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Heinrich Schröder diente nach seiner Konfirmation als Hirt und Knecht auf verschiedenen Höfen im Gebiet der Lüneburger Heide zwischen Soltau und Uelzen und ließ seinen Lohn im Trunk und Kartenspiel draufgehen. Eine Zeitlang fand er Befriedigung in diesem wüsten Treiben, bis ihm endlich die Augen aufgingen und er auf einen Hof überwechselte, auf dem lebendige christliche Sitte herrschte und wo die Hauseltern sich seiner wie eines Sohnes annahmen. Hier lernte er wieder die Hände falten und auf das Wort der Schrift achten, ging wieder zum Gottesdienst und zum Tisch des Herrn und horchte auf, wenn die Hauseltern von der Heidenmission als von einer Sache redeten, für die sie beteten. Auf einem Missionsfest vernahm er zum erstenmal die Mahnung seines Gewissens, Missionar zu werden. Doch unterdrückte er diesen Gedanken vier Jahre lang, und erst, als er dann noch immer nicht davon frei geworden war, meldete er sich an Silvester 1873 im Hermannsburger Missionshaus und diente da als Knecht auf dem Missionshof, bis er im Sommer 1875 in das Seminar aufgenommen werden konnte. Am Himmelfahrtsfest 1880 wurde er ordiniert und wenige Tage später nach Natal in Südafrika ausgesandt.
Hier verblieb er nur so lange, bis er die Anfangsgründe der Zulusprache erlernt hatte. Dann war er auf verschiedenen Stationen als Gehilfe tätig und wurde seiner praktischen Veranlagung wegen vor allem beim Bau, beim Fuhrwerken und in der Landwirtschaft eingesetzt. Nach drei Jahren erhielt er den Auftrag, die Station Ehlobane anzulegen.
Kaum hatte er mit der Arbeit begonnen, als zwischen den Zulustämmen ein Krieg ausbrach, der ihn unversehens ins Niemandsländ zwischen den beiden Parteien versetzte, von denen bald jede befürchtete, er könnte es mit der andern halten, so daß er niemanden zum Freund und Helfer hatte, sondern von beiden Seiten mit Mißtrauen beobachtet wurde. Ohne daß er sich dagegen wehren konnte, wurden ihm notwendige Dinge gestohlen, und da die Kaffern, die ihm beim Bau helfen sollten, aus Angst davonliefen, stand er ganz allein. Daß er in dieser gefährlichen Lage auf seinem Posten ausharrte und unermüdlich weiterbaute, mag auch von der Tatsache bestimmt gewesen sein, daß seine Braut, Ida Lütkemüller, sich in jenen Tagen zur Ausreise nach Afrika fertig machte und er ihr gern wenigstens ein Dach über dem Kopf geboten hätte.
Aber schon vier Wochen später mußte der benachbarte Missionar Weber nach Hermannsburg berichten, daß der Bruder Schröder ermordet worden sei. Seinem Bericht entnehmen wir, daß Heinrich Schröder ein treuer, lieber Bruder war, der ganz für die Mission lebte und es übernommen hatte, die Station Ehlobane anzulegen, obgleich ihn die Mission nicht unterstützen konnte. „Er war ein fleißiger Mensch und hat trotz Krieg und Lebensgefahr gearbeitet und gebaut bis zum letzten Abend. Den Dienst in der Mission hat er sich sauer werden lassen und sein Brot im Schweiß seines Angesichts gegessen. Drei Monate lang hat er, völlig auf sich allein gestellt, auf einsamem Posten ausgehalten, wiewohl die Verbindung mit ihm abgerissen war. Zweimal hat er es gewagt, zu uns herüberzukommen, um seine Post abzuholen. Als er uns das letztemal besuchte, war er niedergeschlagen und sagte, seine Lage sei schwierig; doch konnte er sich nicht entschließen, bei uns zu bleiben. Acht Tage vor seinem gewaltsamen Tod suchte ich ihn auf und fand ihn heiter und froh mit dem Decken seines Hauses beschäftigt. Er berichtete, daß man ihm zwar sein Pferd genommen, ihn selbst aber nicht belästigt habe. Wir wußten nicht, daß es die Stile war, die dem Sturm voranzugehen pflegt, und ahnten nicht, daß wir uns zum letztenmal im Leben sahen.
Soviel wir herausgefunden haben, ist er am Abend des 6. Juni 1883, als er am Tisch saß und vermutlich in seiner Bibel las, plötzlich überfallen und erstochen worden, ehe er sich erheben konnte. Dann muß er vom Stuhl gefallen sein und im Todeskampf sich auf dem Boden gewälzt haben. Die Mörder raubten allS bis auf die Kleider des Ermordeten und was im Blut schwamm. Der geringe Hausrat war zerschlagen, die Bücher lagen im Blut zertreten auf dem Boden, die blutige Bibel lag zwischen den Beinen des Toten.
Wir nagelten eine Kiste zurecht und bargn ihn darin; auf das Grab häuften wir Steine. Das ist in der afrikanischen Wildnis die beste Kennzeichnung eines Grabes. Holz verbrennt oder wird von Termiten in kurzer Zeit verzehrt; die aufgetürmten Steine bleiben und können den Leichnam vor Aaswild schützen.
Bruder Schröder hat keinen Zulu getauft, er hatte gerade mit dem Unterricht beginnen können. Aber er wurde gewürdigt, sein Leben aufzuopfern im Dienst Christi. Die von seinem Blut getränkte Bibel wird im Her-mannsburger Missionsmuseum aufbewahrt.
HERMANN GUNDERT 1814.-1893
Hermann Gundert,
der Großvater des Dichters Hermann Hesse, wurde in Stuttgart geboren. Sein Vater war einer der Mitbegründer der Württembergischen
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- die Auca-Missionare
Autor/in: Jörg Erb
Titel: Missionsgestalten
ISBN-13: 9783501000540
Format: 18 x 11 cm
Seiten: 110
Verlag: Johannis
Erschienen: 1973
Einband: Paperback
Zustand: leichte Gebrauchsspuren
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