Zeichen und Wunder Gotterleben hinter Gefängnismauern, Henry Ochsenbein, Benjamin Valloton

Gefangene hungern nach Licht

Die Welt ist anders geworden. Sie lebt im Bewußtsein ihrer »Mündigkeit« und hat sich, wie einer ihrer Vertreter es ausgedrückt hat, »von Gott elastisch abgesetzt«. Aber diese Welt, die sich selbst genügt, ist zugleich hungrig und voller Sehnsucht nach glaubwürdiger Bezeugung der Wahrheit, nach Erweisen echter Hoffnung, nach Gestaltung wirklichen Friedens. Wohl fühlt sich diese Welt, vor allem diejenige der jungen Völker, auf dem >long march<, dem weiten, weiten Marsch, auf dem es vorwärts geht, immer vorwärts, herrlicher Zukunft entgegen, da alle Dinge möglich werden. Dennoch zeigen sich überall Anzeichen der Unruhe und der Angst vor geheimnisvollen Drohungen, die sich in die Zukunftserwartungen mischen. Auf ihrem Vorwärtsschreiten scheint diese selbstbewußte Welt bereits an den Kirchen vorbeimarschiert zu sein.

 

Sie braucht das Christentum nicht mehr, auch dort nicht, wo sie es einstweilen noch wohlwollend achtet oder nachsichtig bestehen läßt. In dieser Welt spüren die Christen immer deutlicher, daß ihr Herr sie zum Zeugendienst sendet. Wo sie versuchen, in der Solidarität mit den Menschen ihrer Zeit den Weg in die Zukunft mitzugehen, brechen für sie Fragen auf, mit denen sie sich ehrlich auseinandersetzen müssen. Aber alle Fragen und alle Problematik entbinden sie nicht von der Pflicht, den Zeitgenossen ein glaubwürdiges Zeugnis mit Wort und Tat zu geben.