Keine Bewertungen gefunden
gebraucht
1
In Südfrankreich, nahe der Stadt Gap, liegt am Fuß der schneebedeckten Alpen das kleine Dorf Les Farelles. Noch heute findet man dort die Überreste eines stattlichen Landhauses, das vor etwa vierhundert Jahren von dem französischen Adligen Farel bewohnt wurde. Er und seine Frau waren eifrige Katholiken und unterwiesen ihre Kinder früh in den Vorschriften der römischen Kirche. Im Jahre 1489 wurde in diesem Hause der zweitjüngste Sohn - Wilhelm geboren.
Gerade damals brach unter Innocenz VIII. eine furchtbare Verfolgung der Waldenser aus, von der selbst das abgelegene Dorf Les Farelles nicht ganz unberührt blieb. Die Waldenser waren jene stillen Alpenbewohner, die in hohem Maß am Wort Gottes festhielten,'während überall um sie her die tiefste geistliche Finsternis herrschte. Auch Wilhelm lernte früh den Rosenkranz beten und sich vor den Bildern der Maria und vor den „Heiligen" beugen; mit großem Eifer beteiligte er sich an Wallfahrten und beobachtete streng die von der Kirche angesetzten Fa-stentage. Er glaubte alles, was seine Eltern und die Priester ihn lehrten, und sein Herz glich damals, wie er selbst später erzählte, einem Götzentempel. Als er lesen gelernt hatte, gab man ihm „Heiligenlegenden" und Gebetbücher in die Hand; aber von Gottes teurem Wort, das unseren Seelen allein Leben und Frieden bringen kann, wußten weder der Junge noch seine Eltern etwas.
Wir finden bei Wilhelm schon früh einen klaren Verstand und jene Liebe zur Wahrheit, die ihn später keim-zeichnete. Er war ein starker, kühner Junge, der die Gefahr liebte; die schroffen Felsen und wilden Gebirgsbäche seiner Heimat hatten es ihm angetan, und das Klettern und Schwimmen verstand er schon in jungen Jahren meisterhaft: Seine Gewandtheit und Kühnheit waren ihm im späteren Leben von unberechenbarem Nutzen. Vater Farel glaubte in Wilhelm den geborenen Soldaten zu sehen und wünschte, er möchte, wie viele junge Adlige der damaligen Zeit, in den Heeresdienst treten. Doch der junge Mann legte eine so ausgesprochene Neigung zum Studieren an den Tag, daß seine Eltern ihn seinem Wunsch gemäß für ein Universitätsstudium ausbilden ließen und ihn 1509 nach Paris sandten.
Dank der strengen Erziehung verließ Wilhelm das Elternhaus als ernster, strebsamer Sohn, und seine Lernbegierde fand an der großen Universität, der sogenannten Sorbonne in Paris, reichlich Nahrung. Vor allein studierte er nun die alten Sprachen: Latein, Griechisch und Hebräisch. Vergeblich suchte der junge Farel unter seinen Studiengenossen solche, denen es - wie ihm - ernst war um die Rettung der Seele; er selbst verbrachte nämlich seine freie Zeit mit strengen religiösen Übungen und hoffte, sich dadurch den Himmel zu verdienen. Wie vergeblich ein solches Unterfangen ist, das zeigte ihm Gott erst später durch Sein Wort, das Wilhelm damals noch nicht kannte.
Unter den Lehrern an der Hochschule zeichnete sich zu jener Zeit besonders ein Mann von unscheinbarem Äußeren, aber großem Wissen aus, Johannes Faber (Leflvre) Stapulensis, Doktor der Sorbonne. Nicht nur Fabers tiefe Gelehrsamkeit, sondern auch seine ausgesprochene Religiosität übten eine unwiderstehliche Anziehungskraft auf unseren Farel aus, und es dauerte nicht lange, so waren der alte Professor und der junge Student innige Freunde. Miteinander besuchten sie nun die Kirchen, brachten den Heiligenbildern Weihgeschenke und widmeten sich ernsten Bußübungen.
Beide aber fanden in diesen Dingen nur zeitweise Befriedigung, und oft verspürten sie in ihrer Seele einen Durst, den weder die alten Klassiker, noch die katholischen Heiligen stillen konnten: der Durst nach dem lebendigen Gott und nach Seinem Heil in Christus. Je eifriger Farel studierte, betete und sich kasteite, um so unglücklicher wurde er. Da lenkte ein päpstlicher Erlaß seine Aufmerksamkeit auf die Bibel, und er begann darin zu forschen. Wie erschütterte es ihn aber, als er merkte, daß die katholische Kirche mit ihren Lehren im schroffen Gegensatz zu dem stand, was er in Gottes Wort las.
Ernste Bedenken und Zweifel an der Richtigkeit seiner bisherigen Überzeugung stiegen in ihm auf, und obwohl er diese Zweifel als Anfechtungen Satans zurückzuweisen suchte und sich um so gewissenhafter den Vorschriften der Kirche unterordnete, so ließ ihm sein beunruhigtes Gewissen keinen Frieden mehr. Seinem alten Lehrer erging es ähnlich; auch in seine Hand kam das Buch Gottes, und allmählich wurde es in seinem Innern heller. Doch nicht Faber ist es gewesen, der unserem Freund das erste Trostwort. sagte. Farel erzählt uns selbst, daß der Herr damals in Paris unter den Armen und Geringen eine Schar solcher hatte, die aus der Finsternis der Papstkirche in das wunderbare Licht und unter die befreiende, erlösende Macht des Evangeliums gekommen waren.
Unter diesen weilte Farel von da an oft und verglich, was sie ihm sagten, mit dem Neuen Testament, das er in Griechisch und Lateinisch las, und zwar vielfach auf den Knieen Einer dieser ungenannten Freunde war es, der den
Keine Bewertungen gefunden