gebraucht
Bestell-Nr: BN2329-20
Autor: Hans Brandenburg
Wuppertaler Studienbibel Galater
Preis: 3,90 €
Zustand: leichte Gebrauchsspuren
Verlag: R. Brockhaus
Format: 21 x 15 cm
Seiten: 146
Gewicht: 280 g
Erschienen: 1968
Einband: Leinen
Sprache: Deutsch
Kurzinfo: Paulus schreibt an die Bewohner Galatiens, einer Landschaft in der Mitte der heutigen Türkei. Er rechnet unter den Lesern mit einer jüdischen Minderheit. Zweimal ist Paulus bei den Empfängern des Briefes gewesen. Er hatte ihnen damals den Gekreuzigten vor die Augen gestellt, der sich f+r ihre Sünden opfert und als der Lebendige seine Gemeinde sammelt und baut. Die Verkündigung des Apostels führte zu einer geistlichen Erweckung, in der sie im Glauben Jesu eigen wurden, ein geistliches Leben begannen und mit tiefer Freude erfüllt wurden. Doch nach seiner Abreise wurde dieser Glaubensfrühling von einem schmerzlichen Nachtfrost befallen. Es erschienen andere Verkünder, die die Glaubenshaltung der Galater als ungenügend darstellten.
EINLEITUNG
Ehe wir den Apostel selbst zu Worte kommen lassen und auf sein Wort aufmerksam hören, gilt es, sich in die Stunde zu versetzen, in der Paulus seinen Brief schrieb.
Über den S c h r e i b e r selbst bedarf es für den Bibelleser keiner Erklärung. Seine Gestalt steht deutlich wie keine andere unter den Aposteln vor unsern Augen. Zwar bringt die Apostelgeschichte des Lukas keineswegs eine Biographie des Paulus, aber doch eine große Zahl der charakteristischen Episoden aus seiner Tätigkeit, daß wir schon daraus einen Eindruck seiner Persönlichkeit bekommen. Dazu aber haben wir im NT dreizehn Briefe von seiner Hand, die uns seine Botschaft, die Art seiner Verkündigung und auch manche Züge aus seinem Lebenslauf gut erkennen lassen. In der Auslegung der ersten beiden Kapitel unseres Briefes wird darüber noch mehr zu sagen sein.
Und die Empfänger des Briefes, die Galater? Sind sie mit dieser Bezeichnung, die Paulus ihnen selbst gibt (1, 1; 3, 1; 1 Ko 16, 1) nicht genügend umschrieben? Lesen wir doch in der Apostelgeschichte (16, 6; 18, 23) auch von dieser Landschaft in der Mitte der heutigen Türkei. Die Hauptstadt des modernen Türkenreiches Ankara ist das alte Ankyra, die Hauptstadt der Landschaft Galatien.
Dennoch ist die Frage der Adressaten keineswegs eindeutig geklärt. Vor allem der verstorbene Professor D. Theodor Zahn, Erlangen, hat mit großer Gelehrsamkeit die These verfochten, die Empfänger wären keineswegs die Bewohner des uns im NT nur sehr am Rande erwähnten Galatien als Landschaft, sondern vielmehr die uns auf der ersten Reise des Apostels bekanntwerdenden Bewohner Pisidiens und Lykaoniens. Die Römer hatten bei ihrer großen Verwaltungsreform diese Landschaften mit der Landschaft Galatien zu einer großen römischen Provinz Galatien vereinigt, zumal der letzte galatische König Amyntas bereits diese südlichen Landschaften seinem Reiche einverleibt hatte (s. Erster Exkurs S. 135).
Es besteht also die Frage: Schreibt Paulus an die Bewohner der alten L an d - s c h a f t Galatien oder an die Bewohner der römischen P r o v i n z Galatien? Je nach der Antwort auf diese Frage unterscheidet man eine nordgalatisdie und eine südgalatische Hypothese.
Womit begründet nun Zahn seine Vermutung? Und was hat es für unser Verständnis des Briefes für eine Bedeutung, wie diese Frage beantwortet wird?
Die Galater waren keltischer Abstammung und hatten nach langen Kämpfen ein eigenes galatisches Reich gegründet, das erst durch die Eroberung von seiten der Römer ein Ende fand (siehe darüber ausführlich im Ersten Exkurs).
Auch der erste Petrusbrief nennt Galatien in einer Reihe mit andern römischen Provinzen - nicht Landschaften: Pontus, Kappadozien usw. Dazu kommt, daß zwar Lukas in der Apostelgeschichte statt der Provinznamen die Landschaftsnamen bevorzugt, Paulus dagegen in seinen Briefen stets die römischen Provinznamen (z. B. Achaja, Macedonien u. a.) nennt. Somit hätte Paulus die Einwohner von Antiochien in Pisidien, die Bewohner Lystras und Ikoniums mit „Galater" angeredet (3, 1). Wie etwa heute die Bewohner von Schwäbisch Hall ganz selbstverständlich Württemberger genannt werden, wenngleich sie eigentlich zum Frankenstamm gehören.
Weiter: Paulus rechnet unter den Lesern des Galaterbriefes mit einer jüdischen Minderheit (3, 27). In der L a n d s c h a f t Galatien ist von einer solchen nichts bekannt. Auch in der Pfingstgeschichte (Apg 2, 9 f) fehlen bei der Aufzählung der Diasporagegenden, aus denen die jüdischen Hörer kamen, die Galater. Im Süden der P r o v i n z Galatien dagegen treffen wir auf jüdische Synagogen oder doch auf Vertreter des jüdischen Volkes (13, 14; 14, 1; 16, 1). Von diesen paulinischen Gemeinden im südlichen Teil der P r o v i n z Galatien wissen wir aus dem Bericht des Lukas Näheres. Von einer Gemeindegründung in der Landschaft Galatien im Norden dagegen schreibt Lukas nichts. Zwar zogen Paulus und seine Begleiter auf der zweiten Reise durchs „galatische Land" (16, 6), aber von Predigt und Entstehung von Gemeinden hören wir kein Wort. Auf der dritten Reise durchzieht Paulus nochmals die L a n d s c h a f t Galatien (18, 23). An dieser Stelle werden zwar Jünger Jesu erwähnt, aber Gemeinden werden nicht genannt (wie etwa 14, 23; 15, 41; 16, 5 u. ö.). Wenn auch Lukas in seiner Apostelgeschichte keineswegs eine lückenlose Beschreibung der ersten Christenheit schreiben wollte, so ist dieser Unterschied immerhin auffallend.
Darum hat die Annahme viel für sich, daß Paulus seinen Brief an jene Gemeinden schrieb, die schon auf seiner ersten Reise im südlichen Teil Kleinasiens entstanden (Antiochien in Pisidien, Ikonium, Lystra, Derbe).
Von der Entscheidung dieser Frage hängt nun ab, wo wir Paulus beim Schreiben des Briefes zu suchen haben und wann er diesen Brief schrieb. Hat die nordgalatische Hypothese recht (der übrigens die meisten der neueren Ausleger anhängen) und waren die Empfänger des Briefes Bewohner der L a n d s c h a f t Galatien, so hat Paulus den Brief in Ephesus während seines längeren Aufenthalts dort verfaßt (19, 10). Galater 1, 6 könnte voraussetzen, daß Paulus erst vor kurzem in Galatien gepredigt habe (18, 23).
Sind aber die Leser im Süden zu suchen (nach den Anhängern der südgalatischen Hypothese), dann ist der Brief wahrscheinlich aus Korinth nach Galatien gesandt worden. In diesem Falle wäre seit dem zweiten Besuch in Galatien (18, 23) etwa ein halbes bis ein ganzes Jahr vergangen. Das würde besser zu den Vorgängen passen, die inzwischen in Galatien geschehen sein müßten: Jene gesetzlichen Irrlehrer, gegen die sich Paulus in Galatien wendet, hätten dann ihren Besuch in den Gemeinden gemacht und die Wirkung ihrer Irrlehre hätte inzwischen die Zustände in den Gemeinden so schmerzlich verändert. Es ist naheliegend, daß Paulus von Korinth aus, wo er nach Apg 18, 11 anderthalb Jahre wirkte, Boten in die von ihm gegründeten Gemeinden sandte. Da Paulus im ersten Thessalonicherbrief schreibt: „Von euch ist erschollen das Wort des Herrn nicht allein in Mace- donien und Achaja, sondern an allen Orten ist euer Glaube an Gott bekanntgeworden", so fragt der Leser unwillkürlich: Woher weiß denn das Paulus? Es wäre nicht ausgeschlossen, daß Boten aus Galatien, die ihm Nachricht über die Veränderung in den dortigen Gemeinden nach Korinth brachten, auch davon berichteten, daß von der Erweckung in Macedonien in Galatien gesprochen werde. Zahn meint, daß die Beziehung des Timotheus nach Lystra (Apg 16, 1 f) zur Ausbreitung der Nachricht beigetragen habe. Denn Timotheus ist der entscheidende Mitarbeiter des Paulus in Thessalonich. Dann ist der Galaterbrief vielleicht der älteste aller Briefe des Paulus und noch vor dem ersten Thessalonicherbrief geschrieben. Daß Paulus von Korinth aus nicht schnell nach Galatien hinüberfahren konnte (Gal 4, 20), ist sehr begreiflich. Von Ephesus dagegen wäre ein Blitzbesuch eher möglich gewesen. Die „Malzeichen" Jesu am Körper des Apostels (Gal 6, 17) wären dann die Narben von seinen Mißhandlungen in Macedonien.
Nach alledem scheint uns die südgalatische Hypothese Zahns noch keineswegs erledigt zu sein und viel Wahrscheinlichkeit für sich zu haben.
Was war nun d e r A n 1 a ß zum Brief an die Galater?
Die Gemeinden in Galatien waren durch den Dienst des Paulus entstanden. Er hat an ihnen gearbeitet (4, 11), ja, er hat die Geburtswehen und ihr neues Leben aus Christus selbst erlitten (4, 19). Aus den Anfangsversen des Briefes (1, 6-11) geht eindeutig hervor, daß die grundlegende Verkündigung des Paulus zu ihrer Bekehrung führte. (Vgl. auch 3, 1-5.) Barnabas war auf jener ersten Reise durch Galatien bei ihm (Apg 13, 13-14, 26). Paulus nennt ihn im Brief, als wäre er den Lesern bekannt (2, 1. 9. 13).
Zweimal ist Paulus schon bei den Empfängern des Briefes gewesen. 4, 13 sagt er betont „das erstemal", so daß wir mit einem zweitenmal rechnen müssen.
Er hatte ihnen damals den Gekreuzigten vor die Augen gestellt (3, 1), der sich für ihre Sünden opferte (1, 4) und der als der Lebendige seine Gemeinde sammelt und baut (1, 1). Die Verkündigung des Apostels führte zu einer geistlichen Erweckung, in der sie im Glauben Jesu eigen wurden, ein geistliches Leben begannen (3, 3) und mit tiefer Freude erfüllt wurden (4, 14 f). Paulus selber tat den Dienst in körperlicher Schwachheit (4, 13), das hemmte aber ihren Glauben nicht, weckte aber eine starke Liebe (4, 14) und eine Bereitschaft zum Leiden auch bei ihnen (3, 4). Der größte Teil dieser neugewonnenen Gemeinde bestand offenbar aus Heiden (4, 8 ff). Andererseits müssen auch Juden in den Gemeinden gewesen sein (3, 28).
Dieser Glaubensfrühling in den galatischen Gemeinden ist nach der Abreise des Apostels von einem schmerzlichen Nachtfrost befallen worden. Es erschienen andere Verkünder des Christenglaubens. Es müssen ihrer mehrere gewesen sein (1, 7; 4, 17; 5, 12; 6, 12). Diese - offenbar wie Paulus aus dem Pharisäismus, dem gesetzestreuen Teil Israels, stammende - Prediger stellten die Glaubenshaltung der Galater als ungenügend dar. Sie sagten etwa: Ja, ein gewisser Anfang ist gemacht; aber wollt ihr ganze Christen sein, so müßt ihr das Gesetz Moses halten, vor allem
die Beschneidung als Zeichen kultischer Zugehörigkeit zum Volke Gottes einführen (5, 2 f). Wahrscheinlich empfahlen sie auch den Sabbath und andere gesetzliche Feiertage (4, 10) und führten die mosaischen Speisegebote ein (vgl. 2, 12 ff).
Erst wenn die Galater so das Gesetz hielten, hätten sie das Anrecht auf die Gabe des Heiligen Geistes (siehe unten die Auslegung von Kap. 3).
Es kann sein, daß diese Fremden sich auf die Urgemeinde Jerusalem beriefen (4, 26) und auch auf die Autorität des Herrenbruders Jakobus (2, 9). Paulus hat im Brief diese beiden Vorwände als unberechtigt erledigt. Die Stellung dieser Irrlehrer zu Paulus wird beim Lesen des Briefes deutlich werden. Hier soviel, daß sie offenbar Paulus die volle apostolische Vollmacht bestritten und ihn gegenüber den Uraposteln, den Säulen (2, 9), zurückstellten.
Offenbar fanden diese Verkünder in Galatien offene Ohren. Jung erweckte Christen verfügen noch nicht über genügende Kritik und sind hellhörig, wenn ihnen noch Besseres angeboten wird. Keiner will etwas Halbes sein. Je und je haben Schwärmer und Irrlehrer die Gläubigen zu verirren gesucht, indem sie verkündeten: Bei uns ist erst die volle Wahrheit, die ganze Entschiedenheit! Es ist zwar kein schlechtes Zeichen, wenn Christen sich ihrer Halbheit schämen und das Vollkommene suchen. Wie leicht aber gerade solche auf Irrwege kommen, zeigt uns dieser Brief.
Aus der Bruderliebe wurde gegenseitiger Streit (5, 15). Wie stets dort, wo das Gesetz herrscht und nicht das Evangelium. Einer fing an, den andern zu kritisieren, jeder wollte recht haben. Aus dem Frieden wurde ängstliche Unruhe, aus der Gewißheit der Versöhnung wurde Furcht.
Paulus hat diese Verkündigung nicht als bloßen „Schönheitsfehler" angesehen, der weitherzig getragen werden könnte. Mit einer erstaunlichen Schärfe arbeitet er im Brief das Entweder-Oder heraus: Entweder Gesetz oder Glaube! Die fremden Boten werden unter das Anathema gestellt (1, 8 f). Wer ihnen folgt, versucht durch Werke des Gesetzes das Geschenk des Geistes fortzusetzen (3, 2). Damit ist ihr Leidensweg sinnlos geworden (3, 4). Dann wäre auch die Arbeit des Apostels umsonst gewesen (4, 11). Ja, wer jenen folgt, hat Christus verloren (5, 4).
Eindeutiger kann es nicht gesagt werden. Der Leser muß erschrecken über diese Konsequenz. Hier ist jeder vor die Existenzfrage gestellt und muß Antwort geben.
Es ist nur gut, wenn a u c h h e u t e den Lesenden tausend Fragen kommen: ja, wie denn? Ohne Gesetz? Aber die Zehn Gebote? Sie gehören doch dazu? Was heißt denn nun Glauben? Ist das nicht alles allzu einfach? Wo bleibt denn die Heiligung, wenn alles nur bei der Rechtfertigung bleibt? Bin ich denn nicht mit meinem Gehorsam gefordert? Landen wir etwa bei einer toten „Orthodoxie", einer formalen Rechtgläubigkeit? Alle diese im Laufe der Kirchengesdiichte sehr aktuell gewordenen Fragen werden hier angeschnitten. Es ist nicht nur der Judaist oder Sabbatarier vor die Schranken gerufen, sondern gerade auch der „normale" Christ von heute. Nicht nur der römische Katholik, sondern auch der Evangelische, der Orthodoxe wie der Pietist, der Kirchliche wie der Gemeinschaftsmann!
Das Messer ist haarscharf, das der Apostel hier benutzt. Wie wichtig ihm die Erörterung und Auseinandersetzung ist, zeigen schon die ersten Kapitel, in denen er seine eigene Führung als Beweis seiner Vollmacht und als Grundlage seiner Verkündigung ins Feld führt. Paulus steht und fällt mit seinem Galaterbrief. Er läßt kein anderes Evangelium gelten, kein anderes Christentum als das ihm anvertraute. Darum ist der Brief zu allen Zeiten aktuell.
Inder Geschichte der Kirche spielt er daher eine nicht geringe Rolle. Schon Augustin hat einen bemerkenswerten Kommentar zum Galaterbrief geschrieben, der später für Luther von großer Bedeutung wurde. Weniger der Kommentar seines Zeitgenossen Hieronymus. Aber der Einfluß Augustins wurde im Mittelalter in der Kirche gründlich zurückgedrängt. Erst Luther hat auch diesen Teil der urchristlichen Botschaft neu entdeckt und auf den Leuchter gestellt. Er sagte einmal: „Die Epistel an die Galater ist m e i n e E p i s t e l, mit der ich mich verlobte. Sie ist meine Käte von Boren." Er meinte: zu diesem Brief habe ich ein so einzigartiges Verhältnis wie zu der mir angetrauten Frau. Über keinen Teil der Bibel hat Luther so viel gearbeitet, zumindest keinen neutestamentlichen Brief so oft vorgetragen und gelehrt. Im Winter 1516/17 - also in jenem Winter, der dem Anschlag der Thesen im Herbste 1517 voranging - legte er seinen Studenten in Wittenberg als junger Professor den Galaterbrief aus. Wir besitzen noch eine Nachschrift eines Studenten, der in seinem Colleg gesessen hat und fleißig die Diktate seines Professors zu Papier brachte. Wenige Jahre später (1519) veröffentlicht Luther einen lateinischen Kommentar zum Galaterbrief, der später ins Deutsche übersetzt wurde. Im Jahre 1531 liest Luther wieder über den gleichen Brief. Seine Erklärungen wurden von seinem Mitarbeiter Röhrer herausgegeben, von Luther korrigiert und gleichfalls hernach ins Deutsche übersetzt. Das alles zeigt, wie grundlegend dieser Brief für die Reformation und ihre Verkündigung wurde.
Die Rechtfertigung durch den Glauben an Jesus widerspricht so sehr dem Gedanken des natürlichen Menschen, daß er die Botschaft von der puren Gnade Gottes immer wieder abzuschwächen versuchen wird. Etwa mit den auch heute üblichen Worten: „Ich muß doch selbst auch etwas tun!" Oder: „Gott wird doch wenigstens meine gute Absicht anerkennen!" Mit solchen Plattheiten wehrt sich der Alltagsmensch gegen die Gnadenbotschaft. Denn in der Botschaft von der Rechtfertigung aus Gnaden allein steckt auch das Gerichtswort über die Grundverdorbenheit des Menschen. Sind wir fähig, diese Botschaft zu hören und zu ertragen?
Die Botschaft, die Paulus bringt, ist von erschütterndem Ernst. Wie sollten wir nicht versuchen, uns dieser Wahrheit zu entziehen! Deshalb werden gerade wir, die wir in frommen oder kirchlichen Kreisen leben und so leicht auf unsere religiöse Leistung uns etwas zugute halten, die Botschaft des Galaterbriefes uns mit großem Ernst aneignen müssen, damit wir ja nicht unsere fromme Moral oder unsere sogenannte „Reichgottesarbeit" in die Waagschale werfen. Wie oft wird in kirchlichen Statistiken mit großen Zahlen der Liebeswerke, der hohen Kollekten oder des
I. DIE ANSCHRIFT UND DAS GRUSSWORT
Galater 1, 1-5
1 Paulus, ein Apostel, nicht von Menschen gesandt, auch nicht durch einen Menschen, sondern durch Jesus Christus und Gott
2 den Vater, der ihn von den Toten erweckt hat, * und alle mit mir
3 befindlichen Brüder - an die Gemeinden Galatiens! 0 Gnade mit Euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus
4 Christus, ° der sich selbst für unsere Sünden gab, um uns aus dem gegenwärtigen bösen Äon gemäß dem Willen Gottes und unseres
5 Vaters herauszuholen! 0 Ihm sei die Ehre für alle Äonen der Äonen! Amen
V e r s 1. Wie es die praktische Art antiker Briefe war, stellt Paulus seinen Namen als den des Absenders an die Spitze des Briefes. So war es Brauch, damit ein jeder wußte, von wem er angeredet wurde.
Sein Name war ursprünglich Saulus. (Apg 7, 57) So hieß einst der König vom Stamme Benjamin, aus dessen Stamm auch der Vater des Paulus seine Herkunft herleitete. In Erinnerung an den königlichen Benjaminiten mögen die Eltern einst stolz ihrem Sprößling den alten Königsnamen gegeben haben. (Phil 3, 5) Warum hat Paulus seinen Namen geändert? Daß er es gleich nach seiner Bekehrung tat, berichtet die Bibel nicht. Lukas nennt den neuen Namen zum erstenmal aus Anlaß des Besuches auf Cypern. Apg 13, 9 Hier hatte sich der höchste römische Beamte der Insel, Sergius Paulus, dem Wort Jesu geöffnet; Das war ein Wunder Gottes. Mag sein, daß Paulus für die Reise durch die griechischen Gebiete ohnehin einen zweiten Namen in Aussicht genommen hatte, der den griechisch Sprechenden leichter verständlich war. Das gleiche taten viele Juden in jener Zeit. (Z. B. Jesus genannt Justus, Kol 4, 11.) Bei der Wahl des Namens mag neben dem Gleichklang auch die lateinische Bedeutung von „paulus" = der Geringe, der Kleine, wichtig gewesen sein. (Vgl. 2 Ko 7, 6, vielleicht ein Wortspiel!) Es war ein Wunderwerk Christi gewesen: Aus dem „königlichen" Saul, dessen Namensvetter ein Kopf länger war als die übrigen, war der gedemütigte „Kleine", nämlich Paulus geworden.1 Sam 10, 23
„Ein Apostel" nennt sich Paulus. Er weiß: Er ist nicht der einzige Apostel Jesu. Neben ihm stehen noch andere. Aber indem er bescheiden sagt: ( Rö 16, 7) Ich bin nur einer von vielen, - bekennt er sich doch gleichzeitig kräftig zu dem ihm gewordenen Auftrag. Der
Abendmahlsbesuches gedacht. Wie spricht man heute von dem Christentum der Tat und vom Öffentlichkeitswillen der Kirche. Diese sucht sich durch „kirchliche Ordnungen" zu sichern oder durch weltweite Organisationen zu stärken. All das kann uns zur großen Gefahr werden. Wir verbergen uns hinter all die großen Worte und Zahlen aus lauter Angst, daß wir mit dem Wort des Apostels an die Galater Ernst machen müßten.
GEDANKENGANG UND GLIEDERUNG DES G A LA T E R B R 1 E F E
Ehe wir im einzelnen den Text erklären, gilt es, den Gedankengang des Briefes zu erkennen und seinen Aufbau zu sehen. Es empfiehlt sich, vor dem Gebrauch der ausführlichen Erklärung nach diesem Plan den Galaterbrief in der Bibel aufmerksam durchzulesen.
I. Anschrift und Grußwort, Galater 1, 1-5
Il. Die Vollmacht des Apostel Paulus und seiner Botschaft (historisch),
Galater 1, 6-2, 21
1. Wie Paulus die Lage der Galater ansieht, Galater 1, 6-10
2. Seine Berufung und Beauftragung, Galater 1, 11-17
3. Seine ersten Beziehungen zur Urgemeinde in Jerusalem, Galater 1, 18-24
4. Die Bestätigung seiner Verkündigung beim „Apostelkonzil",
Galater 2, 1-10
5. Das Gespräch mit Petrus in Antiochien, Galater 2, 11-21
III. Die Aufgabe und Schranke des Gesetzes (dogmatisch), Galater 3, 1-4, 31
1. Die Verblendung der Galater, Galater 3, 1-5
2. Abrahams Segen gehört dem Glauben, Galater 3, 6-14
3. Nur Christus erfüllt die Verheißung des Geistes, Galater 3, 15-29
4. Unmündig oder mündig? Galater 4, 1-7
5. Ein apostolisches Mahnwort, Galater 4, 8-20
6. Das Gleichnis von den zwei Testamenten, Galater 4, 21-31
IV. Die praktischen Folgen für das Glaubensleben (ethisch), Galater 5, 1-6, 10
1. Es geht um eine klare Entscheidung, Galater 5, 1-12
2. Der Wandel im Geist, Galater 5, 13-25
3. Ratschläge und Warnungen, Galater 5, 26-6, 10
V. Das Schlußwort, Galater 6, 11-18