Dieser Brief richtet sich an Christen, an wahre Gläubige wie auch an bloße Bekenner, die aus dem Judentum hervorgegangen sind, aber noch an seinem Gottesdienst und an seinen Gebräuchen festhielten. Sie waren in Gefahr, sich entmutigen zu lassen und zur alten Ordnung der Dinge zurückzukehren, da sie sich in der Verwirklichung ihrer Hoffnungen auf Christum als irdischem Messias getäuscht sahen und im Gegenteil der Verfolgung ausgesetzt waren. Der Heilige Geist lässt ihnen zeigen, dass jene irdische Ordnung der Dinge nur vorübergehend war, und hebt die Überlegenheit des Christentums hervor, die neue Ordnung der Dinge, in der alles himmlisch und bleibend ist. Zu diesem Zweck weist Er auf die Gegensätze dieser beiden Systeme hin, wovon jedes zu seiner Zeit durch Gott aufgerichtet worden ist, zeigt dabei aber auch, worin sie sich gleichen. Dadurch macht Er ihnen verständlich, dass das erste, das aus Schatten und Bildern bestand, dem zweiten Platz machen musste, das nur mit Wirklichkeiten zu tun hat.
Verlag: Beröa
Einband: Leinen
Seitenzahl: 207
Format: 19 x 13,5 cm
Leseprobe: Einleitung
Der Schreiber des Briefes geht in seiner Beweisführung schrittweise vor. Er nimmt dem Judentum Stück um Stück weg, um es durch etwas Besseres zu ersetzen. Im letzten Kapitel stellt er schliesslich die Notwendigkeit fest, das alte System, dessen Zeit vorüber war, als ganzes entschlossen aufzugeben und mit Christo aus dem Lager hinauszugehen, Seine Schmach tragend. Er zeigt auch, dass die, welche mit den jüdischen Verordnungen verbunden bleiben, kein Recht haben, vom Altar der Christen zu essen, wie er seine Leser im Hauptteil des Briefes auch auf die schrecklichen Folgen hinwies, die daraus hervorgehen, wenn man das Christentum, nachdem man es erkannt hat, wieder aufgibt. Welche Gnade seitens des Herrn, diese hebräischen Christen vom Judentum zu lösen, im Augenblick, wo die endgültige Zerstörung Jerusalems und des Tempels bevorstand, die den Verordnungen des jüdischen Gottesdienstes ein tatsächliches Ende setzten! Welche Glückseligkeit für sie, mit einem himmlischen Christus verbunden zu sein, welcher Derselbe ist, gestern und heute und in Ewigkeit!
Der Verfasser des Briefes nennt uns seinen Namen nicht. Er stellt sich nicht als Apostel vor, weil er unsere Blicke allein auf Jesum, den grossen Apostel lenken will (Kap. 3, 1). Er stellt sich in die Mitte derer, an die er sich richtet, als einer, der mit ihnen zu derselben Gruppe von Personen gehört, die seit langem mit Gott in Verbindung waren. Das war in der Tat die Stellung der Juden: Für sie schloss sich das Christentum, diese neue Verbindung mit Gott, sozusagen an eine alte Beziehung an. Für die Heiden, die eigentlich nur Beziehungen mit den Dämonen hatten, war es nicht so.
KAPITEL 1 Vers 1
Gott hat geredet, so beginnt unser Brief. Welch unermessliche Tatsache! Gott hat den Menschen eine Offenbarung über sich selbst und über Seine Ratschlüsse gegeben. Er hat es im Laufe der Zeit auf zweierlei Weise getan - zuerst durch die Propheten, dann direkt im Sohne. Die Aussprüche Gottes sind den Juden anvertraut worden. Das war in jeder Hinsicht ein grosses Vorrecht, sagt der Apostel (Röm.3, 2). Gott hatte ehemals zu den «Vätern» geredet, also zu den Vorfahren des damaligen jüdischen Volkes, zu dem die Empfänger des Briefes gehörten. Den Ausdruck «Väter» finden wir im Neuen Testament oft: Johannes 7,22; Apg. 13,32; Römer 9,5; usw. Gott redete vielfältig oder oft und auf mancherlei Weise zu ihnen, indem Er ihnen von den Ratschlüssen, die Er ausführen wollte, nacheinander fortschreitende Offenbarungen gab. Es geschah durch Propheten, heilige Männer Gottes, die, vom Heiligen Geiste getrieben, geredet haben (2. Petr. 1, 21). Ihre Reihe begann mit Mose,* dem hervorragendsten von allen, wie er in 5. Mose 34, 10 bezeichnet wird: «Und es stand in Israel kein Prophet mehr auf wie Mose. » Sie erstreckt sich über eine Zeitepoche von mehr als tausend Jahren und schliesst im Alten Testament mit Maleachi. Alle diese Propheten kündeten in immer deutlicheren Enthüllungen Den an, der ihre Worte erfüllen sollte. Mose hatte gesagt: «Einen Propheten aus deiner Mitte ... gleich mir wird Jehova, dein Gott, dir erwecken» (5. Mose 18, 15). Und Maleachi, der letzte Prophet des Alten Testamentes kündet an: «Siehe, ich sende meinen Boten, dass er den Weg bereite vor mir her. Und plötzlich wird zu seinem Tempel kommen der Herr, den ihr suchet; und der Engel des Bundes, den ihr begehret: Siehe er kommt» (Mal. 3, 1). Nachdem Gott während dieses langen Zeitabschnittes auf solche Weise zu den Vätern geredet hatte, hat Er nach dessen Abschluss, «am Ende der Tage» - «zu uns geredet im Sohne». In Ihm redet Gott selbst, also nicht mehr mittelbar, durch Vermittlung von Männern, die vom Heiligen Geiste getrieben waren. Wie war doch diese Offenbarung, diese neue Beziehung Gottes zu den Juden gegenüber dem, was sie bisher gehabt hatten, so weit überlegen! Aber sie schloss sich an die alte Beziehung an. Gott hat sowohl «durch die Propheten» als auch «im Sohne» geredet, darin besteht Gleichheit; der Unterschied ist der, dass im zweiten Fall Gott selbst der Redende ist, wogegen Er im ersten durch die Vermittlung anderer zum Volke sprach.*
Die Tatsache, dass Gott im Sohne geredet hat, führt sogleich den Gedanken der Fleischwerdung ein, aber mit der gleichzeitigen Beschreibung der ganzen Herrlichkeit Seiner Person. Und was im Blick auf die Würde der Person des Sohnes aus diesem Kapitel besonders deutlich hervorgeht, ist Seine Göttlichkeit in der Menschheit; Gott ist in unsere Mitte herabgekommen.
Vers 2
Gott hat Seinen Sohn «zum Erben aller Dinge» gemacht. Damit ist auch Seine Menschheit vorausgesetzt; denn erst nachdem Er als Mensch gelitten hat und als Auferstandener zur Rechten Gottes erhöht worden ist, hat Gott, Seinen Ratschlüssen gemäss, alle Dinge Seinen Füssen unterworfen und sie Ihm zum Besitz gegeben (Phil. 2, 6-11; Ps. 2, 8). Aber Er soll als Sohn alle Dinge in Herrlichkeit besitzen. Mehr noch, Er ist auch der Schöpfer. Durch Ihn hat Gott «die Welt gemacht», das heisst, die weiten Räume dieses Weltalls: Alles, was in der Zeit und im Raum besteht. Eine Wahrheit, auf welcher die heiligen Schreiber immer wieder und mit Kraft beharren (Joh. 1, 3. 10; Kol. 1, 15. 16), und welche uns die Herrlichkeit und die Macht des Sohnes zeigt. Er ist es, der die Welten, die in den Himmeln ihre Bahn ziehen, und die Herrlichkeit Gottes verkündigen, gemacht hat, und Er hat zu uns geredet.
Vers 3
Er ist auch der Abglanz der Herrlichkeit Gottes und der Abdruck Seines Wesens - ein anderer Wesenszug Seiner göttlichen Grösse. Er ist in Seiner Person die Offenbarung Gottes selbst. Wie uns das Licht durch Seine Ausstrahlung kund wird, so sehen wir in Christo die Strahlen der Herrlichkeit Gottes leuchten, das heisst, Seine Vollkommenheit. So offenbart
* Henoch, der nach Judas 14 ebenfalls geweissagt hat, war noch kein Prophet an Israel.
* Als Gott durch die Propheten redete, blieb Er von ihnen unterschieden; Er bediente sich ihrer als Sein Mund. Im Sohne aber redete Gott selbst, nicht durch einen anderen, nicht als der Vater noch in der Person des Vaters, auch nicht durch den Heiligen Geist, indem Er sich einer nichtgöttlichen Person bediente, sondern als göttliche Person selbst, und diese Person war der Sohn (Vorwort zur französischen Bibel).