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Der Geigenbauer Polevino möchte ganz für seine Arbeit und seine Musik leben. Aber die Ereignisse im prächtigen und lasterhaften Florenz machen auch vor ihm und seinem Sohn Antonio nicht halt. Eine geschichtliche Erzählung aus den Tagen des Vorreformators Savonarola, der 1498 als Märtyrer auf dem Scheiterhaufen stirbt.
Die Abendmesse, die in der prachtvollen Kirche Santa Maria Novella zu Florenz gefeiert wurde, neigte sich ihrem Ende zu. Ein Chor von Dominikanermönchen vom Kloster San Marco sang noch das Gloria matris dei in voller Harmonie. Die Klänge schwangen sich empor bis zu der hochgespannten Wölbung der Kuppel und weckten dort ein wunderbares Echo. In der spanischen Kapelle des Domes, deren Decke mit dem schönen Freskogemälde: Die triumphierende und die streitende Kirche geziert war, kniete eine junge Frau in ihrem Betstuhle. Ihre Augen waren unverwandt nach oben gerichtet, während ihre Lippen abermals den Wunsch vortrugen, auf dessen Erfüllung sie nun schon seit Jahren wartete. Es war ein Kindersegen, den die junge Frau Margerita Polevino heute vom Herrn der Kirche anstatt von einem der Heiligen erflehte, die dort auf ihren marmornen Postamenten in stolzer Erhabenheit thronten.
Das Volk erhob sich und strömte an der Menge der seidenen Fahnen, die an den Wandelgängen standen, vorbei, um ins Freie zu gelangen. Schon auf den glatten Marmorstufen begann heitere Rede und Unterhaltung, als kämen die reichgekleideten Menschen aus einem Theater und nicht aus einem Gotteshause. Allen kriegerischen Verwicklungen zum Trotz verleugnete sich der leichte florentinische Geist nicht. Über die Piazza della Signoria, vorbei an der glänzenden Loggia dei Lanzi, flutete das bunte Leben. Patrizier, in Samt und Seide gehüllt, ergingen sich hier in den letzten Stunden des zur Neige gehenden Sonnentages. Soldaten, in Stahl gekleidet und mit wallenden Straußenfedern geschmückt, scherzten mit den Mädchen, und ernste Kaufleute besprachen die Beziehungen zu Venedig oder Pisa. Freilich, so reich und friedlich auch das Bild nach außen hin erschien, so gärend und kampfdurchwühlt war es auf der anderen Seite. Wohl hatten die vom Hause Medici mit starker Hand an der Blüte der Republik gearbeitet, Kunst, Wissen und Wirtschaft gefördert. Aber sie hatten es doch nicht vermocht, jener immer lauter werdenden Unzufriedenheit zu gebieten, die gleich einem brandenden Meer an die marmornen Grundmauern der goldschimmernden Kirche schlug. Kardinäle und Priester sahen sich da und dort angegriffen und in bedeutungsvolle Kämpfe verwickelt. Das dumpfe Rauschen dieser Brandung drang selbst bis nach Rom und vermischte sich dort mit dem Streit der Parteien, den Intrigen der kirchlichen Würdenträger und dem Waffenlärm, der von Frankreich herüberschallte.
Ob nicht endlich einmal ein Mann kommen würde, der der verweltlichten Kirche Gottes Gericht predigte? Oder ob es so weiter gehen würde mit dem Kampf um die Macht, um den Glanz und Reichtum? Das waren die Fragen, die so manches Gemüt ruhelos umtrieben und bewegten. Unter den florentinischen Bürgern, die diesen Streit gegen die Säulen der Kirche gern beendet gesehen hätten, befand sich auch Francesco Polevino, der Geigenbauer. Freilich sprach auch er gern mit vertrauten Freunden über all das politische und kirchliche Geschehen, das zwischen den Fürsten und dem Papst sich abspielte und die Patrizier und Bürger erregte. Nur stellte er sich dabei rückhaltlos auf die Seite der Kirche, die er, wie sein Weib Margerita, von Herzen liebte und verehrte, und in der er die mächtige Beschirmerin aller schönen Künste sah.
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