Keine Bewertungen gefunden
erstes Buch der Bibel im Licht Der archäologischen Forschung
- Ausgrabungen im Land der Genesis
- frühgeschichtliche Entwicklung
- Schreibmethoden vor 5000 Jahren
- Schlüssel der Erklärung der Genesis
- Alter der Genesis
- wer schrieb die Originaltexte?
- erste Genesisausgabe
- Übersicht über die Geschichte der Kritik
- Kritik an der Kritik
- Genesis und die Kritik
- Gottesnamen in der Genesis
- was will die Literarkritik?
- Bibel und Babel
- Neues Testament und Genesis
- Jesus Christus und Genesis
Das vorliegende Buch wurde in Babylonien geschrieben, im Lande der Genesis, wo ich lange Jahre hindurch tätig war und Gelegenheit hatte, mich intensiv mit den dortigen Ausgrabungen und mit der Genesis zu beschäftigen. Es soll einen Beitrag dazu liefern, die so wichtige und umstrittene Frage zu klären, wie dieses erste Buch der Bibel entstanden ist. Auf dieses Problem fällt nämlich völlig neues Licht, wenn man die Genesis im Zusammenhang mit der Umwelt, aus der sie kommt, erforscht, und zwar unter Berücksichtigung der vielen neuen Erkenntnisse der archäo logischen Forschung.
Es soll hier darum gehen, so einfach und klar wie möglich zu zeigen, was die Genesis selbst über ihren Ursprung und Aufbau zu sagen hat. Ich kann mir denken, da-9 hier schon mancher überrascht aufhorcht. Die Genesis selbst soll Angaben enthalten, die erkennen lassen, wie sie ursprünglich niedergeschrieben wurde? Danach haben doch in den letzten zwei Jahrhunderten ganze Generationen von Wissenschaftlern gesucht und haben nichts gefunden. Die vielen Hypothesen, die die Entstehung der Genesis erklären sollen, sind doch gerade darum entwickelt worden, weil man im Text selbst keine klaren Hinweise darauf gefunden hatte.
Trotzdem glaube ich mit gutem Recht, meine Aussage stehenlassen zu können. Wie wichtig die Klärung dieser Frage ist, braucht kaum betont zu werden.
Es handelt sich ja um das erste Buch der Bibel, das die Grundlage bildet für alles, worauf später im Alten und im Neuen Testament aufgebaut wird. Es gibt kein Dokument aus dem Altertum, das sich in seiner Bedeutung auch nur entfernt mit der Genesis messen könnte.
Hier soll ein neuer Weg beschritten werden, die literarische Struktur der Genesis zu erklären.
Die Anregungen dazu kamen während einer eingehenden Beschäftigung mit den Funden, die die Wissenschaft des Spatens uns in den letzten Jahren vorgelegt hat. Ich habe selbst mehrere Jahre in Babylonien verbracht, besuchte häufig die verschiedenen Ausgrabungen an den historischen Stätten und war in ständiger Berührung mit den neuesten Entdeckungen. Umgeben von den Zeugen aus jener alten Zeit, befaßte ich mich auch intensiv mit der Genesis. Ich tat es nicht mit der Absicht, eine neue Lösung für ihren literarischen Aufbau zu entdecken, sondern wollte nur die Archäologie und Geographie dieses Landes im Vergleich mit der Bibel plastischer werden lassen.
Bei dieser Arbeit wurde mir aber auch der Schlüssel zum literarischen Aufbau der Genesis zusehends klarer. Ich stellte näm= lich fest, daß sie durchaus Angaben über ihre Enstehung machen kann, wenn wir sie im Licht der neuen Erkenntnisse reden lassen, die wir jetzt über die literarischen Gewohnheiten der patriarchali= sehen Zeit haben. Wie es scheint, ist dieser Schlüssel bisher einfach unerkannt geblieben. Die bekannten Theorien haben sich alle als unfähig erwiesen, den Zugang zur literarischen Struktur des Buches zu zeigen. Hier geht es nun um eine völlig andere Er= klärung. Für einen Leser, der die Diskussion über die Genesisprobleme kennt, mag sie überraschend klingen. Aber ich bin davon überzeugt, daß sie die genannten Fragen auf eine sachgemäße Weise löst:
Die Genesis wurde ursprünglich auf Tontäfelchen niedergeschrieben, und zwar von den Patriarchen, die in unmittelbarer Beziehung zu den berichteten Geschehnissen standen und deren Namen deutlich angegeben sind. Mose, der das Buch in der uns heute bekannten Form zusammenstellte und herausgab, macht außerdem direkt auf die Quellen seiner In= formation aufmerksam.
Eine solche Behauptung muß natürlich entsprechend begründet werden.
Vom Leser erwartet sie eine sorgfältige Auseinandersetzung mit den Tatsachen, auf die der Beweis aufgebaut ist.
Wer diese eingehend prüft, wird erkennen, daß die genannte These starke Argumente für sich hat.
Sie ergibt sich aus dem Vergleich der Funde und ist durch so viele unbeabsichtigte Übereinstimmungen belegt,
daß nahezu alle kritischen Schwierigkeiten hinsichtlich der literarischen Struktur der Genesis verschwinden.Bis zum Anfang des letzten Jahrhunderts enthielten die älte= sten Teile des Alten Testamentes die einzig bekannte Darstellung der Geschichte aus der Zeit vor iooo vor Christus. Die altbabylo= nischen Aufzeichnungen waren noch nicht entdeckt. Sie lagen noch begraben unter Trümmern und Ruinen und waren über Jahrtausende hinweg unserer Kenntnis entzogen. Gerade weil die ältesten Bücher der Bibel alleinstanden und als einzige den Anspruch erhoben, Jahrhunderte früher geschrieben zu sein als irgendein damals bekanntes Werk der Weltliteratur, bemühte sich die Kritik des letzten Jahrhunderts zu beweisen, daß sie viel später geschrieben sein mußten als zu der Zeit, in der Moses gelebt hat. Da aber sowohl die konservative wie auch die kritische Forschung von der Vorstellung ausging, die Ausübung der Schreibkunst sei zur patriarchalischen Zeit nicht üblich oder vielleicht noch gar nicht bekannt gewesen, nahmen beide Parteien an, der Inhalt der Genesis sei durch mündliche Tradition überliefert worden.
Im folgenden werden wir uns beständig auf die Archäologie beziehen. Das scheint uns dringend notwendig geworden zu sein. Bisher wurde nämlich die Genesis immer nur mit modernen Augen angesehen, ohne daß man die Umwelt berücksichtigte, in der sie entstanden ist. Das hat zu schweren Fehlschlüssen geführt, wie sie in der Literarkritik deutlich werden. Auf ihre Theorien werden wir darum auch immer wieder eingehen müssen. Die Kritik hat zwar häufig auf zweifellos bestehende stilistische Eigentümlichkeiten der Texte hingewiesen; diese Beobachtungen wurden aber leider zu Hypothesen verarbeitet, die den Angaben des Textes und den modernen Entdeckungen direkt widersprechen. Da in der allgemeinen theologischen Forschung die „Quellen= scheidung" weithin als die Methode angesehen wird, nach der man den literarischen Aufbau der Genesis erklären zu können glaubt, werden wir auch sie kritisch prüfen müssen. Bei der Be= schäftigung mit den neuerdings bekanntgewordenen Tatsachen kommt man zu der Überzeugung, daß die erwähnten Hypothesen nie entwickelt worden wären, wenn die Wissenschaftler jener Zeit die archäologischen Kenntnisse besessen hätten, die wir heute haben. Wer sich mit ihnen auseinandersetzt, wird mit mir der Meinung sein, daß es jetzt unbedingt an der Zeit ist, die Genesis im Licht der archäologischen Forschungen neu zu würdigen, zumal die kritischen Theorien in einem Jahrhundert entstanden sind, in dem man von dem Leben der Patriarchen noch sehr wenig wußte.
Aus diesen Gründen sehen wir die Archäologie als unseren vornehmsten Zeugen an. Wer sollte uns auch besser über die wahren Verhältnisse der damaligen Zeit unterrichten können als sie? Natürlich können wir hier nicht die ganze Fülle ihrer Ergebnisse verwerten. Was uns besonders interessiert, ist die Frage nach dem Alter der Schreibkunst und nach den damals üblichen literarischen Gewohnheiten. Dafür gilt es zunächst, die Funde zusammenzutragen, an denen man Beobachtungen zur Klärung dieser Fragen anstellen kann. Diese müssen wir mit den Angaben der Genesis vergleichen. Wenn wir dann die Erkenntnisse der Archäologie und die Ergebnisse der literarkritischen Forschung einander gegenüberstellen, wird jeder aufmerksame Leser selbst erkennen, welche Lösung der Genesisprobleme mehr Wahrscheinlichkeit für sich hat.
Es geht hier ja um die Erforschung der Wahrheit. Ihr gegenüber sind wir verpflichtet, so sachgemäß wie möglich zu sein. Dogmatische Voreingenommenheiten können uns nur hindern, der Wahrheit ins Auge zu sehen. Da alle bisher vorgeschlagenen Lösungen des gestellten Problems nur Hypothesen sind, wäre nichts schädlicher, als sich vorzeitig und einseitig festzulegen. Wir müssen offen bleiben für jeden neuen Hinweis, der weiterführen kann.
Ich bin mir darüber im klaren, daß meine Auffassung mit den in der historisch-kritischen Forschung') entwickelten Arbeitshypothesen (Quellenscheidung')) nicht übereinstimmt. Da sie sich aber nach meiner Überzeugung aus Tatsachen ableitet, die nicht zu bestreiten sind, fühle ich mich verpflichtet, sie auch der breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
1) Mit den Ausdrücken „historisch-kritische Forschung" und „Quellenscheidung" (englisch: "Higher Criticism") wird in diesem Buch der Zweig der theologischen Forschung gekennzeichnet, auf den die herr schende Sicht über die Entstehung der Genesis mit der relativ späten Datierung dieses Buches zurückgeht. Mit der hier vorgetragenen Ab= lehnung der Quellenscheidung soll nicht geleugnet werden, daß in den vergangenen zwei Jahrhunderten theologischer Forschung nicht auch manche wertvolle Arbeit geleistet worden ist.
Um dem Leser zu helfen, so objektiv wie möglich zu sein, möchte ich zum Schluß noch folgendes zu bedenken geben: Eine kritische Theorie über die Bibel hat es immer leichter, Anhänger zu finden, als eine positive, aufbauende These. Das liegt nicht nur daran, daß man überhaupt leichter Mißtrauen erwecken kann als Zutrauen, sondern ist vor allem im Wesen der Bibel selbst begründet. Da man aber in der Theologie schlechterdings nicht immer nur das als wissenschaftlich ansehen kann, was einreißt und zerstört - es ist doch leider allzu wahr, daß sich mit dem Begriff „Kritische Theologie" im allgemeinen Verständnis eine destruktive Arbeit an der Bibel verbindet -, sollte man diesen Faktor auch bei der Lektüre dieses Buches nicht aus dem Auge lassen.
Keine Bewertungen gefunden