1. JANUAR
Das einzige und Grundlegende, was wir in unserem Leben und unserem Dienst für Gott brauchen, ist Gottes Segen. Etwas anderes benötigen wir nicht. Was verstehen wir unter Segen? Segen ist das Wirken Gottes dort, wo es für sein Wirken keine Erklärung gibt. Du rechnest zum Beispiel, daß du für einen Groschen so viel kaufen kannst, wie dessen Wert entspricht. Hast du aber deinen Groschen gar nicht gezahlt und Gott gibt dir trotzdem den Gegenwert von zehntausend Groschen, dann hast du für deine Rechnung keine Grundlage. Wenn fünf Brote fünftausend Menschen sättigen und zudem noch zwölf Körbe Brocken übrigbleiben, das heißt, wenn die Frucht unseres Dienstes in keinem Verhältnis zu unseren Begabungen steht, dann ist das Segen. Oder ins Extreme gewandt — wenn angesichts unserer Fehler und Schwächen eigentlich überhaupt keine Frucht aus unseren Bemühungen hervorgehen könnte und sich dennoch Frucht zeigt: das ist Segen. Segen ist Frucht, die in keinem Verhältnis zu dem steht, was wir sind; ist Erfolg, der sich nicht aus dem Zusammenhang von Ursache und Wirkung erklären läßt. Dir wird Segen zuteil, wenn Gott Dinge wirkt, die über deine menschlichen Berechnungen hinausgehen, Dinge, die er um seines Namens willen tut.
2. JANUAR
In einer Zeit, da die Menschen den Namen des Herrn schmähen, kann der Psalmist nicht anders als in den Ausruf des Staunens angesichts seiner Größe ausbrechen. Obgleich er ein Dichter ist, fehlen ihm die Worte, diese Größe auszudrücken. Er kann nur ausrufen: »Wie herrlich!« Und diese unaussprechliche Größe zeigt sich »in allen Landen«. Hier klingen die Worte des Schöpfungsberichtes aus 1. Mose 1 an, wo alles, was Gott ansah, »sehr gut war«. Der Dichter beginnt den Psalm mit dem Lobpreis des herrlichen Namens Gottes, und mit dem gleichen Lobpreis beschließt er ihn, und zwar ohne den Fall des Menschen auch nur zu erwähnen. Hätten wir den Psalm
geschrieben, wir hätten uns verpflichtet gefühlt, den Sündenfall mit hineinzubringen. Aber Gott bleibt immer der gleiche, und nach der Meinung des Psalmisten konnte selbst Adams Sünde Seinen Plan, daß am Ende der Mensch »Herrscher« sein sollte, nicht umstoßen. Denn hier tritt Jesus, der Herr, auf den Plan. Die Erläuterung des 8. Psalms finden wir im zweiten Kapitel des Hebräerbriefes. Jesus Christus ist jener »Mensch«, und er hat die Sünde schon getilgt. In ihm sind alle Wünsche Gottes verwirklicht, und Er hat uns Brüder genannt. Bei Gottes Wegen gibt es kein Abweichen, sie führen immer zum Ziel. »O Herr, wie herrlich!«
3. JANUAR
In dem Zeitlauf, den Gott dir bestimmt hat, war der heutige Tag vielleicht der wichtigste deines Lebens; dennoch hast du ihn vorübergehen lassen, als wäre er irgendein anderer Tag. Für wen »heute« und »gestern« gleich sind, der hat kein Gefühl dafür, daß Gott für alles einen Zeitpunkt bestimmt. Ein Diener des Herrn darf sich nie mit dem bisher Erreichten zufriedengeben; denn dann ist er einer, der die von Gott gesetzten Gelegenheiten ungenutzt vorübergehen läßt.
Nehmen wir an, der Herr lege mir am 3. Januar ans Herz, einen bestimmten Menschen aufzusuchen, den er im voraus ausersehen hat, damit er fünf Jahre später ein machtvolles Werkzeug zur Rettung von Seelen werde. Jenen Auftrag auszuführen, ist vielleicht der wichtigste Dienst, den mir Gott in meinem Leben zugedacht hat. Angenommen, an diesem Tag habe ich Angst vor der Kälte oder sonst etwas Belanglosem und gehe nicht hin. Dann habe ich eine Gelegenheit verstreichen und vielleicht ein mächtiges Werkzeug für Gott verlorengehen lassen. Und das Schlimm;; ist, daß solche Gelegenheiten nicht auf uns warten. Sie gehen rasch vorüber. Wenn also Gott einen Schritt tut, dann laßt uns mitgehen. Eine von Gott gesandte Gelegenheit dürfen wir nie ungenützt vorübergehen lassen.
4. JANUAR
Gott hat uns errettet für sich selbst. »Ich strebe danach«, sagt Paulus, »wenn es sein kann, das zu ergreifen, wozu ich von Jesus Christus ergriffen worden bin.« Ergriffen worden sind wir nicht allein zu unserem Heil in der Ewigkeit, sondern zu einem ganz bestimmten Zweck jetzt: Wir sollen Mitarbeiter Gottes sein. Was ist nun Gottes Arbeit in dieser Zeit? Alle Dinge in Christus zusammenzufassen; im ganzen Weltall nichts in der Luft hängen zu lassen, was nicht im Einklang mit seinem erhöhten Sohn stünde. Und wie kann ich mit Gott zusammenarbeiten? Wie kann ich an ein so großes Werk auch nur herankommen? Ich weiß es nicht; aber wie für Paulus ist es mein höchstes Ziel.
5. JANUAR
Ist dir die Art, wie Gott in deinem Leben gewirkt hat, begreiflich? Hat dich sein Vorgehen nicht verwirrt — daß er aus den vielen Menschen um dich herum gerade dich ausgewählt und zu seinem Eigentum gemacht hat? Als ich gerettet wurde, war ich Student. Ich hatte über vierhundert Mitstudenten, eine große Zahl, aber Gottes Wahl fiel auf mich. Was war der Grund? Ich gehörte einer großen Sippe an, und aus dieser ganzen Verwandtschaft wählte Gott mich aus. Wie konnte das geschehen? Wenn wir darüber nachdenken, auf welch wunderbare Weise seine Gnade uns erreicht hat, fallen wir anbetend vor ihm nieder und erkennen, daß er Gott ist, er allein.
Du fragst, warum er dich errettet hat? Ich will es dir sagen — er hat dich errettet, weil es ihm Freude bereitete. Er wollte dich haben, er erwählte dich und zog dich zu sich. Und so brauchst du nichts zu sagen, nichts zu tun, gar nichts, nur ihn anbeten.
6. JANUAR
Unser Bruder Paulus hat in seinem Brief an die Philipper eine großzügige und noble Aussage getan. Zu den Philippern, die fast die einzigen waren, die ihn materiell unterstützten, wagte er zu sagen: »Ich habe alles und habe Überfluß«. Er machte keine Andeutung, daß er etwas brauche, sondern gab sich wie das mit allem versehene Kind eines reichen Vaters; er hatte keinerlei Angst, er könne die Philipper hierdurch davon abbringen, ihm auch weiterhin Unterstützung zu senden.
Wenn wir einen lebendigen Glauben an Gott haben, werden wir immer mit Gott prahlen.
7. JANUAR
Römer 5,10
Gott sagt uns in seinem Wort ganz klar, daß er auf jedes menschliche Bedürfnis nur eine einzige Antwort hat: seinen Sohn Jesus Christus. Bei allem seinem Handeln an uns geht er so vor, daß er uns beiseite stellt und Christus an unsere Stelle setzt. Gottes^ Sohn starb an unserer Statt zu unserer Vergebung; und er lebt an unserer Statt zu unserer Erlösung. Wir können also von einer doppelten Stellvertretung sprechen: Christus starb stellvertretend für uns am Kreuz und erwarb uns die Vergebung; und er lebt stellvertretend für uns und sichert uns den Sieg. Es ist für uns sehr hilfreich und erspart uns viel Verwirrung, wenn wir uns ständig vor Augen halten, daß Gott unsere Fragen nur in einer einzigen Weise beantwortet, nämlich dadurch, daß er uns mehr von seinem Sohn zeigt.
8. JANUAR
Mit welchem Wagemut setzte Elia alles aufs Spiel im Vertrauen auf seinen Gott. Seit dreieinhalb Jahren herrschte Trockenheit im ganzen Land, und das Wasser war äußerst knapp. Dennoch ließ er das Brandopfer, das Gottes Recht verteidigen sollte, mit reichlich Wasser begießen. »Wie? Wir sollen unsere kostbaren Wasservorräte verschwenden, obwohl kein Regen zu erwarten ist?« »Gießt es auf das Brandopfer«, sagte Elia. »Tut es noch einmal; tut es zum drittenmal!« Und auch damit noch nicht zufrieden, griff er selbst zu und füllte den umlaufenden Graben mit Wasser.
Wenn wir erleben wollen, daß Gottes Recht wieder anerkannt wird, müssen wir herbringen, was wir haben, und es für ihn dahingehen. »Aber was geschieht, wenn kein Regen kommt?« wendest du hier ein. »Mit dem Wasser, das ich noch habe, muß ich durchkommen.« Gott bewahre! Solches Denken führt zu Trockenheit und Dürre. Gib es für ihn dahin! Was du verlierst, ist nichts — verglichen mit dem großen Regen, den er senden wird.
9. JANUAR
Dies ist ein Bild der Christen, die wahrhaft im Genuß des Sieges Christi sind. Im Frieden mit ihm, ruhen sie in jubelnder Freude auf ihren Lagern. Bedenke, was diese Lage bedeutet. Gelassen und voller Vertrauen lassen sie Welt Welt sein und sind dem Himmel zugewandt. Solche »Lager« sind nicht nur Liegestätten zum Ruhen, zum Sammeln neuer Kraft, sondern auch Plattformen für wirksamen Dienst. Bist du vielleicht gezwungen, im Bett zu liegen? Mögen auch dann noch die Lobpreisungen Gottes in deinem Munde sein!
10. JANUAR
Die Antwort folgt sogleich: weil »die Herrscher miteinander ratschlagen wider den Herrn und seinen Gesalbten«. So sehr sich die irdischen Machthaber auch feind sind, in einem sind sie sich einig: sie stehen gegen die Herrschaft Christi. Wir selber halten die Völker teils für schlecht, teils für gut; die Schrift aber deutet auf den »Fürsten dieser Welt«, der hinter ihnen allen steht. Von ihm angestachelt, trachten die Herrscher der Erde heute danach, die Bindungen, die die Gebote Christi ihnen auferlegen, abzuschütteln. Sie wollen nicht mehr Liebe, nicht mehr Demut, nicht mehr Wahrheit. »Laßt uns zerreißen ihre Bande«, rufen sie, »und von uns werfen ihre Fesseln!«
Dies ist die einzige Stelle in der Schrift, wo es heißt, Gott lache. Gott hat seinen König schon auf seinem heiligen Berge eingesetzt! Die Gemeinde der Frühzeit war sich der Herrschaft Christi sehr bewußt. Mehr denn je haben wir es heute nötig, uns ihrer zu erinnern. Bald, vielleicht noch zu unseren Lebzeiten, wird er die Völker leiten mit eisernem Stabe. Uns liegt es ob, den Menschen zuzureden: »Werdet weise! Vertraut auf ihn!«
11. JANUAR
Als der galiläische Knabe sein Brot zu Jesus brachte, was tat Jesus da mit dem Brot? Er brach es. Jesus bricht immer, was ihm gegeben wird. Was er nimmt, zerbricht er, dann segnet er es und gebraucht es, um die Bedürfnisse der Menschen zu erfüllen. Entspricht dies nicht deiner und auch meiner Erfahrung? Du gibst dich dem Herrn, und sogleich geht alles so schlecht, daß du versucht bist, sein Handeln zu mißbilligen. Du bist wirklich gebrochen, ja, aber zu welchem Zweck? Du bist zu weit gegangen, als daß die Welt dich noch gebrauchen könnte, aber für Gott bist du nicht weit genug gegangen. Das ist das Unglück bei so vielen Christen. Möchten wir von ihm gebraucht werden? Dann laßt uns ihm uns tagtäglich geben und dabei sein Handeln an uns nicht bekritteln, sondern mit Lobpreis und Erwartung annehmen. Bis zum Dennoch sollen wir gehen!
12. JANUAR
Meine Heimatprovinz Fukien ist berühmt für ihre Apfelsinen. Ich möchte behaupten (obwohl ich zweifellos voreingenommen bin), daß es auf der ganzen Welt keine gibt, die diesen gleichkommen. Wenn man zu Beginn der Apfelsinenzeit über die Hügel hinblickt, sehen alle Anpflanzungen grün aus. Schaut man jedoch genauer hin, so bemerkt man, daß sich hier und da schon vereinzelte goldgelbe Orangen an den Bäumen zeigen. Die goldfarbenen Punkte im dunklen Baumgrün sind ein herrlicher Anblick. Einige Zeit später wird die ganze Ernte reif, und dann färben sich die Plantagen goldgelb. Aber zunächst werden jetzt diese Erstlingsfrüchte geerntet. Sie werden vorsichtig mit der Hand gepflückt, und sie erzielen auf dem Markt Spitzenpreise, die oft dreimal so hoch sind wie bei der übrigen Ernte.
Alle Christen werden, wie uns versichert wird, zur Reife gelangen. Aber das Lamm sucht Erstlingsfrüchte aus der unmittelbaren Begegnung mit Ihm — täglich neu.
13. JANUAR
Als Abraham von seinem verfehlten Unternehmen, dem Zug nach Ägypten, wieder zurückkehrte, wie kostbar muß ihm da das Land erschienen sein, das Gott ihm gegeben hatte! Doch nun mußte er etwas Wichtiges lernen, nämlich nicht gierig nach dessen Besitz zu greifen. »Aber eine so kostbare Gabe«, hätte er denken können, »muß man doch nehmen und um jeden Preis festhalten!« Und so denken wir in der Tat, wenn Gott uns seine Gaben zuteilt. Abraham aber sah, daß er loslassen mußte. Sein Neffe Lot sollte sich alles aussuchen können, was er wollte.
Diese Lektion müssen wir alle lernen. Können wir auf Gott vertrauen, daß er das, was er uns gegeben hat, für uns bewahrt, ohne daß wir selbst in unserem angeborenen Verlangen nach Besitz unsere Hand darauf legen? Was Gott gibt, das gibt er! Wir brauchen keine
Anstrengungen zu machen, um es zu behalten. Im Gegenteil, wenn wir ängstlich danach greifen und es festhalten, laufen wir unter Umständen Gefahr, es zu verlieren. Nur was wir in Hingabe an Gott losgelassen haben, wird wirklich unser.
14. JANUAR
1. Mose 49,22—24
Von den vielen Dienern Gottes im Alten Testament ist Joseph vielleicht der vollkommenste. Obwohl die Schrift uns nichts von irgendwelchen offenen Charakterfehlern sagt, wissen wir, daß sein Weg nicht leicht war. Wann begannen für ihn die Schwierigkeiten? Sicher mit seinen Träumen. Sie waren geistliches Schauen. In ihnen sah er, was Gott vorhatte, und er erkannte, welche Stellung er in Gottes Plänen einnahm. Durch seine Träume kam das ganze Geschehen ins Rollen, denn er sah Dinge, die seine Brüder nicht sehen konnten. »Da kommt der Träumer«, sagten sie und sannen auf sein Verderben. So wurde er als Sklave verkauft und in eiserne Ketten gelegt (Psalm 105,17—18). Aber trotz allem blieb Joseph am Leben und wurde schließlich das Werkzeug, durch das Gott einen gewaltigen Plan für sein Volk verwirklichte. Der steht fest bis zum Ende, der sehen kann.
15. JANUAR
Die einzige Frage, die Isaak nach den Berichten aus eigenem Antrieb gestellt hat, lautete: »Wo ist das Schaf für das Brandopfer?« Die Antwort war kurz und bestimmt: »Gott wird es sich ersehen«. Dies ist für Isaak bezeichnend — sein Vorrecht als Erbe bestand einfach darin, das zu empfangen, was ihm von seinem Vater freiwillig gegeben wurde. Er brauchte keine Brunnen zu graben; höch-
stens mußte er die von seinem Vater gegrabenen wieder freilegen. Auch hatte er bei seiner Heirat nicht mitzureden. Er wurde hinsichtlich seiner zukünftigen Frau nicht zu Rate gezogen und sollte nichts unternehmen, sie ausfindig zu machen. Sogar das Grab, wo er bestattet wurde, war schon von seinem Vater gekauft worden.
Wie Isaak sind auch wir in ein wohlhabendes Haus hineingeboren worden. Was Gott, unser Vater, für uns ersehen hat, sollen wir empfangen. Der Gott Isaaks ist auch unser Gott, und ist er nicht Gott, der Geber?
16. JANUAR
Wie ist das möglich? Weil Gott jene andere Prophezeiung erfüllt hat, die wir bei Joel finden: »Ich will meinen Geist ausgießen auf alles Fleisch.« Weil der heilige Geist auf die ganze Menschheit ausgegossen worden ist, genügt Gott auch der leiseste Ruf des Sünders.
Ein Verkündiger, der hieran nicht glaubt, ist nicht viel nütze. Für unser Predigen ist es von wesentlicher Bedeutung, daß der heilige Geist stets gegenwärtig und dem Sünder nah ist. Gott im Himmel ist zu weit entfernt; er ist praktisch außerhalb der menschlichen Reichweite. Aber »sprich nicht in deinem Herzen: >Wer wird in den Himmel hinaufsteigen?< — nämlich um Christus herabzuholen —: Nahe ist dir das Wort.« Wenn ich jemand das Evangelium verkündige, tue ich es immer in dem festen Glauben, daß der heilige Geist auf ihm ist, wie er bei der Schöpfung über den Wassern schwebte. Er wartet darauf, Christus in das Herz des Hörers hineinbringen zu können. Der heilige Geist ist wie das Licht. Wenn du deinen Fensterladen auch nur ein wenig öffnest, strömt es herein und erhellt dein Zimmer. Laß nur einen einzigen Ruf zu Gott aus deinem Herzen hervorgehen, und im gleichen Augenblick dringt der Geist in dich hinein und beginnt, dich zu verwandeln und Sündenerkenntnis, Reue und Glauben zu wirken — das Wunder der Wiedergeburt.
17. JANUAR
Angenommen, ich ginge in eine Buchhandlung, suchte mir ein zweibändiges Werk aus und zahlte den Preis; aber beim Hinausgehen ließe ich den einen Band aus Unachtsamkeit auf dem Ladentisch liegen. Wenn ich das Versehen bemerkte, was tat ich dann? Ich ginge sofort zurück, um den liegengebliebenen Band an mich zu nehmen, aber es fiele mir nicht ein, ihn nochmal zu bezahlen. Ich würde dem Ladeninhaber einfach sagen, daß beide Bände ordnungsgemäß bezahlt seien, ihm nochmals für den zweiten danken und dann mit meinem Besitz unter dem Arm fröhlich hinausspazieren.
Du bist in der gleichen Lage. Buße und Taufe geben dir ein Anrecht auf zwei Gaben, nicht bloß auf eine. Die Vergebung deiner Sünden hast du bereits. Warum gehst du nicht her und dankst ihm, wenn du es noch nie getan hast, für die Gabe des heiligen Geistes — jetzt gleich?
18. JANUAR
Auch wenn ich es könnte, möchte ich nicht mit den Aposteln den Platz tauschen, nicht einmal auf dem Berg der Verklärung. Der Christus, mit dem sie zusammenlebten, war ein von Zeit und Raum begrenzter Christus. War er in Galiläa? Dann konnte man ihn nicht in Jerusalem antreffen. War er in Jerusalem? Dann suchte man ihn vergeblich in Galiläa. Er war ja ins »Fleisch« gekommen, daran gebunden wie wir. Heute dagegen ist Christus weder durch Zeit noch durch Raum begrenzt, denn er lebt in der Kraft eines Lebens ohne Ende, und es hat dem Vater gefallen, ihn in meinem Herzen zu offenbaren. Die Apostel kannten ihn damals »nach dem Fleisch«, sie sahen und berührten ihn und lebten in der engsten Verbindung mit ihm. »Jetzt kennen wir ihn nicht mehr so«, und dennoch kenne ich ihn in Wahrheit, denn ich kenne ihn so, wie es Gott gefällt. Hat er mir nicht den Geist der Weisheit und Offenbarung in seiner Erkenntnis gegeben?
19. JANUAR
Was bei Paulus die lebenslängliche Hingabe hervorrief, war der Lichtstrahl von oben, und aus dieser Erleuchtung entsprang sein Gehorsam. Gott schätzt Selbsthingabe zwar in jedem Fall, doch wenn sie blind ist, nützt sie Gott wenig. Es besteht, glaube ich, ein Unterschied zwischen der ersten, der lauteren aber unwissenden Hingabe, die mit der Bekehrung beginnt, und jener weitergehenden, die einer vollzieht, wenn er die Pläne Gottes wahrnimmt und sie als verbindlich annimmt. Nach der ersten, auf unsere Errettung folgenden Hingabe stellt uns Gott vielleicht noch keine sehr harten Aufgaben. Aber wenn er sein Herz auftut und uns offenbart, was er getan haben will, wenn er unsere Bereitschaft verlangt und eine neue Antwort von uns erhält, dann steigern sich seine Anforderungen an unsere Gebebereitschaft. Wir haben uns ihm auf Grund eines neuen Verständnisses angelobt, und er nimmt uns von neuem beim Wort. Hiernach müssen wir ihm — immer wieder — auf unserem ganzen weiteren Weg alles hingeben, was wir haben.
20. JANUAR
Wie alles Reden Gottes zu seinem Volk in jenen lange zurückliegenden Tagen aus der Mitte der Cherubim der Herrlichkeit kam, genauso führte er das Volk durch diese gleiche Herrlichkeit weiter: Bei Tage erschien sie in der Wolke, nachts in der Feuersäule, und die Israeliten zogen ihr nach. Auch für uns kommt alle Offenbarung des Willens Gottes aus seiner Herrlichkeit. Bei jeder Angelegenheit müssen wir schauen, ob Gottes Herrlichkeit mit ihr in Verbindung steht, dann haben wir bereits erkannt, wie Gott uns bei dieser Sache führen will. »Ist dies sein Wille? Oder jenes?« fragst du mich, und ich antworte mit der Gegenfrage: »Liegt dort die Herrlichkeit Gottes?« Das mußt du herausfinden, dann brauchst du auf nichts Weiteres zu warten. Denn Gottes Herrlichkeit ist Ausdruck und Zeichen seines Willens. Um Führung zu haben, brauche ich mich also einfach nach ihr zu richten. Wo Gottes Herrlichkeit lagert, brauchen wir nach dem Weg nicht mehr zu fragen.
21. JANUAR
Es besteht immer die ernsthafte Möglichkeit, daß Gott seine Entschlüsse ändert. Deshalb sollten wir stets in demütiger Furcht vor ihm leben. Denn wenn etwas in uns sich seinem Willen widersetzt, muß Gott möglicherweise die uns gegebenen Weisungen ändern, wie er es im Fall der Kinder Israel tat. Sie erkannten zwar an, daß sie gesündigt hatten, aber sie waren im Irrtum, wenn sie meinten, fortfahren zu können, als habe sich nichts verändert. Denn verändert hatte sich etwas. In einer solchen Situation ist es Torheit, sich an etwas zu halten, was der Herr uns vor zwanzig Jahren — oder sogar erst im vorigen Jahr — gegeben hat. Wir müssen im Heute leben und uns an Gott halten. Ausschlaggebend ist die Beziehung im gegenwärtigen Augenblick. Ja, sogar Moses mußte erleben, daß seine Laufbahn umgelenkt wurde, als er Gott im Stich gelassen hatte. Wenn er sich dagegen Gottes Anordnung für den gegenwärtigen Augenblick fügte, wurde er gesegnet, während die Israeliten, die sie zu mißachten versuchten, ins Verderben stürzten. Hat etwas in mir Gott bestimmt, seinen Willen zu ändern? Dann will ich für seine Weisungsänderung offen sein.
22. JANUAR
Wenn Gott sein Wunder wirkt, müssen wir über unsere eigene Torheit lachen. Wer sich immer wieder Sorgen macht und eigene Pläne schmiedet, ist kein Jünger des Herrn. Viele, fürchte ich, erleben nie, daß Gott für sie wirkt, weil sie immer einen Ausweg haben — vielleicht irgendeinen Freund, der helfen könnte, wenn Gott es nicht tut! Am meisten zu bedauern sind die, die auch dann, wenn sie in eine äußerste Krise geführt werden, immer noch einen Weg finden, sich aus der Affäre zu ziehen. Denn die Not ist die Voraussetzung für Wunder. Wer sich der Not entzieht, geht des Wunders verlustig. Große Schwierigkeiten sind nur dazu da, uns zu zwingen, aus uns herauszugehen und unser Vertrauen auf Gott zu setzen. Wenn kein Ausweg da ist, wenn wir weder vor noch zurück können, dann hat Gott trotzdem eine Hilfe bereit. Er hat einen Plan. Fürchte also
nicht, etwas sei unmöglich. Die Umstände, die etwas unmöglich zu machen scheinen, sind für ihn ohne Bedeutung. Knie vor ihm nieder und warte darauf, daß er handelt. Es steht ein Wunder bevor.
23. JANUAR
Seien wir ehrlich: die Arbeit für den Herrn hat ihre Reize. Sie kann einen im Innersten erregen, etwa wenn viele Menschen zusammenkommen, um einen predigen zu hören. Wenn man dagegen zu Hause bleiben und sich von früh bis spät mit weltlichen Geschäften abgeben muß, dann fängt man bald an zu denken: »Wie sinnlos mein Leben ist! Wie herrlich, wenn man hinausgehen und dem Herrn dienen kann! Wenn ich doch frei wäre und umherziehen und predigen könnte!«
Aber das ist keine geistliche Haltung. Oft steckt nichts anderes dahinter als unsere persönliche Vorliebe. Kann es nicht sein, daß vieles von unserem sogenannten Gott-dienen in Wirklichkeit darin besteht, daß wir unseren Neigungen folgen? Ruhelos, wie wir sind, halten wir es nicht aus, zu Hause zu bleiben, deshalb laufen wir herum und tun Gottes Werk zu unserer eigenen Erleichterung. Wir mögen unsere ganze Kraft einsetzen, um unseren Brüdern zu dienen, uns abmühen, einen Sünder zu retten; aber eins ist not. Ist es bei uns so, daß wir vor allem anderen Ihm dienen?
24. JANUAR
Habe ich Angst zu sprechen, wenn ich mir nicht bewußt bin, daß das, was ich sage, mir hier und jetzt von Gott eingegeben worden ist? Muß ich so ängstlich fragen, ob es der heilige Geist ist, der mich treibt, dies oder jenes zu sagen? Wenn ich meine, ich müßte jedesmal die Gewißheit haben, daß mir meine Rede unmittelbar von Gott eingegeben ist, werde ich dann nicht vielleicht bloß zu erkennen
geben, wie sehr ich geistlich arm bin? Ein reicher Christ spricht aus der Fülle der Gnade in seinem Leben. Indem er Morgen für Morgen mit der Bereitschaft aufwacht, sich durch Gottes Wort lehren zu lassen, sammelt er geistliche Reichtümer an, aus denen er schöpfen kann. Anstatt von der Hand in den Mund zu leben, nämlich von der bei jeder besonderen Gelegenheit zugeteilten Gnade, sammelt er im Laufe der Jahre einen ständigen Überschuß an, aus dem er Altes und Neues vorbringen kann. Aus solcher Erfahrung kann er im gegebenen Fall die Meinung des heiligen Geistes aussprechen, auch ohne das anmaßende Bewußtsein, Gottes unmittelbares Sprachrohr zu sein.
25. JANUAR
Wie erreicht die Gemeinde ihr Ziel? Nur dadurch, daß sie den Weg von der Beengtheit zur Weite, vom Armsein zum Reichwerden geht. Du fragst: »Durch Beengtheit zur Weite — was ist darunter zu verstehen?« Wenn drei in einem Feuerofen eingeschlossen sind und aus den dreien werden vier, dann ist das Erweiterung durch Bedrängung. Manche finden, ein Ofen sei ein reichlich enger Raum für drei, deshalb versuchen sie hinauszukommen; andere nehmen die Begrenztheit willig an und schaffen eben damit Raum für einen vierten. Wenn wir Schwierigkeiten akzeptieren, so daß sie uns nicht von Gott abschließen, sondern einschließen zu ihm hin, dann geschieht das, was wir Ausdehnung durch Bedrängnis genannt haben. Manche gelangen dadurch, daß sie eingeengt werden, zur Fülle des Lebens; andere kommen in der Einengung um. Die einen murren, wenn Drangsale über sie verhängt werden und sehen in ihnen nur Einengung, Bedrückung, Tod; die anderen erleben Gott auch in den Prüfungen und wissen, daß diese der Weg sind, der zur Weite, zur Befreiung, zur Lebensfülle führt.
26. JANUAR
Der christliche Glaube beginnt nicht mit einem großen TUE, sondern mit einem großen GETAN. Unser Verstand natürlich lehnt sich hiergegen auf. Wenn wir uns nicht rühren, wie können wir denn unser Ziel je erreichen? Was können wir erlangen ohne Anstrengung? Wie können wir zu etwas kommen, wenn wir nicht dafür arbeiten? Aber das Christsein ist eine sonderbare Sache! Es geht aus von der Ruhe. Wenn wir am Beginn etwas zu tun versuchen, bekommen wir nichts; wenn wir selber etwas erreichen wollen, entgeht uns alles. »Es ist vollbracht«, sagte Jesus, und Paulus beginnt seinen Brief an die Epheser mit der Feststellung: »Gott hat uns mit jedem geistlichen Segen in der Himmelswelt gesegnet«. Wir werden also gleich zu Beginn aufgefordert, zu ruhen und das, was Gott getan hat, zu genießen — wir sollen nicht versuchen, es selbst zu erlangen.
27. JANUAR
Viele von uns unterscheiden nicht klar zwischen Gottes Verheißungen, seinen vollendeten Tatsachen (d. h. seinen gewaltigen Taten) und seinem Bund. Verheißungen werden gegeben, um den Glauben zu ermutigen, aber oft können wir Gottes Verheißungen nicht in uns aufnehmen. Manchmal vermögen wir nicht einmal Gottes Tatsachen zu ergreifen; die Erscheinungen, so sieht es aus, stehen in Widerspruch zu ihnen. Aber auch wenn dies so ist, haben wir immer noch seinen Bund. Und der Bund bedeutet mehr als die Verheißungen, sogar mehr als die gewaltigen Taten. Der Bund ist etwas, was Gott sich zu tun selber verpflichtet hat; es ist eine uns von Gott gegebene Handhabe, die der Glaube ergreifen kann. Moralisch haben wir keinen Anspruch an Gott. Aber es hat ihm gefallen, sich an einen Vertrag zu binden, in dem er sich verpflichtet hat, für uns zu handeln. Deshalb ist der Bund etwas so Kostbares. Er ist es, der dem Glauben Kraft gibt, wenn dieser am schwächsten ist.
28. JANUAR
Es scheint klar zu sein, daß geistliches Schauen nicht von sich aus genügt, ein Leben umzuwandeln. Wir brauchen nur an Jakobs Himmelsleiter zu denken. Wegen seines betrügerischen Verhaltens hatte Jakob Heimat und Habe verloren. Trotzdem ließ ihm Gott in Bethel eine wunderbare Schau zuteil werden, daß Jakob ausrief: »Wie furchtbar ist diese Stätte!« Die ihm gegebenen Verheißungen waren an keine Bedingungen gebunden. Aber stellen wir diesen Verheißungen Jakobs Antwort an Gott gegenüber: »Wenn du ... wenn ... wenn ..., dann will ich ...« Sogar mit Gott wollte er einen Geschäftsvertrag abschließen. Er war noch immer der gleiche, unveränderte Jakob.
Bald darauf bekam er es mit Laban zu tun, der genau so war wie er. Auf diese und noch manche andere Weise führte Gott Jakob durch viele Jahre einer höchst fruchtbaren Zucht. Aus dem verwöhnten Muttersohn wurde ein hart angefaßter Handlanger. Aber Gottes Wege sind immer richtig, und als Jakob schließlich den Weg nach Bethel zurück fand, war er ein neuer Mensch.
29. JANUAR
Diese Worte sagen aus, worin alles in der Erfahrung der Kinder Gottes seine Nahrung hat. Der Tau ist für Leben und Wachstum von Bäumen und Blumen lebenswichtig; und nun verheißt uns der Herr selbst, daß er wie der Tau sein wird. In unserem Leben als Christen kommt alles auf uns herab von Christus. Er ist uns gemacht zur Weisheit, Gerechtigkeit, Heiligkeit — ja zu allem, und es gibt kein Bedürfnis, das wir, wenn wir ihn annehmen, nicht befriedigt fänden, und andererseits wird uns nichts als gesonderte, von ihm abgetrennte Gabe geschenkt.
»Ich will sein wie der Tau«, sagt Gott, und in der zweiten Hälfte des Verses zeigt Hosea, wie das Leben, wenn es sich hierauf gründet, ein geheimnisvoll zweifaches Gepräge erhält. Die Lilienblüte ist dabei auf wunderbare Weise verbunden mit den Wurzeln der Zeder: zerbrechliche Schönheit in einer und derselben Pflanze vereint mit massiver Kraft. Solche Wunder werden nur durch den überirdischen Taufall bewirkt.
30. JANUAR
In einem Gotteskind sind zwei einander entgegengesetzte Wesensarten vereinigt, über der Erde zeigt sich das einfache, unverfälschte Leben in Gottvertrauen und Glauben, dargestellt durch die von Gott gepflanzte Lilie. Das ist, was die Menschen sehen. In der Tiefe jedoch, dem Blick entzogen, sind die mächtigen Zedernwurzeln, die der zarten Lilienpflanze eine ganz ungeahnte Kraft verleihen. Hier liegt das Paradoxe eines Lebens, welches das Kreuz kennengelernt hat. Nach außen hin ist dieses Leben zerbrechlich wie die über der Erde blühende Lilie, aber unter der Erdoberfläche, ganz im Verborgenen, ist hundertmal mehr.
Das ist der Maßstab. Wieviel von meinem Leben ist sichtbar? Wenn die Menschen seine Oberfläche anschauen, haben sie dann das ganze gesehen, oder ist noch mehr da? Habe ich im Unsichtbaren eine verborgene Geschichte mit Gott? Die Menschen ziehen nur die in ihrer Schwachheit blühende Lilie in Betracht. Gott dagegen geht es um die Wurzeln, daß sie stark seien wie die der Zeder.
31. JANUAR
Es ist eine betrübliche Tatsache, daß manche von uns, die Gottes bewahrende Kraft erfahren haben, dennoch daran zweifeln, daß sie einen auch weiterhin erhält. Erkennen wir nicht, daß er, der Geber aller Gnaden, auch der ist, der uns in seiner Gnade erhält und stützt? Sehen wir doch Kaleb an. Als Mose ihn ausgesandt hatte, das Land zu erkunden, war er stark gewesen, aber nicht weniger stark war er jetzt, als er diese Worte aussprach. Was sich als ausreichend für die gewöhnlichen Anforderungen des Alltagslebens erwiesen hatte, das war darüber hinaus auch für die besonderen Anstrengungen des Krieges genügend. Dazwischen lagen harte Jahre; dennoch war Kalebs Kraft mit fünfundachtzig Jahren nicht geringer als mit vierzig. Hierfür gibt es bei ihm nur eine einzige Erklärung, wie es auch bei uns bei unserem Lebensende nur eine einzige geben wird: Er war durch die Kraft Gottes erhalten worden.