Das Birkenmädchen, Daniela Zabel-Plothow

Die kleine Fridl hat ein sonniges Gemüt, auch wenn dunkle Wolken über ihrem Leben hängen. Ihre Mutter hat das unehelich geborene Kind bei Onkel und Tante zurückgelassen, um ihr Brot im Barischen zu verdienen. Das wäre auch nicht so schlimm, denn im schönen Frankenland lebt Fridl wie im Paradies. Doch nun soll ihr ausgerechnet das auch noch genommen werden, als ihre Rabenmutter sie zu sich holen will. 

Aber nicht mit ihr! Ohne lange zu fackeln, macht sich die junge Dame von zehn Jahren auf, um eine andere Mutter zu finden, die ihr Wärme und Geborgenheit gibt. Am besten am Ende der Welt. Und das kann nur in der Reichshauptstadt liegen, in Berlin. Die Reise, auf die Fridl sich begibt, wird zu einer abenteuerlichen Expedition durch das aufgewühlte Deutschland der dreißiger Jahre. Gut, dass ihr Gottvertrauen und ihr Mutterwitz sie nie im Stich lassen ... 

1. Das Tunienhaus
Fridl Waldhofer war ein glückliches Kind. Auch als Erwachsene würde sie noch sagen: „Ich hatte eine wunderbare und abenteuerliche Kindheit. Und ich habe so viel Liebe bekommen!"
Ein anderes kleines Mädchen an Fridls Stelle hätte über die gleiche Kindheit vielleicht gesagt: „Ich bin ein armes, unglückliches Kind. Einen Vater habe ich nie gekannt. Meine Mutter hat mich weggegeben an Verwandte, die selber keine Zeit und kein Geld hatten und mich nebenbei noch durchfüttern mussten."
Das stimmte schon. Jedoch bestand dieses „Nebenbei" aus Liebe, aus Wärme und Nähe, aus lauter glücklichen Augenblicken. Und von denen zu leben, erwartungsvoll von einem zum anderen, war Fridl als Lebensgeschenk mitgegeben worden.
Das arme, unglückliche Mädchen war eigentlich ihre Mutter, die Mariann, deren Eltern ihr das Haus verboten hatten, weil sie den. Vater ihres Kindes nicht verraten wollte. Die Leute im Dorf munkelten, er sei ein amerikanischer Tourist, ein Zigeuner oder ein „südlicher" Gastarbeiter, aber gewiss kein Deutscher, weil das Kind mit den dunklen Augen schon bei der Taufe dichtes schwarzes Haar und eine bräunliche Hautfarbe hatte, und das bei dieser blonden, blauäugigen Mutter!
Nicht alle Leute in Stadt und Dorf hielten viel vom Klatschen und Tratschen. Wie zum Beispiel die Kleinbauernfamilie Beck, bei der Mariann Zuflucht fand. Frau Beck war ihre Tante und versprach, dass sie