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Voraussetzungen für den Seelsorger - Das seelsorgerliche Gespräch - Die Beichte - Weiterführung
Die ganze Bibel ist seelsorgerlich ausgerichtet, auch wenn das Wort Seelsorge in ihr nicht vorkommt. Jesus hat ganz und gar seelsorgerlich geredet und gehandelt, und die Briefe des Neuen Testamentes sind Seelsorge an den Gemeinden und an Einzelnen. Dabei wird manches deutlicher, wenn wir das griechische Wort für Seele ruhig mit „Leben" übersetzen.
Ausgangspunkt des seelsorgerlichen Dienstes ist die Gemeinde Jesu. Sie ist der Leib Christi, durch den er selber jetzt handelt. Auf der Gemeinde Jesu liegt der Auftrag, ihr sind auch alle Kräfte und Gaben zur Erfüllung des Auftrages gegeben. Das bedeutet:
Seelsorge ist Auftrag für alle Glieder des Leibes Christi. Sie ist die natürliche Funktion, die selbstverständliche Auswirkung aller Glieder. Wo ein Jünger Jesu in dieser Welt lebt, da ist ein Seelsorger anwesend.
In dieser Begriffsausweitung ist Seelsorge also nicht eine besondere religiöse Aktion, sondern sie ist die natürliche Lebensäußerung der Jünger. Seelsorge verstehen wir nicht als spezielle fromme Betreuung mit eigenem Zeremoniell, besonderem Wortschatz und Tonfall, sondern sie bestimmt als Grundhaltung die ganze Zuwendung und den Umgang mit Menschen. Man kann nicht nur an bestimmten Orten und Zeiten Seelsorger sein. Man ist es immer odei gar nicht. Seelsorgerlich ausgerichtet sein soll jede Berührung mit Menschen, alle Bemühungen um sie, das Anreden und Anhören, jede Freundlichkeit und Liebe, jede Hilfe, auch äußerlicher Art. Der Seelsorger lernt es, überall mit den Augen Jesu zu sehen, mit seinen Ohren zu hören und sein Wort zu sagen. Noch einmal: Das sind keine frommen Aktionen neben dem Leben, sondern das ist Leben der Jünger.
Außer diesem allgemeinen Auftrag zur Seelsorge, der allen Gliedern der Gemeinde Jesu gegeben ist, haben einige Männer und Frauen eine besondere Gabe der Seelsorge. Paulus zählt im Römerbrief (Kap. 12) die „Seelsorge" zu den Charismen, den Gaben des Geistes. Diese Gabe ist mit starker Vollmacht verbunden und wird im Dienst an hilfsbedürftigen Menschen ergänzt durch die Gabe der Erkenntnis und der Unterscheidung, auch durch das Wort der Weisheit. Immer hat es in der Gemeinde Jesu diese besonders bevollmächtigten Seelsorger gegeben. Auch heute tun sie ihren Dienst.
Wenn alle Seelsorge von der Gemeinde Jesu ausgeht, dann ist der einzelne Seelsorger nicht ein begabter Einzelgänger, sondern er lebt und arbeitet als Glied der Gemeinde. Er bleibt eingeordnet und geborgen in dieser Gemeinschaft und wird in ihr gefördert, aber auch geprüft und notfalls korrigiert. Diese Einordnung in eine lebendige geistliche Heimat bewahrt den Seelsorger davor, ein einsamer Funktionär zu werden. Seelsorger als Einzelgänger sind in höchstem Maße gefährdet.
Seelsorge führt zur Gemeinde Jesu hin. Durch das Geschenk des neuen Lebens (die Bibel nennt diesen Schöpfungsakt Gottes: Wiedergeburt) ist der Mensch in die Gemeinde eingegliedert. Er braucht das nicht zu machen, aber wir müssen ihm helfen, den Lebenszusammenhang mit der Gemeinde zu finden und zu verwirklichen. Das ist nicht einfach. Vielen Leuten würde es völlig genügen, ihre Verbindung mit Gott zu halten und zu pflegen: „Gott und meine Seele". Aber Gott will mehr. Darum muß jeder seine geistliche Heimat finden und in ihr einwurzeln, um dann zu wachsen und Frucht zu bringen.
Man kann das mit der Erziehung eines Kindes vergleichen. Das Neugeborene braucht Pflege, Ernährung und Ausbildung. Das kann ihm nur in der Familie gegeben werden. In der Familie Gottes wächst der junge Christ heran. Erst dann kann er Aufgaben übernehmen. Die Lebensgemeinschaft der Familie Gottes umfaßt also in ganz natürlicher Weise alle Alters- und Reifestufen. In ihr leben Väter und Mütter in Christo, Brüder und Schwestern und unmündige Kinder.
Ziel der Seelsorge ist der mündige Christ. Das erfordert, daß wir dem Menschen helfen:
Dieses weite Ziel darf durch unsere trägen und engen Herzen nicht verkürzt werden. „Bekehrung" ist kein Ziel sondern ein Anfang eines langen Weges. Der Seelsorger muß das vom ersten Kontakt an im Auge haben, auch wenn er nicht davon redet. Wer mit einem Menschen die erste Meile geht, muß auch bereit sein, die zweite Meile und wahrscheinlich viele weitere mit ihm zu gehen. Unser Ziel mit Menschen darf nicht kleiner sein als Gottes Ziel: der mündige Mensch.
Paulus schreibt dazu (Eph. 4, 12-14), daß Jesus uns zu Seelsorgern bestellt hat „um die Heiligen tüchtig zu machen für die Ausübung des Gemeindedienstes, für den Aufbau des Leibes Christi, bis wir endlich allesamt zur Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes gelangen, zur vollkommenen Mannesreife, zum vollen Maß des Wuchses in der Fülle Christi. Denn wir sollen nicht länger unmündige Kinder sein."
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