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FRAGEN AUS DER BEDRÄNGNIS
- Glaube und Zweifel
- Katastrophen
- warum?
- das Christusrätsel
- das Schweigen Gottes
- wie kriege ich einen gnädigen Gott?
- der Sinn unseres Lebens
- in den Tiefen
- der Abgrund der Verlassenheit
- wem die letzte Stunde gehört
- verschollen, im Ungewissen versunken
Wenn Not und Leid über einen Menschen hereinbrechen, ist das Schweigen Gottes oft eine der größten Belastungsproben des Glaubens.
Warum musste das geschehen?
Warum gerade mir?
Warum ausgerechnet dem Menschen, den ich so sehr liebe?
Diese Warum-Fragen können zur tödlichen Wunde der Seele werden, und Gott antwortet häufig nicht darauf.
Die Beiträge dieses Buches, die selbst in schweren Zeiten entstanden sind, machen Mut, Gott inmitten seines Schweigens getrost beim Wort zu nehmen
FRAGEN AUS DER BEDRÄNGNIS
Glaube und Zweifel
Der Glaube glaubt nicht nur »an« Gott, sondern er glaubt auch »gegen« etwas: Er glaubt gegen den Augenschein, der die Existenz Gottes oft so unwahrscheinlich macht.
Er glaubt gegen die Angst, gegen die Sorge, gegen die Schuld und gegen den Tod.
Wir wollen nur einen dieser Zweifel herausgreifen, gegen den der Glaube glaubt: den Zweifel daran, daß Gott gerecht ist,
und daß also höhere und sinnvolle Gedanken über unserem Leben gedacht werden. Für diese Frage ist die Gestalt des Hiob ein klassisches Modell.
Der Versucher schlug Hiob mit vielen Plagen: Er nahm seine Güter, seine Knechte, seine Kinder.
Er stürzte ihn von der Höhe eines befriedigten und frommen Lebens (ach, wie leicht ist da fromm zu sein!) in den Schrecken entblößter und
hungriger Armut. »Der Herr hat's gegeben, der Herr hat's genommen, der Name des Herrn sei gelobt« (Hiob 1, 21). Ja: mit letzter Kraft
erfaßt Hiob noch den Sinn des Geschehens, reißt er das Wort Gottes an sich, das ihn aus diesem Unglück anblickt, und klammert sich an seinen
Trost: »Der Gott redet hier, der geben und nehmen kann. Wie hätte ich dies Geben und Nehmen Gottes aber je begreifen und ernst nehmen können,
wenn er nicht auch genommen hätte, wenn ich nicht bitter von ihm geschlagen worden
wäre -? Er wäre dann ein frommer Schmuck meines Lebens geblieben, und sein Dienst wäre wohl ein erhebender Kultus in meinem reichen Hause gewesen; aber eben ein >Schmuck<, der Gott in der >Sonntagsecke<. Gewiß: ich hätte redlich gelebt, meinen Nächsten und meine Freunde liebgehabt, ich hätte tapfer gearbeitet und mich gut mit ihm gestellt. Aber bei alldem wäre er doch nicht der wirkliche Herr meines Lebens gewesen: Er wäre nicht jener unheimlich reale Herr gewesen, der unerforschlich geben und nehmen kann, und dessen Ratschluß zu hoch ist, als daß man ihn verstehen könnte (Hiob 42, 3). Er wäre auf keinen Fall jener Herr für mich gewesen, dem ich in allem und unter allen Umständen recht gegeben hätte. Nein: Er wäre ein Herr für mich gewesen und geblieben, mit dem ich von Herzen gestritten, gehadert und gerechtet hätte (42, 4). « Das alles ahnt Hiob noch, als Gott ihm sein Liebstes und seine Lieben nimmt. Und er hält diesen frommen Gedanken auch dann noch fest, noch einen Augenblick lang fest (auch wenn der Zweifel schon dumpf in ihm tönt), als der Versucher wiederum kommt und nicht nur Güter und Kinder nimmt, sondern ans Leben selber geht und Gebein und Fleisch antastet (2, 5), als er an den Augapfel des Lebens rührt (2,4) und ihn mit Schwären schlägt von der Fußsohle bis an den Scheitel (2, 7).
So sitzt er in der Asche seiner verbrannten Güter und schabt sich die wehe, entstellte Haut und klammert sich noch einmal an die Stimme, die in all dem tönt: Auch das Böse, das Schreckliche müssen wir aus seinen Händen nehmen, so wie wir das Gute ja auch von ihm geschenkt bekommen (2, 10). Oder sollte es etwa keine Güte sein, wenn ein schmerzliches Schicksal uns lehrt, daß alles, alles von Gottes
Händen und Herzen zu uns herniederkommt, Liebes und Leides? Aber dann starrt ihn die nackte Sinnlosigkeit an, dann sieht er nur Asche und Schwären, klagende Freunde, fühlt ur nur noch brennenden Schmerz. Und im Hintergrund steht der Versucher und mißt mit der Sanduhr, gespannt, wann die Grenze des Möglichen, des Menschenmöglichen ün Leiden überschritten sein wird: Die Sanduhr läuft; aber zunächst will
Hiob noch reifer werden in seiner Erkenntnis Gottes; er meint zu spüren, was Gott ihm durch all den zugefügten Schmerz sagen will. Doch der Versucher lächelt überlegen. Er wird das Spiel gewinnen. Er ist sich klar, daß zweierlei für ihn arbeiten wird: die Zeit und der Schmerz. Er weiß: Reifer werden wollen durch das Leid, das kann doch nur heißen, daß man sich das Leid »zur Lehre« dienen lassen will; so wie Hiob sich durch den Verlust seiner Güter darüber »belehren« läßt, daß sie ihm nicht gehören, sondern Gott, und daß Gott sie ihm nehmen kann und daß Gott sich folglich als Herr über Leben und Tod und Güter zeigen will, wenn er so schmerzvoll in unser Leben fährt.
Der Versucher lächelt über diese fromme Regung. »Ja - denkt er -, wir wollen den Augenblick abwarten, wo das Leid den guten Hiob genügend in diesem Sinne >belehrt< hat. Das kann doch nicht lange dauern. Die frommen Weisheiten, die ihm im Unglück erwachsen und die man später einmal fett drucken wird - nun, die werden verstummen, wenn das Leiden weitergeht. «
Jawohl: »Wenn das Leiden weitergeht. « Der Versucher ist ein guter Psychologe, er rechnet so: Hiob meint, wenn er genügend aus seinem Leiden gelernt hätte (zum Beispiel, daß Gott gibt und nimmt und daß er der Herr ist), dann müßte das Leiden wieder aufhören, weil es ja seinen Sinn erfüllt hätte. Denn wenn es einfach weiterginge, dann könnte er
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