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Für Robbie Taggart geht ein Lebenstraum in Erfüllung: Als Seemann bei der Marine steht ihm endlich die große weite Welt offen! Als er mit Freunden sogar ein eigenes Schiff erwirbt, ist seine unglückliche Liebe zu Jamie bald vergessen. Auf abenteuerlichen Reisen von London nach Kalkutta und Shanghai kämpft er gegen eine ihm bislang unbekannte Macht, die ihn zerstören will. Als die Mannschaft in China strandet, scheint alles aus zu sein, doch in Wirklichkeit ist das erst der Anfang...
»Dort droben vom Hochland«
Der Sommer war im schottischen Hochland angebrochen, und wieder einmal stand außer Zweifel, daß es auf allen sieben Erdteilen keinen schöneren Ort gab. Robbie Taggart wußte das besser als die meisten anderen Menschen, denn er hatte alle Kontinente bereist. Und dennoch, als er aus dem Fenster des dahinjagenden Zuges einen letzten Blick auf die grandiose Szenerie des Nordens warf, fragte er sich unwillkürlich, warum es ihm so schwerfiel, seßhaft zu werden und sich im lieblichen Land seiner Väter niederzulassen.
Es war ein herrlicher Junitag. Noch vor einer Woche hatte es geschneit, und in der Ferne konnte er die letzten Überbleibsel des Schnees auf den Grampian Mountains sehen, die am Horizont verschwanden. Das Land war hart. Es war nicht einfach, ein Leben lang hier zu wohnen. Vielleicht hatte er sich deshalb entschlossen, nicht länger zu bleiben.
»Glamis, Cargill, Perth!« rief der Schaffner, als er durch den Wagen eilte und sich dabei bemühte, eine gewichtigere Haltung einzunehmen, als seiner adretten grauen Uniform angemessen war. Er blieb neben Robbie stehen, beugte seine hölzern aufrechte Gestalt ein wenig vor und neigte den Kopf mit einer Art offizieller Zutraulichkeit. »Wir werden in etwas mehr als zwei Stunden in Cargill sein, Sir, und es lohnt sich, wenn Sie mit dem Mittagessen bis dahin warten - da gibts einen Pub in der Stadt, den ich Ihnen wärmstens empfehlen kann.«
»Vielen Dank, Sir«, antwortete Robbie und grinste. »Ich freue mich jetzt schon darauf.«
Der Schaffner hatte seinerzeit im Krimkrieg auf der Schwarz-meerflotte gedient und sich aus dieser Zeit eine Vorliebe für Seeleute bewahrt, und so betrachtete er es als seine besondere Pflicht und Ehre, dafür zu sorgen, daß dieser junge Seeoffizier eine angenehme Reise hatte.
Als Mr. Murdock, der Schaffner, den Gang entlang verschwunden war, lehnte Robbie sich in seinem Sitz zurück. Er dachte an Jamie. Vermutlich, so dachte er, war ihm niemals klar gewesen, daß er sie liebte, bis es zu spät war und sie ihre Wahl getroffen hatte. Was hatte er da noch tun können? Sie hatfe ihm den strengen, grobschlächtigen Edward Graystone vorgezogen.
Robbie hatte keine übertrieben hohe Meinung von seinem Äußeren. Er dachte selten daran, daß er dichtes, lockiges schwarzes Haar hatte und leuchtend meerblaue Augen in einem männlichen, stark ausgeprägten Gesicht, und er dachte auch nur selten an seinen ein Meter achtzig großen, durchtrainierten Körper. Man hatte ihm mehr als einmal gesagt, daß er ein gutaussehender Mann sei, aber er hatte niemals viel Wert auf dergleichen Dinge gelegt.
Ja, Robbie beneidete den Laird von Aviemere - nicht um seinen Reichtum, nicht um seinen Adelstitel, nicht um seine riesigen Ländereien, sondern weil ihm das Herz der sanften, zierlichen Jamie MacLeod gehörte.
Liebe Jamie ... dachte Robbie.
Und dennoch - obwohl er am Boden zerstört gewesen war, als er sie verloren hatte, hatte ein anderer Teil seiner selbst beinahe einen Seufzer der Erleichterung ausgestoßen. Nun war er wieder frei und konnte die Welt durchstreifen. Was war nur los mit ihm? Liebte er sie vielleicht gar nicht wirklich?
In Wirklichkeit wußte Robbie gar nicht, was Liebe bedeutet. Er war zwar durchaus geübt darin, die Worte oberflächlicher Zuneigung über die Lippen zu bringen, wenn die Gelegenheit es verlangte. Und er kannte die besten Pubs überall auf der Welt. Er verstand sich darauf, sich bei einer Schlägerei seiner Haut zu wehren, und er achtete darauf, daß sein Geld in seinen Taschen blieb.
Aber Liebe ... das war eine andere Sache.
»Cargill!« rief Murdock.
»Was ... jetzt schon?« rief Robbie aus.
»Die nächste Station ist schon Perth«, fuhr der Schaffner fort. »Und im Handumdrehen sind Sie in Glasgow und sehen Ihr Schiff wieder.«
»Ja, jetzt dauert es nicht mehr lange«, antwortete Robbie. Er empfand merklich weniger Begeisterung, als ihm angebracht erschien.
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