Offbg. 1.8.) Entsetzliches
Ende dessen, was. einen so schönen Anfang genommen
hat!
Doch ist daS von der verantwortlichen Kirche Gesagte
nicht auch die Geschichte mancher Personen, die man im
Laufe der Zeit hat beobachten können? Gar mancher hat
längere, mitunter sogar lange Zeit durch Wort und Wandel
ein entschiedenes Zeugnis für Christum abgelegt, ist für
Seine Wahrheit und Seine Rechte eingetreten und hat sich
von der Welt abgesondert. Nach und nach veränderte sich
aber das Verhalten. Nachlässigkeit im Wandel, dann Welt-
förmigkeit trat ein, und schließlich taten diese Menschen es
nicht nur der Welt gleich, sondern übertrafen diese noch
gar im Bösen. Statt daß sie darum bemüht waren, dem
zunehmenden Verderben ringsum in Worten, Werken,
Sitten, Benehmen, Kleidung, Plänen, Zielen usw. zu steuern,
taten sie das Gegenteil, und sowohl sie selbst als auch
das Zeugnis — denn sie wollten noch als Christen gelten
— wurden eine Zielscheibe des Spottes. Ihretwegen wurde
der Weg der Wahrheit verlästert. Das einst gute Salz wurde
von den Menschen zertreten. Gewiß gibt es Fälle, in denen
solche Seelen durch die Gnade Gottes wieder zurechtgekommen
sind, aber als Zeugen waren sie unbrauchbar *)
*) Mohl mag unter der Gnade jemand durch tiefe, aufrichtige
Buße dahin gebracht werden, wieder von neuem zu beginnen
und ein neues Zeugnis zu werden. Aber wird das, was er in seinem
Auftreten gewesen ist, sich je wieder auswischen lassen?
— 14 —
geworden; der angerichtete Schaden ließ sich nie wieder
gutmachen.
Da die Sache so ernst steht, ist wohl die Mahnung für
einen jeden Gläubigen am Platz: Sei treu in der Erfüllung
deiner hohen Berufung, ein Salz der Erde zu sein! Übe ein
stetes strenges Selbstgericht! Unterzieh alles in dir: Gedanken,
Wünsche, Beweggründe usw., alles auch, was
vondi rausgeht: Worte, Werke, Verkehr, Verbindungen
usw., der Beurteilung des Wortes Gottes! Richte schonungslos,
was nicht dem Willen Gottes und Seiner Gerechtigkeit
und Heiligkeit entspricht! Freilich ist das nicht
so leicht. Nur das Schauen auf Jesum, Dessen Platz wir
hier in der Welt einnehmen dürfen, wird uns dazu fähig
machen. Er fragte nie nach dem Urteil der Menschen; Er
suchte nie ihnen wohlzugefallen. Für Ihn war allein der
Wille des Vaters ausschlaggebend. In der beständigen Abhängigkeit
vom Vater zeugte Er durch Wort und Tat gegen
die Unaufrichtigkeit, Selbstsucht, Ungerechtigkeit und Heuchelei
der Ihn umgebenden Menschen und besonders ihrer
religiösen Führer. Darin dürfen und sollen wir Ihm nachahmen,
und in dem Maße, wie wir es tun, werden wir unserer
Aufgabe, „das Salz der Erde zu sein", gerecht.
In unseren Tagen tut wahrlich ein entschiedenes
Zeugnis not. Wir sehen den Strom des Verderbens gewaltig
anschwellen, und die Gefahr droht, daß er alles mit sich
fortreißt. Selbst wahre Gläubige sieht man mit dem Strome
schwimmen, so daß man wohl verzagen möchte. Aber
sollen wir deshalb aufhören, ein Salz zu sein? Nimmermehr!
Der Prophet Jeremia lebte in einer Zeit, da bei den
Juden religiöses wie sittliches Verderben alles überflutete;
dabei war Jeremia von Natur ein ängstlicher Mann. Trotz
— 15 —
dem sagte Gott ihm: „Ich werde dich diesem Volke zu einer
festen und ehernen Mauer machen". Er wollte mit ihm
sein. Freilich erwartete Er von ihm, daß er das Köstliche
von dem Gemeinen ausschied, um so Sein Mund zu sein.
(Jer. 15, ly. 20.) Beachten wir: Solange noch ernste,
treue Gläubige da sind, ist auch noch Salz vorhanden, um
das Verderben in der Christenheit aufzuhalten, so daß der
völlige Abfall noch nicht eintreten kann. Erst wenn die
Gläubigen von der Erde weggenommen sind, und mit ihnen
der Heilige Geist, wird das Verderben überhand nehmen,
und erst dann wird auch der Mensch der Sünde, der
Sohn des Verderbens, der Antichrist, der den Vater und
den Sohn leugnet, ungehindert hervortreten.
Fürchten wir uns deshalb nicht, durch Wort und
Wandel ein entschiedenes Zeugnis unserer Umgebung gegenüber
zu sein! Um das zu können, gilt es freilich — das
sei nochmals betont — sich vor der Sünde, vor Weltför-
migkeit usw. zu hüten und in enger Verbindung mit Christo,
dem „Heiligen und Wahrhaftigen", zu bleiben. Nur so
kann die Kraft der Wahrheit Gottes, vielleicht ganz verborgen,
aber deswegen nicht weniger sicher, zu den Menschen
dringen, so daß der Strom des religiösen und sittlichen
Verderbens, der sonst keine Schranken kennen würde,
aufgehalten wird.
Aber wehe uns, wenn die christliche Welt bei uns
Gläubigen dieselben Dinge wahrzunehmen vermöchte, die
auch sie ohne Bedenken ausübt! Wie erschreckend ist die
Wirkung, wenn bei den Gläubigen Selbstsucht, Genußsucht,
Vergnügungssucht, Trachten nach Reichtum und irdischem
Tand oder noch verabscheuungswürdigere Dinge
gefunden werden! Von der absondernden, erhaltenden
— 16 —
Kraft der Wahrheit wäre dann keine Rede mehr. Im Gegenteil.
Ein solches Christentum könnte nur die Verachtung
und den beißenden Spott der Bekenner herausfordern.
Ach, wie erschütternd wäre es, wenn dies das Ende eines
gut angefangenen, ernsten, heiligenden Zeugnisses iväre,
wenn das Salz nach den Worten unseres Heilandes, statt
zu würzen, von den Menschen zertreten würde!
Der Herr helfe uns, in Abhängigkeit von Ihm, im
Gefühl unserer großen Verantwortung, unsere erhabene
Stellung, ein Salz der Erde zu sein, zu verwirklichen!
Dann ist unser Leben auch ein wahres Opfer für Gott
(Röm. 12), bei dem „das Salz des Bundes Gottes" nicht
fehlt. Dann sind wir Gott wohlgefällig und ein Nutzen für
die Menschen.
Evangelium und evangelisieren
i.
(Daö Evangelium der Gnade. Das Evangelium des Reiches.
Das ewige Evangelium. „Dieses" Evangelium.)
Daß „Evangelium" gute, frohe Botschaft bedeutet,
ist bekannt. Allermeist und mit Recht wird darunter „das
Evangelium der Gnade Gottes" (vergl. Apstg. 20, 24),
wie Paulus es nennt, verstanden. Er gebraucht dafür auch
die einfache Bezeichnung „das Evangelium". (Röm. 1,
16.) Er nennt es ferner „das Evangelium Gottes" (Röm.
15, 16) und „Evangelium Gottes über Seinen Sohn"
(Röm. 1, 1—3), weil es seinen Ursprung in Gottes Liebe
hat, die den Sohn gab, sowie „das Evangelium des Christus"
(2. Kor. 10, 14), weil es durch Ihn, durch Sein
Opfer ist und Ihn zum Gegenstand hat. Es heißt „das
— 17 —
Evangelium eures Heils" (Eph. 1,13), womit betont werden
soll: gerade euch hat es im Auge. Es wird betitelt „das
Evangelium des Friedens" (Eph. 6, 15), weil Christus
Frieden gemacht hat durch das Blut Seines Kreuzes, weil
Er Frieden verkündigt hat (vergl. Eph. 2, 14. 17), weil
Er selber Friede ist. (Ioh. 20, 19. 26.) An anderer Stelle
heißt es „das Evangelium der Vorhaut", weil es nicht
eine Botschaft ist, die sich insonderheit, wie das Gesetz,
an die Nachkommen Abrahams, sondern weit und breit
an die Völker der Erde wendet. (Röm. 3, 29. 30.) Es
heißt „das Evangelium der Herrlichkeit des Christus" (2.
Kor. 4, 4), sowie „das Evangelium der Herrlichkeit des
seligen Gottes" (1. Tim. 1,11), weil Christus, Dessen Angesicht
die Herrlichkeit Gottes widerstrahlt, in diese Herrlichkeit
eingegangen ist, und weil Gott viele Söhne zu
Seiner Herrlichkeit und Seligkeit oder Glückseligkeit
bringt. (Hebr. 2, 10.) „Evangelium der Herrlichkeit des
seligen Gottes" ist wohl der erhabenste Titel, den Paulus
dem Evangelium beilegt. Wir können nicht umhin, dabei
an sein Erlebnis auf dem Wege nach Damaskus zu denken.
Die Herrlichkeit, die ihn dort umstrahlte, war für immer
der Ausgangspunkt seines Dienstes. Darum kehrt diese
Herrlichkeit so oft in seinen Schriften wieder. Er ist es, der
die Offenbarung empfing, daß die Heiligen eins sind
mit Christo in der Herrlichkeit. Aus diesem Grunde kann
er von „unserem", von „meinem Evangelium" reden.
(Vergl. 2. Kor. 4, 3; Röm. 2,16; 16, 25.)
Bezeichnend scheint mir, daß der Apostel den Titel
„Evangelium der Gnade Gottes" (Apstg. 20, 24), den wir
obenangestellt haben, knapp vor dem Ende seines öffentlichen
Zeugendienstes prägt. Wir werden ja auch mehr und
— 18 —
mehr von dem durchdrungen, was Gnade ist, je länger wir
mit dem Herrn wandeln. „Durch die Gnade seid ihr
errettet" (Eph. 2, 8), kann er sich nicht enthalten, den
Ephesern im Dienst aus der Gefangenschaft ans Herz zu
legen. Und überwältigt von der Gnade gegen ihn selber,
schreibt er etwas später an Timotheus (1. Tim. 1, 14),
daß sie über die Maßen überströmend geworden sei mit
Glauben und Liebe, die in Christo Jesu sind. Und im Gedanken
an alle Menschen überhaupt schreibt er etwa um
dieselbe Zeit dem Titus (Titus 2,11) von der Gnade, daß
sie erschienen sei, heilbringend für alle Menschen.
Und das allerletzte, was er, vielleicht ein Jahr später, noch
einmal in Verbindung mit dem Evangelium der Gnade
schreibt (2. Tim. 1, 8), führt in unvorstellbare Tiefen:
Die Gnade ist uns in Christo Jesu vor ewigen Zeiten gegeben
worden! (2. Tim. 1, h. 10.)
Wenn wir nach diesen Anführungen noch an seinen
Ausspruch denken (Eph. 3, 2), daß ihm die Verwaltung
der Gnade Gottes in Bezug auf uns gegeben sei,
und wenn wir dies in Verbindung mit dem Geheimnis
des Christus gebracht sehen (Eph. Z, 3. 4), dann dürfen
wir es fürwahr für angebracht halten, das in der gegenwärtigen
Haushaltung verkündigte und verschieden
benannte Evangelium auf den Hauptnenner zu bringen:
„Das Evangelium der Gnade Gotte s".
Ein anderes Evangelium ist „das Evangelium des
Reiches", wie es in Matthäus (Kap. 4, 23; 24,14) vom
Evangelisten und von dem Herrn selber kurz bezeichnet
wird. In Markus finden wir diesen Titel etwas erweitert.
Er braucht den Ausdruck: „Evangelium des Reiches Got
— 49 —
t e ö" (Mark, 4, 44), indem er dem Evangelium des Reiches
„Gott" hinzufügt, wie Paulus es tut bezüglich des
Evangeliums der Gnade, weil eben auch für das Evangelium
des Reiches der Ursprung im Herzen und Ratschluß
Gottes liegt. Indem der Herr nach dem Bericht des Mar
kus Seiner Aufforderung, Buße zu tun und an das Evangelium
zu glauben, die Mitteilung voranstellt: „Die Zeit
ist erfüllt, und das Reich Gottes ist nahe gekommen"
(Mark, 4, 45), wird hier der Titel des Evangeliums:
Evangelium des Reiches Gottes.
Es ist die Ankündigung der mit Sehnsucht von den
Juden erwarteten Erfüllung der Verheißung (4. Chr. 47,
44—44), der „gewissen Gnaden Davids", was nichts anderes
bedeutet, als daß Gott in der Person des Thronerben
Davids die Herrschaft über die Erde antreten werde.
(Jes. 55, 3.) Die Beschreibungen der Gerichte und Segnungen
dieser Herrschaft und Herrschaftszeit in den Psalmen
und Propheten sind mannigfaltig, erschreckend und
über die Maßen herrlich zugleich. Der Ausdruck „Reich
Gottes" erweckt ja auch sofort die Vorstellung von Allmacht,
Unumschränktheit, Heiligkeit und Gerechtigkeit, und
anderseits von Weisheit, Wahrheit, Treue, Geduld, Gnade,
Güte und Barmherzigkeit. Kein Wunder daher, daß die
Predigt dieses Evangeliums die Forderung nach Buße und
Glauben daran enthielt (Matth. Z, 4—42; Mark. 4, 45),
und zwar sowohl durch Johannes als auch durch den Herrn
selber.
Die Schrift spricht von zwei weit auseinanderliegenden
Verkündigungen dieses Evangeliums. Die erste dauerte
nur einige Jahre. Sie endigte mit der Verwerfung des
Thronerben Davids, des Königs des Reiches.
20
Nach der Hinwegnahme der Versammlung (Gemeinde)
wird sie während der großen Drangsalszeiten von Juden,
die an den Messias, an Jesus von Nazareth, den König,
gläubig geworden sind, wieder ausgenommen und
weitergesührt werden (Matth. 24, 44) bis zu Seiner Erscheinung
in Herrlichkeit und der Aufrichtung des Reiches.
Diese Verkündigung wird auch wohl nicht länger dauern
als die erste, denn die eigentliche große Drangsal beginnt
in der Mitte der siebenten Jahrwoche Daniels und währt
dreieinhalb Jahre. (Matth. 24, 45 ff.)
Der Ausdruck „das ewige Evangelium" kommt
nur einmal vor und zwar in Offbg. 44, b. Die in dieser
Botschaft enthaltene Aufforderung scheint nichts mit einem
„Evangelium" zu tun zu haben. Ziehen wir aber Zeit und
Umstände in Betracht, so wird die Benennung verständlich.
Das Stehen des Lammes und der 444 ooo auf dem Berge
Zion (Offbg. 44, 4) stellt die erste öffentliche Kundgebung
Christi im Buche der Offenbarung dar. Der bevorstehende
Abschluß der Drangsalszeit wird damit in Aussicht
gestellt. Die auf der Erde ansässigen Menschen, denen
das Evangelium in erster Linie gilt, sind solche, die nichts
nach dem Himmel fragen, sondern alle ihre Interessen auf
die Erde vereinigen, auf der die satanische Trinität (Drache
— Tier aus dem Abgrund — Tier aus der Erde) ihre
keinen Widerspruch duldende Gewalt ausübt. Ihre Forderung
lautet: entweder das Malzeichen des Tieres annehmen
und letzteres anbeten, oder sterben. Demgegenüber
verlangt Gott die Anerkennung dessen, was schon längst
in der Schrift sowohl allgemein als auch im Hinblick auf
den jetzt gekommenen Augenblick der Einführung Seiner
— 21 —
unmittelbaren Herrschaft über die Erde als Ihm zuste-
hend mitgeteilt war. Die Botschaft dieses Evangeliums
geht infolgedessen dahin, Ihnzu fürchten, nicht die satanische
Trinität; Ihm, nicht jener, die Ehre zu geben; anzubeten
nicht den Drachen und das Tier, sondern Ihn, welcher
als Schöpfer-Gott die Anbetung verlangen kann. (Ps.
146, 6.) Es ist von Seiner Seite ein Akt der Barmherzigkeit
in letzter Stunde, weil dieser Akt die Abwendung des
schrecklichen Loses im Auge hat, das die trifft, welche der
Botschaft nicht Folge leisten. (Siehe V. 9—11.) So ist es
denn wirklich ein Evangelium, und zwar ein ewiges, weil
sein Inhalt in Bezug auf den Schöpfer-Gott stets und allewege
Gültigkeit hat. Es besteht nicht nur eine gewisse Anzahl
von Jahren, wie das Evangelium des Reiches, noch
eine Anzahl von Jahrhunderten, wie das Evangelium der
Gnade, sondern immer. Im Grunde ist es freilich nichts
anderes als die allerletzte, durch die Umstände notwendigerweise
so abgeänderte Form des Evangeliums des Reiches.
Das Reich ist jetzt nicht mehr in dem Sinne nahe wie bei
der erstmaligen Ankündigung, wo die Empfänger der Botschaft
zunächst auf die Probe gestellt wurden, ob sie den in
ihrer Mitte weilenden König annehmen wollten oder nicht,
sondern insofern, als der Augenblick bevorsteht, daß der
einst verworfene König tatsächlich und unverzüglich Seine
Herrschaft antritt. Übrigens wurde auch bei der ersten Ankündigung
sowohl Buße gefordert und Gericht angedroht,
als auch die Ankündigung und ihr Inhalt einen Akt der
Barmherzigkeit darstellten (vergl. Luk. 1, 71—79), so daß
mit Recht von einem „Evangelium" geredet werden
konnte.
22
Noch ist eines Evangeliums zu gedenken, das einfach
„dieses Evangelium" (Matth. 26, 13; Mark. 14, y)
heißt, ohne weitere Beifügung. Was mag der Herr damit
meinen? Ich denke, der Mittext gibt die Erklärung. Die
Szene steht für sich da. So können die Worte „dieses
Evangelium" sich nur auf daö beziehen, was in dem vorangehenden
„zu meinem Begräbnis" zum Ausdruck
kommt. Und das wäre die Tatsache, daß ein Heiland
gestorben ist. Ein kostbares Evangelium fürwahr! „Das
Evangelium, das ich euch verkündigt habe, das ihr auch angenommen
habt, in welchem ihr auch stehet, durch welches
ihr auch errettet werdet... daß Christus für unsere Sünden
gestorben ist, nach den Schriften..." (4. Kor. 45,
4-Z.)
Unterredungen über den Metten Brief
an die Lorincher
XII.
Kapitel 7, 2—16.
Das 6. Kapitel dieses Briefes hat uns gezeigt, was
den Apostel als Diener Christi kennzeichnete. Im vorliegenden,
dem 7. Kapitel, finden wir diese Charakterzüge nicht,
aber dafür haben wir, wenn möglich, noch etwas Köstlicheres,
nämlich dasHerzdes Apostels. Es ist die Sprache
seines Herzens, die wir im 3. Verse vernehmen: „Nicht
zur Verurteilung rede ich; denn ich habe vorhin gesagt,
daß ihr in unseren Herzen seid, um mit zu
sterbenund mit zu lebe n". Sein Herz floß über im
Blick auf seine Kinder im Glauben. S i e waren verengt in
ihren innerlichen Gefühlen, lesen wir im vorhergehenden
23
Kapitel. Ihre Herzen waren nicht weit genug, um die
ganze Liebe zu fassen, die ihnen von feiten deS Apostels zuteil
geworden war, als er diese Liebe in ihrer Mitte praktisch
darstellte. Es war der Wunsch seines ihnen gegenüber
so weiten Herzens, ihre Herzen neu zu beleben, damit sie
alle miteinander nur einen Gedanken, nur ein Ziel, nur
einen Weg und nur einen Gegenstand hätten. Er, der
Apostel, hatte nur einen Gegenstand. Das sieht man klar
im Philipperbrief. Er tat, er begehrte nur eins. Hier nun
möchte er durch seinen Dienst die Korinther nicht allein,
wie im 6. Kapitel, auf dem Pfade der Heiligkeit bewahren,
sondern auf dem Pfade derLiebe, einer Liebe, die
die Kinder Gottes untereinander und alle zusammen mit
Christo verbindet. Pch, wie wenig wurde er, dieser geliebte
Apostel, von seinen Kindern im Glauben geschätzt! Er,
der von Liebe überströmte, sah sich genötigt, ihnen zu
schreiben: „Nehmet uns auf; wir haben niemand unrecht
getan, wir haben niemand verderbt, wir haben niemand
übervorteilt". (Vers 2.) In was für einem Zustand müssen
sich die Korinther befunden haben, daß ihnen zu jener
Zeit, wo wir sie, wie in diesem 2. Brief, schon wiederhergestellt
finden, noch so etwas gesagt werden mußte! Ja,
es waren solche unter ihnen, die den Apostel herabzusetzen
suchten, indem sie ihn den anderen als einen eigenliebigen
Menschen schilderten, ihn, der, nachdem er alles aufgegeben
hatte, um ihnen zu dienen, so treu den Spuren seines
Herrn und Heilandes folgte, daß er nichts mehr sein
eigen nannte. In seiner Liebe fügt er hinzu: „Nicht
zur Verurteilung rede ich". Denkt nur nicht, daß ich mit
der Rute zu euch komme! Wenn er auch in der Kirche Christi
mit Autorität bekleidet war, so machte er doch hier kei
24
nen Gebrauch von ihr, da die Ermahnung des ersten Briefes
begonnen hatte, Frucht zu tragen. Weit entfernt davon,
ihnen gegenüber die ihm verliehene Autorität zu betonen,
öffnet er ihnen sein Herz und entfaltet vor ihren Augen
die ganze Liebe, die er zu ihnen, seinen Kindern im Glauben,
hatte. Er rühmt sich ihrer Titus gegenüber und ist
voller Freude, daß Titus alles so gefunden hat, wie er ihm
Hoffnung gemacht hatte. Er hatte ihnen seinen ersten Brief
unter göttlicher Inspiration geschrieben. Als er dann nicht
mehr unter dieser Einwirkung stand, hatte er Bedauern
darüber empfinden können, daß er ihn geschrieben hatte.
Jetzt bedauerte er nichts mehr. Er sagt ihnen gleichsam:
Mein Herz hat etwas bei euch gefunden, das meiner Liebe
entspricht!
Nachdem er die Korinther zuvor zur Heiligkeit ermahnt
hat, sucht er jetzt ihre Herzen miteinander zu verbinden,
damit sie so imstande wären, Gemeinschaft mit
ihm, dem Apostel, und mit dem Herrn Jesus zu machen,
dessen Stellvertreter er war. Aber noch etwas anderes
schickt er voraus: sein Dienst hatte Frucht getragen. Viel
war bei ihnen erreicht worden: „Sogar Verantwortung,
sogar Unwillen, sogar Furcht, sogar Sehnsucht, sogar Eifer,
sogar Vergeltung. Ihr habt euch in allem erwiesen,
daß ihr an der Sache rein seid." (Vers 44.) Wenn man die
letzten Worte liest, möchte man sich fast fragen: Warum
hatte denn der Apostel den Korinthern gegenüber einen derart
strengen Ton angeschlagen, wo es doch jetzt erwiesen
war, daß sie sich mit der einen genannten, so hassenswerten
Sünde, die in ihrer Mitte begangen worden war, nicht
besudelt hatten? Der Grund ist, daß, mochten sie auch an
der einen Sache selbst unschuldig sein, sie doch viel Ursache
25
hatten, Buße zu tun. In Bezug darauf schreibt er Vers
10: „Die Betrübnis Gott gemäß bewirkt eine nie zu bereuende
Buße zum Heil". Aber wofür sollten sie denn Buße
tun, wenn sie nicht Mitschuldige der bösen Tat waren,
sondern im Gegenteil gezeigt hatten, daß sie an der Sache
rein waren? Was war denn geschehen? Nun, der erste
Brief hatte ihnen den Beweis erbracht, daß sie, anstatt
geistliche, fleischliche Christen waren, daß sie Kindlein in
Christo geblieben waren, denn alles, was sie getan hatten,
hatte nichts anderem als der Befriedigung ihres Ehrgeizes
gegolten; sie bedienten sich ihrer Gaben, um sich selbst
zu rühmen. In solchem Zustand hatte sich diese glänzende
Versammlung befunden, die man nicht besuchen konnte,
ohne zu bestätigen: „Gott ist wirklich unter euch!" Aber
als sie dann, mit dem Wort des Apostels vor sich, einen
Rückblick auf sich selbst getan hatten, waren sie tief betrübt
worden und hatten sich gefragt, wie es nur möglich war,
daß sich etwas derart Böses in ihrer Mitte hatte entwik-
keln können. Ach, mußten sie sich sagen, wir waren fern
von Gott, ohne wahre Verbindung mit Ihm. Wir haben
nach viel Erkenntnis getrachtet, nach der Lösung von allerlei
Verstandes-Fragen, mit einem Wort, nach den äußeren
Zeichen von Kraft und Macht, die den Menschen erhöhen,
aber unser Gewissen ist dabei nicht in Tätigkeit ge
wesen.
Liebe Freunde, eine solche Sprache ist für uns alle
von großer Wichtigkeit. Wenn sich Böses in der Versammlung
gezeigt hat, sind wir gewöhnt, schnell „den Bösen aus
unserer Mitte" Hinauszutun. Aber sollten wir dabei stehen
bleiben? Nein, wir sollten weiter gehen. Eine solche Sache
sollte unsere Gewissen in Tätigkeit setzen. Das zutage tre
2b
tende Böse in einer Versammlung Gottes rührt nicht nur
von dem einzelnen her, der es verübt, sondern auch von
der Versammlung, die sich in einem nicht gerichteten Zustand
befunden hat. Seien wir überzeugt: Wenn das Böse
offenbar wird, gibt es nicht nur einen Schuldigen, sondern
die Versammlung istdie Schuldige.
Den Korinthern war es nicht genug gewesen, betrübt
zu sein. Paulus kann ihnen schreiben: „Die Betrübnis
Gott gemäß bewirkt eine nie zu bereuende Buße zum
Heil". Das bedeutet eine völlige Verurteilung des eigenen
Selbst in Gottes Gegenwart. Als der Apostel ihnen diese
Zeilen schrieb, war bei den Tränen, die sie hatten vergießen
müssen, jeder Gedanke an ein Sichgeltendmachen geschwunden.
Alle Verstandesfragen, die sie so sehr beschäftigt
hatten, waren beiseite gesetzt. Die Buße war da.
Der Schluß dieses Kapitels zeigt uns ein drittes Ergebnis
des Dienstes des Apostels. Zunächst hatte sein
Dienst seinem Verlangen gegolten, die Herzen der Korinther
in brüderlicher Liebe mit dem seinigen zu verbinden.
Das zweite war gewesen, eine Buße zum Heil bei
ihnen zu bewirken. Und das dritte finden wir in den letzten
Versen dieses Kapitels, wenn er schreibt: „Seine (des
Titus) innerlichen Gefühle sind überströmender gegen euch,
indem er an euer aller Gehorsam gedenkt, wie ihr
ihn mit Furcht und Jittern empfangen habt". (Vers rs.)
So führt der Gott gemäße, inmitten der Christen ausgeübte
Dienst die, welche er zum Selbstgericht bringen will,
auch weiter. Ein ungehorsamer Christ kann nur
auf die Jucht oder das Gericht Gottes rechnen. Bei einer
ungehorsamen Versammlung ist'S nicht anders. Der
Apostel aber kann jetzt von „euer aller Gehorsam"
27
sprechen. Nicht einer war ausgenommen. Sie hatten durch
die Jucht Liebe, Buße und Gehorsam geerntet. Sie waren
jetzt einmütig bezüglich des Weges, den sie zu gehen hatten,
um dem Herrn zu dienen und Ihn zu verherrlichen.
Paulus fügt hinzu: „Wie ihr ihn (Titus) mit Furcht und
Jittern empfangen habt". Dieses Wort findet sich häufig
im Alten wie im Neuen Testament, und immer bedeutet es
das völlige Mißtrauen gegen sich selbst. Zn
seinem ersten Brief hatte Paulus davon geschrieben, wie
er „in Schwachheit und in Furcht und in vielem Jittern"
bei ihnen gewesen war. (Kap. 2, Z.) Furcht ist nicht Feigheit,
sondern das Gefühl, daß in uns keine Kraft ist, um
Gottes Werk zu tun. Da hatte es der Rute bedurft, damit
die Korinther das zu verwirklichen lernten, was der Apostel
sie seit Beginn seines Dienstes unter ihnen persönlich
gelehrt hatte. Zn Phil. 2, 72 heißt es: „Bewirket eure eigene
Seligkeit mit Furcht und Jittern". Um zur Seligkeit,
zum endgültigen Sieg zu gelangen, war es nötig für die
Philipper, ohne jedes Selbstvertrauen zu arbeiten, der Tatsache
eingedenk, daß eine furchtbare Macht da war, die ihrer
Arbeit widerstand. Zn Eph. 6, 5 sollen die Knechte
„ihren Herren nach dem Fleische mit Furcht und Jittern
gehorchen", ohne jedes Vertrauen auf sich selbst, was ein
völliges Vertrauen auf Gott und die Quellen Seiner Gnade
nach sich zieht. Hierher führt den Christen in der Tat
stets das Mißtrauen gegen sich selbst. Er stützt sich jetzt auf
Den, der die Kraft ist, der sich niemals ändert, der ihm
bis zum Ende zur Seite bleiben und ihn die endgültige Seligkeit
erreichen lassen will, die gekrönt wird von der Herrlichkeit.
28
Srückt dich die Last?
IAum neuen Aahrj
„Und Kis in euer Greisenalter bin ich derselbe,
und bis zu eurem grauen Haare Verde ich euch
tragen, ich habe es getan, und ich «erde heben,
und i ch werde tragen und erretten." iges. gö, g->
Gar manche Last steht groß und schwer
vor dir — du möchtest schier verzagen. —
„I ch werde heben", spricht der Herr.
Mas willst dn länger da noch klagen?
<Lr, der die Last dir h e b e n will,
Hat auch versprochen, sie zu trage n.
Glaub' Seinem Wort, vertrau Ihm still.
Mit Ihm kannst du es kühnlich wagen.
G glaube nur, der dich getreu
von Mutterschoße an getragen;
Sein Wort gilt bis ins Alter neu:
„Ich werde heben, werde tragen!"
„Ich will erretten", sagt Lc zu.
Lr trägt dich m i t der Last durchs Leben,
Und dann wird Gr zur sel'gen Ruh
vom Glauben dich zum Schau'n erheben.
Drum unverzagt leg willig nun
Dich und die Last in Gottes Hände.
Da kannst du sanft und sicher ruhn
Bei Dem, der Anfang ist und Ende.
w. La.
Ihr selb das Licht derzeit
Wie in unserer letzten Betrachtung über „Ihr seid das
Salz der Erde" (siehe Januarheft) bereits bemerkt, ist
das Wort des Herrn: „Ihr seid das Licht der Welt", ebenso
kennzeichnend für die Stellung, die Jesus Seinen Jüngern
auf Erden anwies, wie: „Ihr seid das Salz der Erde".
Nur besteht, wie ebenfalls schon angedeutet, insofern
ein Unterschied zwischen den beiden Ausdrücken, als in dem
„Licht" der gnadenreiche Charakter des Zeugnisses, der
sich in seiner ganzen Fülle in Christo selbst geoffenbart hat,
deutlicher hervortritt, während „Salz" mehr die Gerechtigkeit
im Zeugnis darstellt. Auch ist der AuödehnungS-
kreiS des Zeugnisses, das mit „Ihr seid das Licht der Welt"
in Verbindung steht, weit größer als der des mit „Ihr seid
das Salz der Erde" verbundenen. Sollte das Zeugnis der
Jünger als „Salz" da seine Wirkung ausüben, wo bereits
Offenbarungen und Mitteilungen von feiten Gottes
empfangen waren — weil das Salz eben keine andere Wirkung
hat als die, das noch Brauchbare vor dem Verderben
zu schützen —, so scheint das „Licht" über die ganze Welt,
um hier, an dem Orte der Finsternis, die Strahlen der
göttlichen Gnade ausströmen zu lassen.
In der Welt herrscht infolge der Sünde dichte Finsternis.
Sie gehört zu dem Machtbereich Satans, des
Fürsten der Finsternis. (Kol. 1, 13; Eph. 2, 2.) In Seiner
Gnade hat nun Gott vom Sündenfall an Strahlen
Seines Lichts in die Finsternis hineinfallen lassen und in
größerem oder geringerem Maße Offenbarungen von dem
l-XXXIII 2
— Z0 —
gegeben, was Er war. Die eigentliche Offenbarung Seiner-
selbst aber hat Er gegeben, als Er Seinen eingeborenen
Sohn, das vollkommene Licht, in diese Welt sandte. Er,
der das Leben war, war auch das Licht der Menschen und
stellte, in die Welt kommend, jeden Menschen ins Licht.
(Joh. 4, 4.9.) Wer Ihm deshalb nachfolgte, wandelte nicht
mehr in der Finsternis, sondern hatte das Licht des Lebens.
(Joh. 8, 42.)
Doch wie nahm die verfinsterte Welt das von oben
kommende Licht auf? Ach, sie erfaßte es nicht! Die Welt,
die durch Ihn ward, kannte Ihn nicht, als Er in ihr war.
(Vergl. Joh. 4, 5. 40.) Sie verwarf Ihn, da die Menschen
der Welt die Finsternis mehr liebten als das Licht,
denn ihre Werke waren böse. Sie haßten sogar das Licht
und kamen nicht zu dem Licht, damit ihre Werke nicht bloßgestellt
würden. (Vergl. Joh. Z, 4y. 20.) Seinen Höhepunkt
erreichte dieser Haß, als man Ihn, das wahrhaftige
Licht, mit dem Ruf aus der Welt fortschaffte: „Hinweg,
hinweg, kreuzige Ihn!"
Ist nun die Welt seitdem ohne Licht, ohne jedes Zeugnis?
Nein! Gott sei Dank, nicht. Außer dem Zeugnis der
Schöpfung und des geschriebenen Wortes sind die Nachfolger
Jesu als Seine Zeugen auf Erden. „Ihr seid das
Licht der Welt", sagt der Herr zu den Jüngern, indem Er
mit diesen Worten dasselbe von ihnen sagt, was Er an
anderer Stelle von sich selbst gesagt hat. (Vergl. Joh. 8,
42.) Wunderbare Gnade fürwahr, das sein zu dürfen, was
Er in vollkommenem Maße war! Einst ohne Licht, in der
Gewalt der Finsternis, ja, sogar selbst Finsternis (vergl.
Kol. 4, 43; Eph. s, 8), sind sie zu Christo gekommen,
haben an Ihn geglaubt, der das wahrhaftige Licht ist, und
— 34 —
sind dadurch „Söhne des Lichts" geworden. (Joh. 42, 3b.)
Durch die Verbindung mit Ihm haben sie sowohl ewiges
Leben als auch das wahre, göttliche Licht empfangen, denn
Er war beides, Leben und Licht. (Vergl. Joh. 4, 4; 8, 42.)
Obwohl nun die Gläubigen ewiges Leben haben, obwohl
sie statt Finsternis Licht geworden sind, so besitzen sie
doch weder das ewige Leben noch das göttliche Licht unabhängig
von ihrer Quelle. Sie besitzen das ewige Leben nur
in Christo, dem Sohne Gottes, wie sie auch nur in Ihm
Licht geworden sind. (4. Joh. 5, 44; Eph. 5, 8.) Das
göttliche Licht, das sie ausstrahlen lassen können und sollen,
ist deshalb, obwohl es eine Wirklichkeit ist, niemals
etwas, was sie in sich selbst besitzen. Christus ist es,
der in ihnen lebt und Sein Licht durch sie hervorstrahlen
läßt. Daraus geht hervor, daß sie in Seiner unmittelbaren
Nähe sein und bleiben müssen, wenn ihr Licht
leuchten, d. h. wenn Er sich in ihnen offenbaren soll. Wie
jeder Arm des siebenarmigen Leuchters im Heiligtum sein
Licht nur in Verbindung mit dem Hauptarm verbreiten
konnte, so kann auch jeder Gläubige, obwohl er ein von
Gott bereitetes Licht ist, nur in Verbindung mit Christo,
der Quelle des Lichts, leuchten.
Als Licht nun sollten die Jünger einer „Stadt" gleichen/)
die auf einem Berge liegt und deshalb von allen
Seiten her sichtbar ist. Ihr Zeugnis von Christo und der
in Ihm geoffenbarten Gnade und Liebe sollte sich nach allen
Seiten hin, durch die ganze Welt, ausbreiten. War die
Wirkung ihres Zeugnisses als ein „Salz" mehr eine verborgene,
in erster Linie dazu bestimmt, den Charakter Got-
*) vergl. hierzu Gffbg. 2s, 2H, wo das Bild iu göttlich
vollkommener Weise zur Darstellung konimt.
32
tes als des „Heiligen" aufrechtzuerhalten, zur Bewahrung
derer, die ihrem Bekenntnis nach mit Ihm in Verbindung
standen, so stellt das „Licht", verglichen mit einer Stadt
auf dem Berge, mehr das öffentliche Zeugnis der Nachfolger
Jesu dar. Solche Zeugen waren die Gläubigen in
Thessalonich. Sie zeigten „Werke des Glaubens", „Bemühungen
der Liebe" und „Auöharren der Hoffnung".
Ihr Zeugnis war so kraftvoll, daß Paulus ihnen schreiben
konnte: „Nicht allein in Mazedonien und Achaja, sondern
an jedem Orte ist euer Glaube an Gott ausgebreitet worden,
... denn sie selbst verkündigen..., wie ihr euch von
den Götzenbildern zu Gott bekehrt habt, dem lebendigen
und wahren Gott zu dienen usw." Sie waren durch ihren
Glauben an Christum alle „Söhne des Lichts" geworden
(Kap. 5, 5), und das von ihnen ausgehende Licht breitete
sich derart aus, daß Paulus und seine Mitarbeiter nicht
einmal „nötig hatten, etwas zu sagen". Nicht nur in Ma
zedonien und Achaja, sondern weit darüber hinaus redeten
die Menschen von der mit den Thessalonichern vorgegangenen
Veränderung, von der ihr ganzes Verhalten Zeugnis
ablegte. Die junge Versammlung war wie eine „Stadt, die
auf einem Berge liegt".
Weiter deutet der Herr in unserer Stelle an, daß das
Zeugnis nicht nur öffentlich, sondern auch klar und durch
nichts beeinträchtigt sein müsse, daß daS Licht durch nichts
verdunkelt oder gar ausgelöscht werden dürfe. Es sollte
nicht „unter den Scheffel", sondern „auf das Lampengestell"
gestellt werden, damit alle im Hause den Schein sehen
möchten. Auch dieses Bild ist bedeutungsvoll, denn
leicht kann die Kraft des Zeugnisses von Christo und der
in Ihm geoffenbarten Gnade und Liebe, die sich vor al
lem in Verhalten und Wandel der Seinigen zeigt, durch
äußere Einflüsse, Handel und Geschäft gehemmt, geschwächt
oder ganz zerstört werden. Das ungehemmte Ausstrahlen
des göttlichen Lichts offenbart sich (V. 1b) in den
guten Werken, die diejenigen tun, die „das Licht der Welt"
sind. Jene sind die Frucht des „Licht 6", dessen Quelle
Christus, der Sohn Gottes, ist, das aber durch Seine
Nachfolger als Kanäle fließt. Deshalb auch die vielsagende
Ermahnung des Apostels Paulus: „Wandelt als
Kinder des Lichts, denn die Frucht des Lichts besteht in
aller Gütigkeit und Gerechtigkeit und Wahrheit". (Eph.
5,8. y.) So sind es nicht die guten Werke, die in den Vordergrund
gestellt werden, sondern das Licht. Und dieses
Licht ist Christus, der den Menschen durch ihr sichtbares
Zeugnis nahegebracht wird. Im Philipperbrief drückt der
Apostel dies mit den Worten aus: „Auf daß ihr tadellos
und lauter seid, unbescholtene Kinder Gottes inmitten eines
verdrehten und verkehrten Geschlechts, unter welchem
ihr scheinet wie Lichter in der Welt, darstellend das Wort
des Lebens". (Phil. 2, 15.) So singen wir mit Recht:
Im Wort, im Werk, in allem Wesen
Sei Jesus und sonst nichts zu lesen!
Ich möchte noch besonders auf den Zusammenhang
Hinweisen, in welchem sowohl der Herr als auch Seine
Apostel von guten Werken reden, die Gottes Wohlgefallen
haben und zu Seiner Ehre dienen. Auch in der Welt geschieht
manches Gute. Aber wie steht's mit der göttlichen
Anerkennung? Vieles wird getan um der eigenen Ehre
willen, um sich selbst in ein gutes Licht zu setzen, vieles
auch — und hier kommen vorwiegend die religiösen Menschen
in Frage —, um eine eigene Gerechtigkeit aufzurich
34
ten, oder, wie man gern sagt, sich einen gnädigen Gott zu
schaffen. Vor Gott haben solche Werke keinen Wert; sie
sind „gleich einem unflätigen Kleide". Aber wie, wenn nun
die guten Werke aus wirklicher Uneigennützigkeit, aus reinem
Mitgefühl geschehen? Daß sie geschehen, ist sicherlich
lobenswert und zu begrüßen. Aber wird Gott dadurch verherrlicht?
Gewiß kann Er alles so führen, daß es zu Seiner
Herrlichkeit dient, aber das ist dann Seine Sache und
kommt für die Beurteilung der Werke selbst nicht in Betracht.
Die Menschen denken daran nicht. Für sie sind die
Werke alles, während Christus keinen Platz in ihren Herzen
hat. Hier nun kommen wir zu dem Punkt, auf den es ankommt,
auf den Unterschied nämlich zwischen dem Tun eines
natürlichen Menschen und dem eines Menschen
Gottes, den Unterschied zwischen natürlicher Freundlichkeit
und dem Tun einer Seele, die sich bewußt ist, daß
sie ihr „Licht leuchten lassen soll vor den Menschen", damit
durch ihre guten Werke Gott verherrlicht werde. Wenn
auch natürliches Mitgefühl eine schöne und begehrenswerte
Eigenschaft ist, so sollte doch der Gläubige stets daran
denken, daß Sein Herr nicht gesagt hat: Laßt eure gute
n W e r k e vor den Menschen leuchten! Für ihn gilt es,
Christum in dieser finsteren, gottentfremdeten Welt
darzustellen, „die Tugenden Dessen zu verkündigen, der
ihn berufen hat aus der Finsternis zu Seinem wunderbaren
Licht", und in seinen guten Werken Christum, nicht sich
und sein Tun in den Vordergrund treten zu lassen. Dieser
Umstand sollte für ihn in allen Fällen maßgebend sein.
Geschieht dies, läßt ein Nachfolger Jesu sein Licht frei
vor den Menschen leuchten, mit anderen Worten, legt er
durch sein durch Verhalten und Werke be-
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stätigtesWort Zeugnis von dem Christus ab, der sich
in solcher Gnade, Güte, Liebe und Wahrheit geoffenbart
hat, und der Vater in Ihm, so wird der Vater verherrlicht.
Indem die Menschen die Werke eines solchen sehen, wird
ihre Aufmerksamkeit nicht auf den Vollbringer der Werke
gerichtet, sondern auf ihren Quell, auf Ihn, der Jesum,
von dem die Gläubigen zeugen, als Licht in die Welt gesandt
hat, und der sich in ihnen offenbart. Nicht „der gute
Mann" oder „die gute Frau" werden gepriesen, sondern
ihr „Vater, der in den Himmeln ist", von dem „jede gute
Gabe und jedes vollkommene Geschenk kommt". Die Menschen
erkennen, daß die guten Werke der Nachfolger Jesu
aus ihrer Verbindung mit Christo herrühren, den diese
offen als ihren Herrn bekennen.
Bekanntlich weist der Herr in der „Bergpredigt" zunächst
Seinen vor Ihm stehenden Jüngern, dem damaligen
jüdischen Überrest, diese Stellung an. Es ist auch wohl
nicht daran zu zweifeln, daß der zukünftige Überrest aus
diesem Volke die gleiche Aufgabe haben wird, sein Licht
nach dem Maße, wie er es empfangen hat, in der Welt
leuchten zu lassen. Wievielmehr aber sollte der Gläubige
der Jetztzeit sich verantwortlich fühlen, sein Licht in dieser
Weise leuchten zu lassen, da er Christum noch in einer
ganz anderen, höheren Weise kennt als die Jünger, nämlich
als Den, der sich aufs herrlichste in Seinem Tode, Seiner
Auferstehung und Seiner Himmelfahrt geoffenbart
hat! Er kennt Ihn als sitzend zur Rechten Gottes, von wo
Er auch den Heiligen Geist herniedergesandt hat, um Wohnung
in den Seinigen zu machen, damit ein jeder in Ihm
die Kraft habe, von Ihm zu zeugen und Ihn vor der Welt
darzustellen.
36
Als Ergebnis unserer Betrachtung möchte ich drei
Fragen an mich und meine Mitgläubigen richten:
Wie hoch schätzen wir unsere Stellung und Berufung
ein, das Licht der Welt zu sein?
Wie entsprechen wir der großen Aufgabe, unser Licht
leuchten zu lassen vor den Menschen?
Inwieweit gleichen wir einer Stadt, die auf dem Berge
liegt, oder sind wir jemand gleich, der sein Licht, anstatt
unter den Scheffel, auf das Lampengestell gesetzt hat?
Diese drei Fragen möge sich ein jeder vor Gott und
seinem Gewissen beantworten.
In dieser Welt der Sünde, wo Satan herrscht, und
wo deshalb dichte Finsternis ist, gibt es soviel Selbstsucht,
Ehrsucht, Lieblosigkeit, Gefühllosigkeit, Härte, Haß, Bosheit,
daß es eine Notwendigkeit und eine wahre Erquik-
kung ist, wenn Strahlen göttlichen Lichts in sie hineinfallen.
Sollten wir, die wir das Vorrecht und zugleich auch
die Verantwortung haben, diese Strahlen göttlicher Liebe,
Gnade, Güte und Wahrheit weiterzuleiten, unter diesen
Umständen nicht alle Helle, weithin sichtbare Lichter sein,
indem wir uns über die niedrige, dumpfe Atmosphäre dieser
Welt erheben und uns in der unmittelbaren Nähe Dessen
aufhalten, der das wahrhaftige Licht ist? Wie der
Mond das von der Sonne empfangene Licht weitergibt,
so sollten wir Gläubigen die Strahlen des von unserem
verherrlichten Herrn ausgehenden Lichtes in uns aufnehmen
und wieder zurückstrahlen lassen. Ein solches Licht
würde belebend in der Welt wirken.
Die Kinder dieser Welt, die unser Bekenntnis, daß
wir Jesu angehören, kennen, erwarten mit Recht von uns,
daß wir auch Seine Gesinnung: Sanftmut, Demut, Gü
37
tigkeit, Freundlichkeit offenbaren. Sie rechnen damit, daß
wir für die Bedürfnisse unserer Mitmenschen Verständnis
haben und zu jeder erforderlichen Hilfsleistung bereit sind.
Entsprechen wir diesen Erwartungen, immer vorausgesetzt,
daß wir aus unserer Überzeugung kein Hehl machen, so
werden sie bald den Unterschied erkennen, der zwischen den
guten Werken, die wir in Selbstlosigkeit, nur um Christum,
das Wort des Lebens, darzustellen und Gott, dem
Vater, zu gefallen, auöüben, und sonstigen guten Werken
besteht. Ihr Blick wird auf den Vater gerichtet. Dessen
Kinder wir geworden sind, und Er wird durch uns verherrlicht.
Nebenbei — denn dies tritt in der vorliegenden
Stelle weniger hervor — sei bemerkt, daß Werke, in solcher
Gesinnung getan, ein vorzügliches Mittel sind, Seelen
zu gewinnen. Werke wirken oft mehr als Worte. Jedenfalls
geben sie unseren Worten von Christo, von Seiner
Liebe und Gnade, sowie von Seinem Erlösungswerk, die
rechte Kraft. Denn kraftlos ist unser Zeugnis, wenn unser
Verhalten und unsere Gesinnung nicht mit unserem
mündlichen Bekenntnis Christi in Einklang stehen. Und wie
abfällig muß schließlich das Urteil der Kinder dieser Welt
lauten, wenn wir in unserer Gesinnung und unserem Verhalten
hinterihnen zurückstehen!
Laßt uns deshalb wachen und bemüht sein, nahe bei
dem Herrn zu bleiben, damit wir das Licht, das von Ihm
ausgeht, in dieser dunklen Welt widerscheinen lassen, indem
wir — wenn nötig, unter ernstem Selbstgericht —
alle Hindernisse entfernen, die es verdunkeln wollen!
38
Unterredungen über den Metten Brief
an die Korinther
XIII.
Kap. 8 u. 9
Wie wir gesehen haben, hatten die Ko-rinther die im
ersten Brief an sie gerichteten Ermahnungen beherzigt.
Großer Eifer für die Heiligkeit des Namens Christi war
unter ihnen entfacht worden, und Wiederherstellung durch
eine wirkliche Buße war eingetreten, mochte es auch noch
vieles bei ihnen zu tadeln geben. Man denke nicht, wenn
eine Versammlung sich in gutem Zustand befindet, die erreichte
Grenze könne nicht noch überschritten werden.
Stets sollten wir Fortschritte machen im Eifer und in der
Hingebung für Christum, in der Aufopferung für das
Evangelium sowie in der Liebe zueinander.
In den verlesenen beiden Kapiteln finden wir eine
andere Seite des Dienstes, auf die vielleicht weniger geachtet
wird, die aber genau so wertvoll ist wie die anderen,
von denen dieser Brief bisher zu uns geredet hat. Cs
handelt sich dabei um die äußeren Bedürfnisse der Gläubigen,
um, wie es im vierten Verse heißt, „die Gnade und
die Gemeinschaft des Dienstes für die Heiligen". Dieser
Dienst bestand, wie wir sehen, in Almosen, in Geldgaben
für den Unterhalt der Brüder in Jerusalem, die in großer
Not waren, da sie nicht nur die verfolgungswütigen Mächte
der Welt gegen sich hatten, sondern auch die ihres eigenen
Volkes, des Feindes Christi und Seiner Nachfolger.
In seinem ersten Brief hatte der Apostel die Korinther
zy
veranlaßt, das zu diesem Dienst Nötige zurückzulegen.
(1. Korinther 1b, 1.) Auf diese Sammlung wird hier angespielt.
Auch in Römer 15, 25. 26 wird sie erwähnt. Der
Apostel stand im Begriff, nach Jerusalem zu reisen, um
den dortigen Brüdern die Gäbe von den Versammlungen
der Nationen zu überbringen. Die Gläubigen aus Mazedonien,
wo der Apostel sich befand, als er diesen Brief
schrieb, hatten ihr Möglichstes getan, indem sie selbst über
Vermögen gaben. Diese Versammlungen in Mazedonien
hatten grausame Verfolgungen zu erdulden und dabei ihr
Vermögen verloren; aber bei ihnen war viel Liebe, und
nichts vermochte sie zurückzuhalten, als es sich darum handelte,
zur Erleichterung der Brüder beizutragen. Die Korinther
ihrerseits hatten seit einem Jahr mit ihrer Sammlung
begonnen (V. 10), aber ihr Eifer hatte bereits nachgelassen.
Sie, unter denen sich zweifellos manche reiche
Leute befanden, standen nicht auf der Höhe jener armen
Mazedonier. Ähnlichem begegnet man häufig. Da, wo
Wohlstand unter den Gläubigen herrscht, wo Vermögen
zur Verfügung stehen, findet man verhältnismäßig weniger
Freigebigkeit als in armen Gegenden. Das hat mich
oft getroffen. Es kommt wohl daher, daß die Herzen im
Wohlstand leicht kalt und leer werden, und der Sinn sich
dann auf das Irdische richtet. Wo dieser Wohlstand fehlt,
sind die Herzen allgemein viel mehr mit dem Dienst des
Herrn beschäftigt. Der Apostel sucht, während er zugleich
die Korinther mit unendlicher Sanftmut behandelt, ihren
Eifer neu zu beleben, indem er ihnen zeigt, wie der Herr
in den Versammlungen von Mazedonien wirkte. Das ist
ein sehr köstlicher Dienst, wenn er in Liebe geschieht, und
er ist vielleicht gesegneter als der Dienst am Wort, selbst
40
wenn dieser durch hervorragende Gaben ausgeübt wird.
Die mazedonischen Versammlungen hatten es mit vielem
Zureden von dem Apostel als eine Gnade erbeten,
ihre Liebe den Gläubigen zu Jerusalem erweisen zu dürfen.
(V. 4.) So sahen sie die Sache an, und sie alle bestanden
einstimmig darauf, daß ihnen diese Gnadege -
währt würde. Wie steht's in dieser Hinsicht mit uns,
liebe Freunde? Sind wir gewöhnt, eine Sammlung für
die Heiligen als eine Gnade zu betrachten? Auch baten sie
Paulus, obgleich er Apostel war, selbst diesen Dienst zu
vermitteln. Paulus weigert sich nicht. Er, der große Apostel
der Heiden, willigt ein, die Geldsummen, die ihm anvertrautwerden
sollten, zu überbringen. Zu jener Zeit war es
keine Kleinigkeit, eine solche Last auf sich zu laden. Zudem
wachte der Apostel mit aller Gewissenhaftigkeit über das
ihm anvertraute Gut. Er wußte, daß Christus auch durch
die Verwaltung dieses Schatzes verherrlicht werden konnte.
Offensichtlich hat gerade dieser Dienst den Apostel in
die größten Schwierigkeiten gebracht, denn er gab Veranlassung
zu seiner Gefangenschaft. Im 24. Kapitel der Apostelgeschichte
sagt er zu Felix, dem Landpfleger: „Nach vielen
Jahren kam ich her, um Almosen für meine Nation
darzubringen" (V. 47). Das war der Zweck seines Kommens
gewesen. Ium Dank dafür wäre Paulus beinahe von
den Juden umgebracht worden. Er wurde zum Gefangenen
gemacht, schmachtete jahrelang in der Gefangenschaft,
wurde nach Rom geschleppt, in Ketten gelegt und beschloß
schließlich seine Laufbahn als Märtyrer. Aber Gott ließ alle
diese Umstände dazu dienen, um uns einen Teil dieses
Wortes zu geben, worin wir so viele kostbare Belehrungen
besitzen.
— 41 —
„Aber so wie ihr in allem überströmend seid: in
Glauben und Wort und Erkenntnis und allem Fleiß und
in eurer Liebe zu uns, daß ihr auch in dieser Gnade überströmend
sein möget." (V. 7.) Diese Stelle ist vor allen:
bemerkenswert. In seinem ersten Brief an die Korinther
hatte der Apostel Gott für einige der Dinge gedankt, von
denen er hier aufs neue spricht, nämlich für das Wort und
die Erkenntnis, Dinge, die schon damals die Gläubigen in
Korinth auszeichneten, obgleich sie sich, was ihren christlichen
Wandel anging, in einem beklagenswerten Zustand
befanden. Dieselben Dinge waren auch jetzt noch vorhanden,
aber inzwischen hatte die Buße ein neues Element hinzugebracht,
und das war dieLiebe. So groß ihre geistlichen
Reichtümer auch sein mochten, in Liebe waren sie
im ersten Brief nichtüberströmendgewesen. Ihre
Herzen waren verengt. Die Welt hatte sich ihrer bemächtigt.
Jetzt aber trat die Liebe an Stelle der Pflege des
Ich. Ohne Zweifel bedurften sie auch jetzt noch viel mehr
der Ermahnung als die armen Mazedonier; aber als die
Echtheit ihrer Liebe auf die Probe gestellt wurde, waren sie
bereit, den Erwartungen des Herzens des Apostels zu entsprechen.
Er hatte ihnen Titus gesandt, weil er fürchtete,
seine geliebten Korinther möchten im Vergleich mit ihren
Brüdern aus Mazedonien in schlechter Verfassung angetroffen
werden. Das geht aus den Worten hervor: „Damit
nicht etwa, wenn die Mazedonier mit mir kommen,
sie euch unbereit finden". Alle diese vorbereitenden Maßnahmen,
die Reise des Titus — denn von Mazedonien
nach Achaja reisen war zu jener Zeit eine große Sache —,
der Besuch des Paulus, der darauf folgen sollte, die Begleitung
durch die Brüder von Mazedonien, alles das
42
scheint in keinem rechten Verhältnis zu dem Endzweck des
Ganzen zu stehen: einer einfachen Geldhilfe. Aber es galt
dieLiebedesChristus praktisch zu offenbaren. Könnte
es ein höheres Ziel geben?
Einige Fragen mögen betreffs des t8. Verses von
Kapitel 8 auftauchen: „Wir haben aber den Bruder
mit ihm gesandt, dessen Lob im Evangelium durch alle
Versammlungen verbreitet ist". Wie hieß dieser Bruder?
Wir wissen es nicht. Ähnlich ist's mit V. 22: „Wir haben
aber unseren Bruder mit ihnen gesandt, den wir oft in vielen
Stücken erprobt haben, daß er eifrig ist, nun aber noch
viel eifriger durch große Zuversicht, die er zu euch hat".
Hier wird also der Eifer von zwei Brüdern erwähnt, ohne
daß (während Titus, den sie begleiten, uns auf vielerlei
Weise bekannt ist) ihre Namen nur genannt werden. Aber
es wird noch mehr von ihnen gesagt. Beachten wir den folgenden
Vers: „Sei es, was Titus betrifft, er ist mein Genosse
und in bezug auf euch mein Mitarbeiter; seien es unsere
Brüder, sie sind Gesandte der Versammlungen, Christ
i H e r r l i ch k e i t". Ist das nicht mehr wert, als daß
uns ihre Namen aufbewahrt worden sind? Sie sind
ChristiHerrlichkeit! Ach, liebe Freunde, was gäbe
ich darum, wenn, statt daß ich einen Namen unter den
Menschen hätte, von mir gesagt würde: „Er ist Christi
Herrlichkeit!" Und das ist's, was jeder treue Wandel
hervorbringt. Wie schön ist doch das Ruhmesblatt, das der
Apostel jenen beiden Brüdern ausstellte! Indem sie anderen
durch die Liebe Christi dienten, indem sie in ihrer Verborgenheit
den Geliebten des Herrn gegenüber einen wirklichen
Dienst ausübten, sind ihre Namen freilich dem Gedächtnis
der Menschen, ja, selbst dem Gedächtnis der Chri
43
sten entschwunden, aber „sie sind die Herrlichkeit Christi".
Das waren die Brüder, die angesichts der Versammlungen
den Beweis der Liebe der Gläubigen empfangen sollten
(V. 24). Sie waren glücklich darüber, im Schatten eines
Dieners Gottes weilen zu dürfen, den der Apostel als seinen
Abgesandten im Werk benutzte, glücklich zugleich, in ihrem
bescheidenen Dienst die volle Zustimmung Christi zu haben.
Zum Schluß möchte ich noch einige Gedanken aussprechen,
die mich beim Lesen des 9. Kapitels erfreut haben,
in welchem wir die Folgen der Treue in diesem
Dienst der Barmherzigkeit wahrnehmen, der so wenig
Ansehen genoß.
Dieerste dieser Folgen findet sich im 6. Vers: „Wer
sparsam sät, wird auch sparsam ernten, und wer segensreich
sät, wird auch segensreich ernten". Das ist ein Wort,
das aller Beachtung wert ist. Wenn wir die Besitztümer,
die Gott uns in die Hand gegeben hat, für uns behalten,
als gehörten sie uns, so säen wir, wenn hier überhaupt von
Säen gesprochen werden kann, sparsam. Den ganzen oder
einen Teil seines Überflusses für sich beiseite tun, bedeutet,
daran zweifle ich nicht, sparsam säen. Die Güter, die Gott
uns zur Verfügung geschenkt hat, aushäufen, heißt, sie
dem Zweck entziehen, zu dem Gott sie uns gab. Wer sparsam
sät, kann nicht auf überströmende Segnungen rechnen,
selbst nicht im Blick auf irdische Dinge. Klug handelt der
Verwalter, der freigebig von seinen Gütern Gebrauch
macht, indem er sie nicht als sich, sondern als seinem Herrn
gehörend betrachtet.
Eine zweite Folge der Treue in der Verwendung der
Gelder finden wir im 7. Vers: „Ein jeder, wie er sich in
seinem Herzen vorsetzt: nicht mit Verdruß oder aus Zwang,
44
denn einen fröhlichen Geber liebt Gott". Beachten wir dieses
Wort: „liebt Got t". Nicht, als ob Gott nicht alle
Seine Kinder liebte, aber es ist doch so, daß man da, wo
der fröhliche Wunsch vorhanden ist, dem Herrn in seinen
irdischen Gütern zu dienen, von Gott im besonderen geliebt
wird. Der Herr hatte einst zu Seinen Jüngern gesagt, daß
der Vater sie lieben würde, wenn sie Sein Wort hielten.
Hier hören wir: Gott liebt euch, wenn ihr gebt! In dem
Maße, wie ich das Irdische frohen Herzens für den Dienst
Dessen verwende, der es mir anvertraut hat, genieße ich in
meiner Seele die Liebe und das Wohlgefallen Gottes.
Eine dritte Folge solch treuen Dienens haben wir in
den Versen 8—44: „Gott aber ist mächtig, jede Gnade gegen
euch überströmen zu lassen, auf daß ihr in allem, allezeit
alle Genüge habend, überströmend seid zu jedem guten
Werke; wie geschrieben steht: „Er hat ausgestreut, er
hat den Armen gegeben; seine Gerechtigkeit bleibt in Ewigkeit".
Der aber Samen darreicht dem Säemann und Brot
zur Speise, wird eure Saat darreichen und überströmend
machen und die Früchte eurer Gerechtigkeit wachsen lassen,
indem ihr in allem reich geworden seid zu aller Freigebigkeit,
welche durch uns Gott Danksagung bewirkt." Hier
läßt Gott die Gnade gegen sie überströmen, damit sie überströmend
sein möchten zu jedem guten Werke. Er ehrt die
Gläubigen, die ihre Habe für Ihn verwandt haben. Er
„läßt die Früchte ihrer Gerechtigkeit wachsen", jene Früchte,
die die Folge eines gerechten und treuen Wandels sind,
sodaß sie nach außen in aller Freigebigkeit, ohne jede Einschränkung,
austeilen können.
Von einer vierten Folge hören wir dann in den Versen
42 u. 43: „Die Bedienung dieses Dienstes ... ist über
45
strömend durch viele Danksagungen gegen Gott;
indem sie durch die Bewährung dieses Dienstes Gott verherrlichen
wegen der Unterwürfigkeit eures Bekenntnisses
zum Evangelium des Christus und wegen der Freigebigkeit
der Mitteilung gegen sie und gegen alle". Es ist fürwahr
keine kleine Sache, wenn fort und fort Danksagungen unsertwegen
zu Gott emporsteigen aus den Herzen all der
Gläubigen, denen wir Hilfe leisten durften. Sie danksagen
für zweierlei: Zunächst für das Bekenntnis der Brüder,
dem Evangelium des Christus unterwürfig zu sein, dessen
Wirklichkeit durch ihre Aufopferung bewiesen wird, und sodann
für die Freigebigkeit ihrer Gaben, die nicht nur bei
dieser einen besonderen Gelegenheit den Dürftigen zufließen,
sondern die fortwährend allen zuteil werden.
Zum Schluß finden wir noch im 44. Verse eine letzte
Folge der in diesem Dienst bewiesenen Treue: „ihr Flehen
für euch". Welch ein Vorrecht ist es doch für den treuen
Diener, in solcher Weise der Gegenstand des Flehens der
Gläubigen zu sein! Vor wieviel Gefahren, vielleicht auch
Fehlern, mag er bewahrt worden sein, weil die durch seine
Freigebigkeit neu geweckte Fürbitte der Gläubigen beständig
für ihn zum Thron der Gnade emporgestiegen ist!
Der Apostel schließt mit den Worten: „Gott sei Dank
für Seine unaussprechliche Gabe!" Wir lasen von dem
höchsten Ausmaß der Gnade, erwiesen durch die Tatsache,
daß Christus arm wurde, damit wir durch Seine Armut
reich würden. Hier nun sehen wir die Freigebigkeit Gottes
in ihrer höchsten Auswirkung gegen uns. Was ist die unaussprechliche
Gabe, von der der Apostel redet? Nichts
anderes als die Person Christi selbst!
4b
Vsteg und dienst
Der Weg eines Christen ist immer einfach. Es mag
sein, daß sich inmitten der Christenheit vieles zeigt, das,
mit dem Maßstab der Schrift gemessen, als böse bezeichnet
werden muß, und daß solche, die wirklich Christen zu
sein vorgeben, in Dinge verwickelt sind, die ernste Zweifel
an der Echtheit ihrer Bekehrung entstehen lassen. Da gilt
dann das Wort: „Der Herr kennt, die Sein sind", während
für uns die Worte geschrieben stehen: „Jeder, der den
Namen des Herrn nennt, stehe ab von der Ungerechtigkeit!"
(2. Tim. 2, 49.)
Als Jeremia einst über den Zustand der Dinge in seinen
Tagen trauerte, wurde ihm gesagt: „Wenn du das
Köstliche vom Gemeinen auöscheidest, so sollst du wie mein
Mund sein. Jene sollen zu dir umkehren, du aber sollst
nicht zu ihnen umkehren." (Jer. 45, 49.) Die Wahrheit
verbreitet sich heute, und darüber können wir uns freuen.
Wenn wir aber nicht nach der Wahrheit wandeln, so
treiben wir nur Spiel mit religiösen Ansichten. Folgen wir
der erkannten Wahrheit, so stellen sich uns freilich auf
geistlichem Gebiet viele Schwierigkeiten entgegen. Da ist
es denn zur Überwindung der Widerstände dieses Zeitkaufs
nötig, daß die ganze Wahrheit unsere Herzen beherrsche,
denn wir sind verantwortlich sowohl in bezug
auf den Namen des Herrn als auch auf die Lehre und
auf uns selbst. Manche hören gerne neue Wahrheiten,
ohne aber daran zu denken, den schmalen Pfad der Wahrheit
zu gehen. Da bedürfen wir der Geduld und der Weitherzigkeit,
aber einer Weitherzigkeit, die nichts anderes als
Christum im Auge hat.
47
Je dunkler die lange Nacht des Abfalls ist, desto Heller
leuchtet das Licht des Lebens für die, welche im Lichte
wandeln. Christus ist der Mittelpunkt, um den der Heilige
Geist die Gläubigen versammelt. Er ist die gesegnete Person,
die gestern und heute und in Ewigkeit dieselbe ist. Des
Herrn Wunsch ist, daß wir diese Wahrheit verstehen, die
uns frei macht von allen menschlichen Satzungen und Einrichtungen.
Indem diese Befreiung von unseren Herzen
Besitz ergreift, bewirkt sie jene Absonderung, die dem heiligen
Gott entspricht; mit der Freiheit oder Zügellosigkeit
des Fleisches hat sie nichts zu tun.
Handelt es sich nun um den Dienst, so haben wir an
unserem Herrn und Meister, der in Seiner göttlichen Liebe
Seinen Jüngern die Füße wusch, ein schönes Vorbild. Es
gibt keinen Dienst, der dem Herrn wohlgefälliger tväre
als ein in Demut ausgeübter. Ein Diener, der die Gesinnung
Jesu hat, wird stets den niedrigsten Platz einnehmen.
Ein hervorragender Platz inmitten der zerstreuten Herde
gilt ihm wenig. Er wird im Gegenteil allezeit nichts sein
wollen. Er findet seine Freude darin, sich zu verwenden
und verwendet zu werden.
Solche Männer, die von dem Herrn selbst zu Seinem
Dienst zubereitet werden, empfangen ihre Kraft da,
wo die eigene Kraftlosigkeit und Schwachheit erkannt wird.
Solche Diener sind eine wirkliche Hilfe für die Kinder
Gottes, und der große Hirte wird ihres Werkes nicht vergessen,
das mit willigem Herzen in Seinem Namen für
Seine Herde geschieht. Reichliche Anerkennung und eine
unverwelkliche Krone wird ihr Teil sein an jenem Tage.
In dem Betragen Serubbabels finden wir in dieser
Beziehung eine schöne Belehrung. (Vergl. Esra Z, 8 und
48
andere Stellen.) Der Sohn und Erbe Davids (Matth. 4,
42; Luk. Z, 27; vergl. auch Hagg. 2, 23; Sach. 4, 6. 7)
nimmt seinen Platz unter dem aus der Gefangenschaft zurückgekehrten
Überrest in aller Demut ein. Er ist zufrieden
damit, in Jerusalem den niedergerissenen Altar aufrichtcn
zu helfen. Er spricht weder von seiner Abstammung, noch
von seinen Rechten, sondern er dient Gott in aller Demut
und ist treu auf dem Pfade der Absonderung.
Auch heute ist wieder ein Überrest gesammelt und zu
dem zurückgekehrt, „was von Anfang war", und dieser
Überrest besitzt ebenfalls nichts, dessen er sich fleischlicherweise
rühmen könnte. Was sich für ihn geziemt, ist: in
Treue gegen den Namen des Herrn auszuharren, und das
umsomehr, jemehr das, was in den Augen der Menschen
Wert hat, sich als nichts erweist. Denn wenn die Kirche in
ihren Grundfesten erschüttert ist, sollte man da suchen,
sich einen angenehmen Wohnsitz zu schaffen? — Nein, wir
tun gut, angesichts des durch die Untreue des Menschen
eingetretenen Verfalls stillzustehen und, das Angesicht in
den Staub gebeugt, unsere eigene Schuld zu bekennen. Das
ist der Platz, der uns zukommt. Überdies ist es für uns der
Platz der Segnung. Auch kann das Böse, das in die Kirche
eingedrungen ist, nicht eher erkannt werden, als bis man
gedemütigt zu den Füßen Jesu sitzt.
Vor einiger Zeit hatten sich einige Gläubige in großer
Herzenssorge im Blick auf die eben genannten Dinge
zusammengefunden. Ihre Herzen waren so bewegt, daß sie
längere Zeit kein Wort zu sprechen, sondern nur zu weinen
vermochten. Gibt Gott auch heute solche Versammlungen,
so geziemt es uns sicherlich, daran teilzunehmen.
Wir lesen: „Die mit Tränen säen, werden mit Jubel ern
49
ten" (Ps. 426, 5), und dieses Wort ist nicht nur für den
irdischen Überrest, sondern auch für uns zur Belehrung
geschrieben.
Gott bedarf eines Volkes, das in der Liebe und in
der Wahrheit wandelt. Wir sind dazu berufen, abgesondert
von der Welt, und uns selbst verleugnend, allein für Christum
zu leben. An Selbstverteidigung sollten wir in keiner
Weise denken. Der Herr wird für uns eintreten, wenn
wir Seinen Willen tun. Gott sagte einst zu dem Propheten:
„Ich werde in deiner Mitte ein elendes und armes
Volk übriglassen, und sie werden auf den Namen Jehovas
vertrauen". (Zeph. Z, 42.) Und die bekannte Stelle
aus dem neutestamentlichen Buche der Prophezeiung lautet:
„Du hast eine kleine Kraft und hast mein Wort bewahrt
und hast meinen Namen nicht verleugnet". (Offbg.
3, 8.) Nach N. D.
Evangelium und evangelisieren
ii.
Das Zeitwort evangelisieren ist uns fast so geläufig
geworden wie das Hauptwort Evangelium. Es wird allgemein
gebraucht, z. B.: er evangelisierte in D. Der ursprüngliche
Sinn ist: jemand mit einer guten Botschaft bedenken,
jemand eine solche bringen oder übermitteln. Timotheus
evangelisierte *) dem Paulus den Glauben und die
*) Um jedes Mißverständnis zu vermeiden, sei von vornherein
ausdrücklich betont, daß dis häufige Anführung des Wortes
„evangelisieren" in diesem Aufsatz lediglich aus dem Grunde erfolgt,
um auf den im Griechischen gebrauchten ähnlich lautenden
Ausdruck „euan^slirein" hinzuweisen, nicht etwa, um eine neue
Übersetzung cinzuführen.
50
Liebe der Thessalonicher (1.. Thess. Z, b). Der Mann, der
dem Vater des Propheten Jeremia die Geburt seines Sohnes
anzeigte, evangelisierte ihm dieselbe?) (Jer. 20, 15.)
Das Wort „evangelisieren" war den Empfängern der
Schriften des Neuen Testamentes geläufig aus dem Alten
Testament, auch in Verbindung mit rein göttlichen Dingen.
So wird z. B. Jes. 52, 7, wo es in bezug auf das Reich
heißt: „Wie lieblich sind auf den Bergen die Füße dessen,
der Frieden „evangelisiert", der Gutes „evangelisiert""'),
im Römerbrief (vergl. Römer 10, 15) in freier, an den
hebräischen Text sich anlehnender Übersetzung angeführt.
Ebenso finden wir Jesaias 61, 1: „Weil er mich gesalbt
hat, den Sanftmütigen zu „evangelisieren"", in LukaS 4,
18 wieder.
Unsere Übersetzungen müssen das Zeitwort durch einfaches
„Verkünden" oder durch „Gute Botschaft verkünden"
(1. Thess. Z, b) wiedergeben. Ähnliche Stellen sind:
ich „evangelisiere" euch große Freude (Luk. 2, 10); Er
„evangelisierte" das Volk (Luk. 3,18); „evangelisierend"
das Reich Gottes (Luk. 8,1); als Er ... „evangelisierte"
(Luk. 20,1); ich bin ... bereitwillig, euch, die ihr in Nom
seid, zu „evangelisieren" (Röm. 1,15); Frieden „evangelisierend"
durch Jesum Christum (Apstgsch. 10, Zb); Er
kam und „evangelisierte" Frieden. (Eph. 2, 17.)
„Evangelisieren" besagt an und für sich nichts
Näheres. Die Bedeutung ist verschieden. In LukaS 20, 1
z. B. bezieht es sich auf das Reich. Die Übersetzung aber
lautet ganz allgemein: „als er das Evangelium verkündig-
*) Nach der griechischen Übersetzung des Alten Testaments,
der sog. Septuaginta, die in den Tagen des Herrn und der Apostel
bei den Juden im Gebrauch war.
— 51 -
te". Was für eins, müssen Zeit und Umstände ergeben.
Dieselben Worte in Römer 1, 15 zeigen dagegen, daß
„Evangelisieren" im tiefsten Sinne weit über das hinausgeht,
was gewöhnlich darunter verstanden wird, nämlich
Buße und Vergebung der Sünden durch Jesum Christum
verkündigen. Letzteres war den Christen in Rom schon bekannt.
Wir brauchen aber nur an den Inhalt des Briefes
selber zu denken und an den Hinweis auf das in den Zeiten
der Zeitalter verschwiegene Geheimnis (Röm. 16, 25.27),
über das wir in den Briefen an die Epheser und Kolosser
näher unterrichtet werden, um zu verstehen, daß jemand
mit „Evangelisieren" dienen, mehr in sich schließt, als nur
den Anfangsweg des Heils verkünden. (Vergl. Apstgsch.
1b, 31). Zum Evangelisieren gehört auch, die Menschen
in die ewigen Ratschlüsse Gottes über Christum und die
Versammlung emzuwechen, ihnen, wie Paulus es anderswo
ausdrückt, „den ganzen Ratschluß Gottes zu verkündigen"
(Apstgsch. 20, 27), sei es durch öffentliche Bekanntmachung
oder in den Häusern. (Apstgsch. 20, 20.) Der
Begriff „evangelisieren" ist also sehr dehnbar. In einer
vergriffenen Betrachtung über die Offenbarung heißt es
an einer Stelle: „Es gibt verschiedene Arten von Evangelien.
Abraham empfing das Evangelium, daß er ein Vater
vieler Völker werden sollte. Das an Israel in der
Wüste gerichtete Evangelium verkündigte die Erbschaft des
Landes der Verheißung." Wieso konnte nun an diesen
Stellen von „Evangelium" die Rede sein? Die einfache
Antwort lautet: Weil das Zeitwort „evangelisieren" dasteht.
„Die Schrift „evangelisierte" zuvor dem Abraham:
In dir werden gesegnet werden alle Nationen." (Gal. 3,
8.) Und im Hebräerbrief steht zu lesen: „Denn wir sind
52
„Evangelisierte", gleichwie auch jene (d. h. „Evangelisierte"
waren) ..." (Kap. 4, 2). Und: „Die zuerst „Evangelisierten"
sind des Ungehorsams wegen nicht eingegangen."
(Kap. 4, 6.) Bei allen Übersetzungen des Bibeltextes, sie
mögen noch so gut sein, geht eben manche Feinheit des
Stils und der Worte verloren. Damit muß der des Textes
Unkundige sich abfinden.
Hier möchte ich noch eines Ausspruchs über „Verkündigung
guter Botschaft" gedenken, und zwar der bekannten
Stelle in 4. Petr. 4, 6. So wenig verstanden dieser
Ausspruch sein mag, so einfach ist er. Petrus schreibt, daß
„auch den Toten gute Botschaft verkündigt worden sei".
Ich möchte fragen: Wo liegt hier eine Schwierigkeit? Hat
Gott sich auch nur zu einem Zeitpunkt der Menschheitsgeschichte
unbezeugt gelassen? Etwa im Paradiese? Etwa
nachher bis zur Sündflut? (Man denke an Henoch und
Noah als Kanäle der warnenden Mitteilungen Gottes!
Vergl. Judas 44; 2. Petr. 2, 5.) Oder etwa späterhin?
War nicht immer die Schöpfung da als eine Verkündigung
und als Hinweis aus den zu ehrenden Schöpfer, was vor
Versinken in Götzendienst bewahrt hätte? Mit welcher
Kraft spricht Paulus hierüber im Römerbrief! (Vergl.
Röm. 4, 48 ff., sowie das 40. Kapitel des gleichen Briefes.)
Wohl handelt es sich im 40. Kapitel um Israel, aber
selbst hier geht es wie ein Aufleuchten durch einige Verse,
so daß kein Zweifel bleibt: Die übrigen Menschen sind nicht
ausgeschlossen. (Lies Vers 42 ff.) Die aus dem Alten
Testament angeführten Stellen zeigen, daß dec Schreiber
sowohl die Zeit vor dem Kommen Christi als auch die des
Endes ins Auge faßt, und natürlich erst recht die Zeit seit
dem Kommen Christi. Denn die Worte: „Aber nicht alle
53
haben dem Evangelium gehorcht" (Vers 16), beziehen sich
hauptsächlich, wenn auch nicht allein, auf diese. Dann aber
überträgt er klar (Vers 18) das über die ganze Erde hin
sich erstreckende Zeugnis der Himmel aus Psalm 19 auf
das Evangelium, allgemein genommen, welcher Art es je
gewesen sein mag, denn die Stimme und Sprache des genannten
Psalms ist von jeher da gewesen. Nein, keiner der
Menschen kann mit der Entschuldigung kommen, er habe
nie eine Botschaft, nie ein Evangelium vernommen. (Vcr-
gl. Röm. 1, 20.) So spricht wenigstens die Schrift. Die
Menschen reden freilich anders. Wer aber wird durchdringen?
Sie, oder wird die Schrift recht behalten?
Bei Petrus ist es nicht anders. Er spricht von Lebenden,
die als solche Rechenschaft geben werden Dem, der bereit
steht, Lebendige und Tote zu richten. (1. Petri 4, 5.)
Gericht an auf der Erde lebenden Menschen ist ein bekanntes
Thema des Alten Testaments, belegt durch mancherlei
Gerichte Gottes, die einzelne Personen oder auch ganze
Völker getroffen haben. Jetzt aber war etwas Neues hinzugekommen.
Nicht mehr Gott als solcher ist bereit zum
Richten, sondern der Mensch Jesus Christus. Und nicht
nur die Lebenden zu richten ist Ihm gegeben (vergl.
Apstgsch. 17, 31), sondern alle, die einst auf der Erde gelebt
haben. Sie sind jetzt Tote, werden aber nach Seinen
eigenen Worten durch Ihn auferweckt werden. (Joh. 5,
22. 27—29.) Alle diese Toten haben einst, wie wir sahen,
ein Zeugnis von Gott gehabt; sie sind, nach den Worten
des Petrus in der angeführten Stelle, „evangelisiert" worden.
„Denn dazu", das heißt zu dem Ende, zu dem
Zweck ist ihnen gute Botschaft verkündigt worden, daß
Gott, der Schöpfer und Erlöser, zu Seinem Recht komme
54
hinsichtlich Seiner Menschenkinder. Die Menschheitsgeschichte
wird mit der Feststellung abschließen, wie jedweder
sich zu dem gehabten Zeugnis verhalten hat. War er
unempfindlich dagegen, so wird er als der, der er blieb,
nämlich ein Fleisches mensch, sein Gerichtsurteil empfangen.
Hat er sich aber die Botschaft zu Herzen gehen
lassen, so ist er dadurch einGeistes mensch geworden und
hat Leben aus Gott empfangen. Der Bewußtseinsgrad
hiervon ist natürlich so verschieden, wie die Offenbarungswege
Gottes verschieden sind. Hier sind die Unterschiede
sehr groß.
Schon dem Kornelius (Apstgsch. 40, 42) hatte Petrus
bezeugt, daß Gott dem Volke zu predigen und ernstlich
zu bezeugen befohlen habe, daß Jesus von Nazareth
der von Gott verordnete Richter der Lebendigen und der
Toten sei. Das gleiche schreibt Paulus an Timotheus:
„Ich bezeuge ernstlich vor Gott und Christo Jesu, der da
richten wird Lebendige und Tote..." (2. Tim. 4, 4.) An
die Römer hatte er früher schon geschrieben: „Denn hierzu"
*), d. h. zu diesem Ende hin, „ist Christus gestorben
und wieder lebendig geworden, auf daß Er herrsche sowohl
über Tote als über Lebendige". (Röm. 44, y.)
*) Derselbe Wortlaut wie bei Petrus.
Wie einfach: Durch Sein Sterben für die Menschen,
für die Menschen vom ersten an, um ihre Sündenschuld
zu sühnen, und durch Sein Auferstehen nach vollbrachtem
Sühnungswerk, steht Ihm dieses Herrscherrecht, dieses
Herr-Sein von Rechts wegen zu. Deshalb wird auch die
Verantwortung dem Zeugnis gegenüber bis zum allerersten
des Menschengeschlechts zurückverlegt, denn seinem Zweck
nach war das Zeugnis von Anfang an ein Evangelium.
55
Dieses Zeugnis Gottes war, wie bereits erwähnt, verschiedenartig,
die Absicht aber durchweg eine. Sie hatte nur
eins im Auge: Heil und Rettung! Ob die Absicht, der
Zweck, erreicht worden ist oder nicht, wird auch bei denen,
die nicht mehr unter den Lebenden sind, öffentlich festgestellt,
wenn der Richter zum Gericht aufruft. — Wie einfach
ist der Gedankengang, und was wird aus dieser Petrusstelle
nicht alles gemacht!
Es greift ans Herz, zu sehen, wie die Heilsabsichten
Gottes die Geschichte der Menschenkinder von ihrem Anfang
an begleiten, vom Bekleiden des ersten Menschenpaares
an, als sie sich nackt wußten, bis zum ewigen Evangelium,
das durch seinen Titel selbst die Zeit aufhebt, die
Seele dem Zeit losen gegenüberftellt und dadurch Schauer
heiliger Ehrfurcht über sie gehen läßt, sofern sie noch
für Göttliches empfänglich ist. Evangelium, frohe Botschaft,
Heilsbotschaft von Gottes Seite aus, immer und
allewege! Auf verschiedenartige Weise, stufenweise fortschreitend
bis zu Himmelshöhen, und wieder zum Einfachsten
zurückkehrend! Fürwahr: „Du bist ein Gott, der sich
schauen läßt!" (1. Mose 1.6,13.)
Zum Ziel strebt alles hin;
Welch ein Getümmel!
Herz, mach dich fein bereit,
Hin geht's zur Ewigkeit-------------
Höll' oder Himmel!
Gedanke
Unser Herz kann beten ohne den Mund. Nie aber
sollte unser Mund beten ohne das Herz.
56
Ein gutes Rezept
Samuel Gobat, s. Z. Bischof in Jerusalem, hielt sich
einmal in Straßburg auf, wo er in einer abendlichen Zusammenkunft
allerlei aus seiner Arbeit erzählte. Ein Professor,
der sich unter den Zuhörern befand, richtete an Gobat
die Frage:
„Was pflegten Sie zu tun, wenn Sie sich in Sorgen
und Schwierigkeiten befanden?"
„Das will ich Ihnen ehrlich sagen, was ich in solchen
Fällen getan habe", erwiderte Gobat. „Ich ging dann
an ein einsames Plätzchen. Dort ließ ich alle die Menschen,
die ich kannte, im Geiste an mir vorüberziehen. Ich dachte
an alle ihre Sorgen, ihren Druck, ihre Not, ihre
Schmerzen und Kümmernisse, und dann flehte ich für
sie alle zu Gott. Bevor ich damit zu Ende war, waren
meine eigenen Sorgen geschwunden."
Der Professor wurde von dieser Antwort tief berührt.
Er folgte zunächst selbst Gobats Beispiel und machte die
gleichen Erfahrungen. Dann empfahl er das gute Rezept
einem seiner Bekannten, der an Gemütsdruck litt. Dieser
machte ebenfalls von dem Mittel Gebrauch, fand Heilung
darin und versäumte nicht, es wieder an andere weiterzugeben.
Und wir? Sollten nicht auch wir Nutzen daraus ziehen
können? Laßt auch uns darum hingehen und desgleichen
tun!
Stephanus
(Kurze Gedanken über Apostelgeschichte 6 und 7.)
Die beiden großen Abschnitte der Apostelgeschichte,
einmal durch die Predigt der Apostel zu Jerusalem, zum
anderen durch das Evangelium des Paulus unter den Nationen
gekennzeichnet, werden durch Tatsachen eingeleitet,
die einander sehr ähnlich find und doch verschiedene Bedeutung
haben. Als der Herr Jesus vierzig Tage nach Seiner
Auferstehung die Jünger verließ, um Seinen Platz zur
Rechten Gottes einzunehmen, schauten die Elfe unverwandt
genHimmel (Apstgsch. 7, 70). Als Stephanus
seine Rede vor dem Synedrium beendet hatte, schaute
auch er unverwandt gen Himmel (Kap. 7, SS).
Die Blicke der Apostel und das Auge des treuen Zeugen
waren nach oben gerichtet, den Wohnungen des Vaterhauses
entgegen. Aber während Stephanus den Himmel geöffnet
sah, die Herrlichkeit Gottes und Jesum zur Rechten
Gottes stehen, blieb der Himmel für die elf Jünger auf
dem Olberg verschlossen. Er hatte sich zuvor geöffnet, um
den Herrn Jesus aufzunehmen; aber jetzt verdeckte gleichsam
eine Wolke die Herrlichkeit des Himmels (Kap. 7, y).
Der Grund hierfür wird uns durch die zwei Männer
im weißen Kleide mitgeteilt: „Männer von Galiläa, was
stehet ihr und sehet hinauf gen Himmel? Dieser Jesus,
der von euch weg in den Himmel ausgenommen worden
ist, wird also kommen, wie ihr Ihn habt hingehen sehen
I^XXXIII 3
58
in den Himmel" (Kap. 1, 17). Engelsworte, voller Belehrung,
aber auch voller Trost! Er, der sie soeben verlassen
hatte, würde wiederkommen, und zwar auf dieselbe
Weise, wie Er von ihnen gegangen war. Eine Wolke hatte
Ihn vor ihren Augen weggenommen. Auf den Wolken des
Himmels wird Er mit Macht und großer Herrlichkeit zurückkehren
(Matth. 24, 30; Offbg. 4, 7). Von dem Ol-
berg auö war Er in den Himmel aufgefahren; an jenem
Tage Seiner Wiederkunft werden Seine Füße auf dem
Olberg stehen (Sach. 44, 4).
Die Worte der Engel waren zweifellos dazu angetan,
die Blicke der Jünger zu ihren Aufgaben auf Erden zurückzulenken.
Gemäß dem Befehl des Herrn sollten sie das
Evangelium verkündigen, anfangend von Jerusalem. Aus
den Reden des Apostels Petrus ersehen wir, daß sie dieser
Aufforderung Folge geleistet haben. Sie wiesen auf die
Wiederkunft des Herrn hin, auf die Zeiten der Erquickung
und der Wiederherstellung aller Dinge (Kap. Z, 79). Die
Hoffnung des Volkes galt dem irdischen Reich der tausend
Jahre. Aber die Obersten Israels verwarfen die letzte Einladung
Gottes, verwarfen das Zeugnis des Heiligen Geistes.
Sie hielten gleichsam ihre Ohren zu (Kap. 7, 57).
Ihre Halsstarrigkeit erwies sich insbesondere an ihrem Verhalten
dem Manne gegenüber, der in Apostelgeschichte 6
und 7 in bedeutsamer Weise vor unsere Blicke tritt, in
Stephanus, dem ersten Märtyrer des Herrn.
Mit dem Blick des Stephanus in den geöffneten
Himmel beginnt eine neue Ordnung der Wege Gottes.
Nicht mehr das Reich Christi auf Erden, soweit die Zukunft
in Frage kam, nicht mehr Jerusalem als Mittelpunkt
der Versammlung, was die Gegenwart betraf — nein.
Sy
der Sohn des Menschen im Himmel droben und eine Versammlung,
die Seine erhabene Herrlichkeit im Himmel
schaute, bilden fortan den Gegenstand der Betrachtung.
Der Tempel zu Jerusalem und die Stadt selbst boten nichts
mehr, was das suchende Herz befriedigen konnte. Der
Kämmerer in Kapitel 8 mußte unbefriedigt von dannen
ziehen. Die Gläubigen sollten nunmehr das Lager verlassen,
zu Dem hinausgehen und die Schmach Dessen tragen,
der außerhalb des Tores gelitten hatte (Hebr. 43, 42.43).
Der Herr befand sich im Himmel, und die Berufung des
Glaubens war gleichermaßen himmlischer Art.
Das Zeichen für diese Wandlung der Dinge bildete die
Steinigung des Stephanus als Abschluß der Verwerfung
seines Zeugnisses. Er war, wie man aus seinem Namen
schließen kann, ein Jude griechischer Junge, ein Hellenist.
Das Murren der gläubigen Hellenisten gegen ihre Brüder,
die Hebräer, hatte Veranlassung gegeben, ihn für die Bedienung
der Tische zu wählen. Mit ihm waren sechs andere
Brüder bestimmt worden. Wir finden hier, von der traurigen
Begebenheit mit Ananias und Sapphira abgesehen,
zum ersten Mal, daß die Gläubigen nicht eines Sinnes
waren. Wie oft wird sonst in den Anfangskapiteln der Apostelgeschichte
von ihrer Einmütigkeit berichtet, sei es im
Gebet, sei es im Wandel (Kap. 4, 44; 2, 46; 4, 24. 32;
5, 42)! Es war die Wirksamkeit des Heiligen Geistes in
ihrer Mitte, das Dl, das Herabfloß auf den Saum der Kleider
(Psalm 4ZZ), das ihre Eintracht hervorrief und bewahrte.
Die Frucht des Geistes zeigte sich in den Herzen
der Jünger Jesu. Nur mit tiefem Schmerz können wir
heute feststellen, wie sehr diese Einmütigkeit unter den
Kindern Gottes im Laufe der Zeit gewichen ist. Die Ge
60
schichte der Kirche Christi hallt mehr von den Streitrufen
der Zwietracht wider als von den Lockrufen der wahren
Liebe. Und wenn wir uns unter den Hausgenossen des
Glaubens unserer Tage umsehen, bei uns selbst beginnend,
so finden wir auch hier nicht der Liebe und der Eintracht
den gebührenden Platz eingeräumt. Daö ist in der Tat tief
beschämend. Wenn wir in Abhängigkeit vom Herrn handeln,
in Seinem Geiste tätig sind, indem wir anderen Liebe
erweisen, werden wir auch eines Sinnes sein und die Früchte
einer brüderlichen Gemeinschaft schmecken.
Ein schönes Beispiel hierfür bietet uns daö 6. Kapitel
der Apostelgeschichte. In echtem christlichen Zartgefühl
wurden solche Männer für die Bedienung der Tische ausersehen,
die zu den murrenden Hellenisten zählten, obwohl
sie sich selbst gewiß nicht an dem Murren beteiligt hatten.
Aus der Zahl der Gewählten ragt Stephanus hervor. Er
war ein Mann vollGlaubensun dHeiligen Geistes,
ein Mann voll Gnade und Kraft (Verse 5
und 8). Seine Widersacher vermochten nicht derWei 6 -
heitunddemGeistezu widerstehen, womit er redete
(Vers tO). Die Wirksamkeit des Geistes und sein Glaube
befähigten ihn zum Dienst für die Heiligen; in Gnade und
Kraft tat er Wunder und große Zeichen unter dem Volke;
in Weisheit und der Kraft des Geistes widerlegte er die
Schriftgelehrten der Juden. Alle diese Eigenschaften wurden
an der geziemenden Stelle entfaltet, und alle entsprangen
nicht seiner eigenen Natur, sondern Gott selbst.
Der Herr benutzte hier das Murren der Hellenisten,
um einen Mann in den Vordergrund der Ereignisse zu stellen,
der ein außergewöhnliches, machtvolles Zeugnis für
Ihn ablegte. Nur eine kurze Weile trat dieser Mann auf
— 6r —
den Schauplatz. Gott ließ es zu, daß er bald wieder abgerufen
wurde. Aber diese kurze Zeit genügte, um die Herrlichkeit
Gottes, wie sie sich in den Gläubigen offenbaren kann,
auf überwältigende Weise zu entfalten. Stephanus war
ein Licht in der Welt, die in Finsternis lag, ein Licht inmitten
eines verdrehten und verkehrten Geschlechts, ein Licht,
dessen Glanz im Himmel seinen Ursprung hatte. Von Stufe
zu Stufe leuchtete es Heller. Die in dem Synedrium saßen,
sahen sein Angesicht wie eines Engels Angesicht. Sie
sahen unverwandt auf ihn (Kap. b, 45). Er aber
schaute, ein wenig später, unverwandt gen Himmel
(Kap. 7, 55), und da sah er die Herrlichkeit Gottes
und Jesum zur Rechten Gottes stehen. Er sah Größeres
als eine Herrlichkeit, die der von Engeln entsprach. Er
schaute in Wahrheit mit aufgedecktem Angesicht die Herrlichkeit
des Herrn an und wurde verwandelt nach demselben
Bilde von Herrlichkeit zu Herrlichkeit, als durch den Herrn,
den Geist (2. Kor. Z, 48). Er war „voll Heiligen Geistes".
Wie muß aber auch sein Angesicht geleuchtet haben,
als er dem Synedrium gegenüberstand! „Sie sahen sein
Angesicht wie eines Engels Angesicht!" Sein Antlitz strahlte
in dem Abglanz dessen, was in seinem Herzen war, dem
Abglanz der Nähe Gottes. Wie einst die Haut des Angesichtes
Moses' strahlte, weil Gott mit ihm geredet hatte
(2. Mose 34, 29), so zeigte sich des Stephanus Antlitz wie
eines Engels Angesicht, da der Herr bei ihm war.
Nun begann er seine Rede. Er mußte eine Anklagerede
halten, die Abrechnung Gottes mit den Juden, eine
göttlich meisterhafte Zusammenfassung der Geschichte Israels.
Ihre Väter hatten allezeit dem Heiligen Geiste widerstanden—
in der Geschichte Josephs und Moses' tritt dies
62
besonders hervor. Nicht anders handelten die Nachkommen.
Sie hatten Gott mißachtet, Christum verraten und ermordet
und verwarfen jetzt den Heiligen Geist. Welch furchtbare
Anklage! Zugleich, welch mutiges Zeugnis! Stephanus
fürchtete die Obersten der Juden nicht. Seine Gedanken
waren auf die Ehre des Herrn gerichtet, und von Seinem
Geist getrieben, legte er dieses gewaltige Zeugnis ab.
Es beschämt uns, wenn wir daran denken, wie wenig Mut
wir oft haben, ein Bekenntnis für unseren Herrn abzulegen.
Wir schweigen gern, wenn wir reden sollten. Der
Herr nimmt Kenntnis davon. Er freut sich aber eines
Zeugnisses, auch wenn es in Schwachheit geschieht. Er
verleiht Mut und segnet die Worte, die zu Seiner Ehre gesprochen
werden.
DieHerzender Juden wurdendurch bohrt,
als sie die Anklagen des Stephanus hörten, und sie knirschten
mit den Zähnen gegen ihn. In Kap. 2, 37 lesen wir
ähnliche Worte. Als die Juden die Rede des Petrus hörten,
drang esihnendurchsHerz. Aber die Wirkung
war eine ganz andere. Das Gewissen wurde erreicht,
und kein Gedanke des Hochmuts trat zutage. Das Evangelium
leitete sie zur Buße. Die Rede des Stephanus aber
traf auf verletzten Stolz und verhärtete Herzen. Die letzte
Warnung Gottes an die Obersten der Juden verhallte ungehört.
Nun war das Gericht nicht mehr aufzuhalten.
Konnte die erbarmende Gnade Gottes in Kap. Z, 17 noch
sagen, daß auch die Obersten in Unwissenheit gehandelt
hatten, entsprechend den Worten des Herrn am Kreuz:
„Sie wissen nicht, was sie tun" (Luk. 23, 34) —, jetzt
konnte von Unwissenheit nicht mehr die Rede sein. Stephanus
ruft: „Herr, rechne ihnen diese Sünde nicht zu!"
— bZ —
Die Juden, die zuvor sein Angesicht wie eines Engels
Angesicht gesehen hatten, stürzten einmütig auf ihn
los. Die Feindschaft gegen Gott ließ sie eines Sinnes sein,
gleich den vorigen Tagen, da sie sich gegen den Herrn Jesus
erhoben hatten. Es ist der Mühe wert, dem Unterschied
nachzugehen, der zwischen den Ursachen dieser Eintracht
und derjenigen der Jünger Jesu in jener Zeit besteht, auch
im Blick auf unsere Tage.
Inmitten seiner Feinde war Stephanus nicht allein.
Seine Rede hatte mit der Erwähnung des „Gottes der
Herrlichkeit" begonnen (Kap. 7, 2). Die Antwort Gottes
darauf war, daß Stephanus die „Herrlichkeit Gottes"
schaute (Kap. 7, 55). Aber er sah noch mehr. Er sah Jesum
zur Rechten Gottes stehen. Er blickte unverwandt gen
Himmel, schaute von allem Irdischen hinweg auf Jesum
(Hebr. 1.2, 2). Er fühlte sich Ihm nahe. Welch ein Bewußtsein
im Angesicht des Todes! Keine Furcht, keine Verzagtheit
inmitten derer, die ihn steinigten! Der erste Märtyrer
für Christum ging heim, bis zum letzten Atemzug seinen
Herrn verherrlichend, Ihm ähnlich in Wort und Werk.
Es ist von tiefer Bedeutung, daß hier Saulus, der
spätere Apostel der Nationen, zum ersten Mal erwähnt
wird, bedeutungsvoll für die Tatsache, daß das Evangelium
sich von nun an nicht mehr an die Juden, sondern in
erster Linie an die Heiden wenden sollte. Die Gnade Gottes
erreichte jene, die außerhalb der jüdischen Verheißungen
standen. Jerusalem wurde beiseitegesetzt und gerichtet. Der
Mittelpunkt der Versammlung Gottes ist im Himmel.
Haben nicht auch wir Teil an dieser wunderbaren Segnung?
Gott hat uns herausgenommen aus der Macht der
Finsternis und des Todes, berufen zu Seinem wunderba
64
ren Licht. Darum ist es unsere heilige Aufgabe, Seine Tugenden
zu verkünden in einer Zeit, da die Feindschaft wider
unseren Herrn sich weiter und weiter ausbreitet, treue
Zeugen für Ihn zu sein. Gleich Stephanus sollten auch wir
unverwandt gen Himmel schauen, dem Herrn ähnlicher
werden, in allem heranwachsen zu Ihm hin, der uns so
unendlich geliebt hat!
Unterredungen über den Meilen Brief
an die LorinGer
XIV.
Kapitells
Das l0. Kapitel unseres Briefes stellt eine Seite des
Dienstes dar, deren Betrachtung wichtig genug ist. Es
kommt öfter vor, daß man einen Diener des Herrn, der
eine Gabe von Ihm empfangen hat, diese Gabe ohne Rücksicht
auf seinen sittlichen Zustand ausüben sieht, ich meine
so, daß sein innerer Zustand nicht mehr mit dem Werte
dessen übereinstimmt, was ihm anvertraut worden ist. Was
den Apostel betrifft, so erblicken wir ihn durchaus auf der
Höhe des Dienstes, den er ausübte; sein sittlicher Zustand
stand ganz und gar im Gleichklang mit diesem Dienst. Das
war es ja, was diesem Dienst eine solche Kraft gab inmitten
derer, zu deren Gunsten er geschah. Person und Verhalten
des Apostels waren die Darstellung dessen, was er
predigte. Sein Wort stimmte mit seinen Taten,
undderZustandseinesHerzensmit sei-
j nem Wort überein. In allem folgte er dem Beispiel,
-seines Herrn und Meisters. Als die Menschen Jesum fragten,
wer Er sei, antwortete Er: „Durchaus das, was ich
65
auch zu euch rede". In völligem Gegensatz zu dem Verhalten
des Apostels steht das der falschen Apostel und falschen
Lehrer. Die Korinther waren soeben, wie wir wissen, durch
den Dienst des Apostels, den er ihnen in seinem ersten
Brief geleistet hatte, den Fallstricken Satans entgangen,
der diese Versammlung Gottes zerstören wollte, indem er
einen fleischlichen Geist und Mangel an Wachsamkeit hineinbrachte,
sowie das Böse und als dessen Folge Zerrüttung.
Da der Brief seine Wirkung getan hatte, waren die
Korinther wiederhergestellt worden. Trauer, Buße und
ein Eifer, der bereit war, das Böse zu richten und sich davon
zu reinigen, waren so groß geworden, daß der Apostel
ihnen hatte schreiben können: „Ich rühme mich eurethalben".
Sollte man nun nicht meinen, daß eine Versammlung,
die eine so völlige Befreiung erfahren hatte, endgültig
befreit gewesen wäre? Aber, liebe Freunde, des seid
überzeugt, daß der Feind nach dem ersten Sieg, den ihr
über Satan davongetragen habt, einen zweiten Angriff
vorbereiten wird. Vor dieser Gefahr scheinen die Korinther
indessen keine Sorge gehabt zu haben, und doch war
das Böse schon da, gefährlich drohend, und wirkte im geheimen
in ihrer Mitte, um sie zunächst von dem Apostel
zu trennen und sie dann selbst als Versammlung zu zertrümmern.
Vor diesen Gefahren müssen wir ständig auf der Hut
sein, indem wir fortwährend wachen, nicht nur, was uns
selbst betrifft, sondern auch als Versammlung. Gott mag
uns in irgendeiner Sache haben siegen lassen, indem Er
uns von Dingen befreite, die uns in unserem christlichen
Leben Hemmungen bereiteten. Ist dem so, dann laßt uns
nicht über unserem Siege einschlafen, denn Satan, unser
— bb —
Feind, schläft nicht! Er weiß tausend Gestalten anzunehmen
(vergl. Kap.' 11, 14. 15); wenn es ihm beim ersten
Mal nicht gelungen ist, uns zu fällen, so kommt er wieder,
und zwar mit listigeren Versuchungen, als die ersten waren,
um uns vernichtend zu schlagen. Beim Reden von dieser
Gefahr nennt der Apostel nicht einmal die Widersacher,
die in. Korinth ihr verderbliches Werk taten. Er spricht
einfach von „etlichen", von „einem solchen". Ihr Werk
muß sie offenbar machen. Aber die Ausdrücke, deren er
> sich bedient, sollen wohl darauf Hinweisen, daß die Gefahr,
die diese Menschen bedeuteten, zu allen Zeiten da und nicht
(an einen besonderen Namen geknüpft ist. Ihre heimliche
Arbeit hatte zum Ziel, die Autorität der Apostel zu untergraben,
wie sie heute zum Ziel hat, die Autorität des uns
durch die Apostel überlieferten Wortes zu unterhöhlen. Diese
Menschen suchten die persönliche Wertschätzung, welche
die Korinther bis dahin dem Paulus entgegengebracht hatten,
zu beeinträchtigen. Sie erdreisteten sich, den Gedanken
bei ihnen zu wecken, daß der, welcher in ihrer Mitte als einer
gelebt hatte, dessen Vorbild Christus war, und der für
das Evangelium gelitten hatte, „nach dem Fleische wandelte".
(V. 2.) Sie hüteten sich dabei wohl, den Wert der
inspirierten Briefe zu leugnen. „Die Briefe, sagt man,
sind gewichtig und kräftig, aber die Gegenwart des Leibes
ist schwach und die Rede verächtlich." (V. 10.) Wenn
er abwesend ist, sagten sie, hat er Autorität, ist er aber anwesend,
so hat er keine. Seht, wie er „unter euch gegenwärtig
demütig ist!" (V. 1.) Ferner finden wir im 12.
Verse, daß diese „falschen Apostel", diese „betrügerischen
Arbeiter", wie sie in Kapitel 11, 13 genannt werden, —
denn zu jener Zeit legten sich viele den Namen Apostel bei
67
inmitten der Versammlungen — „sich selbst empfahlen",
indem sie ihre eigene Autorität der scheinbaren Schwachheit
des Paulus gegenüberstellten. Aber wenn Satan versuchte,
die Autorität des Dieners Gottes in der Wertschätzung
derer, welchen er diente, zu untergraben, so lief
das letzten Errdes auf einen Angriff gegen Christum hinaus.
(Kap. tt, 4.) Nach außen mochte das als ein Kampf
zwischen Mann und Mann erscheinen. In Wahrheit war
es der Kampf Satans gegen den Herrn selbst. Stoßt die
Autorität des Apostels um, und ihr hemmt nicht nur,
nein, ihr richtet das Werk des Herrn inmitten der Christen
zugrunde!
Infolgedessen beginnt Paulus diesen Abschnitt damit,
daß er von sich selbst redet: „Ich selbst aber, Paulus,
ermahne euch durch die Sanftmut und Gelindigkeit des
Christus, der ich unter euch gegenwärtig zwar demütig, abwesend
aber kühn gegen euch bin..." Gerade das war es,
was seine Widersacher von ihm behaupteten. Er nimmt
es an. Er war kühn gegen sie gewesen, als er abwesend war.
Wenn er aber in ihrer Mitte weilte, so wandte er sich mit
Furcht und Jittern an sie. Das stimmte. Und jetzt ermahnte
er sie „durch die Sanftmut und Gelindigkeit des Christus".
Diese wollte er vor aller Augen zur Darstellung
bringen. Er hatte das Wesen des Herrn kennengelernt, und
dieses Wesen brachte er inmitten der Korinther zur Entfaltung.
Nicht von der Sanftmut und Gelindigkeit des
Paulusist hier die Rede, sondern von der des Christus.
Das ist die Sanftmut, die alle ihre Rechte aufgibt, um an
deren zu dienen, das die Gelindigkeit, die das Böse nicht
zurechnet, die überall das Gute sucht und es in alle Beziehungen
zu den Menschen hineinträgt.
68
Ist er dagegen abwesend, so lautet seine Sprache:
Wir haben Autorität. „Der Herr hat sie", so sagt er im
8. Verse, „zur Auferbauung und nicht zu eurer Zerstörung
gegeben." Er machte ihnen gegenüber nur in seiner
Abwesenheit von ihr Gebrauch, weil er sie eben nicht zerstören,
sondern auferbauen wollte. Aus diesem Grunde
hatte er zur Zeit seines ersten Briefes darauf verzichtet,
die Autorität, die er hatte, um den Bösen dem Satan zu
überliefern, in ihrer Mitte geltend zu machen. Wenn es sich
aber um die Widersacher handelte, schreibt er: „Ich flehe
aber, daß ich anwesend nicht kühn sein müsse mit der Zuversicht,
mit welcher ich gedenke, gegen etliche dreist zu
sein, die uns als nach dem Fleische wandelnd erachten".
(V. 2.) Das will nichts anderes sagen, als daß, falls es
seinen Worten nicht gelingen sollte, Eindruck auf diese
Menschen zu machen, er gezwungen sein werde, zu kommen
und sie ein für allemal auszuschalten. Diese Waffe
hatte Gott ihm in die Hand gegeben. Er konnte sie gegen
diese falschen Apostel benutzen. Tat er es nicht, so ge
schah es um der Heiligen willen. Sein Wunsch ging zunächst
dahin, daß durch seine ihm zur Auferbauung gegebene
Autorität „ihr Gehorsam erfüllt" werden möchte.
Danach würde er mit Kühnheit handeln, denn seine Waf
fen waren mächtig, um allen Ungehorsam zu rächen.
(V. 3 bis 6.)
Zm 12. Verse beschuldigt er diese Menschen, daß sie
„sich mit sich selbst verglichen". Wenn der Christ, wie
übrigens auch jeder andere Mensch, sich mihandeM vergleicht,
so wird das Ergebnis in den meisten Fällen eine
gute Meinung von sich selbst sein. Vergleicht er sich aber
mit sich selbst, so tritt er vor andere hin, als wäre er
by
in sich selbst ein Vorbild. Welch ein großer Mann bin
ich! Wieviel kann, wieviel weiß ich! Wie übertreffe ich sogar
mich selbst! So lautet seine Sprache. Das eigene Ich
ist der Gegenstand seines Messens und Beurteilens. DaS
aber heißt, den Hochmut auf die Spitze treiben, denn es
bedeutet nichts anderes, als Christum verdrängen. Dann
aber gibt es noch eine dritte Vergleichs-Möglichkeit, und
die besteht darin, sich mitChristo zu vergleichen. Wie 3
arm muß alles eigene Tun erscheinen, wenn es nach demjenigen
des Herrn beurteilt wird! Ja, wer durch die Gnade
dahin kommt, von sich selbst weg auf Ihn zu schauen,
.der sinkt augenblicklich bis aus die letzten Stufen der Demut
herab, denn wie wäre es möglich, hoch von sich zu denken,
wenn man vor Gott steht? So machte es der Apostel,
mit dem Erfolg, daß sein Charakter sich nach demjenigen
Christi bildete, anderen zur Ermahnung. Er verbarg sich
hinter seinem Meister. Denken wir daran! Sooft wir uns
in Christi Gegenwart befinden, sind wir wahrhaft denw-,
tig. Iu einer bleibenden, ich möchte sagen, gewohnheitsmäßigen
Demut können wir aber nur dann gelangen, wenn es
unsere Gewohnheit ist, in Seiner Gegenwart zu weilen.
So kann es mir begegnen, daß ich mich in dem Augenblick,
wo ich mich in dieser Gegenwart befinde, ernstlich
verurteile, daß ich aber schon im nächsten Augenblick wie-
her eine gute Meinung von mir habe, weil ich diese Gegenwart
nur eben verlassen habe. Nicht so der Apostel! Er war
beständig „Gott offenbar". Am Schluß dieses Briefes hat
er gesagt: „Ich bin nichts". (Kap. 12, 11.) Hat dieser
Mann wirklich gedacht, was er sagte? Wir dürfen nicht
daran zweifeln, denn das, was er sagte, war genau das,
was er war. Er war so völlig seinen eigenen Augen ent
70
schwunden, daß er sich nicht wiederfand, als er von sich
selbst sprechen wollte. Da sagte er: „Ich kenne einen Menschen
in Christo". Er hatte keinen Namen. Immerhin ist
selbst dieser Mensch, der seinen Dienst in dieser Welt, nachdem
er in den dritten Himmel entrückt worden war, wieder
aufnehmen mußte, in Gefahr, hochmütig zu werden und
an sich zu denken, »denn diese Gefahr besteht allezeit. Aber
der Herr sendet ihm in Seiner Liebe einen Engel Satans,
um ihn mit Fäusten zu schlagen, damit er in der Stellung
des sich Selbstvergessens da bliebe, wohin die Gnade ihn
gestellt hatte.
Am Ende des Kapitels finden wir die Worte: „Wer
sich rühmt, rühme sich in dem Herrn". (V. t7.) Wiederholt
hatte Paulus gesagt: „Ich rühme mich eurethalben"
oder „über euch". Er hatte gezeigt, wie sehr er schätzte,
was Gott in Seiner Gnade in ihren Herzen gewirkt hatte,
aber er rühmte sich nicht i n ihnen. Und wenn es sich um ihn
selbst handelte, so sagte er: „Wenn es gerühmt sein muß, so
will ich mich dessen rühmen, was meine Schwachheit betrifft".
(Kap. U, 30.) Darin darf ich mich in der Tat
rühmen. Wenn der, welcher soeben zum Apostel der Heiden
geweiht worden war, in einem Korbe durch ein Fenster
an der Mauer von Damaskus herabgelassen wurde, so
durfte er sich dessen gefahrlos rühmen, wie ebenso der Tatsache,
daß er seit Beginn seiner Laufbahn unaufhörlich
von einem Engel Satans geschlagen wurde. „Denn nicht",
fügt er hinzu, „wer sich selbst (wie diese falschen Apostel es
taten) empfiehlt, der ist bewährt, sondern den der Herr
empfiehlt." (V. t8.) Danach sollten auch wir, wie der
Apostel, in unserem ganzen christlichen Leben trachten. Reden
wir nicht von uns selbst! Legen wir uns selbst nicht ir
— 71 —
gendwelche Wichtigkeit bei! Der Herr empfiehlt den, den
Er anerkennt. Wenn Seine Diener wahrhaft demütig sind,
so trägt Er Sorge, ihnen einen Ehrenplatz zu verschaffen
und sie über andere einen gesegneten Einfluß gewinnen zu
lassen, zur Ehre Christi.
Etwas über die Leiden des Herrn
Wir können uns von den Leiden des Herrn Jesus nur
einen ganz schwachen Begriff machen. Sie sind zu groß
und zu vielseitig, als daß wir fähig wären, uns auch nur
eine einigermaßen richtige Vorstellung von ihnen zu bilden.
Zwei Seiten der Leiden des Herrn stehen im Augenblick
vor mir, und zwar die Leiden, die Jesus litt von
feiten der Menschen, also Leiden von den Menschen, und
die Leiden, die Er litt von feiten Gottes, als Er, zur Sünde
gemacht, den Zorn Gottes schmecken mußte, also Leiden
für die Menschen?) Uns in die Leiden unseres Herrn zu
vertiefen, kann allezeit nur gesegnet und nützlich sein. Es
wird uns helfen. Seine große Liebe zu uns besser zu ver-
") Ls gibt noch eine dritte Seite. Das sind die Leiden, die
unser Herr während Seines ganzen Lebens hienieden als der Gerechte
inmitten der Sünder, nicht von den Sündern, zu erdulden
hatte. Petrus schreibt von dem „gerechten Lot, der von dem
ausschweifenden Wandel der Ruchlosen gequält wurde; denn der
unter ihnen wohnende Gerechte quälte durch das, was er sah und
hörte, Tag für Tag seine gerechte Seele mit ihren gesetzlosen Werken".
Wenn der Apostel das von einem Manne sagt, den im Blick
auf sein wenig vorbildliches Leben nur die unergründliche göttliche
Gnade einen „Gerechten" nennen konnte, in welch ganz anderem
Maße muß dann „der Gerecht e", der vollkommen Heilige,
der Mensch ohne Sünde, unaufhörlich gequält worden sein durch
das, was Seine reinen Augen und Vhren auf diesem Schauplatz
der Sünde sahen und hörten!
72
stehen und zu genießen, diese Liede, die Er solchen erwies,
die völlig verderbt waren, und deren Verderbtheit gerade
durch die Größe Seiner Leiden hervortrat.
Was menschliche Verderbtheit und Jämmerlichkeit ist,
wird durch das, was vor und auf Golgatha geschah, ebenfalls
auf zweierlei Weise ins Licht gestellt. Der Mensch
selbst bewies sie dadurch, daß er an Verständnislosigkeit
und Treulosigkeit, an Schlechtem und Gehässigen, an Neid
und Bosheit, an Rache und Auflehnung, an Hohn und
Spott, an Grausamkeit und Quälerei an dem Heiligen und
Reinen das Äußerste vollbrachte. Schaudernd tun wir einen
Blick in den Abgrund des menschlichen Verdorbenseins.
Vor allem aber stellte Gott die Größe der menschlichen
Verderbtheit heraus in der Schwere des Gerichts, das
von Seiner Seite über Den erging, der mit unseren Sün
den beladen und an unserer Statt zur Sünde gemacht wurde.
Die Schrecklichkeit dieses Gerichts entsprach der Schrecklichkeit,
welche die Sünde und das Verderben der Menschen
in Gottes Augen hatten.
Indessen liegt es nicht in meiner Absicht, in diesen
wenigen Zeilen den Menschen auf seinem Wege der Bosheit
zu verfolgen, auch nicht, über das Gericht Gottes mit dem
„zur Sünde Gemachten" zu reden. Vielmehr möchte ich
uns einen Augenblick mit dem Verhalten der Jünger
kurz vor der Kreuzigung und dem des Herrn ihnen gegenüber
beschäftigen. Ach, auch die Jünger haben durch ihr
Verhalten, ihre Torheit, Feigheit und Treulosigkeit, zur
Vermehrung der Leiden Dessen, den sie doch liebten, bei-
getragen, während wir bei Ihm nur erhabene Ruhe, Liebe
bis ans Ende und ein Eintreten für sie bis aufs letzte (Joh.
t8, 8) wahrnehmen.
73
Wir finden den Herrn mit den Jüngern in jenem
Obersaal versammelt, wo Er das letzte Passah mit ihnen
aß, ehe Er litt, und wo Er das Gedächtnismahl Seines Todes
für sie einsetzte. Auch in jenen feierlichen Stunden standen
vor Seiner Seele drohend und beängstigend die Leiden,
über die Er schon manchmal mit ihnen und in ihrer Gegenwart
gesprochen hatte (vergl. Matth. 16, 21 u. Joh. 12,
27), die aber jetzt unmittelbar vor Ihm lagen. Dennoch
finden wir in Seinem Verhalten keine Unruhe. Er legt sich
mit ihnen zu Tische. Er unterredet sich mit ihnen. Er gibt
ihnen in Seinem Handeln (vergl. Joh. 13) ein unendlich
schönes Vorbild von dem, was Er von ihnen erwartet. Nur
eins erschüttert Ihn: Der Gedanke an den Verrat des Judas.
Aber mit göttlicher Erhabenheit, in einer Weise, wie
nur Er es vermag, bezeichnet Er den Verräter. Dann setzt
Er das Abendmahl ein. Er ermuntert Seine Jünger durch
den Hinweis auf die Stätte, die für sie zu bereiten Er hingehe.
Und mit einem Loblied auf den Lippen gehen sie hinaus
nach dem Olberg. Mit einem Wort: Er steht völlig
über der Szene.
Was konnte dem Herrn in dieser schweren Stunde,
als schon die Schatten des Todes Seine heilige Seele umfingen,
diese Ruhe und Seelengröße geben? Waren es nicht
auch zwei Dinge: Einerseits das Bewußtsein, den Wil-
lenGotteszutun,in Übereinstimmung mit dem Vater
zu handeln, und anderseits die unergründliche
Liebezu den Seinen? Als der gute Hirte stand Er im
Begriff, Sein Leben für Seine Schafe zu lassen. Dazu war
Er ja in die Welt gekommen. Und Sein kostbares Vermächtnis
sollte für die Jünger das Gedächtnis Seines Todes
sein, die Erinnerung an Seinen Leib, für uns dahinge
74
geben, und an Sein kostbares Blut, das für uns am Kreuz
geflossen ist.
Mahnend, warnend geht Er dann mit den Jüngern
hinunter ins Kidrontal. Trotz Seiner vielen Belehrungen
ist ihr Verständnis über Seinen Weg unbegreiflich gering.
Dieser Weg, aus Liebe zu ihnen gegangen, ist für sie ein
Ärgernis. „Ihr werdet euch alle ärgern", sagt Er, „denn
es steht geschrieben: „Ich werde den Hirten schlagen, und
die Schafe werden zerstreut werden"." In Vermessenheit
und Selbstvertrauen antwortet Petrus: „Wenn sich auch
alle ärgern werden, ich aber nicht", und hinterher, nachdem
der Herr ihm seinen tiefen Fall warnend vorausgesagt
hat: „Wenn ich mit dir sterben müßte, werde ich dich nicht
verleugnen". Und so sprechen sie alle. Des Herrn Warnungen
finden kein Gehör. Ach, und wie zeigt ihr späteres
Verhalten deren Notwendigkeit! Auch dieser Torheit und
Überhebung gegenüber bleibt der Herr sich gleich. Er straft
nicht; Er betet und warnt. Welch göttliche Geduld, und
welch vollkommene Liebe!
So kommen sie nach Gethsemane. Die Wogen und
Wellen des Gerichts Gottes rauschen näher. Der Kampf
beginnt. Ein mitfühlendes Herz in schwerer Stunde ist etwas
Großes. Aber unserem geliebten Herrn ist selbst das
versagt geblieben. Die Jünger schlafen. Wie wünschte der
Herr, daß sie mit Ihm gewacht und gebetet hätten! Aber
trotz Seiner Aufforderung, eine Stunde mit Ihm zu wachen,
schlafen sie. Allein, völlig allein bleibt Er in schwerem
Kampf. Zwei furchtbaren Dingen muß Er ins Auge
sehen. Er muß zur Sünde gemacht werden, zu diesem
Abscheu in Gottes Augen, und Er muß hierfür das Gericht
eines gerechten Gottes in einer Weise erdulden, als ob Er
75
in Sich selbst Sünde gewesen wäre. Er, der heilig war,
kannte die Sündhaftigkeit der Sünde, aber auch den Jörn
Gottes in seiner ganzen Größe. Nicht wahr? wir begreifen
die Bangigkeit Seiner Seele. Aber keiner der Jünger
wacht mit Ihm, keiner hat ein Wort des Trostes noch
der Ermunterung. Wird jetzt unser Herr irre? Diese Leute
liebten Ihn und machten es dennoch so. Ob nicht Satan
auch gerade diesen Umstand zu Seiner Versuchung benutzt
hat, um Ihn zu veranlassen, von dem Werk der Erlösung
abzustehen? Gott sei gepriesen. Er ist fest geblieben. Er
hat Sein „Angesicht gemacht wie einen Kieselstein", und
„Seine Liebe war gewaltsam wie der Tod".
Aber nicht nur sollte Vermessenheit und Trägheit bei
denen, welche Er Freunde genannt, offenbar werden, sondern
auch Falschheit. Durch den Kuß eines Seiner Jünger
wurde des Menschen Sohn verraten. „Denn nicht ein
Feind ist es, der mich höhnt, sonst würde ich es ertragen;
nicht mein Hasser ist es, der wider mich groß getan hat,
sonst würde ich mich vor ihm verbergen; sondern du, ein
Mensch meinesgleichen, mein Freund und mein Vertrauter."
(Ps. 55, 72. 73.) Ja, es gab wirklich nichts, worin
das Herz unseres Herrn nicht geprüft worden wäre. Ihm
ist nichts erspart geblieben. Alle Hefe wurde zusammenge-
tragen, um den Kelch bitter zu machen. Mensch und Satan
halfen sich aus, um Sein Herz zu brechen. Seine Liebe auö-
zulvschen, Ihn in Seinem Gehorsam wankend zu machen
und Ihn auö Seiner Abhängigkeit zu bringen. Bis auf
den Grund wurde das Herz des Herrn gesichtet und Seine
Seele geprüft. Umsonst — keine Schlacken fanden sich. In
umso herrlicherem Glanze aber strahlte das Licht Seiner
Heiligkeit und Seines Gehorsams. An solcher Liebe, De
76
mut, Milde und Abhängigkeit mußten alle Angriffe des
Feindes zerschellen. Mochten selbst Seine Jünger Ihn alle
verlassen und fliehen, mochte Petrus, der so hoch Begnadigte
(vergl. Matth, 16, 1,7—79), Ihn schändlich verleugnen,
mochten die Menschen an Feindschaft und Bosheit
aufbringen, was nur aufzubringen war — Er ging den
Leidensweg bis ans Ende, bis in das Verlassensein von
Gott auf dem Fluchholze. Er trank den Kelch bis zur Neige.
Er vollbrachte das Werk.
Was sagen uns diese Leiden ohne Zahl? Daß wir sie
verschuldet, daß Eruns zugut alles auf Sich genommen,
daß wir verdient hätten, was Ihn traf. Muß es unsere
Herzen nicht zu Lob und Dank stimmen, wenn wir Sein
gedenken? Ja,
preis und Anbetung sei Deinem hochheiligen Namen,
Hoch und erhaben ist er über jeglichen Namen.
Preis sei schon hier,
Preis einst in Herrlichkeit Dir!
Preis sei Dir ewiglich! Amen.
Vom Segen fröhlichen Gebens
(Aus einem Briefe)
...Wenn der Herr uns sogar in Notzeiten größere
Aufgaben stellt, so ist dies gewiß ein besonderes Vorrecht
und ein offenbares Zeichen, daß Er uns reichlicher segnen
möchte. Er will uns, der größeren Aufgabe entsprechend,
größereGnad« darreichen, damit wir alle in dieser so
köstlichen Gnade der Freigebigkeit umso reichlicher zunehmen
und dabei keinen Mangelhaben! — Denn in
regelmäßigem und reichlichem Geben liegt für jeden fröhlichen
Geber ein göttlicher Segen. (2. Kor. 9, 6.) „Da ist
einer, der ausstreut, und er bekommt noch mehr; und ei
77
ner, der mehr spart, als recht ist, und es ist nur zum Mangel.
Diesegnende Seele wird reichlichgesättigt,
und der Tränkende wird auch selbst getränkt." (Sprüche
77, 24. 25.)
Am Werke des Herrn und „an den Bedürfnissen der
Heiligen" (Römer 72, 73) teilzunehmen, -ringt jedem, ob
arm oder reich, der es aus echter, dankbarer Liebe zum
Herrn tut, viele innere und äußere, ja ewige Segnungen.
„Ehre Jehova von deinem Vermögen und von den Erstlingen
all deines Ertrages; so werden deine Speicher sich füllen
mit Überfluß, und deine Kufen von Most überfließen."
(Spr. 3, y. 70.)
Im Neuen Testament finden wir dieselben köstlichen
Verheißungen und Ermunterungen. „Wer sparsam sät,
wird auch sparsam ernten, und wer segensreich sät,
wird auch segensreich ernten. Ein feder, wie ec sich
in seinem Herzen vorsetzt: nicht mit Verdruß oder aus
Zwang, denn einen fröhlichen Geber liebt Gott." Und
zu unserer weiteren Ermunterung zum Gehorsam des
Glaubens im Geben fährt der Geist Gottes fort:
„Gott aber ist mächtig, jede Gnade gegen euch überströmen
zu lassen, auf daß ihr in allem, allezeitalle
Genüge habend, überströmend seid zu jedem guten
Werke; wie geschrieben steht: „Er hat ausgestreut, er hat
den Armen gegeben; seine Gerechtigkeit bleibt in Ewigkeit".
Der aber Samen darreicht dem Säemann und Brot
zur Speise, wird eure Saat darreichen und überströmend
machen und die Früchte eurer Gerechtigkeit wachsen lassen,
indem ihr inallemreich geworden seid zu a ll e r Frei-
gebigkeit, welche durch uns Gott Danksagung bewirkt."
(2. Kor. 9, 6—77.)
78
So wollen wir alle in diesen letzten Tagen, bis der
Herr kommt, durch Glauben wandeln und das regelmäßige
und schriftgemäße freudige Geben durch
Gottes Gnade noch reichlicher ausüben, und wir werden
die Wahrheit und Kostbarkeit der göttlichen Verheißungen
reichlicher erfahren dürfen, zur Verherrlichung des Herrn
und zur Förderung Seines Werkes, uns aber zum inneren
und äußeren, wie auch ewigen Gewinn!
LurzrVporte,
die uns etwas zu sagen haben
Eine gläubige Frau wurde mit dreiunddreißig Jahren
zum zweitenmal Witwe. Mit sieben Waisen stand sie an der
Bahre ihres Mannes. Ein Freund stellte ihr in diesen Ta
gen die Frage:
„Siehst du keinen Ausweg?"
„W o bliebe dann mein Glaub e?" erwiderte
sie ruhig.
Ein Gläubiger bekam von einem anderen Besuch.
Im Laufe der Unterhaltung fragte er ihn:
„Was macht eigentlich Bruder X?"
Die vielsagende Antwort lautete:
„Der tut nichts Böses, aber auch nichts Gutes!"
Eine alte Schwester sagte vor vielen Jahren, als sie
einen Bruder beschrieb:
„Er ist ein netter Mensch und ein guter Prediger,
aber ich könnte ihn nicht als einen himmlischen Menschen
bezeichnen."
7Y
Aus einem Beileidsbriefe:
„Das Gedenken an Deine liebe M... wird immer ein
Lichtblick in Deinem Leben sein, denn sie war eines der gottbegnadeten
Geschöpfe, deren Andenken nach Gottes Zusage
zum Segen ist. Sie war eine Martha und eine Maria
zugleich. Sie hat nie an sich denken können. Ihr Leben
bestand einzig darin, für andere dazustehen. Wie groß das
Maß der Pflichten in ihrem Falle war, und wie oft es ihre
manchmal recht schwachen Kräfte überstiegen hat, das weiß
nur Der ins rechte Licht zu stellen, in Dessen Kraft sie die
ihr gestellte Aufgabe getreulich erfüllt hat."
Ein Sonntagschullehrer fragte die Kinder:
„Wie lernt man den Herrn Jesus kennen?"
Ein Mädchen antwortete:
„Indem man mit Ihm umgeht!"
Ein echter Siener
Das erste, was den echten Diener kennzeichnet, ist,
daß er von Gott kommt, wie wir lesen: „Da war ein
Mensch, von Gott gesandt". (Joh. 7, 6.)
Ein anderes Merkmal ist, daß er sich bewußt
bleibt, nichts zu sein, wie Johannes der Täufer sagt: „Ich
bin die Stimme eines Rufenden in der Wüste". (Joh.
k, 23.)
Eindrittes Kennzeichen ist, daß er darüber spricht,
was er in der Gemeinschaft des Herrn erfahren und genossen
hat. Johannes schreibt: „Was wir gesehen und gehört
haben, verkündigen wir euch". (7. Joh. r, 3.)
Ein viertes besonders wichtiges Kennzeichen ist,
80
daß er völlig in den Hintergrund zu treten vermag, indem
er mit dem Täufer sagt: „E r muß wachsen, i ch aber abnehmen".
(Joh. 3, 30.)
„Er muß wachsen. Ich aber avnehmen"
(Gedanken über Joh. 3, 27—36, von I. G. B.)
Wenn man den letzten Abschnitt von Evangelium Joh.
3 liest, so hat man den Eindruck, als ob Johannes der Täufer
nochmals für kurze Zeit auf den Schauplatz gerufen
worden wäre, um durch den Heiligen Geist ein neues
Zeugnis von Jesu abzulegen. Wunderschön sind seine Worte.
Nicht von Ihm in Seiner jüdischen Herrlichkeit spricht
er. Von höheren Ehren und lieblicheren Freuden ist die Rede,
als sie Christus je als Sohn Davids erfahren konnte.
Zugleich drängen sich beim Lesen einige Vergleiche ans, bei
denen einen Augenblick zu verweilen sich lohnen dürfte.
Johannes der Täufer wird nämlich in diesem Abschnitt auf
die gleiche Probe gestellt wie Moses in 4. Mose 44 und
Paulus in 4. Kor. 3.
Josua, der Diener Moses', eiferte für seines Herrn
Sache, als Eldad und Medad im Lager weissagten. „Mein
Herr Mose, wehre ihnen!" Aber Moses wies ihn zurecht,
und das nicht nur mit Worten, sondern auch mit der Tat,
denn er kehrte sogleich ins Lager zurück, augenscheinlich,
um sich an der Gabe und dem Dienst der beiden Männer,
auf die der Geist Gottes gefallen war, zu erfreuen und
Nutzen daraus zu ziehen.
Das war ein schöner Zug bei diesem teuren Manne
Gottes. Weder Mißgunst noch Eifersucht brachten einen
Mißklang in die Saiten seines Herzens oder brachten gar
— 81 —
sein Innerstes aus dem Gleichgewicht. Obwohl selbst ein
Gefäß, das mit den Gaben des Geistes überreichlich ausgestattet
war, war er doch bereit, sich durch jedes andere
Gefäß dienen zu lassen, mochte es auch von geringerer Größe
sein, war bereit, in Dankbarkeit und Bereitschaft des
Herzens durch andere zu empfangen.
In späteren Tagen wurde Paulus auf die gleiche Probe
gestellt. Unter den Gläubigen zu Korinth war es zu
Spaltungen gekommen. Einer sagte: „Ich bin des Paulus;
der andere: Ich des Apollos". Was tut Paulus demgegenüber?
Trägt er den Sieg davon, wie Moses es getan hatte?
Er tut's; jedoch mit einer anderen Waffe. Mit starker
Hand und glühendem Herzen bricht er jedes Gefäß in
Stücke, damit Ihm, der alle Gefäße füllt, und Ihm allein,
alles Lob werde. „Wer ist denn Apollos, und wer
Paulus?" sagt er, und weiter: „Also ist weder, der da
pflanzt, etwas, noch der da begießt, sondern Gott, der das
Wachstum gibt." Das war ein Sieg in ähnlich böser Stunde,
wenn auch von anderer Art und mit anderer Waffe
erkämpft.
Und wie steht Johannes der Täufer da? Dieselbe
Versuchung wie an die beiden anderen Männvr tritt auch
an ihn heran. Seine Jünger sind seinetwegen neidisch auf
Jesum. Aber gleich Moses und Paulus „besteht" er an
dem bösen Tage. Sein Verhalten dabei ist wiederum anders.
Er kann nicht wie Paulus das Gefäß neben sich in
Stücke brechen. Er kann nicht sagen: Wer ist denn Johannes,
wer Jesus? so wie Paulus sagen konnte: Wer ist denn
Apollos, und wer Paulus? Er kann mit dem Namen Jesus
nicht umgehen wie Paulus mit dem Namen Apollos. Was
tut er nun? Er bricht eins der beiden sich gegenüberstehen
82
den Gefäße in Stücke, und zwar sich selbst, und das vor
den Augen seiner ihm so innig ergebenen Jünger. Er verherrlicht
Jesum, Ihn, auf Den sie um seinetwillen neidisch
waren, mit Herrlichkeiten, die über alle ihre Gedanken hinausgehen,
Herrlichkeiten, wie sie kein anderes Gefäß besitzen
kann.
Wie schön ist dies alles! Und welch ein schönes Zeugnis
für die Führung und Bewahrung des Geistes der Weisheit
ist die Art, in der wir Johannes bei dieser Gelegenheit
handeln sehen! Jesus war sicherlich in einer Hinsicht ein
Gefäß im Hause Gottes, wie Propheten und Apostel es
waren. Er war ein Diener der Beschneidung. Wie Johannes
predigte Er das Kommen des Reiches. Er pfiff, und
Johannes sang Klagelieder. (Vergl. Matth. 11, 17—19;
Luk. 7, 32—34.) Gott redete durch Ihn wie durch jeden
Propheten. In dieser Hinsicht war Er ein Gefäß in Gottes
Haus wie andere auch. Aber Er war ein Gefäß von
besonderer Art. Material und Form dieses Gefäßes waren
durchaus eigenartig. Und wenn es dahin kam, daß Er irgend
einem anderen Gefäß, mochte es noch so trefflich
sein, gegenübergestellt wurde, wie z. B. an dieser Stelle
unseres Evangeliums, dann mußte bei solcher Gelegenheit
kundwerden, welch besondere Ehre Ihm zukam. Johannes
freut sich, hierfür das Werkzeug sein zu dürfen. Es ist ihm
eine Wonne, im Heiligen Geiste und in völliger Übereinstimmung
mit den Gedanken Gottes, den sprossenden Stab
Aarons in der Fülle seiner Blumen und Früchte zu zeigen,
dagegen jeden anderen Stab bloßzustellen in seinem natürlichen
Zustand des Todes und Verwelkens, damit das
Murren der Kinder Israel — in diesem Fall die in ihrer
Liebe törichten und parteiischen Gedanken seiner eigenen
83
Jünger — für immer zum Schweigen gebracht würde.
(Vergl. 4. Mose 47.) Johannes bezeugt öffentlich, daß
seine Freude in dem erfüllt worden ist, was das Mißfallen
seiner Jünger erregt hatte. Er war nur der Freund des
Bräutigams, der auf einen Tag wie diesen gewartet hatte.
Sein Lauf war deshalb jetzt beendet, und er war willig,
sich zurückzuziehen und vergessen zu werden. Seinen Genossen,
den Propheten, gleich, die einen Dienst wie er getan
hatten, hatte er durch sein Zeugnis den Pfad erhellt, um
sein Geschlecht zu Christo zu führen, die Braut zum Bräutigam.
Jetzt blieb ihm nur noch eins übrig — sich zurückzuziehen.
So sehen wir ihn hier die Reihe der Propheten
beschließen. In seinem eigenen Namen und dem ihrigen
überläßt er alles der Hand des Sohnes. Wenn er an dieses
Thema kommt, die Herrlichkeit Dessen, der größer ist
als er, mit welcher Freude schreitet er dann weiter und weiter!
Dann ist's, als ob der Geist ihn führe von Herrlich
keit zu Herrlichkeit.
Gesegnetes Teil, wenn Jesus das Thema ist, das all
unser Verständnis, all unsere Sehnsucht weckt! Gesegnet,
wenn jeder einzelne von uns sich so bereitwillig aufzugeben
vermag, daß Er allein alles erfüllt!
Herr Jesus, möchte es mit all den Deinigen mehr
und mehr so sein, durch Deine himmlische Gnade!
Kragen aus dem Leserkreise
l- Stehen die christl. Feste, Ostern und Pfingsten, mit alt-
testamentlichen Festen des Volkes Israel in Verbindung?
2. Aus welchem Grund ist das Meihnachtsfest auf den 25.
Dezember gelegt worden?
Ostern». Pfingsten
Das „Vster"fest ist das erste Fest, das die Christenheit gefeiert
hat. Und zwar setzt es sich in seiner jetzigen Gestalt aus zwei
84
ursprünglich getrennten Festen zusammen, die aber im taufe der
Zeit zusammengelegt worden sind. Das erste Fest war das christliche
Passah, das Fest des Todes Christi als des wahren Passahlammes.
Ls fand am Freitag statt (zuerst im Abendland), weil an
diesem Tage der Herr das Passah mit Seinen Jüngern gegessen
hat. Während dieser Tag als Trauertag gält und deshalb durch
Fasten gekennzeichnet wurde, war der folgende Sonntag, der Auferstehungstag,
ein Freudentag, der ganz im Zeichen des Sieges
über den Tod stand. Das Datum des christl. passahfestes richtete
sich einmal nach dem jüdischen, insofern es den s-H. des ersten
Monats (3. Mose 23, 5), also Vollmond, beachtete; dann aber
erhielt es seine Ligenart dadurch, daß man, indem man allgemein
dem Beispiel der römischen Versammlung folgte, den ersten Freitag
nach dem Vollmond als Tag der Passahfeier wählte. Damit
war dann auch der „Ostersonntag" ohne weiteres festgelegt. —
Der Name „Ostern" leitet sich wahrscheinlich von der Bezeichnung
einer angelsächsischen Gottheit ab, der der Monat April geheiligt
war.
Noch stärker als beim Osterfest zeigt sich beim Fest der
p f i n g st e n das Lrfaßtsein einer alttestamentlichen Form von
neutestamentlichem Geiste, (vergl. in Verbindung mit 5. Mo. s6,
9—(2 Apstgsch. 2, s ff.) Das Lreignis der Ausgießung des Heiligen
Geistes verändert vollständig den Geist des jüdischen Festes
der Wochen, das der Tag der Pfingsten eröffnete, ohne ihm jedoch
den Lharakter eines „Freuden"festes zu nehmen, als welches es in
das Bewußtsein der Christenheit eintritt. — Der Name „Pfingsten"
ist nichts anderes als eine sprachliche Umformung des griechischen
Ausdrucks Pentekostee, d. h. der fünfzigste Tag. —
Weihnachten
Im Gegensatz zu Ostern hat sich das Meihnachtsfest erst später
in der Christenheit eingebürgert. Der Wunsch, auch die Geburt
des Herrn zu feiern, entstand aus dem Bedürfnis, gewisse
heidnische (so das Nithrasfest, Las dem Nithras, einer persischen
Lichtgottheit, geweiht war, dessen Uultus von den römischen Heeren
nach Rom gebracht worden war) und gnostische Feste mit christlichem
Ideengehalt zu füllen. Diese Feste fanden am Tage der
Wintersonnenwende statt, und dieser Tag wurde übernommen, wobei
der Gedanke, daß Christus die wahre Lebenssonne ist (daher
auch die Lntstehung des „Sonntag"namens), eine gewisse Verbindung
herstellte.
Der das Weihnachtsfest kennzeichnende Weihnachtsbaum ist
ein ebenfalls übernommener heidnischer Brauch.
Niedergang und Aufstieg
(Eingesandt)
Ernste und in treuer Liebe besorgte Herzen haben vielfach
in Deutschland und anderwärts Gedanken ausgetauscht
über den Stand des Zeugnisses Gottes bei uns.
Man kommt dabei zu Gewissensfragen, die bereits auch
in Briefen Ausdruck fanden. Ich möchte das in einigen
Zeilen berühren, indem ich voraussetze, daß meine Leser
wahre Christen sind, von der Gewalt der Finsternis und
der Sklaverei Satans erlöste Menschen, die ihrer Stellung
nach mit dem „siegenden Haupte" verbunden sind,
mit Dem, der den Tod zunichte gemacht und Leben und
Unverweslichkeit ans Licht gebracht hat.
Wenn es sich aber im praktischen Alltagsleben herausstellt,
wie kraftlos gar manche erliegen, wie sie kaum der
Sünde, dem Teufel oder der Welt (dem Zeitlauf) widerstehen
— dann tritt die Sorge auf. Wir merken und erfahren
es, ein jeder bei sich selbst: Christ sein, heißtauch,
einen Kampf der Abwehr führen, wenn auch nicht
des Angriffs. Wer diesen Kampf nicht führen will —
und solche Gläubige gibt es! — der lasse sich warnen. Wir
haben gefährliche Gegner wider uns, die wir mit Christo
sind. Wo eine Wiedergeburt erlebt wurde, da ist Christus
„in uns". Da ist ein h i mm l i s ch e s Denken und Begehren
in Herz und Sinn. Da steht man auf Gottes Seite
— aber gegen den Zeitkauf dieser Welt.
Der Feind aber sucht sich zu verstecken, zu verbergen.
Wenn man die offenkundige Verfolgung wie in früheren
l-XXXIII 4
86
Jahrhunderten erleben müßte, so tväre die Lage klarer.
Immerhin — Gottes Wort bleibt stets wahr, wenn es in
Eph. 6 und anderwärts von gefährlichen Gewalten und
bösen Mächten in den himmlischen Ortern redet. Wir wollen
ehrlich den Dingen ins Auge sehen: der Teufel hat eine
gewaltige Macht, und diese ist wider uns bis zum letzten
Tage. Zum Trost aber sei betont:
DervolleSiegüberdi «Feinde
liegt im Kreuze unseres Herrn Jesus Christus. Er hat
durch dieses Kreuz über die Fürstentümer und Gewalten
(Satan und seine Engel) einen Triumph gehalten. Satan
ist besiegt. Er ist zunichte gemacht für die Erlösten.
(Vergl. Kol. 2, 15; Hebr. 2, 14. 45.) Das bleibt immer
wahr, so sehr wir auch vielleicht Satans Wirksamkeit zu
spüren haben mögen.
Der Genuß dieses Sieges wird jedoch immer ad-
hängen von unserem ernsten Verlangen nach der beivah-
renden Gemeinschaft des Herrn, des alleinigen Siegers
über Satan, Sünde, Tod und Welt.
Wie Israel nur dann die Beute plündern konnte,
wenn es hinter David blieb, der den Goliath getötet hatte,
so möge uns allezeit am Herzen liegen, bei Christo zu bleiben.
Denn wir sind befreit von Satans und des Todes
Gewalt, kämpfen aber „wider die Listen des Teufels".
(Eph. 6, 40—12.) Hier zu „bestehen", will Seine hilfreiche
Hand uns helfen. Es bedarf dazu aber „der gan -
z e n Waffenrüstung Gottes". Etwas Halbes nützt nicht.
„Die ganze Waffenrüstung Gottes"
nennt sechs Stücke in Eph. 6, 11 usw., zu denen dann
noch das Gebet tritt, um die göttliche Sieben zu bilden.
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(V. 78.) Dieses Gebet und Flehen im Geiste ist mit der
Mahnung zur Wachsamkeit verbunden, denn das fromme
Fleisch kann auch hier sich einmischen.
Man beachte die vier Ausdrücke in Eph. 6, 72 über
Satan und seine Mächte in den himmlischen Ortern. Das
sind unsere Feinde, und sie bleiben es, solange wir in dieser
Welt weilen. Irre sich niemand über diese Gewalten!
Sie gleichen den gefährlichen Verwandten Goliaths, jenen
vier Riesen von 2. Samuel 27, die im Kampfe fielen,
etwa fünfundvierzig Jahre nach dem Tode ihres
Hauptes, das David selbst in seiner Jugend getötet hatte.
(7. Sam. 77.) Ich will heute nur hierauf anspielen in
Verbindung mit dem Siege unseres Herrn. Beachten wir:
Sein Sieg über Satan in Seinem Tode urtd Seinem
Auferstehen enthebt uns noch nicht vom Kampf. Und zwar
wird Satans ganzer Widerstand besonders dann erfahren,
wenn man sein Erbteil in Christo in den himmlischen Ortern
mit der Seele ergreift, wenn man dieses kostbare Teil
„besitzt und darin wohnt". (Vergl. 5. Mose 26.)
Freilich haben alle wahren Christen ihre Kämpfe, denn wer
„Ägypten" (den jetzigen Weltlauf) bei der Wiedergeburt verließ,
der kommt gar bald in der „Wüste" in Kämpfe. Aber
so wie der Kampf Israels bei der Besitzergreifung Kanaans
am schärfsten wurde, so haben auch wir die schwersten
Kämpfe in Verbindung mit der Besitzergreifung unseres
himmlischen Erbes zu bestehen. Man kann das Buch Josua
wohl mit dem Epheserbrief vergleichen. Wer etwas
von der Stellung der Heiligen in Christo und besonders
der Gemeinde oder Versammlung in Christo kennt, wie
die Gnade uns in die himmlischen Orter versetzt h a t, der
mache sich auf größere Widerstände gefaßt, aber auch auf
88
größere Siege. Wer aber diese befreiende Wahrheit nur
übernommen hat, ohne sie durch Herzensübungen zu erlernen,
der wird für diesen ernsten und freudigen Kampf
und Sieg nicht viel Sinn oder Verständnis aufbringen.
Wie viele teure Seelen stehen so!
Was ist nun gegenüber dem heutigen
Niedergang zu tun?
Als vor etwa hundert Jahren in der Westschweiz ein
bedenklicher Geist vernunftgemäßer Bibelbehandlung auftrat
— wie fast überall in den christlichen Ländern —, da
gab es auch unter den Brüdern zu Zk eine gar schwere Überlegung
um die Frage: Was können wir tun? Denn sie sahen,
wie es auch Pros. Aug. Tholuck zu Halle peinlich erlebt
hat, daß dieser bedenkliche Geist bis in die gläubige
Jugend ihrer Predigerseminare hineinreichte, in die gläubigen
Kreise. Die gar bedenklichen Erscheinungen wurden
aber von den führenden Brüdern auch vor Gott erwogen,
gewiß mit Demütigung und Flehen. Das geht aus
einem Buche eines der beteiligten Männer, Prof. Gaußen,
klar hervor. ! ' t
Die Lehrer an einer „freien Schule" der „Freien
Kirche" in jenen Gebieten sagten sich: Wenn unsere Jugend
uns etwa den Rücken wendet, so haben wir Grund
zu fragen: Haben wir etwa dies und das versäumt?
Es waren mutige Männer.
Ich will hier nicht die Einzelheiten jener Dinge verfolgen.
Nur noch dies. Die führenden Brüder aus jener
Zeit sagten sich: Wir wollen das ewige Wort Gottes besser
darbieten als bisher. Wir wollen gründlicher werden.
Diesen Willen haben sie auch in die Tat umgesetzt. Sie haben
die Geschichte der Christenheit, die Geschichte der Hei
84
ligen Schriften und anderes für ihre Schüler fruchtbarer
und lebensvoller zu gestalten gewußt. Sie haben nicht nur
getadelt, wo zu tadeln war. Sie haben Hand angelegt. Es
steht fest, daß diese Mühe sich für viele gelohnt hat.
Da wir nun in unseren Tagen aufs neue kritische
Strömungen besonderer Art haben, Dinge, die zu den
„schweren Zeiten" der „letzten Tage" gehören, von denen
2. Tim. 3 redet, so kommen auch wir, alte und junge,
in Übungen in bezug auf unseren Dienst unter den Gläubigen.
Wenn das Wohlbefinden der „Herde Gottes" m r.
Petr. 5 zur Sprache kommt, so ermahnt der Apostel zuerst
„die Alteren", die den Platz von Ältesten hatten. Danach
ermahnt er die Jüngeren, sich den Älteren zu unterwerfen.
Die eigenartige Mahnung: „Alle aber seid gegeneinander
mit Demut fest umhüll t", geht dann alle
an. Diesen Schutzmantel haben alle nötig, und die Alten
oft mehr als die Jungen. Denn Alter und Erfahrung können
Selbstbewußtsein im Gefolge haben und Selbstbewußtsein
ist ein gefährlich Ding.
Wenn wir nun, liebe Freunde, in den „letzten Tagen"
stehen, dann ist ja auch der Herr nahe. Ein köstlicher
Trost in Kampf und Übungen!
Doch dann erhebt sich auch von selbst die Frage:
„Wie wird Er mich antreffen?" Oder: „Wie wird der
Herr über meinen Dienst urteilen?" Denn Sein Wille
und Seine Zustimmung sollten uns allezeit über alles
gehen.
Ich habe nun einige Gedanken über unsere Einstellung
zum Wort des Herrn überhaupt, und zwar im Blick
auf den Niedergang.
yo
Wie bei der Verkündigung des Evangeliums das Gewi
s s e n der Hörer ins Licht Gottes gebracht werden
muß, was bekanntlich nur durch die Kraft des Heiligen
Geistes geschehen kann, so auch bei den Bemühungen
unter den Gläubigen. Wer fruchtbringend wirken
möchte, der bringe, möchte ich sagen, Gottes Wort
zum Reden. Im Worte Gottes, dargelegt unter der
Gnade des Geistes, liegt wunderbare Kraft. Das Verständnis
dieser Tatsache aber macht bescheiden und vorsichtig.
„Schön oder interessant reden" wollen, ist bedenklich.
Laßt uns doch reden, möchte ich sagen, als stünde der
Herr unmittelbar hinter uns! Das Wort sagt: „Wenn jemand
redet, so rede er als Au 6 spräche Gottes;
wenn jemand dient, so sei es als aus der Kraft, die G ott
darreicht, auf daß in allem Gott verherrlicht werde
durch Jesum Christum ..." (4. Petr. 4, ir.) Wenn wir
auch heute nicht meinen dürfen, wir würden — wie zur
Apostelzeit — vom Heiligen Geiste inspiriert, so wird es
doch die Sorge eines rechten Knechtes Gottes sein, so viel
als irgend möglich vom Herrn und Seinem Geiste benutzt
zu werden. Demnach wird unser aller Anliegen tief im
Herzen lauten müssen: Herr, Deine Aussprüche! Deine
Kraft! Dein guter Geist! und nicht ich.
In den „letzten Tagen" wird — dieser Hinweis sei
mir im Blick auf den Niedergang gestattet — Art und
Wort der Propheten, jener machtvollen Rufer in
Verfallszeiten, mehr als früher beachtet werden müssen.
Hierbei denke ich in erster Linie an die ursprüngliche Kraft
und geistliche Frische, mit der jene Männer Gottes, mochten
sie nun auf alttestamentlichem oder auf neutestament-
lichem Boden stehen, das Wort der Wahrheit den Herzen
— 91 —
und Gewissen der Menschen nahegebracht haben. Von Gott
gesandt und ausgerüstet, vor Ihm stehend und also von
Seiner Kraft nehmend, wandten sie sich an die gleichgültigen
und schlafenden Seelen. „Wache auf, der du schläfst,
und stehe auf aus den Toten, und der Christus wird dir
leuchten!" (Eph. 5, 14.) Hier haben wir ein echtes Prophetenwort,
und dieses Wort wird — beachten wir es
wohl! — an Gläubige gerichtet, die ihre Stellung in Christo
und die erhabenen Vorrechte, die sich an diese Stellung
knüpfen, wohl kannten. Es ist ein starker Beweis für die
Tatsache, daß, seine Stellung kennen und dieser Stellung
entsprechend wandeln, zwei verschiedene Begriffe
sind. Ich kann mir meiner Errettung bewußt sein und dabei
Christum doch nicht im Herzen tragen. Ich kann mich
zu Ihm bekennen und Ihn dabei gleichsam nur als Nothelfer
benutzen, ohne daß Er meine „Lust und Wonne"
ist, wie wir oft und gern singen. Als Gegenstand meiner
Freude kann ich Ihn vielleicht tagelang missen, während
andere Dinge mein Herz von früh bis spät in Anspruch
nehmen. Sie und nicht Christus sind Gegenstand und
Zweck meines Lebens. Ich weiß, daß ich „um einen Preis
erkauft bin", denke aber nicht daran, dafür „Gott in meinem
Leibe zu verherrlichen". (Vergl. 1. Kor. 6, 20.) Ich
weiß, daß Er „unsere Sünden an Seinem Leibe auf dem
Holze getragen hat", schenke aber der ernsten Folgerung
wenig Beachtung: „auf daß wir, den Sünden abgestorben,
der Gerechtigkeit leben". (1. Petr. 2, 24.)
Mit tiefer Zustimmung las ich nachfolgende Sätze
unseres jetzt schon seit über fünfzig Jahren bei seinem
Herrn ruhenden Bruders I. N. D. über „prophetischen
Dienst". Sie sind mir manchmal in den Sinn gekommen:
Y2
„Wo ist dieser fehlende Dienst? Wo ist die Stimme
des Propheten, die uns nicht künftige Begebenheiten voraussagt,
sondern daö Wort Gottes dem Gewis-
sennahebringt?
„Wir haben Lehrer, die uns durch die Gnade Gottes
manch langverlorene Wahrheit zurückgegeben haben. Aber
der Dienst für gestern ist nicht der Dienst für heute. Gestern
mar Unwissenheit die vorherrschende Sünde, und
deswegen waren Lehrer nötig. Heute ist es Stumpfheit des
Gewissens, und dafür ist eines Propheten Stimme notwendig.
„Wahrheit, deren Wiedergewinn diejenigen, welche
sie hervorgruben, Jahre von Gebet und Fasten kostete,
kann jetzt durch den Gebrauch eines einzigen Traktats klar
erfaßt werden, ohne daß Herz und Gewissen dadurch im
mindesten geübt werden. Das Ergebnis davon ist
erschreckend.
„Eine Wahrheit ergreifen und von einer Wahrheit ergriffen
sein, sind zwei ganz verschiedene Dinge. Sollten
wir nicht zu Gott schreien um wahre Propheten, Männer
von gottseligem Wandel, die begabt sind, ernst, eindringlich
und rücksichtslos zu sprechen? Die das lang schon schlummernde
Gewissen aufwecken können und sich nicht fürchten,
die Dinge bei ihrem wahren Namen zu nennen, und
nicht davor zurückschrecken, das verborgene Verderben, welches
die Finsternis liebt, „im Lichte" bloßzustellen?
„Niemand sage, daß die Liebe die Ausübung einer solchen
Gabe verbiete. DieLieberuftdanach. Niemand
liebte wie der Meister, und doch sprach nie jemand zu den
Gewissen wie Er, der nicht nur voller Gnade, sondern auch
voller Wahrheit war. (Joh. b, 44.)
93
„Solch einen Dienst haben wir sehr nötig. Selbstzufriedenheit
würde dadurch ohne Zweifel den Todesstoß erhalten.
Viel „Wohlangesehenheit im Fleische" würde zu einem
frühzeitigen Ende kommen. Doch würde nur das zu
leiden haben, was falsch und unwahr ist, und das würde
sicher niemand bedauern.
„Die Frage für uns ist, ob unser guter Name
unseren Herzen mehr wert ist als Gottes Ehre. Wir
haben Redner und Schriftsteller, aber wo ist dieser
Dienst zu finden? Ist er verstummt aus Menschenfurcht?
„Der Herr erhört Gebet. Laßt jedes aufrichtige Herz,
dem Seine Ehre nahegeht, zu Ihm schreien, daß Er diesen
fehlenden Dienst in unserer Mitte aufrichte, in gewissenschärfender
Kraft!"--------
Ich denke nicht daran, zu empfehlen, daß man fortan
einseitig die Heiligen Schriften zugunsten der Prophetie
Alten und Neuen Testaments behandeln solle. In „den letzten
Tagen" aber werden wir gewiß jene Teile der Schrift
besonders zu beachten haben, die von Seinem Kommen
und Seiner Erscheinung reden, sowie von dem Weg
derTreue für den einzelnen wie für die Gesamtheit und
der Stunde unseres Offenbarwerdens vor Ihm. Jemehr
ich Ihn erwarte, destomehr werde ich Seinen Aussprüchen
nach dieser Richtung mein lebendiges Interesse zuwenden.
In dieser Hinsicht nun gibt es, wie mir scheint, mancherlei
zu bessern.
Etwas von jener bequemen und oft ungehörigen
Denkweise liegt uns nahe, sich nur mit dem Erbaulichen
und Schönen im Worte zu beschäftigen und das zu meiden,
was etwas Mühe des Erforschens und etwas Übungen für
Herz, Gewissen und Verstand bringt.
94
Ich rede hier nicht von jenen Christen, die leichte und
nicht immer „christliche" Unterhaltungs-Literatur allem
vorziehen — traurige Zeichen von Ermattung und Schlim
merem.
Wenn wir nicht eine große Menge „christlichen" Lesestoffs
unter uns hätten, eine Überfülle auch an guten
Schriften und Büchern, könnte man die gerügte Neigung
eher verstehen. So aber täuscht man sich gar leicht über den
wirklichen Stand der Dinge bei uns. Gar manches hält
man für „schön zu lesen", was unterhält, aber kaum wirklich
erbaut und förderlich ist.
Wer unter den Gläubigen als Hirte oder als Lehrer
tätig ist, der frage sich selber auch vor Gott, ob er dem
ganzen Worte Gottes mit gleicher Wertschätzung gegen-
überstehe! Wer hier nicht selbst auf der breiten Unterlage
der Heiligen Schriften steht, sondern nur auf dem schmalen
Brett der erbaulichen Teile — ich weiß nicht, ob dieses
Brett ihn dauernd trägt... Gott sei Dank, gibt es
noch viele liebe Brüder unter den Mitarbeitern, die sich
nach der rechten Richtung redlich bemühen und das mit
Fleiß und Forschermühe tun!
Es würde vielleicht nicht so viel berechtigter Grund
zum Klagen über den allgemeinen Niedergang unter uns
vorhanden sein, wenn der Sinn für die Teile der Schrift,
die im besonderen geeignet sind, die Gabe echten „prophetischen
Dienstes" anzufachen, besser unter uns gepflegt
worden wäre. Hinzu kommt, daß der behandelte Kreis
der Schriftabschnitte oft genug oberflächlich betrachtet wird.
Hier ist viel Grund zur Demütigung. Wahre Selbstbesinnung
und Buße aber würden gewiß eine heilsame Erstarkung
bringen, um mit des teuren Herrn Beistand auch
S5
darin „reichlicher zuzunehmen". Dann kann der Heilige
Geist auch tiefer ins Wort einführen.
Der Herr ist noch nicht erschienen mit Macht und
Herrlichkeit. Die geistlichen Mächte der Bosheit üben ihre
Tätigkeit noch aus und suchen uns unseren kostbarsten Besitz
streitig zu machen. Demgegenüber genügt nicht „Milch"
zur Ernährung. Dazu bedarf es der „festen Speise". Wir
haben zu lange nur „Milch" genossen, um mit Hebr. 5
zu reden. Wir sind vielleicht vertraut mit dem lieblichen
Wort der Gnade, aber kaum mit „dem Wort der Gerechtigkeit".
„Praktisches Christentum treiben!" —daö
hört sich gut an. Wer aber dem ganzen Wort kaum das
Herz öffnet, wer selber an der Oberfläche des Wortes verharrt,
der wird nicht Kraft für das „praktische Leben" gewinnen,
weder für sich noch für andere.
Wir haben an „Unterernährung" gelitten. Unsere
Mitgeschwister sind durch unseren Dienst oft gar kärglich
abgespeist worden, und lange Ansprachen ersetzen nicht die
Kraft des Geistes.
Aber genug für heute. Wir sehnen uns nach des Herrn
Gnade zur Heilung in jeder Hinsicht.
Für den Niedergang unter uns gibt es vielerlei Ursachen.
Alle ernsten Herzen werden dem zustimmcn, daß
wir in unseren Tagen zurückgesunken sind, abgeglitten vom
Boden lebendigen Glaubens und biblisch klarer Entschlossenheit.
Die Gründe dafür sind recht verschieden.
Geldliebe, Weltliebe, Sattsein — diese und andere
Dinge liegen vor in den Reihen derer, die von der Wahrheit
etwas erfaßt und bekannt haben. Und das ist nicht etwa
so seit den letzten Jahren, wie manchmal behauptet
wird. Nein, die guten Jahrzehnte früherer Tage, die Jahre
9b
bis 1914 mit ihrem wirtschaftlichen Aufstieg — sie haben
den Grund gelegt für die genannten Übelstände bei uns.
Ich will aber nicht lang und breit von den Übeln reden.
Was heilt unsere Kranken? Das ist die Frage.
Darum meine ich: Eine gute Arznei ist und bleibt das
ernsthafte Studium des lebendigen und bleibenden Wortes
Gottes in demütiger Abhängigkeit und mit anhaltendem
Gebet. Der Herr ist mit Seinem ewigen Wort verbunden,
und dieses Wort ist lebendig und kräftig ... Wer aber hat
die Gnade, dieses Wort lebendig und heilsam vorzustellen,
damit das Wort selber rede? Wer will sich, wie weiland
die Propheten des Volkes Israel, von Gott benutzen lassen,
um zur Buße und zum Gehorsam gegenüber Seinem
Willen aufzurufen, und zwar mit aller Entschiedenheit?
Man mag mir erwidern: „Aber die Gaben sind doch
verschieden..." Jawohl, der Hirte kann nicht immer zugleich
ein Lehrer sein und umgekehrt. Jedenfalls aber trete
man dem nicht in den Weg, der „das Wort der Gerechtigkeit"
darbietet und dabei dem prophetischen Gehalt
der Schrift Handreichung bieten will. Denn dies muß in
erster Linie wegweisend den teuren Seelen helfen, klar zu
sehen. Dann werden auch die praktischen Warnungen,
Mahnungen und Anwendungen an den rechten Platz kommen.
Dann würden viele satte Herzen wieder gesunden
können — wenn Brüder fähig sind, in Abhängigkeit vom
Herrn solche Dienste zu leisten. Dies tut uns not, daß wir
uns besser, gründlicher, tiefer mit dem Wort beschäftigen
— dann können wir helfen, dem Niedergang steuern. Und
dann mag uns die göttliche Gnade auch wieder einen Aufstieg
schenken.
Y7
Unterredungen über den zweiten Brief
an die Korinther
xv.
Kapitel ll
Wie wir bereits sahen, rühmte Paulus sich nur seiner
Schwachheit, im Gegensatz zu jenen falschen Aposteln,
die seinen Einfluß zu untergraben suchten, um den eigenen
zu festigen. Ist er aber einmal gezwungen, von sich
selbst zu reden, so sagt er: „Ich rede als von Sinnen".
Nennt mich einen Tor, wenn ich von meinen Verdiensten
spreche! Ich tue es nur, weil ich's tun muß, um denen
entgegenzutreten, die, indem sie sich euer Vertrauen erschleichen,
euch nur vom Glauben abspenstig machen wollen.
Was brachten denn diese falschen Lehrer den Korinthern?
Sich selber. Hier sieht man klar den Unterschied
zwischen dem gottgemäßen Dienst und einem menschlichen.
Tatsächlich hat der menschliche Dienst niemals ein anderes
Ergebnis (wir hüten uns wohl zu sagen: ein anderes
Ziel), als den Menschen in den Vordergrund zu stellen,
während der Dienst, der in Gott seine Quellen hat, Christum
allein darstellen will. Bedenkt man, was hier von
diesen falschen Aposteln gesagt wird, so ist es geradezu unglaublich,
zu sehen, wie sehr es diesen Menschen, deren Namen
Paulus absichtlich verschweigt, gelungen war, die Korinther
zu beeinflussen. Sie hatten ihnen Dinge gebracht,
die das Gegenteil von dem waren, was Paulus ihnen gepredigt
hatte, und die Korinther, die noch fleischlich waren,
ließen sie gewähren. Vers 4 zeigt die Gefahr, die ihnen
drohte: „Denn wenn der, welcher kommt, einen ande
98
ren Jesus predigt, den wir nicht gepredigt Haden, oder ihr
einen anderen Geist empfanget, den ihr nicht empfangen
habt, oder ein anderes Evangelium, das ihr nicht angenommen
habt, so ertrüget ihr es gut". Die wesentlichsten
Grundsätze, ohne die es tatsächlich kein Christentum gibt,
standen in Gefahr: die Person Christi, der Geist Christi
und das Evangelium Christi. Die Augen der Gläubigen
in Korinth, unter denen sich viele aufrichtige Seelen befinden
mochten, waren derart gehalten, daß sie nicht sahen,
daß die Arbeit dieser Männer dahinzielte, die Grundlagen
ihres Glaubens zu untergraben, und daß sie sie nach und
nach dahin brachte, falsche Lehren zu ertragen. Man sieht
hier den verderblichen Einfluß, den eine falsche Belehrung,
die nicht die des Heiligen Geistes ist, auf Christen ausüben
kann, die auf einen verkehrten Weg geraten sind. Im 20.
Vers schreibt Paulus: „Denn ihr ertraget es, wenn jemand
euch knechtet, wenn jemand euch aufzehrt, wenn jemand
von euch nimmt, wenn jemand sich überhebt, wenn
jemand euch ins Gesicht schlägt". Einmal auf solch abschüssigen
Weg gebracht, erträgt man alles von feiten derer,
die sich selbst empfehlen, und denen es, indem sie sich
an sich selbst messen, gelingt, sich inmitten der Kinder Gottes
breitzumachen. Man nimmt alles, was diese Leute
ihren Anhängern aufdrängen, all die Lasten, die sie ihnen
aufbürden, eher an als die gesunde Unterweisung eines
Apostels! Paulus tat das Gegenteil. Er besaß Autorität
von Gott, um unter den Korinthern alle zu treffen, die
wider ihn aufstanden. Daher hatte er das Recht, zu sagen:
Wenn ich wiederkomme, werde ich vielleicht gezwungen
sein, so und so zu handeln. Beim Lesen dieser Kapitel findet
man aber, daß der Apostel nicht einen Augenblick daran
SS
gedacht hat, zu kommen und seine Autorität derjenigen dieser
„falschen Arbeiter" gegenüberzustellen. Der Grund ist,
wie wir bereits früher sahen, der, daß in seinen Gedanken
die ganze Gewalt, die der Herr in seine Hände gelegt hatte,
nur einen Zweck hatte, nämlich dieAuferbauung
der Versammlung Christi.
Wenn wir uns jetzt ein wenig mit dem Charakter des
Dienstes Pauli beschäftigen, wie ihn das vorliegende U.
Kapitel darstellt, so entdecken wir, daß er von Anfang bis
Ende nur einen Gedanken hat, und der ist, den Korinthern
Christum vor Augen zu stellen als das einzige Mittel, sie
vom Bösen zu trennen und mit den ausgezeichneten Stük-
ken in Verbindung zu bringen. ErstellteJhninsei-
nerPerson d a r. Es ist etwas Schönes um die Belehrung,
aber noch schöner ist es, in der eigenen Person „die
Sanftmut und Gelindigkeit des Christus" zur Schau zu
stellen. Seelen werden oft weit mehr zum Herrn gezogen l
durch die Charaktereigenschaften, die sie bei den Dienern,
Christi finden, als durch alles, was sie aus ihrem Munde '
hören.
Das beweist vor allem der 2. Vers unseres Kapitels.
Paulus eiferte um die Korinther mit Gottes Eifer. Er
hatte durchaus keinen menschlichen Eifer im Blick auf sie,
indem er aus ihnen seine Jünger zu machen suchte. Die
falschen Apostel dagegen hatten nichts von diesem Eifer,
sie, welche die Korinther für ihre eigene Sache gewinnen
wollten. „Denn ich habe euch einem Manne verlobt",
lauten seine Worte, „um euch als eine keusche Jungfrau
dem Christus darzustellen." Ist das nicht genau das, was
wir auch im 5. Kapitel des Briefes an die Epheser finden?
Jesus hatte nichts anderes getan: Er hatte sich selbst für
— roo —
die Versammlung gegeben, „auf daß Er sie sich selbst
verherrlicht darstellte, die nicht Flecken oder Runzel oder
etwas dergleichen habe, sondern daß sie heilig und tadellos
sei". Das war das Ziel des Herrn in Seiner Selbst-
hingabe. Der Apostel sagt: Ich habe nichts anderes gewollt.
Meine Seele kennt kein anderes Ziel. Ich möchte
euch Ihm als eine keusche Jungfrau darstellen. So möchte
E r euch haben, und wie sollte mir ein anderes Ziel vorschweben?
Ein wenig weiter schreibt er: „Wir sind in jeder Weise
in allen Stücken gegen euch offenbar geworden". (V. 6.)
Es hatte dem Herrn gefallen, sich dem Saulus von Tarsus
zu offenbaren, als das göttliche Licht in die Finsternis
seines Herzens hineingeleuchtet hatte. Nachdem er nun
selbst diese Offenbarung Christi empfangen hatte, gab
es für ihn keinen anderen Gedanken mehr, als Ihn anderen
offenbar zu machen. So kann er sagen: „Wir sind in
jeder Weise in allen Stücken gegen euch offenbar geworden".
Indem er gleichsam an seinem Leibe das Licht dieser
Gegenwart umhcrtrug, wurden durch seine Vermittlung
die Menschen mitten in das volle Licht Christi gestellt.
Wir haben nichts anderes zu tun, mag es sich um uns als
einzelne oder als Versammlung handeln. Das sieht man
im ersten Brief an die Korinther. In dieser Versammlung
gab es zweifellos vieles zu tadeln. Trotzdem aber: Trat ein
Fremder in ihre Mitte, so wurden die Geheimnisse seines
Herzens offenbar, und, mitten ins Licht gestellt, bekundete
er, daß Gott wirklich unter ihnen war. Auch durch unser
persönliches Handeln kann dieser Eindruck hervorgerufen
werden. Christus sollte durch den Glauben so in unseren
Herzen wohnen, daß jedermann Ihn in uns sieht und sagt:
— 101 —
Ich bin Christo begegnet. Den, der Licht ist, habe ich in
diesem demütigen Christen, der mit mir sprach, gefunden,
und das hat mich mit Jesus selbst und mit Ihm allein
verbunden.
Im io. Vers findet sich ein anderer Charakterzug
Christi durch den Apostel dargestellt. Ist der Ausdruck
nicht auffallend: „Die W a h r h e it C h r isti ist in mir?"
Das Wort lehrt uns, daß Christus die Wahrheit ist. „Ich
bin die Wahrheit", sagt der Herr. Er Hat die W a h r h e i t
völlig geoffenbart, mit anderen Worten: die ganzen
Gedanken Gottes im Blick auf den Menschen; und
diese Gedanken Gottes sind jetzt durch den Apostel geoffenbart
worden, weil „die Wahrheit Christi in ihm war".
Er, der die Wahrheit war, war in der Person des Paulus
zu erkennen, dieses geliebten Dieners Gottes, und die Seelen,
die in Beziehung zu ihm standen, konnten sagen: „Wir
haben die Wahrheit durch Paulus empfangen".
Vers 11 lautet: „Warum? weil ich euch nicht liebe?
Gott weiß es." Der höchste Charakterzug Christi ist die
Liebe. Der Apostel kann sagen: Gott weiß, ob diese Liebe
in mir ist. Ich blicke nicht auf die Menschen, ob sie sich dessen
bewußt sind. Gott weiß es. In einem früheren Kapitel
hat er gesagt: „Die Liebe des Christus drängt uns".
Die Liebe des Christus! Er war also deren Träger, gegenüber
allen Menschen, wie auch den Gläubigen. Gott weiß,
ob ich euch mit der Liebe Dessen liebe, der Sich mir als der
Gott der Liebe enthüllt hat; diese Liebe habe ich euch gebracht.
Aus diesem Grunde habe ich euch nicht zur Last sein
wollen, und aus dem gleichen Grunde habt ihr mich auch
nicht zu euch kommen sehen, mit meiner Autorität ausgerüstet.
— ro2 —
Dann antwortet der Apostel den falschen Lehrern, die,
als Engel des Lichts verkleidet, sich unter die Gläubigen
mischten. Vergessen wir nur nicht, daß Satan gerade den
verführerischen Lehren das schönste Ansehen zu geben weiß.
Wenn man heutzutage Christen von einem falschen Lehrer
erzählt, so kann man oft genug die Antwort hören: „Aber
dieser Mann ist doch inseinemWandeleinwirk-
l i ch e r H e i l i g e r!" Aber mag er auch das Ansehen eines
Engels des Lichts haben, trotzdem ist sein Wesen das
der Schlange, die Eva durch ihre List verführte.
Nachdem der Apostel dann auf all die Anmaßungen
jener Leute geantwortet hat, sieht er sich gezwungen, von
dem zu sprechen, was er für Christum gelitten hat: „Weil
viele sich nach dem Fleische rühmen, so will auch i ch mich
rühmen". (V. 18.) Die ganze Beschreibung (V. 23—31)
ist ein Beweis, wie wenig die Apostelgeschichte von dem
durch den Apostel Paulus Erlebten berichtet. In der gesamten
Aufzählung hier finden sich vielleicht drei Tatsachen,
die auch in der Apostelgeschichte erwähnt werden. Alles
übrige wird in diesem Buche mit Stillschweigen übergangen,
aber der Herr hat nichts vergessen, und wenn der
Apostel all seine Drangsale aufzählt, so tut er es in der
Freude darüber, würdig erachtet worden zu sein, für den
Namen Christi Schmach zu leiden. Was seine Umstände anbelangt,
so hatte dieser treue Diener wahrlich allen Grund,
zu sagen: „Wenn wir allein in diesem Leben auf Christum
Hoffnung haben, so sind wir die elendesten von allen Menschen".
(1. Kor. 15,19.) Er war der elendeste, aber auch
der glücklichste Mensch, weil seine Hoffnung auf Christo
allein ruhte, und weil das Leben hienieden für ihn Christus
war. Diese Leiden des Paulus waren keine Züchtigung
— roz —
Gottes für ihn. Er hatte der Welt Christum gebracht, und
die Welt hatte ihm dafür nichts anderes als das oben Genannte
anzubieten gewußt. Aber er beklagte sich darüber
nicht, weil er dadurch teil hatte an den Leiden Christi. Was
seine Leiden noch, tagtäglich auf ihn andringend, vermehrte,
das war die Sorge um alle Versammlungen. So „ergänzte
er, was noch rückständig war von den Drangsalen
des Christus für Seinen Leib, die Versammlung".
Nach Erwähnung all dieser Trübsale fährt Paulus
fort: „Wenn es gerühmt sein muß, so will ich mich dessen
rühmen, was meine Schwachheit betrifft". Diesen Gedanken
entwickelt er dann am Ende unseres Kapitels sowie in
dem folgenden. Von Anfang seines Dienstes an war er dec
Verfolgung ausgesetzt gewesen. Zu Damaskus hatte er
sich in einer Lage befunden, die die Welt ins Lächerliche hätte
ziehen können; er aber rühmt sich ihrer. Seht, scheint
er sagen zu wollen, so weit hat Gott mich heruntersteigen
lassen. Aber dieser so tief erniedrigte Mensch wird in den
dritten Himmel erhoben, um hier unaussprechliche Worte
zu hören! Gott sagt: Ich habe dich erniedrigt; jetzt erhöhe
ich dich. Aber er muß wieder aus dem dritten Himmel herab.
Fortan wird er also, sollte man sagen, in dem Bewußtsein
der herrlichen Erinnerung leben, in den Himmel hinaufgestiegen
zu sein, um dort Christum zu hören. Weit gefehlt!
Ein Engel Satans schlägt ihn und erniedrigt ihn bis
zu der Stufe, zu der Hiob, der Patriarch, erniedrigt wurde.
Ist es nicht, als ob der Herr ihm gesagt hätte: Ich will,
daß du dich nur deiner Schwachheiten rühmst; denn darin
wird meine Kraft vollendet, und ich will aus dir ein Gefäß
meiner Kraft machen?
Möchten wir durch das Beispiel des Apostels lernen,
— rv4 —
uns in nichts zu rühmen, es sei denn in unseren Schwachheiten!
Der Herr kann nur zerbrochene Gesäße brauchen,
um Sein Werk in dieser Welt zu tun und ein Segen für die
Versammlung Christi zu sein.
„Und es nahm das Buch"
(Kurze Gedanken über Offbg. 5)
Die Kapitel 4 und S nehmen im Rahmen der Offenbarung
Jesu Christi einen besonderen Platz ein. Sie gehören
zusammen, obwohl ihr Inhalt ganz verschieden voneinander
ist. Kap. 4 redet von Gott, dem S ch öpfe r, Kap. 5
von Gott,demRichter, zugleich aber auch dem Erlöser.
Dennoch ist Kapitel 5 die Ergänzung von Kapitel 4. Beide
Kapitel enden mit einem Lobpreis. Während aber im 5.
Kapitel dem geschlachteten Lamme ein neues Lied gesungen
und „Dem, der aus dem Throne sitzt, und dem Lamme"
Ehre und Herrlichkeit gegeben wird, schließt das 4. Kapitel
mit den Worten der vicrundzwanzig Ältesten an Den, der
auf dem Throne sitzt: „Du bist würdig, o unser Herr und
unser Gott, zu nehmen die Herrlichkeit und die Ehre und
die Macht; denn Du hast alle Dinge erschaffen,
undDeinesWillenö wegenwaren sie
und sind sie erschaffen worden".
Wenn wir uns beim Lesen dieser „Herrlichkeit, Ehre
und Macht" kündenden Worte fragen: Von welcher Zeit
redet hier die Schrift? — denn solche Worte sind vordem
nie gehört worden — so erkennen wir leicht, daß hier von
einer glorreichen Zukunft die Rede ist, von einem zukünftigen
Jubel, den diese Schöpfung bisher nicht gekannt hat.
Redet die Schrift von der Gegenwart, dann muß sie ta-
— ros —
dein und immer wieder tadeln, dann werden Dinge genannt
und entwickelt, die nicht nur für die Allgemeinheit
verurteilend, sondern vielfach auch für Gläubige tief beschämend
sind. Wie köstlich daher für das Herz eines Gläubigen,
daß er hier in Verbindung mit dem Schöpfer-Gott
Dinge vernehmen darf, die nichts anderes als Ehre und
Herrlichkeit künden dem Gott, dem er alles verdankt hinsichtlich
des Zeitlichen und des Ewigen!
Was in beiden Kapiteln zunächst den Blick fesselt, ist
ein Thron. Einst hatte Gott einen Thron auf der Erde.
Aber schon seit Jahrtausenden ist dieser Thron nicht mehr
hienieden. Hesekiel beschreibt seine Wegnahme. Die Erde
war dem Menschen zur Verwaltung anvertraut worden.
Der Mensch aber vermochte Gottes Gedanken nicht zu entsprechen.
Israel sowohl als auch Nebukadnezar versagten.
Bis zur heutigen Stunde hat Gott auf Erden keinen Thron
mehr. Satanist „der Fürst dieser Welt". (Joh. k2, Zk.)
In den vorliegenden Kapiteln nun sehen wir die äußere
Übernahme der irdischen Regierung durch Gott, die im
verborgenen natürlich immer bestanden hat, sich vorbereiten.
Gott will die Verwaltung und Regierung der Erde
wieder selbst in die Hand nehmen. Er will sie Seinem Sohne
geben. E r soll fortan herrschen. Aber in welcher Weise
wird nun Satan, der in den Bewohnern der Erde willige
Untertanen findet, gestürzt und die Erde ihrem rechtmäßigen
Besitzer wieder übergeben werden? Das wird beschrieben
in der Buchrolle, die in den Händen Dessen ist, der auf
dem Throne sitzt.
Ein starker Engel ruft zunächst mit gewaltiger Stimme,
die das Weltall durchdröhnt: „Wer istwürdig, das
Buch zu öffnen und seine Siegel zu brechen?" Die Besitz
10b
ergreifung der Erde ist also abhängig von der Würdigkeit
einer Person, diese Siegel brechen zu dürfen. Das Buch
handelt vom Erbe, und nur der Erbb ere ch tigte darf
naturgemäß die „Akten des Erbes" öffnen. Wer ist
dieser Erbe? Niemand, weder im Himmel noch auf der
Erde, wird gefunden, der diese Siegel brechen könnte. Johannes
ist tief betrübt, daß niemand gefunden wird, der die
Erde aus den Ketten Satans befreien könnte. Er weint.
Wenn wir ihn als ein Vorbild des treuen Überrestes betrachten,
dem die Verheißungen des Alten Testaments für
Israel wohlbekannt sind, so können wir den tiefen Schmerz
gut verstehen. Wie sollen diese Verheißungen je in Erfüllung
gehen, wenn niemand imstande ist, Gottes Gedanken
auszuführen und den zu beseitigen, der der Erfüllung der
Verheißungen entgegensteht? Das tiefe Empfinden des
Sehers über den noch vorhandenen, Gott entehrenden Zustand
ist rührend, zugleich beschämend für uns heute, die
wir uns an diesen würdelosen Zustand gewöhnt haben und
der göttlichen Gefühle darüber vielfach entbehren.
Gott aber hat Seine weinenden Kinder nie ohne Trost
gelassen. Er überläßt auch jetzt Johannes nicht seinem
Schmerz. Er benutzt einen der vierundzwanzig Altesten,
um ihn zu unterweisen, daß Einer da ist, der imstande ist,
die Siegel zu brechen. „Und einer von den Ältesten spricht
zu mir: Weine nicht! Siehe, es hat überwunden der Löwe,
der aus dem Stamme Juda ist, die Wurzel Davids,
das Buch zu öffnen und seine sieben Siegel."
Die Traurigkeit Johannes' wird in Freude verwandelt.
Jetzt wird und muß die Verheißung in Erfüllung gehen.
Noch hat er den Erben nicht gesehen. Jetzt darf er Ihn
schauen. Und wen erblickt ec? „Und ich sah inmitten des
— ro? —
Thrones und der vier lebendigen Wesen und inmitten der
Ältesten ein Lamm stehen wie geschlachtet." Es ist sein über
alles geliebter Herr, der Gekreuzigte von Golgatha. Die -
ser ist der Erbe. Auf Grund Seines vollbrachten Werkes
ist Er tvürdig, das Erbe anzutreten. Zwar gehörte Ihm
das Erbe als Schöpfer. Aber weil durch die Sünde des
Menschen die Schöpfung unter die Herrschaft Satans gekommen
war, dieser sie aber nur unter der unmöglich zu
erfüllenden Bedingung freiwillig wieder an den ursprünglichen
Besitzer abtreten wollte, daß Er seine, des Teufels,
Oberhoheit anerkenne (vergl. Luk. 4, 5—7), so war Kampf
die unausbleibliche Folge. Dieser Kampf ist auf Golgatha
ausgefochten worden. Am Kreuz hat Jesus Satan besiegt.
Indem Er zu gleicher Zeit starb für die Sünde des Menschen
und den Fluch der Schöpfung, hat Er der Schlange
den Kopf zertreten, die Fürstentümer und Gewalten völlig
entwaffnet und über sie einen Triumph gehalten. (Kol. 2,
l5.) Boas löste einst das Feld Elimelechs und nahm Ruth
zum Weibe. Christus ist der wahre Boas. In Ihm ist „die
Stärke". Er hat Sein Volk (Ruth) erlöst und die Erde
(dürfen wir sie vielleicht im „Feld Elimelechs" bildlich sehen?)
gekauft, gekauft um den Preis Seines Lebens, den
einzig genügenden Kaufpreis. Diese Besitzergreifung gibt
Jesu das Recht, über alles zu herrschen. Daö Erbe war in
die Hände Satans gekommen. Christus hat alles wiedergekauft
und es Gott gleichsam zurückgegeben.
Das Nehmen des Buches durch das Lamm, das fortan
den Mittelpunkt bildet, erweckt überwältigenden Jubel
im Himmel. Die vierundzwanzig Ältesten fallen vor Ihm
nieder, und als wahre Priester bringen sie in goldenen
Schalen Räucherwerk dar. Dieses Räucherwerk, heißt es,
— 108 —
sind die Gebete der Heiligen. Es sind also wohl nicht ihre
eigenen Gebete, denn die himmlischen Heiligen, darge-
stellt durch die vierundzwanzig Ältesten, bedürfen der Gebete
nicht mehr; sie bringen nur Anbetung dar. Aber
auf Erden gibt es noch Heilige, solche, die in der Drangsalszeit
bekehrt wurden; da ist noch der treue jüdische Überrest,
der in seiner Not und Bedrängnis Tag und Nacht zu
Gott rufen wird. (Vergl. Luk. 18, 7. 8.) Es ist wunderschön,
zu sehen, wie die himmlischen Heiligen, die selbst in
völliger Ruhe bei dem Herrn weilen, mit dem Mitgefühl
Christi ihrer bedrängten Mitgläubigen auf Erden gedenken,
ihre Anliegen zu den ihrigen machen und sie priesterlich
dienend darbringen. Denn auch diese noch auf Erden
leidenden Gläubigen sollen, nachdem sie ausgeharrt haben,
in Seinem Reiche leuchten „wie der Glanz der Himmelsfeste",
dann, wenn Er, nach vollzogenem Gericht und der
Säuberung der Erde, mit Seinen Herrlichen auf Erden
erscheinen wird, um Seine Herrschaft der Gerechtigkeit
und des Friedens aufzurichten, und um „an jenem Tage
verherrlicht zu werden in Seinen Heiligen und bewundert
in allen denen, die geglaubt haben". (2. Thess. 1, io.)
„Reiniget die Straße von Steinen!"
Ein orientalischer Fürst, so wird erzählt, wollte den
Leuten, die in der Nähe seines Palastes wohnten, eine gute
Lehre erteilen. Er nahm zu diesem Zweck einen großen
Stern und setzte ihn mitten auf die Straße.
Es dauerte nicht lange, da kam ein Mann mit einem
Ochsengespann des Weges.
„Das ist mir was Schönes", brummte er, „so ein
— 109 —
großer Stein mitten auf der Straße! Möchte wohl wissen,
wer den dahin gelegt hat!" Damit trieb er seine Ochsen
an und zog weiter.
Bald kam ein zweiter, ein bedächtiger Wanderer. Verwundert
sah er den Stein daliegen.
„Nein", rief er kopfschüttelnd, „das ist mir noch
nicht vorgekommen, obwohl ich schon viel gereist bin! Liegt
da ein mächtiger Stein mitten auf der Straße! Nun, der
ihn dahingelegt hat, mag ihn auch wieder wegschaffen.
Was geht's mich an?"
Dann kam ein junger Soldat daher. Ein Liedchen
pfeifend, schritt er hoch erhobenen Kopfes in flottem Tempo
dahin, sah den Stein überhaupt nicht, stieß daran und
fiel über seinen langen Säbel. Er mag dabei gedacht haben,
daß er wegen dieses Hindernisses eigentlich eine Meldung
bei seiner Truppe machen müsse. Da aber häufig genug
selbst die besten Gedanken und Vorsätze nicht zur Ausführung
kommen, so geschah auch in diesem Falle nichts. Der
Stein.blieb liegen.
Andere kamen, wunderten sich, murrten oder schimpften
und — gingen weiter. Aber niemand kam es in den
Sinn, das Hindernis aus dem Wege zu räumen.
Endlich ließ der Fürst alle, die rings um seinen Palast
wohnten, zu einem Zusammenkommen mit ihrn auf
jener Straße laden. Alle kamen. Als man versammelt war,
wandte der König sich an seine Untertanen.
„Dieser Stein hier", so etwa sagte er, „hat euer aller
Verwunderung oder Arger erregt. So hört denn heute,
daß ich selbst ihn dahingelegt habe. Ich hatte dabei einen
bestimmten Zweck im Auge. Ich habe all das Stöhnen und
Klagen, das Murren, Mißbilligen und Tadeln gehört.
— Iio —
ebenso die guten und nützlichen Ratschläge und Meinungen,
die geäußert worden sind. Das aber, worauf ich gewartet
habe, habe ich leider nicht gesehen, nämlich, daß jemand
sich die Mühe gemacht hätte, den Stein des Anstoßes aus
dem Wege zu räumen. Das will ich nun selbst vor euer
aller Augen tun."
Damit trat der Fürst an den Stein und rollte ihn,
nicht ohne Mühe, mit eigener Hand zur Seite, dahin, wo
er niemand mehr schaden konnte. Und siehe, unter dem geschmähten
Stein lag ein Schatz, ein mit Gold und Silbermünzen
gefüllter Beutel, auf dem die Worte standen:
„Für den, der diesen Stein wegnimmt".
Jesaias, der große Prophet, Künder kostbarer Verheißungen,
aber zugleich auch Mahner und Bußprediger,
schreibt in einem der letzten Kapitel seines BucheS: „Bahnet,
bahnet die Straße, reiniget sie von Steinen!" (Kap.
62, 10.) In seinem Falle galt es, den Weg zu ebnen, damit
das Heil kommen möchte zur Tochter Zion. Aber gilt
sein Ruf nicht auch uns heute, wenn auch in anderem Sinne?
Der Steine auf dem Wege, der Ärgernisse sind viele.
„Wehe der Welt der Ärgernisse wegen!" sagte der Herr
Jesus bei einer Gelegenheit zu Seinen Jüngern. (Matth.
18, 7.) Und in der Erklärung des Gleichnisses vom Unkraut
des Ackers kündete Er an, daß die Zeit kommen würde,
wann Er selbst Seine Engel aussenden würde, damit
sie aus Seinem Reiche alle Ärgernisse zusammenläsen. Ärgernisse
sind also nicht nur ein Anstoß für die Menschen,
sondern auch für Gott. Wohl denen, die mithelfen, sie zu
beseitigen! Das geschieht aber nicht dadurch, daß man über
sie redet, daran kritisiert, und noch weniger dadurch, daß
— ur —
man die Arbeit anderen überläßt. Auch durch ein Kopfschütteln:
Das sollte nicht so sein! wird nichts gewonnen.
Es gilt, die Übel zu beseitigen, Mißstände aus dem Wege
zu räumen, helfend anzupacken. Jener Student hatte recht,
der, ein kränklicher, schwacher Mensch, mitten im Wasser
stand und die Eimer füllte, die zur Löschung des Brandes
dienen sollten, und der auf die verwunderte Frage: „Sie
hier?" einfach antwortete: „Einer muß es doch tun. Warum
sollte ich es nicht sein!?"
„Glückselig die Friedensstifter!" sagt der Herr in
der Bergpredigt, „denn sie werden Söhne Gottes heißen."
(Matth. 5, y.) Große Belohnung wartet derer, die
Ärgernisse aus dem Wege räumen. Männer und Frauen,
die das verstehen, verrichten gesegnete Arbeit.
Gedanken
Daß viele irregehen, macht den Weg nicht richtig.
Wenn Gott dir eine Freude vereitelt, so hat Er im
Sinn, dir dafür eine bessere zu geben.
Jesus ging umher und tat Gutes. Viele Seiner vor
geblichen Jünger sitzen in der warmen Stube und sprechen
davon.
Je mehr man zum Lobe Gottes gestimmt ist, desto
weniger ist man gestimmt, seine Nachbarn zu tadeln.
Besser an die eigene Brust schlagen, als mit Fingern
auf andere deuten. (Aus Zeitgruß)
— ri2 —
Nichts — und doch alles
G Liebe, die kein Mensch ermißt:
Dich, Höchster, darf ich Vater nennen,
Und niemand kann von Dir mich trennen,
Weil ewig Deine Treue ist!
Ich Lrdcnwurm, ich Staubkörnlein
Darf mich an solcher Liebe laben. —
Wie unbegreiflich: Nichts zu sein
Und alles doch in Dir zu haben!
Du kamst zu mir, Du neigtest Dich
Herab voll Gnade, voll Erbarmen;
Kamst mir mit ausgestreckten Armen
Entgegen und erquicktest mich
Nach allem Jammer, Not und f)ein
Aus Deiner Fülle reicher Gaben.
Ich brauchte nichts vor Dir zu sein,
Um alles doch in Dir zu haben!
Du hast nur Gutes mir ersehn,
Willst mit der erv'gen Liebe Händen
Mir reiche Segensfülle spenden,
Gibst über Bitten und verstehn.
Drum lehre mich, demütig, klein,
Mit Dank empfangen Deine Gaben —
Denn: Selig, nichts vor Dir zu sein
Und alles doch in Dir zu haben!
G. H.
Eine Krage für jeden
WaS hinterlasse ich?
Diese Frage ist immer zeitgemäß und geht jeden an.
Ein alter Vers lautet: .
von jedem, der dir durch das Leben schritt,
Bleibt eine Spur dir an der Seele hangen.
So bringst du am Gewand ein Stäubchen mit
von jedem Wege, den du bist gegangen.
Die Wahrheit dieses kurzen Reimes ist unbestreitbar.
Die Heilige Schrift drückt einen ähnlichen Gedanken mit
den Worten aus: „Das Gedächtnis deö Gerechten ist zum
Segen". (Spr. 10, 7.)
Was hinterlasse ich?
Ist es dir oder mir gelungen, durch Energie, Fleiß,
Sparsamkeit und ähnliche, an sich gute und nützliche Eigenschaften,
ein Vermögen zusammenzubringen, das den
Kindern bleibt, wenn wir die Augen schließen? Oder war
es uns möglich, den von den Eltern überkommenen Namen
von gutem, wenn auch bescheidenem Klang zu Ehre und
Ansehen zu bringen? Oder ist das Umgekehrte der Fall?
Bleiben als Hinterlassenschaft für die Kinder oder sonstige
Angehörige ungedeckte Schulden zurück, und ist damit
der von den eigenen Eltern ererbte gute Name, mit
Schmach bedeckt, den Kindern zurückgelassen worden?
Außer den erwähnten Dingen gibt es aber noch andere,
die als Nachlaß vorhanden sein oder fehlen können.
Sind nicht durch unser Leben Menschen geschritten, die, obwohl
längst in die Ewigkeit gegangen, inunsererEr-
UXXXIII s
— 444 —
innerung fortleben, Menschen, deren Gedächtnis nach
obigem Wort aus den Sprüchen zum Segen ist, an
die wir uns gern erinnern, denen wir viel zu verdanken
haben, wenn auch das von ihnen Hinterlassene mit irdischem
Gut nichts zu tun haben mag? Vielfach werden es
die Menschen gewesen sein, mit denen wir durch Blutsbande
verbunden waren. In jedem Falle aber denke ich
an solche, die sich in den Dienst anderer gestellt haben,
mochten die eigenen Interessen auch dabei zu kurz kommen.
Die Gefühle der Liebe und Dankbarkeit zu diesen unseren
vollendeten Weggenossen weckt der Gott, der ihnen Fähigkeit
und Willigkeit zum Handeln schenkte; und Er sorgt
dafür — denn es entspricht Seinem Willen —, daß diese
Gefühle erhalten bleiben, wenn der, dem sie gelten, den
Schauplatz seiner segensreichen Tätigkeit auf Erden längst
mit der Ruhe seines Herrn vertauscht hat.
Hat dieser letzte Gedanke etwas mit Menschcnvereh-
rung zu tun, oder entspricht er nicht durchaus göttlichen
Gedanken? Ich denke, das letztere ist der Fall. Doch
prüfen wir die Frage im Licht des Wortes Gottes! Es
bleibt uns die Antwort nicht schuldig.
Was mochte die Ursache sein, daß die Söhne des
Hauses der Rekabiter, die Söhne Zonadabs, sich weigerten,
Wein zu trinken, Häuser zu bauen und Weinberg,
Feld und Saat zu besitzen (lies Zer. ZS), ein Tun, das
Gott mit Anerkennung hervorhebt (Vers 46), und das
Er belohnt? (Vers 48. 44.) Wird der Grund nicht der gewesen
sein, daß Leben, Tun und Verhalten ihres Vaters
seinem Wort Ansehen bei den Söhnen verschafft hatten,
sodaß Wort und Gebot des Vaters bei den Nachkommen
noch Gewicht über sein Grab hinaus besaßen? Das war
— 115 —
ein Nachlaß, dessen Wert über Geld und Gut stand, ein
Erbe, zu dem G o tt sich bekennen, und das E r mit Seinem
Segen und Lohn begleiten konnte. Ähnlich bei Abraham.
Von ihm sagt Gott ausdrücklich, daß seine Haltung
noch „nach ihm" seinen Kindern und seinem Hause
die Richtung weise, „den Weg Jehovas zu bewahren, Gerechtigkeit
und Recht zu üben". (Vergl. 1,. Mose 18,14.)
Auch hier ist deutlich erkennbar, daß das Verhalten des
Vaters und Hausherrn sich noch dann auswirkte, als er
längst nicht mehr war. Es ist die gleiche Erbschaft bei Abraham
wie im Falle Jonadabs, des Sohnes RekabS. Gesegnetes
Haus, dem solcher Nachlaß verbleibt! Gesegnete
Kinder, die ihn nach seinem Wert zu schätzen wissen!
Der Kreis der eigenen Familie ist der nächstliegende
Einflußbereich. Es ist der Bereich, der die ersten und begründetsten
Ansprüche stellt, und dem unsere ersten und
nächsten Pflichten gelten. Das betrifft sowohl das Leben
selbst als auch den Nachlaß. Das Übersehen dieser von
Gott anerkannten Ansprüche kann zu schmerzlichen und demütigenden
Folgen führen, weil es der Ordnung Gottes
zuwider ist. Über den Familienkreis hinaus aber liegt der
Kreis, der in besonderer Weise den Bereich der Interessen
Gottes selbst bildet: das Haus Gottes, die Versammlung
des lebendigen Gottes, Sein Zeugnis auf Erden, Seine
Erlösten, die Er sich selbst erkauft hat durch das Blut Seines
Eigenen. Wer diesem Kreise durch Gottes Gnade angehört,
wer in ihn, den Kreis SeinerHeiligen, hineingestellt
ist, hat ebenfalls allen Grund, sich in bezug auf
sein Wirken in demselben zu fragen: Was hinterlasse ich?
Der Apostel Petrus trug Sorge und befleißigte sich,
den Gläubigen zu ermöglichen, sich auch nach seinem
116
Abscheiden alles ins Gedächtnis zu rufen, was für sie
notwendig war. (Vergl. 2. Petr, 1, 12—15.) In gleicher
Weise finden wir den Apostel Paulus für die Herde des
Herrn Jesus besorgt, wenn er von ihr Abschied nimmt.
(Lies Apstgsch. 20, 32.) Und mit welcher Sorgfalt Gott
Kenntnis nimmt von den Werken der Liebe zugunsten der
Seinen, zeigt der Bericht in Apstgsch. 9, 36 usw.. In diesem
Abschnitt wird eine „gewisse Jüngerin" Tabitha (Dorkas)
genannt, die gestorben war. Von ihr bezeugt das
Wort: „Diese war voll guter Werke und Almosen, die sie
übte", und weiter teilt der Bericht mit: „Und alle Witwen
traten weinend zu ihm (Petrus) und zeigten ihm die Leibröcke
und Kleider, welche die Dorkas gemacht hatte".
Durch den Heimgang dieser Jüngerin war für den Kreis,
in dem sie gelebt hatte, ein Verlust entstanden, so groß,
daß die Jünger am Ort zu Petrus sandten und ihn baten,
zu ihnen zu kommen.---------Kannten nicht auch wir
Knechte und Mägde des Herrn, bei deren Heimgang bezeugt
werden konnte und mußte, daß nicht nur die leiblichen
Angehörigen, sondern auch die Versammlung einen
Verlust erlitten hatte? In Wahrheit, manche unserer alten,
bewährten Weggenossen, die jetzt bei dem Herrn sind,
haben, in Treue dem Herrn und den Seinen dienend, ein
Erbe hinterlassen, das den Gläubigen unserer Tage, sofern
es gottgemäß gewertet wird, zum Segen gereicht und noch
gereichen wird. An uns ist es nun, dieses Erbe nach Gottes
Gedanken zu pflegen und eingedenk zu sein des Wortes:
„Gedenket eurer Führer, die daö Wort Gottes zu
euch geredet haben, und, den Ausgang ihres Wandels anschauend,
ahmet ihren Glauben nach". (Hebr.
13, 7.) Dieses gottgemäße und dankbare Gedenken hat.
— 117 —
das sei nochmals betont, nichts zu tun mit der Verherrlichung
eines Menschen, sondern ist lediglich die Gott wohlgefällige
Anerkennung Seiner Gaben, die in Glauben und
Treue von den Empfängern verwaltet worden sind zum
Preise Gottes und zum Segen Seiner Kinder. Und dieses
dankbare Gedenken an die Güte des Gebers und an die
Glaubenstreue der Empfänger möge uns anleiten, das
Wort zu beherzigen: „Ahmet ihren Glauben
n a ch".
In erschütterndem Gegensatz zu den bisher betrachteten
Bildern steht ein Wort der Heiligen Schrift über einen
Mann, der an allererster Stelle stand, in dieser Stellung
aber aufs kläglichste versagte. Ich meine Joram, den König
von Juda. Er war der Sohn Josaphats, von dem es
heißt, daß „er tat, was recht war in den Augen Jehovas".
(2. Chron. 20, 32.) Aber Joram hatte eine Tochter Ahabs,
jenes überaus bösen Königs von Israel, zum Weibe, und
„er tat, was böse war in den Augen Jehovas". (2. Chron.
21, b.) Er regierte in Jerusalem, an dem Ort, wo der
Tempel Jehovas stand, aber das hinderte ihn nicht, auf
den Bergen Judas Höhen für den Götzendienst zu machen
und die Bewohner Jerusalems zum Götzendienst zu verleiten.
AlsKönig war er verantwortlich für den Zustand
seines Volkes. Anstatt aber seinem Volke ein Wegweiser
zu sein zu Jehova hin, verführte er es zum Bösen und zum
Abfall. Schrecklich ist sein Ende, jämmerlich die Bilanz seines
Lebens: „Er ging hin, ohne vermißt zu werden".
(2. Chron. 21, 20.) Kann ein Zeugnis vernichtender
sein? Manches Kindlein, das der Herr über Leben
und Tod früh zu Sich rief, wird schmerzlich vermißt, und
heiße Tränen werden ihm nachgeweint. Hatte es auch kei
— U8 —
nerlei Einfluß, so war es doch die Freude der Eltern, der
Sonnenschein im Hause. Mancher alte, müde Pilger, manche
einsame, alte Schwester wird nach ihrem Heimgang
vermißt. Lebten sie auch still und zurückgezogen, scheinbar-
völlig einflußlos, so stärkten sie doch die Herzen und Hände
ihrer Brüder und Schwestern durch ihre Gebete und bildeten
durch ihr persönliches Verhalten gleichsam einen die
Herzen der Geschwister verbindenden Kitt. Solche werden
sehr vermißt, wenn sie heimgehen.
Wie arm aber muß die Wirkung eines Lebens, wie
inhaltlos muß es gewesen sein, wenn von jemand bei seinem
Tode gesagt wird: Er wird nicht vermißt! Einen armseligeren
Nachlaß kann eS wirklich nicht geben; abfälliger
kann kein Zeugnis sein. Und dabei handelte es sich hier um
den K ö nig, nicht um einen Armen des Volkes. Ihm war
viel anvertraut gewesen; sein Einflußbereich war groß.
Durch des Königs Haltung konnte und mußte die des ganzen
Volkes beeinflußt werden, sei es zum Guten oder
zum Bösen. Jorams Einfluß hatte nur böse Folgen. A r -
mesVolk, dessen König hingeht, ohne vermißt zu werden!
A r m e F a m i l i e, deren Haupt dem König Zoram
gleicht! Arme Versammlung, deren einzelne Glieder
nur für sich selbst besorgt sind, so daß am Ende des
Lebensweges eines derselben keine Lücke gefühlt wird!
Was hinterlasse ich?
Liebe Geschwister, laßt unS diese Frage alle an uns
richten im Blick auf den Kreis von Gläubigen, in dem wir
uns an unserem Ort bewegen! Handelt es sich um die
Schwestern, bei denen „nur" der nicht öffentliche Dienst
in Frage kommt, so kann gleichwohl die im verborgenen
tätige und betende Frau sehr schmerzlich vermißt werden,
— uy —
wenn sie für eine Zeit oder für immer abgerufen wird.
Dorkas hinterließ, wie wir hörten, weinende Witwen, welche
Erzeugnisse der Liebestätigkeit und des Fleißes der Verstorbenen
aufweisen konnten. Wieviel Segen geht von den
Schwestern aus, die auf dem ihnen vomHerrnzuge-
teilten Platz mit den ihnen vom Herrn zugeteilten
Gaben in der Sülle dienen! Solche werden
sicherlich vermißt.
Daß ein Gläubiger sich die Frage: Was hinterlasse
ich? überhaupt nicht stellt, sollte man nicht für möglich
halten. Dennoch stößt man mitunter auf ein derart gleichgültiges
Verhalten, daß einem das niederschmetternde Urteil
über König Zoram: Er ging hin, ohne vermißt zu werden,
in den Sinn kommt. Man möchte dann fast fragen:
Ist ein solcher Mensch überhaupt ein Christ? Kann es sein,
daß einem Menschen, der die allen Verstand übersteigende
Liebe Gottes in Christo Jesu an sich erfahren hat, gar
nichts daran liegt, seinerseits etwas für Den zu tun, dem
er alles verdankt? Und der Dienstleistungen für den Herrn
gibt es so viele. „Das inbrünstige Gebet eines Gerechten
vermag viel." Der wertvollste Diener einer Versammlung
ist sicherlich der, welcher sie und ihre einzelnen Glieder
am meisten in treuem, wahrem Gebet vor den Herrn
bringt. Ein solcher Diener aber wird in seiner ganzen Einstellung
als Diener erkennbar sein. Ein solcher wird sicher
vermißt. Und diesen Dienst kann jeder üben. Der
Herr mehre und vertiefe unser aller Verständnis für den
Wert dieses Dienstes, und Er wirke bei uns Energie zur
Beseitigung von allem, das unsere Freimütigkeit zu inbrünstigem
und anhaltendem Gebet beeinträchtigen kann.
Ium Schluß wollen wir uns noch fragen: Was hin
— 120 —
terlasse ich im Kreise derer, die mich am Alltag kennen?
Was sind wir im Beruf? Ist das Wort „ehrbar" für uns
ein Begriff? Die Schrift kennt und nennt dieses Wort.
„Seid vorsorglich für das, was ehrbar ist vor allen
Menschen", schreibt der Apostel den Römern. (Kap. 12,
17. Vergl. auch 1. Thess. 4, 12.) Wir dürfen an diesem
Wort nicht vorbeigehen, wenn uns der Name Jesu und
Sein Zeugnis etwas gelten. Mögen wir uns nur nicht verhehlen
— wir tun es zum eigenen Schaden —, daß diese
Mahnung uns, den Gläubigen, gilt. W i r haben nötig,
daran erinnert zu werden. Das mag beschämend sein, aber
es ist die Wahrheit. Erlebten wir es nie, daß das zarte
Empfinden für das, was ehrbar ist vor allen Menschen,
in beschämender Weise bei uns oder in unserem Kreise fehlte?
Was hinterlasse ich, wenn die Art meiner Geschäftsführung
einen Zugriff nach menschlichem Recht vielleicht
nicht ermöglicht, dennoch aber jedem gesunden Billigkeits
empfinden Hohn spricht? Umfaßt das Wort „ehrbar vor
allen Menschen" nur das, was dem menschlichen
Richter entgeht? Die Schriftstelle: „Alle aber auch, die
gottselig leben wollen in Christo Jesu, werden verfolgt
werden" (2. Tim. 3,12), gilt heute wie immer. Werden
wir um des Namens Jesu willen geschmäht, glückselig
sind wir. (1. Petr. 4, 14.) Aber beschämend und demütigend
für uns alle ist, wenn etwas unter uns zutage tritt,
was nicht als „ehrbar vor allen Menschen" gelten kann.
Wir sind nicht lange auf dieser Erde. „Wir fliegen dahin."
Ob wir an irdischem Besitz viel oder wenig hinterlassen,
hängt letzten Endes nicht mit Sicherheit von uns ab. Noch
unsicherer ist, ob eine Hinterlassenschaft dieser Art denen,
welchen sie zusällt, überhaupt zum Segen gereicht. Fest
— 121 —
aber steht das Wort: „Das Gedächtnis des Gerechten
ist zum Segen". Der Glaube hat Jesum, den Herrn, zum
Gegenstand. Ihm gehören wir für Zeit und Ewigkeit. Ihm
zu dienen, ist die große und herrliche Aufgabe unseres Lebens,
denn „Er ist für alle gestorben, auf daß die, welche
leben, nicht mehr sich selbst leben, sondern Dem,
der für sie gestorben ist und ist auferweckt worden".
(2. Kor. 5, 15.) Entsprechen wir dieser hohen Berufung,
so können wir in Hinsicht auf unseren Nachlaß
getrost sein. Dann werden wir vermißt, wenn der Herr
Seine Knechte und Mägde heimruft.
Und sollten wir noch auf Erden leben, wenn der Herr
„mit gebietendem Zuruf" alle die Seinen miteinander inö
Vaterhaus holt, welch eine Ehre für Ihn — und auch für
uns —, wenn dann erkannt würde und anerkannt werden
müßte, daß viele wahre Lücken entstanden sind, und daß
der Sinn für Ordnung in jeder Hinsicht und für das, was
„ehrbar ist vor allen Menschen", am ausgeprägtesten war
bei denen, die bis dahin als die „Stillen im Lande" am
wenigsten Beachtung gefunden hatten!
Archtppus
Wo bist du, Archippus? Diese Frage steht nicht in der
Bibel, aber so möchte man hin und her in den Versammlungen
mitunter rufen, um jenen Gefühlen Ausdruck zu
geben, die, im Blick auf den allgemeinen Mangel an geistiger
Frische und Regsamkeit, in gewisser Hinsicht Ähnlichkeit
haben mit denen jener Prophetin in alten Tagen,
als sie sagte: „An den Bächen Rubens waren große Beratungen
des Herzens". (Richt. 5, 1b.) Da fehlte es nicht
122
an stillen, vielleicht sehr guten Gedanken und Erwägungen,
desto mehr aber an frischer, glaubensstarker Tat, Hand in
Hand mit dem Volke und zum Wohle desselben.
Doch von Archippus wollten wir reden. Wer war Ar-
chippus? In welcher Verbindung wird sein Name genannt?
War er alt oder jung? Hatte er einen besonderen
Dienst?
In Kol. 4,17 lesen wir: „Und saget Archippus: Sieh
auf den Dienst, den du im Herrn empfangen hast, daß du
ihn erfüllest". Und in seinem lieblichen, vertraulichen
Brief an Philemon erwähnt Paulus diesen Mann nicht
nur, sondern nennt ihn „unseren Mitkämpfer". Daraus
geht ohne weiteres hervor, daß Archippus alles andere
als ein tatenloser Denker war. Er soll auch keineswegs mit
den Männern an den Bächen Rubens verglichen werden.
Archippus war einer von denen, deren Liebe zu allen
Heiligen, in Verbindung mit dem Glauben an den Herrn
Jesus und der im Himmel aufbewahrten Hoffnung, dankbar
in den Gebeten des Apostels erwähnt wurde. Das war
jener liebliche Kreis, in dem der Beter Epaphras als erfolgreicher
Lehrer tätig gewesen war (Kol. 1, 7), jener
Epaphras, der auch später, als er nicht mehr unter ihnen
weilte, allezeit für sie rang in den Gebeten, auf daß sie stehen
möchten vollkommen und völlig überzeugt in al -
l e m Willen Gottes. (Kol. 4,12.) Er war ein umsichtiger,
sorgfältiger und dabei hingebender Diener. Sein Dienst
war nicht vergeblich gewesen. Die Versammlung in Ko-
lossä war in einem guten Zustande, war ein zubereiteter
Boden, fähig, die innerlich weiterführenden Unterweisungen
und Lehren des apostolischen Briefes aufzunehmen.
In dieser „gesunden" Umgebung lebte Archippus, ob als
— 123 —
Handwerker oder Kaufherr, Beamter oder Grundbesitzer,
Gesunder oder Kranker, wer weiß es? Ist auch Nebensache.
Er war einer von „den heiligen und treuen Brüdern
in Christo .. in Kolossä".
Nicht nur das. Archippus stand zweifellos dem Herzen
des Apostels besonders nahe. Hätte er sonst wohl in
seinem rein persönlichen Briefe an Philemon ihn als einzigen
der Brüder in Kolossä mit Namen genannt? Und der
Grund dazu? Wahrlich kein menschlicher. Der Kämpfer
Paulus schätzt den Mitkämpfer, ist ihm ohne weiteres
innerlich besonders verbunden. Könnte es anders sein?
Und daß Paulus dem Archippus durch die Versammlung
sagen läßt: „Sieh auf den Dienst, den du
im Herrn empfangen hast, daß du ihn erfüllest", ist doch
wohl ein Beweis des Vertrauens. In diesen Worten liegt
sowohl freundliche Ermunterung als auch ernste, treue
Ermahnung. Paulus kannte Archippus. Er hielt ihn ohne
Frage für einen Mann, der sich „etwas sagen ließ". Oder
könnten wir uns denken, daß Archippus beim Vorleser» des
Briefes, als mit einem Male sein Name genannt und er
also öffentlich ermahnt wurde, oder auch, wenn die Brüder
auftragsgemäß besonders an ihn herantraten, erregt
aufgesprungen und fortgegangen sei? Wohl kaum.
Müssen wir uns unter Archippus einen alten Bruder
vorstellen? Wer könnte das sagen? Die Schrift erwähnt
nichts davon. Jedenfalls war er kein „Neuling",
sondern bereits als „Mitkämpfer" von dem Apostel anerkannt.
Ob er ein Dreißiger, Fünfziger oder gar Siebziger
war, ist auch nebensächlich. Das den Archippus und seinen
Dienst Betreffende hat nichts mit einem gewissen Lebensalter
zu tun. Denn zu kämpfen mit dem und für das Evan-
r24
gelinm, sowie einen im Herrn empfangenen Dienst zu erfüllen,
ist nicht nur das Vorrecht und die Pflicht einer gewissen
Altersstufe, sondern aller, die dem Herrn angehören.
Daß es Dienste gibt, die in göttlicher Weisheit ausschließlich
den Alten zugewiesen sind, ist eine andere Frage.
Hatte Archippus einen besonderen Dienst? Ohne Frage.
Welchen? Wir wissen es nicht und — wissen es dennoch:
„den du — im Herrn — empfangen hast".
Beachten wir jedes Wort. Archippus hatte einen ganz persönlichen
Auftrag empfangen.
Der Gedanke könnte aufsteigen, daß Archippus das
Evangelium verkündigt habe, weil Paulus ihn Mitkämpfer
nennt. Aber das konnte Archippus (und das kann heute
jeder) auch sein, ohne daß er eine Begabung als Evangelist
besaß. Ob er die Lämmlein weidete, oder die Schafe hütete
und sie auf die Weide des Guten Hirten führte? Ob
er öffentlich diente als Lehrer oder zur Tröstung und Ermahnung,
oder in der Stille, vornehmlich durch Besuche
bei Kranken, Witwen und Waisen? Oder ob nichts von
alledem sein besonderer Dienst und er mehr der geeignete
Mann war, der örtlichen Versammlung durch guten Rat
und ebensolche Tat wertvolle Dienste zu leisten? Wie gesagt,
das wissen wir nicht und brauchen es auch nicht zu
wissen. Archippus wußte es. Er war keinen Augenblick im
unklaren, was das Wort des Apostels bedeutete. Er hatte
längst in stillen Stunden in der Gegenwart seines Herrn
Ohren und Herz geöffnet, den Auftrag seines Meisters gehört
und verstanden. Mehr als das. Er hatte gehorcht und
war dem Apostel und den Geschwistern bereits bekannt als
ein Bruder, der einen bestimmten Dienst vom Herrn empfangen
hatte. Vielleicht gab es manche, die einen ähn
— 125 —
liehen Dienst ausübten, jeder in seiner Weise. Aber Archippus
war Archippus. Was er tun, und wie er eö tun
sollte, das konnte kein anderer tun.
Im H e rrn, d. h. in seiner persönlichen Beziehung
zu seinem Herrn und entsprechend dieser persönlichen Beziehung,
hatte er seinen Dienst empfangen. Nicht von
Menschen, noch weniger aus eigener Wertschätzung oder
Überhebung. Ich stelle mir unter Archippus einen bescheidenen
Mann vor, der ohne Frage innigen persönlichen Umgang
mit seinem Herrn zu pflegen gewohnt war, und der
beim Gedanken an die eigene Schwachheit und Armseligkeit
gezittert haben mag im Blick auf die Ausübung des
ihm aufgetragenen Dienstes. So war er zurückhaltender,
als gut war. Und deshalb wohl der ermunternde und mahnende
Zuruf: „Sieh auf den Dienst ..., daß du ihn e r -
füllest". Liegt etwas Strafendes in diesen Worten? Es
scheint mir nicht, sondern vielmehr Liebe. Glücklicher Archippus!
Wie schön, daß die ganze Versammlung ihn ermuntern
durfte, und das im Auftrage des Apostels und
somit im Auftrage des Herrn. Ein Beweis, daß Archippus
wirklich ein vom Herrn berufener Diener war, ein
Mann, der nicht sich vordrängte, nicht sich selbst suchte, ein
Mann, den der Herr dafür kannte, daß es ihm nicht schade
te, wenn alle ihn ermunterten. Welche Freude aber muß es
für das Herz unseres teuren Herrn sein, wenn Er erlauben
darf, daß einem der Scinigen eine derartige Ermunterung
zuteil wird!
Ob es in unseren Tagen nicht noch manchen „Archippus"
gibt, dem dasselbe Wort zugerufen werden müßte?
Wer wollte es bezweifeln?
Zeder vom Herrn empfangene Dienst, welcher Art
— r2s —
er auch sei, soll, muß und wird dazu beitragen, daß „der
ganze Leib, durch die Gelenke und Bande Darreichung
empfangend und zusammengefügt, das Wachstum Gottes
wächst" (Kol. 2, ry), — wenn ererfüllt wird.
Darauf kommt es an. Durch die Nichterfüllung vieler,
nach menschlichem Ermessen vielleicht unwichtiger Dienste
gehen dem Volke Gottes Ströme von Segen verloren.
Archippus hatte nicht einen Dienst empfangen, um ihn
nach Gutdünken auszuüben oder zu unterlassen, sondern,
um ihn zu erfülle n. Aber, wohlgemerkt, nur „d e n
Dienst, den er im Herrn empfangen hatte", keinen
anderen.
Wenn nun schon in dem durch seine „Liebe zu allen
Heiligen" bekannten Kolossä ein Archippus des ermunternden
Zurufs bedurfte, wieviel mehr dann der „Archippus"
unserer Tage, dessen Umgebung längst nicht immer als
„gesund" zu bezeichnen ist. Nicht zu seiner Entlastung sei
dies gesagt. Er bleibt seinem Herrn verantwortlich, den
empfangenen Dienst zu erfüllen, welcher Art dieser auch
sei. Aber wir anderen sollten diesem Umstande Rechnung
tragen lind treulich bemüht sein, jeden „Archippus", auf
den der Herr uns aufmerksam macht, aus redlichem Herzen
freudig zu ermuntern.
Noch eins. Wer aus Bescheidenheit oder vielleicht rein
natürlicher Zaghaftigkeit sich zurückhält, soll keineswegs
mit den Leuten an den Bächen Rubens verglichen werden.
Echte Bescheidenheit ist eine Demutsblüte, Gott wohlgefällig,
während das Verhalten jener Männer, ihre tatenlose
Bequemlichkeit, alles andere als das Zeichen eines guten
Zustandes war. Und doch, Bescheidenheit hier, Bequemlichkeit
(oder gar Faulheit?) dort, grundverschieden
— 127 —
im innersten Wesen, beide können unter Umständen zum
gleichen Ziele führen: Ium Nichtstun. Wie ist es da am
Platz, in der Gegenwart Gottes geübte offene Herzen und
Augen zu haben, um zur rechten Zeit dem rechten Mann
das rechte Wort zu sagen, den „Archippus" zu ermuntern:
„Sieh auf den Dienst, den du im Herrn empfangen
hast, daß du ihn erfüllest."
Unterredungen über den Metten Brief
an die Korinther
XVI.
Kapitel 12
Am zehnten Kapitel haben wir gesehen, daß jeder
Diener Christi seinen sittlichen Zustand mit der ihm vom
Herrn anvertrauten Gabe in Einklang bringen, und daß
er persönlich Christum in dieser Welt darstellen muß. Der
Apostel verwirklichte dies, wie wir hörten, getreulich in seinem
Dienst. In dem soeben gelesenen Kapitel nun werden
zwei andere wichtige Punkte entwickelt, und zwar handelt
es sich hier um die Frage: W o rin best eh t die K ra ft
dL s Dienstes, und wo findet sich seine
Luelle?
Beschäftigen wir uns zunächst mit dem zweiten
Punkt, der Quelle des Dienstes, denn damit beginnt der
Apostel. Macht man sich klar, was der Dienst nach Menschenweise
ist, so erkennt man bald den gewaltigen Unterschied,
der zwischen menschlicher Vorstellung und einem
wirklich gottgemäßen Dienst besteht. Die Menschen, und
sogar viele Christen, meinen, sie würden dadurch Diener
Christi, oder sie könnten wenigstens die ihnen von Gott an
128
vertraute Gabe dadurch entwickeln, daß sie sich ein gewisses
menschliches, für jedermann in den Schulen erreichbares
Wissen aneignen. Das ist ein Irrtum. Die Quelledcs
Dienstes istnurimneuenMenschenzu finden; sie
hat nichts gemein mit dem, was sich der alte Mensch aneignen
kann. Der Apostel klärt diese Wahrheit im vorliegenden
Kapitel. Bei ihm ist keine Rede mehr von dem,
was er vor seiner Bekehrung war, wohlgemerkt also von
der Zeit, woher sein „großes Wissen" stammte. Er betrachtete
sich nicht mehr als in dem ersten Adam befindlich.
Aus diesem Grunde sagt er, wenn er von sich selbst spricht:
„Ich kenne einen Menschen in Christo". DaS
will sagen, daß sein Dienst in dem neuen Menschen seine
Quelle gefunden, und nicht in dem, was Saulus von Tarsus
zu den Füßen Gamaliels gelernt hatte. Um einen gottgemäßen
Dienst wirksam auSüben zu können, muß man
alles, was der Mensch in dieser Hinsicht hinzufügen könnte,
über Bord geworfen haben. Das hat Paulus von Anfang
an seit dem Damaskus-Wege gelernt. Da war es mit
seinem alten Menschen zu Ende; er war gerichtet und lag
im Staube. Der Ausgangspunkt des Apostels war der völlige
Ruin des ersten Adam, dem der Eintritt in ein ganz
neues Leben in Christo folgte. Er hat das in einem Auge
n b l i ck gelernt. Wir lernen es oft nur langsam und
mühevoll. Aus dem Grunde schreiben wir manchmal, wenn
wir in unserem Dienst irgendwie gesegnet werden, gern
das eine und andere unseren natürlichen Fähigkeiten zu.
Dadurch gehen wir aber oft der Segnungen verlustig, die
der Dienst des Herrn im Gefolge hat. Bei dem Apostel
fand sich nichts derart. Er wußte, daß das Kreuz Christi
der einzige Ort war, wohin das Fleisch mit all seinen Vor
129
rechten gehörte. So rühmte er sich nur des neuen Menschen,
rühmte sich, in Christo zu sein, und nirgend anders.
Es war vierzehn Jahre her, daß Paulus seine erste
Reise unternommen hatte, und es mag sein, daß ihm zu
Antiochien die außerordentlichen Dinge widerfahren waren,
von denen er in diesem Kapitel spricht. Um ihn in seinem
Dienst zu ermuntern, in welchem er so vielen Leiden
begegnen sollte, hatte Gott ihn in den dritten Himmel entrückt
und ihn dort unaussprechliche Worte hören lassen.
Es war überaus wichtig, daß der Apostel in die Gegenwart
der Vortrefflichkeit Christi im dritten Himmel gebracht
wurde, damit er, auf die Erde zurückgekehrt, nicht
in seiner Überzeugung wankend würde, daß es der Mühe
Mrt war, um Seinetwillen die größten Leiden zu erdul-.
den. Welch ein Ort ist nun der dritte Himmel, daß Paulus
dorthin versetzt wurde? Bekanntlich war die Stiftshütte,
das Abbild der himmlischen Dinge, das Gott dem
Mose auf dem Berge zeigte, in drei Teile geteilt: den Vorhof,
das Heilige und das Allerheiligste — alles Vorbilder
von Dingen, die sich außerhalb und überhalb der Erde befanden
bzw. befinden. Da war zunächst der Vorhof mit
seinem wichtigsten Gerät, dem ehernen Brandopferaltar,
einem Bild vom Kreuze, das sich in einem Sinne über die
Erde erhoben hat, denn der Herr Jesus hat selbst gesagt:
„Wenn ich von der Erde erhöht bin, werde ich alle
zu mir ziehen". Dort hat die Welt gleichsam erklärt, daß
nicht einmal für die Füße des Heilandes Platz auf dieser
Erde war. Man kann also wohl sagen, daß schon der erste
Teil der Stiftshütte in seiner vorbildlichen Bedeutung über
die Grenzen der irdischen Dinge hinausgeht. Es ist der Ort,
der uns bereits von der Welt trennt. Vom Vorhof gelangte
— rzo —
man in das Heilige, wo der Schaubrot-Tisch, der Leuchter
und der goldene Räucheraltar standen. Damit befinden
wir uns bildlich im Heiligtum, wo wir Gott in Christo dargestellt
werden und fähig sind, anzubeten, erleuchtet durch
den Heiligen Geist. Danach kam das Allerheiligste, das
ein Vorbild von dem dritten Himmel ist. Im Allerheiligsten
befanden sich die Lade und der Thron Gottes über dem
Versöhnungsdeckel. Auch in den dritten Himmel vermögen
wir durch den Geist, mitten durch den zerrissenen Vorhang
hindurch, einzutreten, denn dort finden wir den
Thron der Gnade. Aber der Apostel war in Wirklichkeit
dorthin entrückt worden, freilich ohne zu wissen, wie,
und er hatte dort Worte gehört, die anderen mitzuteilen
unmöglich war. Uns ist es nicht gegeben, in solcher Weise
dort einzutreten, denn wir haben nicht wie er einen göttlich
inspirierten Dienst empfangen, um den Menschen die
Geheimnisse Gottes zu verkünden. Aber für den Christen
gibt es einen noch vertrauteren Ort als den Thron,
und dieser Ort ist das Vaterhaus. Wenn wir also auch nicht
Offenbarungen haben, wie sie in solcher Vollendung der
Apostel allein gehabt hat, so hat Gott uns doch das Verborgene
Seiner Wohnung geöffnet, wo wir über die Gegenwart
Christi sinnen können, der uns den Väter geoffenbart
hat. Freilich vernehmen wir da keine unaussprechlichen
Worte, aber dafür genießen unsere Seelen die Gemeinschaft
mit dem Vater und mit Seinem Sohne Jesus Christus.
Wenn wir einmal leiblich dort weilen werden, wird
es ohne Iweifel ganz anders sein, denn dann werden wir
in allem und für immer Ihm gleich sein in der Herrlichkeit;
immerhin können wir uns aber auch jetzt schon dieses
gesegneten Orts erfreuen.
Wenn der Apostel davon spricht, in Christo zu sein,
so sagt er: „Wer einen solchen werde ich mich rühmen;
über mich selbst aber werde ich mich nicht rühmen, es sei
denn meiner Schwachheiten". (V. 5.) Er unterscheidet also
zwischen „einem solchen" und sich selbst. Er weiß wohl,
was geschehen wäre, wenn er, aus dem dritten Himmel
kommend, sich selbst überlassen geblieben wäre; denn dann
hätte er sich dessen gerühmt, dort gewesen zu sein. Die Gefahr
bestand für ihn nicht darin, im dritten Himmel z u
sein, sondern von dort herabzukommen. Solange
er droben war, bewahrte er durchaus seinen Platz,
aber nachdem er wieder auf diese Erde herabgestiegen war,
hätte das Außergewöhnliche der Offenbarung ihn leicht
hochmütig machen können. Um ihn vor Einbildung und
Ruhmrederei zu bewahren, sendet Gott ihm einen Engel
Satans, um ihn derart zu schlagen, daß er in den Augen
derer, an die er sich wandte, wohl als ein Gegenstand der
Verachtung erscheinen konnte. Deshalb konnten die falschen
Apostel von ihm sagen: „Die Gegenwart des Leibes
ist schwach und die Rede verächtli ch". Und den Galatern
schreibt er selber: „Ihr wisset aber, daß ich in
Schwachheit des Fleisches euch ehedem das Evangelium
verkündigt habe; und meine Versuchung, die
in meinem Fleische war, habt ihr nicht
verachtet noch verabscheut". (Kap. 4, 13. 14.)
So wird Satan, wie einst für Hiob, auch für den Apostel
das Mittel zur Segnung. Anstatt vom Wege der Abhängigkeit
abzuweichen, folgt er den Spuren seines Heilands in
Gethsemane. Dort hatte Jesus dreimal gebetet, daß der
Kelch an Ihm vorübergehen möge. Ebenso hat Paulus
dreimal zum Herrn gefleht, daß die Prüfung von ihm
— rZ2 —
genommen würde. Abermals hatte Satan sich getäuscht.
Er hatte gehofft, das Evangelium in der Person des Dieners
verächtlich machen zu können, aber Gott sagt: „Meine
Gnade genügt dir, denn meine Kraft wird in Schwachheit
vollbracht".
Hier nun finden wir die Beantwortung unserer zweiten
Frage: Worin besteht die Kraft des Dienstes? Gott
selbst gibt die Antwort darauf. Er sagt: Du mußt in dir
selbst kraftlos sein, damit meine Kraft sich in dir
entfalte. Das ist wahr für uns alle. Wir finden nur dann
Kraft in unserem Dienst, wenn wir in unseren Augen
nichts sind. Dem gibt der Apostel im U. Verse Ausdruck,
wenn er sagt: „Ich habe in nichts den ausgezeichnetsten
Aposteln nachgestanden, wenn ich auch nichts bi n".
Ich frage mich: Ist wohl einer unter uns, der in voller
Aufrichtigkeit von sich selbst sagen könnte: „Ich bin
nichts"? Die Schrift redet von einzelnen Männern, deren
Verhalten in bemerkenswerter Weise bewiesen hat, daß sie
nichts von sich hielten. Johannes der Täufer gehört zu ihnen.
Auf die Frage, wer er sei, antwortet er: „Ich bin die
Stimme eines Rufenden in der Wüste". Gott redet
durch meine Stimme, aber ich selbst bin nichts.
Nun zu den Schwachheiten! Ebenso wie ich, sagt
Paulus, mich eines Menschen in Christo rühme, so werde
ich mich meiner Schwachheiten rühmen, auf
daßdie Kraft des Christus über mir wohne.
Ich unterziehe mich den Schlägen des Engels Satans, ich
willige darin ein, nichts zu sein, ich schrecke nicht vor dem
Leiden zurück, wenn nur diese Kraft mich nicht verläßt.
„Mein Tausend ist das ärmste in Manasse", sagte einst
Gideon, „und ich bin der Jüngste im Hause meines Va
— IZZ —
ters". Da gab ihm ein Wort des Engels Kraft. Wenn man
dagegen, wie Simson, auf die eigene Kraft vertraut, wird
man leicht eine Beute des Feindes. So kann es auch mit
uns gehen. Wenn wir das Gefühl unserer Schwachheit
und unseres Nichts verlieren und auf uns selbst oder auf
die Gaben vertrauen, die Gott uns gegeben hat, so hat die
Kraft uns bereits verlassen, ohne daß wir es vielleicht, wie
Simson, wissen. Darum sagt der Apostel: „Deshalb habe
ich Wohlgefallen an Schwachheiten, an Schmähungen, an
Nöten, an Verfolgungen, an Ängsten für Christum; denn
wennich schwach bin, dann bin ichstar k". (V.
10.) Er sagt nicht: Ich ertrage sie, ich nehme sie an. Nein,
er hat Wohlgefallen an ihnen; es ist seine Freude,
im Hinblick auf das zu erreichende Ziel zu leiden, und weil
er weiß, daß das Geheimnis der Kraft seines Dienstes
in der Schwachheit liegt.
Im Anfang dieses Kapitels haben wir also einen
Menschen in Christo gesehen, sowie die in seinem Dienst
geoffenbarte Kraft. Am Ende desselben (V. 20 und 21)
finden wir dagegen nicht mehr die Früchte des Geistes im
Herzen des Erlösten, sondern die Früchte des Fleisches,
Früchte, die uns erröten machen. Der Apostel muß schreiben:
„Ich fürchte, daß, wenn ich komme, ich euch etwa
nicht als solche finde, wie ich will, und daß ich von euch als
solcher erfunden werde, wie ihr nicht wollt: daß etwa
Streitigkeiten, Neid, Zorn, Zänkereien, Verleumdungen,
Ohrenbläsereien, Aufgeblasenheit, Unordnungen vorhanden
seien; daß, wenn ich wiederkomme, mein Gott mich curet-
. halben demütige, und ich über viele trauern müsse, die zuvor
gesündigt und nicht Buße getan haben über die Unreinigkeit...,
die sie getrieben haben."
— rZ4 —
Die Korinther hatten, so begabt sie waren, nach dem
Fleische gewandelt, und es war nicht nur ein einzelner —
„der Böse" — unter ihnen, der gesündigt hatte. Viele von
ihnen hatten Ähnliches getan, die dann scheinbar von ihren
Verirrungen zurückgekommen waren. Aber ihre Gewissen
waren nicht erreicht, und wahre Buße war in ihren Herzen
nicht hervorgebracht worden. Wie ernst ist das alles!
So wie wir fähig sind, in der Kraft des neuen Menschen
zu leben, so können wir auch einen Weg des Fleisches gehen,
während wir mit den Kindern Gottes wandeln und
solche betrüben, denen die Verherrlichung ihres Heilands
am Herzen liegt. Möchten wir doch Sorge tragen, aus unserem
Leben alles zu entfernen, was nicht mit dem Wesen
Christi übereinstimmt, damit unser Verhalten Ihn verherrliche!
Möchte es der Wunsch unser aller Herzen sein,
dem neuen Menschen gemäß und in Seiner Kraft zule -
ben!
„Glieder Seines Leibes"
Von C. H. Spurgeon
„Mr sind Glieder Seines Leibes, von Seinem Fleische
und von Seinen Gebeinen." (<Lph. 5, 30.)
Was sichert uns unser Schriftwort zu?
Vor allen Dingen, so kommt es mir vor, sichert es
einem jeden von uns, der zu diesem Leibe gehört, ewige Erlösung
zu. Wir kennen das oft gebrauchte Gleichnis, daß
man die Füße eines Menschen, dessen Haupt über das
Wasser emporragt, nicht ertränken kann; und solange mein
Haupt in der Herrlichkeit thront, ist es nicht möglich, daß
ich ertrinke, wiewohl ich kaum die Sohle Seines Fußes
und nicht mehr wert bin, als daß ich in den Staub getre
— zzs —
ten werde. Steht denn nicht geschrieben: „Weil ich lebe,
werdet auch i h r leben" — ihr alle, die ihr eins seid mit
Ihm? Der Gedanke, Christus möchte Glieder Seines Leibes
verlieren, kommt mir seltsam und schrecklich vor. Wandelt
Er und vertauscht Er Seine Glieder wie gewisse Wassertiere,
die ihre Glieder abstoßen und neue hervorsprossen
lassen? Ich traue Christo zu, daß es sich mit Ihm, dem
letzten Adam, nicht also verhält. Wird und kann Er Seine
Glieder verlieren? Kann Er auch nur ein einziges Glied
verlieren? Dann kann Er auch alle verlieren. Aber gerade
hierin liegt unsere Sicherheit. „Ich gebe meinen Schafen
ewiges Leben, und sie gehen nicht verloren ewiglich, und
niemand wird sie aus meiner Hand rauben." Ich weiß,
daß etliche diese köstliche Wahrheit in die unselige Lüge
verkehrt haben, der Christenmensch möge leben, wie er nur
immer wolle, so werde er doch selig. Nichts von einer solchen
Lehre findet sich in den Blättern des heiligen Buches.
Die Lehre von der Erlösung der Heiligen ist etwas ganz
anderes. Dazu gehört, daß der erneuerte Mensch lebt nach
Gottes Willen, beharrt in der Heiligung und auf Gottes
Wegen wandelt, bis er anlangt bei der seligen Vollkom
menheit seines Herrn, indem er „verwandelt wird nach
demselben Bilde von Herrlichkeit zu Herrlichkeit, als durch
den Herrn, den Geist". Ich sehe in der Errettung jeder
mit Christo vereinigten Seele einen kräftigen Grund für
den Glauben.
Ich sehe hierin aber auch einen sehr lieblichen Gedanken.
Wenn ich mit Christo verbunden bin, dann genieße ich
gewiß vor allen Dingen Seine Liebe. Als ich über unser
Schriftwort nachdachte, war mir ganz besonders tröstlich
der ganz nahe damit verwandte Ausspruch: „Niemand hat
— 136 —
jemals sein eigenes Fleisch gehaßt". Ich erfaßte denselben,
und mein betrübtes Herz rief laut: „Gewißlich wird
der Mensch Jesus Christus nimmermehr Sein eigenes
Fleisch hassen". Wenn wir Glieder Seines Leibes sind,
von Seinem Fleische und von Seinen Gebeinen, dann
kann Er wohl züchtigen und zurechtweisen und schwere Leiden
auferlegen, so daß wir laut aufschreien; Er kann uns
vielleicht sogar ins Feuer der Trübsal werfen und den Ofen
siebenmal heißer machen als heiß. Nie und nimmer aber
kann Er Sein eigenes Fleisch hassen und verabscheuen. Allezeit
bleibt die Liebe in Seinem Herzen. Ich hasse keinen
Teil meines Leibes, auch dann nicht, wenn er mich
schmerzt. Ich hasse ihn nicht, sondern liebe ihn noch immer,
er ist ja ein Teil meines Ichs; und so liebt Jesus die
Seinen.. Er hat die Seinen geliebt, die in der Welt waren;
Er liebte sie bis ans Ende, und Er hat uns Sein Zeugnis
hinterlassen: „Gleichwie der Vater mich geliebt hat.
Habe auch ich euch geliebt; bleibet in meiner Liebe!"
Noch ein anderer Gedanke entspringt aus unserer
Betrachtung. Der Apostel sagt weiter: „Niemand hat jemals
sein eigenes Fleisch gehaßt, sondern er nährt und
pflegt es, gleichwie auch der Christus die Versammlung".
(Eph. 5, 29.) O diese drei Wörtchen: Er nährt es!...
Aber begnügt euch nicht mit der Ernährung allein,
sondern geht weiter und bittet um Pflege. Bittet um
diese beiden Zeichen um dieser gütigen Worte willen, die
nur den Heiligen bekannt sind und keinen anderen, denn
„das Geheimnis Jehovas ist für die, welche Ihn fürchten,
und Sein Bund, um ihnen denselben kundzutun".
Geht und bittet um diese beiden Liebesbeweise, so werdet
ihr genährt und gepflegt. Ein guter Hausvater bringt nicht
— rZ7 —
nur em wenig Brot und Fleisch ins Haus und wirft es hin
und spricht: „Hier habt ihr was zu essen". O nein, er begleitet
die Speise, die er herbeischafft, mit freundlichen,
liebevollen Worten und zärtlichem Benehmen, und damit
pflegt er ebensowohl, als er nährt. Und so gibt auch euer
Herr nicht nur Brot zu essen, von dem die Welt nichts
weiß, sondern Er gibt es auch mit aller Seiner Leutseligkeit
und Lieblichkeit und mit der Menge Seiner zarten
Gnadcngaben. Denn Er weidet uns auf grüner Aue und
führet uns zu frischen Wassern. Er leitet uns liebevoll, wie
ein Hirte seine Herde leitet. So freuet euch denn, daß eure
Nahrung und Pflege euch zugesichert ist.
Noch eins. Wenn wir Glieder Seines Leibes sind,
von Seinem Fleisch und von Seinen Gebeinen, dann stellt
Er uns sich einst dar ohne „Flecken oder Runzel oder etwas
dergleichen"; denn der ganze Leib muß so dargestellt
werden. Ach, unserer Flecken sind so viele, und sie beflek-
ken unsere Schönheit arg! Brüder, ich denke gar nicht gern
an meine Flecken. Ich wünschte, an mir haftete auch nicht
der geringste Makel. Ach, und unsere Runzeln! Wir wollen
nicht so leichthin von ihnen sprechen. Es ist sogar traurig,
daß an des Geliebten Pfleglingen auch nur ein einziger
Makel sollte zum Vorschein kommen. Und es ist die allerärgste
Runzel im Antlitz eines Menschen, wenn er seine
Runzeln gar nicht erkennt und nicht über sie trauert. Aber
Flecken und Runzeln sind leider vorhanden. Ich hoffe, wir
sagen nicht: „Ja, sie sind vorhanden", und fügen dann
hinzu: „Und sie müssen da sein". Nein, sie sollen eben nicht
da sein. „Jeder, der aus Gott geboren ist, tut nicht Sünde."
Wenn wir unserem Meister so dienten, wie Er es verdient,
so würden wir nicht sündigen, sondern unser Leben
— 138 —
wäre vollkommen; und darum ist's unsere tägliche Last,
daß sich allezeit noch Flecken und Runzeln an uns zeigen;
und das ist unser Trost, daß Er Sich uns einst in Wahrheit
darstellen wird heilig und untadelig, ohne „Flecken
oder Runzel oder etwas dergleichen".
Schauen darf ich Ihn von Angesicht
Im reinen Himmelslicht,
Der mich erkaufte, mit Seinem Geist taufte.
Wie wird mir sein!
Sund' und Mängel sind dann abgetan;
Wir alle können dann
vollkommen lieben und uns beständig üben
Im Lob des Herrn!
Das wird wahrlich Seligkeit sein, dahin zu kommen,
daß wir „das Bild des Himmlischen tragen" und vollkommen
sind, gleichwie Er vollkommen ist.
Und dann erinnert euch, daß wir teilhaben werden an
aller Herrlichkeit, die Christus besitzt. Ihr könnt einen
Helden, der aus dem Kriege heimkehrt, nicht ehren mit den
Worten: „Großer Heerführer, wir ehren dein Haupt".
Nein, der die Feldschlachten geschlagen und den Sieg gewonnen
hat, wird als ganzer Mensch dafür geehrt. Und
wenn der Meister endlich Sein Werk völlig vollendet hat,
dann wird Seine Freude vollkommen sein. Als der große
Sieger wird Er vor uns stehen, und wir gehen mit
ein zur Freude unseres Herrn. Sitzt Er auf einem Thron?
Er hat gesagt, wir sollen mit Ihm sitzen auf Seinem
Thron. Hat Er überwunden? Auch wir sollen den Palmzweig
tragen. Alles, was Er hat, daran sollen auch wir
teilhaben. Sind wir nicht Erben Gottes und Miterben
Christi? Meine Seele möchte ungeduldig diesem Leibe entrückt
werden, wenn sie an die Herrlichkeit denkt, die an uns
geoffenbart werden soll — nicht allein an Petrus und
— rzy —
Paulus, sondern an uns. Ihr armen Geschöpfe, ja, ihr armen
Geschöpfe, die ihr täglich mit Schwachheiten und Anfechtungen
so schwer ringen müßt, ihr werdet mit Ihm
sein, wo Er ist, und ohne Aufhören Seine Herrlichkeit
schauen. „Also werden wir allezeit bei dem Herrn sein. So
ermuntert nun einander mit diesen Worten."
Wenn ihr aber nicht in Ihm ruht, wenn Sein Blut
euch nie besprengte, dann seid ihr schon gerichtet, weil ihr
nicht geglaubt habt an den Sohn Gottes. Mögen eure Augen
keinen Schlaf, und mag euer Herz keine Ruhe finden,
bis ihr sprecht: „Ich will mich aufmachen und zu meinem
Vater gehen und will zu Ihm sagen: Vater, ich habe gesündigt!"
Geht hin, beruft euch auf Sein Blut und Sein
Verdienst, so werdet ihr leben; und dann werdet auch ihr
imstande sein, mit den Heiligen zu sprechen: „Wir sind
Glieder Seines Leibes, von Seinem Fleische und von Seinen
Gebeinen".
Stimmen zum „Gebet des Herrn"
(Lvang. Joh. z?)
Sinnend über dieses Gebet ruft Melanchthon aus:
„Reine würdigere, keine heiligere, keine fruchtbarere, keine
erhabenere Stimme ist jemals in, Himmel und auf Erden gehört
worden als dieses Gebet des Sohnes Gottes selbst!"
Luther preist:
„Ls ist fürwahr ein aus der Maßen heftig, herzlich Gebet,
darinnen Er den Abgrund des Herzens, beide, gegen uns und Seinen
Vater, eröffnet und ganz herausschüttet. So schlicht es klinget,
so tief, reich und weit ist es, daß niemand ergründen kann."
Bengel sagt:
„Dies f 7. Kapitel ist in der ganzen Schrift den Worten nach
das leichteste, dem Sinne nach das tiefste."
Spener ließ sich das Gebet auf seinem Sterbebett dreimal
vorlesen. Darüber zu predigen, hat er während seines vierzigjäh
— 140 —
rigen wirkens niemals den Mut gehabt, trotzdem er dieses Kapitel
sehr liebte. Er bezeugte, daß er dazu nicht imstande sei.
Tholuck schreibt:
„Zwar war das ganze göttliche Dasein des Erlösers nur ein
einziges unausgesprochenes Gebet zum Vater, denn Sein Innerer
war immer im Aufblick und in der Beziehung zu Ihm. Oftmals aber
sprach Er laut die inneren Beziehungen Seines Lebens aus, uni
auch die Seinigen in das Heiligtum Seines Inneren einzufiihren.
So wollte Er auch hier zum Schluß Seinen Jüngern einen bleibenden
Eindruck der Göttlichkeit Seines Werkes und der Innigkeit
Seiner Liebe hinterlassen."
Ein holländischer Bruder erwähnte in einem seiner Vorträge
über dieses Kapitel, daß er einst mit einen: alten Bruder ein Gespräch
über den Tag des Herrn gehabt habe. Da habe ihm der
alte Bruder gesagt, er wolle ihm etwas erzählen, was er noch niemand
mitgeteilt habe: Seit dreißig Jahren lese er jeden Sonntag
vor der Zusammenkunft für sich selbst das s7. Kap. des Johannes-
Evangeliums. Allezeit sei es ihm neu, frisch, kostbar gewesen.
Immer wieder habe er einen neuen Segen erhalten.
Haben wir da nicht manches versäumt?
Erhalt uns, Herr, Sei Seinem ^?ort!
verleih' uns, Herr, in dieser Zeit der wirren,
Daß wir von Deiner Bahn uns nicht verirren!
Laß keine Macht Dein heil'ges Wort uns rauben!
Stärk' uns im Glauben!
will uns das Herz in dieser Zeit erkalten,
wo Eigennutz und Weltlust herrschend walten,
Dann duld' es nicht, und schenk' ihm neue Triebe
Seliger Liebe!
Kannst Du uns, Herr, auch Trübsal nicht ersparen,
So laß uns Deines Geistes Kraft erfahren,
Daß wir nicht zagen, was uns auch betroffen,
Hilfe zu hoffen!
So führ' in Gnaden uns auf lichten wegen
An Deiner treuen Hand dem Ziel entgegen,
Dem Vaterhaus, wo rauscht zu ew'gen Wonnen
Dein Lebensbronnen!
Jul. Sturm
„Kür mich und dich"
(Matth. 77, 27)
Es gibt in der Geschichte der irdischen Laufbahn unseres
Herrn einzelne Ereignisse von besonderer Lieblichkeit.
Ohne Zweifel ist alles, was wir von Ihm hören, vollkommen.
Seine Worte und Werke waren ausnahmslos ein
duftender Wohlgeruch für Seinen Gott und Vater. Mit
der Braut im Hohenliede können wir von Ihm sagen:
„Alles an Ihm ist lieblich". Aber dennoch gibt es Szenen,
die in besonderer Weise zu unseren Herzen reden, Szenen,
in denen die Strahlen des kostbaren Diamants in hervorragend
lieblicher Weise leuchten. Eine von diesen finden
wir am Schluß von Matth. 77.
Der Herr kommt mit Seinen Jüngern nach Kaperna-
um, und die Einnehmer der Doppeldrachmen (einer jüdischen
Kopfsteuer für den Tempel) treten an Petrus heran
mit der Frage: „Zahlt euer Lehrer nicht die Doppeldrachmen?"
„Gewiß", antwortet dieser in seiner vorschnellen
Art.
Petrus liebte seinen Herrn und glaubte an Ihn als
den verheißenen Messias. Aber er war noch nicht fähig,
sich zu den Gedanken Gottes über Seinen Sohn zu erheben.
Obwohl er kurz vorher auf dem Berge der Verklärung
die Herrlichkeit des Herrn gesehen und aus der lichten
Wolke die Worte vernommen hatte: „Dieser ist mein geliebter
Sohn, an welchem ich Wohlgefallen gefunden habe",
denkt er nicht mehr daran, sondern sieht in Jesu nur
den guten, frommen Juden, der sich sicher nicht weigern
dXXXIII 6
— 142 —
wird, die schuldige Summe für die Unterhaltung des Tempels
beizusteuern. Und ohne es für nötig zu halten, den
Herrn zu befragen, gibt er den Einnehmern der Steuer eine
bejahende Antwort.
Doch als er ins Haus treten will, kommt ihm der
Herr mit der Frage zuvor: „Was dünkt dich, Simon?
von wem erheben die Könige der Erde Zoll oder Steuer,
von ihren Söhnen oder von den Fremden?" Welch gnädige
Worte! Oft hatte Simon sich schon vorgedrängt, und immer
wieder hatte er seine Torheit erkennen müssen. Aber
kein Wort des Tadels kommt hier über die Lippen des
Herrn. Kein Vorwurf trifft den vorschnellen Jünger. Waü
dünkt dich? Solltest du dich nicht vielleicht irren, Simon?
Der Herr wußte alles. Ob Er die Unterhaltung zwischen
Petrus und den Steuereinnehmern gehört hatte, wird uns
nicht gesagt; aber mochte Er sie gehört haben oder nicht,
Ihm war alles bekannt. „Was dünkt dich? von wem erheben
die Könige der Erde Zoll oder Steuer, von ihren
Söhnen oder von den Fremden?" Was mochte der Herr
mit dieser Frage bezwecken? Wollte Er nicht Seinen Jünger
daran erinnern, wer es war, der vor ihm stand, mit
dem zu wandeln er das unermeßliche Vorrecht hatte? Es
war der Sohn des Königs selbst, der Herr des Tempels.
War es in der Ordnung, dem Sohn des Königs Steuer
aufzuerlegen? Geziemte es sich, den Herrn des Tempels
zu einem Beitrag für diesen Tempel aufzufordern?
Aber das ist nicht alles. Als Petrus ganz richtig antwortet:
„Von den Fremden", sagt der Herr: „Demnach
sind die Söhne frei". Er sagt nicht: Demnach ist der
Sohn frei. Nein, Er stellt in bewundernswerter Gnade
Seinen so verständniöarmen Jünger mit Sich auf einen
— 14Z —
Boden. „Demnach sind dieSöhne frei" — ich und du,
Petrus; wir sind beide Söhne des Herrn des Tempels.
Teurer Heiland! Anstatt Petrus zu tadeln, erinnerst Du
ihn in der zartesten Weise an die Herrlichkeit Deiner Person
und an die innige Verbindung, in welche Du mit den
Deinigen getreten bist. „Der, welcher heiligt, als auch die,
welche geheiligt werden, sind alle voneinem; um welcher
Ursache willen Er sich nicht schämt, sie Brüder zu
nenne n." Und wiederum: „Ich und die Kinder,
die Gott mir gegeben hat." (Hebr. 2, 1 l—13.)
„Auf daß wir ihnen aber kein Ärgernis geben." Wieder
macht sich der Herr mit Seinem Jünger völlig eins.
Indem Er sich freiwillig den Forderungen unterwirft, die
eigentlich „die Fremden" zu erfüllen hatten, versetzt Er
die Seinigen mit Sich in alle Seine Vorrechte als Sohn.
Welch ein rührender Ausdruck der göttlichen Gnade! Welch
eine wunderbare, göttliche Herablassung! Wahrlich, nur
Er, der Vollkommene, war fähig, Sich also zu offenbaren.
„Auf daß wir ihnen aber kein Ärgernis geben, geh an
den See, wirf eine Angel aus und nimm den ersten Fisch,
der heraufkommt, tu seinen Mund auf, und du wirst einen
Stater finden." —
Steh hier einen Augenblick still, mein Leser, rind betrachte
mit mir die gesegnete Person Dessen, der aus dem
Himmel hernkedergekommen ist und, obwohl Gott von
Ewigkeit, Fleisch und Blut angenommen hat. Da steht
der Sohn des Menschen vor uns in all Seiner freiwillig
auf Sich genommenen Erniedrigung und Armut. Er hatte
nicht, wo Er Sein Haupt hinlegen sollte. Er besaß nicht
einmal die geringe Summe, die zur Bezahlung der Tempelsteuer
nötig war. Als der Allerniedrigste und Ärmste
144
pilgerte Er durch diese Welt. Und doch war Er der Schöpfer
des Weltalls, der Herr des Himmels und der Erde, der
Gebieter über alle erschaffenen Wesen. Als solcher sendet
Er hier Petrus an den See und gebietet ihm, die Angel
auszuwerfen; und der erste Fisch, der anbeißt, trägt das
Geldstück in seinem Maule, das für die augenblicklichen
Bedürfnisse genügt. Ein Tier, bei dem man zu allerletzt
Gold oder Silber vermutet hätte, muß auf das Geheiß des
Sohnes des Menschen den Stater bringen, „auf daß Er
den Menschen kein Ärgernis gebe".
Welch eine Vereinigung von Niedrigkeit und Majestät!
Wie strahlt hier durch das niedrige Gewand des
menschlichen Fleisches die Größe und Herrlichkeit des Sohnes
Gottes hindurch! „Wir haben Seine Herrlichkeit angeschaut",
sagt Johannes, „eine Herrlichkeit als eines Eingeborenen
vom Vater." Die Welt sah diese Herrlichkeit
nicht. Sie hatte kein Auge dafür. Sie erblickte nur den
Sohn des Zimmermanns. Aber „der Glaube schaut's und
betet an". Das Auge des Glaubens ruht mit staunender
Bewunderung auf dem Mann „ohne Ansehen", dem a r -
men Jesus (2. Kor. 8, 9), in welchem die ganze Fülle der
Gottheit leibhaftig wohnte. Glückselig ein jeder, dessen
Augen erleuchtet sind, um zu sehen!
Er, der reich war, ist um unsertwillen arm geworden.
Er, der einst sprach: Es werde! und es ward, der da befahl,
und es stand da, wandelte hienieden wie einer der
Menschen und unterschied sich äußerlich in nichts von Seinen
Jüngern. „Er hatte kein Ansehen, daß wir Seiner begehrt
hätten", sagt der Prophet. Er, der sagen konnte:
„Silber und Gold ist mein", der alles besaß, kam auf
diese Erde und hatte nichts. Wenn wir hierüber nachdem
145
ken, mein Leser, und wenn wir mit einem durch den Geist
Gottes erleuchteten Auge unseren teuren Herrn betrachten,
so können wir ein wenig davon ahnen, welch eine Wonne
das Vaterherz in dem Geliebten finden mußte, der freiwillig
aus der Herrlichkeit herabgestiegen war, um den Wil
len des Vaters zu tun, Ihn zu verherrlichen und Sein Herz
zu offenbaren.
Doch was wollen wir sagen, wenn wir sehen, wie der
Herr Jesus Seine Person und Seinen erhabenen Namen
auf das innigste mit Seinem schwachen Jünger verbindet,
wenn Er ihn so ganz mit Sich einsmacht? „Du wirst einen
Stater finden; den nimm und gib ihnen für mich und
dich." O, dieses Wort aus Jesu Mund hören zu dürfen!
Neben so manchen anderen hohen Offenbarungen durfte
Petrus auch diese „holdseligen" Worte (Ps. 45, 2) von
den Lippen des Herrn vernehmen. Ob er ihren tiefen Sinn
in jenem Augenblick verstanden hat? Wohl kaum. Er wird
es aber, wie so manches andere, hernach verstanden haben.
Sicherlich wird sein Herz in späteren Tagen manchmal höher
geschlagen haben, wenn er sich jener Szene erinnerte,
bei der er selbst so wenig Verständnis bewiesen, aber die
göttliche Güte, Herablassung und Freundlichkeit seines
Herrn umso reicher erfahren hatte.
„Fürmichund dich!" -— „Ich und die Kinder!"
Die Liebe nimmt ihren Gegenstand da, wo sie ihn
findet, sei es im Schlamm der Sünde oder in der Offenbarung
größter Unwissenheit und Ohnmacht, und gibt ihm
einen Platz in ihrer nächsten Nähe, an ihrer Seite. Sie
verbindet sich mit ihm, unbekümmert darum, was andere
davon sagen und denken mögen. Mag der Mensch sich ärgern
und stoßen, mag er spotten und lästern — die Liebe
— r4b —
sucht Zöllner und Sünder, arme und ungelehrte Menschen,
Blindgeborene und Bettler, Aussätzige und Besessene, errettet
und befreit sie und erhebt sie dann auf den Boden
der innigsten Gemeinschaft mit sich selbst.
„Für mich un d d i ch." — Ist es dir eine stets neue
Freude, mein gläubiger Leser, daß der Herr der Herrlichkeit
Sich unauflöslich mit dir verbunden hat? Daß Er gleichsam
sagt: Ich und dieses schwache, arme, irrende Wesen gehören
zusammen, sind eins, jetzt schon eins und eins in alle Ewigkeit?
Ist es deine tägliche Speise, daran zu denken, daß Er
Sich mit dir verbunden hat trotz all deiner Schwachheit und
Ohnmacht und auch in alledem, was deinen Weg mühselig
und dornenvoll gestalten mag? Und erinnerst du dich wieder
und wieder daran, weres ist, der Sich so mit dir verbunden
hat? Daß Er der Herr vom Himmel ist, Gottes
Sohn, Dessen Thron unerschütterlich ist, der Wind und
Wogen Schweigen gebietet, „der die Wasser gemessen hat
mit Seiner hohlen Hand und die Himmel abgegrenzt mit
der Spanne, und den Staub der Erde in ein Maß gefaßt
hat und die Berge mit der Waage gewogen und die Hügel
mit Waagschalen..., der da thront über dem Kreise der
Erde, und ihre Bewohner sind wie Heuschrecken; der die
Himmel ausgespannt hat wie einen Flor, und sie ausgebreitet
wie ein Zelt zum Wohnen; der die Fürsten zu nichts
macht, die Richter der Erde in Nichtigkeit verwandelt"?
(Jes. 40.)
Wunder über Wunder, daß dieser hohe und gewaltige
Herr, Schöpfer und Erhalter des Weltalls, auf dieser
Erde war in Niedrigkeit und Schwachheit, daß
Er aus persönlicher Erfahrung weiß, wie es dem Armen
zumute ist, war Er doch selbst arm und von allen Mitteln
147
entblößt; daß Er weiß, was leiden heißt, war Er doch „ein
Mann der Schmerzen und mit Leiden vertraut"; daß Er
weiß, wie weh es tut, mißverstanden, verkannt, verhöhnt
und selbst von den Seinen verlassen zu werden, und wie
tief es schmerzt, wenn man für Liebe Haß erntet, oder
wenn alle Mühe und Arbeit vergeblich zu sein scheint, —
hat Er doch dies alles erfahren, und zwar unendlich mehr,
als je ein Mensch es erfahren kann. (Vergl. Ps. 41, y;
Jes. 4Y, 4. 5.)
Und welch köstliches Vorrecht, zu wissen: Er ist auch
der gute Hirte, der Sein Leben gelassen hat für Seine
Schafe, der sie liebt mit göttlicher Liebe, der sie nährt und
pflegt mit unermüdlicher Sorgfalt; zu wissen: Er ist voller
Erbarmen, Langmut und Geduld; Er ist allezeit vor
Gott für uns beschäftigt; Er verwendet Sich für uns; Er
stellt uns wieder her, wenn wir gefehlt haben, und Er
führt uns dem Vaterhaus zu.
Alles das ist Er, und alles das tut Er; und mit diesem
Herrn sind wir schon in dieser Welt unauflöslich verbunden.
Er schämt Sich nicht, uns Seine Brüder zu nennen.
Er macht uns völlig eins mit Sich in der Herrlichkeit Seiner
Person, und all Seine unerschöpflichen Hilfsquellen
stehen dem Glauben zur Verfügung. Beachten wir: dem
Glauben, denn nur der Glaube kann jene herrlichen
Dinge genießen und sich dieser Hilfsquellen bedienen.
Möge der Herr uns ein reiches Maß dieses Glaubens
schenken, damit wir fähiger werden, in die herrliche Bedeutung
der Worte: „für mich und dich", einzudringen
und Ihn zu genießen, der Sich in solch erbarmender Liebe
uns zugeneigt und unserem Namen einen Platz neben dem
Seinigen gegeben hat!
148
Und auch das ist ein schöner Gedanke: Heute teilt Er
mit uns die Schwierigkeiten der Wüste und hilft sie tragen,
und vielleicht morgen schon teilen wir mit Ihm die
Herrlichkeiten des Vaterhauses. „Die Herrlichkeit, die Du
mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben", und: „Vater,
ich will, daß die, welche Du mir gegeben hast, auch bei mir
seien, wo i ch bin, auf daß sie meine Herrlichkeit schauen."
(Joh. 17.) Die Liebe kann nicht allein sein. Sie muß einen
Gegenstand haben, mit dem sie teilen kann. Was wird es
sein, wenn wir Jesum sehen werden, wie Er ist, wenn
Sem Anblick, unverhüllt,
Unser Sehnen ewig stillt! ,
R. B.'s
(Auf Wunsch aus einem älteren Botschafter-
Jahrgang abgedruckt.)
Gesunde Lehre
„Du aber rede, was der gesunden Lehre geziemt."
(Tit. 2,1.)
Diese Worte leiten Ermahnungen ein. Bei oberflächlichem
Lesen könnte es scheinen, als bildeten diese Ermahnungen
den Inhalt der gesunden Lehre; doch ausdrücklich
steht da, daß sie ihr geziemen. Wie könnten auch
Ermahnungen an sich den Inhalt der gesunden Lehre
ausmachen, der Lehre, „die unseres Heiland-Gottes
ist"?! (V. 10.) Wenn der Heiland-Gott dem von
Hause aus unbotmäßigen Menschen Ermahnungen gibt,
dann nur auf der Grundlage, die derselbe Heiland-Gott
für den Menschen, wie Er ihn kennt, bereitet hat. Diese
Grundlage ist die Gnade Gottes. Auf keinem anderen
Boden können Ermahnungen Frucht wirken; denn „das
Gesetz hat nichts zur Vollendung gebracht". (Hebr. 7,1y.)
— r4y —
„Ich ermahne euch, Brüder, durch die Erbarmungen
Gotte s." So schreibt der Apostel den Gläubigen
in Rom (Kap. 42, 4), nachdem er den ganzen Heilsplan
Gottes mit dem Menschen entwickelt und dargestellt
hat, wie Er diesen Plan mit Seinen dem jüdischen Volk
vor alters gegebenen Verheißungen in Einklang bringt.
Auch in anderen Briefen sind Ermahnungen da zu finden,
wo die in Christo Jesu geoffenbarte Gnade Gottes
ihre Darstellung gefunden hat. Gott weiß, daß dem Menschen
mit Ermahnungen allein nicht geholfen ist, daß sie
allein nichts auörichten können. Die Gabe des Gesetzes
hat es bewiesen. Helfen konnte dem Menschen nur
bedingungslose, überströmende Gnade, dieGnadeGot-
t e s. Und diese „ist erschienen, heilbringend für alle Menschen".
Sie fordert nicht, sie bring t; sie bringt Heil
jedem, der sie begehrt. Und sie unterweist den, dem sie
Heil gebracht hat, nicht gebietend, sondern Unterweisung
gebend. Sie bildet die Menschen, die ihre Seelen gereinigt
haben „durch den Gehorsam gegen die Wahrheit".
(1. Petr. 4, 22.) Freilich, ohne Glaubenögehorsam erfolgt
keine Reinigung der Seele; ohne ihn wird auch nie ein
Verlangen nach Gnade aufkommen. Der Schrei des Sünders
nach Gnade aber ist der Beweis, daß er Gott glaubt.
„Ohne Glauben aber ist es unmöglich, Ihm wohlzugefallen."
Und Gott drängt Seine Gnade niemand auf, aber
Er bietet sie jedem an. Wohl dem, der sie annimmt!
Petrus schreibt: „Seid begierig nach der vernünftigen
(oder wortgemäßen), unverfälschten Milch, auf daß ihr
durch dieselbe wachse t". (4. Petr. 2, 2.) Paulus befiehlt
bei seinem Abschied die Gläubigen „Gott und dem Worte
Seiner Gnade, welches vermag aufzuerbauen".
150
(Apstgsch. 20, 32.) Wachstum wird gefördert durch die Erkenntnis
Gottes (Kol. 1, io), das Herz wird befestigt
durch Gnade. (Hebr. 13, 9.) Kraftund Stärke gehen
hervor aus der Freude am Herrn. (Neh. 8,10.) Diese
Stellen bezeugen uns mit vielen anderen, daß Auferbau-
ung, Wachstum, Festigkeit und Stärke ihre Quellen in
Gott und Seinem Wort haben, durch das Er uns Kenntnis
gibt von dem, was Er ist. Seine Bemühungen gehen
stets dahin, das Ohr der Menschenkinder für Seine U n -
terweisungenzu öffnen. (Hiob 36, 10.) Ist erst das
Ohr geöffnet, so vernimmt es auch Ermahnungen. Dem
verschlossenen Ohr aber nützen sie nichts.
Unsere Beziehungen zu Gott sind auf Seine Gnade
gegründet: „Wir haben (gerechtfertigt aus Glauben)
Frieden mit Gott durch unseren Herrn Jesus Christus,
durch welchen wir mittelst des Glaubens auch I u -
gang haben zu dieser Gnade, in welcher wir
stehen". (Röm. S, 1. 2.) Hier ist der gottgegebene Boden,
auf dem Ermahnungen Frucht zeitigen. Es ist die
Lehre unseres Heiland-Gottes, die da zeugt von der G na -
de Gottes, von dem einen Mittler zwischen Gott
und Menschen, dem Menschen Christus Jesus, der Sich
selbst gab als Lösegeld für alle. (1. Tim. 2, 5. 6.) Diese
Lehre wirkt jederzeit auferbauend, Wachstum fördernd,
Festigkeit und Stärke gebend. Sie läßt uns erkennen:
Gott ist für uns; Er hat gegeben. Er gibt, was Tag
und Stunde erfordern, und Er wird geben, solange wir
auf Seine Gnade angewiesen sind. Wir haben Zugang zu
Seiner Gnade. An uns ist es, sie in Anspruch zu nehmen.
Ein bedürftiges, verlangendes Herz, das von seiner Armut
überzeugt ist, ist das geeignete Gefäß, an dem der ewig
— 1S1 —
reiche Gott Sich in der Fülle Seiner Gnade verherrlichen
kann und will.
Auf diesem Boden gedeihen die ihm entsprechenden
Früchte. Sie sind die natürlichen Ergebnisse der Wärme,
die auf diesem Boden daö Herz belebt und zu gedeihlicher
Tätigkeit anleitet. Kein Wunder daher, daß der Apostel
nachher schreibt: „Das Wort ist gewiß; und ich will, daß
du auf diesen Dingen fest bestehst, auf daß die, welche
Gott geglaubt haben, Sorge tragen, gute Werke
zu betreibe n". (Tit. Z, 8.)
Nach Hebr. 12, 15 besteht die Gefahr, daß „jemand
an der Gnade Gottes Mangel leide" (von ihr zurückbleibe,
sie aus dem Auge verliere). Ob einem solchen mit bloßen
Ermahnungen geholfen ist? Daß dieselben nützlich und
notwendig sind, bedarf keiner Frage, denn Gottes Wort
gibt sie uns. Aber Ermahnungen allein tun's nicht. Ein
solcher Mensch gleicht einer Pflanze, die Licht, Luft und
Wärme entbehrt und daher dem Absterben nahe ist. Daö
Wegschneiden verdorrter Triebe macht sie nicht gesund.
Aber man setze sie vorsichtig an einen Platz, an dem ihr
die oben genannten Dinge zuteil werden. Noch stets haben
diese ihre wohltätige Wirkung ausgeübt, und oft haben
sich unter ihrem segensreichen Einfluß hoffnungslos kranke
und aufgegebene Pflanzen herrlich entfaltet zur Freude
des Pflegers und zum Preise des Schöpfers. Ähnliche Wirkungen
ergeben sich da, wo einem ausgedörrten, zerrütteten
Menschenherzen die nie versagende Gnade Gottes nahegebracht
wird. Das Zeugnis von dieser Gnade macht „gesund
im Glauben, in der Liebe, im Ausharren". Freilich
zeigt sich die Wirkung dieses Zeugnisses nur da, wo es
mit dem Herzen ausgenommen wird. (Röm. 10, 10.)
152
Angesichts mancher Erscheinungen im Kreise der
Gläubigen entsteht und haftet der Eindruck, daß von den
Dingen, die der gesunden Lehre geziemen (Tit. 2,1— 10),
mehr und mehr in den Hintergrund tritt. Auch offenbart
sich die Neigung, an die Stelle des unbedingten Maßstabes
einen vergleichsmäßigen zu setzen, den man der jeweils
vorhandenen Lage anpassen kann. Daß auch im besten
Falle der göttliche Maßstab (Christus und Sein Wort)
hier auf Erden von uns nie erreicht wird, bedarf nicht der
Bestätigung. Aber deswegen darf und kann doch nie an die
Stelle der Lehre, die unseres Heiland-Gottes ist, menschlicher
Irrtum als Richtlinie treten. Und doch besteht diese
Neigung. Sie entspringt dem Hochmut des Menschenher-
zenö, das sich nur ja keine Blöße geben, nur ja nicht zu
kurz kommen will. In Wahrheit: „Gott hat den Menschen
aufrichtig geschaffen; sie aber haben viele Ränke gesucht".
(Pred. 7, 29.) Und: „Arglistig ist das Herz, mehr als alles,
und verderbt ist es". (Jer. 17, 9.) Einer solchen Lage
kann nur die Gnade Gottes Rechnung tragen. Und
nur die Lehre und das Zeugnis von ihr vermag unter der
Wirkung Dessen, der sie gegeben, in solchen Herzen gott-
gemäße Wirkungen zu erzielen: vom Bösen zu weichen und
Gutes zu tun.
Alle, die des Herrn sind, kennen das Zeugnis von der
Gnade Gottes. Es ist der Gegenstand ihres Glaubens, der
sich auf diese Gnade stützt, wie sie in Jesu geoffenbart ist.
Paulus ermahnt den Timotheus, den guten Kampf zu
kämpfen, und fügt hinzu: „indem du den Glauben bewahrst
und ein gutes Gewissen". (1. Tim. 1, 19.) Ein
gutes Gewissen wird da gefunden, wo dasHerz offenbar
geworden ist vor Gott und erkannt hat, daß Gottes
— rsz —
Gnade den Gottlosen zu rechtfertigen vermag. Der Mensch
Gottes ist ein Geschöpf, dessen Dasein auf Gnade gegründet
ist, und das zu seinem Wachstum der Gnade bedarf. Es
verkümmert in dem Maße, in welchem es Mangel hat an
der Gnade, aber es wächst und gedeiht im Genuß derselben.
In diesem Genuß hören Kranksein und Kränkeln auf.
„So viele Ihn (Jesum, den Ausdruck der Gnade Gottes)
anrührten, wurden völlig geheilt." (Matth. 14, 36.) Freilich
handelte es sich hier um körperliche Leiden, aber auch
heute gesundet noch jeder, der sich mit seinem ganzen
Schaden und Leid der Gnade Gottes anvertraut, indem er
sich auf den Herrn Jesus und Sein ewig gültiges Opfer
stützt.
Das Bedürfnis nach Gnade und Heilung setzt eine
Erkenntnis des Schadens voraus. Dieses Bedürfnis
schwindet mehr und mehr in dem Maße, in welchem
Selbstgefühl und Hochmut unter den Menschenkindern
zunehmen. Gott aber vermag den einzelnen von Schuld
zu überführen und ein Verlangen nach Gnade zu wecken.
Der Vater zieht den verlorenen Sünder zum Sohne, und
Er eilt dem vom Abwege umkehrenden Kinde mit offenen
Vaterarmen entgegen. Beide bedürfen gleichermaßen der
Gnade und bezeugen ein Verlangen danach. Solchem Verlangen
ist Gott noch stets begegnet.
Wir Gläubigen sind Träger des Zeugnisses der Gnade
nach Gottes Willen, Verkünder der Lehre, die unseres
Heiland-Gottes ist. Wer könnte geeigneter dazu sein
als die, die selbst Gnade erbeten und gefunden haben? Sie
besitzen ein lebendiges Bewußtsein davon, daß sie Tag für
Tag von dieser Gnade leben und ein Gegenstand ihrer Betätigung
sind. Durch die Gnade unterwiesen, erkennen sie
r54
auch ihre Auswirkungen und die Art, wie diese in Erscheinung
treten. Sie haben geübte Sinne zur Unterscheidung
dessen, was der Geist Gottes in einem Menschenherzen
bewirkt. Sie nehmen für sich selbst Zuflucht zu der
Gnade, indem sie ihre Abhängigkeit kennen und bezeugen,
und begegnen also einem gnadebedürftigen Herzen auf
gottgemäße Weise mit der gesunden Lehre, mit dem Zeugnis
von der Gnade Gottes, in „der Kraft, die Gott darreicht,
auf daß in allem Gott verherrlicht werde durch
Jesum Christum, welchem die Herrlichkeit ist und die
Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen." (t. Petr. 4, 'N.)
Unterredungen über den zweiten Brief
an die Korinther
XVII.
Kapitel I 3
Beim nochmaligen Durchprüfen alles dessen, was
dieser Brief uns sowohl hinsichtlich des apostolischen als
auch des christlichen Dienstes gelehrt hat, werde ich geradezu
geschlagen durch die Feststellung, daß die Autorität
des Dienstes in bezug auf das Züchtigen, das „nicht Schonen"
dessen, der sich wider Christum erhebt, erst an aller-
leHter Stelle kommt. Der Apostel hat im Verlauf seines
Schreibens dargestellt, was der christliche Dienst als Dienst
des Geistes, der Gnade und der Freiheit ist. Er hat sodann
diesen Dienst in seiner Ausübung gezeigt, sei es der Welt
oder der Versammlung gegenüber, die er ermahnt, in
praktischer Heiligkeit zu wandeln. Weiter hat er gezeigt,
wie dieser Dienst sich auch mit den bescheidensten Verrichtungen
befaßt, nämlich mit dem leiblichen Wohl
15S
der Kinder Gottes, und wie er keine Mühe scheut, um denen
zu helfen, die in Not sind. Schließlich hat er diesen
Dienst in seiner eigenen Person dargestellt, indem er sogar
die Charakterzüge Christi vor aller Augen in Erscheinung
treten ließ und seine Quelle und Kraft in Ihm fand.
Dann endlich, im letzten Kapitel, kommt er auf eine Sache
zu sprechen, die wohl jeder andere als der Apostel in den
Vordergrund gestellt Haden würde, ^um die ihm gegebene
Autorität hervortreten zu lassen. Zn den vorhergehenden
Kapiteln sahen wir, daß der Dienst des Apostels selbst unter
seinen Kindern im Glauben vielen Widerständen begegnete,
und daß es noch manch unerfreuliche Zustände
in der Versammlung zu Korinth gab, obwohl in vielen
Dingen ihre Gewissen gesprochen und sie das Böse gerichtet
und wiedergutgemacht hatten. Aber, wie wir wissen,
waren außerdem falsche Apostel da, die ihre eigene Autorität
unter ihnen geltend zu machen suchten, indem sie
die des Apostels bekämpften. Angesichts all dieser Widerstände
ist es auffallend, daß Paulus in den vorhergehenden
Kapiteln nicht ein einziges Mal davon spricht, seine Strafgewalt
ausüben zu wollen. Wir erinnern uns seines Ausspruchs
in Kapitel 10, 8: „Denn falls ich mich auch etwas
mehr über unsere Gewalt rühmen wollte, die uns der Herr
zur Auferbauung und nicht zu eurer Zerstörung
gegeben hat, so werde ich nicht zu Schanden werden". Es
liegt ihm daran, ihnen zu sagen, daß diese Gewalt nicht zu
dem Zweck gegeben ist, zu schlagen und zu zerstören. Im
10. Verse unseres Kapitels sagte er genau das gleiche:
„Nach der Gewalt, die der Herr mir gegeben hat zur Auferbauung
und nicht zur Zerstörung". Der hervorstechendste
charakteristische Zug der Autorität, die der Apostel vom
156
Herrn empfangen hatte, war also nicht, „Strenge zu gebrauchen",
sondern aufzuerbauen, obgleich er das
„R e ch t" hatte, zu strafen. Ebenso ist es im Brief an die
Epheser (Kap. 2, 20), wo wir den Aposteln und Propheten
Autorität gegeben sehen zumAufbaudes Hauses Got
tes.
In dem gleichen 10. Kapitel unseres Briefes, Vers
4, fanden wir noch einen zweiten Zug dieser Autorität, und
zwar handelte es sich in diesem Fall darum, zu zerstören,
aber nicht etwa die Widerspenstigen, sondern „F e -
stungen", die von Satan errichtet worden waren, um
die Seelen zu hindern, von ihren Vorrechten Besitz zu ergreifen.
Diese Autorität zu besitzen und so die gefangenen
Seelen zum Gehorsam des Christus zu führen, darüber
konnte Paulus sich freuen. In der Tat hat er während seines
ganzen Dienstes im Kampf gestanden mit dem, was
sich dieser Erkenntnis widersetzte, mochte es die Religion
der Juden oder die Weisheit der Heiden sein.
Aber in dem gleichen Kapitel 10 lesen wir auch noch
(Vers 6): „Indem wir bereit stehen, allen Ungehorsam
zu rächen, wenn euer Gehorsam erfüllt sein wird". Ihr
Gehorsam war der erste Zweck des Dienstes; war er erreicht,
so sollten die Diener Satans, die versucht hatten,
sich dem Werke Gottes unter den Korinthern zu widersetzen,
mit der Rute der Autorität in der Hand des Apostels
geschlagen werden, wie ehemals die Ägypter durch den
Stab Moses' geschlagen worden waren. Aber erst am Ende
seines Briefes geht er näher auf diese Sache ein. Erst in
unserem, dem letzten Kapitel, sagt er: „Wenn ich wiederum
komme, werde ich nicht schonen" (V. 2), und:
„JchwerdeStrengegebrauche n". (V. 10.) Im
157
ersten Brief hatte er dahin entschieden, daß der Böse dem
Satan zu überliefern sei, damit er gerettet würde wie
durchs Feuer, aber, wie wir wissen, hatte er sein Urteil
aufgeschoben, und wie man im zweiten Brief sieht, war
dies geschehen, um in ihren Herzen eine völlige Verurteilung
des Bösen zu bewirken. Im ersten Timotheusbrief
(Kap. 1, 20) dagegen überliefert er tatsächlich Hymenäus
und Alexander dem Satan, auf daß sie durch Jucht unterwiesen
würden, nicht zu lästern. Hier ist er e n ts ch l o s-
sen, zu schlagen, aber mit welchem Widerstreben!
Aus dem 3. Verse des vorliegenden Kapitels ersehen
wir, daß die Widersacher des Apostels sich alle Mühe gaben,
die Korinther zum Zweifeln zu bringen, ob Christus
wirklich durch Paulus redete. Eine solche Dreistigkeit ist
schwer zu verstehen; aber was wagt Satan nicht alles in
seinem Kampf gegen Christum? Darauf gibt der Apostel
eine unumstößliche Rechtfertigung seiner göttlichen Sendung.
„Prüft euch selbst, ob ihr im Glauben seid", ruft er
ihnen zu. „Untersuchet euch selbst; oder erkennet ihr euch
selbst nicht, daß Jesus Christus in euch ist?" Wenn Christus
in ihnen tvar, so hatten sie Gottes Geist. Wie aber
war diese Segnung ihnen zuteil geworden? Durch den
Dienst des Paulus, dec das Mittel gewesen war, sie durch
den Glauben zu dieser gesegneten Stellung zu führen. Er
fügt hinzu: „Es sei denn, daß ihr etwa unbewährt seid".
Hier wendet der Apostel das Bild eines Schmelztiegels an,
in welchem man anstelle des köstlichen Metalls nur Schlak-
ken findet. Wenn Christus, das köstliche Metall, in ihnen
war, konnten sie dann unbewährt sein? Und konnte, wenn
Christus durch Paulus in ihnen gewirkt hatte, um sie zu
Gott zu führen, Paulus unbewährt sein? Unmöglich. Aber
— rs8 —
welch eine Zartheit findet man in dem Herzen des Apostels
ihnen gegenüber! Ich bin damit einverstanden, sagt er,
wie ein Unbewährter zu sein, so daß ihr in mir auch nicht
den geringsten Wert findet, wenn nur ihr das tut, was
gut ist. Ich bin glücklich dabei, gänzlich beiseite gesetzt zu
werden, wenn nur ih r auf dem rechten Wege seid und tut,
was Gott wohlgefällig ist.
Der Apostel schließt seinen schönen Brief, indem er
die Korinther im U. Verse als Versammlung ermuntert,
fünf Dinge zu tun:
Erstens: „Freuet euch!" Welch starke Schranke bildet
doch die christliche Freude für alles, durch daS Satan
unsere Herzen unzufrieden zu machen sucht!
Zweitens: „Werdet vollkommen!" Schon im y. Verse
hatte er um ihre Vervollkommnung gebeten. Was das bedeuten
soll, macht man sich am besten dadurch klar, daß
man sich eine Einrichtung vorstellt, die zum richtigen Arbeiten
gebracht werden muß. Denken wir z. B. an eine
Uhr! Eine Uhr kann gut zusammengesetzt sein. Jedes Stück
ist vorhanden, und trotzdem kann etwas Wichtiges fehlen:
Sie geht nicht. Da bedarf es denn der Überprüfung jedes
Teils zu dem einen Zweck, sie zum ganz genauen Gehen
zu bringen. So haben wir es zu machen, sowohl in der
Versammlung als auch persönlich. Wir müssen in einer
Weise arbeiten, daß jedes Rad nach einer Ordnung läuft,
die Gott anerkennen kann. Wendet sich dieses Wort: „Werdet
vollkommen!" nicht an unsere Gewissen? Sollte sich
nicht ein jeder von unS sorgfältig prüfen und sich fragen:
Bin ich nicht vielleicht das Hemmnis, daß es in der Versammlung
nicht so zugeht, daß Christus befriedigt und das
Ganze gefördert wird?
rsy
Drittens: „Seid getrost!", oder, wie auch übersetzt
werden kann: „Werdet ermuntert!" Für das christliche
Leben ist die Erwägung besonders wichtig, daß nichts uns
mehr zu ermuntern vermag als ein gutes Gewissen und das
Bewußtsein, daß Gott unseren Weg billigt.
Viertens: „Seid eines Sinnes!" Ach, möchte es doch
unter den Kindern Gottes keinerlei Uneinigkeit geben!
Möchten sie doch alle denselben Pfad wandeln!
Fünftens: „Seid in Frieden!" Freude, Friede, einerlei
Gesinntsein, diese Stücke finden wir auch im Phi-
lipperbrief genannt als die Grundelemente eines guten
Zustandes der Versammlung. „Und der Gott der Liebe
und des Friedens wird mit euch sein." Gott weilt gern in
der Mitte solcher, bei denen diese fünf Dinge sich finden.
Er wird hier der Gott derLiebe und des Friedens
genannt, während wir im Philipperbrief nur lesen: „Dieses
tut, und der Gott des Friedens wird mit euch
sein". Er ist bei denen, die den Frieden suchen, denn Friede
entspricht Seinem Charakter. Hier aber finden wir Ihn
außerdem noch als den Gott der Liebe. Wenn Liebe
auch kaum das Kennzeichen für den Zustand der Korinther
war, so stand das Begehren des Apostels für sie doch danach.
Wie ist's mit uns? Beachten wir diese fünf Gebote?
Dann wird der Gott des Friedens in unserer Mitte
Wohnung machen, und dann wird der Gott der Liebe uns
immer tiefer in die Geheimnisse Seines eigenen Herzens
eindringen lassen.
„Grüßet einander mit heiligem Kuß!" — das Zeichen
der gegenseitigen Liebe, die Paulus unter
den Christen zu sehen wünscht. Der Brief schließt mit den
Worten: „Die Gnade des Herrn Jesus Christus und die
— rso —
Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes
sei mit euch allen!" Der Herr Jesus Christus, Gott und
der Heilige Geist — die Fülle der Dreieinheit. In der Offenbarung
Seiner Gnade, das heißt einer Liebe, die mitten
auf den Schauplatz der Sünde herabgestiegen ist, um
das wahre Heilmittel dorthin zu bringen, steht der Herr
Jesus Christus vor uns. Gott sehen wir im Ausdruck
Seiner in Christo geoffenbarten Gnade, und durch
den Heiligen Geist haben wir Gemeinschaft mit dem
Vater und dem Sohne, wie auch untereinander. Welch
kostbares Bild einer Versammlung nach den Gedanken
Gottes! Es war der Wunsch des Apostels, daß diese Dinge
mit ih n e n a l l e n und nicht nur mit einigen von ihnen
sein möchten.
So geht, ob wir nun viele oder nur zwei oder drei
sind, um die Versammlung in dieser Welt darzustellen,
auch heute der Wunsch des Apostels dahin, daß die in dem
letzten Abschnitt gemeinten Dinge bei uns allen gefunden
würden. Wäre es in Korinth so gewesen, welch einen
anderen Anblick hätte dann diese Versammlung geboten!
Laßt uns deshalb jedes der genannten Dinge und Aufforderungen
uns ins Gedächtnis zurückrufen! Laßt uns darüber
sinnen! Wir dürfen überzeugt sein, daß besondere
Segnungen unser Teil sein werden, wenn wir persönlich
und gemeinsam diese Dinge zu verwirklichen suchen. Anstatt
einen Weg der Schwachheit und Uneinigkeit, der
Sorglosigkeit oder Schläfrigkeit zu gehen, wird dann die
Versammlung ein Leben entfalten, daß selbst die Welt ihr
das Zeugnis ausstellen muß: „Gott ist wirklich unter ihnen.
Der Gott der Liebe und des Friedens ist mit ihnen!"
— rsr —
Ser Bräutigam kommt!
Ein zeitgemäßes Wort
Geliebte Brüder und Schwestern in Christo! Der Tag
des Abfalls naht mit schnellen Schritten, und auch der
Tag, an dem der Herr kommt, um die Seinen hinwegzu
nehmen.
Die gegenwärtige Zeit ist derart ernst, daß ich mich
gedrängt fühle, dieses Wort der Ermahnung an euch zu
richten. Gottesfürchtige Männer, welche die Zeichen der
Zeit beurteilen, sehen den Augenblick immer näher kommen,
an dem die gegenwärtige Tätigkeit der Gnade zum
Abschluß gelangt. Offenbar ist aber auch die Zeit da, wo
man klar und bestimmt reden muß und fragen: Wo seid
ihr, und wie steht's mit euch? Ihr seid durch die Gnade,
die immer Heller geschienen, je mehr sie sich dem Ende naht,
herausgenommen aus der übersprudelnden Masse der Gottlosigkeit
und des Götzendienstes, derentwegen jetzt dem
Christentum und der Welt ein Gericht droht, furchtbarer
als dasjenige, das einst über Sodom und Gomorra kam.
Und die Frage ist, ob ihr die Verantwortlichkeit sowohl
als auch das gesegnete Vorrecht des Platzes kennt, auf
dem ihr steht, und ob ihr wandelt wie solche, deren Augen
geöffnet sind. Glaubt mir, noch nie ist in der Geschichte
der Welt eine Zeit gewesen wie die gegenwärtige, und Satan
ist mit keinem so beschäftigt wie mit euch, und diese
seine Beschäftigung ist umsomehr zu fürchten, als er mit
solcher List zu Werke geht.
rs2
Seine Absicht ist, euren Blick von Christo abzuziehen,
während ihr denkt, ihr ständet auf festem Boden und
hättet nichts zu fürchten. Er möchte euch zu Fall bringen
mitderWahrheit selbst, denn beachtet wohl: Ihr
steht auf sicherem Boden, aber nur, solange Christus
euer alles ist. Und hier ist der Gefahrenpunkt, den Satan
wohl auszunutzen weiß für seine verderblichen Pläne. Laßt
irgend etwas zwischen eure Seele und Christum treten,
und euer Philadelphia wird zum Laodicäa, euer sicherer
Boden wird so unsicher wie das sogenannte Christentum,
eure Kraft ist dahin, und ihr werdet so schwach wie irgend
ein gewöhnlicher Sterblicher.
Unter euch sind Junge, die erst kürzlich bekehrt oder
auf die rechten Wege des Herrn gebracht worden sind, und
welche die Tiefen des Satans nicht kennen. Ich möchte euch
allen Ernstes warnen vor der Gefahr, die euch droht, damit
ihr nicht, wenn das Unglück über euch kommt, Unwissenheit
vorschützen könnt. Besonders auf e u ch hält Satan
sein Auge gerichtet mit der Absicht, die Welt in irgend
einer Form zwischen eure Seelen und Christum zu
bringen. Jede Form, mag sie auch unscheinbar scheinen,
ist ihm dazu recht. Wenn ihr wüßtet, wie wenig davon
schon seinen Absichten dient, ihr würdet erschrecken. Er
beginnt nicht mit dem, was grob oder schädlich ist. Dazu
entwickelt es sich, aber es ist nicht der Anfa n g des
Bösen. Nicht durch irgend etwas, was in die Augen fällt,
sucht Satan euch zu verderben, sondern durch anscheinend
harmlose Kleinigkeiten, Dinge, die niemand stoßen, niemand
verletzen, und die doch das tödliche, heimtückische
Gift bilden, dazu ausersehen, euer Zeugnis zu verderben
und euch von Christo zu entfernen. Ihr fragt: Was sind
— rb3 —
denn diese beunruhigenden Symptome, und wo finden sie
sich? Aber schon die Frage zeigt den Charakter des einschläfernden
Mittels in seiner Wirksamkeit.
Brüder und Schwestern, ihr seid in Gefahr, angesteckt
zu werden von dem Geist der Welt. Kleidung, Manieren,
Gespräche, der Mangel an geistlichem Wesen beweisen
es. Man fühlt sich beschwert und gehindert, und
ein Fehlen von Kraft macht sich bemerkbar in den Versammlungen,
so klar und deutlich, als ob das Innere der
Herzen bloßgestellt und ihre Gedanken offen zutage ge
treten wären.
Eine Form der Gottseligkeit ohne Kraft beginnt sich
unter uns zu zeigen, so wie es allgemein in der Christenheit
der Fall ist. So gewiß, wie man sich mit der Welt einläßt,
so gewiß wird man auf ihren Boden hinabgleiten.
Das liegt in der Natur der Sache. Es kann nicht anders
sein. Wenn ihr, geliebte Brüder und Schwestern, euch mit
der Welt einlaßt, so wird der bevorzugte Platz, den ihr einnehmt,
anstatt euch zu schützen, euch nur einem umso größeren
Gericht aussetzen. Entweder Christus oder die Welt.
Es kann nicht — und darf nicht — Christus und die
Welt sein.
Gottes Gnade hat euch aus der Welt herausgenommen
in eurer Unwissenheit, aber Gott wird euch
niemals erlauben. Seine Gnade zu mißbrauchen oder euch
gleichgültig zu betragen, nachdem ihr von der Welt abgesondert
worden seid. Vergeßt nicht, daß ihr den Platz einnehmt
und das Vorrecht von Menschen beansprucht, denen
die Augen geöffnet worden sind. Wenn dies einerseits unaussprechlich
kostbar ist, so ist es anderseits die ernsteste
Stellung, in der sich ein menschliches Wesen befinden kann.
— rb4 —
Es gleicht der Teilnahme am Hochzeitsmahle ohne das erforderliche
Hochzeitskleid. Es bedeutet, „Herr, Herr" sagen,
während ihr nicht tut, was Er gebietet. Es ist ein:
„Ich gehe, Herr!", wie jener sagte, der nicht ging.
Geliebte, ich bin in bezug auf euch von besseren Dingen
überzeugt, wenn ich auch also rede; und ich habe Vertrauen
im Herrn zu euch, daß ihr Ihm danken werdet für
diese treugemeinten Worte. Es gibt nichts Herrlicheres
als die Stellung, zu der ihr berufen worden seid in diesen
letzten Tagen. So manche Kinder Gottes haben im Riß
gestanden und haben gewacht durch ermüdende Tage und
Nächte hindurch diese achtzehnhundert Jahre, und ihr wartet
nur auf den Posaunenschall des Siegers, um mitein-
zuziehen und das herrliche Erbe anzutreten. Andere haben
gearbeitet, und ihr seid in ihre Arbeit eingetreten, und doch,
wahrlich, ihr erniedrigt eure Würde bis zu den armen Tongefäßen
dieser Erde, die nur auf den Stecken des Siegers
warten, um zu Scherben geschlagen zu werden.
So wacht denn auf, die ihr schlafet! Schlaft nicht
länger! Werft eure Götzen und falschen Götter von euch!
Wascht eure Kleider und geht nach Bethel, wo ihr Gott
finden werdet, wie ihr Ihn nicht gekannt habt, selbst nicht
in euren besten Tagen. Wacht über eure Worte, auf daß
sie von Christo und Seinen Sachen handeln, und nicht, wie
es so oft der Fall ist, von irgend etwas außer Ihm.
Vereinigt eure Gebete mit denen anderer Gläubigen
in den Gebetsversammlungen! Nie waren sie notwendiger
als heute. Laßt keine Gelegenheit vorübergehen, um Belehrung
aus jenem Wort zu schöpfen, das uns allein zu
bewahren vermag vor den Pfaden des Verderbens, und
laßt euer Leben den Beweis erbringen von den Schätzen, die
— rss —
ihr beim Vortrag sammelt, oder bei der gemeinsamen
Wortbetrachtung, oder beim Alleinsein mit dem Herrn.
Und wenn ihr Beschäftigung sucht, die euch eine herrliche
Belohnung vonseiten eines geliebten Herrn einbringen
soll, so bittet diesen Herrn, euch in Seine Arbeit einzustellen!
Ihr werdet es nie bereuen, weder in dieser Welt noch
in der zukünftigen.
Geliebte, ertraget mich noch; denn ich eifere um euch
mit göttlichem Eifer. Ihr gehört Christo an, und Christus
euch. Zerreißt nicht dieses heilige Band. Sollte die Braut
ihrem Bräutigam untreu werden? Und warum solltet ihr
beraubt werden und Schaden leiden? Leere Hülsen und
bittere Früchte wären die Folge, während ihr diese kurze
Segenszeit unbenutzt vorübergehen laßt. Dagegen werden
alle hier in der Energie des Geistes erworbenen Auszeichnungen
dazu dienen, eure Schönheit lind Lieblichkeit in
den Augen Dessen zu erhöhen, der euch sich selbst verlobt
hat. Wolltet ihr Ihm wehren, Sich an euch zu erfreuen?
Wolltet ihr Ihm die Frucht der Mühsal Seiner Seele weigern,
Ihm, der einst, ein sterbender Mensch, zwischen zwei
Räubern am Kreuz auf Golgatha hing, ein Schauspiel
für Menschen und Engel, und auch für euch, die ihr Seine
Hingabe für euch vergessen habt — denn verachtet
könnt ihr sie doch nicht haben? Er hätte euch auch beiseitelassen
und die Welt empfangen können ohne das Kreuz,
aber Er wollte nicht. Und nun wolltet ihr, die ihr reich
gemacht worden seid durch Seine Todesqualen und jenes
teure Blut, der Welt gegenüber nachsichtig sein und Ihn
beiseite stehen lassen? Unmöglich! Eure lautere Gesinnung
braucht nur durch Erinnerung aufgeweckt zu werden.
Deshalb wollen wir Mut fassen und dieses Wort der
166
Ermahnung von unserem allezeit gnädigen und treuen
Herrn annehmen, um uns aufzumuntern und die erschlaffte
Energie neu zu wecken. Ze eher dann der Herr
kommt, desto besser ist es. Wir werden nicht vor Ihm beschämt
dastehen bei Seiner Ankunft.
Kragen aus dem Leserkreise
Wie ist die Schriftstelle s. Petr. 3, s8. i9 M »erstehen?
Der im Begleitschreiben angeführten Meinung vieler, daß
Thristus bei Seinem Begräbnis ins Totenreich hinabgestiegen sei
und den vor Seinem Tode Gestorbenen das Evangelium verkündigt
habe, steht die vorhergehende Aussage des Apostels entgegen,
Thristus sei wohl dem Fleische nach getötet worden, aber dem
Geiste nach ein Lebendiggemachter geworden, durch den
in Zhm wohnenden Geist nämlich, was dasselbe ist wie das, was
Paulus in s. Uor. 13, 44 sagt: „es wird auferweckt ein geistiger
Leib", sowie in Vers 43: Er ist „ein lebendig machender Geist",
und in 2. Uor. 3, s7: „Der Herr ist der Geist". Also könnte dieses
Isingehen und predigen nur nach Seiner Auferstehung gewesen
sein, weil die Worte: „in welchem Er auch hinging", sich unmittelbar
an „lebendig gemacht nach dem Geiste" anschließen. Als
zweites steht obiger Annahme entgegen, daß unmißverständlich gesagt
wird, die predigt habe den Geistern gegolten, die als Menschen
zur Zeit Noahs lebten, als dieser die Arche baute. Daß sie
irgendwelchen anderen Geistern gegolten hätte, steht nicht da.
Was soll unter „Geister" verstanden werden? Engel oder gewesene
Menschen? Augenscheinlich letzteres; vergl. Hebr. s2, 23,
wo die dort genannten Geister, als auf Erden gewesene, „Gerechte"
heißen. Und was waren dis Geister unserer Petrusstelle, als sie
Menschen auf der Erde waren? Gottlose waren sie, groß an Bosheit
nach s. Mose 6. Und wurde ihnen damals nicht gepredigt?
Wenn Noah von Petrus „Prediger der Gerechtigkeit" genannt
wird (2. Petr. 2, 3), kann Las etwas anderes bedeuten, als daß
er den Gottlosen seiner Zeit gepredigt hat, sie sollten von ihrer
Bosheit lassen und Gerechtigkeit üben, sonst breche Gericht über
sie herein, wie ihnen das schon Henoch bezeugt hatte (Iud. s5)?
Läßt uns das nicht erkennen, welches die Gedankengänge der heiligen
Schreiber waren? Haben sie und ihre Zeitgenossen je an eine
predigt für Geister gedacht?
Wer mit auch nur ein wenig Ernst liest, fragt und m u ß sich
fragen, warum oder zu welchem Zweck Thristus nur denen, die
— 167 —
Zeitgenossen Noahs gewesen waren, im Geisterreich gepredigt habe,
und was Lr ihnen zu predigen hatte. Wenn die Mitteilung
von diesem Predigen uns etwas nützen soll, so mußte Petrus doch
auch sagen, was Christus ihnen verkündigte. Lr denkt aber nicht
daran, es zu sagen, während wir es von Henoch und Noah wissen.
Bloße Vermutungen darüber haben keinen Wert für uns.
Was der Herr während Zeines Lebens im Fleische predigte, wissen
wir, nämlich „das Evangelium des Reiches" (Mark. I, (H. sö):
„Tut Buße und glaubet an das Evangelium". Was für Unterhaltungen
Lr nach Leiner Auferstehung mit den Jüngern hatte, wissen
wir auch: sie betrafen ebenfalls die Dinge des Reiches Gottes,
wie Lukas in lakonischer Kürze berichtet. (Apstgsch. s, 3.)
Die Briefe des Petrus gehen an dis Adresse von Zuden, die
in der Zerstreuung unter den Nationen lebten. Was war die allgemeine
Erwartung der Juden? War es nicht ein auf der Erde
herrschender Messias, der dis herrlichen Verheißungen erfüllen
würde, von denen die Propheten geredet hatten? Ist in den Schriften,
welche die Juden so hoch schätzten, auch nur ein Schimmer
davon zu entdecken, daß dieser Messias es mit Geistern zu tun
haben könnte, statt mit auf der Erde lebenden Menschen? Der große
Anstoß für die Zuden im allgemeinen war ja gerade, daß sie
an einen unsichtbar im Himmel weilenden Messias glauben sollten.
Lies Petri Worte Apstgsch. 3, 2s und s. Petr. 2, 8 und 3,
22. Und dieser im Himmel weilende Messias ging, kam zu den
Menschen auf Erden und predigte ihnen. Wie? Durch Seinen
Geist, der in den Männern war, die Er zu Zeugen erwählt hatte.
Christus selber redete, predigte durch den Geist, wie ehemals Gott
in den Propheten (Hebr. s, s). „Christus kam und verkündigte
Frieden, euch, den Fernen, und Frieden den Nahen" (Eph. 2,
s7), was nichts anderes besagt, als daß Christus in Paulus, in
Barnabas und den anderen Verkündigern der Heilsbotschaft zu
Heiden und Zuden k a in und ihnen predigte. Und so tat Er schon,
ehe Lr Mensch wurde. Durch Seinen Geist kam Er, oder Er im
Geiste kam und redete in den Propheten, (vergl. neben der oben
angeführten Stelle Hebr. s, s noch Zes. 50, 2; Sach. 2, st. ss:
s. Petr, s, sO—12.) Der Geist Gottes, der die Propheten zum
Reden trieb, war kein anderer Geist als „der Geist Christi", wie
Er im Neuen Testament heißt, und wie es in der zu Anfang angeführten
Stelle heißt: „Der Herr aber ist der Geist". Ls steht hier
in Vers 2s ausdrücklich da, daß dieselben Dinge, von denen die
Propheten redeten, uns gelten und uns durch ein und denselben
Geist durch Vermittlung von Menschen verkündigt worden sind.
War Henoch ein Prophet? Gewiß, denn er, der Siebente von
Adam, prophezeite oder weissagte. Also war er ein Prophet. Waren
Abraham, Zsaak, Zakob, Mose, David Propheten? (vergl.
hierzu Psalm s05, 15: 5- Mose 18, 15. 1,8 und Apstgsch. 7, 37;
168
2. Sam. 23, 2 und Apstgsch. 2, 30.) Sollte nun Noah, der ausdrücklich
„Prediger" betitelt wird, nicht durch denselben „Geist
Christi" gepredigt haben?
Damit sind wir zur Lösung des scheinbaren Rätsels in der
Petrusstelle gelangt. Petrus nimmt als selbstverständliches Gedankengut
derjenigen, an die er schreibt, an, daß sie meinen, was er
meint, wenn er von Geistern spricht, daß nämlich dis zur Zeit Noahs
Ungehorsamen, denen letzterer predigte, jetzt im Gefängnis
oder im Gewahrsam sind. Daß dies „im Gefängnis oder im Gewahrsam"
sein (siehe Gffbg. (8, 2, Anmerkung) nichts anderes
bedeutet als Aufbewahrung zum Gericht, geht außer dem Judas-
Brief (Vers 6—8) aus 2. Petr. 2, H—so selbst klar hervor, indem
der Schreiber für dis Ruchlosen seiner Tage die ärgsten in»
Alten Testament ausgezeichneten Lalle von Ruchlosigkeit anführt.
Diese Missetäter sind zunächst vom Schauplatz ihrer Missetaten
vertilgt, aber nach diesem vorläufigen Gericht bis zu ihrem endgültigen
unter Verwahrung gesetzt worden, wie Petrus ausdrücklich
sagt: „Der Herr weiß... die Ungerechten aufzubewahren auf
den Tag des Gerichts, um bestraft zu werden", (v. st.) „Die Welt
der Gottlosen" (v. 5), welche jetzt „Geister im Gefängnis" sind,
wird von dem Apostel neben Sodom und Gomorra als Beispiel
hervorgehoben. Wäre es nicht ein offenbarer Widerspruch desselben
Petrus, wenn er ini ersten Brief hätte sagen wollen: Nachdem
die Betreffenden im Geisterreich sind, ist ihnen durch Christus selber
eine Heilsbotschaft verkündigt worden für ihre auf Erden verübte
Gottlosigkeit? —
Nein, diese Auffassung ist nur das Nichteingehenwollen auf
die furchtbare, in der Schrift klar bezeugte Wirklichkeit, daß dem
Menschen mit dem Aufhören des Lebens auf Erden jede Möglichkeit
zur Änderung seines ewigen Loses genommen ist, ein Hinneigen
zu den Einflüsterungen der alten Schlange: „Sollte Gott gesagt
haben?" Z. App.
Aufrichtigkeit
Aufrichtigkeit, nichts wider Gott zu hegen,
Aufrichtigkeit zu meinem Gott allein:
Der Grund gibt Grund, auch in den dunklen Wegen,
Der Grund gibt Mut, doch muß er gründlich sein.
Mit diesem Grund muß man sich Gott ergeben
Und lassen Ihn uns führen, wie Er will,
Durch Berg und Tal, durch Areuz und Tod zum Leben. —
So viel du kannst, bleib innig, klein und still.
Terstegen
Über die Zucht *)
*) vorliegender Aufsatz ist die Neubearbeitung einer Ab
handlung aus der Feder von s). N. D., die bereits im ersten Jahrgang
des „Botschafter" gestanden hat, damals aus dem Französischen
übersetzt. Da die Arbeit Gedanken enthält, die nach unserem
Empfinden allgemein viel zu wenig beachtet werden, schien es uns
nützlich, sie aus der Verborgenheit hervorzuholen und neu ins Licht
zu stellen. Die Schriftleitung
t.XXXIII 7
Beim Lesen dieser Zeilen, die nach Aufzeichnungen
geschrieben worden sind, die gelegentlich
einer gemeinsamen Besprechung gemacht wurden,
wolle man bedenken, daß sie in erster Linie den
Geist betreffen, der den einzelnen beseelen sollte,
welcher mit dem Bösen zu tun hat. Daß das Böse
ausgefegt werden muß, steht außer Frage, denn
Gottes Wort fordert es ausdrücklich. Es ist an
uns, Gottes Haus rein zu halten, eifrig darauf bedacht
zu sein, daß niemand an der Gnade Gottes
Mangel leide, die zu richten, die drinnen sind, und
den Bösen von uns selbst Hinauszutun. Indem wir
so handeln, müssen wir uns aber als solche erweisen,
die selbst rein sind. Gott will Seine Wohnstätte
rein haben. Die Frage des sich Iurückziehens
von solchen, die unordentlich wandeln — ebenfalls
eine bestimmte Forderung des Wortes — wird in
diesen Zeilen nicht berührt. Das, worauf es uns
hier ankommt, ist der G eist, in welchem Zucht
geübt werden sollte.
Wenn wir vor der Frage stehen, Jucht zu üben, sollten
wir stets daran denken, was wir in uns selbst sind, handelt
es sich doch um eine außerordentlich ernste und feierliche
Sache. Wenn ich erwäge, daß ich ein armer Sünder
bin, ein nur aus Gnaden erretteter Mensch, der nur in Jesu
Christo annehmlich gemacht, in sich selbst aber ganz und
— 170 —
gar verderbt ist, so muß es mir ganz feierlich vorkommen,
Jucht zu üben, und mein erster Gedanke wird dann sein:
Wer kann richten als nur Gott allein?
Hier stehe ich, ein Nichts, inmitten von Seelen, die
dem Herrn teuer sind, Menschen, die ich, im Bewußtsein
der eigenen Sündhaftigkeit und Nichtigkeit vor Gott, höher
achten soll als mich selbst — hier nun vom Auöüben
von Zucht reden, o das ist eine Angelegenheit, die mir sehr
ernst vorkommt, ja, die mich geradezu zu Boden drückt.
Nur eins vermag jenen Gefühlen persönlicher Unzulänglichkeit
ein Gegengewicht zu geben, und das ist die Möglichkeit,
die Jucht als ein Vorrecht der Liebe betrachten
zu dürfen. Ist die Liebe in Tätigkeit, so fragt sie nach
nichts anderem als danach, wie sie ihrem Gegenstand am
besten dienen kann. Schauen wir den Herrn Jesus an! In
Seinem Dienst der Liebe konnte Ihm in den Weg treten,
was da wollte: Nichts vermochte Ihn aufzuhalten. Und
die Liebe allein ist imstande, den Geist in Wahrheit von
Empfindungen und Gefühlen freizumachen, die eine ganz
und gar verkehrte Stellungnahme in der Ausübung der
Jucht bedeuten. Von dem Augenblick an, wo die Liebe
fehlt, ist's um das Ausüben der Jucht ein geradezu abscheuliches
Ding. Mag dabei auch die Gerechtigkeit in erster
Linie in Frage kommen, so muß doch die Liebe jene in
Tätigkeit setzen. Liebe muß wirken, um, mag es ihr auch
noch so schmerzlich sein, den Segen der Heiligkeit in der
Gemeinde zu bewahren. Der Gedanke, mehr zu sein als der
andere (vgl. Matth. 23,8—11), darf hier überhaupt nicht
Raum gewinnen. Im Charakter als Herr und Meister Jucht
auszuüben — so etwas darf es gar nicht für uns geben.
Ist auch die Liebe der Antrieb, der uns dafür sorgen läßt,
171
daß Ordnung und Gerechtigkeit herrschen, ist sie unser Ansporn,
in heiliger Eifersucht übereinander zu wachen, so
dürfen wir doch nie vergessen, daß, nach alledem, unser
Bruder „steht oder fällt seinem eigenen Herrn". (Röm.
14, 4.) Nur die Liebe darf der Beweggrund zur Erfüllung
dieser Pflicht sein. Und derDienst der Liebe muß dabei
in Erscheinung treten. Die Jucht, die von dem Herrn und
Meister geübt wird, nehmen wir bei dem Herrn Jesus
wahr, als Er eine Geißel aus Stricken machte, um die
Tempelschänder hinauszutreiben (vergl. Matth. 21 u. Joh.
2); aber wenn Er das tat, so nahm Er für einen Augenblick
im voraus jenen Charakter an, den Er einmal bekleiden
wird, wenn Er kommt, um zu richten.
Es gibt zwei oder drei Arten von Jucht *), die eine
Fülle von Trost für uns bieten, insofern sie ein Zeichen
der Verbindung der einzelnen mit dem ganzen Leibe und
mit Gott selbst sind. Leider werden diese Arten von Jucht
vielfach miteinander verwechselt.
*) Zu dem Wort „Zucht" sei bemerkt, daß der Ausdruck
nicht etwa nur Strafe oder Züchtigung bedeutet, wie vielleicht einige
meinen. Zn dem Bibl. Handwörterbuch von Zeller beißt es
bei dem Worte Zucht: „Zucht ist in der Schrift so viel wie Erziehung".
Und dann werden eine Anzahl Stellen angeführt, in denen
Zucht, Züchtigung usw. vorkommen, Ausdrücke, die in unserer
Übersetzung mit Zurechtweisung bzw. Unterweisung wiedergegeben
sind. „Zuchtmittel", beißt es dann weiter, „sind vor allem Lehre,
Ermahnung, Warnung, Rat usw."
Der Hinweis dürfte zum besseren Verständnis mancher der
nachfolgenden Ausführungen behilflich sein.
Anm. der Schriftleitung
Im allgemeinen ist man dahingekommen, die Jucht
als eine rein richterliche Handlung zu betrachten. Das ist
wohl auf gewisse Gewohnheiten gesellschaftlicher Art zurückzuführen.
Man hat sich zu Klubs oder Vereinigungen
r72
zusammengeschlossen *) und sodann Regeln aufgestellt, die
für den guten Ruf der betreffenden Gesellschaft als wesentlich
betrachtet wurden. Weil man sich doch sichern muß
vor unliebsamen Überraschungen, hat jede Gesellschaft ihre
eigenen Verordnungen erlassen. Nun, das ist ein Grundsatz,
der, wenn er auf Versammlungsangelegenheiten übertragen
wird, so weit von der Wahrheit entfernt ist wie die
Welt von der Kirche, oder wie das Licht von der Finsternis.
Ebensowenig wie wir das Bilden von Gemeinschaften nach
dem Grundsatz oben genannter Vereine gutheißen können,
ebensowenig können wir uns zu derartigen Vorbeugungsmaßnahmen
eigener Erfindung bekennen. In göttlichen
Dingen gibt es keinen Raum für irgend ein eigenwilliges
Tun seitens des Menschen. Da hat alles zu geschehen in der
Abhängigkeit Christi unter Leitung des Heiligen Geistes.
Des Menschen Wille führt in ewiges Verderben. In
dem Augenblick, wo ich dem eigenen Willen folge, befinde
ich mich im Dienste Satans und nicht in demjenigen
Christi. Die Folge ist dann eine Menge praktischer Schwierigkeiten,
die freilich von denen, welche draußen sind, nicht
empfunden werden. Halte ich an dem Gedanken einer Art
richterlichen Verfahrens fest, das, wie eine Kriminalsache,
kraft gewisser Gesetze weitergeführt werden muß, so habe
ich den Boden der Gnade verlassen. Ich habe dann Dinge
miteinander vermischt, die nichts miteinander zu tun haben.
liier ist ;u bedenken, daß der Schreiber Engländer ist. Da5
Ulubwesen hat bekanntlich in England von jeher in hoher Blüte
gestanden. Amn. der Schriftleitung
Matthaus 18,15-17
Diese Stelle wird oft in Verbindung mit der Ver-
sammlungszucht angeführt, doch kommt es mir vor, als
173
ob sie den Gegenstand nicht berühre. Es ist an dieser Stelle
von einem dem Bruder zugefügten Unrecht die Rede, aber
es wird gar nicht davon gesprochen, daß die Versammlung
den Bruder, der das Unrecht begangen hat, auöschließen
solle. Es heißt einfach: „So sei er dir wie der Heide und
der Zöllner". Es mag wohl sein, daß auch die Versammlung
den Betreffenden später als Heiden oder Zöllner anzusehen
hat, aber von diesem Gesichtspunkt auö wird die
Zucht, von der hier die Rede ist, nicht betrachtet. Es heißt,
wie gesagt, einfach: „so sei er dir usw." Hab' nichts mehr
mit ihm zu schaffen! Es handelt sich um den Fall, wo einer
dem anderen unrecht tut, wie beim Schuldopfer, wo
es heißt: „Wenn jemand sündigt und Untreue wider Jehova
begeht, daß er seinem Nächsten ein anvertrautes Gut
ableugnet" usw?) Die Unumschränktheit der Gnade vergibt
selbst „siebenzig mal sieben". Anderseits aber steht
geschrieben: „Du sollst deinen Nächsten ernstlich zurechtweisen,
damit du nicht seinetwegen Schuld tragest". (3.
Mose 19,17.)
Jemand hat mir unrecht getan. Wie soll ich nun handeln?
Ich nehme meine Zuflucht nicht zu der Jucht des
Vaters, noch zu der des Sohnes über Sein Haus, sondern
indem ich in brüderlicher Liebe meinem Bruder gegenüber
handle, gehe ich zu ihm und sage: „Bruder, du hast mir unrecht
getan" usw. Diese Erklärung, eine Handlung der Gerechtigkeit,
ist vor allem nötig. Aber wenn ich auch so rede,
*) (Zeder, der wider Gottes Gebote verstieß und tat, was
nicht getan werden sollte, der sündigte, und solches Tun verlangte
das Sund opfer. Aber da gab es auch noch Verfehlungen wider
den einzelnen, Unrecht dem Nachbar gegenüber, durch
Vertrauensbruch oder dergleichen, und für solche Verfehlungen gab
es ein Schuld opfer. (vergleiche 3. Mose 7, s—7.)
174
brauche ich dabei den Weg der Gnade nicht zu verlassen.
Will der andere, nachdem ich so gesprochen und gehandelt
habe, nicht auf mich hören, so nehme ich noch einen oder
zwei mit mir, auf daß alles aus zweier oder dreier Zeugen
Mund bestätigt werde. Führt auch das nicht zum Ziel, so
sage ich es der ganzen Versammlung. Will er aber auch auf
die Versammlung nicht hören, „so sei er dir" usw. Diese
Stelle gibt uns also eine Regel für das persönliche
Verhalten, und das Ergebnis ist die persönli ch e
Stellungdes Bruders zum Bruder. Es kann geschehen,
daß die Sache so weit kommt, daß die Versammlungszucht
nötig wird, aber es braucht nicht so weit zu kommen. Ich
gehe zu meinem Bruder, in der Hoffnung, ihn zu gewinnen,
ihn zum reuigen Bekenntnis zu bringen und ihn so in
die richtige Stellung der Gemeinschaft mit mir und mit
Gott zurückzuführen, denn wo die brüderliche Liebe angetastet
wird, da muß auch notwendigerweise die Gemeinschaft
mit dem Vater darunter leiden. Wird mein Bruder
gewonnen, so nimmt die Sache keinen weiteren Fortgang.
Nichts davon sollte je über meine Lippen kommen. Weder
die Versammlung noch sonst jemand, wer es auch sei, erfährt
etwas. Nur wir zwei wissen darum. Scheitern meine
Bemühungen, so gehe ich weiter, aber lediglich in der Absicht,
meinen Bruder wiederherzustellen und ihn wieder
in den Genuß der Gemeinschaft mit allen zu bringen.
Was nun
die Zucht des Vaters
betrifft, so ist diese noch weit mehr ein persönliches Vorrecht
gemäß der Gnade. Ich möchte bezweifeln, ob sie irgendwie
unter die Obliegenheiten einer ganzen Versammlung
fällt. Auch sie ist eine rein persönliche Angelegenheit.
175
Ich glaube nicht, daß die Kirche den Platz des Vaters einnehmen
kann. Wenn es sich um Väter handelt, so ist hier
der Gedanke einer übergeordneten Stellung in gewissem
Sinn berechtigt, denn es gibt Verschiedenheiten von Gnade,
wie es Verschiedenheiten von Gaben gibt. Wer geistlicher
ist, sollte hingehen und seinen gefallenen Bruder wieder
aufrichten. (Vergl. Gal. 6, l.) Wer das aber tut, verrichtet
eine persönliche Gnadenhandlung, die nichts mit Kirchenzucht
zu tun hat. Es ist von höchster Wichtigkeit, diese
Dinge klar auseinander zu halten, damit, während einerseits
durchaus Bereitwilligkeit besteht, sich unter das Urteil
der „Zwei oder Drei" zu stellen, anderseits die persönliche
Wirksamkeit nicht beschränkt werde, sondern
unberührt ihren Platz behaupte. Dem Wirken des Heiligen
Geistes muß völlige Freiheit verbleiben. Ich könnte mir
durchaus den Fall denken, daß jemand, wie einst z. B. Ti
motheus, umherzugehen und alle in seinem Bereich zu tadeln
hätte. „Überführe, strafe, ermahne mit aller Langmut
und Lehre", schrieb der Apostel diesem Manne. (2. Tim.
4, 2.) Daö ist freilich Jucht. Aber die Kirche hat nichts mit
ihr zu tun. Es ist ein ganz persönliches Vorgehen.
Eine andere Frage ist, ob die Kirche schließlich nicht
doch gezwungen ist, Jucht auszuüben, wie bei den
Gläubigen in Korinth, (l. Kor. 5.) Die Korinther waren
keineswegs geneigt, Jucht auszuüben. Aber der Apostel besteht
darauf, daß sie es taten. Hier sehen wir einen Menschen
durch die Wirksamkeit des Geistes einen Dienst der
Gnade und Wahrheit, und was man noch hinzufügen will,
zu anderer Nutzen ausüben. Paulus handelt ganz persönlich.
Sein Tun ist nicht mit einer kirchlichen Handlung auf
eine Stufe zu stellen. Es ist ein Unglück und ein schwerer
176
Irrtum, die Kirchenzucht zur einzig bestehenden zu machen.
Es wäre geradezu fürchterlich, wenn man verpflichtet wäre,
jede Art des Bösen zu aller Kenntnis zu bringen. Es
kann ganz und gar nicht im Bestreben der Liebe liegen,
das Böse an die Öffentlichkeit zu zerren. Im Gegenteil,
„die Liebe bedeckt eine Menge von Sünden". Sieht die
Liebe einen Bruder sündigen, eine Sünde, die nicht zum
Tode ist, so betet sie für ihn, und so mag es sein, daß die
Sünde niemals zu einer Frage der Kirchenzucht zu werden
braucht.
Ich glaube, es gibt niemals einen Fall von Kirchenzucht,
der nicht dem ganzen Leib zur Schande gereicht. In
seinem ersten Brief an die Korinther schreibt Paulus: „Und
ihr seid aufgeblasen und habt nicht vielmehr Leid getragen!"
Sie alle waren an der geschehenen Sünde beteiligt.
Eö ist damit wie mit einem Geschwür, das ein Beweis von
dem krankhaften Zustand des Leibes ist, von der ganzen
Leibeöbeschaffenheit. Nie ist eine Versammlung geeignet
oder in der Verfassung, Jucht zu üben, wenn sie sich nicht
zuvor mit der Sünde des einzelnen einsgemacht hat. Geschieht
die Zucht nicht auf solche Art, so trägt sie einen richterlichen
Charakter, anstatt die Verwaltung der Gnade
Christi zu sein. Bis heute hat Christus Seinen Platz als
Richter noch nicht eingenommen. Ist einmal dieser Augenblick
gekommen, die Zeit, wo das Wort gilt: „Wer unrecht
tut, tue noch unrecht" usw., so hat die Kirche ihren Platz
völlig aufgegeben. In der gegenwärtigen Haushaltung ist
aber ihr priesterlicher Charakter der der Gnade.
Was ist nun der Charakter derväterlichen Jucht,
und wie übt der Vater sie aus? Liegt das ganze Geheimnis
nicht in dem Wort Vater? Der Vater nimmt nicht
r?7
den gleichen Platz ein wie das Kind. Hier ist jemand, der
höher steht an Gnade und Weisheit. Wenn ein solcher nun
einen anderen irregehen und verkehrt handeln sieht, was
tut er? Er geht zu ihm hin und sagt ihm: „Ich bin auch einmal
in deiner Lage gewesen, deshalb kann ich dir aus eigener
Erfahrung raten: Handle nicht so!" Zn Liebe wird die
Sache klargestellt; in Liebe wird gemahnt und gebeten.
Freilich, in Fällen von Berhärtung kann auch Tadel nötig
werden. Der Vater kann viel Nachsicht mit Schwäche und
Unerfahrenheit haben, hat sein Weg ihn doch durch die
gleichen Umstände geführt. Stets aber muß, mag man sich
noch so sehr zum Diener des anderen machen, der Grundsatz
des Vaters aufrechterhalten werden, und dieser besteht
in einer persönlichen Überlegenheit, die freilich mit Gnade
gepaart ist. Nichts in der Welt darf Veranlassung geben,
den Vater von seinen Bemühungen abzubringen. Es ist
das Vorrecht dieser väterlichen Liebe, mit dem Apostel zu
sprechen: „Wenn ich auch, je überschwenglicher ich dich
liebe, umso weniger geliebt werde". Diese Liebe kommt
aus Gott. Sie bringt mich dahin, den Bruder um der Liebe
willen nicht auf seinem verkehrten Weg weitergehen zu lassen.
Es handelt sich in diesem Fall nicht um ein mir persönlich
zugefügtes Unrecht, sondern um einen Fall, worin
der Bruder in Wandel oder Verhalten gegen seinen Kindescharakter
gefehlt hat. Wir kommen in dieser Hinsicht oft zu
kurz, weil wir die Unannehmlichkeiten und Mühen scheuen,
die ein Eingehen in derartige Dinge leicht mit sich bringt.
Stets aber sollte ich, wenn ich einen Gläubigen einen verkehrten
Weg gehen sehe, daran denken, daß er ein Schaf
von der Herde Christi ist, und so sollte ich mich innerlich
gebunden fühlen, alles mir Mögliche zu tun, um ihn aus
r?8
seinen Verkehrtheiten heraus wieder auf den rechten Weg
zu bringen. Vielleicht wird er mir auf meine Ermahnungen
erwidern: „Was geht das dich an? Hast du dich um meine
Sachen zu kümmern?" oder dergleichen. Trotzdem aber
sollte ich ihn nicht lassen und mich selbst, wenn's sein muß,
bis zu seinen Füßen erniedrigen, nur um ihn aus dem Netz
zu lösen, in das er sich verstrickt hat, und das auf die Gefahr
hin, mich dadurch vielleicht seiner Mißgunst auszusetzen.
Hierzu ist freilich ein Geist der Gnade nötig und
eine Liebe, groß genug, die ganze Last des anderen auf sich
zu nehmen.
Eine andere Art Jucht ist
Die Zucht Christi „als Sohn über Sein HauS".
Der Fall Judas ist hier von großer Bedeutung. Ist
geistliches Leben in dem Leibe vorhanden, so wird das Böse
niemals von langem Bestand sein können. Unmöglich
könnten Heuchelei oder sonst Böses sich da behaupten, wo
es geistliches Leben gibt. Im Falle Judas überstieg des
Herrn persönliche Gnade alles, und so wird es immer, dem
betreffenden Fall entsprechend, sein. Es ist erschütternd,
zu sehen, wie gerade dieser Gnade gegenüber das Böse sich
auf seinem Höhepunkt zeigte. „Der Mann, der mein Brot
aß, hat die Ferse wider mich erhoben." „Als nun jener den
Bissen genommen hatte, ging er alsbald hinaus." (Joh.
tZ.) Die Gnade erstrahlte in ihrer ganzen Herrlichkeit, als
es offenbar wurde, daß das Böse sich wider Ihn selbst
richtete.
Diese Art Jucht befaßt sich nur mit dem, was bereits
offenbar geworden ist. Daher sehen wir
auch, daß die Jünger, bevor die böse Tat geschehen war,
— r79 —
einander fragten, was dies doch bedeuten möge. Es berührte
nicht das Gewissen der Versammelten. Hier sehen
wir klar, welch ein großer Unterschied zwischen dieser Jucht
und der des Vaters besteht. Letztere tritt da in Tätigkeit,
wo noch nichts offenbar geworden ist. Sie betrifft ein Übel,
das verborgen ist oder möglicherweise nach Jahren herauö-
kommt. Sehe ich als älterer einen jüngeren Bruder in Gefahr,
so sollte ich ihn mit väterlicher Sorge behandeln und
mit ihm über die Sache reden. Aber das ist ganz etwas anderes
als Kirchenzucht. Übe ich eine väterliche Jucht irgendwelcher
Art, so bedingt dies zunächst meinerseits persönliche
innere Gemeinschaft mit Gott der betreffenden Sache
wegen. Weiter versteht es sich von selbst, daß ich imstande
sein muß, den Grund dessen zu beurteilen, was bei dem
anderen möglicherweise zum Bösen führen wird. Ich
durchschaue, was er nicht sieht, auf Grund geistlicher Erfahrungen,
die mich berechtigen und veranlassen, in treuer
Liebe mit ihm zu verfahren, ohne daß ich dabei vielleicht
fähig bin, irgend einem anderen Menschen eine Erklärung
über mein Tun zu geben.
Die Verwechslung und Vermischung dieser drei Dinge:
der persönlichen Warnung und Vorstellung, der Jucht
des Vaters in brüderlicher Sorge und endlich der Jucht
Christi „als Sohn über Sein Haus" oder der Kirchenzucht,
haben zu aller Art schrecklichster Verwirrung geführt.
(Schluß folgt.)
Ich hab drei böse Hunde: inAr3lituckinem,8uperhi3m
und invickisin (Undankbarkeit, Stolz und Neid); wen diese
drei Hunde beißen, der ist sehr übel gebissen. Luther
— 180 —
Bemerkungen
zum Brief an die Phtltpper
(Von P. H. -j-)
I.
Im Briefe an die Philipper kommt so recht die Liebe
des vom Herrn zum verantwortlichen Hirten eingesetzten
Apostels zum Ausdruck, sowie daö innige Einssein des
Apostels mit seinem Herrn und Heiland, sowohl in den
Leiden als auch in den Freuden; ferner seine Dankbarkeit
und Zuversicht trotz aller erlittenen Trübsale. Der Hauptinhalt
des Briefes kann in einem Wort zusammengefaßt
werden, und dieses Wort heißt Christus. Wir finden im:
r. Kapitel: Christus als Lebens zw e ck (V. 2t)
2. Kapitel: Christus als Lebens vorbild (V. S)
Z. Kapitel: Christus als Lebens ziel (V. t4)
4. Kapitel: Christus als Lebens kraft (V. tZ)
Lap. i
Vers 3
„Knechte Jesu Christi." Paulus und Timotheus waren
stets zur Verfügung ihres himmlischen Herrn, stets
bereit, ihrem Herrn und den Deinigen zu dienen. Sie suchten
in dieser Welt nichts für sich.
„Ich danke meinem Gott." Sein Gott hatte ihn
bis hierher durch Leid und Freud' treu geführt. Der Apostel
nahm alles, auch die Gefangenschaft, aus der Hand Gottes
an. Er nahm es, wie z. B. ein Kind alles annimmt, was
sein Vater ihm gibt, und mit Vertrauen sagt: „Mein lieber
Vater sorgt für mich". Als Knecht betrachtete er
das Werk, das er bediente, als Gottes Sache und sich selbst
nur als Werkzeug; auf der anderen Seite aber dankte er
— 181. —
Gott für Seine Hilfe, wie wenn es das Werk des Apostels
und er für die Hilfe Gott zu Dank verpflichtet wäre. Er
nimmt also die ganze Verantwortung auf sich, gibt dagegen
alle Ehre und allen Dank Gott! Jedesmal, wenn er
an seine lieben Philipper denkt, steigtderDank ge- Vers §
gen Gott in seinem Herzen auf, und jedesmal,
wenn er für sie bittet, freut er sich über sie, nicht
etwa in erster Linie über die Gaben, die er von ihnen empfangen
hatte, sondern weil sie das Werk des Herrn im v«rss
Herzen trugen. Er freut sich über daö Werk des Geistes
Gottes in den Philippern. Das ist der wahre christliche
Standpunkt, ein Standpunkt, auf den nur die Gnade Got- v-r» <s
tes einen Menschen zu erheben vermag. Der Apostel hat
die Zuversicht und das Vertrauen zum Herrn, daß Er Sein
Werk der Gnade in den Philippern weiterführen werde. Er
weiß, daß der Herr Sein Werk nicht vernachlässigt. Es ist
immer gut, wenn man das Vertrauen nicht wegwirft.
Wie schön ist es, daß der Apostel das ganze Werk, um das
er sich bemüht hatte, als des Herrn Werk betrachtet
und sich freut im Hinblick darauf, daß am Tage Jesu
Christi dieses Werk zur Ehre des Herrn ausschlagen
werde. Das ist Selbstlosigkeit. Schließlich erklärt er es sogar
als seine Pflicht, die Werke der Gläubigen in Philippi
lobend zu erwähnen. Er ist es ihnen schuldig, weil sie durch
ihre Werke die Echtheit ihrer Liebe zum Apostel bewiesen.
Man sieht, wie er ganz von der einen Sache erfüllt ist:
von der Ehre desHerrn und dem Wunsche, daß die Philipper
treu dastehen möchten!
„Weil ihr mich im Herzen habt." Jemand im Herzen 7
haben, bedeutet nicht nur ihn lieben, sondern ihm ganz besondere
Zuneigung entgegenbringen. Es waren drei Grün
182
de, weshalb die Philipper den Apostel besonders liebten:
Er war gefangen (in Banden); er war für das Evangelium
verantwortlich, und er kämpfte für das Evangelium.
In allen drei Punkten erfuhr der Apostel die Gnade des
Herrn in reichem Maße, und die Gläubigen in Philippi freuten
sich dieser Gnade und genossen sie mit dem Apostel. Es
war eine herzliche Teilnahme vorhanden an allem, was
ihn betraf: an den Banden, an seiner Verantwortlichkeit
und an seinem Werke. Das ist schön. Der Apostel seinerseits
freute sich darüber, daß die Philipper die Gnade, die
sein Teil war, und die er so schätzte, mit ihm genießen
durften. Wenn Herzen, die sich lieben, vom Herrn und Seinem
Werk erfüllt sind, dann fühlen sie immer ein Bedürfnis,
sich zu sehen und sich über diese Dinge zu unterhalten.
v«r»s Bei dem Apostel war dieses Gefühl in so hohem Maße vorhanden,
daß er sagen konnte: „Ich sehne mich nach euch
allen mit dem Herzen Christi Jesu". Die Liebe des Herrn
erfüllte ihn.
V«» y Nun, die wahre christliche Liebe erweist sich vor allem
darin, daß man das Wachstum der Gläubigen im Auge
hat. Man wünscht nicht so sehr, daß die anderen einem
mehr Liebe erweisen oder einem mehr Interesse entgegenbringen,
so sehr man das auch schätzen mag; vielmehr ist
einem darum zu tun, daß das Verhältnis der anderen
zum Herrn ein innigeres werde, weil man sehr wohl
weiß, daß dies neben Seiner Verherrlichung auch zu ihrem
eigenen Wohl ausschlagen wird. So wünschte Paulus, daß
die Liebe der Philipper überströme. Wenn eine Flüssigkeit,
die ein Gefäß ausfüllt, ihren Rauminhalt vergrößert, sich
vermehrt, dann strömt sie über und ergießt sich in noch andere
Räume. So, wenn die Liebe sich vermehrt. Der Apo
r83
stel wünschte nun, daß die überströmende Liebe sich auf noch
anderen Gebieten betätigte: in Erkenntnis und alle
r E i n s i ch t. Die Liebe sucht sich zu betätigen inllber -
einstimmungmit den Gedanken Gottes. Sie v«r» 10
fragt sich: Wie kann ich wirken zur Ehre des Herrn? Es ist
eine erfreuliche Erscheinung, wenn ein Kind Gottes, von
der Liebe des Herrn erfüllt, nur den einen Wunsch hat,
dem Herrn zu gefallen, wenn es begierig ist, den Willen
Gottes in allem zu wissen, und sich nicht damit zufrieden
gibt, in dieser Hinsicht ein gewisses Ziel erreicht zu haben,
sondern weiter strebt; wenn es nicht nur das Gute, sondern
das Vorzüglichere zu tun sucht. Ich glaube, hieran
wird viel zu wenig gedacht. Wir sollten nicht damit zufrieden
sein, wenn man uns nichts Böses nachsagen kann,
sondern sollten uns stets fragen: Wie kann ich alles noch
besser machen? was kann ich tun, daß der Herr noch mehr
Freude hat? Dieses Prüfen ist der Beweis einer lauteren
Gesinnung. Eine lautere Gesinnung ist wertvoll. Jedermann
weiß sogleich, woran er mit einem solchen Menschen
ist. Das ist dann eine Ehre für den Herrn, denn bei solcher
Gesinnung ist auch der Wandel unanstößig vor der Welt.
Die Welt wird sagen müssen wie bei Daniel: Wir finden
gegen diesen Menschen keinen Anklagegrund. Es gibt keine
schlechte Handlung an ihm. (Vergl. Dan. 6, 5. 6.) Das
wird am Tage Christi offenbar werden zur Verherrlichung v«r» n
des Herrn. Die Gerechtigkeit Christi bringt so ihre reiche
Frucht „zur Herrlichkeit und zum Preise Gottes". Gott
wird einst gepriesen werden, wenn der Wandel der treuen
Gläubigen offenbar wird.
Satan hatte beabsichtigt, die Ausbreitung des Evan- v«r» i-
geliums zu hindern, indem er den Apostel ins Gefängnis
r84
brachte. Aber statt daß ihr geschadet wurde, diente die Gefangenschaft
des Apostels zu des Evangeliums Förderung.
?-rs iz Es wurde schnell bekannt, was für ein Gefangener sich in
Neros Gefängnis befand. Überall wurde erzählt, daß der
Apostel um des Glaubens willen dort sei, und da er nicht
schwieg, so hörten nicht nur die Gefangenen, sondern auch
Kriegsknechte, Wächter, Offiziere, ja, selbst der Kaiser, was
c>ers iq für ein merkwürdiger Gefangener da war. So wurde die
Frohe Botschaft an einem Ort verbreitet, an den sie sonst
wohl kaum gelangt wäre. Aber auch noch in einer anderen
Hinsicht wurde das Evangelium gefördert: Die meisten
Brüder faßten, als sie das Vertrauen und den Glauben
des Apostels in seiner schweren Lage gewahrten, ihrerseits
Vertrauen und gewannen Mut, das Wort ohne Furcht zu
verkündigen. Ein schöner Beweis, wie wir einer dem anderen
zum Nutzen sein können durch das gute Beispiel. So
werden die Absichten des Feindes vereitelt, und der Wille
des Herrn kommt zur Ausführung. (Vergl. hierzu
Apstgsch. 12, 24.) Der Apostel freute sich neidlos darüber.
Er schaute stets auf das Ergebnis, nämlich auf die Verherrlichung
des Herrn.
r« 13-17 Aber wie verschieden waren die Beweggründe, aus
denen andere handelten! Zwar gab es solche, die daran
dachten, daß der Apostel für die Ausbreitung deö Evangeliums
verantwortlich war, und die infolgedessen die Liebe
zu ihm zur Arbeit drängte. Aber andere beneideten den
Apostel um seiner Gaben und seiner Erfolge willen und
suchten es ihm aus reiner Selbstsucht gleichzutun. Ja, der
Neid brachte sie gar so weit, daß sie in der Absicht predigten,
den Apostel, der ohnehin durch seine Bande Trübsal
genug hatte, zu beleidigen und zu betrüben. Welch traurige
185
Beweggründe! Man sollte nicht glauben, daß ein Mensch,
geschweige denn ein Christ, eine solch schändliche Gesinnung
haben könnte. Aber der Apostel freute sichüber v«s is
das Ergebnis. Ihm lag nicht an seiner Ehre
oder an seinem Erfolge, sondern daran, daß der
kostbare NameIesu verbreitet wurde, und das geschah
in jenem Fall. In der Tat ein hoher Standpunkt! Was lag
dem Apostel daran, daß andere ihn beneideten, oder daß
er im Gefängnis schmachten mußte! Ein Zweck wurde ja
bei allem erreicht: Jesus wurde verkündigt, Sein Name
wurde bekannt. Geschah das, so waren Ziel und Zweck seines
Lebens erreicht. Möchten doch alle Gläubigen diese Gesinnung
haben! Der Christ, der also denkt, wird durch die
Freude über die Verkündigung dieses großen Namens über
alle Umstände emporgehoben.
Der Apostel konnte sich über die Ausbreitung des v«rs iy
Evangeliums auch imBlickaufdieJukunft freuen.
Er wußte, daß der Herr Sein Werk nicht vernachlässigen
und Seinen Diener schon in dieser Zeit für seine Mitarbeit
reichlich belohnen werde, wozu auch die Gebete der Philip-
per beitragen würden. Nachdem der Herr sich bis dahin des
Apostels bedient hatte, um sich durch ihn zu verherrlichen,
hätte, wo er jetzt im Gefängnis war, die Befürchtung in
ihm aufkommen können, daß das aufhören, daß der Herr
sich nicht mehr an ihm verherrlichen werde. Die Gefahr dieser
Befürchtung bestand. Aber der Apostel hatte das Vertrauen
zum Herrn, daß er trotz allem in nichts werde zuschanden
werden. Er war der guten Zuversicht, daß, wie
bisher, nur in anderer Form, Christus an seinem Leibe hoch
erhoben werde. Seine sehnliche Erwartung und Hoffnung
gingen dahin, der Herr werde auch fernerhin ihn, den Apo
— rsb —
stel, gebrauchen zur Verherrlichung Seines Namens. Vielleicht
mochte der Tod im Gefängnis ihm bestimmt sein;
vielleicht winkte ihm die Freiheit und ein weiteres Leben
für den Herrn: Ihm war das einerlei. Wenn nur der Name
Jesu verherrlicht wurdet Das war sein sehnlicher, sein ein-
ziger Wunsch. War doch allein „Christus" der Iweck
seinesLebens! Sollte er aber sterben, nun, dann desto
besser für ihn! Denn „abscheiden und bei Christo sein, war
weit besser". Welch ein klarer Standpunkt! Da spielten
eigene Wünsche keine Rolle mehr. Ihm war alles recht,
was der Herr mit ihm anfing. Wollte der Herr, daß er
lebe, dann sollte dieses Leben dem Herrn gehören, ganz
Ihm geweiht sein. Es war wahrlich der Mühe wert. Ein
dem Herrn geweihtes Leben bedeutete und bedeutet noch
heute große Mühe, aber für seinen geliebten Herrn war
ihm nichts zu viel. Fand der Herr es aber für gut, ihn wegzunehmen,
dann war er ja aller Mühe enthoben. Er hing
nicht an dem Leben der Mühe und Sorgen. Hätte er zwischen
beidem wählen können, seine Liebe zum Herrn hätte
ihm die Wahl schwer gemacht. Die Liebe zum Herrn
drängte ihn, dem Herrn zu dienen, und die gleiche Liebe
war der Grund, daß er s o gern heimgegangen wäre zu
««24.2, seinem geliebten Heiland. Für sich selbst hätte er das letztere
weit vorgezogen; wenn er aber an seine lieben Philip-
per dachte, wurde ihm klar, daß sein Tagewerk noch nicht
getan war, denn die Philipper bedurften noch so sehr seiner
Belehrung und Ermunterung. Es ist fürwahr herzerquik-
kend, die Gesinnung dieses treuen Dieners des Herrn zu
sehen. Dachte er an den Tod, so freute er sich bei diesem
Gedanken, weil er dann zum Herrn ging. Sollte er noch
in dieser Welt bleiben, so freute er sich auch, und zwar
— 1.87 —
aus dem Grunde, weil er dann seinen lieben Philippern
noch weiter dienen durfte. Sein Los mochte also sein, wie
der Herr es für gut fand; ihm war alles recht. Seine Freude
war, dem Herrn und den Seinigen zu dienen. Weil es
nun aber um der Gläubigen willen nötig war, daß er noch
auf Erden blieb, so war der Apostel sich darüber klar, daß
der Herr ihn noch nicht heimrufen werde; deswegen glaubte
er auch zuversichtlich, daß Er ihn wieder mit den geliebten
Philippern zusammenführen werde. Und wenn sie sich
im Herrn rühmten (1. Kor. 1, Zl) in der Abwesen-
heitdes Apostels, wie würden erst bei diesem Wiedersehen
ihre Herzen überströmen! So ist es immer, wenn v«r»-s
Herzen am Herrn hangen, und sie die gleichen Wünsche
und Ziele haben, nämlich die Verherrlichung des Herrn.
Dann ist es für sie eine große Freude, sich gegenseitig zu
sehen. Ich glaube, wenn alle Geschwister so ständen, so
würden die Versammlungen nicht oft so sehr vernachlässigt
werden, sondern ein jeder hätte dann ein tiefes Verlangen,
da zu sein, wo der Herr Seine Gegenwart verheißen hat,
nämlich da, wo zwei oder drei in Seinem Namen versammelt
sind. Abgesehen von dem persönlichen Se- v«»-?
gen hat wahre Gemeinschaftspflege aber auch noch ein anderes
wichtiges Ergebnis, und damit kommt der Apostel
auf den Wandel zu sprechen. Das Zusammenkommen hat
den Zweck, sich zu erbauen, sich miteinander zu freuen, zugleich
aber auch, etwas zu empfangen für die Weiterreise.
Es ist also Mittel zum Zweck. Der Zweck ist: ein Wandel
zur Ehre des Herrn. Darum schreibt der Apostel: „Wandelt
nur würdig des Evangeliums des Christus!" Mit anderen
Worten will er ihnen sagen: Unsere Umstände, ob
wir uns Wiedersehen zur gegenseitigen Freude und Förde
— 1.88 —
rung oder nicht — alles das liegt in der Hand des Herrn.
Er wird alles gut leiten nach Seiner Weisheit und Liebe.
Was ihr zu tun habt, ist, würdig zu wandeln des Evangeliums.
Es ist wichtig, stets im Auge zu halten, daß unser
Wandel im Einklang stehen soll mit dem Evangelium. In
Tit. 2, 11—13 wird gezeigt, wozu das Evangelium einen
Menschen erziehen will. Wenn nun der Wandel derjenigen,
die das Evangelium angenommen haben, zu diesem in
Widerspruch steht, so ist das keine Empfehlung für das
Evangelium. Die Philipper hatten Leiden zu erdulden von
feiten der Welt. Es waren Menschen da, die dem Evangelium
widerstanden und sie bedrohten. Darum bedurften
sie der Ermahnung, festzustehen und zu kämpfen und sich
nicht einschüchtern zu lassen. Um festzustehen, ist es nötig,
daß alle sich durch einen Geist leiten lassen und mit ei -
n e r Seele kämpfen. Es darf keine Uneinigkeit vorhanden
sein. Freilich ist alles Sache des Herrn, aber Er will uns
als Mitarbeiter gebrauchen. Da gilt es denn, mit Mut und
Vers 28 Vertrauen für die Sache Gottes einzustehen und sich nicht
zu fürchten vor den Feinden. Die Tatsache, daß dieser
Kampf von uns geführt wird, ist ein Beweis, daß wir auf
Gottes Seite stehen, die Welt aber dem Verderben entgegengeht.
Diese Gedanken sollten alle Kinder Gottes einigen.
Wir alle sollten uns bewußt werden, daß wir auf
der Seite Gottes stehen, und diese Erwägung sollte uns
dahin bringen, keine Zwistigkeiten unter uns aufkommen
zu lassen. Sobald in einem Kreise von Gläubigen geteilte
Meinungen oder Zwistigkeiten entstehen, ist die gemeinsame
Kraft dahin.
Vrrs2y Wenn wir nun für den Herrn und das Evangelium
einstehen, so werden wir zu leiden haben. Aber das ist ein
189
Vorrecht. Den Gläubigen in Philippi war esgeschcnkt,
nicht nur an Christum zu glauben, sondern auch für Ihn
zu leiden. Möchten wir doch stets daran denken, für den
Herrn Zeugnis abzulegen, wenn immer uns Gelegenheit
dazu geboten wird! Der Apostel hatte auch viel Kampf und
Leiden durchgemacht als Zeuge des Herrn. Was hatte er
nicht gerade in Philippi, alles erlitten! (Vergl. Apstgsch.
16.) Darum konnte er den Philippern hinsichtlich des von
ihm geführten Kampfes schreiben: „Den ihr an mir gesehen
habt". Und jetzt, wo er sich im Gefängnis befand,
machte er den gleichen Kampf und die gleichen Leiden
durch, wie wir V. 15 usw. sahen. Aber, das sei nochmals
betont, diesen guten Kampf können die Gläubigen nur
führen, wenn sie bereit sind, ihre eigenen Wünsche in den
Tod zu geben, und wenn sie untereinander in Eintracht
sind. Es ist ein gemeinsamer Kampf. Deshalb laßt
uns in einem Geiste feststehen!
Vers 30
Christus — unser Hohepriester
Christum zu betrachten. Ihn zu bewundern in den
verschiedenen Darstellungen, welche die Heilige Schrift von
Seiner Person, Seinem Werk und Seinen Diensten gibt,
ist eine Freude für jedes gläubige Herz, das Jesum als seinen
Herrn und Heiland liebt. In der nachfolgenden Abhandlung
möchte ich unser Augenmerk aus einen Seiner
Dienste lenken, die Er gegenwärtig ausübt.
Ist es nicht überaus wunderbar, daß der Sohn Gottes
nicht nur Mensch, sondern auch Diener geworden ist?
Sollte diese Tatsache nicht geradezu überwältigend auf jeden
wirken, der sie als göttliche Wahrheit angenommen
— rso —
hat? Die Schrift teilt sie uns in klarer, nicht mißznverste-
hender Weise mit. Uns wird erlaubt, auf die Worte zu
lauschen, die Er sprach, als Er in die Welt kam: „Siehe,
ich komme, um Deinen Willen, o Gott, zu tun". (Vergl.
Hebr. ro, 5—9.) Er, der in Gestalt Gottes war, hat es
nicht für einen Raub geachtet, Gott gleich zu sein, sondern
hat sich selbst zu nichts gemacht, hat Knechtsgestalt angenommen
und ist gehorsam geworden bis zum Tode. (Vergl.
Phil. 2, s—8.) Als vollkommener Mensch — Er hatte
sich einen Leib von Gott bereiten lassen (Hebr. 10, 5)
— und als vollkommener Diener diente Er in aller Hingebung
Dem, der Ihn gesandt hatte, damit Gott verherrlicht
werde. Jedoch übte Er diesen Dienst unter denMen -
schen und besonders unter den Seinigen aus, zu ihrem
Segen und Nutzen. „Ich bin in eurer Mitte wie der Dienende."
Dieses Wort hat Er selbst gesprochen wie auch
jenes andere, das so ergreifend schön ist: „Der Sohn des
Menschen ist nicht gekommen, um bedient zu werden, sondern
um zu dienen und Sein Leben zu geben als Lösegeld
für viele". (Luk. 22, 27; Matth. 20, 28.) Er gab Sein
Leben hin, und damit war Sein Dienst auf der Erde erfüllt.
Alles, was der Vater Ihm aufgetragen hatte, war
zu Seiner Verherrlichung vollbracht. Doch obwohl Sein
Dienst auf Erden mit dem Erlösungswerk beendet war,
und Er auf Grund desselben als der verherrlichte Mensch
in den Himmel zurückkehrte, wollte Er dennoch einDiene
r b l e i b e n.
Der Dienst, den der Herr gegenwärtig für die Seinigen
im Himmel ausübt, ist ein zwiefacher. Seine zwei
Seiten sind, obwohl nahe miteinander verbunden, doch
wieder ganz verschieden voneinander. Der eine Teil Sei-
— ryr —
»es Dienstes ist der hohepriesterliche, der andere der Sachwalter-
Dienst. Der erste wird vor Gott ausgeführt, während
Er in dem zweiten bei dem Vater tätig ist. Diese
zwei Seiten Seines Dienstes entsprechen zwei verschiedenen
Beziehungen, in denen die Gläubigen stehen: als Mensch
e n G o t t gegenüber, und als Kinder dem Vater
gegenüber. Uns beschäftigt heute die erste Seite dieses
Dienstes.
Der Dienst des Herrn als Hohepriester kann nach
Wert und Bedeutung gar nicht hoch genug eingeschätzt werden.
Der Brief an die Hebräer widmet ihm ganze Kapitel.
Wenn er auch in anderen Büchern des Neuen Testaments
vereinzelt angedeutet wird, und das Alte Testament ihn
uns vorbildlich in seinen Einzelheiten zeigt, so empfangen
wir doch erst im Hebräerbrief ins einzelne gehende Belehrungen
über Christum — unseren Hohenpriester.
An Hand von mehreren Hauptfragen möchte ich zunächst
eine kurze allgemeine Übersicht über den Priesterdienst
Christi geben. Diese Fragen sind:
r. Für wen ist Christus hohenpriesterlich tätig?
2. An welchem Ort wird dieser Dienst ausgeübt?
Z. Nach welcher Ordnung geschieht er?
4. AuS welchem Grunde geschieht er?
Die Antwort auf die erste Frage lautet kurz:
Christus istHoherpriefterfür ein erlöstes
Volk.
So wie im Alten Testament nicht eher von dem
Hohenpriester Aaron die Rede ist, als bis das Volk
Israel aus Ägypten erlöst und zu Gott gebracht war, so
hören wir auch im Neuen nicht eher von Christus, dem
Hohenpriester, als bis ein erlöstes Volk vorhanden
ry2
ist. Der Brief an die Hebräer, der uns, wie bereits bemerkt,
eingehende Unterweisungen über dieses Priestertum
gibt, legt gleich zu Anfang die, wie wir wohl sagen
können, Grundlage des ganzen Briefes mit den Worten:
„welcher (der Sohn) sich gesetzt hat zur Rechten der Majestät
in der Höhe". Wann hat Er diesen Platz eingenommen?
„Nachdem Er durch sich selbst die Reinigung der
Sünden bewirkt hatte." (V. 3.) Sein Sitzen zur Rechten
Gottes ist der Beweis einer vollendeten Erlösung. Sodann
deutet der Brief im 2. Kapitel an, für was für Leute
diese Erlösung vollbracht worden ist. Es sind die „Söhne",
die Gott „zur Herrlichkeit bringt". Der, welcher diese Aufgabe
vollführen wollte, „der Urheber ihrer Errettung",
mußte durch Leiden vollkommen gemacht werden. (V. lo.)
Diese Söhne sind „die Geheiligten", die mit Dem, „welcher
heiligt" (Christus), auf Grund Seines Werkes so innig
vereinigt sind, daß von ihnen in Verbindung mit Ihm
gesagt werden kann, daß sie „alle von einem sind" (V.
kl). Aus diesem Grunde, d. h. aus der Tatsache heraus,
daß sie mit ihrem jetzt droben weilenden Urheber ihrer Errettung
auf die allerinnigste und völligste Weise verbunden
sind, „schämt Er sich nicht, sie Brüder zu nennen". (V.
kl.) Erst nachdem diese Wahrheit, die in der Tat all unser
Denken übersteigt, völlig festgestellt worden, ist von Ihm
als unserem Hohenpriester die Rede. Dieser Sein Dienst
ist also weder eine Fortsetzung des Erlösungswerkes, wie es
mitunter hingestellt wird, noch wird er für Weltkinder ausgeübt,
sondern er geschieht für Menschen, die auf Grund
einer vollbrachten Erlösung Gott nahegebracht worden
sind.
Vorstehende Beantwortung der ersten Frage birgt
ryz
die Antwort auf die zweite Frage schon teilweise in sich.
Sie lautet:
Christus übt Seinen Dienst als Hohe
rp rieste r im Himmel aus.
Aus der Tatsache, daß der Herr jetzt droben zur Rechten
Gottes weilt, geht hervor, daß Er nur dort Seinen
Dienst als Hohepriester ausüben kann. Erst nachdem
Er „vollendet worden", das heißt, nachdem alle Prüfungen
für Ihn beendet, und Er als der verherrlichte Mensch
in den Himmel zurückgekehrt war, wurde Er „von Gott
begrüßt als Hohepriester". (Vergl. Kap. 5, 5. 9. ko.)
„Innerhalb des Vorhangs", das heißt, im Heiligtum droben,
ist Jesus „Hohepriester geworden". (Vergl. Kap.
6,20.) Wenn der Schreiber des Briefes an die Hebräer die
Belehrungen über das Priestertum Christi kurz zusammenfaßt,
so sagt er: „Wir haben einen solchen Hohenpriester,
der sich gesetzt hat zur Rechten des Thrones der Majestät
in den Himmeln, ein Diener des Heiligtums und der wahrhaftigen
Hütte, welche der Herr errichtet hat, nicht der
Mensch". (Kap. 8, k. 2.) Außerdem erklärt er in demselben
Kapitel ausdrücklich, daß, „wenn Er auf Erden wäre,
Er nicht einmal Priester wäre", weil solche (damals) da
waren, die nach dem Gesetz die Gaben darbrachten. (Vergl.
V. 4.)
Da aber „der Christus in den Himmel selbst" (Kap.
9, 24) eingegangen ist, also an einem neuen Orte Seinen
Priesterdienst ausübt, so kann Er dies notwendigerweise
nicht nach der alten Ordnung, der Ordnung Aarons, tun.
Dies führt zur Beantwortung der dritten Frage.
Christus ist Priester nach derOrdnung
Melchisedeks.
ry4
Als unser Herr nach vollbrachtem Werke in den Himmel
zurückkehrte, wurde Er „von Gott begrüßt als Hohepriester
nach der Ordnung Melchisedeks". (Kap. 5, 40.) *)
Der Unterschied zwischen dem Priestertum nach der
„Ordnung Melchisedeks" und dem nach der „Ordnung
Aarons" besteht darin, daß das erste ein „unveränderliches
Priestertum" darstellt (Hebr. 7, 24), während
das zweite ein Priestertum der Nachfolge ist. (Vergl.
Kap. 7, 23.)
Inwiefern wird nun durch Melchisedek ein unveränderliches
Priestertum dargestellt? Antwort: Durch die Art
der geschichtlichen Berichterstattung. Wenn das Wort Gottes
in 4. Mose 44 ganz unvermittelt Melchisedek erwähnt,
so sagt es nichts davon, wie es dies gewöhnlich bei hervorragenden
Männern tut, wer sein Vater war, welche Mutter
ihn geboren, welchem Geschlecht er angehört hat, und
auch nicht, wann er geboren oder gestorben ist. Nach der
Art der Berichterstattung könnte man annehmen, daß er
noch immer lebe. Der Geist Gottes läßt nähere Mitteilungen
über diesen Priester Gottes, des Höchsten, absichtlich
*) Der Herr ist heute nicht Priester nach dem Vorbild
Melchisedeks, sondern nach dem Vorbild Aarons, ^in Melchisedek
erblicken wir den segnenden Priester. Melchisedek segnete
Abraham „von Gott, dem Höchsten", (f. Mose ist.) (Dasselbe
wird Christus tun, wenn Lr als der wahre Melchisedek, Priester
und König in einer Person, den Samen Abrahams, Lessen Er
sich zur Niederwerfung Seiner und ihrer Feinde bedient, von Gott,
dem Höchsten, segnen und mit dem Brot und Vein des Reiches
stärken wird.) Das Priestertum Aarons dagegen war ein Priestertum
der Fürbitte und der Darstellung. Nach diesem Vorbild übt
der Herr Desus heute Sein Priestertum für uns, die Christen, aus,
während wir noch in einem Leibe der Schwachheit eine Welt, die
eine Wüste für uns ist, durchschreiten. Durch Seine Fürbitte wird
auch das irdische Volk Gottes äußerlich bewahrt und aufrecht
erhalten, bis Lr einst als der königliche Priester aus dem Heiligtum
heroorkommen wird.
— rys —
auö, um in ihm eine treffende Vergleichung mit „dem
Sohne Gottes" als Priester zu haben. Wären Geburt,
Tod und Abstammung Melchisedeks mitgeteilt worden,
so hätte sein Priestertum nicht die „Ordnung" dargestellt,
nach der der Herr Jesus Sein Priestertum ausübt, jenes
„unveränderliche Priestertum", das „nach der Kraft eines
unauflöslichen Lebens" ausgeübt wird. (Vergl. Hebr. 7,
24. 46.)
Diesem Priestertum gegenüber nimmt das Priestertum
Aarons einen mehr untergeordneten Rang ein, insofern,
als es übertragbar und somit nicht unveränderlich
war. Immer wieder machte der Tod dem Dienst des jeweils
amtierenden Hohenpriesters ein Ende, und ein Nachfolger
mußte an seine Stelle treten. Jesus, unser Hohepriester,
lebt dagegen immerdar, um sich für uns zu verwenden.
(V. 25.)
Die letzte der vier Fragen möchte ich mit den Worten
beantworten:
Christus ist deshalb hohenpriesterlich
für uns Gläubige tätig, damit wir einerseits
kraft Seiner Fürbitte auf dem Wege
durch dieseWelt bewahrt werden,und damit
uns anderseits der Zugang zu Gott
stets offen gehalten wird.
Obwohl alle diejenigen, für die der Herr als Hohepriester
tätig ist, durch Sein Werk auf Golgatha erlöst,
und zwar für den Himmel erlöst sind, so befinden sie sich
doch noch in einer bösen Welt, die im Argen liegt, und die
für die treuen Gläubigen eine Welt der Gefahren, Trübsale
und Schwierigkeiten ist. Sie gleichen dem Volke Israel,
das, nachdem es durch das an die Türpfosten gestri
— 196 —
chene Blut des Lammes erlöst worden war und Ägypten
für immer verlassen hatte, sich auf dem Wege nach Kanaan
befand. Dieser Weg führte durch die Wüste. Ebenso
befinden sich die Christen auf dem Wege zum Himmel,
ihrer eigentlichen Heimat, da sie „Genossen der himmlischen
Berufung" sind. (Kap. Z, 1.) Dieser Weg führt
durch eine Welt, die in sittlicher Hinsicht für sie eine Wüste
ist. Es ist ein Weg der Schwierigkeiten, Gefahren und
Prüfungen, und daher ein Glaubensweg. Da die Erlösten
nun außerdem in sich selbst kraftlos sind, würden sie nie
das verheißene Ziel erreichen, wenn Jesus nicht droben
für sie tätig wäre. Durch Seinen Dienst als Hohepriester
wird ihr Glaube aber immer wieder neu gestärkt.
Sie empfangen stets neue Kraft von oben, damit sie nicht
auf diesem gefahrvollen Wege fallen und umkommen,
sondern die Pilgerreise fortsetzen können, bis das Ende
des WegeS erreicht ist.
Anderseits sind die Gläubigen durch die Erlösung
Gott nahegebracht. Sie sind in das Licht gebracht,
gleichwie Gott im Lichte ist, und dürfen in Seine
Gegenwart treten. Trotzdem wäre es ihnen aber unmöglich,
von diesem Borrecht Gebrauch zu machen —
sind sie doch noch in einem Leibe, in welchem die Sünde
wohnt, und dazu in einer unreinen, bösen Welt —, wenn
Jesus, ihr Hoherpriester, nicht vor Gott wäre. „Durch
Ihn nahen wir Gott." Und durch Ihn allein ist das, was
sie in großer Schwachheit und mit vielen Mängeln verbunden
darbringen, „Ihm wohlannehmlich durch Jesum
Christum".
(Forts, folgt.)
Uber die Zucht
(Schluß)
Der wesentliche Zweck der Zucht
muß daö Bestreben sein, dem Hinaustun oder dem Ausschluß
vorzubeugen. Kommt es aber dahin, daß die Ausübung
der Jucht des „Sohnes über Sein Haus" ernstlich
in Frage gezogen werden muß, so sollte die Versammlung
doch nie an diese Frage herantreten, ohne sich mit dem, der
gesündigt hat, einsgemacht und ein Bekenntnis der gemeinsamen
Schuld und Schande darüber abgelegt zu haben,
daß es bis zu diesem Punkt kommen mußte. Auf diese
Weise würde niemals der Eindruck eines Gerichtshofes
erweckt werden. Das Gefühl der dem ganzen Leib zugefügten
Schande wäre allgemein. Wäre wahre Geistlichkeit
in der Kirche vorhanden, so würde sie dadurch von Heuchelei,
Verunreinigung und allem Unwürdigen gereinigt werden,
und es käme nie dahin, daß sie wie ein Gerichtshof
wirkte. Nichts sollte uns mehr erschrecken als der Gedanke,
daß man im Hause Gottes Dinge in richterlicher Weise
behandeln könnte. Nehmen wir an, in einem unserer Häuser
sei etwas vorgekommen, was dem Hause zur Entehrung
und zur Schande gereicht. Könnten wir uns da denken,
daß in solchem Fall einer von der Familie hingehen
und so tun würde, als ob ihn das alles nichts anginge?
Es könnte sein, daß ein böser Sohn um der übrigen willen
des Hauses verwiesen werden müßte. Alle Bemühungen,
ihn von seinem schändlichen Wege zurückzubringen, sind
gescheitert. Sein Einfluß auf die Familie ist so verderblich,
daß der Vater ihm sagen muß: „Ich kann dich nicht mehr
l-XXXlll 8
— rys —
im Hause halten. Ich darf nicht dulden, daß du durch deine
Sitten und Laster alle übrigen verdirbst!" Würde, trotz
alledem, dieser Vorgang der Familie nicht Anlaß geben,
in tiefem Schmerz zu trauern und zu weinen? Würden
nicht alle leiden unter solcher Schande, die der ganzen Familie
zur Unehre gereicht? Man würde es vermeiden, über
die Sache zu reden. Und auch andere würden es nicht tun,
um die Gefühle der Tiefgebeugten zu schonen. Der Name
des Schuldigen würde möglichst nicht mehr erwähnt wer
den.
Das ist ein Bild davon, wie es im Hause des Sohnes
zugehen sollte. Wie erschreckend ist der Gedanke an den
Ausschluß eines Gliedes! Welch ein Grund zu gemeinsamer
Trauer, Niedergeschlagenheit und Beugung! Könnte
Gott etwas mißfälliger sein als ein, gebrauchen wir den
Ausdruck, Kirchenprozeß?
Es ist so, die Kirche ist dem Zustand der Schwäche
und des Verderbnisses verfallen. Das ist ein Grund mehr
für die einzelnen, die eine Hirtengabe empfangen haben,
sich ihrer persönlichen Verantwortung bewußt zu sein, sich
in Liebe der einzelnen Gläubigen anzunehmen und für sie
Sorge zu tragen.
In meinen Gebeten liegt mir nichts mehr am Herzen,
als zu Gott zu rufen, daß Er den Versammlungen
Seiner Kinder Hirten geben möge. Unter einem Hirten verstehe
ich einen Mann, der auf seinem eigenen Herzen allen
Schmerz und Kummer, alles Elend und alle Sünden seines
Bruders zu tragen vermag, der alles Gott darzubringen
und dann das Nötige von Ihm zu erbitten weiß, was
jedem Bedürfnis entspricht, ohne daß es nötig wäre, einen
dritten Bruder hinzuzuziehen.
iyy
Hier ist noch eins zu bemerken. Das Ergebnis der
Zucht kann möglicherweise der Ausschluß sein. Kommt es
aber zu einem solchen gemeinsamen Handeln, so hört die
Zucht in dem Augenblick auf, in welchem der Betreffende
hinausgetan wird. Damit ist sie endgültig zum Abschluß
gelangt, und das Wort gilt fortan: „Ihr, richtet ihr nicht,
die drinnen sind? Die aber draußen sind, richtet Gott."
(1. Kor. 5,12. 13.)
Die Frage, ob ich mit dem oder jenem, der noch „drinnen"
ist, das Brot brechen soll oder nicht, sollte überhaupt
nicht erhoben werden. Es ist in der Tat mehr als absonderlich,
wenn ein Bruder sich der Gemeinschaft beraubt, weil
ein anderer zugegegen ist, von dem er aus irgend einem
Grund keine gute Meinung hat. Er schließt sich damit im
Grunde genommen um des anderen willen selbst aus.
„Denn e i n Brot, e i n Leib sind wir, die Vielen, denn wir
alle nehmen teil an dem einen Brote." (1. Kor. 10,17.)
Niemals sollte so gehandelt werden. Es kann sein, daß ich
mir in meinem Verkehr mit einem anderen gewisse Beschränkungen
auferlege. Doch sollte ich nie die Torheit begehen,
mich selbst auszuschließen, aus Furcht, ein Sünder
möchte sich in die Versammlung der Kinder Gottes einschleichen.
Tue ich das, so gebe ich damit zu erkennen, daß
ich die Jucht über das Haus auf mich allein nehme, indem
ich durch mein Verhalten nicht den einzelnen, sondern d i e
ganzeVersammlung richte.
Von Anfang bis zu Ende muß
die Zucht den Zweck haben, wkederherzuftellen.
Die Handlung des HinauStuns, der Ausschluß, gehört,
genau genommen, nicht mehr zur Jucht, sondern bekundet,
daß die Jucht unwirksam geworden und somit zu
— 2oc> —
Ende ist. Die Gemeinde sagt damit: Ich kann für diesen
nichts mehr tun?)
Was die Frage der Einhelligkeit in Sachen der Kirchenzucht
betrifft, so müssen wir uns zunächst und vor allem
daran erinnern, daß es der Sohn ist, der Seine Zucht
an Seinem eigenen Hause ausübt. In Korinth sehen wir
die Handlung an dem Leibe unmittelbar von Paulus vorgenommen,
kraft seiner apostolischen Autorität. Die Ver
sammlung handelt zunächst nicht. Sie muß regelrecht dazu
gezwungen werden. Der Gedanke, ein Recht zur Ausübung
der Zucht zu beanspruchen, ist erschreckend. Das
hieße ja gerade die Familie Gottes in einen Gerichtshof
verwandeln. Wenden wir noch einmal das bereits angeführte
Beispiel an! Ein Vater steht im Begriff, seinen bösen
Sohn vor die Tür zu setzen. Wie nun, wenn die anderen
Kinder mit den Worten herzueilten: Wir haben ein
Recht darauf, unserem Vater bei dem Hinaustun unseres
Bruders behilflich zu sein? Wäre das nicht fürchterlich?
Der Apostel war verpflichtet, die Korinther zu zwingen,
Jucht auszuüben, als sie in keiner Weise weder geneigt
noch in der richtigen Verfassung dazu waren. Wie
tut er es? „Es ist Sünde unter euch", schreibt er
ihnen, „und ihr habt nicht Leid getragen, auf daß der,
welcher diese Tat begangen hat, aus eurer Mitte
hinweggetan würde!" Er zwingt sie zur Anerkennung, daß
die begangene Sünde ebensowohl ihre Sünde als die des
betreffenden Mannes ist. „Und nun", schließt er, „tut den
Bösen von euch selbst hinaus!" Nie ist die Kirche in
*) Nebenbei bemerkt, soll auch der Ausschluß noch zum Wohl
der betreffenden Seele dienen. Paulus schreibt sogar von dem
Mann, den er dem Satan überliefern will: „auf daß der Geist errettet
werde am Tage des Herrn sZesus".
— 2or —
der rechten Verfassung, Jucht auszuüben, solange nicht die
Sünde des einzelnen ihre Sünde geworden und als solche
anerkannt worden ist.
Was es für den einzelnen in solchen Fällen zu tun
gibt, sagen klar Anweisungen des Apostels wie: „Die da
sündigen, überführe vor allen, auf daß auch die übrigen
Furcht haben" (l. Tim. 5, 20), oder: „Brüder! wenn auch
ein Mensch von einem Fehltritt übereilt würde, so bringet
i h r, die Geistlichen, einen solchen wieder zurecht im Geiste
der Sanftmut!" (Gal. b, r) und andere mehr. Hat aber
das Böse einen Charakter angenommen, der den Ausschluß
nötig macht, so muß die Gemeinde ihn vollziehen,
nicht, als bediene sie sich eines ihr zustehenden Rechtes,
sondern als zum Handeln verpflichtet. Es ist eine
Frage der Bewährung der Gläubigen. In Korinth war der
Vorgang so: Der Apostel zwingt die Korinther, ihren eigenen,
so beschämenden Zustand anzuerkennen. Darauf
lösen sie sich von dem Schuldigen und überlassen ihn der
Schande seines Vergehens. (Vergl. 2. Kor. 2 u. 7.)
Das ist die Art und Weise, in welcher der Apostel
die Korinther nötigte, Jucht auszuüben. Das Gewissen der
ganzen Versammlung wurde dahingebracht, sich in einer
Sache zu reinigen, an der sie als ein Ganzes beteiligt war.
Aber wieviel Mühe und Not hat es den Apostel gekostet,
bis das erreicht war! Wie spricht diese Not noch aus den
Worten in seinem 2. Brief: „Wem ihr aber etwas vergebet,
dem vergebe auch ich; denn auch ich, was ich vergeben,
wenn ich etwas vergeben habe, habe ich um euretwillen
vergeben in der Person Christi, auf daß wir nicht
vom Satan übervorteilt werden; denn seine
Gedanken sind uns nicht unbekannt." (Kap. 2, lO. ll.)
202
Was war denn Satans Absicht gewesen?
Der Apostel hatte auf dem Ausschluß des Bösen bestanden
(vergl. 1. Kor. 5, 3—5), aber die Versammlung
zögerte, zu handeln. Er zwang sie dazu. Sie gehorchte,
ging aber in richterlicher Weise vor und machte sich um die
Wiederherstellung des Betreffenden keine Sorge. (2. Kor.
2, 6. 7.) Daraufhin war es das Bemühen des Apostels,
sie auch in bezug auf die Wiederherstellung des Betreffenden
dahinzubringen, denselben Weg mit ihm zu gehen.
Deshalb: „Wem ihr vergebet ..." Satans Absicht tvar,
das Böse in die Versammlung hineinzubringen, sie dann
gleichgültig im Blick auf das eingedrungene Böse und
schließlich zu einem Gerichtshof zu machen. Es war eine
gute Gelegenheit, den Samen der Uneinigkeit zwischen dem
Apostel und den Gläubigen in Korinth zu säen. Paulus
macht sich mit dem ganzen Leibe eins, indem er die Korinther
zuerst nötigt, sich zu reinigen, und dann Sorge trägt,
daß der Ausgeschlossene durch ihrer aller Liebe wiederhergestellt
wird. Auf diese Weise wird Satans Absicht vereitelt.
Paulus verhandelt mit den Korinthern und verbindet sie
in allem mit sich. Zn jedem Fall, mag es sich um Ausschluß
oder um Wiederherstellung handeln, hat er sie auf
seiner Seite. — Wenn das Gewissen der Versammlung
nicht dahin gebracht wird, zu fühlen, was sie tut, indem
sie durch die Vollziehung des Ausschlusses sich selbst reinigt,
so weiß ich nicht, wozu der Ausschluß überhaupt dienen
soll. Es hieße, aus allen nur Heuchler machen.
Das Haus muß rein erhalten werden. Des Vaters
Sorge betreffs der Familie und die des Sohnes betreffs
des „eigenen Hauses" sind zwei ganz verschiedene Dinge.
In Zoh. 17 befiehlt der Sohn die Jünger der Obhut des
203
heiligen Vaters. Das ist etwas anderes, als das Haus in
Ordnung halten. Wenn der Herr in Joh. 15 sagt: „Ich
bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Mein Vater ist der
Weingärtner" usw., so haben wir hier des Vaters Sorge.
Der Vater reinigt die Reben zu dem Zweck, daß sie möglichst
viel Frucht bringen. Handelt es sich aber um die Sorge
des Sohnes für Sein Haus, so betrifft das nicht den
einzelnen, sondern es ist das Haus, das sauber gehalten
werden muß. Hierher gehört die Stelle: „Wenn wir uns
selbst beurteilten, so würden wir nicht gerichtet", (1. Kor.
11, 31.)
Fassen wir das bereits Gesagte noch einmal zusammen!
Es gibt drei Arten von Jucht:
Die erste betrifft dasbrüderl i ch e Verhältnis. Ich
gehe zu jemand, der mir unrecht getan hat, um mit ihm
zu reden; aber es muß mit Sanftmut und Geduld geschehen.
Bei der zweiten handelt es sich um die Sorge des Vaters.
Der Vater geht mit Liebe und Zärtlichkeit vor. Er
handelt wie mit Kindern, die sich verirrt haben.
Die dritte ist die Jucht des „Sohnes über Sei n
Haus". Hier haben wir zu handeln als solche, die sich
ihrer Verantwortung bewußt sind, das Haus rein zu erhalten,
dergestalt, daß die im Hause Befindlichen ihr Gewissen
mit der Natur dieses Hauses in Übereinstimmung
zu bringen haben. In diesem Fall ist es nicht der einzelne,
der handelt, sondern das Haus, der Leib. Das Gewissen
des Leibes muß in Tätigkeit sein. Auch hier mag die Wirkung
durch die göttliche Gnade die sein, daß der einzelne,
204
über den die Jucht verhängt werden muß, wiederhergestellt
wird. Aber das kommt hier erst in zweiter Linie in
Frage. Der Hauptpunkt (neben der Wiederherstellung)
ist die Verantwortung, das Haus sowie die Gewissen aller
darin Befindlichen rein zu erhalten von jeder Beflek-
kung. Und das kann manchmal mit viel, viel Mühe und
Schmerz verbunden sein.
Wesentlich ist, daß
der Geist, in welchem in allcn Fällen zu
verfahren ist, priesterlich ist.
Die Priester aßen das Sündopfer an heiligem Orte.
(Vergl. 3. Mose 40.) Ich glaube nicht, daß irgend jemand
oder irgend eine Versammlung (Gemeinde) irgendwelche
Zucht ausüben kann, ohne ein gereinigtes Gewissen zu besitzen,
und ohne die Macht des Bösen und der Sünde so vor
Gott gefühlt zu haben, als hätten sie es selbst begangen.
Erst dann handelt man wie einer, der das Bedürfnis fühlt,
sich selbst zu reinigen.
Waö charakterisiert den Platz, den Jesus jetzt innehat?
Er ist droben als unser Ho Herpriester, und
wir sind eins mit Ihm. Gäbe es in der Kirche mehr von dieser
priesterlichen Verwendung für andere — vorgebildet
durch das Essen des Sündopfers an heiligem Orte —, so
würde nicht das Zerrbild eines kirchlichen Gerichtshofs entstanden
sein. Wird nicht in der Familie, in der ein Familienglied
Schuld auf sich geladen hat, das begangene Böse
der ganzen Familie zu bitterem Schmerz gereichen? Wird
es nicht eine gemeinsame HerzenSnot Hervorrufen? Und
wie ist's mit Christus hinsichtlich der Kirche? Nährt Er sich
nicht von dem Sündopfer? Trauert Er nicht über die Ungerechtigkeit
in Seiner Versammlung? Fühlt Er nicht un
205
streu Schmerz und hat ihn auf sich geladen? Er ist das
Haupt Seines Leibes, der Versammlung. Wird Er nicht
in Seinen Gliedern verwundet und betrübt? Gewiß, es
ist so.
Wenn ich mich gedrängt fühle, an irgend einen fehlenden
Bruder eine persönliche Warnung zu richten, so möge
ich bedenken, daß ich nicht in der Verfassung bin, einen
Tadel auözusprechen, wenn nicht vorher meine Seele die-
serhalb in priesterlichem Dienst geübt worden ist, so als
wäre ich selbst in dieser Sünde gefangen gewesen.
Wie handelt Christus? Er trägt die Sünde auf Seinem
Herzen und verwendet sich ihretwegen vor Gott, um
die Gnade in Tätigkeit treten zu lassen, die zu heilen vermag.
Das Kind Gottes macht's nicht anders. Es trägt die
Sünde auf dem eigenen Herzen in Gottes Gegenwart. Es
verwendet sich ihretwegen bei dem Vater, wie ein Priester
es tut, damit die entehrende Wunde, die dem Leibe Christi,
von dem es ein Glied ist, geschlagen wurde, wieder geheilt
werde. Das ist, wie ich glaube, der Geist, in welchem Jucht
geübt werden muß. Aber gerade hierin fehlen wir. Wir besitzen
nicht genug Gnade, um das Sündopfer zu essen.
Und wenn nun die ganze Versammlung zu handeln berufen
ist, so geht es noch weiter. Dann sollte auch die ganze
Versammlung Buße tun, bis sie sich selbst gereinigt hat.
Wie kraftvoll finden wir das ausgedrückt in der Mahnung
des Apostels: „Und ihr habt nicht Leid getragen"! In Korinth
war nicht genug geistliches Leben vorhanden, um die
Sünde auf sich nehmen und tragen zu können, und so muß
Paulus ihnen schreiben: „Ihr solltet euch in den Staub
beugen; eure Herzen und euer Geist sollten brechen angesichts
der Tatsache, daß etwas, was die Reinheit des Hau
206
ses Christi derart berührt hat, nicht aus eurer Mitte hinausgetan
worden ist."
Das Reine vom Unreinen zu scheiden, ist eine andere
Seite des priesterlichen Dienstes. Die Priester durften,
wenn sie in daö Zelt der Zusammenkunft gingen, um den
Dienst des Heiligtums zu verrichten, weder Wein noch
starkes Getränk trinken. Sie mußten sich in der geistlichen
Verfassung erhalten, die nötig war, um zwischen dem Heiligen
und dem Unheiligen zu unterscheiden. Das ist ein
Grundsatz, der auch für uns heute gilt. Wenn wir mit Bösem
zu tun haben, so müssen wir bezüglich der betreffenden
Dinge Gottes Gedanken zu den unsrigen machen. Sein
Gegenstand muß der unsrige sein. Sein Haus ist Ort und
Schauplatz, an dem Gottes Ordnung sich offenbart. Wenn
z. B. geschrieben steht, daß „das Weib eine Macht auf dem
Haupte haben soll, um der Engel willen" (1. Kor. U,
tv), so ist der Grund dafür, daß die Ordnung Gottes in
der Kirche in Erscheinung treten soll. Nichts sollte im Hause
Gottes geduldet werden, was nicht auch die Engel, die an
Gottes Ordnung gewöhnt sind, billigen und anerkennen
können.
Wie steht's aber heute mit dem Hause Gottes? Ach,
alles ist in völligem Verfall. Die Herrlichkeit dieses Hauses
wird auch nicht eher völlig geoffenbart werden, als bis
Christus in Herrlichkeit erscheint. Immerhin aber sollte unser
sehnliches Verlangen sein, daß durch die Wirksamkeit
des Heiligen Geistes eine möglichst weitgehende Übereinstimmung
in Geist und Beschaffenheit zwischen dem heute
vorhandenen Zustand und dem zukünftigen erzielt werde.
Als Israel aus der Gefangenschaft zurückkehrte, nachdem
der Herr Seinem Volk den Namen Lo-Ammi — Nicht—
207
mein—Volk gegeben, und Seine Herrlichkeit das Haus
verlassen hatte, war es mit der göttlichen Offenbarung
Seiner Gegenwart zu Ende. Trotzdem aber fanden Nehe-
mia und Esra einen Weg, auf dem sie, Gottes Gedanken
entsprechend, vorangehen konnten. Mit uns heute ist's nicht
anders, nur mit einem Unterschied: Wir waren stets ein
Überrest. Wir haben am Ende angefangen, und was für
uns gilt, ist das Wort des Herrn: „Wo zweioderdrei
versammelt sind in meinem Namen, da bin ich in ihrer
Mitte". (Matth. 18, 20.) Wenn das Ganze zusammengebrochen
ist, so darf ich mich an gewissen, unveränderlichen,
gesegneten Grundsätzen halten, auf denen alles ruht.
Das, worauf es ankommt, woran Christus nicht nur
Seinen Namen geknüpft hat, sondern auch Seine Jucht,
die Macht, zu binden und zu lösen, ist das Sichversammeln
von „Zwei oder drei". Könnte es einen kostbareren Trost
geben? Dieser große Grundsatz bleibt bestehen, mag der
Verfall auch noch so groß sein.
Schlagen wir Evangelium Joh. 20 auf, so lesen wir,
daß Jesus, als Er Seine Jünger aussandte, in sie hauchte
und sprach: „Empfanget den Heiligen Geist! Welchen irgend
ihr die Sünden vergebet, denen sind sie vergeben,
welchen irgend ihr sie behaltet, sind sie behalten". Hier ist
nicht die Rede von der Kirche als Körperschaft, sondern
von der tätigen Kraft des Heiligen Geistes, der ein geistliches
Unterscheidungsvermögen in den Jüngern bewirkte,
als solchen, die von Christo ausgesandt worden sind und in
Seinem Namen handeln. Wenn das, was geschieht, nicht
in der Kraft des Heiligen Geistes geschieht, so ist es nichts.
Hiermit scheint mir alles grundsätzlich Nötige über
das, was die Jucht in irgendeiner Form angeht, gesagt zu
208
sein. Von wem sie geübt wird, ob von einem Überrest oder
auf irgendeine andere Weise, ändert, soviel ich sehen kann,
an der Sache nichts. Worauf es ankommt, ist der G ei st,
in welchem gehandelt wird. Da müssen wir uns davor hüten,
den Weg rein richterlichen Verfahrens zu beschreiten
und dahin zu kommen, als Sünder über Sündern zu Gericht
zu sitzen. Alles muß — und das ist das Wichtigste —
geschehen als ein Dienst im Hause Gottes, ausgeübt durch
die Wirksamkeit des Geistes. Die Einhelligkeit im Blick
hierauf muß die Einhelligkeit von Gewissen sein, die aufgewacht
sind und sich zur Ausübung der Zucht verpflichtet
fühlen. Schrecklich ist es, Sünder in gleichgültiger
Weise davon reden zu hören, wie sie über einen anderen
Sünder richten. Aber gesegnet ist es, Gläubige in ihren Gewissen
geübt zu sehen betreffs einer Sünde, die Eingang
gefunden hat in ihre Mitte. Alles muß in Gnade geschehen.
Handle ich nicht in Gnade, so darf ich ebensowenig zu handeln
wagen, als ich wünschen könnte, ein Gericht über mich
selbst herbeizuziehen. „Richtet nicht, auf daß ihr nicht gerichtet
werdet; denn mit welchem Gericht ihr richtet, werdet
ihr gerichtet werden, und mit welchem Maße ihr messet,
wird euch gemessen werden." (Matth. 7, 7. 2.) Gehen
wir, um über einen anderen zu Gericht zu sitzen, so werden
wir gerichtet werden.
Es ist ein schwieriges Ding, wenn Gläubige sich zusammenfinden,
ohne daß eine Hirtengabe unter ihnen vorhanden
ist, und meine Bitte geht dahin, daß Gott unter
solchen Hirten erwecken möge. Trotzdem glaube ich, daß,
wo immer Brüder sich versammeln, die nach brüderlichen
Grundsätzen miteinander wandeln, sie ebenso glücklich sein
können als andere in anderen Umständen, vorausgesetzt,
209
daß sie ihre richtige Stellung einnehmen. Immerhin:
Möchten mehr Hirten unter uns gefunden werden! Wer
die Schafe des Herrn lieb hat, sollte für diese Sache beten
und beten. Ich wüßte nächst der persönlichen Gemeinschaft
mit dem Herrn nichts, was so gesegnet und köstlich wäre
als die Sorge des Hirten für des Herrn Schafe, für des
Herrn Herde. Ein solcher weidet desHerrn Herde, nicht
seine eigene. Ich finde im Wort keine Stelle, in der die
Rede von einem Hirten und seiner Herde wäre. Wenn
daran mehr gedacht würde, würde manches anders aussehen.
Wenn ein Gläubiger fühlt, daß es desHerrn Herde
ist, die er hütet — welch ein Gefühl der Verantwortung,
wieviel Sorge, wieviel Eifer, wieviel Wachsamkeit wird
dieses Gefühl bei ihm Hervorrufen! Ich kenne nichts Lieblicheres
als des Herrn Worte: „Liebst du mich? — Weide
meine Lämmlein. Hüte meine Schafe. Weide meine Schafe."
Ich wüßte nichts auf Erden, was der Sorge eines
treuen Hirten gleichkäme, eines Mannes, den die Liebe
bereit macht, die ganze Last der Mühen und Kümmernisse
und Versuchungen einer jeden Seele zu tragen und sie vor
Gott hinzustellen, sich für sie vor Gott zu verwenden. Ich
glaube, daß ein solcher Dienst zu den glücklichsten und gesegnetsten
Beziehungen führt, die es in dieser Welt geben
kann. Dabei dürfen wir aber nicht denken, daß der „Ober-
Hirte" nicht selbst für Seine eigenen Schafe sorgen könnte,
weil es nun einmal an „Unter-Hirten" mangelt. Ich wiederhole
deshalb: Sollten solche da sein, die sich zusammenschließen
und dem Herrn anhangen — nur dürfen sie sich
nicht anmaßen, etwas sein zu wollen, was sie nicht sind —
und es sind keine Hirten unter ihnen, so würden sie trotzdem
ihren Weg ohne Gefahr gehen können: Die Sorge j e -
210
neö Hirten würde ihnen unfehlbar zuteil werden. Hüten
wir uns nur davor, Gott nach unserer Armut beurteilen zu
wollen, so als ob Er nicht für uns sorgen könnte! In dem
Augenblick, wo die Kraft des Geistes beiseite gesetzt
wird, tritt die des Fleisches an ihre Stelle.
Bemerkungen
zum Brief an die Philipper
(Von P. H. f)
II.
p.2.1-4 Anknüpfend an das Einssein IM Kampf für das
Evangelium, von dem der Apostel am Schluß des ersten
Kapitels gesprochen hat, redet er im Anfang des zweiten
vom Einssein in der Gesinnung. Dabei wendet
er sich an die Liebe und die Anhänglichkeit der Philipper.
Wollt ihr mir eine große Freude machen, ihr lieben Philipper?
Wollt ihr mich ermuntern im Herrn? Wollt ihr
mich trösten durch eure Liebe zu mir? Wollt ihr beweisen,
daß ihr mit mir Gemeinschaft habt? Wollt ihr euer Mitgefühl
und Erbarmen mit mir, dem Gefangenen, beweisen?
Nun, ihr könnt mir keine größere Freude machen, als wenn
ihr alle miteinander eine Gesinnung habt, wenn ihr in
Liebe verbunden seid usw. usw. Fürwahr, was könnte es
auf Erden Schöneres geben, was könnte mehr zur Ehre
des Herrn sein als ein Kreis von Gläubigen, die alle nur
nach einem trachten, bei denen keine Parteisucht herrscht,
von denen keiner seine eigene Ehre sucht, sondern jeder den
anderen höher achtet als sich selbst! Ach, wie sehr gehen doch
in den Kreisen der Gläubigen die Richtungen auseinander!
Wie schwer fällt es vielen, sich den Wünschen anderer an
— 2U —
zupassen! Sollten wir denn nicht alle nur den einen Wunsch
haben, daß in allem der Name des Herrn verherrlicht werde?
Und wieviel Parteisucht findet sich in den christlichen
Kreisen! Man macht Unterschiede, die der Herr nicht macht,
indem man Handlungen von Leuten, die einem sympathisch
sind, oder von deren Freundschaft man Vorteile für
sich erhofft, günstiger beurteilt als diejenigen von anderen.
Der Apostel nennt (im Korintherbrief) ein solches Verhalten
„fleischlich". Man schadet dadurch denen, für die man
Partei nimmt, und dem Zeugnis selbst. Einheit der Gesinnung
ist unerläßlich für das Zeugnis nach außen. Dies recht
zu beherzigen, haben wir sehr nötig. Auch ist es überaus
traurig, wenn man etwas tut aus Ruhmsucht. Der Apostel
nennt dergleichen „eitlen Ruhm". Jeder Ruhm, der auf
etwas beruht, was man in sich selbst ist oder getan hat, ist
eitel. In uns selbst sind wir nichts, und was wir tun können,
ist im besten Falle mangelhaft. Wenn wir uns rühmen,
so kann es nur dessen sein, was wir vom Herrn aus Gnaden
empfangen haben. Darum haben wir alle Ursache, demütig
zu sein und das Gute der anderen anzuerkennen,
„auf das der anderen zu sehen". Schon die Tatsache, daß
wir bei uns so vieles zu richten finden, sollte uns veranlassen,
nicht unsere Interessen zu verfolgen, sondern daö
Wohl der anderen zu suchen. Freilich ist es für derart selbstsüchtige
Wesen, wie wir sind, überaus schwierig, ein Leben
solcher Selbstverleugnung zu leben, wie der Apostel es vorzeichnet.
Nur die Gnade vermag das zu bewirken. Überaus
ergreifend ist hier der Hinweis auf den Herrn selber. Er ist
unser Lebensvorbild. Er war als Mensch inmitten
der Selbstsucht selbstlos, inmitten der hochmütigen Menschen
demütig. Er hat sich selbst ganz auf die Seite gestellt
212
und nichts für sich gesucht. Die Gesinnung Jesu zeigte sich
in ihrem ganzen Gegensatz zur Gesinnung Satans und der
Menschen darin, daß Er nicht wie jene „es für einen Raub
achtete, Gott gleich zu sein". Satan erhob sich gegen Gott
(Hes. 28, 2. t7), und der Mensch hielt es für begehrenswert,
Gott ähnlich zu werden. (Vergl. t. Mose Z, 5. b.)
Beim Herrn Jesus war es umgekehrt. Er war Gott von
Ewigkeit her und war in Gestalt Gottes, d. h. Er
nahm Seine Stelle als Gott ein in Allmacht und Herrlichkeit.
Aber Er hielt es nicht für einen Raub, d. h. begehrenswert,
diese Stelle einzunehmen, sondern nahm freiwillig
Menschengestalt, Knechtsgestalt an. Als Er in Gestalt Gottes
war, herrschte Er über alles. In Gestalt des Menschen
gehorchte und diente Er. Welch eine Erniedrigung!
Er nahm nicht nur die Gestalt des Menschen an, sondern
als Mensch erniedrigte Er sich noch mehr, indem Er
gehorsam wurde bis zum Tod, und zu was für einem Tod,
dem schmachvollen Kreuzestod. Welch eine Gesinnung! Er
machte sich zu nichts. Wir sind so geneigt, etwas aus uns
zu machen, sind also das gerade Gegenteil von dem, was
der Herr war. Sein Verhalten und Tun übersteigt in der
Tat alle unsere Begriffe. Wie sollte der Gedanke an Seine
Erniedrigung uns demütigen! Er ging diesen Weg um unsertwillen.
Wir hätten alle Ursache, niedriggesinnt zu sein,
und doch fällt es uns so schwer, uns zu beugen und zu gehorchen.
Der Herr aber hat sich freiwillig erniedrigt und ist
um unsertwillen ein gehorsamer Mensch geworden. Wie
groß muß doch Seine Liebe zu dem Vater und zu uns sein!
Betrachten wir Ihn viel in Seiner Erniedrigung, in der
Art, wie Er in dieser sündigen Welt im Gehorsam gelebt
hat. Groß war die Freude des Vaters, wenn Er Seinen
213
geliebten Sohn betrachtete als Den, der gekommen war,
um unter den schwierigsten Umständen Seinen Willen zu
tun. Die Gesinnung unseres Herrn und Heilands war des
Vaters Freude. Darum kam auch wiederholt die Stimme
des Vaters vom Himmel: „Dieser ist mein geliebter Sohn,
an welchem ich Wohlgefallen gefunden habe". Das
Auge des Vaters ruhte, mit Wohlgefallen auf dem Sohn,
wo Er stand, und wo Er ging. Der Vater betrachtete Ihn
von der Krippe bis zum Grabe und fand nur Vollkommenheit
an Ihm, Früchte der Gesinnung, die in Seinem Herzen
war. Sogar am Kreuz, und da ganz, ganz besonders,
in den Stunden der tiefsten Erniedrigung, in den größten
Leiden, als Er sich willig hingab zur Ehre Gottes und zu
unserem Heil, war Er „Gott zu einem duftenden Wohlgeruch".
Wenn doch diese Gesinnung in uns wäre! Sie ist
wohlgefällig in den Augen Gottes. Er möchte so gern die
Gesinnung Seines geliebten Sohnes, unseres Leb en 6-
vorbildes, bei uns sehen!
Weil der Herr sich nun so tief erniedrigt hat, hat Gott
Ihn so hoch erhoben. Weil Er freiwillig der verachtete Jesus
von Nazareth, der „Zimmermann" wurde, hat Gott
Ihm einen Namen gegeben, der über jeden Namen ist.
Weil Er den untersten Weg gegangen ist und sich gebeugt
hat unter den Willen Gottes, ja, unter die Mißhandlungen
der Menschen (Jes. 5Z, 7), wird Gott dafür sorgen, daß
einst jedes Knie sich vor Ihm beugen wird. Weil Er freiwillig
Knecht wurde, wird Er einmal von jeder Kreatur,
auch von Seinen Feinden, als Herr bekannt werden. Dann
wird der Vater wiederum, wie einst durch Sein Leben hie-
nieden, so jetzt durch Seine Erhöhung verherrlicht werden.
Jubeln nicht unsere Herzen bei dem Gedanken, daß das
Vrrs y
244
ganze Weltall einmal Jesum erheben wird? Es ist für-
wahr ein Vorrecht, jetzt die Verwerfung mit Ihm zu teilen,
der Mühe wert, Ihm heute demütig und gehorsam
nachzufolgen. Dann werden wir die Herrlichkeit mit Ihm
teilen.
v«r« 12 Da wir nun an unserem Herrn ein solches Vorbild
besitzen, sollten wir es mit unserem Wandel ernst nehmen.
Die Ermahnungen, die der Apostel an die Philipper richtete,
und damit auch an uns, sollten uns Wirklichkei -
t e n werden. Darum spricht der Apostel in Vers 42 vom
Gehorsam.
Liebe Geschwister, nehmen wir die Ermahnungen des
Wortes für uns persönlich an? Betrachten wir ein Leben
der Demut, wie der Herr es gelebt hat, als unsere Pflicht?
Aus der Sprache des Apostels sieht man, wenn man es
noch nicht selbst erfahren hat, daß unsere Herzen geneigt
sind, an dem großen Lebensvorbild achtlos vorbeizugehen,
oder aber, wenn wir es sehen, sich nicht Rechenschaft
darüber zu geben, daß Er u n s e r V or b i l d ist, dem wir
n achahmen solle n. Der Apostel hatte die Autorität,
ein Leben in der Nachfolge Christi als der Gläubigen
Pflicht hinzustellen. Es scheint, daß auch in Philippi in
dieser Beziehung Gefahr vorhanden war. Bis jetzt hatten
die Philipper das Wort des Apostels als Gottes Wort angenommen
und sich ihm unterworfen, aber der Apostel
hält es doch für nötig, sie an die Autorität dieses Wortes
zu erinnern. Auch wir haben nötig, daran erinnert zu werden.
Was der Apostel wünscht, ist, daß die Philipper ihre
eigene Seligkeit mit Furcht und Jittern bewirken oder
auswirken, vollführen möchten. Bewirken bedeutet nicht
etwa: sich verdienen. Kein Mensch kann sich die Seligkeit
275
verdienen. Aus Vers 73 geht klar hervor, daß es sich hier
um die praktische Verwirklichung dessen handelt, was man
durch die Gnade besitzt, nämlich der Seligkeit. Gott wirkt
durch Seinen Geist in unseren Herzen ein Verlangen nach
Übereinstimmung unseres Wandels mit dem, was wir
durch die Gnade haben, und Er gibt auch Gnade zur Ausführung.
Mehr kann Gott nicht tun. Es kommt nun darauf
an, ob wir bereit sind, das unsrige zu tun. Wie sehr uns
daran gelegen sein sollte, zeigt der Ausdruck „mit Furcht
und Jittern". Wenn man im Dunkeln geht oder durch eine
gefährliche Gegend oder auf gefahrvollen Pfaden, dann
ist man vorsichtig; man fürchtet sich. So, wenn sich der
Christ bewußt ist, daß er durch eine böse Welt zu gehen
hat. Er fürchtet sich vor dem Bösen, vor der Welt und vor
sich selbst. Es ist ihm ernst mit seinem Wandel, und er bestrebt
sich, sein Leben nach dem Willen des Herrn einzurichten.
Die Gläubigen sind aber nicht nur in Gefahr, es mit
ihrem Wandel nicht genau zu nehmen, sondern auch das,
was sie tun, mit Murren, d. h. mit unzufriedenem Herzen
zu tun. Sie mögen sich dazu hergeben, das, was sie als
richtig erkannt haben, zu tun. Geschieht es aber mit Murren
oder zweifelnden Überlegungen, so ist damit bewiesen,
daß sie sich nicht im Herrn freuen und nicht in Seiner Liebe
ruhen. Auch kann es vorkommen, daß sie das Vertrauen
zum Herrn verloren haben, daß sie Ihm nicht vertrau-
e n. Dann aber wird der Gang unsicher und das Herz wankelmütig.
Wenn unsere Herzen in Seiner Liebe ruhen, so
können wir unsere täglichen Pflichten mit glücklichem Herzen
tun, auch die unangenehmen, widerwärtigen Dinge.
Es gibt unter unseren Pflichten solche, die sehr unangenehm
sind und uns viel zu schaffen machen können. Die
Vers
Vers iq
— 2rs —
Freude im Herrn aber macht uns ihre Erfüllung leicht.
Wenn wir nun alles mit dem Herrn und für den Herrn
tun, so wird das von unserer Umgebung gesehen. Die Welt
kann den Unterschied zwischen ihr und uns wahrnehmen. Die
Weltmenschen um uns her sind „verdreht" und „verkehrt";
v«rs is sie sind eigensinnig und nur darauf bedacht, den eigenen
Willen zu tun. Inmitten dieses Geschlechts sollen die Gläubigen
so wandeln, daß man ihnen nichts nachsagen kann
(unbescholten, tadellos), dann sind sie wie Lichter in der
Dunkelheit. Lichter (oder Himmelslichter) sind scheinende
Körper, die zwar kein eigenes Licht besitzen, aber die das
von Lichtquellen auf sie scheinende Licht zurückgeben.
O es ist schön, wenn ein Kind Gottes einem solchen
Himmelölicht gleicht! Es gibt das vom Herrn empfangene
v-rs io Ucht an seine Umgebung ab und kann ein Wegweiser werden
für andere. Es ist damit aber auch eine lebendige „Darstellung
des Wortes des Lebens". Das Wort des Lebens
ist das Wort Gottes, durch das wir ewiges Leben empfangen
haben. Dieses Wort darstellen, heißt, es in die Tat
umsetzen (darstellen, was im Wort geschrieben steht). Eine
solche Darstellung ist ein viel mächtigeres Zeugnis als irgend
ein Bekenntnis in Worten. Bei den Philippern
war ein solcher Wandel die Frucht der Arbeit des Apostels,
ein Beweis, daß er sich nicht umsonst abgemüht hatte. Am
Tage Christi, wo alles Tun offenbar werden wird, wird
der Wandel der Philipper zum Ruhm des Apostels gerei-
v«rs i7 chem Die Arbeit des Apostels, zu der auch sein Arbeiten
bei den Philippern gehörte, stellte eine Summe von Mühe
und Hingabe dar. Darum spricht er von dem Opfer und
dem Dienst ihres Glaubens. Ihr Glaube war das Ergebnis
seiner Wirksamkeit. Der Apostel hatte sich für die Phi
2r?
lipper hingegeben, und was er jetzt vom Gefängnis aus,
das möglicherweise mit seinem Märtyrertod enden würde,
für sie tat, war wie ein über das Opfer gesprengtes Trankopfer.
Aber das verdroß ihn nicht. Wenn auch sein ganzes
Leben für die Gläubigen verwendet werden sollte, so
freute er sich, sowohl im Hinblick auf sich selbst als auch
auf andere, und er ladet die anderen ein, sich auch darüber
zu freuen. Im ersten Kapitel wünscht er, daß „Christus
an seinem Leibe hoch erhoben werde"; hier freut er
sich, wenn er für die Gläubigen verwendet wird.
In dem letzten Abschnitt des Kapitels (Vers ty—30)
sieht man das Band der Liebe, wie es sein soll zwischen denen,
die im Herrn verbunden sind. Der Apostel konnte nicht
mündlich mit den Philippern verkehren. Da er aber sehnlich
verlangte, zu wissen, wie es ihnen ging, hatte er die Absicht,
seinen treuen Freund und Bruder Timotheus zu ihnen
zu senden. Wie war er doch für die Philipper besorgt!
Er hatte keine Ruhe, so lange er nicht wußte, wie es um
sie stand. Das ist wahre, innige Liebe. Die gleiche Gesinnung
hatte Timotheus. Jur Ausführung seines Auftrags
brauchte der Apostel einen Bruder, der v o n H e r z en für
das Wohl der Gläubigen besorgt war. Man kann ein äußerliches
Interesse für den anderen zeigen, ohne daß es
Herzenssache ist. Wenn aber die Liebe des Herrn die Herzen
erfüllt, dann ist es der Wunsch des Herzens, an ihrem
inneren und äußeren Wohlergehen Anteil zu haben.
Leider findet sich eine solche Gesinnung nicht häufig. In
der Umgebung des Apostels war nur einer, der sie
hatte. Alle anderen „suchten das Ihrige". Sie dachten nur
an sich.
Vers 18
Vers
218
Liebe Geschwister, wir wollen uns immer wieder aufs
neue prüfen, wie es in dieser Beziehung mit uns steht. Die
Prüfung wird wahrscheinlich ergeben, daß wir viel Ursache
haben, uns zu demütigen. Laßt uns daran denken, daß
wir für die Dinge des Herrn besorgt sein sollen, dieses
Herrn, der an unser ewiges Heil gedacht hat, als wir noch
nicht an Ihn dachten, und der sich jetzt immerfort um uns
bemüht.
Der junge Timotheus ist in dieser Hinsicht ein Vorbild
für uns. InEinfalt hatte er mit dem Apostel dem
Herrn gedient und sich in diesem Dienst bewährt. Er
hatte sich durch die Übungen und Proben, mit denen jeder
Dienst für den Herrn verbunden ist, nicht abhalten lassen
und so den Beweis geliefert, daß sein Tun derLiebe
zumHerrnundzudenSeinigen entsprang.
Darum konnte ihn der Herr im Interesse der Seim'gen gut
gebrauchen. Das gleiche gilt von einem anderen Bruder,
«rs-s-zo Epaphroditus, der nicht zur Umgebung des Apostels gehörte,
sondern, wie es scheint, von Philippi her nach Nom
gekommen war, um dem Apostel Gaben von feiten der
Philipper zu überbringen. Epaphroditus ließ sich vom
Herrn gebrauchen. Zuerst hatte er sich willig dazu hergegeben,
als Bote zu dienen. Dann brauchte ihn der Herr für
ein noch wichtigeres Werk: als Mitarbeiter und Mitstreiter
des Apostels. So ist es immer, wenn man sich dem Herrn
zur Verfiigung stellt, um in Einfalt und Willigkeit zu
tun, was Er von uns wünscht. Solche Leute sucht der Herr.
Bei Epaphroditus nehmen wir zudem eine herzliche
Liebe zu den Gläubigen wahr. Er hatte gehört, daß die
Philipper wegen seiner Krankheit betrübt waren, und daS
bekümmerte ihn sehr. Schöner Beweis einer herz-
— 2ry —
liehen, brüderlichen Liebe. Die Liebe im Herrn fühlt
mit denen, die man liebt. Sieversetztsich
in ihre Lage. Epaphroditus hatte sein Leben gewagt,
um dem Apostel die Gabe der Philipper zu überbringen.
Das gehörte zum Werk des Herrn. Dabei war er todkrank
geworden. Aber der Herr hatte sich über den Apostel
erbarmt, der so sehr der Ermunterung bedurfte, und Epa-
phroditus wiederhergestellt. So führt der Herr die Seini-
gen durch Übungen des Herzens sehr oft gerade in Verbindung
mit Dingen, die aus Liebe zu
Ihm geschehen. Der Apostel legt Wert darauf, die
Philipper daran zu erinnern, daß Epaphrodituö dem
Herrn diente. Deshalb sollten sie ihn mit Freuden aufnehmen.
Solche sollten in Ehren gehalten werden. Das ist
ein wichtiger Punkt. Man ehrt den Reichtum, die Stellung,
die Bildung und die Gaben sehr oft viel zu viel.
Nach Gottes Willen soll man aber solch hingebende treue
Brüder oder Schwestern in Ehren halten. Der Herr hat ein
Auge auf sie und ehrt sie, und auch wir sollten sie erkennen
und anerkennen.
Christus — unser Hoherprlester
(Fortsetzung)
Nachdem wir das vorige Mal unseren Gegenstand
kurz überblickt haben, wollen wir heute etwas näher darauf
eingehen. Naturgemäß zieht da zunächst
die Person des Hohenpriesters
unser Augenmerk auf sich.
„Da wir nun einen großenHohen Priester haben."
Mit diesen Worten leitet der Hebräerbrief diesen
220
Hauptteil ein. Unser Hohepriester ist kein Geringerer als
„Jesus, der Sohn Gottes". (Vergl. Kap. 4,14.)
Die Würde Seiner Person gibt Seinem Dienst den großen
Wert. Er ist „der Sohn Gottes", und darum besitzt Er ein
Anrecht, in der Gegenwart Gottes zu weilen. Aber Er ist
auch ein vollkommener Mensch. Der, welcher durch die
Himmel gegangen ist und in Seiner Person den Menschen
dort Zutritt verschafft hat, ist „I e s u s", der als Mensch,
mit einem menschlichen Herzen, alle Übungen, Leiden und
Gefühle der Seinen mitzufühlen vermag.
Doch nicht nur Seine Person verleiht Seinem Priestertum
den Wert. Neben der Herrlichkeit Seiner Person
macht
Sein auf Golgatha vollbrachtesWerk
diesen Dienst kraftvoll. In diesem Werk hat der Herr Jesus
Gott völlig verherrlicht. Er eiferte, wie einst Pinehas
(4. Mose 25), — natürlich in einem weit erhabeneren
Maße als dieser — für die Ehre Gottes und tat freiwillig,
wie jener, Sühnung — nur in einer unendlich wunderbareren
Weise —, so daß Gott jetzt das Gericht für
alle, die an Ihn glauben, abwenden kann, wie Er es damals
von Israel abwendete. Gott kann auf Grund des
Werkes Christi in Gnade handeln, ohne Seiner Gerechtigkeit
Abbruch zu tun, und „den rechtfertigen, der des
Glaubens an Jesum ist". So „ist Er allen, die Ihm gehorchen,
der Urheber ewigen Heils geworden" (Hebr. 5,
y). Auf Grund dieses Werkes konnte Gott Jesu den Ehrenplatz
zu Seiner Rechten geben und Ihn mit den Worten
begrüßen: „Du bist Priester in Ewigkeit nach der Ordnung
Melchisedeks". (Vergl. Kap. 5, 6. 10.) So ist Christus
nicht nur wie Aaron zu Seinem Dienst als Hoher
22:
Priester berufen worden, sondern Er hat sich, wie einst
Pinehas, auch das Anrecht darauf erworben. Sein
Sühnungswerk auf Golgatha, das Gott öffentlich dadurch
anerkannte, daß Er Ihn auferweckte und zu Seiner
Rechten setzte, bildet die Grundlage Seines Priestertums.
Es könnte nun aber die Frage entstehen, ob der Herr
Jesus als Hoherprie-ster auch alle für einen derartigen
Dienst erforderlichen Fähigkeiten besitze. Diese Frage ist
weder müßig, noch entbehrt sie der Ehrfurcht, denn der
Geist Gottes selbst gibt sich sichtlich große Mühe,
Seine vollkommene Befähigung für den
Hohenpriester-Dienst
im Worte nachzuweisen. Schon der Hohepriester im Alten
Bunde mußte imstande sein, „Nachsicht zu haben mit den
Unwissenden und Irrenden". (Kap. 5, 4. 2.) Nun, „der
Hohepriester unseres Bekenntnisses" besitzt ebenfalls diese
Fähigkeit, und zwar in vollkommenem Maße. Ausdrücklich
wird von Ihm gesagt, daß Er „Mitleid zu haben vermag
mit unseren Schwachheiten". (Kap. 4, 45.) Der Hohepriester
aus der Familie Aarons konnte deshalb Nachsicht
haben mit den Unwissenden und Irrenden, weil er
selbst mit Schwachheit umgeben war, aus welchem Grunde
er auch für sich selbst Opfer für die Sünde darbringen
mußte. (Kap. 5, 2. Z.) Und unser Hohepriester kann deshalb
Mitleid haben mit unseren Schwachheiten, weil Er
in allem den Brüdern gleich geworden ist.
(Vergl. Kap. 2, 47.) „Er ist versucht worden in gleicher
Weise wie wir, ausgenommen die Sünde." (Kap. 4, 45.)
Dabei litt Er, als Er versucht wurde. (Kap. 2, 48.) So
ist Er, obwohl jetzt im Himmel, fern von allem Kummer,
allem Leid und aller Trübsal, vollkommen imstande, un
222
sere Gefühle, die wir in diesen Übungen haben, mitzuempfinden,
weil Er sie aus eigener Erfahrung kennt.
In Kap. 5, 7. 8 wird noch auf eine andere tiefgehende
Erfahrung unseres Herrn hingewiesen, die Ihn zu Seinem
Priesterdienst befähigt. Dort lesen wir: „Der in den
Tagen Seines Fleisches, da Er sowohl Bitten als Flehen
Dem, der Ihn aus dem Tode zu erretten vermochte, mit
starkem Geschrei und Tränen dargebracht hat, obwohl Er
Sohn war, an dem, was Er litt, den Gehorsam lernte".
Diese Verse beziehen sich ohne Frage auf das Ende des Lebens
des Herrn und wohl vorwiegend auf den Kampf in
Gethsemane. Satan, der die Macht des Todes besaß, fliehte
Ihm in jener Stunde die ganzen Schrecken des Todes
vorzustellen. Und wie furchtbar war dieser Tod für Ihn!
Er schloß das Tragen des Zornes Gottes über die Sünde
ul sich. Konnte der Herr wünschen, diesen Kelch zu trinken?
Unmöglich. Doch anders konnte der Wille Gottes
und das Werk, das Er Ihm aufgetragen hatte, lind das
zu tun Er gekommen war, nicht ausgeführt werden. So
tritt Er in den Kampf ein, der Ihm — so schwer ist er —
Schweißtropfen auspreßt, die wie große Blutstropfen auf
die Erde herabfallen. So bringt Er mit starkem Geschrei
und Tränen Gott dar, was Sein Herz angesichts des Kelches
erfüllte, und nimmt diesen aus der Hand des Vaters.
Dann läßt Er sich willig binden und, ohne daß eine Klage
über Seine Lippen kommt, nach Golgatha führen, wo Er
den Kelch bis auf den letzten Tropfen leert. Gott errettete
Ihn aus dem Tode. Er erhörte Ihn um Seiner Frömmigkeit
willen, indem Er Ihn zunächst innerlich stärkte (Luk.
22, 43) und Ihn hernach auferweckte. So hat Jesus in
den Tagen Seines Fleisches und ganz besonders am Ende
22Z
Seiner irdischen Laufbahn gelitten. Doch darin lernte Er
Gehorsam. Wahrlich, ein solcher konnte von Gott als
Hoherpriester begrüßt werden. Daß Er dazu der rechte
Mann war, hatte sich in den schwersten Proben erwiesen.
Wenn wir uns nach diesen kurzen Ausführungen
über die Person unseres Hohenpriesters zur Betrachtung
der Ausübung Seines Dienstes und der Eigenart
desselben wenden, sowie des Segens, der den Gläubigen
durch diesen Dienst zufließt, so finden wir in bezug darauf
ein bedeutungsvolles Wort am Schluß des 2. Kapitels
des Hebräerbriefes. Dieses Wort lautet:
„Er vermag denen zu helfen, dieversucht
werde n."
Wie bereits angedeutet, liegt der Grund zu diesem
„Er vermag" in der Tatsache, daß „Er selbst gelitten hat,
als Er versucht wurde". Er, der in allem den Brüdern
gleich geworden, also ein wahrhaftiger Mensch war, ist
auf alle Weise und in den verschiedensten Umständen versucht
worden: Satan hat Ihn auf das heftigste angegriffen;
die Menschen im allgemeinen und die Juden im besonderen
haben Ihm Leiden, Sorgen und Schmerzen bereitet,
und selbst von Seinen Jüngern mußte Er bittere
Enttäuschungen erfahren. Sein ganzer Weg durch diese
Welt war ein Weg des Versuchtwerdens.
Da die Versuchungen, die Ihm durch Satan widerfuhren,
äußerst bedeutsam sind, wollen wir etwas näher
auf sie eingehen.
Das Wort berichtet uns nur einige Einzelheiten über
die Versuchungen in der Wüste, und zwar über diejenigen,
die wohl am Ende der vierzigtägigen Prüfungszeit lagen.
224
Wie groß mögen die nicht mitgeteilten Versuchungen gewesen
sein, wenn der Evangelist Markus sie in den kurzen
Worten zusammenfaßt: „Und Er war vierzig Tage in der
Wüste und wurde von dem Satan versucht; und Er war
unter den wilden Tieren, und die Engel dienten Ihm".
(Kap. 1, 43.) Mitgeteilt sind uns lediglich die drei letzten
Versuchungen. Welcher Mensch wäre imstande, ihre
Schwere zu ermessen? Als erster hören wir von der natürlichen
Versuchung, aus Steinen Brot zu machen. Sie trat
an Jesum heran, als Er vierzig Tage und vierzig Nächte
gefastet hatte und Jhnhungerte. Er besaß die Macht,
aus Steinen Brot zu machen, aber Er folgte der Forderung
Satans, dies zu tun, nicht. Ebenso wies Er die zweite
Versuchung ab, die religiöser Art war. Sie bestand in der
Aufforderung, sich von der Zinne des Tempels herabzulassen,
um so zu beweisen, daß Er wirklich der Messias sei,
von welchem in Psalm 94 die Rede war. Die dritte Versuchung
war die weltliche, indem der Teufel Ihm alle
Reiche der Welt anbot für den Fall, daß Er ihn anbete.
Er hätte diese Reiche erlangen können, ohne durch den Tod
zu gehen. Aber auch dieses Anerbieten wies der Herr zurück.
Er willigte in keine der Versuchungen ein: Erlitt.
Satan, der für eine Zeit von Ihm wich (Luk. 4, 43),
kommt am Ende Seines Lebens mit verstärkten Versuchungen
zurück. Wir haben ihn bereits erwähnt, den „ringenden
Kampf" in Gethsemane. Auch in bezug darauf
wird uns gesagt, daß „Erlit t", und daß Er in dem, was
Er litt, den Gehorsam lernte. (Hebr. 5, 8.) Hier sowohl
als auch in der Wüste bewies der Herr, daß Er nur den
Willen Seines Vaters tun wollte. (Fortsetzung folgt)
„Zn Gemeinschaft sein"
(Nach einem Eingesandt)
Die vorliegenden Zeilen sind, ähnlich den vor einiger
Zeit geäußerten Gedanken über „Niedergang und Aufstieg"
*), durch die Erfahrungen der Jetztzeit veranlaßt, die
in so mancher Hinsicht Grund zu ernster Sorge geben.
„In Gemeinschaft sein", lautet die Überschrift. Mit
diesem Ausdruck kommen wir sofort auf den Kern der Sache.
„Der und der ist in Gemeinschaft", ist ein Wort, das
in unseren Kreisen gang und gäbe ist. Man will damit sagen:
Der und der bricht mit uns daS Brot. Weshalb man
so selten diese letztere Redewendung braucht, die klar und
unzweideutig ist, statt dessen aber fast immer von „in Gemeinschaft
sein" redet, weiß ich nicht. Wahrscheinlich hat
man dabei das so herrliche Borrecht der Gläubigen im Auge,
ihrer Zugehörigkeit zu dem einen Leibe am Tisch des
Herrn Ausdruck geben zu dürfen, vergißt aber, daß die
Worte „in Gemeinschaft sein" leicht falsch aufgefaßt und
ausgelegt werden können.
Immerhin, auf den Ausdruck selbst kommt es nicht
so sehr an, wenn nur das Richtige darunter verstanden
wird, ist es doch bei der heute herrschenden Verwirrung auf
kirchlichem Gebiet garnicht so einfach, sich in bezug auf
manche Dinge unmißverständlich auszudrücken, ohne eine
lange Erklärung darüber zu geben, was man eigentlich
meint. So kommt es mir auch weniger auf den Ausdruck
als auf die Sache selbst an, und da sehe ich in der Tat eine
«°) siehe Aprilnummer des „Botschafter", Seite 85 ff.
I.XXXIII 9
22b
große Gefahr, und zwar insofern, als gar manche unter
uns sich mit dem Bewußtsein zu beruhigen scheinen: „Ich
bin ja in Gemeinschaft", während sie zugleich weder „die
Gemeinschaft des Heiligen Geistes" (2. Kor. 43, 43) genießen,
noch die „Gemeinschaft mit dem Vater und mit
Seinem Sohne Jesus Christus" (4. Joh. 4, 3), noch auch
die Gemeinschaft mit anderen Gläubigen (Apstgsch. 2, 42).
Es ist schon vorgekommen, und zwar mehr als einmal,
daß jemand auf die Frage, ob er bekehrt oder ein
Kind Gottes sei, in beinahe entrüstetem Ton zur Antwort
gab: „Ich bin doch in Gemeinschaft", gerade als ob das
daö endgültige Siegel auf die Bekehrung, und man damit
ein für allemal in den sicheren Hafen eingelaufen sei. Bedenklich
scheint mir auch, daß man sich häufig in den örtlichen
Versammlungen lange und eingehend mit Seelen beschäftigt,
bis sie „in Gemeinschaft" sind, sich von diesem
Augenblick an aber fast kaum mehr um sie kümmert, gerade
als ob mit der Zulassung zum Tisch des Herrn der
wünschenswerte Abschluß erreicht und jetzt für allezeit
alles in Ordnung sei. Nun ist es ja so, daß die Teilnahme
am Brotbrechen eine gewisse Bewahrung bieten kann.
Wenn das Gewissen einigermaßen wach ist, wird die mit
dem hohen Vorrecht verbundene Verantwortlichkeit gefühlt.
Aber das Gewissen kann einschlafen, und wie oft
dies der Fall ist, beweist die erschreckend hohe Zahl der Fälle,
betreff derer geurteilt werden muß: Solche haben „un-
würdiglich gegessen und getrunken". (Vergl. 4. Kor.
44, 27.)
Welch eine hohe Bedeutung dem Wort „Gemeinschaft"
innewohnt, sieht man schon, wenn man nur die drei
Stellen liest — es gibt noch viele andere —, auf die ich vor
227
hin Angewiesen habe. Wir hörten da von der „Gemeinschaft
desHeiligen Geiste s", von der „Gemeinschaft
mit dem Vater und dem Sohne" und von der Gemeinschaft
miteinander.
Es ist eine wunderbare Tatsache, daß ein armer und
sündiger Mensch das Wort „Gemeinschaft" für sich in Anspruch
nehmen darf, sobald er durch den lebendigen Glauben
an den Herrn Jesus Frieden mit Gott gefunden hat.
Damit erlangt er nämlich sowohl Anteil an der Gemeinschaft
mit Gott und mit Seinem Sohne Jesus Christus als
auch mit der „Versammlung des lebendigen Gottes", wie
er ebenfalls in die Gemeinschaft des Heiligen Geistes miteinbezogen
ist. Ist jemand von neuem geboren und sich seiner
Gotteskindschaft bewußt, so trifft alles dies auf ihn
zu. Nicht erst durch die Teilnahme am Brotbrechen kommt
er in diese Gemeinschaft. Das teure Blut Christi ist ihre
Grundlage und ewige Garantie. Das Versöhnungswerk
unseres gepriesenen Herrn ist die einzige Sicherheit für
mich und jeden Heiligen — auch wenn es für ihn und mich
nie zum Vorrecht des Brotbrechens käme. Die Worte in
Hebr. 70, 22 drücken das besonders anschaulich aus.
Eine andere Frage ist, ob durch die Teilnahme am
Brotbrechen am Tische des Herrn dieser Gemeinschaft
sinnfälliger Ausdruck verliehen wird. Diese Frage ist zweifellos
zu bejahen: „Denn e i n Brot, e i n Leib sind wir, die
Vielen, denn wir alle nehmen teil an dem einen Brote".
(7. Kor. 70, 77.) Was ist fester verbunden als ein Leib?
So sicher es gar mannigfache Gaben und Dienste gibt und
geben soll — innerlich verbunden ist die ganze Gesamtheit
der Kinder Gottes: „Ein Leib in Christo — einzeln aber
Glieder voneinander". (Röm. 72, 5.) Auch als Einzelglie
228
der betrachtet, sind alle voneinander und vom Haupte abhängig,
sind alle in dieselbe kostbare Gemeinschaft gebracht,
und dieser Gemeinschaft an des Herrn Tisch AuS -
druckzu geben, ist gewiß ein nicht hoch genug zu schätzendes
Vorrecht.
Handelt es sich aber um das Wesen wahrer Gemeinschaft,
so dürfen wir nicht bei dieser einen Handlung
stehen bleiben. Ja, ich möchte noch weiter gehen und sagen:
Ist die Teilnahme am Brotbrechen dieeinzige Gelegenheit,
bei der wir unserer Gemeinschaft mit dem Herrn und
den Seinigen Ausdruck geben, so ist große Gefahr im Ver
züge.
Es würde den Rahmen dieser Abhandlung überschreiten,
des langen und breiten über die verschiedenen Arten
von Gemeinschaft zu schreiben, mit anderen Worten, eine
Auslegung der oben genannten drei und anderer Stellen
zu geben, in denen von Gemeinschaft die Rede ist. Es
kommt mir heute darauf an, meinen Geschwistern in Verbindung
mit der Stelle Apstgsch. 2, 42 einige Gedanken
mitzuteilen, die mir bezüglich des Wesens wahrer Gemeinschaft
gekommen und wichtig geworden sind. Nur möchte
ich vorher noch einige kurze Auszüge aus dem Aufsatz eines
früheren Jahrgangs des „Botschafter" bringen, der unter
der Überschrift „die Gemeinschaft der Gläubigen" *) klar
und treffend den Iusammenhang zwischen den verschiedenen
Arten von Gemeinschaft wiedergibt. Es heißt da
unter anderem:
„Die Gemeinschaft der Gläubigen ist etwas anderes
als ihr Zusammenkommen am Tisch des Herrn oder zum
Gebet, obgleich sie nicht davon getrennt werden kann; denn
*) Jahrgang Seite 4? ff
229
wenn Gläubige aufhören, Gemeinschaft miteinander zu
pflegen, so werden sie auch nicht mehr in einer des Henn
würdigen Weise an Seinem Tische zusammenkommen, und
ihre Gebets- und Erbauungsstunden werden nach und nach
zu einer leblosen Form herabsinken. Damit ist dann der
Verfall unausbleiblich, wie die Geschichte der Kirche es in
augenscheinlicher Weise dartut. Die ersten Christen verharrten
in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft, im
Brechen des Brotes und in den Gebeten (Apstgsch. 2, 42);
und es ist sehr beachtenswert, daß die ersten Angriffe des
Feindes gegen die G e m e i n s ch a f t der Gläubigen
gerichtet waren...
„Obwohl nun diese Angriffe durch die Kraft des Heiligen
Geistes abgeschlagen wurden, so erkennen wir doch des
Feindes Absichten. Er weiß wohl, daß er gewonnenes Spiel
hat, wenn es ihm gelingt, die Gemeinschaft der Gläubigen
zu lockern. Wir sollten daher in diesen letzten bösen Tagen
nicht nur alles vermeiden, was die Gemeinschaft stören
könnte, sondern darauf aus sein, sie in jeder Beziehung zu
pflegen, indem wir, miteinander in Liebe verbunden, einer
des anderen Wohl suchen. Dies aber ist nur möglich, wenn
wir im Lichte wandeln; denn es steht geschrieben: „Wenn
wir aber in dem Lichte wandeln, wie Er in dem Lichte ist,
so haben wir Gemeinschaft miteinander". (4. Joh. 4, 7.)
Der Wandel im Licht ist also die göttliche Grundlage der
christlichen Gemeinschaft; und auf dieser Grundlage ist die
Ausübung und Pflege derselben ein glückseliges Vorrecht,
eben weil wir im Lichte sind...
„Um Gemeinschaft in der rechten Weise miteinander
pflegen zu können, ist es nötig, daß unsere Herzen in glücklicher
Gemeinschaft mit Gott sind. Denn diese Gemein-
230
schäft hat stets ein glückliches Herz, eine „völlige Freude"
zur Folge, wie geschrieben steht: „Unsere Gemeinschaft
ist mit dem Vater und mit Seinem Sohne Jesus Christus.
Und dies schreiben wir euch, auf daß eure Freude völlig
sei." (b. Joh. l, 3. 4.) Hierin liegt das Geheimnis der
wahren Hingebung füreinander, der wahren Pflege der
Gemeinschaft, des Selbstvergessens und der Selbsterniedrigung
für andere.
„... Indessen ist es nötig, noch eines wesentlichen
Punktes zu gedenken, der bezüglich unserer Gemeinschaft
von großer Wichtigkeit ist, der aber im allgemeinen wohl
kaum die genügende Beachtung unter den Gläubigen findet;
ich meine daö B e w u ß t s e i n der persönlichen
Gegenwart des H e i l ig en G e i ste s. Wir kennen
zwar die Wahrheit Seiner Gegenwart, sind uns ihrer aber
wohl nicht so bewußt, wie wir eö sollten und es der Person
des Heiligen Geistes schuldig sind. Wir verlieren diese
Wahrheit so leicht aus dem Auge, trotzdem wir betreffs
der Verwirklichung aller unserer Segnungen und Vorrechte
ganz und gar von der Wirksamkeit des Heiligen Geistes
abhängig sind. Wir können nichts ohne Ihn genießen und
verwirklichen, auch nicht die Gemeinschaft. Ohne Seine
Kraft wird es uns, trotz des aufrichtigsten Wunsches und
der ernstesten Anstrengungen unserseits, nicht gelingen,
das zur Ausübung jener Gemeinschaft nötige Selbstgericht,
die Tötung des Fleisches samt seinen Lüsten und Begierden,
die Unterwerfung des eigenen Willens usw. zu vollbringen.
Wir sind in jeder Beziehung von Seiner Leitung und Wirksamkeit
abhängig, mag es sich nun um einen weisen und
einsichtsvollen Wandel oder um den Genuß und die Verwirklichung
der Liebe und Gnade Gottes handeln. Uns
231
selbst überlassen, würden wir in der Tat als arme, schwache
Waisen hilf- und ratlos dastehen, selbst nachdem der Herr
alles für uns bezüglich unseres Verhältnisses zu Gott getan
hat."
Soweit der Schreiber der früheren Abhandlung. Da
seine Gedanken uns mitten in Apstgsch. 2, 42 hineinführen,
möchte ich mit dieser Stelle meinen Faden wiederaufnehmen,
mich aber in anbetracht des bereits über Gemeinschaft
Gesagten bezüglich dieses Punktes nur ganz kurz
fassen.
Die Gemeinschaft
ist das zweite unter den vier Stücken von Apstgsch. 2, 42.
Ist es dort auch zunächst die Gemeinschaft mit den Aposteln,
an die zu denken ist, so war doch gewiß nicht eine einseitige
Verehrung und Bewunderung der Zwölfe damit gemeint.
Stets wird sich's im alltäglichen Umgang zeigen,
wie man zueinander steht, sei es in Freud oder Leid. Die
ersten Christen „v erharrten in der Gemeinschaft". Sie
ließen sich nicht davon abbringen; und die Welt lockte sie
nicht.
Man findet hin und her Gläubige, die die Vorrechte
der Gemeinschaft offenbar kaum kennen oder schätzen. Oft
tritt dieser Mangel bei solchen ein, die ziemlich alleinstchen
und praktisch kaum den Segen rechter Gemeinschaft haben
können. Sie können sich mit den Jahren zu einer Einstellung
verleiten lassen: „Jeder für sich — Gott für uns
alle!" Aber der Heilige Geist leitet uns ganz anders an —
wenn Er nicht betrübt wird (Eph. 4, 30). Es ist ein ganz
und gar ungeistliches Verhalten, wenn man ohne Not die
tatsächliche Gemeinschaft mit anderen Gläubigen vernachlässigt.
Und cs kommt sogar noch zu Schlimmerem, wenn
232
das Fleisch mit seiner Ichsucht und Selbstsucht nicht verurteilt
wird.
Soviel über das zweite der in Apstgsch. 2, 42 genannten
vier Stücke. Die übrigen drei Stücke sind:
Die Lehre der Apostel
Das Brechen des Brotes
Die Gebete.
Betreffs dieser drei Stücke wird nicht ausdrücklich von
Gemeinschaft geredet. Ich frage aber: Machen sie nicht
alle drei einen wesentlichen Bestandteil der Gemeinschaft
aus? Wenn wir lesen: Sie verharrten usw., ist damit
nicht klar und unzweideutig gesagt, daß die Gemeinschaft
jener ersten Christen, deren Frische und Ursprünglichkeit
uns entzücken, sich auf alle vier Stücke ausdehnte? Mir
scheint, sie ist nicht von einem einzigen zu trennen, und so
sei mir erlaubt, in Verbindung mit meinem Thema noch
das eine und andere Wort über diese drei Stücke zu sagen,
denn alle vier gehören unauflöslich zusammen.
„Sie verharrten in der Lehre der Apostel und in der
Gemeinschaft, im Brechen des Brotes und in den Gebeten."
Die Stelle zeigt unö zunächst, wie mir scheint, daß eS
unrecht ist, zu behaupten: „Die Gebetsstunde ist die
Hauptsache, daö andere ist weniger wichtig". Freilich gibt
es auch Stellen, wo das Gebet an erster Stelle erwähnt
wird. Wenn jemand aber für die Schriftbetrachtung wenig
Bedürfnis hat, wenn er die Erbauungsstunden gut entbehren
kann — ist von einem solchen zu sagen: Er verharrt in
der Lehre der Apostel? Drückt er darin irgendwie sein Verbundensein
mit der Versammlung aus? Denn in jenen vier
Stücken wird als erstes genannt
233
Die Lehre der Apostel.
In Judas 20. 21 haben wir eine ähnliche Bemerkung.
Dort steht das Wort der Erbauung an erster Stelle. Im
Blick auf die Gefahren der Endzeit — ich denke, das ist
unsere Zeit — werden „die Geliebten" von Judas ermahnt,
die Erbauung auf ihren allerheiligsten Glauben
und das Beten im Heiligen Geiste als eine Voraussetzung
zu rechter Bewahrung zu üben. Nur so können sie „sich
selbst erhalten in der Liebe Gottes, indem sie die Barmherzigkeit
ihres Herrn Jesus Christus zum ewigen Leben erwarten".
Prüfen wir im Blick auf diesen wichtigen Punkt unsere
Herzen! Man kann sich schämen und damit den Mg
zur Heilung beschreiten. Besser heute sich schämen als später
am Tage des Herrn. Der Apostel Johannes schreibt etwas
von Beschämung in 1. Joh. 2,28: „Und nun, Kinder,
bleibet in Ihm, auf daß wir, wenn Er geoffenbart werden
wird, Freimütigkeit haben und nicht vor Ihm beschämt
werden bei Seiner Ankunft". Wenn die Apostel Beschämung
oder eine Verkürzung ihres Lohnes am Tage des
Herrn als möglich hinstellen — wieviel mehr werden dann
alle die derartiges zu befürchten haben, die sich selber lebten
und anderen Sorgen bereitet haben!
Hegen und pflegen wir doch für uns selbst das teure
Wort Gottes! Setzen wir es in unseren Häusern an die
erste Stelle! Es bedarf hier manchen Selbstgerichts unter
denen, die mit uns auf dem Wege sind. Wenn man selbst
nur oberflächlich mit dem Worte Gottes umgeht, keine
Entdeckungen darin macht, wie will man dann zur gegebenen
Zeit anderen Heiligen dienen und bei den Betrachtungen
in der Versammlung sich fruchtbar beteiligen?!
2Z4
Wer nicht bleibt „in der Lehre der Apostel", ich meine,
wer die Versammlungen zur Wortbetrachtung nicht benutzt,
ohne Not fernbleibt, kann der noch von einem „in
Gemeinschaft sein" reden? Wundere man sich nicht über
diese Frage! Wo das neue Leben gesund und ungehemmt
sich entfaltet, da „verharrt" man in der Lehre usw. Aber
im entgegengesetzten Falle bleibt man eben nicht in der
Lehre und auch nicht in der Gemeinschaft.
Das Brotbrechen
steht an dritter Stelle, nicht an der ersten. Damit sage ich
nicht, daß es weniger wertvoll sei als die anderen Stücke.
Im ersten Korintherbrief finden wir (Kap. 40—44) die
Lehre vom Tisch des Herrn und das Brotbrechen zuerst,
während die sonstigen Zusammenkünfte erst in Kap. 42 bis
44 erwähnt werden. Daß das Brotbrechen eine ganz besondere
Bedeutung hat, wer wollte es leugnen? Man gehe
aber nicht so weit, als These etwa den Satz aufzustellen:
„Wer am Brotbrechen teilnimmt, der ist in Gemeinschaft
mit dem Herrn und mit der Versammlung; wer nicht am
Brotbrechen teilnimmt, der ist nicht in Gemeinschaft".
Solche Sätze enthalten Teilwahrheiten. Bestehen bleibt,
daß wir durch die Wiedergeburt in die Gemeinschaft mit
Gott und mit Seinem Volke kommen. Wer diese Herzenserneuerung
erlebte, der ist — grundsätzlich — mit dem
Herrn und also auch mit der Versammlung in Gemeinschaft.
Wohl aber finden wir die praktische Auswirkung dieses
Vorrechts beim Brotbrechen.
Sonach kann man sagen: „Wer nicht am Brotbrechen
teilnimmt, der d r ü ck t nicht seine Gemeinschaft mit dem
ganzen Leibe aus". Meines Erachtens ist Apstgsch. 2, 42
2Z5
in diesem Sinne aufzusassen: Sie drückten sowohl bei
den Versammlungen zur Belehrung und Erbauung, als
auch im täglichen Umgang, als auch beim Brotbrechen,
als auch in den Gebetsstunden ihr Verbundensein mit der
ganzen Versammlung a u s.
Abgesehen nun von der Tatsache, daß die Teilnahme
am Brotbrechen sicherlich vor allem ein Ausdruck der
Gemeinschaft ist, und daß, wer dieses Vorrecht vernachlässigt,
sich eines ernsten Bruchs der Gemeinschaft schuldig
macht, gibt es gerade bei dieser Handlung noch andere
wichtige Punkte, die ernstlich zu beachten sind. Ist es nicht
auffallend, daß der Herr im Blick auf das letzte Passahmahl
und das erste Abendmahl den Ausdruck brauchte:
„Mit S e h n s u ch t habe ich mich gesehnt..Es sind
ergreifende Worte, die zum Herzen reden.
Ferner: Wer die Versammlung zum Brotbrechen
nicht würdigen lernte als eine Anbetungö - Versammlung
der priesterlichen Schar, erleidet großen Verlust.
Denn nach der Schrift bildet die Anbetung und das Danken
und Loben der Versammlung einen wesentlichen Teil
dieser erhabenen Feier. Man gedenkt Seines Todes, Seiner
Leiden, Seiner Schmach, Seiner Liebe in gemeinsamer
Anbetung. Wie weit w i r dabei diegesegnete n Personen
sind, ist eigentlich doch erst an zweiter Stelle zu beachten.
Die allererste Sache ist und bleibt: Er hat Gott verherrlicht
in Seinem Leiden und Sterben. Darum hat Gott
Ihn auferweckt und zu Seiner Rechten erhoben zum Haupte
über alles. Dieser verherrlichte Herr ist der Gegenstand
des Lobes, daö man Ihm bringt.
Immerhin, bei aller Wichtigkeit der Feier des Mahles
des Herrn: Wer durch sein Verhalten die Meinung auf
236
kommen läßt, daß das Brotbrochen eigentlich alles sei, was
von einem rechten Christen zu erwarten wäre, befindet sich
in einem beklagenswerten Irrtum. Wir sollen das eine tun
und das andere nicht lassen. Wer sich damit begnügt,
Sonntags nur zum Brotbrechen zu kommen, den anderen
Versammlungen dagegen geflissentlich fernbleibt — kann
auf einen solchen nicht auch jenes Prophetenurteil angewandt
werden: „Lahmes und Krankes bringet ihr"? (Mal.
1, 13.) Was damals die Juden zum Altar Jehovas brachten,
war im Grunde nichts als ein selbstsüchtiger und unreiner
Gottesdienst. Was für jene der Brandopferaltar
war, das sollten wir als Christen verwirklichen beim Brotbrechen,
am Tische des Herrn. Nur herzenswahre Lauterkeit
kann da anbetend vor dem Herrn Dank und Lob
darbringen.
DieGebets-Versammlungen
sind in Apstgsch. 2, 42 an letzter Stelle erwähnt, während
an anderen Schriftstellen das Gebet an erster Stelle steht.
Die Anbetung am Tisch des Herrn hat ihr begleitendes
Seitenstück in der Gebetsversammlung, wenngleich beide
zwei verschiedene Handlungen sind. Beide Male handelt es
sich um priesterliche Vorrechte. Wie lieblich ist's, wenn
Christen in echter Priestergesinnung fürbittend oder dankend
und lobend vor Gott in der Versammlung zusammenkommen!
Welch ein kostbarer Ausdruck wahrer christlicher
Gemeinschaft ist ein solches Erscheinen vor Gott! Stehen
sie nicht im Geiste am Goldenen Altar? Unser großer Ho-
herpriester nimmt unser Lob und unsere Gebete da entgegen,
um sie rein und geheiligt vor Gott darzubringen.
Die beiden Dinge: Brotbrechen und Gebet der Versammlung
— man trenne sie nicht dadurch, daß man zur
237
Feier des Herrn-Mcchles kommt und in der Gebets-Versammlung
ohne Not fehlt. Beides sind unsere Vorrechte
als Priester Gottes durch Jesum Christum. (Vergl. Hebr.
43, l 5 und r. Petr. 2, 5.)
„Seid nun besonnen und seid nüchtern zum Gebet!"
Der Apostel leitet diese Ermahnung in 1. Petr. 4, 8 ein
mit den bezeichnenden Worten: „Es ist aber nahe gekommen
das Ende aller Dinge". Und dieses Ende bedroht beute
die Welt. Wir verspüren des Herrn Vorbereitungen zum
Gericht. Und daß Sein Kommen zur Aufnahme der Seini-
gen dieser Gerichtszeit vorhergeht, sollte uns, abgesehen
von Stellen, die diese Tatsache bezeugen (vergl. z. B.
Offbg. 3, 40), schon klar sein aus der ganzen Stellung,
die die Versammlung oder Gemeinde (Ecclesia) in Christo
vor Gott einnimmt.
Wie wird Er mich finden, wenn Er kommt, unser ersehnter
und geliebter Herr? Sind auch wir geblieben in jenen
vier Stücken? Der Heilige Geist hat einst die ersten
Christen zu Jerusalem dahin geleitet, es so zu halten, ohne
daß von einem Gebotder Apostel dabei die Rede wäre.
Dieser Geist Gottes ist aber auch uns gegeben, und Er
hat gewiß in unseren Tagen keine anderen Absichten.
Christus — unser Hohepriester
(Fortsetzung)
Groß und zahlreich, wenn auch anderer Art, waren
auch die Versuchungen (Prüfungen) Jesu, die Ihm von
Menschen widerfuhren, die Satan als seine Werkzeuge
gebrauchte. Wie ist Er verkannt, gehaßt, verspottet und verhöhnt
worden, nicht zu reden von Seinen körperlichen Lei
238
den. Wer von uns kann die Prüfungen gebührend würdigen,
denen Er ausgesetzt war im Hofe des Hohenpriesters,
vor Pilatus, vor Herodes, am Kreuz! Vergessen wir doch
nicht, daß Er jederzeit die Macht besaß, Seine Feinde mit
einem Wort zu vernichten. Aber Er, der diese Macht besaß,
widerstand nicht: „E rlit t". Er bot Seinen Rücken
den Schlagenden und Seine Wangen den Raufenden, Er
verbarg Sein Angesicht nicht vor Schmach und Speichel.
(Zcs. 50, 6.)
Wenn wir nun unseren Weg mit dem des Herrn vergleichen,
so können wir sagen, daß es da auch für uns Versuchungen
und Prüfungen gibt, ähnlich, nur in unendlich
geringerem Maße, wie sie dem Herrn auf Seinem Wege
begegneten. Auch an uns tritt der Versucher heran. Auch
gegen unö führt er Menschen, widrige Umstände lind mitunter
sogar wahre Gläubige ins Feld. Der Zweck Satans
ist, auch wenn er Menschen als seine Werkzeuge gebraucht,
uns von dem Pfade des Gehorsams und deö Glaubens abzubringen,
uns zu verleiten, unseren eigenen Willen zu
tun. Und wie leicht kommt Satan bei uns zum Ziel! Anstatt
zu „leiden", wie unser Herr, besteht bei uns die Gefahr,
in die Versuchungen einzuwilligen und unserem eigenen
Willen zu folgen. Dann leiden wir nich t. Der
natürliche Mensch tut seinen eigenen Willen. Er gefällt
sich darin, denn er fürchtet Gott nicht. Das ist ja gerade die
Sünde. „Die Sünde ist die Gesetzlosigkeit" (t. Joh. 3,
4), daö will sagen: die Ausübung des eigenen Willens.
Es gibt für den Menschen, wie er ist, nichts Angenehmeres,
als seinen eigenen Willen zu tun. „Des Menschen
Wille ist sein Himmelreich", lautet ein Sprichwort. Christus
tat dagegen nie Seinen eigenen Willen. Sein Begeh
2Z9
ren war, den Willen des Vaters zu tun. Deshalb redete
Er kein Wort, ging keinen Schritt oder führte keine Tat
aus, ohne den Willen Gottes in allem erkannt zu haben.
Aber gerade dieser Gehorsam brachte Ihm die größten Leiden
ein, denn auf diesem Pfade fand Er den größten Widerstand.
Wenn wir nun versuchen, dem Herrn auf dem Pfade
des Gehorsams zu folgen, wozu wir ja berufen sind (st.
Petr, ü, 2), so werden wir, ebenso wie Er, Widerstand finden.
Das sind dann Versuchungen für uns, die, wenn sie
an uns herantreten, und wir ihnen nicht nachgeben, uns
Leiden aller Art bereiten. Wir m ö ch t e n ihnen nicht nach-
geben. Wir m ö ch ten, daß unser Glaube sich darin bewähre;
wir möchten Ausharren darin zeigen. (Jak. ü,
Z.) Aber wir sind so schwach! Da nun kommt uns der
Dienst des Herrn als Hoherpriester zugute. Er kennt diese
Proben aus eigener Erfahrung. Er hat sie erlebt und hat,
da Er ihnen nicht nachgab, darin gelitten. Jetzt ist
Er, nachdem Er alle Versuchungen hinter sich hat, droben
zur Rechten Gottes. Er vermag denen, die versucht werden,
zu helfen, das heißt, sie zu stützen, damit sie in diesem
Kampfe nicht fallen, mit anderen Worten, nicht sündigen.
Die Gläubigen bedürfen aber nicht nur der Hilfe
in ihren Versuchungen, sondern auch der Teilnahme
in den aus diesen Versuchungen hervorgehenden Leiden und
Trübsalen, wie auch in den Leiden, die ganz allgemein mit
ihrer menschlichen Schwachheit in Verbindung stehen. Da
ist es denn sehr tröstlich, von dem großen Hohenpriester zu
wissen, daß
240
„Er Mitleid zu haben vermag mit unseren
Schwachheit« n",
und zwar deshalb, weil „Er in allem versucht worden ist
in gleicher Weise wie wir, ausgenommen die Sünde".
(Hebr. 4, *l5.) Ist es nicht ein unendlich kostbarer Trost,
zu wissen, daß es für uns keine Versuchung geben kann, die
Jesus, unser Herr, nicht aus eigener Erfahrung kennt, da
Er inallem und in gleicher Weise wie wir versucht
worden ist?
Daß es sich hier um Versuchungen handelt, die von
außen an uns herantreten, und nicht etwa um solche, die
aus unserem durch die Sünde verderbten Inneren kommen,
bedarf wohl kaum ausdrücklicher Bestätigung. Um
jedoch in bezug hierauf jeden Zweifel von vornherein auszuschließen,
fügt der Geist Gottes hinzu: „ausgenommen
die Sünde". Wie hätte der Herr, der nicht nur „keine
Sünde tat, noch wurde Trug in Seinem Munde erfunden"
(1. Petr. 2, 22), sondern in Dem überhaupt keine Sünde
war, bezüglich der Sünde versucht werden können? Er war
nicht nur Sohn Gottes von Ewigkeit her, sondern auch als
„das Heilige", das geboren wurde, Gottes Sohn. (Luk.
-l, 35.) Die Absicht des Feindes war zwar, Ihn zum Sündigen
zu verleiten, aber wenn er, der Fürst dieser Welt,
kam, so hatte er „nichts in Ihm". (Vergl. Joh. ^4, 30.)
Handelt es sich jedoch um die Versuchungen, die von außen
kommen, so ist Er in gleicher Weise versucht worden wie
wir, wenn es auch gewiß keinen der Seinen gibt, der in
demselben Maße versucht worden wäre.
Diese Übungen und Prüfungen, durch die Er ging,
als Er hier auf Erden war, sind die Ursache, daß Er mit
uns in unseren Schwachheiten Mitleid zu haben vermag.
24r
Aus eigener Erfahrung kann Er mit uns fühlen, wie z.
B. jemand, der einmal einen Schiffbruch miterlebt und die
Nöte des Schiffbrüchigen aus eigener Erfahrung kennen
gelernt hat, nachher, obwohl er in völliger Sicherheit ist,
mit solchen voll und ganz zu fühlen weiß, die auf einem
Wrack auf dem stürmischen Meere umhertreiben.
Das Wort „Schwachheiten" wird manchmal als
„Sünden" gedeutet, so als ob der Herr Mitleid mit unseren
„Sünden" habe. So kann man, wenn jemand unwachsam
gewesen ist und gesündigt hat, Worte hören wie: „Ja,
das ist nun einmal meine schwache Seite. Wie gut, daß der
Herr Mitleid hat mit unseren Schwachheiten!" Aber in
diesem Sinne hat der Herr kein Mitleid mit unseren Sünden.
Daö ist unmöglich. Er haßt die Sünde, wie Gott sie
haßt — denn Er i st Gott. Zu ihrer Abschaffung war Er
bereit, die Strafe für sie zu empfangen, und Er hat sie
empfangen. Was die Sünde in Gottes Augen und damit
auch in Seinen Augen ist, geht am eindrucksvollsten aus
der Tatsache hervor, daß Gott Sein Angesicht von Jesu
abwenden und Ihn verlassen mußte, als Er am Kreuz für
uns zur Sünde gemacht war, und daß Er den Tod schmek-
ken mußte. Die Sünde ist stets abscheulich in Gottes Augen,
ganz besonders aber dann, wenn sie sich bei einem
Gläubigen zeigt, der doch eine neue Natur und außerdem
den Heiligen Geist als die Kraft dieser neuen Natur besitzt.
Der Herr kann sie nicht dulden, noch irgend welche
Gemeinschaft mit ihr haben. Er kann sie vergeben, und Er
tut es, wenn wir sie bekennen, denn Er weilt gegenwärtig
auch als unser Sachwalter bei dem Vater droben, Er, Jesus
Christus, der Gerechte. Aber mit Schwachheiten
kann unser Hohepriester Mitleid haben.
242
Was sind nun Schwachheiten? Schwachheit ist das
Gegenteil von Kraft. Redet der Schreiber des Hebräerbriefes
also von „unseren Schwachheiten", so lassen seine Worte
wohl zunächst daran denken, daß wir in uns selbst keine
Kraft besitzen, um den Angriffen Satans und der Feindschaft
der Menschen zu widerstehen, sowie die schwierigen
Umstände und Verhältnisse und die uns auf dem Glau-
benöwege begegnenden Enttäuschungen und Bitterkeiten
zu tragen. Wie ein anderer sich ausgedrückt hat, sind
Schwachheiten Umstände, über die man keine Gewalt hat,
in denen man fühlt, wie hilflos man ist. Zweifellos sind
darunter aber auch körperliche Schwachheiten, Leiden und
Schmerzen, und was alles damit zusammenhängen mag,
sowie Schwierigkeiten und Nöte aller Art zu verstehen.
Da der Begriff „Schwachheiten" in unserem Leben
eine so große Rolle spielt, möchte es nützlich sein, ihn an
Hand einiger Beispiele zu erläutern.
Ein Gläubiger ist durch irgend einen Umstand, wie
sie tagtäglich vorkommen, in Schwierigkeit geraten. Auf
einmal zeigt sich ein Ausweg aus der Not. Aber wenn die
Natur ihn auch für ausreichend hält, mit dem im Worte
geoffenbarten Willen Gottes ist er nicht vereinbar. Die Versuchung
ist groß. Der Betreffende fühlt seine S ch w a ch -
heit und weiß, daß er aus eigener Kraft den Kampf
nicht bestehen wird.
Ein anderes Beispiel. Ein Gläubiger besitzt ein gutgehendes
Geschäft. Eines Tages aber wird in seiner Nähe
ein großes Konkurrenzgeschäft eröffnet. Einige Wochen
genügen, um ihm zu zeigen, daß sein Geschäft mit Riesenschritten
zurückgeht, und daß er nach menschlichem Ermessen
bald zugrunde gerichtet ist. Ein Ausweg bliebe
243
noch, um daö Unheil abzuwenden, aber er besteht in der
Anwendung von Mitteln, die nicht nach dem Wort und
Willen Gottes sind, welchem er doch folge«: möchte. Es ist
eine schwere, sehr schwere Versuchung. Vielleicht will Gott
die Prüfung, in der sogar Satan seine Hand haben mag,
zu seiner Erziehung gebrauchen, denn ohne Seine«: Willen
fällt ja kein Haar vo«: unsere«:: Haupte, und unser Glaube
muß geläutert werden. Wird er den Kampf bestehen, da er
so sch w a ch ist? Wird er am Ende nicht doch noch zu den
Mitteln greifen, von denen er weiß, daß Gott sie nicht billige«:
kam:? Wird er nicht in seinem Herze«: erbittert werden,
oder gar mit Worten gege«: de«: Konkurrente«: arbeite«:,
die für eine«: Christe«: unpassend sind?
Noch ei«: drittes Beispiel. Jemand hat als Gläubiger
eine angenehme Stellung. Ei«: Kollege beneidet ihn darum
und flicht ihn durch alle möglichen Mittel daraus zu
verdrängen. Die Natur redet ihm zu: „Antworte auf gleiche
Weise". Doch waö ist der Wille Gottes, de«: er tu«:,
was die Gesinnung Christi, die er offenbare«: möchte? Er
möchte auf Gott warten und nichts tun. Aber er fühlt
sich so schwa ch.
Ähnlicher Beispiele gäbe es noch viele. Ei«: böser Nachbar,
ein Niedergang in der wirtschaftliche«: Lage, Arbeitslosigkeit,
ei«: ungerechter Vorgesetzter und tausend andere
Dinge können den Gläubigen in größte Prüfungei: bringen,
denen er macht- und kraftlos gegenübersteht. Wie
gut ist es da, jemand zu kennen, der Mitleid zu habe«: vermag
nut solche«: Schwachheiten, weil Er i«: allem i«: gleicher
Weise versucht «vorbei: ist!
Zu de«: menschliche«: Schwachheiten sind ferner
Krankheitei:, Leiden und Schmerze«: zu rechnen, mag es
244
sich nun um eigene oder um Krankheiten und Leiden teurer
Angehöriger und Freunde handeln, die das eigene Herz
aufs tiefste bewegen; weiter Hunger, Durst, Müdigkeit,
körperliche Schwäche und manch andere ähnliche Dinge.
An allem diesem hat der Herr, als Er auf Erden war, teilgenommen.
Er ist sowohl müde als auch hungrig und durstig
gewesen. Wenn Er auch körperlich nicht krank gewesen
fein wird — Sein Leib war ein heiliger Leib ohne Sünde
—, so nahm Er doch durch Sein Mitgefühl, sowie durch
Seine Heilungen — Er fühlte die dabei von Ihm ausgehende
Kraft — derart teil an den Krankheiten und Leiden
Seines Volkes, daß von Ihm gesagt werden konnte: „Er
selbst nahm unsere Schwachheiten und trug unsere Krankheiten".
(Vergl. Matth. 8, 1.7, Mark. 5, 30 usw. mit
Jes. 53, 4.) Handelt es sich aber um körperliche Schmerzen,
o wie hat Er die kennen gelernt!
Lr ward gegeißelt und mit Dorn' gekrönet,
Ins Angesicht geschlagen und verhöhnet;
Lr ward mit Lssig und mit Gall' getränket,
Ans Rreuz gehenket.
Und erst Seine seelischen Leiden!? Können wir uns von
ihnen überhaupt eine richtige Vorstellung machen? „Der
Hohn hat mein Herz gebrochen, und ich bin ganz elend"
lautet ein Psalmwort, und das ist Seine Sprache.
Wenn Gott in Seiner Weisheit es nun für gut findet,
einen Gläubigen durch tiefe Leiden gehen zu lassen,
so darf er in seiner Not denken: „Mein Heiland, der droben
zur Rechten Gottes ist, kennt meine Leiden und meine
Schmerzen aus eigener Erfahrung, und Er fühlt mit mir".
Wieder eine andere Art menschlicher Schwachheit ist
es, wenn jemand schmerzliche Verluste erlitten hat, die
sein Herz beunruhigen oder betrüben. Vielleicht hat er das
245
Liebste, waö er auf Erden besaß, verloren, und sein Herz
blutet. Wie erquickend ist in einer solchen Lage eine innige
Teilnahme. Der Leidtragende darf sich daran erinnern,
daß im Himmel jemand ist, der ihn versteht und tief mit
ihm fühlt. Es ist Derselbe, der innerlich bewegt war, als
Er in Nain die weinende Witwe sah, Derselbe, der einen
so herzlichen Anteil an dem Schmerz der Schwestern Maria
und Martha ob des Verlustes ihres Bruders nahm,
daß Er an seinem Grabe weinte. Dürfen wir nicht getrost
behaupten, daß es nicht einen Verlust irgend welcher Art
gibt, den ein Gläubiger erleiden kann, bei dem er nicht
auf die Teilnahme des Herrn rechnen dürfte?
Auch Enttäuschungen können sehr bitter sein. Wie
schmerzlich kann es sein, wenn man mißverstanden wird,
und noch schmerzlicher, wenn man es gut gemeint hat, und
einem böse Absichten unterschoben werden! Auch derartige
Übungen kennt der Herr aus eigener Erfahrung. Wie
viele Enttäuschungen hat Er erfahren! Wie wenig wurde
Er verstanden (selbst von Seinen Jüngern), wie oft wurde
Er schlechter Beweggründe bezichtigt, Er, der doch nur das
Wohl der Menschen und die Ehre Gottes im Sinn hatte!
Darum kann Er sich auch teilnahmsvoll gegen jeden Gläubigen
erweisen, der durch solche Übungen zu gehen hat.
Es ist so: In all den erwähnten Prüfungen, in denen
sich unsere menschliche Schwachheit offenbart, können wir
auf das Mitgefühl unseres barmherzigen Hohenpriesters
rechnen, und es stimmt, wenn wir singen:
Jeden Schmerz hilfst Du uns tragen,
Jedes Leid kannst Du verstehn.
Hier ist aber noch eins zu beachten. So wahr es ist
und tröstlich zu wissen, daß unser geliebter Herr mit all
246
unseren Schwachheiten Mitleid zu haben vermag, so sicher
ist auch, daß wir, tim in den Versuchungen nicht zu fallen,
daö heißt, darin nicht zu sündigen, von der an unö gerichteten
Aufforderung Gebrauch machen und „hinzutreten
m ü ssen z u m Th r o n d e r G n a d e".
Auf diese Weise empfangen wir, waö wir bedürfen:
„Barmherzigkeit und Gnade zur rechtzeitigen Hilfe". (Hebräer
4, 4 b.) Wir dürfen unmittelbar zum Thron der
Gnade kommen, das heißt, zu Gott selbst. Dort ist unser
großer Hoherpriester allezeit für uns tätig, und alles, was
wir bedürfen, empfangen wir auf Grund Seiner Fürsprache,
die Er dort für uns ausübt. Haben wir Barmherzigkeit
nötig, weil wir so schwache, hilflose und leicht irrende
Geschöpfe sind, dort ist sie für uns vorhanden. Bedürfen
wir der Gnade — und ach, wie sehr haben wir sie
nötig in einer Welt, die Jesum verworfen hat, und wo
nur berufen sind, Ihn so darzustellen, daß unsere Umgebung
Gott in uns sieht — auf Grund Seiner Fürbitte
fließen uns die Quellen der göttlichen Gnade reichlich zu.
Auf diese Weise wird uns die göttliche Hilfe zuteil, und
zwar so, wie Seine Weisheit sie für uns bestimmt. Seine
Hilfe kann sich also erweisen, daß Er unö in unseren
Kämpfen und Nöten so stärkt und unterstützt, daß wir
darin auöharren können, oder daß Er uns in den Umständen,
die unö die Übungen gebracht haben, Erleichterung
gibt, oder daß Er gar das, was uns entgegen ist,
ganz hinwegtut. Immer kommt die Hilfe zur rechten Zeit,
das heißt, wenn Gott die Zeit für gekommen hält.
(Schluß folgt.)
247
Bemerkungen
zum Brief an die Philipper
in.
Alle die Übungen, von denen der Apostel im vorhergehenden
Kapitel gesprochen hat, die guten und die schlimmen
Erfahrungen, dürfen wir aus der Hand des Herrn
annehmen — Er macht alles gut — und dürfen uns dabei
freuen in Ihm, nicht etwa in erster Linie über die Erfahrungen
und Fortschritte, die wir dadurch gemacht haben,
sondern in Ihm. Er ist die Quelle der Freude. Daß Er
uns liebt, für uns besorgt ist und an uns denkt, daß wir
Sein Eigentum sind und Er unser ist, das ist der Grund
unserer Freude. Der Apostel wollte diese Wahrheit immer
wiederholen. Es verdroß ihn nicht, wenn die Wiederholungen
immer aufs neue nötig wurden, denn es war für
die Gläubigen gut und nützlich. Die Freude in dem Herrn
war sa ihre Sicherheit. Der Hinweis darauf, daß wir uns
stets an der Quelle der Freude aufhalten sollen, ist besonders
am Platz, wenn es vieles um uns her gibt, das uns die
Freude rauben könnte. So war es in Philippi. Es gab damals
schon in der Christenheit Bekenner, die für andere
zum Schaden waren: „Hunde, böse Arbeiter, Zerschneidung".
Hunde sind irdisch gesinnte Menschen, die ihren
Lüsten und Begierden freien Lauf lassen (vergl. Jes. Sb,
11). Die bösen Arbeiter sind solche, die aus eigennützigen
Beweggründen, unter den Gläubigen wirken und dem Werke
Schaden zufügen. Mit dem Wort „Zerschneidung" bezeichnet
der Apostel Menschen, die das Gesetz wiederum
einführen wollten und auf diese Weise das Werk der G n a-
Lsp. 3. l
Vers 2
248
d e zerstörten. Die dem Abraham gegebene Beschneidung
war eine äußere Handlung und hatte nur einen symbolischen
Wert. Die vom Apostel mit „Zerschneidung" benannten
Menschen predigten die äußere Beschneidung als etwas
zur Errettung unbedingt Erforderliches und nahmen damit
dem Kreuz Christi den Wert. Das Kreuz beweist das völlige
Verlorensein, den vollständigen Ruin des Menschen.
Daß Christus dort gelitten und den Tod erduldet hat, bedeutet,
daß wir jenen Platz verdient hatten. Es stellt also
den Menschen mit all seinen vermeintlichen Tugenden, mit
seiner vermeintlichen Gerechtigkeit aufdieSeite. Das
paßte diesen Predigern nicht, denn dabei kann man sich nicht
mehr rühmen. Darum predigten sie die Beschneidung mit
Händen, damit sie sich der äußeren Handlung rühmen
konnten. Wie steckt auch heute dieser Wahn noch in den
Herzen der Menschen, nnb .wie leicht ist such der Gläubige
geneigt, sich wieder auf etwas zu stützen, sich über etwas
zu rühmen, was ertut! Im Gegensatz zu diesen bösen Arbeitern
waren die Apostel nach Gottes Gedanken „die Be-
versZ schneidung". Sie ließen sich in ihrem Dienst nicht von
Selbstvertrauen, sondern vom Geiste Gottes leiten und
als Seine Werkzeuge gebrauchen. Sie rühmten sich nicht
der eigenen Fähigkeiten und der eigenen Tätigkeit, sondern
sie rühmten sich Christi Jesu, das heißt der Gnade, di«
sie in Christo Jesu gefunden hatten. Sie vertrauten nicht
auf eigene Kraft und Tüchtigkeit. Das Todesurteil, das
am Kreuz über das Fleisch ausgesprochen worden ist, wurde
von den Aposteln immerfort auf die alte Natur angewendet.
Wer das tut, gehört zur „Beschneidung". Menschlich
gesprochen, hatte der Apostel Ursache, sich zu rühmen,
sogar mehr als irgend ein anderer, denn er war nicht nur
249
in jeder Hinsicht ein echter Israelit, sondern auch ein Vor- v-r-q-s
bild gesetzlicher Pflichterfüllung. Er hatte daher große Vorzüge
vor anderen, aber nicht bei Gott. Für sein Verhältnis
zu Gott waren diese Vorzüge nur nachteilig gewesen, weil
er sich darauf gestützt hatte. Inzwischen hatte er etwas viel
Besseres gefunden, seinen Heiland, und mit Ihm Gottes
Gerechtigkeit. Ach, was sind doch alle menschlichen Vorzüge,
alle Eigengerechtigkeit und alle Ehre vor Menschen
gegen das, was der Christ in seinem Heiland hat! Ein
Schriftsteller schreibt über diese Stelle wie folgt: „Saulus
von Tarsus stand in der Tat auf dem erhabensten Felsen
der Anhöhe menschlicher Gerechtigkeit. Er hatte die höchste
Stufe menschlicher Religion erreicht. Er wollte nicht einen
einzigen Menschen über sich dulden. Seine religiösen
Vorzüge waren wirklich von höchstem Range, denn er
konnte sagen: „Und ich nahm zu in dem Judentum über
viele Altersgenossen in meinem Geschlecht". (Gal. "l, l4.)
Niemand übertraf ihn in seinem Ringen nach Selbstgerechtigkeit.
Ist jemand da, der auf seine Mäßigkeit vertraut
— Paulus konnte sagen: „Ich noch mehr". Vertraut
jemand auf seine Sittlichkeit — Paulus konnte sagen:
„Ich noch mehr". Meint jemand auf Satzungen, Sakramente,
religiöse oder fromme Gebräuche vertrauen zu
können — Paulus noch mehr. Mit einem Wort: Laßt einen
Menschen die Anhöhe gesetzlicher Gerechtigkeit ersteigen,
so Hoch der größte Ehrgeiz oder der glühendste Eifer
ihn zu führen vermag — er wird von einer noch größeren
Höhe eine Stimme hören: „Ich noch mehr". Saulus von
Tarsus kam herauf aus der Tiefe des Abgrundes des Verderbens,
kam herab von der Leiter der Selbstgerechtigkeit
und fand seine Ruhestätte zu den Füßen, den durchgrabe
250
Vers y. 10
Vers 11
nen Füße« Jesu von Nazareth." Ja, wahrlich, zu den Füßen
Jesu fand er etwas weit Besseres, als er vorher besessen
hatte, darum achtete er das Frühere für Verlust.
Er befaß'Jesum selbst und damit alles, was er zu seiner
Rechtfertigung vor Gott, für seinen Eifer, die Befriedigung
fernes Strebens, die Ruhe und das Glück seines
Herzens bedurfte. Darum strebte er nicht mehr nach der
Höhe eigener Gerechtigkeit und Ehre vor Menschen. Die
Gerechtigkeit aus Gott war nun nicht mehr Ziel, sondern
Ausgangspunkt seines Strebens. Erbesaß jetzt die göttliche
Gerechtigkeit. Er mußte sie sich nicht mehr verdienen,
sondern sein Streben ging jetzt dahin, Ihn, der Seine
Gerechtigkeit war, besser kennen zu lernen, sowie alles,
was in Ihm für den Gläubigen vorhanden ist. Die Kraft
der Auferstehung macht auch den Gläubigen lebendig,
fuhrt ihn in das Auferstehungsleben ein, wo die Sünde
keine Macht mehr hat, wo der Gläubige Zugang hat zu den
Segnungen des Himmels, hebt ihn empor über die Umstände
des Lebens, gibt ihm Kraft zu einem Leben des Sieges
über Satan und Welt. Dies immer mehr zu verwirklichen,
war das Streben des Apostels. Auch wünschte er
mit dem Herrn Gemeinschaft zu haben in den Leiden. Er
begehrte kein angenehmes und leidensfreies Leben in dieser
Welt, wo sein Heiland nur Leiden, ja, das Kreuz erfahren
hatte, sondern er betrachtete es als ein Vorrecht, für
Ihn zu sterbe». Auf welche Weise das geschehen würde,
war ihm einerlei. Ob so oder anders, in jedem Fall war das
Ergebnis: Die Auferstehung aus den Toten. Sein Lebensziel
war: Christum zu gewinnen, d. h. zu besitzen,
und: die Erkenntnis Jesu, seines Herrn. Dieses Ziel hatte
er noch nicht erreicht. Wie wäre es auch möglich, so lange
25r
man auf Erden ist? Aber der Gedanke, daß auf Erden das
Ziel nie erreicht werden könne, hinderte ihn nicht, sich nach
ihm auSzustrecken. Wie bei einem Wettlauf das ganze
Sinnen und Denken des Läufers auf das Ziel gerichtet ist,
oder wie (ein anderes Bild), wenn viele Menschen die
Hände auöstrecken nach einem sehr begehrenswerten Gegenstand,
so streckte er, bildlich gesprochen, seine Hände
aus, um daö Ziel zu erreichen. Der Herr hatte ihn ergriffen,
das heißt, sein Herz gefangen genommen, und nun
war es sein Sehnen, diesen Herrn, der ihn so wunderbar
liebte, daß Er ihm auf dem Wege nach Damaskus cntge-
gengetreten war, um ihm Seine unvergleichliche Liebe zu
offenbaren, immer besser zu erfassen und zu genießen,
Ihn zu erkennen, wie ein anderer gesagt hat, als Den, der
völlig auf die Probe gestellt war, und so alles zu kennen,
was Er in der völligen Offenbarung Seiner Vollkommenheit
— in Liebe, in Gehorsam, in Hingebung — gewesen
ist. Wie groß muß doch dieses Ziel vor seinen Augen gestanden
haben, daß er alles Frühere, seine Vorzüge vor
den Menschen, die Ehre vor den Menschen, sein Ansehen
usw. — daß er alles, alles vergessen konnte um dieses
einen Gegenstandes willen! Auch die bisher erduldeten Leiden
vergaß er, denn stets war Christus das Ziel vor seinen
Augen. O wäre dies doch bei uns allen der Fall! Können
wir nicht die erfahrenen Kränkungen und Ungerechtigkeiten,
die vergossenen Tränen, die erlittenen Verluste, die
begangenen Fehler vergessen und uns mit Ihm beschäftigen,
der uns allein wirklich befriedigt? Warum gibt es so
wenig Wachstum in der Erkenntnis des Herrn? Weil man
nicht vergessen kann, was dahinten ist! „So viele
nun vollkommen sind — d. h. alle, die erkannt haben, daß
Vers 12.13
Vers 1q
Vers l s-16
252
außer Christo nichts unser Herz befriedigt, daß aber in <
Ihm alles enthalten ist — laßt uns also gesinnt sein."
Wer so dasteht, der kann anderen sagen: „Seid mei-
vrr« 17-21 ne Nachahmer". Der Apostel ermahnt seine Philipper, auf /
die guten D 0 rbilder zu schauen und ihren Wandel
zu betrachten, denn es gab um sie her auch schlechte Beispiele,
Bekenner, die dem Apostel schon lange Sorge gemacht,
und die sich nun entschieden vom rechten Weg abgewandt
hatten. Sie waren „Feinde desKreuzes Christi"
geworden, d. h., sie wollten wohl Christen sein, aber
nicht das Kreuz, die Schmach Christi tragen. Sie wollten
das Leben genießen, gut essen und trinken und den Leiden
ausweichen. Sie suchten ihre Ehre in den Dingen dieser
Welt, deren sie sich, da sie Christi Jünger sein wollten,
hätten schämen sollen. Sie betrachteten diese Erde als ihre
Heimat, darum „sannen sie auf das Irdische". Über diese
Bekenner weinte Paulus, denn sie dienten dem Herrn
nur zur Unehre. Im Gegensatz zu dieser irdischen Gesinnung
gebraucht der Apostel den Ausdruck: „Unser
Bürgertum ist in den Himmeln". Das heißt mit anderen
Worten: Wir Gläubigen sinnen nicht auf Irdisches, sondern
wir halten uns im Himmel auf, wo unsere Heimat
ist. Unser Herz ist da, wo unser Schatz ist, nämlich unser
geliebter Heiland. Auch besteht unsere Beschäftigung nicht
in dem Pflegen unseres Leibes der Niedrigkeit, wie jene eS
tun, sondern wir erwarten den Heiland unseres Leibes. Unser
Leib der Niedrigkeit gehört dem Himmel an. Freilich
kann er so, wie er ist, nicht an der himmlischen Herrlichkeit ?
teilhaben. Aber der Herr wird ihn mit Seiner Schöpferkraft
umgestalten bei Seiner Ankunft.
Sie Geburt Moses *
Die größte Geschichte der damaligen Zeit wird uns im
2. Kapitel des zweiten Buches Mose mit wenigen Worten
erzählt: die Geburt Moses', des Retters seines Volkes, des
Königs in Jeschurun. (S. Mose ZZ, 5.)
Gott hatte einst zu Abraham gesagt: „Gewißlich
sollst du wissen, daß dein Same ein Fremdling sein wird
in einem Lande, daö nicht daö ihre ist; und sie werden ihnen
dienen, und sie werden sie bedrücken vierhundert Jahre".
(4. Mose l5, 43.) Diese Bedrückung hatte begonnen, bevor
Moses geboren wurde. Schon in 2. Mose 4 lesen wir: „Und
sie setzten Fronvögte über das Volk, um es mit ihren Lastarbeiten
zu drücken". (V. 44.) Israel, das in den Tagen
Josephs zu Wohlstand und Ansehen gekommen war, hätte
nie daran gedacht, seinen Wohnplatz in Ägypten zu verlassen,
wenn sein Wohlergehen dort angcdauert hätte. Nie
wäre der Wunsch, ein Land zu verlassen, wo sie alles hatten,
was ihre Herzen begehrten, in ihnen aufgekommen.
Um ihnen nun den Aufenthalt in dem fremden Lande zu
verleiden und die Sehnsucht nach Kanaan bei ihnen zu wek-
ken, wurden sie von Gott in den eisernen Schmelztiegel
geworfen. Um Eisen zum Schmelzen zu bringen, bedarf es
einer besonders heißen Flamme. Mit einer gewöhnlichen
Flamme wird der Zweck nicht erreicht. Da muß ein starkes
Gebläse angewandt werden. Erst bei siedender Hitze schmilzt
die Masse und gibt daö Erz, seinen Schatz, frei. Unter diesem
eindrucksvollen Bilde wird in der Schrift die schreckliche
Bedrückung des Volkes wiederholt erwähnt (vergl.
5. Mose 4, 20; 4. Kön. 8, 54 und Jer. 44, 4). Wie viele
I.XXXIII 10
254
Augen gläubiger Männer und Frauen mögen in jenen Tagen
nach dem Erretter ausgeschaut haben, umsomehr als
„die Zeit der Verheißung nahte, welche Gott dem Abraham
zugesagt hatte". (Apstgsch. 7, 77.)
Was uns in den ersten Versen von 2. Mose 2 erzählt
wird, gehört zu den alltäglichen Dingen des Lebens. Ein
Mann vom Hause Levi ging hin und nahm eine Tochter
Levis, und sie gebar einen Sohn. Diese Eltern zeichneten
sich äußerlich in nichts von anderen aus. Moses wurde nicht
in einem fürstlichen Hause geboren. Auch die Ettern Jesu,
Joseph und Maria, waren arm. So handelt Gott immer
dem Stolz der Welt gegenüber. „Das Schwache der Welt
hat Gott auserwählt, auf daß Er das Starke zu Schanden
mache; und das Unedle der Welt und das Verachtete
hat Gott auserwählt und das, was nicht ist, auf daß Er
das, was ist, zunichte mache, damit sich vor Gott kein
Fleisch rühme." (1. Kor. l, 27—29.)
Dem Elternpaar waren schon zwei Kinder geboren.
Aber das wird an dieser Stelle nicht erwähnt. Es liegt nicht
in der Linie der Belehrung. Nur von Moses wird erzählt,
von seiner Geburt, sowie von der wunderbaren Erhaltung
seines Lebens. Alles andere erfahren wir erst später, z. B.
wie die Eltern und die Geschwister hießen, und wie viele
Geschwister schon geboren waren. (Vergl. 4. Mose 26, 59
mit 4. Chron. 6, 3.)
Kaunr war Moses geboren, da suchte Satan ihn zu
töten. Schon hatte der Pharao all seinem Volk geboten und
gesprochen: „Jeden Sohn, der geboren wird, sollt ihr in
den Strom werfen". Dem Pharao war, als er dieses
fürchterliche Gebot gab, nur darum zu tun, daß das Volk
sich nicht weiter vermehre. „Laßt uns klug gegen dasselbe
255
handeln", hatte er gesagt, „daß es sich nicht mehre, und
es nicht geschehe, wenn Krieg eintritt, daß es sich auch zu
unseren Feinden schlage und wider uns streite." Aber Satan,
der hinter allem stand, dessen Gedanken uns ja nicht
unbekannt sind, hatte etwas ganz anderes im Sinn. Seine
Absicht war, gerade dieses Kindlein umzubringen, daö von
Gott zum Retter Seines Volkes bestimmt war. Aber wie
wurden Satans Pläne vereitelt! Gerade der Mann, der
den teuflischen Anschlag ersonnen hatte, mußte in Gottes
Hand als Werkzeug dienen, um Moses mit der notwendigen
Weisheit auszustatten, die er später als Führer des
Volkes so nötig hatte. Der Mensch denkt, und Gott lenkt.
So war es auch, nachdem ein Größerer als Moses geboren
war. Als Herodes von dieser Geburt erfahren hatte, suchte
er das Kind Jesus zu töten. Aber da „erschien ein Engel
des Herrn dem Joseph im Traum und sprach: Stehe auf,
nimm das Kindlein und Seine Mutter zu dir und fliehe
nach Ägypten, und sei daselbst, bis ich es dir sage; denn
Herodes wird das Kindlein suchen, um es umzubringen.
Er aber stand aus, nahm daö Kindlein und Seine Mutter
des Nachts zu sich und zog hin nach Ägypten. Und er war
daselbst bis zum Tode des Herodes, auf daß erfüllt würde,
was von dem Herrn geredet ist durch den Propheten, welcher
spricht: „Aus Ägypten habe ich meinen Sohn gerufen"."
(Matth. 2, 72—75.) In dem einen wie in dem
anderen Fall erfüllten sich die Worte des Psalmisten: „Der
Grimm des Menschen wird Dich preisen; mit dem Rest des
Grimmes wirst Du Dich gürten". (Ps. 76, 70.)
„Durch Glauben wurde Moses, als er geboren wurde,
drei Monate von seinen Eltern verborgen, weil sie sahen,
daß das Kindlein schön war; und sie fürchteten das
25b
Gebot des Königs nicht." (Hebe. 'N, 23.) Wie wir hier
sehen, verdankte Moses die Erhaltung seines Lebens dem
Glauben seiner Eltern. Wenn Gott auch hinter der Szene
stand und alles lenkte, so antwortete Er anderseits dem
Glauben. Gerade in schwierigen Zeiten hat der Glaube in
besonderer Weise Gelegenheit, sich zu betätigen und Gott
zu verherrlichen. Johannes sagt: „Dies ist der Sieg, der
die Welt überwunden hat: unser Glaube", (t. Joh. 5, 4.)
Möchten alle christlichen Eltern dies bedenken! Satan hat
von jeher in besonderer Weise seine Augen auf die Kinder-
gläubiger Eltern gerichtet; gerade diese sucht er in Sünde
und Welt zu verstricken. Groß ist daher die Verantwortung
der Eltern im Blick auf ihre Kinder. Die Schrift sagt, daß
„unsere Kinder heilig sind", (t. Kor. 7, 44.) Aus dieser
Stelle geht hervor, daß sie auf einem anderen Boden stehen
als die Kinder der unbekehrten Menschen. Sie sind heilig,
d. h. abgesondert von der Sünde und der Welt, und
daher helfen sie nach außen hin, wenn sie auch noch nicht
bekehrt sind, das Volk Gottes bilden. Wenn wir sie so betrachten,
welch einen Ansporn wird uns das geben, sie vor
der Welt und ihren Dingen zu bewahren und sie unter Gebet
und Flehen aufzuziehen in der Jucht und der Ermahnung
des Herrn. (Eph. b, 4.)
Die Eltern Moses' sahen, daß das Kindlein „schön
war". Ihr Glaube sah in dem Kindlein eine Schönheit, die
ein anderer nicht gesehen haben mag. Göttliche Schönheiten
können nur mit dem Auge des Glaubens geschaut werden.
So war es hier; so war es später bei dem Herrn. Der
Unglaube sagt: „Als wir Ihn sahen, da hatte Er kein Ansehen,
daß wir Seiner begehrt hätten". (Jes. 53, 2.) Dahingegen
ruft der Glaube voll Bewunderung: „Du bist
257
schöner als die Menschensöhne". (Ps. 45, 2.) Als die El
tern des Moses ihr Kindlein so mit den Augen des Glaubens
betrachteten und sahen, daß es „ausnehmend schön
war", wie Stephanus später vor dem Hohen Nate sagte
(Apstgsch. 7, 20), da wurde wohl in ihren Herzen der Gedanke
wach: über dieses Kindlein hat Gott höhere Gedanken.
Das wird gewiß der Befreier und Retter seines Volkes
werden. Deshalb „fürchteten sie das Gebot
deö KönigS nich t". Denselben Glauben, der hier in
dem Herzen der Eltern wirkte, finden wir, nebenbei bemerkt,
später bei Moses selbst. Von ihm lesen wir: „Er
fürchtete dieWut des Königs nicht; denn er hielt
standhaft aus, als sähe er den Unsichtbaren". (Hebr. 44,
23 u. 27.) Als die Eltern nun daö Kindlein nicht länger
verbergen konnten, nahm die Mutter ein Kästlein und verpachte
es mit Erdharz und mit Pech. Unter wieviel Gebet
mag sic das Kästlein hergerichtet haben! Wieviel Tränen
mögen in ihre Arbeit gefallen sein! Als sie dann ihr Werk
vollendet hatte, legte sie das Kindlein hinein und setzte es
am Ufer des Stromes aus. Sie war nicht die einzige Israelitin,
die so handelte. Apostelgeschichte 7, 49 zeigt uns, daß
viele arme Eltern, durch den grausamen Pharao dazu gezwungen,
ihre Kindlein aussetzten. Während diese Kindlein
aber dem Tode ausgeliefert wurden, trafen Moses' Eltern
Vorbereitungen, damit ihr Kind am Leben bliebe.
Diesen Weg zeigte ihnen der Glaube. Sie legten ihr Kind
in Gottes Hand, der vom Tode zu erretten vermag. Sie erkannten
durch den Glauben daö Urteil des Todes über die
Natur an. Nachdem sie nun ihre Arbeit nach den Gedanken
Gottes getan, konnten sie im Vertrauen auf den lebendigen
Gott gutes Mutes nach ihrem Hause gehen. Der
258
Glaube handelt niemals ziel- und planlos. Die Mutter
stellte das Kästlein nicht an irgend einen beliebigen Ort.
Sie wählte den Platz, wo die Tochter des Pharao zu baden
pflegte, wohl in der Hoffnung, daß diese das Kästlein finden
und das Kind aufnehmen würde. Diese ihre Hoffnung
betrog sie nicht. Die Pharaonentochter fand das Kästlein.
In zwei Umständen, die uns hier mitgeteilt werden, erblik-
ken wir deutlich Gottes Hand. Erstens heißt es: „Sie öffnete
es und sah daö Kind, und siehe, derKnabewcin-
t e". Und zweitens: „Und es erbarmte sie seine r".
Dadurch daß das Kind weinte, wurden in ihrem Herzen,
das noch nicht gefühllos war wie das Herz ihres Vaters,
mütterliche Gefühle wach. „Es erbarmte sie seiner." Die
Mutter hatte Gott in die ganze Angelegenheit mit hineingebracht,
und jetzt sehen wir das Eingreifen Gottes in wunderbarer
Weise. Ja,
Ihn, Ihn laß tun und walten,
Lr ist ein weiser Fürst
Und wird sich so verhalten,
Daß du dich wundern wirst.
Und die Schwester des Kindes, die aus der Ferne den
Vorgang beobachtet hatte, „sprach zu der Tochter des Pharao:
Soll ich hingehen und dir ein säugendes Weib von den
Hebräerinnen rufen, daß sie dir das Kind säuge? Und die
Tochter des Pharao sprach zu ihr: Gehe hin. Da ging sie
hin und rief des Kindes Mutter. Und die Tochter des Pharao
sprach zu ihr: Nimm dieses Kind und säuge es mir,
und ich werde dir deinen Lohn geben." Welch eine Antwort
von feiten Gottes auf den Glauben der Mutter! Mit einen:
solchen Ausgang der Dinge wird sie bestimmt nicht
gerechnet haben. Er übertraf in der Tat ihre kühnsten Hoffnungen.
Ein großer Sieg war durch den Glauben errungen.
259
Mit jubelndem Herzen und überströmendem Dank gegen
Gott sehen wir im Geiste die Mutter mit dem Kindlein
nach ihrem Hause eilen. An ihr erfüllte sich das Psalmwort:
„Die mit Tränen säen, werden mit Jubel ernten. Er
geht hin unter Weinen und trägt den Samen zur Aussaat;
er kommt heim mit Jubel und trägt seine Garben". (Ps.
426, 5. 6.) Das Dunkel hatte sich in Licht verwandelt, der
Tod in Leben. Da mögen der Mutter, die ihr Kind behalten
durfte, bis es „groß wurde", und die somit ihrem Sohn
noch eine Erzieherin sein konnte, wohl Gedanken gekommen
sein, ähnlich wie wir sie in dem triumphierenden Auöruf
des Apostels finden: „Verschlungen ist der Tod in Sieg.
Wo ist, o Tod, dein Stachel? wo ist, o Tod, dein Sieg?"
(4. Kor. 15, 54. 55.)
Christus — unser Hohepriester
(Schluß)
Unserem oft noch so stark entwickelten Selbstvertrauen
sollte eigentlich der Todesstoß versetzt werden durch die
Erinnerung an die Tatsache, daß es uns Gläubigen nur
auf Grund der Fürsprache Jesu als Hohepriester möglich
ist, das herrliche Ziel am Ende unserer Pilgerfahrt zu erreichen.
Es geht uns darin ähnlich wie Israel. Wie hätte
dieses allezeit murrende, widerspenstige, trotzige und doch
so verzagte Volk auch nur einen Tag in der gefahrvollen
Wüste bestehen können, wenn nicht ein Hohepriestertum
zu seinen Gunsten ausgeübt worden wäre, das Hohepriestertum
Aarons, das in seiner Art gekennzeichnet ist durch
den Stab, welcher „Sprossen trieb und Blüten brachte und
Mandeln reifte" und seit diesem Tage zu einem Zeichen vor
260
Jehova lag! (Vergl. 4. Mose 17, 1—11.) So kann Gott
auch nur vermöge des Priestertums Christi ein Volk wie
wir, mit allem, was wir in uns selbst sind, und mit allem,
was uns an Bösem umgibt und an Gefahrdrohendem
sich uns entgegenstellt, sicher durch diese Welt ans himmlische
Ziel bringen. Aber
„Er vermag völlig zu erretten",
d. h. uns sicher durch diese böse Welt zu bringen bis ans
herrliche, vor uns liegende Ziel, und das trotz unserer
Schwachheit, trotzdem, daß die Sünde in uns wohnt, trotz
des Widerstandes Satans und der Schlingen, die er uns
legt, und trotz aller Versuchungen, die an uns herantreten.
Die Schwierigkeiten mögen mitunter fast unüberwindlich
scheinen, aber Er vermag uns hindurch zu bringen, weil
„Er immerdar lebt,umsich für uns zu
verwenden" (Hebr. 7, 25).
Immerdar ist Er in der Gegenwart Gottes für uns
tätig. Er verwendet sich für uns. Ein Israelit mochte mit
Rechl besorgt sein, ob sein Hohepriester seine Sache auch
wohl ganz zu Ende führen könnte, ob er nicht darüber sterben
würde. Unser Hohepriester aber „lebt immerdar, um
sich für uns zu verwenden". Keinen Augenblick ist Er verhindert,
um für uns in Gottes Gegenwart tätig zu sein.
Trotzdem mag auch uns mitunter bange werden, wenn wir
an uns selbst oder an die Gefahren um uns her denken.
Werden wir das Ziel unserer Wüstenwanderung erreichen?
Aber vertrauensvoll dürfen wir in die Zukunft blicken,
denn „Er lebt immerdar, um sich für uns zu verwenden".
Darum konnte der Apostel auch in großer Gewißheit sagen:
„Denn wenn wir, da wir Feinde waren, mit Gott versöhnt
wurden durch den Tod Seines Sohnes, vielmehr
261
werden wir, da wir versöhnt sind, durch Sein Leben gerettet
werden". (Röm. S, 10.) Darum konnte er auch,
nachdem er davon geredet hatte, daß Christus auferweckt
und zur Rechten Gottes sei und sich für uns verwende, triumphierend
fragen: „Wer wird uns scheiden von der Liebe
Christi? Drangsal oder Angst oder Verfolgung oder Hungersnot
oder Blöße oder Gefahr oder Schwert?" und dann
in voller Überzeugung hinzufügen: „Aber in diesem allen
sind wir mehr als Überwinder durch Den, der uns geliebt
hat". (Röm. 8, 35—37.) Wenn wir aber mehr als Überwinder
sind in den genannten Drangsalen, so nur kraft der
Fürbitte Christi, zu deren Ausübung Seine Liebe Ihn
drängt. Auf Grund dieser Fürbitte fließt uns von Gott
alles zu, was wir auf unserer Erdenreise bedürfen. Freilich
mögen unter dem, was Gott uns sendet, auch Prüfungen
sein, dazu bestimmt, nicht erkannte, bei unö schlummernde
Dinge aufzudecken, die Gott hindern, uns so zu segnen,
wie Er uns segnen möchte, wie im Falle Hiobs; wohl mag
ein Weg da sein, der, wie bei Paulus, nötig ist, um einer
in uns aufsteigcnden Gefahr vorzubeugen. (Vergl. 2. Kor.
12, 7.) In jedem Fall aber, mag Gott uns nun so oder so
führen, steht, sofern wir nur Gebrauch davon machen wollen,
göttliche Macht zu unserer Verfügung, um unsere,:
Glauben zu stärken, damit wir den guten Kampf bestehen
und die Pilgerfahrt bis zum Ende fortsetzen können.
Ja, Du betest für die Deinen.
Welch vertrauen gibt uns dies!
Was uns bitter mag erscheinen,
Wird durch dies Bewußtsein süß.
sstcden Schmerz hilfst Du uns tragen,
Jedes Leid kannst Du verstehn,
llnd Du willst in allen tagen
Stets zum Vater für uns flehn.
262
So ist daö Hohepnestertum Christi ein Mittel, durch
daö Gott Seine Zartheit und Seine reiche Gnade gegen
unö ausströmen läßt, damit wir in allen Versuchungen
und Proben aufrechterhalten und bewahrt werden möchten.
Aber noch mehr. Dieses Hohepnestertum ist auch noch
in anderer Hinsicht von höchster Bedeutung für uns. Wir
haben daö große Vorrecht, als Erlöste, die für den Himmel
berufen sind, schon jetzt im Glauben dort einzutreten.
Obwohl noch in der Welt und in ihrer niedrigen, erstickenden
Atmosphäre, vermögen wir uns aus ihr zu erheben zu
jenen himmlischen Höhen, wo Gott wohnt. Jedoch könnten
wir dieses Vorrecht uns praktisch nicht zunutze machen,
wenn Jesus nicht als Hohepriester für uns in der Gegenwart
Gottes tätig wäre. Nur
„durchIhn nahe n w i r G o t t" (Hebr. 7, 25).
Es ist in der Tat eine unaussprechliche Gnade, ein unschätzbares
Vorrecht, daß wir jetzt schon im Geiste dort hinzunahen
dürfen, wo Gott wohnt. Göttliche Gerechtigkeit
hat unö an diesen Platz gebracht, den Seine Liebe für uns
auöersehen hatte. Auf Grund des Werkes Jesu Christi ist
das Licht — die Gegenwart Gottes selbst — unsere Wohnung,
unser Heim geworden. Sein kostbares Blut hat uns
dort den Eintritt bewirkt, denn „daö Blut Jesu Christi,
des Sohnes Gottes, reinigt unö von aller Sünde". (7.
Joh. ä, 7.) An diesem reinen und heiligen Orte dürfen wir
mit Gott, der Licht ist, der keine Spur von Sünde in Seiner
Gegenwart dulden kann, Verkehr pflegen. Hier dürfen
wir Ihm sowohl fürbittend nahen, als Ihm auch hier
unsere Anbetung darbringen.
Der Israelit nahte Gott auf der Erde, in einem „weltlichen
Heiligtum". Weil wir aber „Genossen der himm
26Z
lischen Berufung" sind, so ist unsere Anbetung himmlisch.
Wenn wir hinzunahen, um sie darzubringen, so treten wir
nicht in ein mit Händen gemachtes Heiligtum ein, sondern
in den Himmel selbst. Wir bringen sie an einem Orte dar,
der „höher alö die Himmel" ist. Ist daö nicht unfaßbar
groß? Schwindelt einem nicht geradezu bei solchem Gedanken?
Ja, wenn wir an uns selbst, an unsere Mängel,
Schwachheiten und Unvollkommenheiten denken, so möchte
wohl, wenn auch daö Werk Christi uns von unseren Sünden
gereinigt hat, die bange Frage in unö aufsteigen: Wie
können wir da hinzunahen? Die Antwort lautet: Weil Jesus
Christus alö unser Hoherpriester dort weilt.
Wir haben einen Hohenpriester, der diesem erhabenen
Platz entspricht. Er ist imstande, unö an dem Platz zu erhalten,
an den die göttliche Gerechtigkeit uns gestellt hat.
Darum wird so treffend gesagt: „Ein solcher Hoherpriester
geziemte unö: heilig, unschuldig, unbefleckt, abgesondert
von den Sündern und höher als die Himmel geworden".
(Hebr. 7, 26.) Er ist heilig. Weil Gott, in Dessen Gegenwart
wir treten, heilig ist, muß auch Er heilig sein. Er ist
„unschuldig" oder ohne Trug — so hat Er sich allezeit den
Menschen gegenüber erwiesen —, und Er ist „unbefleckt".
Obwohl Er sich auf dem Schauplatz der Sünde befunden
hat, hat die Sünde Ihn in keiner Form beflecken können.
Jetzr ist Er gänzlich „von den Sündern abgesondert". Sein
Tod, Seine Auferstehung und Himmelfahrt trennen Ihn
von denselben. Er ist hinaufgestiegen, „höher als die Himmel",
und hat sich zur Rechten des Thrones der Majestät
gesetzt. Dort hat Er sich für unö geheiligt oder abgesondert,
damit auch wir Geheiligte oder Abgesonderte seien durch
Wahrheit. (Vergl. Joh. 77, 7y.) An diesem Orte weilt Er
264
nicht nur gemäß der Würde Seiner Person, sondern auch
kraft Seines auf Golgatha vollbrachten Werkes, durch das
Er Gott völlig verherrlicht hat. Die Wirksamkeit Seines
Opfers, das nicht wiederholt zu werden braucht, gibt der
Ausübung Seines Priesterdienstes die wahre Grundlage.
(Vergl. Hebr. 7, 27.)
Und schließlich ist es noch die Größe Seiner Person,
die Seinem Priestertum den ganz besonderen Wert verleiht.
Unser Hohepriester ist nicht ein Mensch, der
Schwachheit hat — wie im levitischen Priestertum —, sondern
„ein Sohn, vollendet in Ewigkeit", durch den Eidschwur
Gottes zu diesem Dienst bestimmt. (V. 28.)
Ja, wahrlich, eines solchen Priesters bedurften wir,
um an einem Ort, „höher als die Himmel", Gott nahen
zu können, eines Priesters, der allem, was Gott in sich
selbst ist, und dem Orte, wo wir Verkehr mit Ihm pflegen,
entspricht. Darum wird auch nicht gesagt: „geziemte
Gott", sondern: „geziemte uns". Uns gegenüber ist Er
ein „barmherziger Hohepriester", „der Mitleid zu haben
vermag mit unseren Schwachheiten"; vor Gott ist Er
zu unseren Gunsten ein Hohepriester: „heilig, unschuldig,
unbefleckt usw.". (Vergl. Kap. 4, 75 mit Kap. 7, 26
bis 28.) Wie Aaron die Söhne Israels, deren Namen er
auf seinen Schultern und auf seinem Herzen trug, in einem
irdischen Heiligtum vor Gott darstellte, so stellt der
Herr Jesus uns, die Seinigen, in dem himmlischen Heiligtum
vor Ihm dar.
Wenn Aaron in der Stiftshütte seinen Dienst verrichtete
in den Kleidern „zur Herrlichkeit und zum Schmuck",
so trug Er die Namen des Volkes Gottes, in Edelsteine
eingraviert, sowohl auf seinen Schultern als auch auf sei
265
nem Herzen. Dort trug er sie, damit sie stets vor Jehova
seien, denn es waren „Steine des Gedächtnisses", und sie
waren daselbst zu „beständiger" Erinnerung. (Vergl. 2.
Mose 28, k2 und 29.) Er konnte nicht vor Jehova sein,
ohne daß auch die Namen der Söhne Israels vor Ihm
waren. So ist es auch mit uns. Christus trägt jeden einzelnen
von uns, so schwach wir auch sind, und so groß auch
die Bürde in Verbindung mit der persönlichen Verantwortlichkeit
für Ihn sein mag, auf Seinen starken Schultern
und auf Seinem Herzen, das allezeit in Liebe für uns
schlägt. Gott kann nicht auf Christum blicken, ohne daß Er
auch die Seinigen sieht. Und Er sieht sie inmitten der Vortrefflichkeiten
und Schönheiten Dessen, der sie darstellt.
Wie die kostbaren Edelsteine, auf denen die Namen
des Volkes Gottes standen, deren Schönheiten umso mehr
hervorleuchten ließen, jemehr das Licht des Heiligtums auf
sie schien, so ist es auch mit uns. Da Christus in der Herrlichkeit
Gottes ist, so läßt das Licht jener Herrlichkeit nur
die vollkommene Annahme jener hervorstrahlen, die Er als
Hohepriester darstellt. Sie werden in Seiner eigenen
Wohlannehmlichkeit, Vortrefflichkeit und Schönheit gesehen,
und so kann Gott die ganze Gunst, mit der Er auf
Christum blickt, auf uns Herabfließen lassen. „Wir sind begnadigt
(oder angenehm gemacht) in dem Geliebten."
(Eph. b, 6.) Das ist ein großer Trost, besonders wenn wir
durch die Prüfungen rind Schwierigkeiten des Weges, sowie
durch das Gefühl der eigenen Schwachheit, Mangelhaftigkeit
und Ohnmacht tief niedergebeugt sind und kaum
wagen, uns zu erheben. Dann dürfen wir uns daran erinnern,
daß Gott uns in der Kostbarkeit sieht, die Er in Christo
erblickt. Das gibt Freimütigkeit, Ihm zu nahen.
266
Aber nicht nur wir selbst sind in Christo annehmlich
gemacht; auch unsere geistlichen Schlachtopfer sind Gott
wohlannehmlich durch Ihn. (Vergl. r. Petr. 2, s.) Auch
diese große Tatsache wird treffend durch den Hohenpriester
Israels in einem Stuck seiner Amtskleidung zum Ausdruck
gebracht. Aaron trug an seiner Stirn „das heilige
Diadem", auf dem in Siegelstecherei geschrieben stand:
„Heiligkeit dem Jehova!" (S. 2. Mose 28, 36; Zy, 30.)
Dieses Diadem war deshalb vorn an dem Kopfbunde angebracht,
damit der Hohepriester die Ungerechtigkeit der
heiligen Dinge trage, welche die Kinder Israel weihen würden,
so viele ihrer Gaben und Schlachtopfer auch sein mochten.
Beständig sollte es an seiner Stirn sein „zum Wohlgefallen
für sie vor Jehova". (2. Mose 28, 38.) Auch der
Darbringung der Gaben und Schlachtopfer konnten Befleckungen
anhaften, ohne daß die Darbringenden es wußten.
Durch die von Gott selbst getroffene Vorkehrung aber
war es Ihm möglich, die Opfer Seines Volkes anzunehmen,
weil der Hohepriester, der Sein Volk vor Ihm darstellte,
die Heiligkeit gleichsam auf seiner Stirn trug. Sie
war auf diese Weise allezeit vor Jehova und die durch den
Hohenpriester dargcbrachte Anbetung deshalb wohlgefällig
vor Ihm. Ebenso ist es mit uns. Weil der Herr Jesus,
unser Hoherpriester, uns vor Gott darstellt, so kann Er
unsere geistlichen Schlachtopfer annehmen, so mangelhaft
diese in sich auch sein mögen. Sie sind Gott wohlannehmlich
durch Ihn. (1.. Petr. 2, 5.)
Ium letztenmal wird der Herr Jesus in Hebr. ro als
unser „großer Priester" erwähnt. In diesem Kapitel werde::
wir ermuntert, mit freudiger Zuversicht ins Heiligtum
267
einzutreten. (V. 1y.) Aus zwei Gründen ist dieser Zutritt
möglich. Zunächst um des Blutes Jesu willen, denn durch
dieses Blut haben wir Vergebung unserer Sünden. Wir
sind dadurch gereinigt, geheiligt und gerechtfertigt. Mit
diesem Blut ist Christus ein für allemal in daö Heiligtum
eingegangen, als Er eine ewige Erlösung erfunden
hatte. (Kap. y, 12.) Dieses Blut ist für alle, die ins Heiligtum
eintreten möchten, daö Zeugnis, daß der Weg offen
ist und sie freien Zutritt dort haben, so daß sie mit völligem
Vertrauen hinzunahen können. Der andere Grund
zum freimütigen Eintritt besteht darin, daß „ein großer
Priester über das Haus Gottes" dort ist, der sich auf
Grund Seines Opfers für immerdar zur Rechten Gottes
gesetzt hat. (Vergl. V. 21 mit V. 11 u. 12.) Er ist jetzt
Priester über das Haus Gottes, um dessen Angelegenheiten
zu ordnen und die Anbeter dort einzuführen. Als der
„große Priester über das Haus Gottes" leitet Er uns auch
in unserer Anbetung. Eine Andeutung hierauf finden wir
wohl schon im 2. Kapitel des Hebräerbriefes in den Worten:
„Inmitten der Versammlung will ich Dir lobsin-
gen". (V. 12.) Weit deutlicher aber kommt diese köstliche
Tatsache in dem letzten Kapitel zum Ausdruck, wo cs
heißt: „Durch Ihn nun laßt unö Gott stets ein Opfer des
Lobes darbringen, das ist die Frucht der Lippen, die Seinen
Namen bekennen". (V. 15.) So geben unö in der Tat
diese zwei Dinge, Sein kostbares Blut und Sein beständiges
Weilen im Heiligtum als der große Priester über daö
Haus Gottes, volle Freimütigkeit, dort einzutreten.
In Gemeinschaft mit Gott dürfen wir lins hier im
Heiligtum Jesu Christi erfreuen, Seines geliebten Sohnes,
welcher alles für Sein Herz ist. Wir dürfen Ihn be-
268
trachten, die Herrlichkeit des Himmels, Gottes Freude und
Wonne heute wie immer, Ihn, in Dem Er sich geoffenbart
hat, wie Er ist. Anderseits dürfen wir dort in Gemeinschaft
mit Christo Gott, den Vater, anschauen und
uns sowohl Seiner selbst erfreuen als auch der Art und
Weise, in der Er sich uns gezeigt hat. Wir dürfen sehen,
wie Er, der so wunderbar groß, so erhaben an Macht, so
heilig und gerecht ist, eine unendliche Fülle an Liebe und
Gnade, sowie einen Reichtum des Erbarmens kundgetan
hat, der alles menschliche Denken und Erkennen weit übersteigt.
Wohl werden wir uns dabei erinnern, in welchen
Tiefen des Verderbens wir uns befanden, daß wir tot in
Vergehungen und Sünden, ja, Feinde Gottes waren, aber
die Erinnerung an die Verderbtheit dieses unseres Zustandes
wird nur dazu dienen, unseren Dank zu vertiefen: G e-
rade für solche sandte Gott Seinen eingeborenen
Sohn, um ihnen ewiges Leben zu geben und sie zu Seinen
Kindern zu machen. Die natürliche Folge solcher Erinnerung
wird sein, daß unsere Herzen sich immer mehr füllen
mit Preis und Dank, und wir anbetend aus Herzensgrund
singen:
Drum, Herr Jesus, Dir gebühret
Dank, Anbetung, j)reis und Ruhm,'
Hast uns siegreich ausgeführet
Aus der Welt ins Heiligtum,
Wo Dein Volk anbetend dienet,
Dessen Schuld Dein Blut gesühnet,
Dessen Dienst, durch Dich geweiht,
Gott zur Ehr' und Herrlichkeit.
Es ist in der Tat der Mühe wert, der Aufforderung
des Schreibers unseres Briefes Folge zu leisten: „Daher
betrachtet den Hohenpriester unseres Bekenntnisses, Jesum!"
Welch eine Fülle von Gnade und Segnung fließt
269
aus Seinem Dienste droben für unö hervor! Wie notwendig
ist er! Denn wie es zunächst lediglich infolge Seiner
Fürbitte möglich ist, daß wir in dieser Welt überhaupt
aufrecht erhalten bleiben und in den Kämpfen, die wir zu
bestehen haben, nicht fallen, so gibt unö anderseits, wie
wir sahen, allein Sein hohenpriesterlicher Dienst die Kraft,
uns von der Erde zu erheben, um zu verwirklichen, daß wir
ein himmlisches Volk sind, indem Er, „höher geworden als
die Himmel", sich dort für uns geheiligt hat. Drittens aber
bewirkt Sein Weilen als Hoherpriester zur Rechten Gottes,
daß wir jetzt schon, während wir noch in der Welt sind, im
Heiligtum droben nahen können, um Gott Lob und Anbetung
darzubringen.
Bald ist unsere Wüstenreise beendet, und wir werden
dahin, wo wir jetzt schon im Glauben eintreten dürfen,
auch dem Leibe nach gelangen.
„welches Todes Er sterben sollte!"
Zweimal finden wir im Neuen Testament den Ausdruck:
„Welches Todes Er sterben sollte!" und zwar in
Joh. 12, AZ und Z8, 32. Wenn Gott uns in Seinem Worte
denselben Gegenstand zweimal mit den gleichen Worten
vorstellt, so gewiß nicht ohne Grund. Es ist daher wohl
der Mühe wert, in Gedanken ein wenig dabei zu verweilen,
„welches Todes Jesus für uns starb".
Fassen wir diese Worte als Frage auf, so lautet die
Antwort: Er sollte sich an das Kreuz erhöhen lassen. Er
sollte den Kreuzestod sterben, jenen qualvollen Tod. Das
damit verbundene körperliche Leiden war so furchtbar, daß
es nicht zu beschreiben ist. Die Tatsache, daß der Kreuzes
270
tod bei den verschiedensten Völkern Anwendung fand, ist
sicherlich ein Beweis dafür, daß die Sünde den Menschen
unter anderem grausam gemacht hat. Auch die Römer
wandten diese Art Hinrichtung an, aber nicht bei ihren Bürgern,
sondern nur bei den von ihnen unterworfenen Völ-
ken, bzw. bei Sklaven. Der Kreuzestod war entehrend.
Den Ausdruck „erhöht" finden wir dreimal im Evangelium
Johannes. Das erste Mal in Kap. Z, 74. 75:
„Gleichwie Moses in der Wüste die Schlange erhöhte, also
muß der Sohn des Menschen erhöht werden, auf daß jeder,
der an Ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges
Leben habe!" Die kürze, aber merkwürdige Geschichte
von der ehernen Schlange findet sich in 4. Mose 27, 6—9.
Ein ernstes Gericht war über das ganze Volk gekommen
wegen ihrer Herabwürdigung der Speise aus dem Himmel.
„Jehova sandte feurige Schlangen unter das Volk, und sie
bissen das Volk; und es starb viel Volks aus Israel." AIS
dann Moseö für das Volk um Erbarmen flehte, wurden
zwar die feurigen Schlangen nicht weggenommen — wenigstens
wird das nicht vermerkt —, aber Gott gab ein
Heil- und Rettungsmittel. Aber auch nur ein Mittel!
Moses machte auf Befehl Gottes eine Schlange von Erz
und tat sie auf eure Starrge, so daß alle sie sehen konnten.
Wenn ein Gebissener zu der ehernen Schlange aufschaute,
blieb er am Leben. So hat Gott auch heute in Christo Jesu
ein Nettungsmittel gegeben, und zwar für alle Sünder.
Aber auch nur ein Mittel! Der Sohn des Menschen wurde
anö Kreuz erhöht. Der Tod, -das Gericht und das ewige
Verderben sind dadurch nicht aus der Welt weggenommen
rvorden, jedoch empfängt ein jeder das ewige Leben, der au
den arr das Kreuz erhöhten Sohn des Menschen glaubt.
271
Das zweite Mal finde» wir den Ausdruck „erhöht" in
Joh. 8, 28: „Da sprach Jesus zu ihnen: Wenn ihr den
Sohn des Menschen erhöht haben werdet, dann werdet ihr
erkennen, daß i ch es bin, und daß ich nichts von mir selbst
tue, sondern wie der Vater mich gelehrt hat, das rede ich".
Gott hatte dem Volk Seinen Sohn als den Messias vorgestellt.
Er offenbarte sich als solcher durch Sein Wort und
durch die Zeichen, die Er tat, Zeichen, die niemand anders
je getan hatte noch tun konnte. Aber die Juden verwarfen
Ihn, und in ihrer Feindschaft gegen Gott gingen sie selbst
so weit, Jesum an das Kreuz zu „erhöhen". Sie woll-
t e n Ihn nicht als den von Gott gesandten Messias anerkennen.
Sein Wort galt ihnen nichts. Einst würden sie ihre
Tat bereuen. Aber dann würd? Er ihnen nicht mehr als ihr
Messias vorgestellt werden. Dann würde Er, als der von
Seinem Volk und von der Welt Verworfene, eine ganz andere
Stellung einnehmen. Dann, wenn Er vom Himmel
her den Heiligen Geist auf diese Erde senden würde, um
Zeugnis von Ihm abzulegen, würden sie erkennen, wer Er
ist, aber dann würde es zu spät sein, Ihn als Den aufzunehmen,
als welcher Er unter ihnen geweilt hatte. Dann,
nachdem von ihrer Seite alles an Bosheit geschehen war,
würden sie erkennen, daß Er es war, und daß die Worte,
die Er an sie gerichtet hatte, von dem Vater waren.
Ein drittes Mal finden wir das Wort „erhöht" in
Joh. 12, 32 und 33: „Und ich, wenn ich von der Erde erhöht
bin, werde alle zu mir ziehen. Dies aber sagte Er, andeutend,
welches Todes Er sterben sollte." Fürwahr, es
geht eine wunderbare Kraft aus von dem Kreuz von Golgatha!
Der Gekreuzigte ist es, derallezu sich zieht! Er ist
der große Anziehungspunkt. Für alle! Für Juden und Hei
272
den! Kein Mensch auf der ganzen Erde ist ausgeschlossen.
Man muß sich geradezu dagegen sträuben, um nicht zu
Ihm gezogen zu werden.
Das erste Mal werden wir hingewiesen auf dieNot -
Wendigkeit des Erhöhtwerdens, das zweite Mal auf
das Zeugnis, das eine Folge dieses Erhöhtwerdens ist,
und das dritte Mal auf die Anziehungskraft.
Möchten doch noch viele — indem sie erkennen, welch
e s T o d e s Er starb — sich überwinden lassen und nicht
länger dieser wunderbaren Liebe widerstehen!
„Dies sagte Er, andeutend, welches Todes Er
sterbensollt e." (Joh. 72, 33.)
„Die Juden sprachen zu ihm (Pilatus): Es ist uns
nicht erlaubt, jemand zu töten; auf daß das Wort Jesu erfüllt
würde, das Er sprach, andeutend, welchesTodeS
Er sterben sollte." (Joh. 78, 37. 32.)
Auf Seiner letzten Reise hinauf nach Jerusalem hat
Jesus dreimal zu Seinen Jüngern über Seine Tage der
Leiden gesprochen, zunächst in den Gegenden von Cäsarea
Philippi: „Von der Zeit an begann Jesus Seinen Jüngern
zu zeigen, daß Er nach Jerusalem hingehen müsse
und von den Ältesten und Hohenpriestern und Schriftgelehrten
vieles leiden, und getötet und am dritten Tage auferweckt
werden müsse". (Matth. 7b, 27.) Von Leiden,
Tod und Auferstehung ist an dieser Stelle die Rede, aber
das Kreuz wird noch nicht erwähnt. Das zweite Mal, als
sie in Galiläa waren, sagt der Herr: „Der Sohn des Menschen
wird überliefert werden in der Menschen Hände, und
sie werden Ihn töten, und am dritten Tage wird Er auferweckt
werden". (Kap. 77, 22. 23.) Auch hier erwähnt Er
das Kreuz selbst nicht, obwohl dieses schreckliche Kreuz doch
27Z
allezeit vor Seinen Blicken stand, und Er alles wußte,
was über Ihn kommen würde. Erst bei Seinem dritten Reden
von Seinen Leiden sagt Er ausdrücklich, daß Er gekreuzigt
werden würde: „Und als Jesus nach Jerusalem
hinaufging, nahm Er die zwölf Jünger auf dem Wege besonders
zu sich und sprach zu ihnen: Siehe, wir gehen hinauf
nach Jerusalem, und der Sohn des Menschen wird
den Hohenpriestern und Schriftgelehrten überliefert werden,
und sie werden Ihn zum Tode verurteilen; und sie
werden Ihn den Nationen überliefern, um Ihn zu verspotten
und zu geißeln und zu kreuzigen; und am dritten
Tage wird Er auferstehen." (Kap. 20, 77—k9.) Nun
hatte Er ihnen alles gesagt. Jetzt wußten sie: Der schmachvollste,
der qualvollste Tod würde Sein Teil sein.
Aber „sie begriffen das Gesagte nicht". (Luk. 78,34.)
Sie träumten von Herrlichkeit und Macht. Jakobus und
Johannes wollten, der eine rechts, der andere links von
Ihm in Seinem Reiche sitzen. Gewiß, einmal wird Er auf
Seinem Throne sitzen und herrschen, aber „der Sohn des
Menschen war nicht gekommen, um bedient zu werden,
sondern um zu dienen und Sein Leben zu geben als Lösegeld
für viele". (Mark. 70, 45.) Am Kreuze sollte Er den
Preis bezahlen, sich selbst zum Opfer geben und die Strafe
erdulden, die wir verdient hatten. Dort, am Schandpfahle
hangend, sollte Er für uns ein Fluch werden, um uns von
dem Fluch des Gesetzes loszukaufen, „denn es steht geschrieben:
Verflucht ist jeder, der am Holze hängt!" (Vergl.
Gal. 3, 73 mit 5. Mose 27, 22. 23.) Die Stelle aus dem
5. Buch Mose ist wohl so aufzufassen, daß die Leichname
von Menschen, die wegen eines todcöwürdigen Verbrechens
getötet worden waren, in einzelnen Fällen als ein
274
Zeichen besonderen Gerichts an einem Holz zur Schau gestellt
wurden. (Vergl. Jos. 8, 24; 40, 27.) Aber der Sohn
des Menschen wurde lebend an das Kreuz geschlagen. Seine
Hände und Seine Füße wurden durchgraben, und alle
Seine Gebeine zertrennten sich. Durch Judas verraten, von
Petrus verleugnet, von allen verlassen, hing Er am Kreuze.
Alle Seine Bekannten standen von ferne; eine Rotte von
Übeltätern umzingelte Ihn. Römische Soldaten würfelten
am Fuße Seines Kreuzes um Seine Kleider und warfen
das Los über Sein Gewand. Alle Vorübergehenden schüttelten
die Köpfe über Ihn. Die Sonne verfinsterte sich,
und Gott verließ Ihn.
O, laßt es uns nie vergessen, welches Todes
Er sterben mußte, um uns retten zu können!
Nach I. Ich F. Ikoäo cle8 dleils.)
Lsp. q, 1
Bemerkungen
zum Brief an die Philipper
IV.
„Meine geliebten und ersehnten Brüder, meine Freude
und Krone", beginnt das 4. Kapitel. Das ist eine wunderschöne
Anrede. Die Philipper waren für den Apostel
die Gegenstände der Liebe, des Verlangens, der Freude und
des Ruhmes. Die brüderliche Liebe ist ein wertvolles Geschenk
in dieser lieblosen Welt. Wenn sie nur mehr vorhanden
wäre, mehr ausgeübt und mehr geschätzt würde! Aus
der brüderlichen Liebe entspringt das Verlangen, sich
zu sehen, die Sehnsucht nach Gemeinschaft miteinander,
nach Aussprache und Austausch der Gedanken. Und wenn
wir treu wandeln, dann sind wir einander zur Freude.
275
Wieviel Freude könnten wir einander bereiten, wenn wir
wirklich vor und mit dem Herrn wandeln würden, wenn
jeder dem Herrn treu ergeben wäre! Für die ihrer Verantwortung
sich bewußten Hirten, die in dieser Welt so viel
Sorgen um die Gläubigen haben und hier keine Anerkennung
finden, sind die treuen Gläubigen bei der Erscheinung
des Herrn ein Gegenstand des Ruhmes, der Anerkennung.
Von den Philippern hatte der Apostel die volle
Zuversicht, daß sie ihm einmal zum Ruhme sein würden.
Das sollte einst sein Glück ausmachen, damit wünschte er
sich dereinst zu rühmen, daß seine geliebten Philipper alö
Muster einer Versammlung dagestanden hatten. So sollten
sie feststehen im Herrn. Um einmal des Apostels Freude
rind Krone zu sein, war es nötig, daß sie feststanden,
aber nicht in eigener Kraft, sondern im Herrn. Der
Christ wird von allen Seiten und auf vielerlei Arten angefochten.
Der Teufel sucht ihn vom rechten Wege abzubrin-
gen. Die Welt will ihn gefangen nehmen. Die Sorgen wollen
ihn verschlingen. Selbst Gläubige sind ihm oft zum
Hindernis. Darum: fest steh en, die Gnade des Herrn
fortwährend in Anspruch nehmen für alle Lagen, für große
und für geringfügige Dinge.
Ein ernstes Hindernis für das Feststehen im Herrn vers-.z
ist die Uneinigkeit. Diese fand sich in der Gemeinde zu Philippi
bei zwei Schwestern, der Evodia und der Syntyche.
Beide waren im Dienst für den Herrn tätig. Beide hatten
mit dem Apostel für die Ausbreitung des Evangeliums gekämpft;
aber sie waren uneins. Diese traurige Tatsache
beweist, daß wir für den Herrn tätig sein und doch gleichzeitig
das Fleisch in uns wirken lassen können. Gut, daß
der Herr solche Geduld mit den Seinigen hat! Ein treuer
276
Bruder sollte den beiden Schwestern beistehen, das heißt,
ihnen behilflich sein, damit ihre Herzen sich wiederfanden.
So sorgt der Herr treu für die Seinigen, wenn sie in Gefahr
sind oder sich auf Abwegen befinden. Der Apostel
nahm von ganzem Herzen teil an dem Wohl und Wehe
seiner Mitarbeiter, und der Gedanke war seinem Herzen
kostbar, daß ihreNamen imBuchedeöLebens
standen.
?«rs q. s Die Freude ist eine mächtige Triebfeder im menschlichen
Leben. Freude war es, die den Apostel Paulus über
die vielen traurigen Dinge hinweghob. Darum ermuntert
er die Philipper, sich allezeit im Herrn zu freuen. Zweimal
fordert er sie dazu auf, damit sie sehen möchten, welch
einen großen Wert und Einfluß er der Freude im Herrn
beilegte. Aber das Wichtigste ist doch, daß er ihnen
selbst vorlebte, was er ihnen zu tun anbefahl. In
den widerwärtigsten Umständen (im Gefängnis), bedrängt
von Sorgen um die Versammlungen, erhob sich
sein Herz zu Dem, der ihn so unaussprechlich liebte, und
— sein Herz wurde mit Freude erfüllt. So wollen wir es
auch machen, liebe Mitverbundene! Die Freude am Herrn
ist unsere Stärke. So steht schon im Buch Nehemia zu lesen.
(Kap. 8, 70.) Wenn das Herz sich also im Herrn
freut, ist man auch imstande, gegen andere gelinde, nachgiebig
zu sein. Es bedarf nur des Hinweises darauf. Darum
macht der Apostel die Philipper darauf aufmerksam.
Die Freude, die daö Herz erfüllt, soll sich nach außen hin
darin kundgeben, daß man nicht sein Recht verlangt und
keine Ansprüche auf Güter oder Ehre oder Anerkennung
macht. In dieser Freude ist man zufrieden. Alle
Menschen, die um uns her sind, sollten es erfahren, daß
277
das, was wir besitzen — nicht irdische Dinge —, unsere
Herzen befriedigt. Und sollten wir im übrigen zukurzkommen
oder Unrecht zu erdulden haben — bald kommt der
Herr, der alledem ein Ende macht.
Es gibt allerdings in dieser Welt viele Dinge, von denen
das Herz des Gläubigen nicht unberührt bleiben kann
noch darf, Anliegen, die uns nicht gleichgültig sein dürfen.
Das wäre ganz verkehrt. „Um nichts besorgt sein", heißt
durchaus nicht: sich um nichts bekümmern. Die Versorgung
der Familie, die Erziehung der Kinder, die beruflichen
Pflichten, das Wohl der Versammlung und der einzelnen
Kinder Gottes, die Ausbreitung des Evangeliums,
das Wohl der Stadt und des Landes, die Obrigkeit — auch
das Schlichten von Meinungsverschiedenheiten unter Geschwistern
und vieles andere wäre hier zu nennen — alle
diese Dinge beschäftigen unsere Herzen. Dem allen gegenüber
gleichgültig zu sein, wäre ganz verkehrt. Aber alle
diese Dinge dürfen unsere Herzen nicht beschweren noch
uns den Frieden und die Ruhe rauben. Darum sollen wir
um nichts „besorgt" sein, sondern alles dem treuen,
allmächtigen Herrn sagen. Nicht als ob Er nicht alle Anliegen
kennte, sondern weil wirnichts vermögen, Er aber
alles für uns tun will. Welch ein Trost: Durch Gebet
und Flehen bringen wir Ihm alles, das heißt, wir sagen
Ihm alles und erbitten für alles Seine Hilfe und
danken imvoraus für die Erfüllung unserer Bitten. DaS
freut und ehrt unseren Gott, diesen treuen, liebevollen Vater.
Wenn wir so in kindlicher Ehrfurcht und kindlichem
Vertrauen vor Ihm sind, dann erfüllt der Friede Gottes
(nicht nur der Friede mit Gott) unsere Herzen, nämlich der
süße Friede, den Gott allein geben kann, ja, den Er selbst
Vers 6.7
278
genießt. Das ist ein Friede, der für den Verstand unfaßbar
ist. Er ist höher als alles, was der Weltmensch sich träumen
lassen könnte. Dieser Friede bewahrt unsere Herzen
vor Kälte, vor übermäßiger Trauer, vor Ärger, vor Trostlosigkeit,
vor Neid und Zwietracht, und wie die Dinge alle
heißen. Er bewahrt auch unseren Sinn vor Irrtümern
und menschlichen Geisteöeinflüssen. Beide Bewahrungen
haben wir fortwährend nötig. Es geschieht dadurch, daß
unsere Herzen und Sinne auf Jesum gerichtet werden.
v-rs s. y Außer unserem Verhältnis zum Herrn und außer den
Dingen, für die Er uns genaue Richtlinien gibt, gibt es aber
noch solche, die Er dem geistlichen Verständnis des einzelnen
überläßt, Dinge, die wir leicht vergessen. Wir sind sehr
leicht geneigt, uns zufrieden zu geben, wenn man uns keine
Fehler, kein Unrecht nachsagen kann. Das genügt aber dem
Herrn nicht. Er wünscht, bei den Seinigen Vollkommenheit
zu sehen. „Ihr nun sollt vollkommen sein, wie euer himmlischer
Vater vollkommen ist." Darum sollen wir alles,
was wir in der Welt beobachten können, und was geeignet
ist, einen guten Eindruck zu machen, erwägen, sollen es
prüfen, ob es, von uns ausgeübt, zur Ehre des Herrn sein
könnte. Das ist die beste Selbsterziehung, der beste Anstand,
und es ist viel mehr wert als jede menschliche Erziehung.
Wenn wir uns darin üben, dann „ist der Gott des
Friedens mit uns". Er läßt uns dann erfahren, daß Er
mit uns geht. Der Apostel hatte sich in diesen Dingen geübt
und die herrliche Erfahrung gemacht, daß der Gott des
Friedens mit ihm war. Welch ein Glück genießt doch das
Kind Gottes, daö Seinem himmlischen Vater zu gefallen
sucht: der Gott des Friedens, der Gott, in Dessen Gegenwart
alles Friede ist, der den Frieden gibt und erhält,
279
ist mit ihm. Das ist unbeschreiblich schön. Möchten wir alle
dies aus Erfahrung kennen!
Die Philipper hatten durch Epaphroditus dem geliebten
Apostel eine Unterstützung gesandt, nachdem er lange
Zeit umsonst auf einen Beweis ihres Mitgefühls gewartet
hatte. Sein erstes Gefühl darüber ist tiefe Freude und
tiefe Dankbarkeit gegen den Herrn. Zu Ihm erhebt sich
das Herz des Apostels, wissend, daß alles vom Herrn
kommt. Damit die Philipper aber nicht durch seine Bemerkung
betrübt würden, sie seien „endlich einmal wieder aufgelebt",
fügt er wie zur Entschuldigung hinzu: „Ihr hattet
keine Gelegenheit". Welch ein Zartgefühl! Der Apostel
hatte Mangel gelitten im Gefängnis, aber das war es
nicht, was ihn veranlaßte, über die Gabe zu schreiben,
denn e r hatte gelernt, sich in jede Lage zu schicken und zufrieden
zu sein. Solches liegt nicht in unserer Natur. Das
muß gelernt sein. Der Apostel konnte sagen: „I ch (im
Gegensatz zu vielen anderen) habe gelernt". Wie hatte er
das gelernt? Indem er seinen Heiland nachahmte, der es
auch so gemacht hatte. Er war eingedrungen in das Geheimnis
der Kraft und der Freude, die der Herr Jesus besaß,
als Er hieniedcn arm und niedrig umherwandelte.
Darum sagte er: „Ich bin in allem unterwiesen", bin in
alles eingeweiht — er war in der Schule Gottes gewesen.
Das ist's, was uns noch so sehr fehlt. Mangel zu leiden
und dabei zufrieden und glücklich zu sein, ist eine Kunst.
Überfluß zu haben, ohne ihn zu mißbrauchen oder seine
Freude daran zu finden, ist aber auch eine Kunst. Das
Fleisch ist dazu nie imstande, aber der Gläubige, der sich
ganz dem Herrn übergeben hat, wie der Apostel eö getan
hatte, findet in Ihm die Kraft, diese Kunst zu üben.
Vers 10-1
280
rs is-17 Der Apostel hatte ein dankbares Herz. Die Beweise
der Liebe der Philipper zu ihm in früheren Fällen konnte
er nicht vergessen. Die Philipper sollten aber nicht denken,
daß es ihm auf die Unterstützung ankam. Was er wünschte,
war, bei ihnen dieFruchtderLiebezumHerrn
zu sehen. Dafür würde ihnen einst des Herrn Lohn zufallen.
Diese Liebestaten wurden vom Herrn vermerkt, gleichsam
dem Konto der Philipper gutgeschrieben. Die Frucht
sollte überströmend sein „für ihre Rechnu n g".
Vers iS Jetzt hatte der Apostel Überfluß und konnte davon
genießen mit innigem Dank gegen seinen treuen Herrn,
von dem jede gute Gabe kommt. Dabei strömte sein Herz
über vor Freude bei dem Gedanken, daß die Gabe der Philipper
für Gott ein duftender Wohlgeruch war. Solche
Opfer sind Gott besonders wohlgefällig. (Hebr. 13, 16.)
Vers 1Y Und noch eins erfüllte sein Herz mit Freude, nämlich
die Gewißheit, daß sein Gott, der Gott, dem er so treu
und hingebend diente, die Philipper nicht vergessen werde.
Der Apostel konnte ihnen ihre Liebe nicht vergelten, aber er
wußte, daß sein Gott ihnen vergelten werde. Wie hätte es
auch anders sein können! Wie sollte Er nicht vielfältig vergelten,
was Seinem treuen Diener an Liebe und Mitgefühl
erwiesen wurde! So ist es auch heute noch. Gott vergilt
jede Wohltat an den Deinigen „nach Seinem Reichtum
in Herrlichkeit in Christo Jesu". Er bleibt uns nichts schuldig,
auch wenn die Belohnung erst in der Herrlichkeit kommen
sollte. Welche Freude wird es für Sein Herz sein,
wenn Er dereinst den Lohn an Seine Treuen austeilen
wird! Welch einen Gott haben wir!
„Ihm sei die Herrlichkeit von Ewigkeit zu Ewigkeit!
Amen."
Aesus Christus - unser Sachwalter
Liebe ist die Quelle jedes wahren, von Gott anerkannten
Dienstes. Die Selbstsucht wünscht, bedient zu werden,
die Liebe dagegen hat das Bedürfnis, zu dienen.
Nach diesem Grundsatz der Liebe sehen wir auch den
Herrn Jesus handeln und zwar in der vollkommensten
Weise. Liebe war für Ihn sowohl der Beweggrund, herniederzukommen,
Mensch zu werden und den Platz eines Dieners
einzunehmen, als auch die Triebfeder, Seinen Vorsatz,
den Willen Gottes zu tun, auszuführen, bis alles
„vollbracht" war. (Vergl. Hebr. 10, 5—7 mit Joh. 1.4,
ZI.) So ist auch die Liebe die Ursache des Dienstes, den der
Herr gegenwärtig ausübt, der Feststellung des Evangelisten
entsprechend: „Da Er die Seinigen, die in der Welt
waren, geliebt hatte, liebte Er sie bis ans Ende". (Joh. 13,
1.) Er hätte, nachdem Er Seinen Auftrag hier auf Erden
ausgeführt hatte, wie der hebräische Knecht frei entlassen
werden und in den Himmel zurückkehren können, für immer
frei von jedem Dienst. Statt dessen hat Er gleichsam
wie jener gesagt: „Ich liebe meinen Herrn, mein Weib und
meine Kinder, ich will nicht frei ausgehen". Aus Liebe zu
Seinem Gott und Vater, aus Liebe zu den Seinigen in ihrer
Gesamtheit wie auch zu jedem einzelnen in Sonderheit
hatte Er sich nach Golgatha führen lassen, um dort
gekreuzigt zu werden. Nachdem aber das große Werk nach
Gottes Willen zum herrlichen Abschluß gebracht war, betrachtete
Er Seinen Dienst noch nicht als beendet. Er ließ
sich, um mit der Sprache des Vorbildes zu reden, das Ohr
I^XXXIII 11
282
mit einer Pfrieme durchbohren — ein Zeichen der Bereitwilligkeit,
zu hören und zu gehorchen —, um „Knecht zu
sein auf ewig". (Vergl. 2. Mose 2k, k—6.)
Diesen Dienst, den der Herr nach vollbrachtem Werk
aufs neue ausgenommen hat, führt Er zu unseren Gunsten
aus, und zwar solange, bis auch der letzte von uns diesen
Kampfplatz des Glaubens verlassen haben wird, diese
Welt, in der uns Gefahren von innen und von außen drohen,
wo Feindschaft unser Teil ist, wo wir stets den Versuchungen
der bösen Natur in uns ausgesetzt sind und in
Gefahr stehen, Satans List zum Opfer zu fallen. Und unfaßbarer
Weise will Er selbst dann, wenn wir dem Ort
unseres Dienstes und Kampfes für immer entrückt und in
die Ruhe eingegangen sind, nicht aufhören, unser Diener
zu sein. W i r können dann von unserem Dienste ausruhen.
Er aber tut das nicht, denn Er hat selbst von sich gesagt:
„Wahrlich, ich sage euch: Er wird sich umgürten und sie
sich zu Tische legen lassen und wird hinzutreten und sie bedienen".
(Luk. 12, Z7.)
In den letzten Monaten haben wir uns eingehend mit
dem Dienst Christi als Hohepriester befaßt. Wir sahen,
daß von ihm hauptsächlich im Hebräerbrief die Rede ist,
und daß er den Zweck hat, die Gläubigen in ihrem Wandel
zu stützen, damit sie trotz aller Gefahren von außen „das
Bekenntnis festhalten" und trotz der in ihnen wohnenden
Sünde und des sie umgebenden Bösen nicht sündigen,
und damit ihnen, ungeachtet ihrer Schwachheit, der Zugang
zu Gott offen bleibt. Heute wollen wir uns ein wenig
mit einer etwas anderen Seite des Dienstes unseres
Herrn beschäftigen, nämlich mit Jesu Christo als unserem
Sachwalter. Dieser Dienst kommt in Anwendung,
283
wenn wir gesündigt haben, und zwar zu dem
Zweck, die Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohne,
die durch unsere Sünde verloren gegangen ist, wiederherzustellen.
Belehrungen hierüber empfangen wir vornehmlich
in den Schriften des Apostels Johannes. In seinem ersten
Briefe finden wir sie in Form der Lehre, während uns in
seinem Evangelium dieselbe Wahrheit in einer bildlichen
Handlung des Herrn vor Augen geführt wird. Aber auch
andere Stellen des Neuen Testaments weisen deutlich auf
diesen für den Gläubigen so überaus notwendigen Dienst
unseres Herrn hin. Vorbildlich können wir ihn sogar schon
in verschiedenen Verordnungen Jehovas an Sein Volk
klar erkennen.
In Verbindung mit dem Vorhergesagten sei noch bemerkt,
daß der Gläubige im Neuen Testament von zwei
verschiedenen Gesichtspunkten aus betrachtet wird. Einerseits
wird er dort gesehen als ein schwacher, unvollkommener
Mensch, ein Mensch aber, der, obwohl die Sünde in
ihm wohnt und er sich in einer sündigen, gottfeindlichen
Welt befindet, trotzdem als ein Erlöster Jesu Christi das
Vorrecht hat, dem heiligen und an einem reinen Ort, dem
Himmel, wohnenden Gott zu nahen. Um dies zu können,
bedarf er jedoch eines Priesters. Und anderseits wird
er als ein Mensch geschaut, der auf Grund des Werkes
Christi zu diesem Gott in ein bewußtes Kindesverhältnis
gebracht worden ist, indem der Geist Gottes in ihm wohnt
und ihn befähigt, dieses wunderbare Verhältnis zu genießen.
Das Verhältnis ist so wirklich und so innig, daß der
Herr Jesus zu Seinen Jüngern sagen konnte: „Ich sage
euch nicht, daß ich den Vater für euch bitten werde; denn
der Vater selbst hat euch lieb". (Joh. 76, 26. 27.) Weil
284
das Verhältnis aber so traulich und zart ist, kann der Genuß
der daraus hervorgehenden Gemeinschaft auch leicht
geschwächt werden und gar verloren gehen. Deshalb bedürfen
die Gläubigen eines Sachwalters bei dem Vater,
der die Gemeinschaft wiederherstellt, wenn sie durch ihre
Untreue gestört oder ganz verloren gegangen ist.
Daß der Sachwalterdienst Christi in keiner Weise die
Stellungdes Gläubigen in Frage stellt, geht schon aus
dem bisher Gesagten hervor. Diese Fragen sind für ihn ein
für allemal durch das Werk von Golgatha geklärt. Auf
Grund dieses Werkes befindet sich
derGläubigein demLichte,
wie Gott in dem Lichte ist.
Das Licht ist gleichsam sein Wohnort, seine Heimat gewor
den, denn Johannes sagt: „Wenn wirin dem Lichte wandeln,
wie Er in dem Lichte ist". Wie könnte von einem
Wandel im Lichte die Rede sein, wenn der Gläubige nicht
dorthin gebracht worden wäre? Denn es heißt ausdrücklich:
„i n dem Lichte" (1.. Joh. 4, 7), nicht etwa: gemäß
dem Lichte. Der Gläubige vermag in diesem Lichte zu weilen,
obwohl er ein Sünder und „Gott zu rein von Augen
ist, um Böses zu sehen". Weshalb? Weil „das Blut Jesu
Christi, Seines Sohnes, unö reinigt von aller Sünde".
(7. Joh. 7, 7.) Jesus Christus hat den, der an Ihn glaubt,
von seinen Sünden so rein gewaschen in Seinem Blute,
daß selbst das durchdringende Auge Gottes nichts Unreines
mehr an ihm sieht. Sein Blut hat vor Gott einen solchen
Wert, daß Er erklären konnte: „Ihrer Sünden und
ihrer Gesetzlosigkeiten werde ich nie mehr gedenken". (Vgl.
Hebr. 70, 77 und Offbg. 7, S.) Alle Sünden, die ein
Gläubiger begangen hat, von seiner Geburt an bis zu der
285
Stunde, wo er diese Welt wieder verläßt, sind durch daö
Werk von Golgatha völlig hinweggetan. Ja, mehr noch,
er selbst hat in dem Tode Christi sein Ende gefunden, und
in dem auferstandenen Christus besitzt er ein neues Leben.
Das ist der Grund, weshalb er selbst mit dem Gott, „der
Licht ist, und in dem gar keine Finsternis ist", Gemeinschaft
haben und Ihn sogar „Vater" nennen darf.
Schließt nun die Größe und Vollkommenheit des
Werkes Christi sowie die Tatsache der herrlichen Stellung
des Gläubigen in Christo Jesu die Möglichkeit aus, daß
noch Sünde in ihm ist und er immer noch sündigen kann?
Durchaus nicht! Das Wort Gottes sagt uns das gerade
Gegenteil.
Die Sünde wohnt noch in dem Gläubigen.
Manche haben gedacht und auch gesagt, sie seien durch
die Wiedergeburt ganz sündenfrei geworden. Andere wiederum
haben behauptet, durch ihre völlige Hingabe an die
Wirksamkeit und Kraft des Heiligen Geistes sei alles
Sündhafte aus ihnen entfernt, gleichsam ausgebrannt worden.
Solche Lehren entsprechen aber nicht der Wahrheit des
Wortes Gottes, und die obiges sagen, täuschen sich und beunruhigen
andere. Der Apostel Johannes schreibt in seinem
ersten Briefe: „Wenn wir sagen, daß wir keine Sünde
haben, so betrügen wir uns selbst, und die Wahrheit ist
nicht in uns", (t. Joh. 1, 8.) Die Sünde ist noch in dem
Gläubigen. Aber ihr bloßes Vorhandensein ist kein Hinderungsgrund,
die Gemeinschaft mit dem Vater und dem
Sohne zu genießen. Was zum Bruch dieser Gemeinschaft
führt, ist das Wirksamwerden der Sünde, oder, mit
anderen Worten, die sündige Tat, sei es in Gedanken oder
in Worten oder in Werken.
286
Muß aber der Gläubige sündigen? Ist er dazu gezwungen?
Wäre das der Fall, wie könnte dann die Rede
davon sein, daß er „der Sünde gestorben", daß „der Leib
der Sünde abgetan", daß er „von der Sünde freigesprochen"
oder „freigemacht" ist? (Vergl. Röm. 6, 2. 6. 7.
22.) Nein, der Gläubige braucht nicht zu sündigen, wenn
sein Leben auch leider, leider oft genug das Gegenteil zu
beweisen scheint.
Der Gläubige sollte nicht sündigen.
Er hat durch die Wiedergeburt eine neue, göttliche Natur
empfangen, die daö Böse haßt, wie Gott es haßt. Zudem
hat der Geist Gottes Wohnung in ihm genommen.
Nun bedeutet der Besitz der neuen Natur an sich freilich
noch keine Kraft (ein kleines Kind z. B. hat ein vollkommen
menschliches Leben, hat aber noch keine Kraft), wohl
aber ist der Geist Gottes in ihm die Kraft des neuen Lebens,
das er empfangen hat. Aus diesem Grunde ist er
n i ch t gezwungen, den Regungen der alten Natur von innen
sowie den Lockungen der Welt von außen Folge zu leisten.
Daher auch die bestimmte Mahnung des Apostels Johannes:
„Meine Kinder, ich schreibe euch dieses, aufdaß
ihr nicht sündige t". (l. Joh. 2, b.)
Nirgendwo finden wir in der Schrift, daß die Sünde
auch nur mit einem Wort entschuldigt wird. Sündigt jemand,
so ist er in vollem Maße dafür verantwortlich. Stets
bleibt die Sünde in Gottes Augen hassenswürdig, wie
hassenswürdig, geht am deutlichsten aus der Tatsache hervor,
daß Er von Christo, als Er am Kreuz unser Sündenträger
war. Sein Angesicht abwandte, so daß dieser ausrufen
mußte: „Mein Gott, mein Gott, warum hast Du
mich verlasse n?"!
287
Daß zwischen Sünde und Sünde ein Unterschied besteht,
ist klar. Ebenso klar ist, daß es für Gott einen großen
Unterschied ausmacht, wer sündigt. Ist die Sünde auch in
jedem Fall abscheuerregend, so ist sie augenscheinlich für
Gott am verabscheuungswürdigsten, wenn sie von einem
Seiner Kinder begangen wird. Das geht aus manchen
Schriftstellen hervor, ist auch ganz erklärlich. Denn wenn
ein Mensch sündigt, der von seinen Sünden gereinigt und
in Gottes Gegenwart gebracht worden, gleichsam also „in
dem Lichte" zu Hause ist, und der dazu noch den Heiligen
Geist besitzt, so muß er doch viel schuldiger sein als ein
Mensch, von dem alles dies nicht gesagt werden kann. Die
wunderbaren Vorrechte, die der Gläubige besitzt, sollten
ihm doch wahrlich Veranlassung geben, sich ängstlich vor
jeder Berührung mit der Sünde zu hüten und sorgfältig
über alles zu wachen, waö in ihm vorgeht und von außen
an ihn herantritt.
Obwohl die Gläubigen nun nicht sündigen sollten,
sieht die Wirklichkeit leider anders aus. Schon Salomo
sagt, was wir zu unserer Beschämung durchaus als wahr
bestätigen müssen:
„E s ist k ein M e n s ch, d e r n ich t s ün d i g t".
Ach, wie schnell ist die Sünde geschehen, sei's in Gedanken
oder in Worten, oder auch in Taten! „Wir alle straucheln
oft", sagt Jakobus, und dann fährt er fort: „Wenn jemand
nicht im Worte strauchelt, der ist ein vollkommener
Mann, fähig, auch den ganzen Leib zu zügeln". (Jak. 3,2.)
Za, vollkommen zu sein, das ist's, was Gott bei Seinen
Kindern erreichen möchte. Wie es mit diesem Vollkommensein
in Wirklichkeit bestellt ist, darüber wollen wir lieber
nicht reden. Täten wir es — wir alle müßten beschämt die
288
Augen niederschlagen. Aber ist deshalb nun alles für uns
verloren? Gott sei- Lob und Dank, nein! Haben wir —
als Gläubige — gesündigt — nun, „wir haben einen Sachwalter
bei dem Vater, Jesum Christum, den Gerechten".
(1. Joh. 2, 1.) Dieses kostbare Wort ist die Antwort auf
die bange Frage: Bleibt denn unsere Stellung, bleibt unser
Verhältnis als Kinder des heiligen Gottes bestehen, wenn
wir gesündigt haben? Ja, es bleibt bestehen. Es wird nicht
einmal verändert, wenn auch der Genuß unserer
Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohne augenblicklich
durch die Sünde unterbrochen wird.
JesusChristus,derGerechte,
ist unser Sachwalter bei dem Vater. Allezeit ist Er in dieser
Eigenschaft im Heiligtum droben für uns. Er, der am
Kreuz für uns zur Sünde gemacht wurde, der darin Gottes
Gerechtigkeit vollkommen befriedigt, und den Gott deshalb
aus den Toten auferweckt und an diesen Platz gebracht
hat. Dort ist Er jetzt für uns, die wir auf Grund
Seines Sühnopfers „Gottes Gerechtigkeit" geworden sind
„in Ihm". (Vergl. 2. Kor. S, 21..) Das ist die Ursache,
weshalb unsere Stellung unveränderlich dieselbe bleibt.
Wir sind nicht nur von unseren Sünden gerechtfertigt (Römer
5,1), sondern auch durch unsere Verbindung mit Ihm
in die Stellung von Gerechten gesetzt worden. (Röm. 5,
14.) Wir sind in ein ganz neues Verhältnis zu Gott gebracht,
sind Seine „geliebten Kinder" geworden, die Ihn
„Abba, Vater" nennen dürfen. (Vergl. Eph. 5,1; 1. Joh.
Z, 1. 2; Röm. 8, 15; Gal. 4, 6.) Diese so unfaßbar großen
Wirklichkeiten werden auch nicht durch die traurige
Tatsache erschüttert, daß wir, unserem Vorrecht und unserer
Verantwortlichkeit, als Besitzer der neuen, göttlichen
284
Natur in Heiligkeit zu wandeln, völlig zuwider, sündigen
können und es auch tun. Gott sei Dank, büßen wir durch
eine solche Sünde unser Kindesverhältnis ebensowenig ein,
wie wir dadurch unsere Stellung — „Gottes Gerechtigkeit
in Ihm" — verloren haben. Auch wir unvollkommenen
Menschen hören ja nicht auf, unsere Kinder zu lieben, wenn
sie ungezogen sind, geschweige denn, daß wir in solchen Fällen
auf den Gedanken kommen, sie seien überhaupt nicht
mehr unsere Kinder. Sollte es bei Gott anders sein?
Nun aber kommt das ernste Aber! Wenn auch unser
ewiges Heil durch unser Fehlen nicht berührt wird, so wird
doch, wie bereits gesagt, etwas anderes dadurch nicht nur
berührt, sondern sogar unter Umständen völlig unterbunden,
und dieses andere ist der Genuß des Verhältnisses,
in das wir zu Gott gebracht sind, die Freu d e, in der Gegenwart
Gottes weilen zu dürfen. Und nie wieder würden
wir — beachten wir es wohl! — in die praktische Gemeinschaft
„mit dem Vater und mit Seinem Sohne Jesus
Christus" zurückkehren, wenn nicht der Herr Jesus als
Sachwalter für uns tätig wäre, und unsere Seelen infolge
dieses Seines Dienstes wiederhergestellt würden.
(Schluß folgt.)
„Der sein Leben liebt, wird es verlieren"
(Joh. -l2, 25.)
„Wer sein Leben liebt, wird es verlieren; und wer sein
Leben in dieser Welt haßt, wird es zum ewigen Leben bewahren."
Diese ernsten, unsere Gewissen zutiefst berührenden
Worte sprach der Herr Jesus, nachdem Er gerade vorher
290
auf das feierlichste bekundet hatte, daß das Weizenkorn
nur dann Frucht bringe, wenn es sterbe. „Wahrlich, wahrlich,
ich sage euch", so hatte Er gesagt, „wenn das Weizenkorn
nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein;
wenn es aber stirbt, bringt es viel Frucht." Schon das
„Wahrlich, wahrlich" deutet an, daß es sich hier nicht einfach
um einen Hinweis auf einen rein natürlichen Vorgang
handelt, sondern daß das durch daö doppelte „Wahrlich"
eingeleitete Wort eine weit tiefere Bedeutung hat. Und die
Fortsetzung beweist, daß hier tatsächlich nichts Geringeres
in Rede steht als der Tod des „aus dem Himmel Herabgestiegenen",
— Er ist das wahre Weizenkorn —, daß es
nicht mehr weit ist bis zu jener furchtbaren Stunde, der
Stunde unsäglicher Herzensnot, vor der unserem geliebten
Herrn so unendlich bangte.
Herrlichkeit hatte noch kurz vorher über der
Szene geleuchtet. Lazarus war durch das Machtwort des
Sohnes Gottes aus den Toten auferweckt worden.
Die Stadt Jerusalem hatte ihren Messias empfangen
mit Palmzweigen und dem Jubelruf: „Hosanna! Gepriesen
sei, der da kommt im Namen des Herrn, der König
Israels!" Und Griechen, Männer von den Nationen, „die
hinaufkamen, aus daß sie auf dem Fest anbeteten", hatten
ihrem Verlangen nach persönlicher Bekanntschaft mit dem
Sohndes Menschen Ausdruck gegeben, indem sie in
ebenso rührender wie bescheidener Weise zu Philippus, dem
einfachen Mann aus dem Volke, gekommen waren mit der
Bitte: „Herr, wir möchten Jesum sehen". Nicht die
Herrlichkeit des Tempels, nicht die Weisheit der Schrift-
gelehrten hatte diese Männer aus der Heidenwclt zu befriedigen
vermocht. Es war Jesus, den sie zu sehen begehr
— 2yr —
ten. Deshalb: Herrlichkeit hatte über der Szene gestanden,
und Herrlichkeit war es, die die einfache Bitte jener Griechen
dem Herrn vor die Seele stellte. Das geht klar aus
Seinen eigenen Worten hervor — die kein unmittelbares
Eingehen auf die Bitte zu sein scheinen und doch so völlig
mit ihr Zusammenhängen.—: „Die Stunde ist gekommen,
daß der Sohn des Menschen verherrlicht werde".
Eine Verherrlichung des Sohnes Gottes war kurz
vorher erfolgt, ebenso in gewissem Sinne eine Verherrlichring
des Messias, und beides konnte geschehen ohne
ein durch den Tod Hindurchmüssen. Die Verherrlichung
des Sohnes des Menschen stand bevor, aber welch
furchtbare Ereignisse mußten ihr vorangehen! Um die Verherrlichung
des Sohnes des Menschen zu ermöglichen, genügte
nicht das Machtwort des Sohnes Gottes, noch auch
die Anerkennung seitens des Volkes Israel dem Prophc-
tenwort gemäß. Zu dieser Verherrlichung führte allein der
Weg über Golgatha, durch die Nacht des Todes und des
Grauens. Unmittelbar sehen wir tiefe Seelennot sich des
„Mannes der Schmerzen" bemächtigen bei der bloßen Erinnerung
an die vor Ihm liegenden Stunden und sich in
den.Worten Luft machen: „Jetzt ist meine Seele bestürzt,
und was soll ich sagen? Vater, rette mich aus dieser Stunde!"
Doch sollte, wie es allzeit der Wunsch des gehorsamen
und abhängigen Menschen war, der Name des Vaters verherrlicht
werden, so mußte Er in diese Stunde hinein. Sie
konnte Ihm nicht erspart. Er mußte ans Kreuz, ans Fluchholz
erhöht werden. Den „Herrlichkeiten danach" mußten
Leiden vorangehen.
Doch weshalb bei diesen nebenherlaufenden Dingen
verweilen? Unser Thema lautet doch anders, ist ein The
2Y2
ma, das, wie im Anfang bemerkt, vor allem das Gewissen
berührt. Ich antworte mit einer Gegenfrage. Was
macht das Gebot des Herrn: „Dies tut zu meinem Gedächtnis!"
gelegentlich der Einsetzung Seines Mahles für
uns so besonders eindrucksvoll? Ist es nicht der Umstand,
daß Er, wie Paulus schreibt, „in der Nacht, in welcher
Er überliefert würd e", das Brot und den Kelch
nahm? Daß Er angesichts der unmittelbar vor Ihm stehenden
Leiden dieses Mahl eingesetzt hat „zu Seine m
Gedächtni s", das macht die Handlung des Herrn so
unendlich wichtig für alle, die Ihn lieben und Seinen Geboten
zu folgen begehren.
Mit der vorliegenden Stelle ist es nicht viel anders.
Wir hörten, wie der Wunsch der Griechen Gefühle in dem
Herzen des Herrn erweckte, denen Er in einem Ruf der Bestürzung
Ausdruck gab, wie Sein Inneres durch die Erinnerung
an die „Stunde" vor Ihm aufs tiefste erregt wurde.
Wenn Er nun bei solch feierlicher Gelegenheit das Wort
sprach, zu dem ich einige kurze Gedanken sagen möchte, wie
wichtig muß Ihm dann die darin zum Ausdruck kommende
Wahrheit gewesen sein, und wie wichtig sollte sie
unssein! Das ist der Grund, weshalb ich ein wenig vom
eigentlichen Thema abgeschweift bin.
„Wer sein Leben liebt, wird es verlieren."
Was der Herr zunächst mit diesen Worten meint,
dürfte nicht schwer zu verstehen sein. Als ein Nachkomme
Adams lebt der Mensch sein eigenes Leben in dieser Welt.
Sein Blick ist auf das Diesseits gerichtet. „Laßt uns essen
und trinken, denn morgen sterben wir!" ist sein Wahlspruch.
Das Fleisch zu pflegen, seinen Wünschen und Begierden
sowie den Eingebungen seines durch die Sünde
293
verdorbenen Herzens zu folgen, es in diesem Leben zu etwas
zu bringen, auf Erden eine Rolle zu spielen, mit einem
Wort, dieses Leben nach besten Kräften zu genießen,
es auch in jeder Weise zu bilden — gerade das taten die
Griechen — ist sein Begehr. Dieses Leben ist Selbstzweck
für ihn. Es ist das Leben des ersten Adam. Aber was ist
das Ende dieses Lebens? Der Tod. Ein Leben, geführt,
wie oben beschrieben, mag noch so reich sein an in die Augen
fallenden Erfolgen, mag, äußerlich betrachtet, durchaus
ein gewonnenes Leben genannt werden können.
Vor Gott ist es ein verlorenes Leben, da es in keinerlei
Verbindung mit Ihm steht. Das Ende ist endgültiger Tod.
Nicht nur stirbt ein solcher Mensch, wie auch ein Gläubiger
sterben mag, nein, sein „Teil ist in dem See, der mit Feuer
und Schwefel brennt, welches der zweiteTodi st".
(Offbg. 24, 8.)
„Und wer sein Leben in dieser Welt haßt,
wird es zum ewigen Leben bewahren."
Das über den ersten Teil des Verses Gesagte führt
zum Verständnis des zweiten. Eine völlige Abkehr von dem
Leben im Fleische, dem Leben des ersten Adam, ist notwendig,
um das Leben in einem neuen und ewigen Zustand besitzen
zu können. Der Herr hatte schon bei einer anderen
Gelegenheit ähnlich zu den Jüngern gesprochen. Sie hatten
bereits gehört, daß der, welcher sein Leben um Seinet-
und um des Evangeliums willen verlöre, es erretten würde.
(Vergl. Mark. 8, ZS; Matth, 40, 39; Luk. 9, 24; 47, 33.)
Der vom Herrn hier gebrauchte Ausdruck ist härter. Haß
diesem Leben in der Welt gegenüber ist Seine Forderung.
Aber wer ist dazu tüchtig? Nur der, welcher durch die
Gnade erkannt hat, daß das Adamsleben Feindschaft wider
2d4
Gott ist und zur ewigen Entfernung von Gott führt. Ein
Werk Gottes in der Seele ist dazu nötig, aber — möge es
jeder beachten, der noch „sein Leben liebt" — verbunden
mit der Entschlossenheit des Willens, mit allem Bisherigen
zu brechen und mit Glaubensenergie den Weg des Lebens
zu beschreiten, indem man sich mit ganzem Herzen
von jenem Grundsatz der Entfremdung von Gott trennt
und sein Leben fortan ungeteilt Gott widmet. Ein solcher
„wird es (das Leben) zum ewigen Leben bewahren". In
jener anderen Welt wird ihm ein Leben erblühen von ewiger
Schönheit, dem das aufgegebene, mag es äußerlich noch
so glänzend gewesen sein, zur Seite gestellt zu werden nicht
wert ist.
Das bisher Gesagte gilt denen, die mit ihrem diesseitigen
Leben noch nicht gebrochen haben. Aber daö Wort des
Herrn geht weiter. Den gläubigen Hebräern wird geschrieben:
„Das Wort Gottes ist lebendig und wirksam und
schärfer als jedes zweischneidige Schwert, und durchdringend
bis zur Scheidung von Seele und Geist, sowohl der
Gelenke als auch des Markes, und ein Beurteiler der Gedanken
und Gesinnungen des Herzens; und kein Geschöpf
ist vor Ihm unsichtbar, sondern alles bloß und aufgedeckt
vor den Augen Dessen, mit dem wir es zu tun haben."
(Kap. 4, 42. 43.) Dieses Wort, herzerforschend und gewissenschärfend,
wie es ist, das in seiner Kraft dasteht wie
ein granitener Block, scheint mir vor altem passend, mit
unserer Stelle in Verbindung gebracht zu werden. Denn
wie jenes Wort ist auch das unsrige wie ein Spiegel, in
dem wir uns alle aufmerksam betrachten sollten. „Wer
sein Leben liebt; wer sein Leben in dieser Welt haßt." Liebe
Freunde, dieses Wer geht uns alle an, ob gläubig oder un
2Y5
gläubig. Was es den Ungläubigen zu sagen hat, hörten
wir. Was aber hat es uns zu sagen, die wir bekennen, aus
dem Tode in das Leben übergegangen zu sein? Können wir,
denen die Welt gekreuzigt sein sollte, und wir der Welt
(vergl. Gal. 6, 1.4), in Wahrheit sagen, daß wir unser
Leben in dieser Welt hassen? Daß Jesus für uns gestorben
ist, glauben wir gern, denn auf Seinem Tod und Seiner
Auferstehung beruht ja all unser Glück und unser ewiges
Heil. Daß wir mitChristo gestorben sind, bekennen
wir, desgleichen, daß wir derSünde gestorben und mit
Ihm begraben worden sind durch die Taufe auf Seinen
Tod. Auch mag es uns eine Freude sein, daran zu denken,
daß, wie wir mit Ihm einsgemacht worden sind in der
Gleichheit Seines Todes, wir es auch in der Seiner Auferstehung
sein werden. (Vergl. Röm. 6, 2—s.) Aber wie
steht's mit unserem Leben, das zwischen Tod und Auferstehung
liegt? Jesus ist in den Tod gegangen, um uns
von dem zum Tode führenden Leben als Menschen in Adam
zu befreien. Er ist auferweckt, damit wir einst Seine Herrlichkeit
mit Ihm teilen. Das glauben wir fest. Aber eö
steht auch geschrieben: „auf daß, gleichwie Christus aus
den Toten auserweckt worden ist durch die Herrlichkeit des
Vaters, also auch wir" — die wir ja der Sünde gestorben
sind — „in Ne uheitdeöLebenö wandel n". (Römer
6, 4.) Sind wir uns dieser Berufung bewußt? Wir
haben die Güte Gottes in einer Weise erfahren, die allen
Verstand übersteigt. Der Apostel rühmt diese Güte im 11.
Kapitel seines Briefes an die Römer. Aber er fügt hinzu:
„W e n n du an der Güte bleibst; sonst wirst auch du ausgeschnitten
werden". Dieses Wenn hat fürwahr ernste Folgen.
Das Wort des Herrn in unserer Stelle ist nicht min
296
der ernst. Man kann sich als mit Christo gestorben erklären
und dabei „sein Leben in dieser Welt" lieben. Man kann
von Absonderung reden und sich dabei an weltlichen Genüssen
verschaffen, soviel davon nur zu bekommen ist. Man
kann von Glaubensgehorsam wissen und dabei alles tun,
um den eigenen Willen zu befriedigen. Man kann das
Wort vom himmlischen Bürgertum kennen und zugleich
tun, was immer getan werden kann, um sich und seine Kinder
in dieser Welt vorwärtszubringen. Man kann singen,
daß diese Welt eine Wüste sei, und zur selben Zeit seine
Geschäfte so führen, als ob es nichts Besseres gäbe, als
diese Wüste zum Paradies umzugestalten. Alles das und
noch vieles dergleichen ähnliche kann man tun. Aber man
kann nicht, wie ein anderer geschrieben hat, „das durch
Christi Tod erworbene Leben in der Ewigkeit haben und
dabei sein Sünden-Leben auf Erden bewahren. Man muß
es praktisch aufgeben, sobald man in den Besitz des göttlichen
Lebens gelangt ist, indem man allezeit und allüberall
zum Ausdruck bringt, daß man gestorben ist, indem man
in den Spuren Jesu wandelt, von allem abgesondert, was
die Welt charakterisiert, und worin die alte Natur ihre Befriedigung
findet. Aus diese Weise wird man sein Leben
für die Ewigkeit bewahren, indem man zugleich schon hier
auf Erden sich alles dessen erfreut, was dem ewigen Leben
angehört."
„Wer sein Leben in dieser Welt haß t."
Es bedarf nicht nur des Herzensentschlusses, um das
bis dahin Gewesene zu verurteilen und den Weg des wahren
Lebens zu betreten. Es bedarf auch ganzer Energie,
völliger Herzensentschiedenheit, um ihn zu gehen. Auf
diesem Wege ist für das eigene Ich kein Raum. Gehör-
2Y7
sam, Abhängigkeit, Selbstverleugnung, Demut müssen den
kennzeichnen, der ihn geht — alles Dinge, die der Adamsnatur
fremd sind. Deshalb wird Haß gefordert diesem
Leben gegenüber, als einem feindseligen Element, das dem
neuen Leben gegenübersteht als sein schlimmster Widersacher.
Ist uns das klar, so verstehen wir die herben Worte
des Herrn, die Er bei anderer Gelegenheit an Seine Jünger
richtete: „Wenn deine Hand oder dein Fuß dich ärgert, so
hau ihn ab und wirf ihn vor dir. Es ist dir besser, lahm oder
als Krüppel in das Leben einzugehen, als mit zwei Händen
oder mit zwei Füßen in das ewige Feuer geworfen zu werden.
Und wenn dein Auge dich ärgert, so reiß es aus und
wirf es von dir. Es ist dir besser, einäugig in das Leben einzugehen,
als mit zwei Augen in die Hölle des Feuers geworfen
zu werden." (Matth. t8, 8. 9.)
Und unser Verhältnis zur Welt? Die Welt hat Christum
verworfen. Die Welt steht unter dem göttlichen Gericht.
Die Welt wird dereinst von den Heiligen gerichtet
werden. Die Welt und Christus — diese Verbindung ist
einfach undenkbar. Der Pfad des Gläubigen ist klar vorgezeichnet.
Das Beispiel für ihn ist Christus selbst. „Christus
hat für euch gelitten", schreibt Petrus, „euch ein Beispiel
hinterlassend, auf daß ihr Seinen Fußstapsen nachfolget."
(I. Petr. 2, 2t.) Der Gläubige kann von der Welt
leiden. Das hat Christus getan. Er kann aber nicht mit der
Welt zusammengehen. Sein Pfad ist außerhalb der Welt,
der er nicht mehr angehört.
Wir stehen am Ende des Jahres, an dem die Kaufleute
ihre Bilanz zu machen pflegen. Der Gläubige sollte
jeden Tag Bilanz machen, d. h. sich täglich fragen: Wie
steht mein Konto? nicht zu dem Zweck, um sich selbstge
2Y8
fällig eigenen Tuns rühmen zu können, sondern in dem
herzlichen Wunsche, nicht fruchtleer von Gott erfunden zu
werden. Eö gibt aber Zeiten, die vor allem geeignet sind,
innere Einkehr zu halten. Dazu gehört die Zeit der Jahreswende.
Die Jahre fliegen dahin, und das Leben eilt schnell
vorüber. Moses, der Mann Gottes, betete angesichts der
Vergänglichkeit und Nichtigkeit des Menschenlebens: „So
lehre uns denn zählen unsere Tage, auf daß wir ein weises
Herz erlangen!" Von einem gläubigen Freunde, der mehrfach
dem Tode nahe war, hörte ich, daß er sich jedesmal
angesichts des nahen Sterbens sehr leer und arm vorgekommen
fei. Der Rückblick in das Hauptbuch des vergangenen
Lebens habe, ach! so wenig Poften zu seinen Gunsten
aufgewiesen. Ja, selbst von einem alten Christen, der sich
nach allgemeinem Urteil im Dienst seines Herrn verzehrt
hatte, wurde berichtet, daß er, an seinen langjährigen
Dienst erinnert, nur abwehrend den Kopf geschüttelt habe.
Er hatte, seiner Meinung nach, dem Herrn viel zu wenig
gedient. Wenn man derartiges hört, so fragt man sich wohl:
Wie werde ich dereinst dastehen? Ich sage das nicht, um
mutlos zu machen, sondern um zu ermuntern, um durch
Erinnerung die lautere Gesinnung aufzuwecken.
Das letzte Wort unseres teuren Herrn, bevor Er Seinem
bedrängten Herzen in dem Ausruf Luft machte: „Jetzt
ist meine Seele bestürzt, und was soll ich sagen?" lautete
im Blick auf jeden, der Ihm in Seiner Nachfolge zu dienen
begehren würde: „Wenn mir jemand dient, so wird
der Vater ihn ehren". Ein kostbares Wort! Der Vater wird
ihn ehren. Welch unermeßlich hohe persönliche Auszeichnung!
Es hat mich immer gerührt, wenn ich in der Geschichte
König Davids von Barsillai, dem alten achtzig
249
jährigen Gileaditer, las. Barsillai hatte den König versorgt
in den schweren Notzeiten seiner Verwerfung. Dafür wollte
David ihn nach seinem Sieg über Absalom und die von
ihm Verführten mitnehmen nach Jerusalem, damit er fortan
bei ihm an seinem Hofe weile als sein Gast. Barsillai
konnte seines Alters wegen diese Ehre nicht annehmen. Aber
er ging ihrer deshalb nicht verlustig. Kirnham, wohl sein
Sohn, begleitete den König. Von Barsillai selbst aber lesen
wir: „Und der König küßte Barsillai und segnete ihn".
(2. Sam. t9, 39.) Und daö vor allem Volk! Welch eine
Ehre! „Der König küßte Barsillai."
Sv ist auch eine besondere Ehre dem vorbehalten, der,
gedrängt von der Liebe seines Herzens, Jesu in dieser Zeit
Seiner Verwerfung nachfolgt, um Ihm zu dienen. „Der
Vater wird ihn ehren." Am Ende seines Abschiedsbriefes an
Timotheus, des letzten wohl, den der Apostel überhaupt geschrieben
hat, sagt er die bekannten Worte: „Ich habe den
guten Kampf gekämpft, ich habe den Lauf vollendet, ich
habe den Glauben bewahrt; fortan liegt mir bereit die
Krone der Gerechtigkeit, welche der Herr, der gerechte Richter,
mir zur Vergeltung geben wird an jenem Tage." Hier
ist von Kampf die Rede. Paulus hatte den guten Kampf
bis zu Ende gekämpft. Die Krone der Gerechtigkeit würde
dafür sein persönliches Teil sein, so wie sie persönlich einem
jeden zuteil werden sollte, der „Seine Erscheinung lieben"
würde. Auch in unserer Stelle wird Großes verheißen.
„W e r" — ganz persönlich — „sein Leben in dieser Welt
haßt, wird es zum ewigen Leben bewahren." „Wenn mir
jemand" — wiederum ganz persönlich — „dient, so
wird der Vater ihn ehren."
300
Hierorts Agurs, des Sohnes Aakes
(Sprüche Z0. Aus einer Betrachtung von H. R.)
Über die Frage, wer mit Agur, dem Sohne Jakes, gemeint
ist, sind schon die seltsamsten Vermutungen ausgesprochen
worden. Einige sehen in Agur Salomo und andere
den Bruder Lemuels, in welch letzterem sie wiederum Salomo
erblicken. Derartige Äußerungen zeigen uns, daß der
Verstand des Menschen, wenn er sich mit den Dingen Gottes
befaßt — mögen es auch die einfachsten sein —, stets
den falschen Weg einschlägt. Das Wort Gottes ist unö
nicht dazu gegeben, damit wir unsere Gedanken hineintragen
(vergl. V. b), sondern damit wir uns durch es unterrichten
lassen.
Tatsache ist, daß uns die Schrift keinerlei Auskunft
erteilt über Agur, Jthiel und Ukal. Diese Namen finden
sich nirgendwo anders. Die drei Männer sind uns gänzlich
unbekannt; aber unser Kapitel berichtet uns von Agur zwei
Tatsachen von größter Wichtigkeit. Die erste finden wir
in Vers r:
„Worte Agurö, des Sohnes Jakes, derAu 6 spru ch.
Es spricht der Mann zu Jthiel, zu Jthiel und Ukal."
Agur hat einen „Ausspruch" getan. Als der Mund
Gottes hat er von Gottaus gesprochen. (Vgl. l.Petr. 4,l l.)
Die zweite wichtige Tatsache ist, daß er, wiewohl er
der Träger der Worte Jehovas an Jthiel und Ukal war,
nicht daran dachte, sich deswegen irgend ein Verdienst zuzuschreiben:
„Fürwahr, ich bin unvernünftiger als irgend einer,
und Menschenverstand habe ich nicht. Und Weisheit habe ich
nicht gelernt, daß ich Erkenntnis des Heiligen besäße."
(V. 2. Z.)
— 301 —
Er war ein Mensch mit mehr Unvernunft als irgend einer.
Selbst der Verstand eines gewöhnlichen Menschen fehlte
ihm?) Er war in keiner Schule der Weisheit gewesen. Er
hatte auch nicht wie andere eine Menge Erkenntnis erlangt,
die ihm unmittelbar von dem Heiligen zugekommen wäre.
Er unterscheidet sich hierin, wie überharrpt in allem, von
dem ruhmvollen Prediger und König Salomo, dem Jehova
mit der Ankündigung erschienen war: „Ich habe dir
ein weises und einsichtsvolles Herz gegeben, daß deinesgleichen
vor dir nicht gewesen ist, und deinesgleichen nach
dir nicht aufstehen wird". (1. Kön. 3, 12.)
Azur, den inspirierten Mann, hat also folgendes gekennzeichnet:
Er war in sich selbst das Gegenteil eines Weisen;
er war sich dieser Tatsache bewußt, und es gefiel ihm
wohl, dies laut zu verkünden. Sich so bloßzustellen, ist
nicht allgemeine Gepflogenheit, selbst nicht unter Menschen,
die von Gott belehrt sind. Asaph, ein anderer Prophet,
besaß anfänglich diese Selbsterkenntnis nicht. Er zeigt
uns dann, welch einen Weg er zu gehen hatte, um dahin
zu kommen, sich selbst in solcher Weise zu beurteilen. Erst
nach manchen Kämpfen ging er „in die Heiligtümer Gottes"
hinein. Dann, nachdem er sich so in das Licht Seiner
Gegenwart gestellt hatte, sagte er wie Agur: „Da war ich
dumm und wußte nichtö; ein Tier war ich bei dir".
(Ps. 73, 17. 22.)
Diese Selbstbeurteilung oder, besser noch. Selbst ver-
urteilung geht, beachten wir es, der Prophezeiung Azurs
*) Diese Ansicht wird kaum von allen Lesern geteilt werden.
Lieber möchten wir so sagen:
Die Demut dieses Mannes erkannte sein völliges Unvermögen,
Gottes Wesen zu erkennen, an. Er war in Wirklichkeit kein
Unweiser, sondern ein wahrhaft Weiser. Anm. d. Schriftleitung.
Z02
voraus, denn man kann nicht der Mund Gottes sein und
zugleich eine hohe Meinung von sich selbst haben. Agur
geht aber noch weiter. Er legt auch die Torheit der Menschen
bloß. Diese meinen, durch wissenschaftliche Studien,
die sich an den natürlichen Verstand richten, und durch Redeweisheit,
mit einem Wort: durch menschliche Weisheit,
den Wert der göttlichen Offenbarungen zu erhöhen
und sie dadurch wirksamer zu gestalten. Sie haben vergessen,
daß geschrieben steht, daß diese Weisheit „das Kreuz
Christi zunichte macht", seine Kraft schwächt und seine Ergebnisse
zerstört, (1. Kor. 1, 17.)
Agur befand sich in der Gegenwart Gottes, wie Vers
4 uns zeigt:
„Wer ist hinaufgestiegen gen Himmel und herniedergefahren?
wer hat den Wind in seine Fäuste gesammelt?
wer die Wasser in ein Tuch gebunden? wer hat aufgerichtet
alle Enden der Erde? Was ist Sein Name, und was der
Name Seines Sohnes, wenn du es weißt?"
Agur erinnert uns mit diesen Worten an Hiob, wie er
vor seinem Schöpfer-Gott steht. (Hiob 38.) Während aber
Hiob erst lange und tiefe Erfahrungen mit sich selbst machen
muß, um sich als unwissend zu erkennen und die Hand
auf seinen Mund zu legen, ist Agur sich dessen von Anfang
an bewußt. Darum hat er auch seinen Mund geöffnet. Er
kann zu Jthiel und zu Ukal sagen: Ihr habt nicht mehr Erkenntnis
als ich in bezug auf die sichtbaren Dinge dieser
untergeordneten Schöpfung. — Der Mensch kann sie mit
den beschränkten Mitteln, die ihm zur Verfügung stehen,
weder verstehen noch erfassen. Ist er gen Himmel gestiegen,
um dort in die Geheimnisse hineinzuschauen? Oder ist
er herniedergestiegen, um sie zu offenbaren? Wie die ge
— Z0Z —
schaffenen Dinge sind, und aus was sie sich zusammensetzen,
darüber mögen unsere Forschungen bis zu einem gewissen
Punkt aufzuklären vermögen, aber die Art und
Weise, wie sie erschaffen, gegründet und dem großen
Ganzen eingeordnet worden sind, entzieht sich völlig unserer
Kenntnis. „Wo warst du, als ich die Erde gründete?"
(Hiob 38, 4.) Selbst die Anfänge der Schöpfung können
nur durch den Glauben erkannt werden. (Hebr. 44, 3.)
Das Vorhandene ist nicht aus Dingen geworden, die mit
den Sinnen wahrgenommen werden können. Wieviel weniger
können wir die unsichtbaren Dinge und gar Gott
selbst erkennen!
Alle diese Dinge wurden erschaffen, und sie werden
erhalten und sind uns offenbar geworden durch Gottes
Wort. (Hebr. 44, 3; 4, 3; Röm. 40, 47.) Es ist dasselbe
Wort, von dem auch Agur in Aussprüchen Gottes redete.
„Alle Rede Gottes ist geläutert",
d. h. ist ohne irgendwelche Beimischung. Durch dieses Wort
gibt Gott sich uns zu erkennen:
„Ein Schild ist Er denen, die auf Ihn trauen". (V. 5.)
Dieser Gott ist das Teil derer, die Ihm vertrauen.
Er offenbart sich uns, um sich uns zu schenken, wie Er
selbst zu Abram gesagt hat: „Fürchte dich nicht, Abram;
ich bin dir ein Schild, dein sehr großer Lohn". (4. Mose 45,
4.) Welch ein Vorrecht! Gott ist für uns, Er ist unser. Er
stellt sich zwischen die Gefahr und uns, um uns ständig zu
beschützen, uns arme Wesen, die wir sind!
Vor einer Sache muß sich der, welcher, wie Agur,
Aussprüche Gottes tut, hüten:
„Tue nichts zu Seinen Worten hinzu, damit Er dich
nicht überführe, und du als Lügner erfunden werdest".
Z04
Es ist, wie schon gesagt, eine ernste Sache, „zu Seinen
Worten hinzuzutun", anstatt sich durch diese Worte
unterweisen zu lassen, um sie unversehrt anderen weiterzugeben.
Vor dieser Schlinge wird man nur bewahrt durch
das uneingeschränkte Selbstgericht, dem sich Agur unterzogen
hatte. Der Mann, der im Namen Gottes spricht,
hat — bevor er im einzelnen darlegt, was ihm geoffenbart
worden ist — von Gott zweierlei zu erbitten:
„Zweierlei erbitte ich von dir; verweigere es mir nicht,
ehe ich sterbe: Eitles und Lügenwort entferne von mir, Armut
und Reichtum gib mir nicht, speise mich mit dem mir
beschiedenen Brote; damit ich nicht satt werde und dich verleugne
und spreche: Wer ist Jehova? und damit ich nicht
verarme und stehle und mich vergreife an dem Namen meines
Gottes/' (V. 7—9.)
Diese Dinge wünschte Agur vor dem Sterben zu empfangen,
um durch sie während seiner Lebenszeit den Gott
in dieser Welt zu verherrlichen, der sich ihm geoffenbart
hatte.
Die erste Bitte steht in Verbindung mit seinem sittlichen
Verhalten. Er bittet Gott, zwei Dinge von ihm zu
entfernen: „Eitles", die gute Meinung von uns selbst, die
wir so gern anderen beibringen möchten, und „Lügenwort",
das, was dem Wort der Wahrheit entgegengesetzt ist. In
den Versen 4—6 hatte Agur seinen Zuhörern die Mittel
genannt, durch die man diesen beiden Gefahren zu entrinnen
vermag: Es ist das Selbstgericht und die Wertschätzung
des Wortes Gottes. Aber wenn wir auch diese Mittel kennen
und vielleicht gar die Dinge verkündigen, so ist das
natürliche Herz doch so arglistig, daß wir beständig zu
Gott Zuflucht nehmen müssen, um davor bewahrt zu wer
den, hier zu fehlen.
305
Die zweite Bitte bezieht sich auf die Stellung des
Mannes Gottes in dieser Welt. Man kann sie in ein Wort
zusammenfassen: Gottvertrauen. Das, was Agur
in Vers 5 schon anderen gesagt hatte, möchte er jetzt für
sich selbst verwirklichen: „Armut und Reichtum gib mir
nicht". Er möchte weder materiell unabhängig sein, noch
abhängig sein von den Umständen. Der Mensch, der gelernt
hat, sich an den irdischen Dingen zu sättigen und Wohlsein
zu lassen, läuft Gefahr, Gott zu vergessen, während
für den Armen Gefahr besteht, nach solchem Besitz zu trachten,
in seinen Bemühungen darum Gottes Gebot zu verletzen
und dadurch Seinen heiligen Namen zu verunehren.
Der eine wie der andere Fall führt zur Unabhängigkeit von
Gott. Um vor diesen beiden Klippen bewahrt zu werden,
gibt es das Hilfsmittel: „Speise mich mit dem mir be-
schiedenen Brote", die Bitte: Möchte ich doch völlig von
Dir abhängig sein in meinen Bedürfnissen, die Du
kennst! *) — Diesen Rat sollten auch wir befolgen. Tun
wir es, so werden wir um das seltene Geheimnis wissen,
weder Armut noch Reichtum zu haben in dieser Welt.
*) Paulus stand wohl auf einem höheren Boden. Er hatte
gelernt, sowohl hungrig als auch satt zu sein. In jedem und in allem
war er unterwiesen. Ls war die Gnade, die ihn in allem leitete.
Anm. d. Schriftleitung.
Laßt uns aber nur nicht vergessen, daß es uns, wenn
wir versuchen, diese Dinge in unserem Leben zu verwirklichen,
nicht geziemt, andere zu richten:
„Verleumde einen Knecht nicht bei seinem Herrn, damit
er dir nicht fluche, und du es büßen müssest." (V. 10.)
„Wer bist du", schreibt ein Apostel, „der du den
Hausknecht eines anderen richtest? Er steht oder fällt seinem
eigenen Herrn." (Röm. 44, 4.) Dieser Richtgeist
Z06
rührt in den meisten Fällen von unserer Neigung her, unseren
Weltsinn damit zu entschuldigen, daß wir andere
Diener des Herrn anklagen, sie seien weltlicher als wir. Es
ist aber derHer r, der Seinen Knecht richtet, nicht wir. Der
Herr ist es, der die Wünsche Seines Knechtes auf ihren wahren
Gehalt zu ergründen weiß, und der belohnt oder nicht,
der Treue des erwiesenen Dienstes gemäß. Und mehr noch:
Sagt das Wort nicht: „Richtet nicht, auf daß ihr nicht gerichtet
werdet"? (Matth. 7, 7.) Nie sind wir berechtigt,
den Handlungen unserer Brüder verkehrte Beweggründe
unterzuschieben. Der Meister selbst ist es, der sie
kennt und beurteilt. Handeln wir anders, so verfallen wir
deni Urteil sowie dem ihm folgenden Nichterspruch: „mit
welchem Maße ihr messet, wird euch gemessen werden".
Als Folge der Erfahrungen, von denen wir soeben gesprochen
haben, kann Agur mit Freimütigkeit die Gedanken
Gottes enthüllen, die verschiedenen Grundsätze betreffend,
denen man in dieser Welt begegnet, Grundsätze, denen
nachgelebt, oder die gemieden werden sollen.
Da kennzeichnet er denn zunächst das uns umgebende
„Geschlecht", wie es in Gottes Augen dasteht:
„Ein Geschlecht, daö seinem Vater flucht und seine
Mutter nicht segnet; ein Geschlecht, das rein ist in seinen
Augen und doch nicht gewaschen von seinem Unflat; ein
Geschlecht — wie stolz sind seine Augen, und seine Wimpern
erheben sich! — ein Geschlecht, dessen Zähne Schwerter
sind, und Messer sein Gebiß, um wegzufressen die Elenden
von der Erde und die Dürftigen aus der Menschen
Mitte!" (V. 77—74.)
Vier vor Gott schreckliche Dinge sind es, die dieses
Geschlecht charakterisieren:
Z07
7. Auflehnung gegen die Autorität und Geringschätzung
der Beziehungen, in die Gott den Menschen von
Anfang an gebracht hat.
2. Selbstgerechtigkeit, die Sünde und Unflat mit ihrem
Mantel zudeckt.
3. Hochmut, oder die hohe Meinung, die die Menschen
von sich selbst haben.
4. Bosheit, die die Schwachen und Armen unterdrückt.
Das sind die allgemeinen Wesenszüge des Menschenherzens,
die sozusagen offen daliegen. Es kommt aber noch
ein anderer hinzu:
„Der Blutegel hat zwei Töchter: Gib her! gib her!
Drei sind es, die nicht satt werden, vier, die nicht sagen:
Genug! Der Scheol und der verschlossene Mutterleib, die
Erde, welche des Wassers nicht satt wird, und das Feuer,
daö nicht sagt: Genug!" (V. 75. 7b.)
Dieser weitere Wesenszug liegt nicht so offen da, wie
die vier ersten, sondern wirkt mehr im Verborgenen des
Herzens. Es ist die Lust, der unersättliche Wunsch, etwas,
ganz gleichgültig was, zu erwerbe,: auf Kosten des Nächsten.
Die Töchter des Blutegels haben nur einen Namen.
Sie mögen in ihren Zügen, im Aussehen, sowie in der Art
des Suchens und Begehrens verschieden sein. Wenn man
aber ihr inneres Wesen ergründet, findet man bei ihnen
einen und denselben Grundsatz: Gib! Gib! Dieser Wunscb
nach Genuß, der die Welt regiert, ist vergleichbar mit
7. einem Grabe, das gierig verschlingt, ohne jemals
zurückzugeben;
2. mit einem unfruchtbaren Weibe, das niemals
Frucht bringt;
Z08
Z. mit der dürren Erde, die stets Wasser schluckt, ohne
jemals gesättigt zu werden;
4. mit dem Feuer, das verzehrt, ohne zu erlöschen,
solange es Nahrung findet, die es verschlingen kann.
Welch ein grauenhaftes Gemälde der Grundsätze der
Welt und des Zustandes des Menschenherzens! Kein Wunder,
daß dieser Darstellung unmittelbar eine Gerichtan-
drohung folgt:
„Ein Auge, das den Vater verspottet und den Gehorsam
gegen die Mutter verachtet, das werden die Raben des
Baches aushacken und die Jungen des Adlers fressen/''
(V. 47.)
Dieser Spruch geht zurück auf Vers 44. Die Verachtung
der Autorität und der Ungehorsam, die in diesem
Verse erwähnt werden, lassen sich in ein Wort zusammenfassen:
Unabhängigkeit. Sie ist der Quell, aus dem
alles Böse beim Menschen hervorquillt. Sie ist es, die
Gottes Wort mit dem Namen „Gesetzlosigkeit" bezeichnet,
wenn es sagt: „Die Sünde ist die Gesetzlosigkeit". (4.
Joh. Z, 4.) Sie führt zu den genannten schrecklichen Erscheinungen,
die ihrerseits wiederum auf die Häupter der
Menschen das schreckliche Gericht Gottes herabziehen, welchem
der Tod folgt. (Schluß folgt.)
Ach, wär' mein Gemüte so!
Klein und rein und abgeschieden,
2anft, einfältig, still, im Frieden,
Willenlos und innigfroh:
Ach, wär' mein Gemüte so!
Terstegen
Sie Bibel
(Alte, aber zeitgemäße Worte)
Ich habe einen tiefen, ungeheuchelten, ich glaube sagen
zu dürfen, von Gott gegebenen Glauben an die Bibel.
Durch die Gnade bin ich durch sie überführt, erleuchtet,
zum Leben erweckt und errettet worden. Ich habe durch
sie die Kenntnis von G o t t empfangen, um Seine Vollkommenheiten
anbetend zu bewundern, und die Kenntnis
von Jesu, dem Heiland, der Freude, der Kraft und dem
Trost meiner Seele. Es gibt viele, die es gewissermaßen
anderen Menschen zu verdanken haben, daß sie zu Gott gebracht
worden sind, entweder Predigern jenes Evangeliums,
das die Bibel enthält, oder Freunden, die an dem
Wort ihre Wonne haben. So war es nicht bei mir. Jenes
Werk, das natürlich immer Gottes Werk ist, wurde in mir
durch das geschriebene Wort gewirkt. Wer einmal den
Wert Jesu kennen gelernt hat, der weiß, was ihm die
Bibel wert ist. Muß ich mich selbst leider auch manches
Versäumnisses anklagen in einem wechselvollen Leben voll
mannigfacher Mühe und Arbeit, die Bibel hat mir gegenüber
nie etwas versäumt. Und wenn sie im Blick auf die
armseligen und dürftigen Umstände der Zeit nie versagt
hat, so wird sie, des bin ich gewiß, auch im Blick auf die
Ewigkeit es nie tun. „Das Wort des Herrn bleibt in Ewigkeit."
Wenn dieses Wort sich bis zu meinem niedrigen Zustande
herabläßt, so reicht es anderseits hinauf bis zu Got-
I^XXXIII 18
— zro —
tes erhabener Höhe, denn es ist von dort; geradeso wie
die Liebe, dadurch daß sie sich zu mir herabneigt und sich
jeder Einzelheit meiner Schwachheiten und Verfehlungen
anpaßt, sich als göttlich erweist. Denn niemand außer Gott
könnte so handeln, und deswegen führt diese Liebe hinauf
zu Ihm. So wie Jesus von Gott kam und zu Gott
ging, so auch dieses Buch, das in göttlicher Weise Ihn offenbart,
als den von Gott Gekommenen und z u Ihm
Erhobenen. Wird es wirklich ausgenommen, so bringt es
die Seele zu Gott, denn Er hat sich in dem Worte geoffenbart.
Die Beweise für seine Wahrheit liegen alle in ihm
selbst. Die Sonne bedarf keines Lichtes, um dadurch sichtbar
zu werden.
Ich bezeuge auf daö klarste und entschiedenste meine
tiefe, göttlich-gelehrte Überzeugung von der Inspiration
der Schriften. Obwohl ich selbstverständlich zugebe, daß
in der Überlieferung des Textes oder in der Übersetzung
sich Fehler finden können, so lese ich die Bibel doch, so
oft ich sie lese, alseinBuchvonunbedingterAu-
torität für meine Seele, als Gottes Wort.
ES gibt kein größeres Vorrecht als dieses: Mitteilungen unmittelbar
von Gott selbst zu empfangen.
Meine Freude, mein Trost, meine Speise, meine
Kraft auf meinem ganzen bisherigen Pilgerpfade waren
die bedingungslos als das Wort Gottes ausgenommenen
Schriften. Im Anfang meines Weges mußte ich allerdings
bezüglich dieses Punktes durch tiefe Seelenübungen
gehen. Aber seitdem bin ich durch die Gnade dahin gekommen,
an dem Worte festzuhalten als einem unzerreißbaren
Bindeglied zwischen meiner Seele und Gott,
sollten dabei auch Himmel und Erde, die sichtbare Kirche
— ZU —
und der Mensch selbst in nichts zerfallen. Es genügt mir,
daß Gott es mir als solches gegeben hat. Ich zweifle nicht
daran, daß es der Gnade des Heiligen Geistes bedarf,
um das Wort für uns nutzbringend zu machen und ihm
wirkliche Autorität für unsere Seelen zu geben betreffs
dessen, was wir sind; aber das ändert nichts an dem, was
es in sich selbst ist. Um wahr zu sein, wenn es angenommen
wird, muß es auch vorher wahr gewesen sein.
Und hier möchte ich hinzufügen, daß, wenn es auch
der Gnade Gottes und des Werkes des Heiligen Geistes
bedarf, um dem Wort jene lebendigmachende Kraft zu
geben, dennoch die göttliche Wahrheit, Gottes Wort, einen
Einfluß auf das natürliche Gewissen hat, dem dieses sich
nicht entziehen kann. Das Licht macht den Übeltäter offenbar,
wenn dieser es auch haßt. Und so tritt das Wort
Gottes an den Menschen heran, er mag ihm noch so feindlich
gesinnt sein — tritt einerseits, und dafür sei Gott
gedankt! an ihn heran inGnade, anderseits inWahr -
heit. Und gerade dieser Umstand beweist die Bosheit des
Willens des Menschen in der Verwerfung des Wortes. So
besitzt das Wort Macht über das Gewissen, selbst wenn
der Wille noch nicht verändert ist. Diese Tatsache mag die
Abneigung des Menschen gegen das Wort noch vergrößern;
aber die Abneigung ist vorhanden, weil das Gewissen
fühlt, daß es die Wahrheit nicht leugnen kann. Die
Menschen leisten dem Wort Widerstand, eben weil es
wahr ist. Träfe es ihr Gewissen nicht, so brauchten sie sich
nicht so viel Mühe zu geben, um sich seinem Einfluß zu
entziehen und es zu widerlegen. Man wappnet sich nicht
gegen Strohhalme, wohl aber gegen ein Schwert, dessen
scharfe Schneide man fühlt und fürchtet.
— 312 —
Ich wiederhole: Die Bibel redet von Gnade sowohl
als auch von Wahrheit. Sie redet von der Gnade und
Liebe Gottes, der Seinen eingeborenen Sohn dahingab,
auf daß Sünder, wie du und ich, bei Ihm sein und Ihn
tief, wahr und nahe, ganz nahe kennen lernen und in alle
Ewigkeit, ja jetzt schon. Ihn genießen möchten; auf daß
das Gewissen, vollkommen gereinigt, mit Freuden in Seiner
Gegenwart weilen möchte, ohne irgend eine Wolke,
ohne Vorwürfe und Befürchtungen. Und in solcher Weise
dort zu sein, in Gottes Liebe ruhend, das ist „völlige Freude".
Die Bibel sagt dem Menschen die Wahrheit über sich
selbst, aber sie sagt ihm auch die Wahrheit von einem
Gott der Liebe und enthüllt zugleich die Weisheit Seiner
Ratschlüsse.
Das allerbeste Mittel aber, um von der Wahrheit
und Autorität der Bibel überzeugt zu werden, ist, das
Wort selbst zu lesen. I. N. D.
Sie Vstorte Agurs, des Sohnes Hakes
(Schluß)
Die erschreckende Entwicklung des Bösen und die We-
senözüge des ungezügelten Menschen sind nur zu offensichtlich
auf Erden. Handelt es sich dagegen um „die Wege
Gottes", so ist der Geist des Menschen unfähig, sie zu erkennen.
Sie sind zu wunderbar für ihn.
„Drei sind es, die zu wunderbar für mich sind, und
vier, die ich nicht erkenne: der Weg des Adlers am Himmel,
der Weg einer Schlange auf dem Felsen, der Weg
eines Schiffes im Herzen des Meeres, und der Weg eines
Mannes mit einer Jungfrau." (V. 18. 19.)
— 313 —
Nach meiner Meinung können wir in diesen vier Beispielen
folgendes sehen:
1. Den Weg des „Gerichtes Gottes". Das Beispiel
ist nicht so zu deuten, als ob das Gericht selbst nicht könnte
erkannt werden in dem Augenblick, wo es sein Opfer faßt,
sondern vielmehr so: Das, was dieses Gericht vorbereitet,
was es lange hinausgeschoben hat, was es aber am
Ende herbeiführt, ist dem Menschen ebensogut verborgen
wie die Spuren der Adlerfittiche am Himmel. (Vergl.
hierzu Matth. 24, 28 und Hiob 39,27.)
2. Den Pfad der „Weisheit und der Klugheit". (Vgl.
Matth. 40, 16.) Wie die Schlange auf dem harten Felsen
dahingleitet, durch alle Lücken und Winkel hindurch,
ohne irgend eine Spur zu hinterlassen, so erkennt auch niemand
den Weg der Weisheit. Er ist wunderbar und vielfach
verschlungen. Der Weisheit muß selbst der Unglaube,
die Herzenshärtigkeit des Menschen, die Herrschaft Satans
über sein Herz, ja, sein Haß gegen Gott dienen zur
Erfüllung ihrer Pläne. Wie wahr ist das Apostelwort:
„O Tiefe des Reichtums, sowohl der Weisheit als auch der
Erkenntnis Gottes! Wie unausforschlich sind Seine Gerichte
und unausspürbar Seine Wege! Denn wer hat deö
Herrn Sim: erkannt, oder wer ist Sein Mitberater gewesen?
... Ihm sei die Herrlichkeit in Ewigkeit! Amen."
(Röm. 11, 33—36.) Diese „Weisheit und Erkenntnis"
wird am Ende Seine Herrlichkeit verkünden. Bis dahin
sollen wir uns daran genügen lassen, zu wissen, daß sie
ihr Ziel erreichen wird, ohne daß das menschliche Auge
ihrer Spur folgen könnte.
3. Den Weg der „Regierung Gottes". Es gibt eine
Regierung Gottes. Das merkt der Mensch dann, wen»
314
er die Folgen seiner Handlungen zu tragen hat. Gewisse
Taten ziehen auch gewisse Ergebnisse nach sich. „Wer für
sein eigenes Fleisch sät, wird von dem Fleische Verderben
ernten." Wer dagegen „seine Junge vom Bösen enthält,
wird gute Tage sehen". W i e aber die Regierung Gottes
zu ihrem Ende gelangt und uns den ersehnten Hafen erreichen
läßt, während scheinbar das Böse triumphiert und
das Gute verkannt und unterdrückt wird, ist den Augen
.'des Menschen ebensogut verborgen wie der Weg eines
Schiffes im Herzen des Meeres. Man glaubt einen Augenblick
der Schifföspur folgen zu können, und schon ist
sie verschwunden. (Ps. 77, 19.)
4. Den wunderbaren Weg der „Liebe", vorgestellt
in dem „Wege eines Mannes mit einer Jungfrau". Auf
welchem Wege gelingt es der Liebe, den Gegenstand ihrer
Wünsche zu erobern und zu besitzen? Da geht es oft durch
viele Hindernisse und selbst entmutigende Erfahrungen hindurch,
bis das Ziel erreicht ist. Ganz so, nur in weit größerem
Maße, ergeht es der Liebe des Herrn, der uns retten
will. Wer hat sie auf uns aufmerksam gemacht? Was
hat Er in uns gesehen, das Seine Gefühle hätte erregen
können? Durch welche Mittel ist es Ihm gelungen, sich
zu offenbaren und die entsprechende Zuneigung in uns zu
wecken? Da gibt es so viele Rätsel, daß der Geist des
Menschen sie nicht lösen kann.
Es ist mit diesen Dingen ähnlich wie mit einer Zeichnung,
auf welche eine Kinderhand eine Menge Striche gekritzelt
hat, so daß es dem Auge unmöglich ist, den ursprünglichen
Gedanken herauszufinden. Der Urheber der
Zeichnung weiß allein, sich durch das für jeden anderen
unentwirrbar gewordene Labyrinth hindurchzufinden. So
375
ist eö mit dem Auge GotteS: Es kennt und unterscheidet
Seine Wege, mögen die Wege der Menschen sie auch noch
so sehr durchqueren. Alle Wege Gottes kommen zu ihrem
Ziel. Und auch der Glaubende vermag sie zu erkennen, aber
nicht an dem, was er davon auf der Erde sieht. Zu diesem
Zweck muß er ins Heiligtum eintreten, die Werkstatt des
großen Meisters. „Sein Weg ist im Heiligtum." (Ps 77,
73.) Dort hat Gott Mose Seine Wege kundgetan, während
die Söhne Israels nur Seine Taten sahen.
(Ps. 703, 7.)
„Also ist der Weg eines ehebrecherischen Weibes: sie
ißt und wischt ihren Mund und spricht: Ich habe kein Unrecht
begangen." (V. 20.)
Ach! ebenso unbegreiflich wie der Weg, von dem wir
hörten, ist der Weg desjenigen, der durch die Sünde alle
Verbindungen mit Gott abgebrochen hat. Er genießt, befriedigt
seine Begierden, wischt die sichtbaren Spuren davon ab,
um sie vor den Augen der Menschen zu verbergen, täuscht sich
über seinen eigenen Zustand und trägt keineswegs dem
Umstand Rechnung, daß Gott alles gesehen hat.
Nach den unverständlichen kommen „die unleidlichen
Dinge".
„Unter dreien erzittert die Erde, und unter vieren
kann sie es nicht aushalten: unter einem Knechte, wenn er
König wird, und einem gemeinen Menschen, wenn er satt
Brot hat; unter einem unleidlichen Weibe, wenn sie zur
Frau genommen wird, und einer Magd, wenn sie ihre
Herrin beerbt." (V. 27—23.)
Hier haben wir „die vollständige Umkehrung der von
Gott gegebenen öffentlichen und privaten Ordnung". Daß
ein solcher Zustand der Dinge einmal sein und immer deutlicher
hervortreten wird, wissen wir auf Grund des Wor
346
tes Gottes. *) Der Knecht wird regieren, anstatt zu gehorchen,
und der gemeine Mensch Gedeihen haben. Das unleidliche
Weib findet einen Gatten; die Magd erschleicht
sich die Zuneigung ihrer Herrin und verdrängt die Kinder,
die natürlicherweise ein Anrecht daran hätten. So hat in
dieser Welt das Böse Gelingen und wird sich immer mehr
Bahn brechen, bis es einmal die göttliche Ordnung ganz
verdrängt hat. Ist eine solche Tatsache nicht eine schwere
Bürde für das Herz dessen, der an der Quelle des Guten,
der Wahrheit und der Gerechtigkeit getränkt worden ist?
Was Wunder, wenn er nicht weiß, was er bitten soll, wie
sich's gebührt? Aber der Geist verwendet sich für ihn in
unaussprechlichen Seufzern. (Röm. 8, 26.)
* *
*
Von denen, unter welchen die Erde erzittert, geht
Agur zum Gegenteil über, zu „den Kleinen der Erde", die
aber dennoch „mit Weisheit versehen sind".
„Vier sind die Kleinen der Erde, und doch sind sie
mit Weisheit wohl versehen: die Ameisen, ein nicht starkes
Volk, und doch bereiten sie im Sommer ihre Speise; die
Klippendächse, ein nicht kräftiges Volk, und doch setzen
sie ihr Haus auf den Felsen; die Heuschrecken haben keinen
König, und doch ziehen sie allesamt aus in geordneten
Scharen; die Eidechse kannst du mit Händen fangen, und
doch ist sie in den Palästen der Könige." (V. 24—28.)
Wo finden wir, inmitten der sittlichen Wirrnis in der
Welt, „die Weisheit", die wir benötigen? Sie läßt sich
nur in denkleinen Dingen auf der Erde erkennen. „Se-
Haben wir heute nicht ein treffendes Beispiel davon in
Nußland? Und waren wir nicht auf dem besten lVege dahin in
Deutschland? (Anm. der Schriftleituna.)
317
het eure Berufung, Brüder", schreibt der Apostel, „daß
es nicht viele Weise nach dem Fleische, nicht viele Mächtige,
nicht viele Edle sind; sondern das Törichte der
Welt hat Gott auserwählt, auf daß Er die Weisen zu
Schanden mache; und daö Schwache der Welt hat Gott
auserwählt, auf daß Er daö Starke zu Schanden mache;
und das Unedle der Welt und das Verachtete hat Gott auserwählt,
und das, was nicht ist, auf daß Er das, was ist,
zunichte mache, damit sich vor Gott kein Fleisch rühme."
(1. Kor. 1, 26—2Y.)
Die Ameisen sammeln Vorrat für die bösen Tage; sie
sehen sich vor. Ihre Weisheit besteht darin, daß sie sich mit
dem versorgen, was ihre Kraft erhält, auch in den bösen
Tagen, denn sie haben keinerlei Stärke in sich selbst. So
ist der Gläubige, der sich seinen Vorrat sammelt aus dem
Worte Gottes.
Die Klippendächse — kleine Huftiere, die in Felsenklüften
wohnen und die Täler meiden, weil sie andere,
ihnen feindliche Tiere fürchten — sind ebenfalls weise.
Ihnen fehlt die „Kraft", wie den Ameisen die „Stärke".
Darin nun, daß sie ihr Haus auf den Felsen setzen, zeigen
sie, daß sie außerhalb ihrer selbst Sicherheit suchen. So der
Gläubige, der auf Christum, den Felsen, gegründet ist.
Die Heuschrecken haben keinen König. Die „Autorität"
fehlt ihnen. Dennoch bilden sie ein kraftvolles Heer.
Ihre Kraft liegt in ihrer „Vereinigung". Hier können wir
einen Vergleich ziehen mit den Kindern Gottes. Auch ihnen
fehlt die sichtbare Autorität, und groß und zahlreich sind
die Gefahren, denen sie ausgesetzt sind. Aber sie sind zu
einem Leibe vereinigt, dessen unsichtbares Haupt der Herr-
ist. So bilden sie doch eine Macht in der Welt. Was sie
— zr8 —
aber an Weisheit besitzen, ist nicht „Weisheit dieses Zeitkaufs",
sondern allein „Gottes Weisheit", „Weisheit unter
den Vollkommenen oder Erwachsenen".
Die Eidechse ist ein Wesen, das der Hand, die sie
fängt, wehrlos ausgesetzt ist. Gibt es etwas Furchtsameres
und Ohnmächtigeres? Und doch kannst du sie nicht hindern,
daß sie sich inmitten königlicher Pracht wohnlich einrichtet.
So ist der Gläubige, dessen Weisheit darin besteht, daß er
nichts ist, dem aber gerade sein Nichtösein den Platz vor dem
Angesicht des Herrn bereitet und freien Zutritt verschafft in
das Haus des Königs der Könige, die Herrlichkeit.
So dient also die Beschreibung dieser „Kleinen der
Erde" dazu, unsere Herzen zu stärken inmitten der Offenbarung
des Bösen auf Erden sowie angesichts der Unmöglichkeit,
Gottes verborgene Wege zu erkennen. Die
Weisheit hat sich uns kundgetan in den niedrigen, kleinen
Dingen. Wenn nun aber schon die untergeordneten Geschöpfe
Beispiele dieser „Weisheit" bilden, wievielmehr haben
wir sie kennengelernt in Dem, der, Gott von Ewigkeit
her, sich zu uns herabgeneigt und sich zu nichts gemacht
hat, indem Er „gehorsam ward bis zum Tode, ja,
zum Tode am Kreuze"!
Wie es nun in dieser Welt Wesen gibt, denen wir wegen
ihrer Weisheit Aufmerksamkeit schenken sollen, so gibt
es auch „schöne" Dinge inmitten all des Abschreckenden,
das die Sünde hervorgebracht hat.
„Drei haben einen stattlichen Schritt, und vier einen
stattlichen Gang: der Löwe, der Held unter den Tieren
und der vor nichts zurückweicht; der Lendenstraffe, (bzw.
das lendengegürtete Roß) oder der Bock; und ein König,
bei welchem der Heerbann ist." (V. 29—Zk.)
319
Finden wir die Weisheit „im Kleinen", so die „Schönheit"
im „Schritt". Ja, er ist schön, der Gang des Löwen.
Die Kraft in seinem Schritt läßt ihn den Weg geradeaus
verfolgen und die Hindernisse verachten. Auch der Gang
des edlen Pferdes ist schön. Um schnell laufen zu können,
zugleich auch, um anderen zu dienen, sind seine Lenden gegürtet.
Und auch der Gang des Bockes *) ist schön, der vor
seiner Herde herläuft, ihr ein Beispiel im Laufen gibt und
alle Schafe zum Stall bringt. Endlich ist auch der Gang
des Königs schön, ein Schritt, der göttliche Autorität zeigt,
welcher keine Macht zu widerstehen vermag.
Möchte es uns geschenkt werden, unsere Augen auf
Christum gerichtet zu halten, der in vollkommener Weise
alle diese Gangarten darstellt, damit unser Wandel hienie-
den ihre Schönheit widerstrahle! Gewähre uns, o Gott,
die Weisheit in der Demut zu erkennen und die Kraft im
Wandel zu verwirklichen!
„Wenn du töricht gehandelt hast, indem du dich erhobst,
oder wenn du Böses ersonnen: die Hand auf den
Mund!" (V. 32.)
Sollte die Torheit unseres natürlichen Herzens uns
veranlaßt haben, den Pfad der Demut und der Kraft zu
verlassen, indem wir uns in unseren eigenen Augen erhoben,
um uns den schlechten, in der Welt wirksamen
Grundsätzen auszusetzen, so bleibt uns nichts anderes übrig,
als uns zu demütigen und wie Hiob zu sagen: „Siehe, zu
gering bin ich, was soll ich Dir erwidern? Ich lege meine
Hand auf meinen Mund. Ich habe beurteilt, was ich nicht
verstand. .. Darum verabscheue ich mich und bereue in
Staub und Asche." (Hiob 39, 34; 42, 6.)
«) vergl. Ier. 50, 8.
Z20
„Denn das Pressen der Milch ergibt Butter, und das
Pressen der Nase ergibt Blut, und das Pressen des Zornes
ergibt Hader." (V. ZZ.)
Das, was gut ist, wird „vorzüglich" unter dem Pressen
der Hand Gottes. Führt Gottes Tun uns zu wirklicher
Demütigung, so ist wahre Frucht das Ergebnis. Ist
dies aber nicht der Fall, wegen des Eigenwillens des Menschenherzens,
so ist schmerzliche Züchtigung die Folge, während
jedes Pressen, das durch das Fleisch geschieht, nur
Dinge zeitigen kann, die mit dem Fleisch in Verbindung
stehen und daher fleischlich sind.
Das sind die Worte Agurs.
Aesus Christus - unser Sachwalter
(Schluß)
Nachdem uns das letzte Mal die Notwendigkeit
des Sachwalterdienstes Jesu Christi beschäftigt hat, sei,
bevor wir auf die Ausführung dieses Dienstes zu sprechen
kommen, noch kurz hingewiesen auf
die Grundlage Seiner Sachwalterschaft.
Diese ist, wie schon angedeutet, einerseits die Annahme
Seiner Person seitens des Vaters und anderseits
Sein auf Golgatha vollbrachtes Werk. „Jesus Christus,
der Gerechte", ist „bei dem Vater" (1,. Joh. 2, "t),
und „Er ist di e S üh n u n g fü r u n s er e Sü n de n".
(V. 2.) Weil Er, „der Gerechte", i n dem wir angenommen
und Gottes Gerechtigkeit geworden sind, dort ist,
kann Er sich ohne Einschränkung für uns verwenden. Und
weil Er „die Sühnung für unsere Sünden" ist, kann Er
mit vollem Recht für uns eintreten, wenn wir gesündigt
32r
haben. Denn wie könnte Gott uns die Sünde noch zurechnen
*), nachdem Er sie Ihm zugerechnet hat, als Er am
Kreuz als das Sündopfer vollkommen Sühnung tat?
So ist Gott treuundgerecht, wenn Er uns die Sünden
vergibt — vorausgesetzt, daß wir sie aufrichtig bekennen.
Daö ist auch der Grund, daß Gott Satan, wenn
er als Ankläger auftritt, gerechterweise zurückweisen kann.
Ist nun die Annahme der Person des Herrn und Sein
auf Golgatha vollbrachtes Werk die Grundlage Seiner
Tätigkeit als Sachwalter, so ist es sicher richtig, zu
sagen:
DieLiebeistdieO. uelleSeinesSach w a lter-
die nfte s.
Die ergreifende Begebenheit in Joh. 'lL, wo der erhabene
Herr sich so tief herabläßt, daß Er Seinen geringen
Jüngern die Füße wäscht, wird mit den Worten eingeleitet:
„Da Er die Deinigen, die in der Welt waren, geliebt
hatte, liebte Er sie bis ans Ende". Wie schon früher angedeutet,
stellt diese Handlung uns den Herrn bildlich in
Seinem Sachwalterdienst dar. Durch Sein Tun will Er
den Jüngern zeigen, wie sie, die in der Welt zurückblieben,
während Er zum Vater ging, dort oben mit Ihm teilhaben
können, selbst wenn sie sich durch Unwachsamkeit
und Nachlässigkeit befleckt, d. h. gesündigt haben. Seine
Liebe, die Er im Leben und vor allem im Sterben bewiesen
hat, hört n i e auf. Er will auch droben weiter ihr Diener
*) Das will natürlich nur sagen: Lr kann sic nicht zurechnen
mit der Strafe, die jede Sünde nach der Gerechtigkeit Gottes verdient
hat, d. h. mit dem ewigen Gericht. Line andere Fraga ist,
was Gott tut als ein heiliger Vater, „der ohne Ansehen der Person
richtet". Da hält Lr es oft für nötig, uns zu züchtigen, damit
wir Seiner Heiligkeit teilhaftig werden. (Vergl. j. Petr, s, s 7 mit
Hebr. sO; siehe auch s. Ror. s I, o2.)
Z22
sein. Und diese Liebe veranlaßt Ihn, auch für uns bei dem
Vater und i n uns durch Seinen Geist tätig zu sein.
Gehen wir jetzt etwas näher ein auf
die Ausführung Seines Sachwalterdienstes.
Wenn wir sorglos wandeln, wenn wir unseren Augen
erlauben, sich an verkehrten Dingen zu weiden, oder
wenn durch unsere Ohren böse Dinge in unsere Herzen eindringen
und diese sich damit beschäftigen, oder wenn unser
Mund eitle, ja, schlechte Worte spricht, oder wenn wir uns
dazu hinreißen lassen, verwerfliche Handlungen zu begehen,
so ist damit unsere Gemeinschaft mit dem Vater und
dem Sohne unmittelbar unterbrochen. Wir verfallen dem
unglücklichen Zustand ungehorsamer Kinder, der auf die
Dauer die schlimmsten Folgen nach sich ziehen kann und
muß. Um nun das frühere Verhältnis, das zugleich daö einzig
ordnungsgemäße ist, d. h. die Gemeinschaft mit Vater
und Sohn, wiederherzustellen, ist Jesus Christus als
unser Sachwalter (d. h. als einer, der unsere Angelegenheiten
in Seine Hand nimmt) bei dem Vater tätig.
Infolge Seines Dienstes beginnt der Heilige Geist,
„der andere Sachwalter", in unseren Herzen zu wirken.
Die eigentliche Aufgabe dieses „anderen Sachwalters" be
steht freilich, nach den Worten des Herrn selbst, darin,
von den Dingen Christi zu nehmen und uns mitzuteilen
(Joh. 16, 14), d. h. uns „in die ganze Wahrheit zu leiten",
unö „das Kommende zu verkündigen" usw. Unsere
Segnung und Jesu Verherrlichung ist Ihm Zweck und
Ziel. Haben wir aber gesündigt, so muß Er uns zurechtweisen,
muß uns unser Fehlen zum Bewußtsein bringen,
damit wir dahin kommen, zu bereuen und zu bekennen.
Z23
Ist es sonst das Bemühen des Heiligen Geistes, uns
die kostbaren Segnungen, die der Gläubige in Christo hat,
genießen zu lassen oder uns mit der Liebe des Vaters zu
beschäftigen, so muß Er uns jetzt Worte der Schrift in
Erinnerung bringen, die geeignet sind, unsere Gewissen aufzurütteln.
So wird Er uns daran erinnern, wie unser
Herr Jesus um der Sünde willen, die uns gerade jetzt den
Genuß der Gemeinschaft mit Gott geraubt hat, so unsäglich
am Kreuzesstamm hat leiden müssen. Er wird uns
ins Gedächtnis zurückrufen, wie Er in Seiner Liebe und
Gnade unsere Strafe auf sich genommen hat, wie Er von
Gott verlassen war, damit wir nicht ewig büßen, sondern
frei ausgehen möchten, weil Er um unserer Sünde willen
gestraft worden ist. Sollten wir nicht die begangene
Sünde umsomehr hassen und verabscheuen, weil wir a n-
gesichtö einer solch unendlichen Gnade gesündigt
haben? Führt nun diese Bemühung des Geistes
dahin, daß wir aufrichtig Buße tun und das Geschehene
schonungslos verurteilen, es rücksichtslos richten, so ist das
Hindernis hinweggetan, das dem köstlichen Genuß der
Gemeinschaft mit Gott im Wege stand. Wir haben das
vorgekommene Böse gerichtet. Damit haben wir im
Grunde das gleiche getan, was Gott einst auf Golgatha
der Sünde wegen an unserem Stellvertreter getan hat.
Zwischen Gott und uns herrscht somit völlige Übereinstimmung
im Blick auf die von uns begangene Sünde, was
hinsichtlich dieser Sache nichts anderes ist als Gemeinschaft?)
*) Dieser Dienst des Herrn dnrch Seinen Geist mittelst Seines
Wortes ist das, was wir in der Fußwaschung sehen. Der Herr neigt
sich gleichsam von der Höhe Seiner Herrlichkeit zu uns herab, um
uns hier unten die Füße, die wir beschmutzt haben, zu waschen.
Z24
Wichtig betreffs der Ausführung des Sachwalterdien-
stes ist auch die Frage: Wann tritt dieser Dienst in Tätigkeit?
Etwa dann erst, wenn wir darum bitten? Gewiß
nicht. Daß wir unsere Sünde bekennen und Ihm bittend
nahen, ist ja gerade die Folge Seines Dienstes. In dieser
Hinsicht ist der Fall des Petrus so treffend und lehrreich.
(Wk. 22; Mark. 14; Matth. 26; Joh. 18.) „Ich habe für
dich gebetet", sagte der Herr zu Simon, bevor er Ihn
verleugnet hatte. Er bat nicht für Ihn, daß die Sichtung
nicht stattfinden möge (sie war nötig, damit er von seinem
Selbstvertrauen geheilt würde), sondern daß sein Glaube
— sein Vertrauen auf die Unveränderlichkeit der Gnade
Gottes — nicht aufhöre. Als Endziel hatte Er dabei sein
„Zurückkehren" im Auge. Diese Fürbitte Christi ist die
Ursache, daß Petrus nach seinem so traurigen Fall Buße
tat und völlig wiederhergestellt wurde.
War so das Gebet des Herrn die Ursache der gnadenvollen
Zurechtbringung des Petrus, so war, ebenso wie
für uns bei der Fußwaschung,
das Wort das Mittel der Wiederherstellung.
Der Herr hatte Petrus mit allem Ernst auf die Gefahr,
in der er sich befand, aufmerksam gemacht, als Er
zu ihm sprach: „Wahrlich, ich sage dir, daß du heute, in
dieser Nacht, ehe der Hahn zweimal kräht, mich dreimal
verleugnen wirst". Aber der Jünger hatte die Warnung
seines Meisters nicht beachtet, weil er sich und sein eigenes
Unvermögen zu wenig kannte. Als dann das Wort des
Herrn wahr wurde, als er Ihn dreimal, zuletzt unter Fluchen
und Schwören, verleugnete, da wurde Petrus, beim
zweiten Krähen des Hahns, an daö Wort seines Herrn
325
erinnert: „Ehe der Hahn zweimal kräht, wirft du mich
dreimal verleugnen". Und dieses Wort, in Verbindung
mit dem Blick, den der Herr Seinem Jünger zuwarf, bewirkte,
daß Petrus die Verwerflichkeit seiner Tat erkannte
und in bitterem Schmerz, unter Tränen, Buße tat.
Nach den vorhergehenden Ausführungen erscheint es
kaum erforderlich, ausdrücklich darauf hinzuweisen, daß
für den Gläubigen, wenn er gesündigt hat, eine neue Reinigung
durch daöBlut nicht erforderlich wird. Ein für
allemal ist er von seinen Sünden gewaschen in Jesu Blut.
Diese Handlung braucht nie wiederholt zu werden.
Die Reinigung des Gläubigen ist eine
Reinigung durch Wasser.
Sie geschieht durch die Anwendung des Wortes auf
Herz und Gewissen, und wie wir sahen, nimmt der Herr
selbst durch Seinen Geist diese Reinigung an uns vor.
In herablassender Liebe und Gnade neigt Er sich zu uns,
um uns die beschmutzten Füße zu waschen, damit wir
dort, wo Er jetzt ist, im Heiligtum droben, mit Ihm Verkehr
(Teil) haben können. Es ist fürwahr beschämend für
uns, wenn Er sich in dieser Weise mit uns beschäftigen
muß, so unendlich groß auch die darin zum Ausdruck kommende
Liebe und Gnade sein mag. Hüten wir uns deshalb
sorgfältig vor jeder Sünde!
Petrus sagte, als der Herr an ihn herantrat, um
ihm die Füße zu waschen: „Du sollst nimmermehr meine
Füße waschen". Ihn ließ die Wertschätzung der würdevollen
Person, die einen so niedrigen Dienst an ihm vornehmen
wollte, also sprechen. Man kann sich aber auch
aus einem anderen Grund diesem Dienst des Herrn zu
entziehen suchen, und zwar kann der Grund der sein, daß
— Z2b —
man mit der Sünde nicht brechen will, oder doch wenigstens
nicht geneigt ist, sie gründlich zu richten, weil man
sich selbst schonen und keine gottgemäße Buße tun möchte.
Bei Petrus geschah die Weigerung aus einem edlen Beweggrund,
wenn sie an sich auch verkehrt war. Wer aber
aus dem anderen Beweggrund sich weigert, handelt böse.
Der Gedanke, bei einem von uns könnte eine Weigerung
derart vorkommen, ist erschreckend. Es ist wahrlich
ernst genug, wenn wir als solche, die i n dem Lichte sind —
denn dies ist bekanntlich unsere Stellung — gegen das
Licht gesündigt haben. Dann aber hinzugehen und Den
abzuweisen, der sich in Liebe und Treue zu uns herabneigt,
um uns durch Seinen Geist, mittels Seines Wortes, zur
Erkenntnis unseres Fehlens und zu aufrichtiger Buße zu
führen, das ist mehr als ernst, das ist, ich wiederhole es,
erschreckend. Möchten wir daher, wenn wir gesündigt haben,
Petrus gleichen, welcher, als er durch den Hahnenruf
und mehr noch durch den Blick seines Herrn an Sein Wort
erinnert wurde, hinausging und bitterlich weinte! Petrus
hat durch seine Verleugnung die Leiden Jesu vermehrt
zu einer Zeit, wo Er auf Tröstung wartete. Aber dann ließ er
sich dienen. Wie muß das Herz des Herrn verwundet
werden, wenn heute Sein Dienst von einem Seiner teuer
Erkauften gering geachtet und abgewiesen wird, und wie
unberechenbar groß muß der Schade des Betreffenden
sein!
Stellen wir uns zum Schluß noch einmal
de »unendlich en WertdesSach Walter dien-
stes Jesu Christi
vor! Ohne ihn gäbe es für uns kein Aufstehen, wenn wir
gefallen sind, keine Reinigung, wenn wir uns durch die
327
Sünde befleckt haben, kein Iurückkehren in die Gemeinschaft
mit dem Vater und dem Sohne, wenn diese verloren
gegangen ist. Seinen Bemühungen der Liebe allein ist es
zu verdanken, daß wir unser Unrecht einsehen, bekennen
und richten. Ja, Sein Sachwalterdienst ist so wertvoll,
daß wir, statt durch unser Fehlen dauernden Schaden zu
empfangen, einen bleibenden Nutzen davontragen können,
indem wir Gott besser kennen lernen, sowohl in Seiner
Heiligkeit als auch in Seiner vergebenden Gnade und Liebe.
Zugleich kann er dazu dienen, daß wir uns auch selber
besser kennen lernen, wie Petrus es tat. Wie er, lernen
wir uns mehr mißtrauen, was dann wiederum größere
Wachsamkeit und Sorgsamkeit im Wandel zur Folge hat.
überströmend groß sind die Liebe und Gnade unseres
Herrn. Und diese Liebe, die einst ihre höchsten Triumphe in
Seinem Tode gefeiert hat, die aber auch in Seinem
gegenwärtigen Dienst Tag für Tag zum AnSdruck kommt,
endet nie. Unsere Wüstenreise geht zu Ende; unser Kampf
hört auf, und ebenso unser Dienst. Sein Dienst aber hört
nicht auf, ebensowenig wie Seine Liebe. (Vergl. Luk. 72,
37 mit 2. Möse 27, 6.) Er liebt unö, die Deinigen, bis
ans Ende!
Alle andern Sachen, Kunst, Bücher treibt und übt
man Tag und Nacht und ist des Arbeitens und Mühens
kein Ende; allein die Heilige Schrift läßt man liegen, als
bedürfe man ihrer nicht. Und es sind ja doch nicht Lese-
wort, wie sie meinen, sondern eitel Lebe wort drinnen, die
nicht zum Spekulieren und hoch zu dichten, sondern zum
Leben und Tun dargesetzt sind. Luther
Z28
Sas Bekenntnis Austins,
des Märtyrers *)
Seitdem Justin, der Weise und Philosoph, in Jesu
seinen Herrn und Heiland erkannt hatte, schöpfte er seine
Weisheit nur noch aus der Schrift. Sie war ihm fortan das
Rüstzeug, das er benutzte, um seine Mitmenschen von der
Notwendigkeit der Versöhnung und Rechtfertigung durch
Christum zu überzeugen. Er lehrte und wirkte, bis unter
dem Kaiser Mark Aurel die Stunde für ihn kam, wo er die
Mühen dieses Jeitlaufs mit der ewigen Sabbathruhe vertauschen
sollte. Wie er Christum im Leben treu bekannt
hatte, so blieb auch das Bekenntnis seines Meisters bis
zum letzten Augenblick auf seinen Lippen. Um dieses Bekenntnisses
willen wurde er mit noch sechs anderen Christen
vor den Richter, den Stadtpräfekten Rustikus, geführt.
„Mach geschwind", rief der Richter ihm zu; „gehorche
unseren Göttern und den Befehlen des Kaisers!"
Aber Justin erwiderte, daß er den Geboten Christi
gehorchen werde. Und als Rustikus ihn dann befragte, in
welcher Art von Gelehrsamkeit er bewandert sei, erwiderte
er:
") Justin, um das Jahr sOO in Flavia Neapolis, dem biblischen
Sichem, von heidnischen Litern geboren, war Lehrer der
Philosophie. sZm Alter von etwa dreißig Jahren wurde er von
der Wahrheit des Lhristentums überzeugt. Seitdem lehrte er die
christlichen Wahrheiten als „dis einzig wahre und fruchtbare Philosophie"
in Wort und Schrift. Seine noch erhaltenen Schriften
geben nicht nur bedeutsame Aufschlüsse über die Kämpfe Les cLhri-
stentums mit dem heidnischen Staat und der heidnischen Bildung,
sowie mit dem ssudentum, sondern auch über die Entwicklung von
Glaube, Lehre und Gottesdienst in der hellenistischen Kirche. Un
L2d
„Ich habe mich bemüht, alle Arten von Wissenschaften
zu lernen, und bin in jeder Gelehrsamkeit bewandert.
Den Frieden aber habe ich allein im Christentum gefunden,
dessen Weisheit freilich denen nicht gefällt, die von
falschen Meinungen irregeführt werden."
„An dieser Religion hast du also deine Freude, Elender?"
schrie Rustikus. .
„Vollkommen", lautete die Antwort, „denn es ist
die wahre Religion."
„Und welches ist dieser Glaube?" fragte Rustikus.
„Wir glauben", versetzte der Angeklagte, „an den
einigen, wahren Gott, der alles Sichtbare und Unsichtbare
geschaffen hat, und wir bekennen den Herrn Jesus
Christus, den Sohn Gottes, der durch die Propheten verheißen
war, der der Heiland und Lehrer aller derer ist,
die von Ihm lernen wollen, und der wiederkommen wird
als Richter aller Menschen. Ich bin viel zu gering, als daß
ich etwas Seiner ewigen Gottheit Würdiges sagen könnte."
Darauf wollte Rustikus wissen, an welchem Ort die
Christen zusammenkämen. Justinus antwortete:
„Wir versammeln uns, wo wir wollen und können.
Unser Gott ist an keinen Ort gebunden. Er ist unsichtbar
und erfüllt Himmel und Erde. Darum beten wir Ihn überall
an und preisen überall Seine Herrlichkeit."
„Also du bist ein Christ?" fragte der ungeduldig
werdende Richter. Und als Justin freudig bekannte: „Ja,
ich bin ein Christ", fragte er weiter:
„Höre du, der du für so gelehrt gehalten wirst und
die wahre Wissenschaft zu haben glaubst: Wenn du vom
ter dem Stadtpräfekten Rustikus (f63—f67) erlitt er den Asär-
tyrertod.
330
Kopf bis zu Fuß mit Geißeln geschlagen wirst — bist du
gewiß, daß du in den Himmel kommst?"
Der Märtyrer entgegnete:
„Ich hoffe das zu empfangen, was alle empfangen,
die Christi Gebote halten. Und ob ich das leide, was du
mir androhst, so weiß ich doch, daß allen, die glauben, die
göttliche Gnade bleibt, wenn auch die ganze Welt zu Grunde
ginge."
Darauf Rustikuö: „Also glaubst du, du werdest in
den Himmel kommen?"
„Ich glaube es nicht bloß", erwiderte Justin, „sondern
ich weiß es gewiß und zweifle nicht daran."
Der Richter merkte jetzt endlich, daß er mit diesem
Mann nichts ausrichten konnte, und um die Sache zu Ende
zu bringen, brach er das Verhör kurz ab und sagte:
„Es ist genug! Ihr müßt alle den Göttern opfern!"
Justin erwiderte:
„Keiner, der recht gesinnt ist, verläßt den Glauben,
um in Irrtum und Gottlosigkeit zu fallen."
„Wenn ihr unseren Geboten nicht gehorcht", rief da
RustikuS voll Unmuts, „so werdet ihr ohne Barmherzigkeit
gemartert werden." Und Justin bekannte im Namen aller:
„Das ist unsere Sehnsucht, für unseren Herrn und Meister
Marter zu leiden".
Die übrigen setzten noch hinzu: „Tu deine Sache bald!
Denn wir sind Christen und werden niemals den Göttern
opfern."
Darauf sprach Rustikus das Urteil:
„Die den Göttern nicht opfern und den Geboten des
Kaisers widerstreben, sollen nach den Gesetzen erst gegeißelt
und dann enthauptet werden."
— zzr —
Unter ihren lauten Lobgesängen wurden die standhaften
Bekenner nach dem Richtplatz geführt, wo daö
Urteil an ihnen vollstreckt wurde. Ium Gedächtnis seines
Todes und als schönsten Denkstein auf sein Grab empfing
Justin den Beinamen: „Der Märtyrer".
Nach „Zeltgruß".
Kragen aus dem Leserkreise
I. Ich bitte um Erklärung von Rol. I, (9, besonders der
ersten Vershälfte.
Mit der „ganzen Fülle" ist die Fülle der Gottheit gemeint,
(vergl. Rol. 2, 9.) Die Gottheit kann sich nur in verschiedenen
Verhältnisformen kundgeben. Diese sind: Vater, Sohn und heiliger
Geist. Der Sohn, Mensch geworden, ist die Kundgebung der
Gottheit, vermittelst derer, in der Person des Sohnes, die Versöhnung
aller Dinge durchgeführt werden sollte. Da macht uns nun
dieser Vers sowie Kap. 2, 9 damit bekannt, daß der Sohn als
Mensch auch diese beiden anderen Gffenbarungsverhältnisse kundgemacht
hat. Er selbst sagt, daß der „vate r" in Ihm sei, daß
der Vater die Merke tue, die Er tue, und daß Er durch den
„G e i st" die Dämonen austreibe. Aber Er erweist sich nicht nur
zeitweilig — bei der Ausführung der Taten, beim Reden der
Worte des Vaters und beim Dämonenaustreiben — als der Rundmachende
(vergl. Joh. s, s8); nein, die Gottheit als Ganzes fand
ihr Wohlgefallen darin, in dem Mensch gewordenen Sohne zu
wohnen. Anderswo finden wir das ausgedrückt in der Anrede
„Gott" an den Sohn (hebr. s, 8) oder in der Stelle: „Dieser ist
der wahrhaftige Gott", (s. Joh. 5, 20.) wer Näheres
wissen will, sei angelegentlich auf die Betrachtungen von I. N. D.
verwiesen, auch für die 2. Frage.
2. Ich bitte um eine Erklärung von Rol. 3, 3 b. Wie ist
der Ausdruck zu verstehen: „Euer Leben ist verborgen mit dem
Thristus in Gott"?
Daß der Thristus unser Leben ist, bedarf wohl keiner Erklärung.
Er war, auch als Er hienieden weilte, dasLeben. Er
sagt es ja selbst: „Ich bin .. das Leben". Aber da war Er nicht
„verborgen"; also war auch das Leben nicht verborgen. In Seiner
Person war es, wenn auch unerkannt und ungeglaubt, da. Seitdem
Er aber zu Gott zurückgekehrt ist, ist Er lediglich Gegenstand des
Glaubens: Er ist v s r b 0 r g e n in Gott. Das „in" mag befremdend
erscheinen. Bedenkt man aber, daß „Gott" nur der personifi
ZA2
ziepte Ausdruck für „die Gottheit", und daß der Christus, der
Sohn, wie oben gesagt, eine der drei Vffenbarungsformcn der
Gottheit ist, dann wird das „i n Gott verborgen" verständlich. Ls
steht einfach im Gegensatz zu dem, was Er auf Erden war— da
war Er „i n dec Welt" (Joh. l?, Ich) — und zu dem „Geoffenbart-
werden", von dem in Aol. 3, dis Rede ist. Es entspricht ferner
dem, was Er selbst in Joh. 8, ^2 sagt: „Ich bin aus (so buchstäblich)
Gott ausgegangen und gekommen", sowie Seinem Ausspruch
in Joh. 6, 62: „Wenn ihr nun den Sohn des Menschen
dahin auffahren sehet, wo Er zuvor war", d. h. den Himmel,
„aus (so buchstäblich) dem Lr herniedergekommen" (Joh. 6, 38)
ist. Die verschiedenen „aus" und,„in" entsprechen einander: Der
Sohn „im Schoß des Vaters", „ich im" Vater; der Christus,
unser Leben, „i n Gott". F. App.
Sendung
Ein Fremdling, einsam und allein, so irr' ich in der Welt umher.
Doch jede Träne, die ich wein', und jede:: meiner Tritte schwer
Hast Du, o Herr, gezählet. Du weißt auch, was mir fehlet.
Du sammelst sie in Deinen Schlauch, hast in Dein Luch sie eingetragen.
Ach, meins Tage voller Plagen sind wie ein Dunst und eitel Hauch.
Ein Schattenbild geh' ich einher. Wann wirst Du zu mir kommen,
Herr?
Nun hast Du wiederum zum Guten,
G Herr, gewendet meinen Lauf.
Du zogest aus der Trübsal Fluten
Mit starker Hand zum Lichte mich herauf.
So darf ich Deine Gnade preisen,
Darf fröhlich rühmen Deine Treu'.
Du hältst, was mir Dein Wort verheißen,
Ja, Deine Güt' ist jeden Morgen neu.
Bald führst vom Glauben Du zum Schauen,
Herr, Deinen Anecht, der auf Dich traut,
lind nach der Wüste Nacht und Grauen
Lobsing' ich ewig, wenn mein Aug' Dich schaut.
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Das Büchlein ist aus dem Empfinden heraus geschrieben
daß unserer lieben Jugend in den hinter uns
liegenden Zähren, abgesehen von dem Unterricht in
der Sonntagschule, kaum Gelegenheit gegeben wurde,
mit den göttlichen Wahrheiten bekannt zu werden.
Oie Notwendigkeit eines Lehrplans ergab flch, nachdem
man an verschiedenen Orten damit begonnen
hatte, den Herangewachsenen biblischen Unterricht zu
geben. Daß der Herr dieses Büchlein zum reichen
Segen für unsere Kinder gereichen lasse, ist der Wunsch
von Verfasser und Verleger.
wichtige Mitteilung betreffs
-Nenkeedam zue „ÄUbeeseldee Nidel"
Oie ersteLieferung der Konkordanz zur„ElberfelderBibel"erscheint,
so Gott will, im Lauf des Januar. Weitere Lieferungen folgen sobald als
möglich. Das ganze Werk dürste Ende 1936 fertig vorliegen. Bis dahin
müssen die Besteller der gebunbenen Ausgabe sich also freundlichst
gedulden.
Don den Bestellern, die sich zur Vorausbezahlung des ganzen
Werkes, sei es in Lieferungen oder gebunden, bereit erklärt haben, sind
inzwischen eine ganze Reihe Zahlungen eingegangen. Gin großer Teil
fiehi aber immer noch aus. Der Subskriptionspreis beträgt bekanntlich
RM. 21.50 für das Werk in Lieferungen
RM. 23.— für das Werk in einem Band
Ole noch rückständigen Zahler werben freundl.um umgehende Einsendung
der Beträge gebeten, am einfachsten mittelst Zahlkarte auf Postscheck-
Konto Köln 1S6 39: R. Brockhaus, Wuppertal-Elberfeld. Bitte auf
dem Abschnitt neben der genauen Anschrift zu vermerken: Vorauszahlung
für Konkordanz. Diejenigen Dorauszahler, welche durch ihre Gchristen-
besorger bestellthaben,wollen auch durch diesebezahlen. Besondere Rechnung
wird nicht ausgestellt.Nach erfolgterZahlung wird Quittung erteilt.
Noch ist es Zeit, zum Subskriptionspreis zu II
bestellen. Schlußtermin: II
28. Februar 1SZ5.
I
Wer nach diesem Termin bestellt oder zahlt, II
kann natürlich aus den Subskriptionspreis keinen II
Anspruch mehr machen,sondern muß den bereits II
angegebenen höheren Preis bezahlen. II
Also, bitte, im eigenen Interesse umgehend bestellen und zahlen!
Mit freundlichem Gruß!
N. BrockhauS.
Gedruckt del 8- u. V. Lrockbsus, VuppertLl» Elberfeld
„Ser Botschafter" mit „Mitteilungen aus dem Verke des
Herrn in der Kerne" kostet hÄlvjLbrlich RM. i.so
Februar 1935
Botschafter
des
Heils in Christo
„Ser Herr ist nahe." lphll. 4, sl
Sreiundachtzigster
Jahrgang
2
Inhalt Seit«
Ihr seid das Licht derzeit................................. 2y
Unterredungen über den Metten Brief an die
Lorlnther XIII...............................................zS
Vk>eg und Sienst.................................................. 46
Evangelium und evangelisieren II.......................49
Gedanke.............................................................55
Ein gutes Rezept............................................... 56
Verlas X. Srockhau« / Wuppertal»SlSerfeld / Postfach P,
Postscheckkonto Löln rzözp
Schriftleiter: Wlch. Lrockstaus, Wuppertals LI kerfeld, Saustr. N
Ältere
V»tfchafter-Liahrsö««e
Aus alten Äotschaster-Heften sind wiederum eine Anzahl Jahrgänge
zusammensestellt worden, die hiermit freundlichst angeboten
werden:
Zn Ganzleinen gebunden
. ,, mit Goldtitel
Jahrgange 4895,4898,4899,4902,
4903, 4906 bis 4947............. je 2.50
lz. T. nur einzelne Exemplare)
Jahrgänge 4948 und 4949 ... . „ „ 2.—
Jahrgänge 4920 und 4924 . . . . „ „ 2.50
Jahrgange 4922 und 4923 . . . . „ „ 2.50
Jahrgänge 4924 bis 4933 . . . . „ „ 3.—
Notsrbaftev-Lahvgang 1VSL
Zn Ganzleinen geb. mit Goldtitel............ 3iM. 3 —
Einbanddecke4934,Ganzleinen m.Goldtitel 3M. 0.70
bezw. in neuer Auflage ist erschienen:
„LVle man fith verhalten soll
tm Sanse Gottes"
46 Seiten....................................... RM. 0.40
In Amerika bestelle man bei:
Anton Weise, 2S3 Tl-rt- 7ch «Street, Paterson 7l. Z
In der Schweiz bei:
Tl. Müller-Kerfflnq, Hiechtenflrabe, Suttwil sKt. Bem).
I. G. Beliett:
Die Serrlichtett unseres Herrn Jesus Christus
in Seiner Menschheit
Kartoniert.............................................. RM. o.so
Original-Ganzleinenband.........................RM. ^l.3S
R. B.:
Gethsemane
Tiefe Ehrfurcht vor dem erhabenen Gegenstand hat den Schreiber
erfüllt. Oie anbetungswürdige Person des Herrn, der von Gethsemane
aus Seinen Weg zum Kreuze nahm, möchte er dem Herzen
des Lesers nahebringen.
Zn geschmackvollem Umschlag.....................RM. -.40
F. v. Kiehell:
Der erfüllte Ausgang
Betrachtungen über die Leidensgeschichte des Herrn.
Inhalt: Don Bethanien nach Gethsemane / Verrat und Gefangennahme
/ Die nächtliche Gerichtsverhandlung / Oie
Verleugnung / Schmach und Speichel /- Neue Verhandlung vor
dem Hohen Rat / Das Ende des Verräters / Pilatus / Herodes
/ Barabbas oder Jesus? / Siehe, der Mensch! / Siehe, euer
König! / Aus dem Lager hinaus / Oie Kreuzigung / Vater,
vergib ihnen / Schmähungen bis in den Tod / Oer Schächer
am Kreuz / Siehe, deine Mutter! / Siehe, das Lamm Gottes!
/ Es ist vollbracht!
Kartoniert............................................... RM. 4.90
Original-Ganzleinenband.........................RM. 3.-
wichtige Mitteilung betreffs
^»«kordam ,«e „Elberselder NW«I"
Die erste Lieferung der Konkordanz zur »Elberfelder Bibel * ist
erschienen. Weitere Lieferungen folgen sobald als möglich. Das ganze
Werk dürste Ende 1936 fertig vorliegen. Dis dahin müssen die Besteller
der gebundenenAusgabe sich also freundlichst gedulden.
Don den Bestellern, die sich zur Dorausbezahlung des ganzen
Werkes, sei es in Lieferungen ober gebunden, bereit erklärt haben, sind
inzwischen eine ganze Reihe Zahlungen eingegangen. Sin großer Teil
steht aber immer noch aus. Oer Subskriptionspreis beträgt bekanntlich
RM. 21.50 für das Werk in Lieferungen
RM. 25.— für das Werk in einem Band
Oie noch rückständigen Zahler werden freundl.um umgehende Einsendung
der Beträgegebeten,am einfachsten mittelst Zahlkarteaufpost.
scheck-Konto Köln 15639: R. Brockhaus, Wuppertal-Elberfeld. Bitte auf
dem Abschnittneben der genauen Anschrift zu vermerken: Dorauszahlung
für Konkordanz. Diejenigen Dorauszahler, welche durch ihre Schristen-
besorger bestellthaben, wollen auch durch diese bezahlen. Besondere Rech,
nung wirb nicht ausgestellt. Rach erfolgter Zahlung wird Quittung erteilt.
Noch ist es Zeit, zum Subskriptionspreis zu II
bestellen. Schlußtermin: II
rs. Februar 1935. I
Wer nach diesem Termin bestellt oder zahlt, II
kann natürlich aus den Subskriptionspreis keinen n
Anspruch mehr machen,sondern muß den bereits II
angegebenen höheren Preis bezahlen. II
Also, bitte, im eigenen Interesse umgehend bestellen und zahlen!
Mit freundlichem Gruß!
7k. Brockhaus.
Gedruckt 0«l 5- u. V. Lrockksus, L.-G-. Vupp«rtLl»Llk«rf-ld
„Ser Botschafter" mit „Mitteilungen aus dem Verke de«
Herrn in der Kerne" kostet halbjährlich RM. t.so
März 1935
Botschafter
des
Hells in Christo
„Ser Herr ist nahe." lphtl. q, Z.I
Sreiundachlzigster
Jahrgang
3
Inhalt Seite
Stephanus......................................................... 57
Unterredungen üver den Metten Lrtef an die
Korinther XIV.................................................. 64
Etwas üver dle Leiden des Herrn.......................71
Vom Segen fröhlichen Gebens.......................... 76
Kurze Worte, die uns etwas zu sagen haben . . 78
Ein echter Siener............................................... 7y
„Er muß wachsen, ich aber abnehmen". ... So
Kragen aus dem Leserkreise................................. Sz
Verla- R. Lrockhsus / Wuppertal»Elberfeld / Postfach«
Postscheckkonto Köln iztzz,
Schriftleiter: wich. Lrockhaus, wuppertal^Elberfeld, Laustr. zr
Aaschenbibel
(1(0. Auflage, (9^4«) Nonpareille, deutsche Schrift, (2:(7 cm groß,
2 cm dick, 350 Gramm schwer. Auf hochfein Hadern-Dünndruck.
Nr. Mk.
5(( Kunstleder, Rotschnitt.................................................4.20
5(3 Saffianleder, Rotschnitt...................................................8.50
5(4 Saffianleder, Goldschnitt................................................ (0.50
5(5 Saffianleder, Schutzklappen, Rotschnitt .... (2.50
5(6 Saffianleder, Schutzklaxpen, Goldschnitt .... (4.50
5(8 I. ff. schwarz Saffian, biegsam (Ledervorsatz), Innenkanten
vergoldet, Rotgoldschnitt........................(6.—
5(8 II. ff. braun Saffian dto. dto...................................... (6.ir0
5(9 I. ff. schwarz Marokkoleder, biegsam (Ledervorsatz),
Schutzklappen, Rotgoldschnitt (Baxterband) . 20.50
5(9 II. in b r a u n e m Baxterband.............................. 2(.—
522 in 2 Bänden, Saffianleder, biegsam (Ledervorsatz),
Rotschnitt . . ................................................20.—
527 Studien-Ausgabe in 2 Bänden, mit gutem Schreibpapier
durchschoss., Saffianled. (Ledervors.), Rotschn. 28.—
perlbibel
Lateinische Perlschrift, ((X(7 cm groß, (5 mm dick, 300 Gr.
schwer.
Aufgutem Hadern-Dünndruck
Nr. Mk.
53( Kunstleder, Rotschnitt....................................................... 5.40
532 Leder, Rotschnitt............................................................. 7.50
Auf allersein st em deutschen India-Papier
533 Safsianleder, Rotschnitt................................................((.—
534 Saffianleder, Goldschnitt..........................................(3.—
535 Safsianleder, Schutzklappen, Rotschnitt .... (5.—
536 Saffianleder, Schutzklappen, Goldschnitt . . . (7.—
538 I. ff. schwarz Saffian, biegsam (Ledervorsah), Innenkanten
vergoldet, Rotgoldschnitt.................. (8.50
538 II. ff. b r a u n Saffian dto. dto...................... . (9.—
539 I. ff. schwarz Marokkoleder, biegsam (Ledervorsatz),
Schutzklappen, Rotgoldschnitt (Baxterband) . . 23.—
539 II. inbraunem Baxterband.........................................23.50
Taschentestament mit Psalmen
Nonpareille, deutsche Schrift, (0:15 cm groß, (80 g schwer, auf
bestem Dünndruckpapier.
Nr. Mk.
590 Runstleder, Rotschnitt....................................................... 2.50
59s Saffianleder, Aotschnitt....................................................... 4.c>0
592 Saffianleder, Goldschnitt................................................. 5.50
593 Saffianleder, Schutzklappen, Notschnitt .... 8.50
59H Saffianleder, Schutzklappen, Goldschnitt .... 9-50
595 I. ff. schwarz Saffian, biegsam (Ledervorsatz),
Innenkanten vergoldet, Rotgoldfchnitt .... (2.—
595 II. ff. braun Saffian dto. dto. ..... 12.50
596 I. ff. schwarz Marokkoleder, biegsam (Ledervorsatz),
Schutzklappen, Rotgoldschnitt (Baxterbaud) . so.—
596 II. in braunem Baxterband....................................(5.50
Billige Ausgabe auf einfachen, Papier, Ralikoumschlag —.90
Laschenlieöerbuch mit Koten
„Kleine Sammlung geistlicher Lieder", 8:12 cm groß
Nr. Mk.
6(0 Runstleder, Rotschnitt.................................................... 2.20
6(1 Saffianleder, Rotschnitt.................................. H.—
6(2 Saffianleder, Goldschnitt .... ... 5.—
6(3 Saffianleder, Schutzklappen, Rotfchnitt .... 6.25
6(H Saffianleder, Schutzklappen, Goldschnitt . . . 7.25
6(5 I. ff. schwarz Saffian, biegsam (Ledervorsatz), Innenkanten
vergoldet, Rotgoldschnitt............... (0.—
6(5 II. ff. b r a u n Saffian, dto. dto.......................(0.50
6(6 I. ff. schwarz Narokkoleder, biegsam (Ledervorsatz),
Schutzklappen, Notgoldschnitt (Baxterband) (2.—
6(6 II. in braunem Baxterband................................... (2.50
Atter«
Botschafter-Sahrgünge
Aus alten Botschafter-Heften sind wiederum eine Anzahl Jahrgänge
zusammengestellt worden, die hiermit freundlichst angeboten
werben:
Zn Ganzleinen gebunden
„ mNGoldMel
Jahrgange 4S9Z,4S9S, 4902,4903,
4906 bis 4947.............................. je RM. 2.S0
lz. T. nur einzelne Exemplare)
Jahrgänge 4948 und 4949 .... „ „ 2.—
Jahrgänge 4920 und 4924 . . . . „ ,, 2.so
Jahrgange 7922 und 4923 .... „ „ 2.so
Jahrgänge 4924 bis 4933 ....,, ,, 3.—
Botschattev-Lahvgang 4VSL
In Ganzleinen geb. mit Goldtitel............ RM. Z.-
Einbanddecke 4934, Ganzleinen m. Goldtitel RM. 0.70
bezw. in neuer Auflage ist erschienen:
^.LVie man sich vevhalien sott
im Aanle Gottes^
46 Seiten....................................... RM. 0.40
In Amerika bestelle man bei:
Anton Weise, 2S3 North ich Street, Paterson N. I
In der Schweiz bei:
7t. Müller-Kersting, Kiechtenstraße, Hnttwil (Kt. Bem)
Gadruckt SÄ o. V. Srockbau», L.-D.. wuvpartal^GIKarf-ld
„Ser Lotschaster'" mit „Mitteilungen aus dem Verke de»
Herrn in der Kerne" kostet hsivjLhrilch RN. i-so
Botschafter
des
Heils in Christo
„Ser Herr Ist nahe." fphtl. q, Z-I
Srelundachtzigster
Aahrgang
4
Inhalt Sette
Niedergang und Aufstieg...................................Ss
Unterredungen üöer den Metten Brief an die
Lorinther XV............................................ 97
„Und es nahm das Buch".............................. roq
„Reiniget die Straße von Steinen!"................ 108
Gedanken..........................................................l"
Nichts — und doch alles l Gedicht)....................112
Verls- rr. Lrockhsus / Vuppectol - Elberfeld , postfsch 44
Postscheckkonto Liln isbze
Schrtftletter: Mlh. Lrockhons, Vuppertsl^Elberfeld, Ssustr. x
Aaschenblbel
00. Auflage, 193^.) Nonpareille, deutsche Schrift, 12:1? cm groß,
2 cm dick, 350 Gramm schwer. Auf Hochfein Hadern-Dünndruck.
Nr. Mk.
511 Runstleder, Rotschnitt.................................... -1-20
513 Saffianleder, Rotschnitt............................. 8.50
51H Saffianleder, Goldschnitt............................ 10.50
5f5 Saffianleder, Schutzklappen, Rotschnitt .... 12.50
5s6 Saffianleder, Schutzklappen, Goldschnitt .... 1^.50
5 s 8 I. ff. s ch w a r z Saffian, biegsam (Ledervorsatz), Innenkanten
vergoldet, Rotgoldschnitt......... 16.—
5f8 II. ff. b r a u n Saffian dto. dto................... 16.50
5f9 I- ff. schwarz Marokkoleder, biegsam (Ledervorsatz),
Schutzklappen, Rotgoldschnitt (Baxterband) . 20.50
5(9 II. in braunem Baxterband.............................. 2f.—
522 in 2 Bänden, Saffianleder, biegsam (Ledervorsatz),
Rotschnitt . . ................................................20.—
52? Studien-Ausgabe in 2 Bänden, mit gutem Schreibpapier
durchschoss., Saffianled. (Ledervors.), Aotschn. 28.—
Perlbibel
Lateinische Perlschrift, HXI? cm groß, (5 mm dick, 300 Gr.
schwer.
Aufgutem Hadern-Dünndruck
Nr. ' Mk.
53s Runstleder, Rotschnitt....................................................... 5X0
532 Leder, Rotschnitt..............................................................?.5O
Auf allerfeinstem deutschen India-Papier
533 Saffianleder, Rotschnitt................................................ich.—
53H Saffianleder, Goldschnitt..........................................13.—
535 Saffianleder, Schutzklappen, Rotschnitt .... 15.—
536 Saffianleder, Schutzklappen, Goldschnitt ... 1 ?.—
538 I. ff. schwarz Saffian, biegsam (Ledervorsatz), Innenkanten
vergoldet, Rotgoldschnitt...................18.50
538 II. ff. braun Saffian dto. dto...................... . 19-—
539 I- ff- schwarz Marokkoleder, biegsam (Lederoor-
satz), Schutzklappen, Rotgoldschnitt (Baxterband) . . 23.—
539 II. inbraunem Baxterband......................................... 23.50
Taschentestament mit Psalmen
Nonpareille, deutsche Schrift, (0:(5 cm groß, (80 g schwer, auf
besten! Dünndruckpapier.
Nr. Mk.
590 Kunstleder, Rotschuitt....................................................... 2.50
59 ( Safsianleder, Notschnitt.................................... 4.o0
592 Safsianleder, Goldschnitt...............................5.50
593 Safsianleder, Schutzklappen, Notschnitt .... 8.50
59H Saffianleder, Schutzklapxen, Goldschnitt .... 9-^0
595 I. ff. schwarz Saffian, biegsam (Ledervorsatz),
Innenkanten vergoldet, Rotgoldschnitt .... (2.—
595 II. ff. braun Saffian dto. dto.....................................12.50
596 I. ff. schwarz Marokkoleder, biegsam (Ledervorsatz),
Schutzklappen, Notgoldschnitt (Baxterband) . (3.—
596 II. in braunem Baxterband....................................(5.50
B i l l ige A u s g a be auf einfachen! Papier, Kalikoumschlag —.90
Taschenlieöerbuch mit Noten
„Kleine Sammlung geistlicher Lieder", 8: (2 cm groß
Nr. Mk.
61(0 Kunstleder, Rotschnitt.................................................... 2.20
6(1 Saffianleder, Rotschnitt.................................. H.—
6(2 Saffianleder, Goldschnitt .... ... 5.—
6(3 Saffianleder, Schutzklappen, Rotschnitt .... 6.25
6(H Saffianleder, Schuhklappen, Goldschnitt . . . 7.25
6(5 I. ff. schwarz Saffian, biegsam (Ledervorsatz), Innenkanten
vergoldet, Rotgoldschnitt................(0.—
6(5 II. ff. braun Saffian, dto. dto.......................(0.50
6(6 I. ff. schwarz Marokkoleder, biegsam (LcServorsatz),
Schutzklappen, Rotgoldschnitt (Baxterband) (2.—
6(6 II. in braunem Baxterband....................................(2.50
Ältere
Votschafter-Labrsärrge
Aus alten Äotschaster.Heften find wiederum eine Anzahl Jahrgänge
zusammengesteklt worden, die hiermit freundlichst angeboten
werden:
Zn Ganzleinen gebunden
Zahl-gänge -"»SE.-.
1895, 4903, 4906 bis 4947 . . je NM. 2.50
lz. T. nur einzelne Exemplare)
Zahrgänge 4948 und 4949 ... . ,, „ 2.—
Jahrgänge 4920 und 4924 ....,, „ 2.S0
Zahl-gänge 4922 und 4923 .... ,, „ 2.50
Zahl-gänge 4924 bis 4933 .... „ „ 3.—
Notkchaftev-Sabvsans 4VSL
Zn Ganzleinen geb. mit Goldtitel............ NM. A —
Einbanddecke4934,Ganzleinenm. Goldtitel NM. 0.70
iVe« bezw. in neuer Auflage ist erschienen:
^.tVre man flch verhalten sott
tm Hause Gottes"
46 Seiten....................................... NM. 0.40
In Amerika bestelle man bei:
Anton Weise, 233 Hort- Ith Street, Paterfon 7k. I
Gedruckt I«t K. a. V. Srockbsno, S.-G^ Vuvpertul-GIöerfeld
„Ser Botschafter" mit „Mitteilungen aus dem Verke des
Herrn in der Kerne" kostet halöjährlich RM. i-so
___________ Ntai iy3S____________
Z!
Botschafter
des
Heils in Christo
„Ser Herr Ist nahe." lphll. 4, S-I
Sreiundachtztgster
Aahrsany
s
Inhalt Seite
Eine Krage für jeden........................................ uz
Archippus......................................................... 121
Unterredungen über den Weiten Brief an die
Korinther XVI............................................127
„Glieder Seines Leides"................................. 134
Stimmen zum „Gehet des Herrn"....................139
Erhalt uns, Herr, Sei Seinem 'Dort l jGedichtj. iqo
Verlag R. Lrockhaus / Wuppertal * Elberfeld / Postfach«
Postscheckkonto Lbln izdzy
Schriftleiter: Wllh. Lrockhaus, Wuppertal-Elberfeld, Saustr. §2
Schriften erwecklichen, erbaulichen und
belehrenden Inhalts
Nr. pfg.
1 75 Die beiden Schwestern / Zwei ernste Begebenheiten zur
Warnung für solche, die in Gefahr stehen, eine unheilige
Verbindung einzugehen ......................................... 10
176 Naaman, der Syrer . ................................................ sO
179 Der Vater und der verlorene Sohn................................... 10
182 Der gefangene Paulus vor dem König Agrippa . . so
186 Bist du deiner Errettung gewiß?................................... 15
s 87 L. H. M.: Was ist die Wiedergeburt? .... 20
188 Hat Gott die einen zur Verdammnis und die anderen
zur Herrlichkeit bestimmt?............................................... so
189 R. B.: Gibt es eine Allversöhnung? . .... 15
190 R. B.: Ein Wort über die christliche Taufe . . . 15
201 Der wahre Grund des Friedens / 202 Der Friede mit
Gott und der Friede Gottes, je 2 Pfg-, 100 Stück . 150
202 Gerechtfertigt und befreit ............................................... 10
20H R. V.: Unsterblichkeit der Seele, Seelenschlaf und
ewige Verdammnis...........................................................HO
205 was ist die Heiligung nach der Schrift? .... 20
206 R. B.: Der Thrift u. d. Gesetz. Gedanken über Röm. 7 20
207 „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben" .... 10
208 Der Gläubige und der verfall................................... .HO
209 T. y. !lk.: Gedanken über das Abendmahl des Herrn HO
2s0 R. B.: Der Tisch des Herrn............................................... 10
211 Der Unterschied zwischen der Ankunft Lhristi zur Aufnahme
Seiner Heiligen und Seiner Erscheinung mit
ihnen in Herrlichkeit............................................ «10
212 L. V.t Alles in Thrifts............................................... .HO
213 Du und dein Haus, oder: Der Lhrist in seinem Hause 20
2s5 Die persönliche Gegenwart des Heiligen Geistes auf
der Erde.................................................................................. 20
216 Ewige Verdammnis und Wiederbringungslehre . . 30
218 R. B.: Nach Wahl der Gnade.........................................50
219 R. V.: wie kann ich wissen, daß ich auscrwählt bin? 30
220 Die Vollgültigkeit des Gpfers Lhristi................................... 10
221 R. V.: „Dch komme bald!" Lin Wort über die „Ankunft"
und die „Erscheinung" unseres Herrn ... 20
222 Das Reich der Himmel und die Kirche Lhristi ... 10
22H Ein Wort über Frauendienst............................................... 15
225 R. V.: Gethsemane...........................................................HO
226 R. B.: Der Richterstuhl und der Gläubige .... 10
227 I. A. Varby: Die Gpfer des 3. Buches Rlose und
ihre vorbildliche Bedeutung..........................................50
228 Der Unterschied zwischen Abendmahl u. Tisch des Herrn 10
229 Nehemia oder: Das Bauen der Mauer............................. 10
230 I. «. varby: was ist eine Sekte?............................... s
Nr. Pf«.
23 s Die Versammlung und die Zucht....................................s5
233 R. B.: „Da bin ich in ihrer Mitte"..............................sO
234 Lin Wort über Gebetsheilungen.........................................sO
237 Lhristus der Mittelpunkt, oder: Warum haben wir
uns allein im Namen Jesu zu versammeln? . . . . s5
238 Gottes Wort und Gebet..................................................... s5
239 Unabhängigkeit auf kirchlichem Gebiet ..... sO
240 Was die Schrift mir sagt................................................sO
24s Das Abendmahl des Herrn................................................. 5
242 <8. Gutting: Sicherheit, Gewißheit und Genuß ... s5
245 R. B.t Was ist Anbetung?............................................... sO
2^4 „Alles geschehe anständig und in (Ordnung" . . . . s5
245 „Ihr seid Brüder!" Lin Wort an alle, welche dem
Herrn angehören................................................................. sO
247 Segnung u. Ruhe. Kurze Gedanken über das Buch Ruth sO
248 Die Nacht ist weit vorgerückt und der Tag ist nahe sO
25 s Gottes Tun mit den Seinigen und das Gebet ... s5
252 R. B.: Das Reich Gottes............................................... sO
254 R. B.t Über das Verhalten des Gläubigen zur Lhe 20
255 «. B.: Die Lhe des Christen...............................................50
258 Die Welt und der Christ..................................................... sO
259 R. B.: Die Braut, das Weib des Lammes ... 20
260 „Auf daß sie alle eins seien"...............................................20
26s „Ich bin'sl" oder: Die Stimme Jesu im Sturm . . 20
262 R. B.t Gibt es eine Auferstehung des Leibes? . . 20
263 was Hiob zu lernen hatte, oder: Wie kann ein
Mensch gerecht sein vor Gott?......................................... 40
264 L. B.t Der Sabbath und der Tag ves Herrn . . . 40
266 R. B.t Lhristus oder der Antichrist? Wen erwarten
wir? ............................................................................. sO
268 Irdische Sorgen, eine himmlische Zucht .... 7
269 C. tz. M.: Line Hilfe oder ein Hindernis? ... 7
270 I. N. Darbet Lin Brief über „die Brüder, ihre
Lehre" usw.............................. sO
27s tz. R.t Der Brief des Judas, oder: Die letzten Tage
der Christenheit.................................................................20
273 I. N. Varbtz: Gaben und Ämter in der verslg.Gottes s5
274 Gottesdienst und Dienst am Wort................................... 40
275 R. B.t Die Versammlung oder Gemeinde . . . . sO
276 R. V.: Die Versammlung, das Haus Gottes, und
der Leib Christi.................................................................30
277 R. B.t Älteste und Diener.....................................................20
278 „Wie man sich verhalten soll im Hause Gottes" . . sO
279 Die Zerrissenheit unter den Gläubigen in der Gegenwart.
Lin Ruf an alle.......................................... . s5
28s R. B.t „Lr ist die Sühnung für unsere Sünden." Lin
Wort über Versöhnung, Sühnung u. Stellvertretung 20
290 Wohin sollen wir gehen? (vierseitiger Traktat) . . 2
29s Zeichen der Zeit (vierseitiger Traktat)............................... 2
Für unsere -es Holländischen kundigen Leser
In Mjdekcke Zjkeer
von s. dl. Voorkoeve
Vyron6erke6en in woor6 en beeI6
over Lß^pte en ?slestins
Mit so Bildern auf Glanzpapier
TIM. 4.SO Zn Leinen gebunden
Aus der Feber unseres Äruders I. R. Äoorhoeve liegt uns hier ein
Luch vor, das in anschaulicher Weise seine Reise durch Aegypten
und Palästina, die irdische Heimat unseres Herrn, schildert. Das
Such ist reich bebildert und eröffnet dadurch manchen „Älick" in
Gegenden, die zu sehen den meisten unter uns verwehrt bleiben wird.
In freundliche Erinnerung gebracht wird
bei dieser Gelegenheit das vor Iahren erschienene
Hest:
Llnseve Reise «ach dem Gtt-an,
Slesvvterr und Zerrusalem
von Ernst Overhoff
RM. —.50 Kartoniert
2n Amerika bestelle man bei:
Anton Weise, 2SS Aorth 7th Street, Paterson A. Z
Gedruckt Sei z. u. V. Srockhsu«. L.-G., Vuspertul-LlSerfeld
„Ser Lvtschaster" mlt „Mitteilungen aus dem Verte des
Herrn in der Kerne" kostet halbjährlich RM. i.zo
AunL jy35
Botschafter
des
Heils in Christo
„Ser Herr ist naße." lkchil. q, Z-I
Sreiundachtztgster
Aahrgang
6
Inhalt Seite
„Kür mich und dich"........................................ 141
Gesunde Lehre.................................................. 14S
Unterredungen über den zweiten Brief an die
Lorinther XVII............................................... 154
Ser Bräutigam kommt i.....................................161
Kragen aus dem Leserkreise..............................166
Aufrichtigkeit sGedichts.....................................lös
Verla» R. Lrockhaus / Wuppertal-»Llkerfeld / Postfach 44
Postscheckkonto ktiln izbzy
Schriftleiter: Vilß. Lrockhaus, wuppertal»ElS«rf«ld, Saustr. sr
Schriften erwecklichen, erbaulichen und
belehrenden Inhalts
Nr. Pf«.
s 75 Die beiden Schwestern / Zwei ernste Begebenheiten zur
Warnung für solche, die in Gefahr stehen, eine unheilige
Verbindung einzugehen......................................... sO
s76 Naaman, der Syrer........................................................... sO
s79 Der Vater und der verlorene Sohn................................... sO
s82 Der gefangene Paulus vor dem König Agrippa . . sO
s86 Bist du deiner Errettung gewiß?................................... s5
s87 L. H. M.: Was ist die Wiedergeburt? . . . .20
s88 that Gott die einen zur Verdammnis und die anderen
zur Herrlichkeit bestimmt?............................... . sO
s89 R. B.t Gibt es eine Allversöhnung? ..... f5
s90 R. B.t Ein Wort über die christliche Taufe . . . s5
20 s Der wahre Grund des Friedens / 202 Der Friede mit
Gott und der Friede Gottes, je 2 pfg., sOO Stück . s50
203 Gerechtfertigt und befreit ............................................... sO
204h R. B.t Unsterblichkeit der Seele, Seelenschlaf und
ewige Verdammnis...........................................................HO
205 was ist die Heiligung nach der Schrift? .... 20
206 R. B.t Der Lhrist u. d. Gesetz. Gedanken über Röm. 7 20
207 „Zch bin der Weinstock, ihr seid die Reben" . . . . sO
208 Der Gläubige und der verfall . ................................... HO
20A L. H. LN.t Gedanken über das Abendmahl des Herrn HO
2s0 R. B.t Der Tisch des Herrn............................................... sO
2ss Der Unterschied zwischen der Ankunst Lhristi zur Aufnahme
Seiner Heiligen und Seiner Erscheinung mit
ihnen in Herrlichkeit . ..................................................... sO
2s 2 L. B.t Alles in Christo............................. HO
2s3 Du und dein Haus, oder: Der Lhrist in seinem Hause 20
2s5 Die persönliche Gegenwart des Heiligen Geistes auf
der Erde............................. 20
2s 6 Ewige Verdammnis und Wiederbringungslehre . . 30
2s 8 R. B.t Nach Wahl der Gnade.........................................50
2s9 R. B.t wie kann ich wissen, daß ich auserwählt bin? 30
220 Die vollgültigkett des Gpfers Lhristi................................... sO
22s R. B.t „Zch komme bald!" Lin Wort über die „Ankunft"
und die „Erscheinung" unseres Herrn ... 20
222 Das Reich der Himmel und die Kirche Lhristi . . . sO
22H Ein Wort über Frauendienst............................................... s5
225 R. B.t Gethsemane...........................................................HO
226 R. B.t Der Richterstuhl und der Gläubige . . . . sO
227 I. N. Varby: Die Vpfer des 3. Buches Risse und
ihre vorbildliche Bedeutung...............................................50
228 Der Unterschied zwischen Abendmahl u. Tisch des Herrn sO
229 Nehemia oder: Das Bauen der Mauer ..... sO
230 I. kl. varby: Was ist eine Sekt«?............................... 5
Nr. Pf«.
23 s Die Versammlung und die Zucht..................................... s5
233 R. B.: „Da bin ich in ihrer Mitte"..............................sO
23H Lin Wort über Gebetsheilungen.......................................... sO
237 Christus der Mittelpunkt, oder: Warum haben wir
uns allein im Namen Jesu zu versammeln? . . . . s5
238 Gottes Wort und Gebet..................................................... s5
23A Unabhängigkeit auf kirchlichem Gebiet..............................sO
2H0 was die Schrift mir sagt................................................sO
2Hs Das Abendmahl des Herrn................................................. 5
2H2 G. Cutting: Sicherheit, Gewißheit und Genuß ... s5
2^3 R. B.: was ist Anbetung?............................................... sO
2HH „Alles geschehe anständig und in Ordnung" . . . . s5
2H5 „Ihr seid Brüder!" Lin Wort an alle, welche dem
Herrn angehören................................... sO
2H7 Segnung u. Ruhe. Rurze Gedanken über das Buch Ruth sO
2H8 Die Nacht ist weit vorgerückt und der Tag ist nahe sO
25 s Gottes Tun mit den Seinigen und das Gebet ... s5
252 R. B.: Das Reich Gottes................................................sO
25H R. B>: Über das Verhalten des Gläubigen zur Lhe 20
255 R. B.: Die Lhe des Lhristen...............................................50
258 Die Welt und der Christ..................................................... sO
259 R. V.: Die Braut, das Weib des Lammes ... 20
260 „Auf daß sie alle eins seien" ........ 20
26 s „Ich bin'sl" oder: Die Stimme Jesu im Sturm . . 20
262 R. B.: Gibt es eine Auferstehung des Leibes? . . 20
263 was Hiob zu lernen hatte, oder: wie kann ein
Mensch gerecht sein vor Gott?......................................... HO
26H E. B.: Der Sabbath und der Tag des Herrn . . . HO
266 R. B.: Christus oder der Antichrist? wen erwarten
wir?................................... s0
268 Irdische Sorgen, eine himmlische Zucht .... 7
269 E. tz. M.: Line Hilfe oder ein Hindernis? ... 7
270 I. A. Darb?: Gin Brief über „die Brüder, ihre
Lehre" usw................................................................. so
27s H. R.: Der Brief des Judas, oder: Die letzten Tage
der Christenheit ................................................................. 20
273 I. N. Darb?: Gaben und Ämter in der verslg.Gottes s5
27H Gottesdienst und Dienst am Wort................................... HO
275 R. B.: Die Versammlung oder Gemeinde . . . . sO
276 R. V.: Die Versammlung, das Haus Gottes, und
der Leib Christi.................................................................30
277 R. V.: Älteste und Diener.....................................................20
278 „wie man sich verhalten soll im Hause Gottes" . . s0
279 Die Zerrissenheit unter den Gläubigen in der Gegenwart.
Lin Ruf an alle..................................................... s5
28s R. B.: „Lr ist die Sühnung für unsere Sünden." Lin
Wort über Versöhnung, Sühnung u. Stellvertretung 20
290 Wohin sollen wir gehen? (vierseitiger Traktat) . . 2
29 s Zeichen der Zeit (vierseitiger Traktat)............................... 2
Für unsere -es Holländischen kundigen Leser
In kijkelseke ZLeer
von ). dl. Voorkoeve
öi)ron6erkeäen in voorä en deelä
over kßz^pte en?sle8tins
Mit So Bildern auf Glanzpapier
UM. 4.5V Zn Leinen gebunden
Aus der Feder unseres Lruders I- N. Doorhoeve liegt uns hier ein
Luch vor, das in anschaulicher Weise seine Reise durch Aegypten
und Palästina, die irdische Heimat unseres Herrn, schildert. Das
Such ist reich bebildert und eröffnet dadurch manchen „Ällck" in
Gegenden, die zu sehen den meisten unter uns verwehrt bleiben wird.
In freundliche Erinnerung gebracht wird
bei dieser Gelegenheit das vor Iahren er-
schienens Hest:
Urrseve Sterke «ach -em Sudan,
Slestzvterr und Levusalem
von Ernst Overhoff
JIM. -.50 Kartoniert
In Amerika bestelle man bei:
Anton Weife, 233 Rorth 7th Street, Paterfon 7l. I
Gedruckt del K. u. V. Lrockbuu«, VuppertsI»LU>«rf«Id
„Ser Botschafter" mit „Mitteilungen SUS dem pperke de»
Herrn in der Kerne" kostet hslSsLhillch RM. i.so
Aull 1Y35
8
Botschafter
des
Hells in Christo
„Ser Herr Ist nahe." sphtl. 4,3-1
Sreiundachtzlgster
Aahrgang
7
Inhalt Seit«
llver die Zucht.................................................. i6y
Bemerkungen zum Brief an die Philipper I . . 180
Lhristus — unser Hoherpriester....................... iSy
Verlag R. Lrockhaus / Vuppertsl»Elkerfeld / Postfach«
Postscheckkonto Liln lsözy
Schriftleiter: Vilh. Lrvckhaus» Vuppertai-Elkerfeld, Laustr. sr
Schriften erwecklichen, erbaulichen und
belehrenden Inhalts
Nr. Pf,,
s75 Die beiden Schwestern / Zwei ernste Begebenheiten zur
Warnung für solche, die in Gefahr stehen, eine unheilige
Verbindung einzugehen......................................... sO
s76 Naaman, der Syrer...........................................................sO
s?9 Der Vater und der verlorene Sohn................................... sO
s82 Der gefangene Paulus vor dem König Agrippa . . sO
s86 Bist du deiner Errettung gewiß?................................... s5
s87 L. H. M.: was ist die Wiedergeburt? .... 20
s88 Hat Gott die einen zur Verdammnis und die anderen
zur Herrlichkeit bestimmt?............................................... sO
s89 R. B.t Gibt es eine Allversöhnung?............................. sS
s9O R. B.t Ein Wort über die christliche Taufe ... s5
20 s Der wahre Grund des Friedens / 202 Der Friede mit
Gott und der Friede Gottes, je 2 pfg., sOO Stück . s50
203 Gerechtfertigt und befreit ............................................... sO
20H R. B.: Unsterblichkeit der Seele, Seelenschlaf und
ewige Verdammnis . .....................................................HO
205 was ist die Heiligung nach der Schrift? .... 20
206 R. B.: Der Christ u. d. Gesetz. Gedanken über Röm. 7 20
207 „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben" . . . . sO
208 Der Gläubige und der verfall.........................................HO
209 L. H. M.: Gedanken über das Abendmahl des Herrn HO
2sO R, B.t Der Tisch des Herrn............................................... sO
2s s Der Unterschied Mischen der Ankunst Christi zur Aufnahme
Seiner Heiligen und Seiner Erscheinung mit
ihnen in Herrlichkeit........................................................... sO
2s2 C. B.t Alles in Christo............................. HO
2s3 Du und dein Haus, oder: Der Christ in seinem Hause 20
2s 5 Die persönliche Gegenwart des Heiligen Geistes auf
der Erde.................................................................................. 20
2s 6 Ewige Verdammnis und wiederbringungslehr« . . 50
2s8 R. B.r Nach Wahl der Gnade.........................................SO
2s9 R. B.: wie kann ich wissen, daß ich auserwählt bin? 30
220 Die Vollgültigkeit des Opfers Christi................................... sO
22 s R. V.: „Ich komme bald!" Lin Wort über die „Ankunft"
und die „Erscheinung" unseres Herrn ... 20
222 Das Reich der Himmel und die Kirche Christi . . . sO
22H Lin Wort über Frauendienst............................................... sS
225 R. V.: Gethsemane...........................................................HO
226 R. B.: Der Richterstuhl und der Gläubige . . . . sO
227 I. N. Varby: Die Opfer des 3. Buches Nos« und
ihre vorbildliche Bedeutung ...............................................SO
228 Der Unterschied zwischen Abendmahl u. Tisch des Herrn sO
229 Nehemia oder: Das Bauen der Nauer..............................sO
230 I. A. Varby: was ist eine Sekte?.................................... 5
Nr. Pf«.
23 f Die Versammlung und die Zucht....................................f5
233 R. B.t „Da bin ich in ihrer Mitte"..............................(0
23H Ein Wort über Gebetsheilungen.........................................(0
237 Christus der Mittelpunkt, oder: Warum haben wir
uns allein im Namen Jesu zu versammeln? . . . . (5
238 Gottes Wort und Gebet..................................................... (5
239 Unabhängigkeit auf kirchlichem Gebiet..............................(0
2HO Was die Schrift mir sagt................................................sO
2Hl Das Abendmahl des Herrn................................................. 3
2H2 <8. Cutting: Sicherheit, Gewißheit und Genuß ... (5
2H3 R. B.t was ist Anbetung?............................................... (0
2HH „Alles geschehe anständig und in Ordnung" . . . . (5
2H5 „Ihr seid Brüder!" Lin Wort an alle, welche dem
Herrn angehören ................................................................. (0
2H7 Segnung u. Ruhe. Kurze Gedanken über das Buch Ruth (0
2H8 Die Nacht ist weit vorgerückt und der Tag ist nahe so
25 s Gottes Tun mit den Seinigen und das Gebet ... (5
252 R. B.t Das Reich Gottes ........ (0
25H R. B.t Über das Verhalten des Gläubigen zur Lhe 20
255 R. B.t Die Lhe des Christen...............................................50
258 Die Welt und der Christ..................................................... (0
259 R. B.t Die Braut, das Weib des Lammes ... 20
260 „Auf daß sie alle eins seien"...............................................20
26 s „Ich bin'sl" oder: Die Stimme Jesu im Sturm . . 20
262 R. B.t Gibt es eine Auferstehung des Leibes? . . 20
263 Was Hiob zu lernen hatte, oder: wie kann ein
Mensch gerecht sein vor Gott?......................................... HO
26H L. B.t Der Sabbath und der Tag des Herrn ... HO
266 R. B.t Christus oder der Antichrist? Wen erwarten
wir?............................................................................. (0
268 Irdische Sorgen, eine himmlische Zucht .... 7
269 H- M>: Line Hilfe oder ein Hindernis? ... 7
270 I. N. Darb?: Lin Brief über „die Brüder, ihre
Lehre" usw.............................................. .... . . so
27s H. R.: Der Brief des Judas, oder: Die letzten Tage
der Christenheit............................. 20
273 I. kl. Darb?: Gaben und Ämter in der verslg.Gottes (5
27H Gottesdienst und Dienst am Wort ................................... HO
275 R. B.: Die Versammlung oder Gemeinde .... HO
276 R. B.: Die Versammlung, das Haus Gottes, und
der Leib Lhristi.................................................................30
277 R. B.: Älteste und Diener ......... 20
278 „Wie man sich verhalten soll im Hause Gottes" . . 10
279 Die Zerrissenheit unter den Gläubigen in der Gegenwart.
Lin Ruf an alle..................................................... (5
28s R. B.: „Lr ist die Sühnung für unsere Sünden." Lin
Wort über Versöhnung, Sühnung u. Stellvertretung 20
290 Wohin sollen wir gehen? (vierseitiger Traktat) . . 2
29 ( Zeichen der Zeit (vierseitiger Traktat)...............................2
M unsere des Holländischen kundigen Leser
In vybelscke 8Ieer
von I. dL Voorkoeve
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Aus der Feder unseres Bruders I. N. Boorhoeve liegt uns hier ein
Buch vor, das in anschaulicher Weise seine Reise durch Aegypten
und Palästina, die irdische Heimat unseres Herrn, schildert. Vas
Buch ist reich bebildert und eröffnet dadurch manchen „Blick"' in
Gegenden, die zu sehen den meisten unter uns verwehrt bleiben wird.
In freundliche Erinnerung gebracht wird
bei dieser Gelegenheit das vor Iahren erschienene
tzest:
Nrrseve Kekse «mb dem Sudan,
Slesvvten und Sevusalem
von Ernst Overhoff
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Herrn in der Kerne" kostet halbjährlich RM. i-so
August 1Y3S
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j^srrmLnn
Botschafter
des
Hells in Christo
„Ser Herr Ist nahe.^^ lphil. 4, 3-1
Dreiundachtzigster
Zahrgang
S
Inhalt Seit«
Uver die Zucht.................................................. iy7
Bemerkungen zum Brief an die Philipper II . .210
Christus — unser Hoherpriester sKortsetzung) . 219
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Die Geschichte Israels
gesehen im Lichte ües Neuen Testamente«. RM
Das bis 4. Luch Mose .... in Ganzlein. geb. je 2.50
Das 5. Buch Mose....................... „ „ 3.-
H.R.: Oie Bücher Samuel.................... » «. 3.-
Oie Bücher der Könige.................. „ „ Z.80
Oie Bücher Esra, Nehemia u. Esther „ , „ 2.7V
^ZZe <S iksneZe russrnrneri................................... 79 —
Vie fünf Vücher Mose in Halbleinen gebunürn ... S —
Das Neue Lestament
Bon 2- N. O.
Matthäus und Markus in Ganzleinen . . . 3.60
Lukas und Johannes ... 4.-
Apostelgeschichte bis 2. Korinther // // . . . 4.SV
Galater bis Philemon // . . . 5.-
Hebräer bis Offenbarung // // . . . 4.50
LLm/Keke S LsrirZe Zn tksnrZernen . . 20 -
Billige Linzelbanöchen in starkem Umschlag:
H.R.> Oer Prophet Hosea ................................................ 1.10
Oer Prophet Maleachi.....................................-.80
3.R.V .-Sprüche, Prediger, Lieb der Lieder...........................-.40
Oie Apostelgeschichte.........................................l.lv
Oer Brief an die Römer.................................. l.lv
Die Briefe an die Korinther...............................1.35
Oie Briefe an die Galater und Epheser..............1.35
Oie Briefe an die philipper und Kolosser..............1.25
Oie Briefe an Timotheus, Titus und Philemon . . . 1.25
Oer Brief an die Hebräer...................................1. -
Oer Brief des Jakobus und die Briefe des Petrus . . - .90
Oie Briefe des Johannes und der Brief des Judas . . -.90
Die Offenbarung.............................................1.23
Für die Tage der Jetztzeit ist zweifellos eine gründliche Erforschung des
Wortes Gottes notwendiger denn je. Damit diese Erforschung möglichst
umfassend sein kann, haben wir uns entschlossen, auch andere, gläubige
Kreise zu Worte kommen zu lassen. Mag auch der eine oder andere
Punkt Kritik Hervorrufen, eine solche Feststellung sollte uns nie davon
zurückhalten, das Gebotene zu untersuchen. Wir werden erstaunt sein
über vieles Wertvolle, das wir behalten dursten. —
Das vorliegende Werk
Das Reue Testament Neutsch
zeichnet sich durch eine eigene, recht sorgfältige und gründliche siebe»
setzung aus. Was uns aber besonders wertvoll daran zu sein scheint,
ist der simstanb, baß in den gründlichen Text-Erklärungen die Ergeb«
niste der neueren geschichtlichen Forschungen über die sirchristenheit in
vorsichtiger Weise nutzbar gemacht sind Wir bekommen z. B. wertvollste
Aufklärung über die allgemeine Lage, in der die Empfänger
der apostolischen Briefe sich befanden, sind wie sehr solche Kenntnis
über die Zustände zur Zeit der apostolischen Schreiber das Verständnis
des biblischen Textes vertieft, wird ein jeder feststellen können, der sich
nun an das Studium bes Werkes gibt.
Es ist vielleicht empfehlenswert, zunächst einmal mit einem derTeil -
bände zu beginnen, die der Reihe nach die Apostelgeschichte, die
Briefe und die Offenbarung behandeln.
Teilbanö S: Sie Apostelgeschichte, (läo Seiten). . RM S.60
Teilbanö 6: Der Brief an öle Romer. Seiten) RM 4.4V
Teilbanö 7: Sie Briefe a. ö. Korinther. Seiten) RM S.60
Teilbanö 8: Vie Briefe an Sie Galater bis Theffolonicher
unö Philemon. Seilen) RM 4.SS
Leilbanö S: Sie Briefe an Timotheus, Titus unö
Hebräer. siLS Seiten).....................RM 4 SS
Teiibanö 4V: Vie Briefe Jakobus bis Jubas. (isS S.) RM 5.60
Teilbanö 44: Sie Offenbarung. st»4 Seiten). . . . RM 4.—
Die bisher erschienenen Teilbände sind in r tzauptbänüe zusammengefaßt
und zwar enthält der:
2. Lanö: Apostelgeschichte und die Äriefe bes
Apostels Paulus. Preis bei Subskription
In Leinen RM 46.80, einzeln................. RM 49 SV
3. Ban»: Die Briefe an Timotheus u Titus * Der
Brief an die Hebräer - Die Briefe beS
Jakobus, Petrus, Johannes und Judas *
Oie Offenbarung. Preis bei Subskription
in Leinen RM 42.40, einzeln..............RM 44.SV
Zur Verbreitung werden empfohlen:
vierseitige Traktate
(Neuauflage - 48 verschiedene Nummern)
Davon neu: Die letzte Einladung. Umkehr. Oer barmherzige
Samariter. „Ich will." Oie zweite Geburt oder der zweite
Tod. „Jetzt" und „Nicht". Willst du ewig verloren gehen?
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400 Stück (nur gemischt).........................NM 0.3S
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Oie Ausgabe der 4. Lieferung der „Elberfelder Äibel-
konkordanz" muß leider um einen Monat verschoben werden,
erfolgt also, statt im August, erst im September. Oer Verlag
hofft, daß diese Maßnahme einen Ausnahmefall dar-
siellt und die Lieferung in Zukunft regelmäßig, wie vorgesehen,
erfolgen kann.
Zn Amerika bestelle man bei:
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Ser ».Botschafter" mlt „Mitteilungen aus dem Verte des
Herrn in der Kerne" kostet halbjährlich RN. i-s»
September 1935
kssss
Lvls-bWr""
des
Hells in Christo
„Ser Herr Ist nahe.^^ sphil. 4, S-I
Sreiundachtzigster
Jahrgang
9
Znhalk Seite
„Zn Gemeinschaft sein" . ........................... 225
Christus — unser Hoherpriester sKortsetzungl . 237
Bemerkungen zum Brief an die Philipper III. . 247
Verlag R. Lrockhaus / Wuppertal - Elberfeld / Postfach 44
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Schrtstleiter: Wllh. Lrockhaus, Wuppertal-Elberfeld, Laustr. 52
Die Geschichte Israels
gesehen im Lichte ÜeS Neuen Testamentes. RM
Das bis 4. Such Mose .... in Ganzlein. geb. je 2.30
Dass. Buch Mose.....................». ». 3.-
H.R.: Vie Bücher Samuel................. „ » 3.-
D!e Bücher der Könige..............„ „ » 3.80
Oie Bücher Esra, Rehemia u. Esther - , » 2.ro
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Das Neue Testament
Bon Z. N. D.
Matthäus und Markus in Ganzleinen . . . 3.60
Lukas und Johannes » . . . 4.-
Apostelgeschichte bis 2. Kvriniher „ „ ... 4.50
Galater bis Philemon » „ . . . S.-
Hebräer bis Offenbarung „ „ ... 4.S0
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Billige Linzelbänöchen in starkem Umschlag:
H.R.> Der Prophet Hosea .................................................i.io
Oer Prophet Maleachi..................................... -.80
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Oie Apostelgeschichte......................................... 1.10
Oer Brief an die Römer.................................. l.io
Oie Briefe an die Korinther............................... 1.35
Oie Briefe an die Galater und Epheser.............. 1.35
Oie Briefe an die Philipper und Kolosser..............1.25
Oie Briefe an Timotheus, Titus und Philemon . . . 1.25
Der Brief an die Hebräer...................................i. -
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Botschafter
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Heils in Christo
„Ser Herr Ist nahe." sphll. 4, s I
Sreiundachtztgster
Jahrgang
10
)n ha It Aelte
Sie Geburt Moses'........................................... 25z
Christus — unser Hoherpriester (Schluß! ... 259
„welches Todes Er sterben sollte!"................ 269
Bemerkungen zum Brief an die Philipper IV, . 274
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Betrachtungen über öas Wort Gottes
Das Alte Testament RM
Das 4. bis 4. Buch Mose . . . . in Ganzlein. geb. se 2.50
Das 5. Buch Mose..................... // 3.-
H.R.: Oie Bücher Samuel................. 3.-
Oie Bücher der Könige.............. 3.80
Oie Bücher Esra,Rehemia u. Esther 2.70
. , . . 7S-
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Das Reue Testament
Von I. R. O.
Matthäus und Markus in Ganzleinen . . . 3.60
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Apostelgeschichte bis r. Korinther „ „ ... 4.50
Galater bis Philemon „ „ . . . 5.-
Hebräer bis Offenbarung > ... 4.50
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Billige Linzelbünöchen in starkem Umschlag:
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Oer Prophet Maleachi............................................-.80
3.N.O.: Sprüche, Prediger, Lied der Lieder........................ —.40
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Oer Brief an die Römer......................................... 4.40
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Oer Brief an die Hebräer..........................................4.-
Oer Brief des Jakobus und die Briefe des Petrus . . -.SO
Oie Briefe des Johannes und der Brief des Judas . . —.90
Oie Offenbarung....................................................4.25
k«r «Iss Zslir 1SSS
Swvewkalerrderr
«-Oer Bote des Friedens^ .... —«HO
Oie Rückwand des Kalenders ist in Kupfertiefdruck
ausgeführt. Bild: Moses mit der
erhöhten Schlange in der Wüste.
DevBlock in Nurhsovni
Zn Kunstleder gebunden......................
Samilienkalendev
»B«tschaster de« Frieden«- . . .
—.43
Derselbe m. Marktverzeichnis für Deutschland
—.80
-Kindevabveitzkalendev
»Dillenburger Kindergabe- ...
1.—
Fedes Tagesblättchen bringt auf der Dor-
berseite einen Bibelspruch und ein passendes
Bildchen, auf der Rückseite kleine Erzählungen,
dem kindlichen Verständnis angemessene Betrachtungen,
Gedichte, Rätsel usw.
In Amerika bestelle man bei:
Anion Weise, 2?» A«rtb 7«b Street, Vaterton R I
Inhalts-Verzeichnis
-es
„SoGaster des Heils in Christo"
Jahrgänge 18S3-1S32
Das Verzeichnis bringt in seinem ersten Teil in alphabetischer
Reihenfolge die Überschriften sämtlicher Abhand-
1ungen,Letrachtungenusw.,sowiederDederund Gedichte,
die in den ersten achtzig Jahrgängen des „Lotschaster^ enthalten
sind- im zweiten Teil der Reihenfolge nach die
Libelstellen, die vornehmlich in diesen Landen behandelt
und erklärt werden.
Da das Verzeichnis den Inhabern von Lotschaster-Iahr-
gängen dazu verhelfen soll, ihr Besitztum mehr als bisher
als ein wertvolles Nachschlagewerk benutzen zu können,
sind eine ganze Reihe Aufsätze mehrmals unter verschiedenen,
dem wesentlichen Inhalt entsprechenden
Stichworten aufgeführt.
Lei dem nur beschränkten Abnehmerkreis, der für dieses
Merkchen in Frage kommt, mußte die Auflage niedrig gehalten
werden. Infolgedessen sind die Selbstkosten hoch,
was naturgemäß auch den Preis des Landes erhöht. Er
kostet - die äußerst mühsame und langwierige redaktionelle
Arbeit ist dabei überhaupt nicht in Rechnung gestellt -
in Ganzleinen gedunben.. M Z.50
Gedruckt del Z. u. V. Lrockbsu«, L.-D-, VoppertaleLIderkeld
Ser „Botschafter" mit „Mitteilungen au« dem Verke des
Herrn in der Kerne" kostet hslvMrlich RM. i.so
November 1935
Botschafter
des
Hells in Christo
„Ser Herr ist nahe." sphtl. 4, S l
Sreiundachtzigster
Jahrgang
11
Inhalt Seite
Aesus Lhristus — unser Sschvalter................ 281
„wer sein Leben liebt, wird es verlieren". . . 289
Sie Worte Azurs, des Sohnes Dakes................ zoo
Ach, veär' mein Gemüte so l (Spruchs..............308
Verlag R. Srockhaus / VSuppertal - lklkerfeld / Postfach 44
Postscheckkonto Köln isSzy
Schrtftletter: Vllst. Srockhaus, Vupp«rtal-<N Herfeld, Laustr. za
Taschmbibel
(10. Auflage, I92H.) Nonpareille, deutsche Schrift, 12:( 7 cm groß,
2 cm dick, 350 Gramm schwer. Auf Hochfein Hadern-Dünndrnck.
Nr. RIk.
5ff Runstleder, Rotschnitt................................................. H.20
5f3 Saffianleder, Rotschnitt....................................................8.50
5fH Saffianleder, Goldschnitt.................................................s0.50
5(5 Saffianleder, Schutzklappen, Rotschnitt .... 1,2.50
5(6 Saffianleder, Schutzklappen, Goldschnitt .... 1H.50
5f8 I. ff. s ch w a r z Saffian, biegsam, Innenkanten vergoldet,
Rotgoldschnitt ......................................... s6.—
5s8 II. ff. b r a u n Saffian dto. dto..................................... 1,6.50
5(9 I. ff. s ch w a r z Riarokkoleder, biegsam, Schutzklappen,
Rotgoldschnitt (Baxterband).............................20.50
5(9 II. in b r a u n e m Baxterband ...... 2(.—
522 in 2 Bänden, Saffianleder, biegsam, Rotschnitt . 20.—
527 Studien-Ausgabe in 2 Bänden, mit gutem Schreibpapier
durchschoss., Saffianled., biegsam, Rotschnitt 28.—
perlbibel
Lateinische Perlschrift, ((X(7 cm groß, (5 mm dick, 300 Gr.
schwer.
Aufgutem Hadern-Dünndruck
Nr. RIk.
53 l Runstleder, Aotschnitt ......... 5.HO
532 Leder, Rotschnitt..................................................... 7.50
Auf allerfeinstem deutschen India-Papier
533 Saffianleder, Rotschnitt................................................ff.—
53H Saffianleder, Goldschnitt.......................................... (3.—
535 Saffianleder, Schutzklappen, Rotschnitt .... (5.—
536 Saffianleder, Schutzklappen, Goldschnitt . . . (7.—
538 I. ff. schwarz Saffian, biegsam, Innenkanten vergoldet,
Rotgoldschnitt.................................................... 18.50
538 II. ff. braun Saffian dto. dto...................... . (9-—
539 I. ff. schwarz Riarokkoleder, biegsam, Schutzklappen,
Rotgoldschnit (Baxterband)........................23.—
539 II. inbraunem Baxterband.......................................... 23.50
Schutzhüllen zu Taschen- und Perlbibeln
Runstleder...................................................................... (.25
Taschentestament mit Psalmen
Nonpareille, deutsche Schrift, s0:f5 cm groß, (80 g schwer, auf
bestem Dünndruckpapier.
Nr. AN.
SYO Kunstleder, Rotschnitt....................................................... 2.50
59 s Saffianleder, Rotschnitt.................................... H.50
592 Safsianleder, Goldschnitt............................... 5.50
593 Safsianleder, Schutzklapxen, Rotschnitt .... 8.50
59H Saffianleder, Schutzklappen, Goldschnitt .... 9-50
595 I. ff. s ch w a r z Saffian, biegsam, Innenkanten vergoldet,
Rotgoldschnitt...............................................s2.—
595 II. ff. braun Saffian dto. dto.....................................l2.50
596 I. ff. schwär; Rlarokkoleder, biegsam, Schutzklappen,
Rotgoldschnitt (Baxterband) ........................s5.—
596 II. in braunem Baxterband....................................(5.50
Billige Ausgabe auf einfachem Papier, Kalikoumschl. —.90
Die Psalmen, Taschenausgabe, s0:f5 cm. In biegsamem
dunkelroten Kunstledereinband ....... l.—
Taschenlieöerbuch mit Koten
„Kleine Sammlung geistlicher Lieder", 8:s2 cm groß
Nr. Mk.
6(0 Kunstleder, Rotschnitt ......... 2.20
6fs Saffianleder, Rotschnitt.......................................... H.—
6(2 Safsianleder, Goldschnitt .... ... 5.—
6(3 Saffianleder, Schutzklappen, Rotschnitt .... 6.25
6s<s Saffianleder, Schutzklappen, Goldschnitt . . . 7.25
6f5 I. ff. f ch w a r z Saffian, biegsam, Innenkanten vergoldet,
Rotgoldschnitt...............................................s0.—
6f5 II. ff. braun Saffian, dto. dto.......................................f0.50
6f6 I. ff. s ch w a r z Rlarokkoleder, biegsam, Schuhklappen,
Rotgoldschnitt (Baxterband)..............................(2.—
6(6 II. in braunem Baxterband...................................(2.50
HjUUSöiöol Garmond, f7,5 : 25 cm groß, j,9 Rilogr. schwer.
Nr. Mk.
500 Doppel-Raliko, Marmorschnitt ...............................9-—
50s Doppel-Raliko, Notschnitt ............................................9-20
502 Galbleder, Marmorschnitt .......................................... jj.50
502a Lsalbleder, Rotschnitt ............................................... j2.—
503 Halbfranz, Lederrücken und -ecken, Goldschnitt . . j8.—
50^ Saffjanleder, Marmorschnitt.........................................j8.5O
50-sa Saffianleder, Rotschnitt .........................................19- '
505 Saffjanleder mit Spangenprägung, Goldschnitt . . 23.50
506 Saffjanleder mit Goldlinien, Goldschnitt . . . 25.—
507 I. ff. schwär; Saffianled. m. Reichgoldverzicrg.
a. Rücken, vorder- und Rückseite, Innenkanten vergoldet,
Goldschnitt.................................................... 35.—
507 II. ff. braun Saffjanleder dto. dto..........................36.—
In r Vänöen/ Altes unö Neues Testament getrennt :
555 Doppel-Raliko, Marmorschnitt oder Rotschnitt . . s2.—
556 Ifalbleder, Marmorschnitt oder Rotschnitt . . . s6.—
Neues Testament, Gröhe üer Hausbibel
550 Doppel-Raliko, Marmorschnitt oder Notschnitt . . 5.—
55f Ifalbleder, Marmorschnitt oder Rotschnitt .... 6.50
552 Saffjanleder, Marmorschnitt oder Rotschnitt . . . s s.—
""" Inhalts-Verzeichnis"°"'
„Votschaster des Heils in Christo"
Jahrgänge 1853-1932
Das Verzeichnis bringt in seinem ersten Teil in alphabetischer Reihenfolge
die Überschriften sämtlicher Abhandlungen, Betrachtungen usw.,
sowie der Lieder und Gedichte, die in den ersten achtzig Jahrgängen des
„Botschafter" enthalten find; im zweiten Teil der Reihenfolge nach die
Äibelstellen, die vornehmlich in diesen Bänden behandelt und erklärt
werden.
Oa das Verzeichnis den Inhabern von Botschafter-Jahrgängen dazu
verhelfen soll, ihr Besitztum mehr als bisher als ein wertvolles Nachschlagewerk
benutzen zu können, sind eine ganze Reihe Aufsätze mehrmals
unter verschiedenen, dem wesentlichen Inhalt entsprechenden
Stichworten aufgeführt.
in Ganzleinen gednndrn.. AM Z.so
Gedruckt S«l Z. u. V. SrockSsu«, L--G^ Vuppertsl-Llöerfeld
Ser „Botschafter" mit „Mitteilungen aus dem Verke des
Dezember 1935
Botschafter
des
Heils in Christo
„Ser Herr ist nahe." sphtl. 4, S I
Dreiundachtztgster
Zahrgang
12
Inhalt Seit«
Sle Bivel......................................................... zoy
Sie V?orte Agurs, des Sohnes Dakes sSchlußl. 312
Desus Christus — unser Sachwalter sSchlußs . 320
Sas Bekenntnis Dustins, des Märtyrers . . . 328
Kragen aus dem Leserkreise..............................331
Spendung sGedichts............................................332
Verlag R. Lrockhsu« / Wuppertal » Elkerfeld / Postfach /»
Postscheckkonto Lkln rskzy
Schriftleiter: wüh. Lrockhaus, Wuppertal» Elkerfeld, Laustr. zr
Laschenbibel
(1,0. Auflage, (92H.) Nonpareille, deutsche Schrift, (2:1,? cm groß,
2 cm dick, 250 Gramm schwer. Auf Hochfein Hadern-Dünndruck.
Nr. Mk.
5(( Runstleder, Rotschnitt................................................. H.20
5(3 Saffianleder, Rotschnitt...................................................8.50
5(H Saffianleder, Goldschnitt................................................ (0.50
5(5 Saffianleder, Schutzklappen, Rotschnitt .... (2.50
5(6 Saffianleder, Schutzklappen, Goldschnitt .... (H.50
5(8 I. ff. schwarz Saffian, biegsam, Innenkanten vergoldet,
Rotgoldschnitt .............................. (6.—
5(8 II. ff. braun Saffian dto. dto......................................(6.50
5(9 I. ff. schwarz Marokkoleder, biegsam, Schutzklappen,
Rotgoldschnitt (Baxterband).............................20.50
5(9 II-in b r a u n e m Baxterband.............................. 2(.—
522 in 2 Bänden, Saffianleder, biegsani, Rotfchnitt . 20.—
527 Studien-Ausgabe in 2 Bänden, mit gutem Schreibpapier
durchschoss., Saffianled., biegsam, Rotschnitt 28.—
Perlbibel
Lateinische Perlschrift, ((X(7 cm groß, (5 mm dick, 300 Gr.
schwer.
Aufgutem Hadern-Dünndruck
Nr. Mk.
53( Runstleder, Rotschnitt . ..... ................................... 5.HO
532 Leder, Rotschnitt................................................. 7.50
Auf allerfeinstem deutschen India-Papier
533 Saffianleder, Rotschnitt..........................................( (.—
53H Saffianleder, Goldschnitt.................................... (3.—
535 Saffianleder, Schuhklappen, Rotschnitt .... (5.—
536 Saffianleder, Schutzklappen, Goldschnitt . . . (7.—
538 I. ff. s ch w a r z Saffian, biegsam, Innenkanten vergoldet,
Rotgoldschnitt...............................(8.50
538 II. ff. braun Saffian dto. dto...................... . (9-—
539 I. ff. schwarz Marokkoleder, biegsam, Schutzklappen,
Rotgoldschnitt (Baxterband).............23.—
539 II. in k> raunem Baxterband......................................... 23.50
Schutzhüllen zu Taschen- uni Perlbibeln
Runstleder...................................................................... (.25