Keine Bewertungen gefunden
An seinem Grab standen auch jene Oberschülerinnen, denen Axel Wendt noch wenige Wochen zuvor im Hammer Mädchengymnasium seine erschütternde Lebensgeschichte geschildert hatte. Vor etwa drei Jahren begann die verhängnisvolle Rauschgiftreise. Haschisch und LSD dienten als Schrittmacher, bevor Axel im letzten Jahr auf Opiate und Heroin umstieg. In Holland kam er wegen eines Apothekeneinbruchs ins Gefängnis, wo er gleich zeitig eine Entziehungskur machte. Nach seiner Entlassung wurde er in Deutschland wieder rückfällig.
In sein Elternhaus zurückgekehrt, wandte sich Axel hilfesuchend an Ärzte, die ihn für einen hoffnungslosen Fall hielten. Täglich spritzte er sich "harte Drogen" - bis zu seinem Lebensende. Als Axel Wendt bewußt wurde, wie ihn das Rauschgift zusehends ruinierte, setzte er alles daran, andere vor den verheerenden Folgen der Drogenabhängigkeit zu warnen. "Ich warne Euch, die Ihr auf meinen Pfaden wandelt." Sich selbst konnte er nicht helfen.
Von einer unbändigen Sucht nach Rauschgiften getrieben, brach der 19jährige Industriekaufmann gemeinsam mit seinem Freund in die Werner "Adler-Apotheke" ein und entwendete Rauschmittel, aber auch lebensgefährliche Gifte. In einem Hammer Hotelzimmer gingen die beiden dann auf ihre letzte "Reise". Versehentlich injizierten sie sich ein tödliches Gift, wahrscheinlich E 605. Als man das Zimmer öffnete, war Axel bereits tot. Neben seinem Bett lag eine leere Spritze. Sein Freund war bewußtlos und starb zwei Tage später im Krankenhaus.
Die Eltern trauern um ihren geliebten Axel, den sie nie vergessen werden. Aber sie haben auch nicht seine Leidensgenossen vergessen, die noch leben. Wie eine Mutter kümmert sich nun Frau Wendt um verwahrloste und heimatlose Rauschgiftsüchtige, die sich gern von ihr helfen lassen, weil die leidgeprüfte Mutter mit ihnen leidet. "Schade, daß Axel nicht mehr lebt", bekannte sie mir. "Inzwischen habe ich viele Erfahrungen mit Süchtigen gesammelt. Heute würde ich meinem Sohn besser helfen können."
Kurz vor seinem Tod freundete sich Axel Wendt mit dem Hammer Vikar Lothar Weiß an, dem er sich mit seinen Nöten und Sorgen anvertraute. In seiner Traueransprache auf dem Werner Friedhof sprach der junge katholische Priester immer wieder Gedanken aus, die Axel Wendt in letzter Zeit bewegten:
"Ich klage Euch an, ja wir klagen Euch an, die Ihr meint, wir seien mit unserem Weg nur einer Mode nachgegangen. Wir klagen Euch an, die Ihr meint, wir hätten Lust am Protest. Wir klagen Euch an, die Ihr meint, wir seien arbeitsscheu und wollten nur ein leichtes Leben führen. Wir klagen Euch an, die Ihr uns zu Kriminellen macht, weil Ihr uns dazu zählt. Ihr rennt den technischen Vollkommenheiten nach und vergesst dabei den Menschen. Ihr fordert den Verstand und angeblich den Geist und vergesst den Menschen, der doch von der Liebe und der Hoffnung lebt."
OH HAPPY DAY
"Vermittelt denn der Rausch Liebe, Glück und Zufriedenheit?" fragte Vikar Weiß seine meist jugendlichen Zuhörer. "Nein! Wir fallen immer weiter in unsere Einsamkeit, in unser Leid, wir geraten in ein Karussell der Verlorenheit, von dem keiner mehr abspringt ohne die Hilfe eines Menschen, der uns kennt und uns auffängt." Dann stellte Weiß Jesus Christus vor, der diesen Weg der Leiden und der Einsamkeit des Menschen vorangegangen sei. "Wagen wir doch den Absprung auf seine Spur, dann sind wir nicht mehr allein: Am Schluss der Trauerfeier wurde noch einmal die Lieblingsplatte des Verstorbenen abgespielt. Aus dem Lautsprecher ertönte "Oh happy day", gesungen von den "Edwin Hawkins Singers". Der deutsche Text des amerikanischen Hits lautet:
"0 glücklicher Tag, als Jesus mir die Sünden abwusch. Er lehrte mich zu gehen, zu laufen und zu spielen. Und wir wollen uns mit ihm freuen jeden Tag aufs neue." (Die Predigtauszüge sind dem "Westfälischen Anzeiger und Kurier" vom 27./28. 3. 71 entnommen.)
Keine Bewertungen gefunden