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R. Brockhaus Taschenbuch Band 299
Wer nur das freie Gebet übt, kommt leicht in die Gefahr, sich zu wiederholen. Wer nur das vorformulierte Gebet übt, mag Schwierigkeiten haben, sich selbst in das Gespräch mit Gott einzubringen.
Dieses Buch soll eine Hilfe und Anregung sein.
Beim Lesen dieser Texte staunt man über die Vielfalt und Weite, die sich im Gebet der Kirche ausdrücken. Walter Nigg hat die Gebete thematisch geordnet. Gesammelt wurden sie aus allen Jahrhunderten.
Leseprobe: Morgenglanz der Ewigkeit
Wir danken dir, Gott, unser himmlischer Vater, durch Jesum Christum, deinen lieben Sohn, daß du uns diese Nacht vor allem Schaden und Gefahr behütet hast, und bitten dich, du wollest uns diesen Tag auch behüten vor Sünden und allem Übel, daß dir unser Tun und Leben gefalle; denn wir befehlen unsern Leib und Seele und alles in deine Hände. Dein heiliger Engel sei mit uns, daß der böse Feind keine Macht an uns finde. Martin Luther
Der Morgenstrahl steht auf dem Tal, / die Nebel ziehen drunter her, / und auf der Au liegt still der Tau / wie Perlen in dem weißen Meer. / Wie ich nun alles recht beschaut, / da wirds mir rege im Gemüte, / daß alles nur ein Wort, ein Laut, / o Gott, von deiner Lieb und Güte!
Die Erd in Pracht hast du gemacht / für mich, dein ungetreues Kind, / und den Azur der Wolkenflur, / für mich den frischen Morgenwind. / Ach, alle Worte sind zu schwach, / um deine Liebe zu verkünden, / und dennoch läßt mein Streben nach, / und jeder Tag sieht mich in Sünden.
Herr, steh mir bei, da du aufs neu / mir einen jungen Tag verliehn; / Der Geist ist wach, das Fleisch ist schwach, / und ohne Frucht ist mein Bemühn. / Doch deine Hand ist stark und fest, / will ich nur willig sie umfassen; / Ach, wer nicht selber dich verläßt, / den hast du nimmermehr verlassen.
o Herr, wenn oft und unverhofft / mich kleine Kränkungen bedrohn, / sei mein Gesicht zu dir gericht', / und mein Gedanke sei: dein Lohn! / Ach, manches Leiden groß und schwer / gabst du mir Gnade zu besiegen; / und vor der kleinen Sorgen Heer / Sollt meine Stärke unterliegen?
Herr, mich befrei von falscher Scheu, / von Hoffart und von Ungeduld, / und all mein Sinn sich wende hin / zu deinem Kreuz und meiner Schuld. / Wer diesen Tag mich schmäht und kränkt, / dem laß mich gern und treu verzeihen, / und ihn laß, eh die Nacht sich senkt, / vor dir sein Unrecht still bereuen.
Zu deinem Preis, auf dein Geheiß / will ich an meine Pflichten gehn; / wie auch die Welt sie rings umstellt, / ich will nur deinen Willen sehn. / Mein Wirken über Haus und Kind, das ruht in deinen weisen Hunden, / was sich mit deinem Preis beginnt, / das muß zu deinem Ruhme enden. Annette von Droste-Hülshoff
Zu dir,o Gott, erwache ich in dieser Morgenstunde. Das erste Wort, das meine Zunge ausspricht, ist: Gott, mein Vater! Meine erste Freude ist, daß du bist, und daß du mein Vater bist. Von dir ist alles Gute, das ich bin und habe. Wessen sollte ich sein, wenn ich nicht dein wäre? Alles ist dein Werk, darum sei alles zu deiner Verehrung geheiligt. Alles, was ich bin und habe, sei nur dazu tätig, deinen Willen zu erfüllen, Vater, dein bin ich heute und allezeit. Dein Wille geschehe an mir und an allem, was mein ist. Vater, segne meinen Vorsatz, den ich jetzt in dieser Morgenstunde vor deinem Augesicht gefaßt, daß ich am Abend nichts zu bereuen habe. Johann Michael Sailer
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