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BÄRENJAGED
Bienen summten über dem stark duftenden Thymian, und der harzige Geruch der windzerzausten Kiefern lag über dem sonnigen, schmalen Plateau, von dem aus man über tief eingeschnittene Täler bis zum Jordantal blicken konnte.
Einen Augenblick lang blieb der Benjaminiter Saul stehen und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Nirgends gab es Schatten, der ihn vor der sengenden Mittagssonne hätte schützen können. Mit seiner Hand beschattete er die Augen und suchte das Geröllfeld unter sich ab. Sein gleichaltriger Freund und Milchbruder Abner war noch weit unten. Er hatte zunächst die falsche Spur des verwundeten Bären verfolgt und sich zwischen den Felsbrocken verstiegen. Saul winkte und gab Abner Zeichen, daß dieser ihm folgen solle, denn er hatte frisches Blut auf den Steinen entdeckt. Der Bär mußte auf der Flucht hier vorbeigekommen sein. Schon seit den frühen Morgenstunden jagten sie das verwundete Tier. Saul war in der Dämmerung von Abner gerufen worden, als dieser bei seinem Rundgang durch den Tierkral den eingedrungenen Bären überrascht hafte, der gerade eine trächtige Eselstute riß.
Saul hatte seinen Jagdspeer geworfen und das Tier an der Schulter verwundet. Doch in der frühen Morgendämmerung war ihm kein tödlicher Wurf gelungen, er hatte den Bären nur aufgescheucht. Der Bär griff nicht noch einmal an, sondern flüchtete und Abners Pfeil verfehlte das Raubtier um Haaresbreite. So hatten sie die aufgescheuchte Eselsherde den beiden Hirtenjungen überlassen, die aus dem Zelt herbeigeeilt waren, und sofort die Verfolgung des verwundeten Tieres aufgenommen. Saul war fest entschlossen, den Bären zu töten, das hafte er schon vor Wochen seinem Vater versprochen, denn er hatte bereits große Verluste durch das Tier erlitten.
Immer fanden sie nur die Kadaver der gerissenen Ziegen, Schafe und Esel, und nie gelang es, den Bären zu stellen. Saul dachte an seinen älteren Bruder Ruben, der vor einem Monat einer tödlichen Verletzung durch den Bären erlegen war. Vielleicht war dies dasselbe Tier, das Ruben damals am Bach angefallen hatte. Rubens Tod lag noch immer wie ein düsterer Schatten über dem Haus seines Vaters und hafte alle Fröhlichkeit daraus vertrieben. Saul litt sehr darunter. Er wußte, daß er seinem Vater Ruben nicht ersetzen konnte, auch wenn er den Bären jetzt töten und seinem Vater das Fell vor die Füße legen würde. Alles, was Saul wollte, war ein wenig Anerkennung, ein Teil der Achtung, die sein Vater Mis Ruhen entgegengebracht hatte. Saul prüfte die Felsen vor sich. De Blutspur war frisch. Das Tier konnte noch nicht weit sein. Seine Sinne waren bis aufs äußerste angespannt
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