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Einer der großen Beter, die uns die Bibel nennt, war Samuel, dessen Leben und Dienst mit der größten Umwälzung im irdischen Gottesvolk verbunden ist: von der Gottesherrschaft zur Königsherrschaft. Als Antwort Gottes auf das innige Gebet einer bedrückten Mutter, wird in einer gottlosen Zeit das Kind Samuel geboren. Unter einer konsequenten vom Gebet bestimmten Erziehung wird aus ihm ein Mann, der als Prophet ein echtes Werkzeug Gottes ist. Mit Gedanken und Reden, mit seinen Taten und geistlichen Diensten sich zu beschäftigen, vermittelt uns bis heute viele hilfreiche Lehren und Denkanstöße, die zu einem geheiligten Dasein für den Herrn Jesus führen können.
Vorwort
Zwei Stellen in der Apostelgeschichte zeigen uns, von welcher Bedeutung Samuel war:
»Er gab ihnen Richter bis auf den Propheten Samuel« (Apg. 13,20).
»Alle Propheten von Samuel an und hernach« (Apg. 3,24).
»Bis« auf Samuel; - »von« Samuel an; diese beiden kleinen Wörter beweisen, daß sein Leben eine Brücke bildete, daß in ihm zwei Zeitalter sich die Hand reichten.
Die Betrachtung seines Lebens ist besonders für diejenigen von Wichtigkeit, die inmitten der Unruhe und den Wirren der Zeit stehen müssen. Samuel war kein Einsiedler, der sich vom Schauplatz der Welt zurückzog und seine Zeit verträumte. Staatsmann und Politiker im besten Sinne des Wortes, spielt er eine große Rolle in Israels Geschichte; er setzt Könige ein und setzt sie ab.
Sein Leben scheint nicht oft behandelt worden zu sein, und ich hoffe daher, daß dieses Buch eine vorhandene Lücke ausfüllen wird. Viel Anregung verdanke ich den Werken: »The Jewish Church« von Dean Stanley und »Samuel and Saul« von Rev. W. J. Deane. Die lokale Färbung habe ich vielen anderen Schriftstellern entnommen; ich habe mich bemüht, dadurch ein recht anschauliches Bild des Propheten Samuel und des unzertrennlich mit ihm verbundenen Königs Saul zu liefern.
F. B. Meyer
Eine Übergangszeit (1. Samuel 1) Weicht, ihr Berge, fallt, ihr Hügel, Brecht ihr Felsen, alle ein! Gottes Gnade hat das Siegel, Sie will unverändert sein. Laß die Welt zu Trümmern geh 'n, Gottes Gnade wird besteh'n. Wir leben heute in Zeiten, wo sich auf allen Gebieten des Lebens ein großer Umschwung vorbereitet. Das Alte weicht zurück, und das Neue bricht sich gewaltsam Bahn. Ähnliche Zeiten hat es oft gegeben, z.B. als die Einrichtungen des levitischen Gottesdienstes, die doch nur vorbildlich waren, durch »die himmlischen Dinge selbst« ersetzt wurden. Auch zu der Zeit, wo unsere Erzählung beginnt, bereitete sich ein mächtiger, tief eingreifender Umschwung in dem nationalen Leben Israels vor.
Die Geschichte Samuels ist ein göttliches Intermezzo zwischen den Tagen der Richter und denen des Königs David. Im jüdischen Staat war bis zu dieser Zeit der Hohepriester die höchste und unbestrittene Autorität gewesen. Mose, der Begründer des Staates, konnte keinen Nachfolger haben, aber auf Aaron folgte eine ununterbrochene Reihe von Priestern. Der Hohepriester war der Stellvertreter des ganzen Volkes Israel. Das mosaische Zeitalter sollte aber nicht in der Herrschaft eines Priesters gipfeln. Der Priester hat selten die Eigenschaften, die den großen Anführer und Herrscher ausmachen. Engherzigkeit, Herrschsucht, Unterdrückung des edelsten menschlichen Strebens und Ringens haben nur zu oft die Regierung gekennzeichnet. Der Priester mußte dem König Platz machen. Ein Hinweis auf eine Neuordnung der jüdischen Staatsverwaltung scheint in den letzten Versen des Buches Ruth zu liegen. Die Stammtafel, in welche jene liebliche Erzählung ausklingt, steht in keinem Zusammenhang mit Aaron oder seinen Nachkommen. Sie handelt ausschließlich vom Stamm Juda, der keine Verheißung des Priestertums hatte. Der göttliche Plan war im Vorwärtsschreiten begriffen, aber wohin zielte er?
Damals war das Ziel noch unsichtbar; aber wenn wir heute von dem Aussichtspunkt der vollendeten Tatsachen zurückblicken auf die damaligen Verhältnisse, so sehen wir, daß sich alles langsam auf die Gründung des Davidischen Königreichs hinbewegte, und vor allen menschlichen Augen tief verborgen zielte der göttliche Wille schon hin auf die Offenbarung des »rechten Mannes«, wie Luther ihn nennt, in dem, - der so richtig »Wunderbar« benannt ist, - Priester, Prophet und König in vollendeter Harmonie zum Ausdruck kommen. 1. Ein Mann der Kraft war dringend nötig. -
Ein Ruf tönt durch alle Jahrhunderte: Gebt uns Männer! Wenn aber je ein tatkräftiger, charaktervoller Mann not tat, dann war es in den Zeiten, welche das Buch der Richter in erschreckender Weise vor uns aufrollt. Kanaan war zwar von den Israeliten eingenommen, aber die eingeborenen Völker waren deshalb noch lange nicht alle unterworfen. Es war ein ähnliches Verhältnis wie das der alten Sachsenvölker zu der Karolingischen Herrschaft. Im Süden des Landes besaßen die Philister fünf Städte. Die Bergfeste, welche uns später als der Berg Zion lieb und wert wird, war jetzt von Jebusitern besetzt und leistete bis in die Regierung Davids hinein stolzen Widerstand. Beinahe die ganze Seeküste und alle befestigten Städte in der fruchtbaren Ebene Esdrelom waren noch in den Händen der Kanaaniter. Das kleine Reich Gaser behauptete seine Unabhängigkeit bis in die Tage Salomos, wo es Pharao, der König von Ägypten, besiegte und seiner Tochter, der Gemahlin Salomos, schenkte (L Kön. 9,16).
An der nördlichen Grenze Kanaans lebten noch die Nachkommen jener mächtigen Völker, die Josua in der großen Schlacht am Wasser Merom besiegt hatte, die sich aber wahrscheinlich nur äußerlich und gezwungener Weise der Herrschaft Israels unterworfen hatten. - »Also ließ der HERR diese Heiden, daß Er sie nicht bald vertrieb... daß Er an ihnen Israel versuchte, die nicht wußten um die Kriege Kanaans, und daß die Geschlechter der Kinder Israels lernten streiten, die vorhin nichts darum wußten« (Richter 2,23 und 3,1-2). Wären diese kriegerischen Stämme nicht dagewesen, es hätte nie einen Gideon oder Barak, einen Jephtha oder Simson, noch einen David gegeben.
Ohne dieses Zuchtmittel wäre Israel vielleicht zu einem weichlichen, feigen Volk, ohne Saft und Kraft, geworden. Es hätte still und sicher gewohnt wie die Zidonier in einem weiten und breiten Lan de, da nicht fehlt von alledem, was auf Erden ist (Richter 18,7-10). Wer von uns hätte nicht ähnliche Erfahrungen gemacht? Streit und Kampf, wo wir Frieden erwarteten; Ärger und Zorn, wo wir uns ganz sicher glaubten; Umgießen aus einem Faß ins andere, wo wir hofften, endlich einmal »auf unseren Hefen« still liegen zu dürfen (Jer. 48,11). Lieber Leser, all dies liegt in Gottes Erziehungsplan beschlossen, damit wir nicht die Hände in den Schoß legen, sondern kämpfen lernen; damit wir uns selbst erkennen und Gott, den HERRN, erkennen, und damit wir und unsere Nachkommen durch diese Zucht zu edlen und kräftigen Charakteren gestählt werden. Israel war umsomehr den beständigen Angriffen seiner Feinde ausgesetzt, weil es an einer starken, einheitlichen Regierung fehlte.
Seit den Tagen Pinehas, des Sohnes Eleasars, war das Priestertum Schwächlingen in die Hände gefallen. Bestätigt wird diese Annahme dadurch, daß Eli kein Nachkomme Eleasars ist, des ältesten Sohnes Aarons, von dem doch von rechtswegen die Hohenpriester ihre Herkunft ableiten sollten, sondern von dem jüngeren Sohne Ithamar abstammt. Wahrscheinlich hatten sich die Nachkommen des älteren Zweiges so unfähig gezeigt, es mit der Zeit aufzunehmen, daß man sie abgesetzt hatte, und einen Mann gewählt, der die Fähigkeit besaß, das Feld zu behaupten und sich an die Spitze der Streitkräfte Israels zu stellen. Vielleicht hatte Eli in jungen Jahren Heldentaten vollbracht, die seine Zeitgenossen veranlaßten, ihn zu der höchsten Machtstellung zu berufen, die es in Israel gab. Zu der Zeit freilich, wo der Bibelleser mit ihm bekannt wird, kann er durch seine Stumpfheit und Altersschwäche nur mitleidiges Bedauern hervorrufen.
Von Zeit zu Zeit hatte Gott Richter erweckt und dadurch dem bedrängten Volke eine zeitweilige Hilfe in der Not geschaffen. »Er gab ihnen Richter bis auf den Propheten Sammel.« »Wenn aber der HERR ihnen Richter erweckte, so war der HERR mit dem Richter und half ihnen aus der Feinde Hand, so lange der Richter lebte, denn es jammerte den HERRN ihr Wehklagen über die, so sie zwangen und drängten« (Apg. 13,20; Richt. 2,18). Die Herrschaft eines Richters bildete aber immer nur einen kurzen Lichtblick in jenen dunklen und stürmischen Zeiten. Bestenfalls wurde er von seinem eigenen Volksstamm und den gerade angrenzenden Stämmen als Herrscher anerkannt. Simson z.B. war hauptsächlich
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