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Mittelpunkt einer großen Kinderschar im »sonnigen Haus« am Berg, die wir schon aus dem Buch »Die fröhliche Familie« und »Wir waren unser elf« kennen und lieben, ist die allzeit strahlende und heitere Mutter, die sich diese Ausgeglichenheit täglich neu im Gebet von ihrem himmlischen Vater schenken läßt. Trotz der vielen Arbeit ist sie immer für ihre Kinder da und zeigt liebendes Verständnis für deren Sorgen und Nöte. Auch wenn bei einem nicht bedachten Ungehorsam der kleine Sünder die Strenge des Vaters fürchtet, ist die Mutter Zuflucht und Trösterin, die nicht die Buße, aber das Herz leicht macht. Die ursprüngliche Frische der erzählten heiteren und ernsten Episoden aus dem »sonnigen Haus« nehmen den Leser so gefangen, daß er sich mitten ins Geschehen hineinversetzt fühlt. Zum Vorlesen, auch nur abschnittweise, im häuslichen Kreis der Familie wie in Jugend- und Frauenkreisen sehr geeignet.
ES GIBT WAS BESSERES IN DER WELT
„Mutter, warum heißt unser Haus das sonnige Haus?", fragte unser Jüngster, der fünfjährige Hermann, als wir in der Dämmerstunde um Mutter herumsaßen.
„Hermann, warum heißt unsere Familie die fröhliche Familie?" wandte sich Emma, unsere Älteste, an unseren jüngsten.
„Weil wir immer so fröhlich sind!" antwortete er lachend und kuschelte seinen blonden Lockenkopf an Mutters blaue Schürze.
„Nun, und warum nennen die Leute unser Haus das sonnige Haus?" fragte Emma weiter.
„Weil es sonnig darin ist", erwiderte der Kleine, aber er krauste dabei nachdenklich die Stirn. „Immer aber scheint die Sonne nicht hinein", meinte er dann.
„Aber die Sonne ist doch immer darin", erklärte Mutter.
„Das bist du!" rief Hermann und umarmte Mutter stürmisch.
Wir anderen stimmten ein: „Ja, ja, ja!"
Aber Mutter wehrte ab: „Kinder, Kinder, ihr alle müßt inwendig im Herzen Sonne haben!"
„Das haben wir aber nicht immer", murmelte Guste.
„Wenn du wieder Krach mit Wilhelm hast, bestimmt nicht", sagte Minchen.
„Oder du mal wieder die beleidigte Leberwurst spielst", gab Guste zurück, die übrigens täglich in Tante Ewertsbuschs großer Metzgerei half.
„Oder ihr euch beide so wie jetzt benehmt", mahnte Emma.
„Ach, das sind nur kleine Schäfchenwölkchen, die bald zerstieben", tröstete Lenchen.
„Das will ich hoffen", sagte Mutter. „Und wenn einmal die dicken Wolken kommen, dann wissen wir, und das merkt euch für euer künftiges Leben: Hinter den Wolken scheint immer noch die Sonne! Wißt ihr denn auch, wer unseres Hauses Sonne ist, die Sonne, die nie untergeht?"
0 ja, wir Kinder wußten, welche Sonne Mutter meinte. Wie oft hatte sie uns gesagt und mit uns gesungen:
Die Sonne, die mir lachet, ist mein Herr Jesus Christ; das, was mich singen machet, ist, was im Himmel ist.
Wie oft hatten wir abends mit ihr angestimmt 0 selig Haus, wo man Dich aufgenommen, Du wahrer Seelenfreund, Herr Jesus Christ, wo unter allen Gästen, die da kommen, Du der gefeiertste und liebste bist!
Oh, wir hatten auch noch andere Gäste in unserem sonnigen Haus, die nicht mehr auf dieser Erde wandelten und doch halfen, daß unser Haus ein sonniges Haus war. Einer der besten Freunde unserer lieben Mutter war der gute alte Matthias Claudius. Seine Gedichte wurden bei uns gar gern gelernt und gesprochen, sein schönstes Lied fast jeden Abend gesungen. Ich sehe uns noch vor dem Haus sitzen, die Großen neben der Mutter auf der Bank, die Jüngeren zu ihren Füßen, das Kleinste auf ihrem Schoß. Drunten im Tal blinkten die Lichter der Stadt aus den Nebelschleiern, und über uns leuchteten die Sterne, und dann erklang es: Der Mond ist aufgegangen, die goldnen Sternlein prangen am Himmel hell und klar. Der Wald steht schwarz und schweiget, und aus den Wiesen steiget der weiße Nebel wunderbar.
Und zuletzt hallte es feierlich in den Abend hinein:
Und laß uns ruhig schlafen und unsern kranken Nachbar auch! Matthias Claudius half auch, daß kleine Schäfchenwölkchen, die uns die Sonne verdunkelten, rasch zerstreut wurden. Da war einmal in einem kleinen Nachbarort Kirmes. Guste mußte aus Onkel Ewertsbuschs Metzgerei am Samstagabend Fleisch hintragen und nahm Hermann, Karl, Alwine und auch mich mit. Unser Vetter Daniel, den wir unterwegs trafen, schloß sich uns auch noch an.
Nun, es war dort auf dem Kirmesplatz keine große Herrlichkeit zu sehen. Heutzutage würden die meisten Kinder darüber die Nase rümpfen. Wir aber starrten bewundernd auf die Lebkuchenherzen mit ihren aufgeklebten bunten Bildern und Sprüchen, die an den Stangen der Zuckerbuden baumelten. Wir beobach..
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