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Sie geht klagend vor mir her und zieht sämtliche Schubladen auf, die in Frage kommen. Sie langt in die tiefe VAse hinein, tastet die hohe Schrankleiste ab und fördert immerhin ein paar vermisste Dinge zutage: ihre Zwiebrille, ein paar in Zeitungspapier eingewickelte Glühbirnen, einen Geldschein. Zuletzt kommt auch der Schlüsselbund glücklich im unteren Herdfach zum Vorschein.
GROSSDRUCK
DIE FEIERABENDSTUNDE
Geschenkbändchen in großem Druck mit gehaltvollen christlichen Erzählungen. Jedes Bändchen 48-64 Seiten
Nr. 61: Hanns-Georg Georgi, Egberts große Stunde
Nr. 62: Elisabeth Dreisbach, Das letzte Licht
Nr. 63: Helene Müller, Die Reise zum Arlberg
Nr. 64: Martha Pampel, ... und weiter geht die Uhr
Nr. 65: Hanns-Georg Georgi, Füße der Liebe finden einen Weg
Nr. 69: Käthe Papke, Der Engel von Bregenz
Nr. 70: Helene Müller, Was der Mensch sät
Nr. 71: Elisabeth Dreisbach, Dennoch in Gottes Händen
Nr. 74: Werner Lutz, Auf Großvater ist Verlaß
Nr. 75: Martha Pampel, ... wie Kinder fromm und fröhlich sein
Nr. 76: Hanns-Georg Georgi, Aufregung in Tannwald
Nr. 77: Karl Hesselbacher, Der Lieblingsspruch
Nr. 78: Werner Lutz, Es gibt noch Liebe unter den Menschen
Nr. 79: Käthe Papke, Wenn Gott spricht
Nr. 80: Hanns-Georg Georgi, Der Platz, den Gott ihr gab
Nr. 81: Helene Müller, Schäfermärtes großes Erlebnis
Nr. 82: Georg G. Steinberg, Der Inselpastor
Nr. 83: Hanns-Georg Georgi, Schwester Antjes besonderer Patient
Nr. 84: Ruth Goseberg, Die Liebe gibt nicht auf
Nr. 85: Dorothee Siebenbrodt, Der ungeöffnete Brief
Nr. 86: Alfred Otto Schwede, Heimlicher Weg über die Grenze
Nr. 87: Helene Müller, Juttas seltsamer Weg
Nr. 88: Elisabeth Dreisbach, Vergebene Schuld
Nr. 89: Alfred Otto Schwede, Eine Glocke im Nebel
Nr. 90: Hans-Dieter Stolze, Dein Bruder wartet auf dich
Nr. 91: Lotte Trierweiler, Das zerrissene Buch
Nr. 92: Hanns-Georg Georgi, Des Türmers bester Freund
Nr. 93: Berta Schmidt-Eller, Ein Platz für Mutter
Nr. 94: Martha Pampel, Das Leben geht weiter
Nr. 95: Karl Hans Pollmer, Hände Gottes
Nr. 96: Wilhelm Jörn, Andreas Grundmann und sein Erbe
Nr. 97: Dorothee Siebenbrodt, Das verlängerte Wochenende
Nr. 98: Brigitte Grill, Oma, so gefällst du mir!
Nr. 99: Elisabeth Dreisbach, Der entgleiste Posaunenengel
Nr. 01: Brigitte Grill, Wiedersehen in Israel
Nr. 02: Werner Lutz, Von ganz anderer Schönheit
Nr. 03: Brigitte Grill, Der kleine Brückenbauer
Nr. 04: Werner Lutz, Die gerade Furche
Nr. 05: Georg G. Steinberg, Als Schäfer Wimbl kam
Nr. 06: Wilhelm Hörmann, Die Sonnendahlie
Die Reihe wird fortgesetzt
Bestellnummer 37 606-6 [480] ISBN 3-7675-7606-6
Die Feierabendstunde Nr. 06
Nun wohnen wir in dieser großen Stadt an der Elbe, die man das Tor zur Welt nennt. Eine Millionenstadt, nein, eine Zweimillionenstadt. Unvorstellbar: zwei Millionen Menschen auf begrenztem Raum zwischen hoch aufragenden Hausfassaden und in Straßenschluchten, durch die ein dichter, lärmender Verkehr flutet.
Wer aus der Provinz kommt, neigt dazu, Vorübergehende zu grüßen. Nun, versuche das mal auf der Mönckebergstraße morgens zwischen acht und neun, oder nachmittags zwischen vier und fünf, wenn die Büros und Werkstätten schließen.
Keine fünf Meter vermagst du geradeaus zu gehen, schon mußt du ausweichen, nach rechts, nach links, mußt im rasch auflaufenden Gedränge stehenbleiben, bei Grün auf die andere Straßenseite eilen. Gib acht auf deine Tasche! Tritt niemand auf die Füße; denn vom gegenüberliegenden Bordstein löst sich im gleichen Augenblick ein noch größerer Haufe, auf dich zukommend, den es zu durchsteuern gilt. Menschen, Menschen, und alle blicken sie geradeaus. Nur flüchtig nimmst du wahr, daß dies eine Frau und jenes ein Mann ist, als rollten rundum geschlossene Kugeln aneinander vorbei.
Unsere Wohnung liegt in einem Vorort, Kienaustraße drei. Hier gibt es gottlob noch keine Hochhäuser. Überschaubare Wohnhäuser mit Vorgärten, die oftmals sehr schön angelegt sind, reihen sich aneinander. Trifft man's gut, so gehört zur Wohnung, die man mietet, der größere Hintergarten. Wir haben es gut getroffen.
Der Vorgarten schaut ungepflegt aus. Es wird unsere Aufgabe sein, ihm ein freundlicheres Gesicht zu geben. Vorgärten sind die Visitenkarte des Hauses. Die Rhododendronbüsche links in der Ecke, zum Beispiel - verkümmert, mit zum Teil gelben Blättern. Sie brauchen Torfdünger und Blaukorn. Mit Blaukorn läßt sich gärtnerisch viel machen.
An der Haustür sind rechts die Klingelknöpfe angebracht. Daneben die Namen. Der unterste gehört zu uns: Albert Ballach. Darüber liest man: Pauline Dorsch. Die Hauseigentümerin, achtzig Jahre alt, leidet an den Folgen eines leichten Schlaganfalls, alleinstehende Witwe. Und zuoberst: Franz Balnau. Eine Familie? Aus wieviel Personen bestehend?
In solch kleinen Häusern gilt der Nachbar mehr.
Es dauert nicht lange, und man kennt sich, wechselt ein paar Worte im Treppenflur, hilft sich gegenseitig aus.
„Sie haben sehr nette Freunde", sagt Frau Dorsch, als wir zum Antrittsbesuch bei ihr klingeln.
„Ja, viele Hände machen ein rasches Ende", entgegnet Käte.
Frau Dorsch bittet uns ins Wohnzimmer, wo wir auf altertümlichen, roßhaargepolsterten Stühlen Platz nehmen. Schwere, gobelinartige Portieren verhängen den Durchgang zum Schlafzimmer. Zugleich verdunkeln sie den Raum, dessen braungetönte, ornamental gemusterte Tapeten ihrerseits wenig zur Erhellung beitragen.
Zwischen Bildnissen in viereckigen Rahmen hängen kleinere in ovalen Rähmchen. Ober der schweren, dunkel gebeizten Kommode ist, größer als alle übrigen, das Bild von Herrn Dorsch angebracht. Den Schnurrbart trägt er senkrecht aufgezwirbelt. Ein rundes, kräftiges Gesicht auf kurzem Hals, selbstbewußt, beinahe streng auf den Betrachter niederschauend.
„Mein Mann", sagt Frau Dorsch. „Wir betrieben eine Bäckerei mit vier Angestellten. Er ist seit zwanzig Jahren tot."
„Haben Sie Kinder?"
„Leider nein! Jetzt, wo ich so alt bin, denke ich
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