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Bestell-Nr.: BV10560 Autor/in: Lynn Austin
Titel: Luisas Töchter
ISBN: 9783861228332 (früher: 3861228335) Format: 19 x 13 cm
Seiten: 700 Gewicht: 775 g
Verlag: Francke-Buchhandlung Erschienen: 2012
Einband: Taschenbuch Sprache: Deutsch
Zustand: leichte Gebrauchsspuren
Wird die Familie zerrissen, wenn das Geheimnis enthüllt wird? Auf den ersten Blick scheint das Leben von Emma, Grace und Suzanne – Mutter, Tochter und Enkelin – wie ein ruhiger Strom dahinzugleiten. Doch mit dem Umzug von Emma in ein Seniorenheim beginnt das Wasser Wellen zu schlagen. Emma steht plötzlich vor einer schweren Entscheidung.
Schon um ihrer Urenkelinnen willen darf die unglücklich verheiratete Suzanne nicht dasselbe Schicksal erleiden wie sie selbst – das Schicksal einer geschiedenen, allein erziehenden Frau. Doch um eine Scheidung zu verhindern, muss Emma ganz tief hinabsteigen in den Keller ihrer bewegten Vergangenheit.
Sie weiß um einen Wendepunkt in ihrer Familiengeschichte, der noch im deutschen Kaiserreich des Jahres 1894 liegt. Behutsam entrollt sich das ergreifende Schicksal von vier Generationen. Langsam begreifen die Frauen, wie sehr sie alle in ihren Entscheidungen von den Entscheidungen ihrer Mütter beeinflusst wurden – und warum ihre Mütter so wurden, wie sie waren.
„Also gut - und worüber streitet ihr diesmal?" Emma Bauer merkte schon, dass ihre Tochter und Enkelin eine Auseinandersetzung gehabt hatten, als die beiden gerade erst zur Tür hereinkamen. Ihre Tochter hatte die sorgfältig gezogenen Augenbrauen unter ihrer gerunzelten Stirn zusammengezogen und die Lippen fest zusammengekniffen. Ihre Arme und ihre Schultern waren verkrampft, und ihre Hände umklammerten die Handtasche an ihrer Seite. Emma nahm den alles überlagernden Geruch eines französischen Parfums wahr, als Grace ihr einen Kuss auf die Wange gab.
„Wir haben uns nicht gestritten, Mutter."
Emma lachte. „Aber sicher. Man sieht's euch beiden ja an. Also ehrlich - ihr braucht doch nur eine gute • halbe Stunde für die Fahrt hierher! Könnt ihr euch nicht einmal so lange vertragen?"
„Suzanne und ich sind gekommen, um dir beim Umzug zu helfen, nicht um unsere schmutzige Wäsche bei dir zu waschen."
„Wenn du die dicken Regenwolken sehen könntest, die sich über euch zusammengebraut haben, meine Liebe, würdest du an Wäsche gar nicht erst denken."
„Du bildest dir das bloß • ein, Mutter." Grace lächelte Emma knapp zu und wandte sich dann an Suzanne mit einem Blick, der klar und deutlich sagte: Halt Großmutter da raus.
Suzanne verdrehte die Augen. „Großmama findet das sowieso früher oder später heraus." Sie schien ganz entspannt und bewegte sich so sorglos, wie es zu .dem überdimensionierten T-Shirt und den verwaschenen Jeans passte, die sie an hatte. Suzanne war inzwischen dreißig, aber sie warf ihre Tasche auf Emmas Sofa und fläzte sich daneben wie ein schmollender. Teenager. „Du willst es ihr bloß nicht sagen, weil du genau weißt, dass Großmama auf meiner Seite sein wird."
„So ein Unsinn.” Grace lief vor Ärger rot an, und man konnte regelrecht zusehen, wie sich die Wut in ihr ausbreitete - genau wie früher bei ihrem Vater. „Ende der Diskussion, Suzanne. Wir sind schließlich zum Arbeiten hergekommen."
„Zum Arbeiten?", wiederholte Emma und nahm ihre Tochter amüsiert naher in Augenschein. Grace trug eine blassblaue Lei‑
nenhose und einen Kaschmirpullover, der frblich genau darauf
abgestimmt war. Wie üblich schmückte eine dicke Perlenkette ih‑
ren Hals. Sie war mit ihren fiinfirndfünfzig immer noch schlank
und betont modisch gekleidet, und ihr tadellos frisiertes rotgoldenes Haar und die frisch lackierten Fingernägel ließen darauf schließen, dass sie gerade erst aus ihrem Schönheitssalon gekommen war. ‚Aber natürlich, Gracie. Ich bin wirklich froh, dass du dir deine alten Arbeitsklamotten übergeworfen hast."
„Das sind wirklich Mamas Arbeitsklamotten", bemerkte Suzanne bissig. „Die Perlen sind falsch."
Emma lachte, aber als Grace noch genauso verbissen dreinblickte wie vorher, zuckte sie resigniert die Schultern und meinte: „Also gut. Wenn ihr mir nicht sagen wollt, was los ist, nehmt euch doch einfach eine Tasse Kaffee und helft mir packen."
Grace warf Susanne die Autoschlüssel zu. „Hol doch bitte die restlichen Umzugskisten aus dem Auto, ja?" Sie folgte Emma in die Küche und sah sich irritiert um. „Du hast ja noch gar nicht angefangen zu packen! Ich dachte
„Ich weiß, ich weiß, ich hatte versprochen, schon ein bisschen auszusortieren. Aber als es so weit war, habe ich einfach keinen
Anfang gefunden. Ich hab schließlich fünfunddreißig Jahre hier gewohnt, und mir sind so viele Dinge wieder in Erinnerung. gekommen. Ich bin einfach nicht weiter gekommen."
„Aber es war doch deine. Entscheidung, in dieses Seniorenheim zu ziehen, Mutter. Du hast selbst gesagt, dass du aus der Stadt weg- und mehr in unsere Nähe ziehen wolltest. Das haben wir doch schon vor Monaten abgesprochen."
Emma nahm Graces Hände in ihre. „Ich hab meine Meinung auch nicht geändert, Schatz. Ich nehme nur Abschied von so vielen Dingen - und den Leuten in der Nachbarschaft - und all meinen Freunden ..."
„Ich will ja keine Phrasen dreschen, aber du wirst sicher innerhalb kürzester Zeit Dutzende von neuen Freunden haben. Du scheinst Leute doch magisch anzuziehen, wohin du auch gehst.
Stephen meint immer, du bist ein Leute-Magnet." -
„Naja. Wenn wir nicht bald anfangen, von all diesem- Müll hier einiges auszusortieren, wird in meinem Appartement nicht einmal genug Platz für mich sein - von Dutzenden von Freunden ganz zu schweigen." Emma öffnete einen ihrer Küchenschränke und starrte auf den Stapel Geschirr, in dem irgendwie kein Teil zu einem anderen zu passen schien. Dann schloss sie ihn wieder. „Ich kann mich einfach nicht entscheiden, was ich mitnehmen und was ich entsorgen soll."
„Warum nehmen wir nicht einfach alles mit, und du kannst es aussortieren, wenn wir erst einmal dort sind?"
„Oh nein, das kommt gar nicht in Frage", sagte Emma lachend. „Ich sehe vielleicht aus wie eine Stadtstreicherin, aber ich will nicht zwischen dem ganzen Müll wie eine leben. In Birch Grove wäre für all das nicht einmal Platz, wenn ich dort eine Müllpresse hätte."
Emma hörte das vertraute Glockenspiel an ihrer Eingangstür, dann das leere, hohle Geräusch eines Stapels Kartons, der auf dem Fußboden abgesetzt wurde. „Wir sind hier drin", rief sie.
Suzanne kam in die Küche und ließ sich auf einen Stuhl fallen, als hätte sie schon einen ganzen Arbeitstag hinter sich gebracht. Für gewöhnlich war sie lebhaft, und wenn sie redete, blitzten ihre blauen Augen, und sie untermalte jedes ihrer Worte mit ausdrucksstarken Gebärden. Sie war eine Karrierefrau, die eine Zeitschrift für Karrierefrauen herausbrachte, und normalerweise stand sie im Mittelpunkt jeder beliebigen Ansammlung von Menschen, mit dein sie es zu tun bekam. Sie war entschlossen, effizient und selbstbewusst - manche Leute, die sie nicht so gut kannten wie Emma, würden sie sogar als hart und rücksichtslos bezeichnen. Aber irgendetwas hatte Suzannes Lebhaftigkeit gedämpft. Das dunkle Haar fiel ihr über die Augen, als wollte sie sich dahinter verstecken.
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