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A.Zur Einleitung
B.Grundsätzliches
C.Voraussetzungen für den Seelsorger
D.Das seelsorgerliche Gespräch
E.Die Beichte
F.Weiterführung
A. Zur Einleitung
Diese Gedanken stammen aus langjähriger Praxis und wurden für Mitarbeiter niedergeschrieben. Man kann aus den Erfahrungen anderer lernen/ aber sie dürfen nicht zur Methode gemacht werden, die nach Art eines Leitfadens angewandt wird. Rezepte für Seelsorge gibt es nicht.
Es ist ausdrücklich davor zu warnen, diese Gedanken aus der Praxis des Seelsorgers zu einer Betriebsanweisung zu machen.
Zinzendorf, der große Seelsorger, sagte dazu: „Ich halte alle Generalvorschriften, wie man das Werk der Bekehrung an den Seelen treiben müsse, für pedantisch, scholastisch, fanatisch oder doch ungereimt" (1746).
B. Grundsätzliches zur Seelsorge
1.Der Auftrag: Jeder Jünger Jesu hat den Auftrag: „Gehet hin und macht alle Völker zu Jüngern" (Matth. 28, 19). Das ist ein Befehl! Erfordert nicht, Menschen über Gott und Jesus Christus zu belehren, ihnen eine Nachricht von neuen religiösen Möglichkeiten zu bringen, sondern er fordert, Menschen zu Jüngern zu machen. Daran ist nicht zudeuteln. Paulus schreibt: „Wenn jemand in Christus ist, so ist er eine neue Schöpfung: Das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist entstanden! Das alles ist aber das Werk Gottes, der uns durch Christus mit sich selbst versöhnt hat und uns den Dienst der Versöhnung über tragen hat!" (2. Kor. 5, 17, 18). Auch hier geht es nicht darum, über eine Sache zu reden, sondern darum, sie zu vollziehen.
Jesus sagt (Joh. 15, 5): „Wer in mir bleibt und in wem ich bleibe, der bringt reichlich Frucht." Frucht ist nicht nur Wandlung des eigenen Wesens (Gal. 5, 22), sondern es sind neue Menschen, neue Jünger. Hier ist uns als selbstverständliche Folge unseres Christseins zugemutet, daß aus unserem Leben und Dienst viele neue Nachfolger Jesu erwachsen.
Seelsorgerlicher Dienst ist also nicht Spezialfach für Begabte und besonders Passionierte, nicht Sonderauftrag dafür bestimmter Fachleute, sondern ist natürliche Auswirkung des eigenen Lebens mit Jesus.
2.Zur Definition: „Seelsorge ist Ausrichtung des Wortes Gottes an den Einzelnen (Thurneysen). „Ausrichtung" meint nicht, theologische Erkenntnisse an den Mann zu bringen, meint auch nicht Predigt auf kürzeste Entfernung, sondern Vollzug des vergebenden und heilenden Wortes Gottes am Einzelnen.
Das Wort Seelsorge ist nicht sehr glücklich. Einmal geht es nicht um die Seele, sondern um den ganzen Menschen, dann ist „Sorge" nicht als Kummer und Plage, sondern im Sinne von Versorgen zu verstehen.
Die ganze Bibel ist seelsorgerlich ausgerichtet, auch wenn das Wort Seelsorge in ihr nicht vorkommt. Jesus hat ganz und gar seelsorgerlich geredet und gehandelt, und die Briefe des Neuen Testamentes sind Seelsorge an den Gemeinden und an Einzelnen. Dabei wird manches deutlicher, wenn wir das griechische Wort für Seele ruhig mit „Leben" übersetzen.
3. Ausgangspunkt des seelsorgerlichen Dienstes ist die Gemeinde Jesu. Sie ist der Leib Christi, durch den er selber jetzt handelt. Auf der Gemeinde Jesu liegt der Auftrag, ihr sind auch alle Kräfte und Gaben zur Erfüllung des Auftrages gegeben. Das bedeutet:
a) Seelsorge ist Auftrag für alle Glieder des Leibes Christi. Sie ist die natürliche Funktion, die selbstverständliche Auswirkung aller Glieder. Wo ein Jünger Jesu in dieser Welt lebt, da ist ein Seelsorger anwesend.
In dieser Begriffsausweitung ist Seelsorge also nicht eine besondere religiöse Aktion, sondern sie ist die natürliche Lebensäußerung der Jünger. Seelsorge verstehen wir nicht als spezielle fromme Betreuung mit eigenem Zeremoniell, besonderem Wortschatz und Tonfall, sondern sie bestimmt als Grundhaltung die ganze Zuwendung und den Umgang mit Menschen. Man kann nicht nur an bestimmten Orten und Zeiten Seelsorger sein. Man ist es immer odei gar nicht. Seelsorgerlich ausgerichtet sein soll jede Berührung mit Menschen, alle Bemühungen um sie, das Anreden und Anhören, jede Freundlichkeit und Liebe, jede Hilfe, auch äußerlicher Art. Der Seelsorger lernt es, überall mit den Augen Jesu zu sehen, mit seinen Ohren zu hören und sein Wort zu sagen. Noch einmal: Das sind keine frommen Aktionen neben dem Leben, sondern das ist Leben der Jünger.
Außer diesem allgemeinen Auftrag zur Seelsorge, der allen Gliedern der Gemeinde Jesu gegeben ist, haben einige Männer und Frauen eine besondere Gabe der Seelsorge. Paulus zählt im Römerbrief (Kap. 12) die „Seelsorge" zu den Charismen, den Gaben des Geistes. Diese Gabe ist mit starker Vollmacht verbunden und wird im Dienst an hilfsbedürftigen Menschen ergänzt durch die Gabe der Erkenntnis und der Unterscheidung, auch durch das Wort der Weisheit. Immer hat es in der Gemeinde Jesu diese besonders bevollmächtigten Seelsorger gegeben. Auch heute tun sie ihren Dienst.
b) Wenn alle Seelsorge von der Gemeinde Jesu ausgeht, dann ist der einzelne Seelsorger nicht ein begabter Einzelgänger, sondern er lebt und arbeitet als Glied der Gemeinde. Er bleibt eingeordnet und geborgen in dieser Gemeinschaft und wird in ihr gefördert, aber auch geprüft und notfalls korrigiert. Diese Einordnung in eine lebendige geistliche Heimat bewahrt den Seelsorger davor, ein einsamer Funktionär zu werden. Seelsorger als Einzelgänger sind in höchstem Maße gefährdet.
4. Seelsorge führt zur Gemeinde Jesu hin. Durch das Geschenk des neuen Lebens (die Bibel nennt diesen Schöpfungsakt Gottes: Wiedergeburt) ist der Mensch in die Gemeinde eingegliedert. Er braucht das nicht zu machen, aber wir müssen ihm helfen, den Lebenszusammenhang mit der Gemeinde zu finden und zu verwirklichen. Das ist nicht einfach. Vielen Leuten würde es völlig genügen, ihre Verbindung mit Gott zu halten und zu pflegen: „Gott und meine Seele". Aber Gott will mehr. Darum muß jeder seine geistliche Heimat finden und in ihr einwurzeln, um dann zu wachsen und Frucht zu bringen.
Man kann das mit der Erziehung eines Kindes vergleichen. Das Neugeborene braucht Pflege, Ernährung und Ausbildung. Das kann ihm nur in der Familie gegeben werden. In der Familie Gottes wächst der junge Christ heran. Erst dann kann er Aufgaben übernehmen. Die Lebensgemeinschaft der Familie Gottes umfaßt also in ganz natürlicher Weise alle Alters- und Reifestufen. In ihr leben Väter und Mütter in Christo, Brüder und Schwestern und unmündige Kinder.
5. Ziel der Seelsorge ist der mündige Christ. Das erfordert, daß wir dem Menschen helfen:
Dieses weite Ziel darf durch unsere trägen und engen Herzen nicht verkürzt werden. „Bekehrung" ist kein Ziel sondern ein Anfang eines langen Weges. Der Seelsorger muß das vom ersten Kontakt an im Auge haben, auch wenn er nicht davon redet. Wer mit einem Menschen die erste Meile geht, muß auch bereit sein, die zweite Meile und wahrscheinlich viele weitere mit ihm zu gehen. Unser Ziel mit Menschen darf nicht kleiner sein als Gottes Ziel: der mündige Mensch.
Paulus schreibt dazu (Eph. 4, 12-14), daß Jesus uns zu Seelsorgern bestellt hat „um die Heiligen tüchtig zu machen für die Ausübung des Gemeindedienstes, für den Aufbau des Leibes Christi, bis wir endlich allesamt zur Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes gelangen, zur vollkommenen Mannesreife, zum vollen Maß des Wuchses in der Fülle Christi. Denn wir sollen nicht länger unmündige Kinder sein."
6. Seelsorge ist abzugrenzen gegen psychologische Beeinflussung und Psychotherapie. Die Beziehungen liegen nahe und sind verlockend. Aber wenn wir Seelsorge „psychologisch ausrichten", verfehlen wir leicht das
Gedanken zur Praxis der Seelsorge
Format: 21 x 14,5 cm
Seiten: 31
Gewicht: 61 g
Verlag: Selbstverlag
Erschienen: 1965
Einband: Heft/Zeitschrift
Sprache: Deutsch
Zustand: leichte Gebrauchsspuren, Einband etwas vergilbt
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