"O Kind, ich bin doch jetzt bei dir! Ich lasse dich nie mehr allein! Wir werden ein neues und friedvolleres Leben anfangen." Die Kranke bäumte sich auf. Ein hartes Lachen kommt von ihren Lippen. "Jetzt ist es zu spät, Mutter. Was ich durchgemacht habe, kann nichts mehr auslöschen. Dagegen wäre der Tod eine Erlösung. Heilmann verließ mich ja gleich am Anfang und hat mich kaltherzig meinem Schicksal überlassen. Zuerst dachte ich, ich würde es meistern. Aber meine Kräfte reichten nicht aus. Ich fiel in schlechte, gemeine Hände, die mich ausbeuteten und noch Schlimmeres von mir verlangten."
Leseprobe:Durch das kahle Geäst der uralten Waldriesen peitscht der Sturm. Er zerrt an den Zweigen und heult in den Wipfeln, daß man meinen könnte, böse Geister trieben da oben ihr Wesen. Ganze Geschwader massiger Regenwolken jagt er über den Himmel, daß es aussieht, als wollten sie mit ihren grauen Schleppen die Wipfel streifen. Ein Schwarm Krähen kreuzt vor dem Sturm und müht sich vergeblich, die heimatlichen Horste in den sicheren Tannen zu erreichen. Denn der Abend ist nicht fern, und die Dunkelheit fällt schnell bei solchem Wetter. An den geschützten Stellen im Walde liegt noch viel Schnee, und Wildspuren gehen herüber und hinüber, wo die verborgenen Wechsel sich im dich, ten Unterholz verlieren.
Krächzend und warnend steigt ein Häher auf, denn er hat menschliche Schritte kommen hören. Und das ist eine große Seltenheit in dieser einsamen Wildnis.
Es ist eine Frau, die langsam zwischen den dunklen Stämmen daherkommt, in dickem, grünlichem Lodenmantel und festem Schuhwerk. Der Kopf mit dem dichten, dunklen Haar, in das sich schon graue Fäden mischen, ist unbedeckt, und die Augen haben einen unruhigen, hin und her tastenden Blick, als suchten sie etwas Verlorenes. Manchmal bleibt sie stehen und fährt sich müde mit der Hand über die Stirn, ohne die senkrechte Falte bannen zu können, die sich dort eingegraben hat. Dann sieht sie sich nach allen Seiten um und schüttelt müde den Kopf. Bis ihre Blicke am verharsch