Der 1. Korintherbrief: Einige neue Perspektiven
Eine Gemeinde in Not
Das Grundthema des 1. Korintherbriefes umfaßt Ordnungen und Richtlinien für die örtlichen Gemeinden; der Brief wurde geschrieben, wie Ralph Shallis es sagt, »um Ordnung in das Chaos zu bringen«. Nach der sehr höflichen, liebevollen Einleitung in Kap. 1, 1-9, in der auch ganz klar die Gotteskindschaft der Korinther betont wird, beginnen mit V. 10, der bereits vor Spaltungen warnt, sich stets steigernde Ermahnungen - bis eigentlich zum Schluß des Briefes. » Ich ermahne euch aber ... «(1. Kor. 1, 10).V. 11 verrät uns, daß Zank herrschte. Die Verse 12-13 offenbaren Parteiungen.
Vielleicht kann eine kurze Darstellung des historischen Hintergrundes manche Zusammenhänge erhellen. Ähnlich wie Athen (Apg. 17, 16) war Korinth voll von Götzenbildern und Statuen. Damit war sexuelle Ausschweifung und ein bewußtes Betonen von Philosophie und Weltweisheit verbunden. Wie in Athen, gab es auch in Ko-rinth viele philosophische Schulen. Eine ausgeprägte Neigung zur Weltweisheit finden wir auch bei den Korinthern, wie uns die Verse 18-19 in Kap. 3 verraten. Paulus warnt vor »klugen Worten« (1, 17) und stellt dem gegenüber die Torheit des Kreuzes als die wahre Weisheit der Gemeinde hin. Von Kapitel 1, 18 bis zum Ende des 2. Kapitels wird gezeigt, daß die Gemeinde nicht auf weltliche Weisheit, Philosophie oder die in Griechenland vielgerühmte Gnosis gegründet ist, sondern auf die Kreuzes-
botschaft. Manch ein Korinther aber gab hohen Worten und »erhabener« Weisheit (2, 1) den Vorzug gegenüber der Torheit und dem Ärgernis des Kreuzes.
Kapitel 3, 1-3 zeigt recht deutlich, wie unreif die Gläubigen größtenteils noch waren. Paulus nennt sie »fleischlich« und »Kinder« (3, 1). Obwohl sie sich offenbar sehr gebildet vorkamen, waren sie in geistlichen Dingen ziemlich unwissend. Insgesamt fragt der Apostel sie zehnmal im ganzen Brief: »Wisset ihr nicht...?« Ihr unreifer und unerfahrener Zustand wird darin ziemlich deutlich offenbar. (Die Verse, in denen Paulus diese Frage stellt, sind: 1. Kor. 3, 16; 5, 6; 6, 2. 3. 9. 15. 16. l9;9,13.24.) Sie waren geistlich gesehen also ungelernte, »ungezogene« Kinder. In Kap. 15, 34 sagt der Apostel sogar mit einer gewissen Schärfe: »Werdet doch einmal recht nüchtern und sündiget nicht! Denn etliche wissen nichts von Gott; das sage ich euch zur Schande.«
In Kapitel 3, 11 zeigt Paulus die Grundlage jeder Gemeinde, nämlich Jesus Christus - eine Grundlage, welche alle Gläubigen, ob geistlich oder fleischlich, gemeinsam haben. Während jedoch der geistliche Christ Lohn empfängt, werden andere Schaden erleiden (3, 14-15).
In Kapitel 3, 17 kommt Paulus zu einer schwerwiegenden Aussage über das Verderben des Tempels Gottes. Später werden wir auf dieses Thema noch zurückkommen. Vers 18 verrät, daß die Korinther durch ihre »Weltweisheit« in der Gefahr der Selbsttäuschung standen, eine Gefahr, die durch Stolz (Kap. 4) ganz besonders gegeben ist.
Die Verse 6, 18 u. 19 von Kap. 4 sowie Kap. 5, 2 offenbaren eine andere negative Eigenschaft der Korinther, nämlich ihre Aufgeblasenheit. In bezug auf das Gemeindeleben ist Kap. 4, 6 erwähnenswert, wo uns gesagt wird, daß
wir nicht über das Geschriebene hinausgehen sollen. Der geistliche Hochmut dieser Gläubigen verführte sie zu der Ansicht, schon einen gewissen geistlichen Stand, womöglich eine höhere Form des Christenlebens (V. 8), erreicht zu haben. Gerade Gaben verleiten oft zu Stolz und Eigenruhm (V. 7), der Überzeugung, etwas Besonderes zu sein. Paulus zeigt, wie das Apostelamt, das scheinbar Besondere und Bedeutende also, nicht Ruhm, sondern oft größte Erniedrigung und Verachtung (V. 9-13) vor aller Welt bringt.
Im 5. Kapitel werden weitere schwerwiegende Fakten, Zusammenhänge und Sünden ans Licht gebracht. Die Verse 1-5 verraten uns, daß jemand so schwere Hurerei getrieben, so sehr sich der Sünde geöffnet hatte, daß er zum Verderben des Fleisches dem Satan übergeben wurde (5, 5). Und dies, obwohl er zweifelsfrei Kind Gottes war. Es ist dies ein schwieriger Vers, der später noch beleuchtet werden soll. Jedenfalls enthält er das Wort »Verderben« wie auch Kap. 3, 17. Auch verrät er, daß der Teufel Handhaben in dem Fleisch eines Gläubigen haben kann, obwohl der Geist erleuchtet bzw. gerettet ist.
Die Verse 6-13 des 5. Kapitels zeigen, daß in der Gemeinde teilweise sehr schwere Sünde herrschte. So schwer, daß Gemeindezucht geübt werden sollte und Glieder auszuschließen waren. In Vers 11 werden sechs schwere Vergehen genannt; das Verharren darin bewirkt Trennung von der Gemeinde. Solche Leute mußten hinausgetan werden (V. 13). Es bestand die Gefahr der sündigen Vermischung. Der Sauerteig (V. 6-7) sollte entfernt werden.
Die Verse 1-8 von Kapitel 6 verraten, daß die Korinther teilweise so zerstritten waren, daß sie sich gegenseitig vor
weltliche Richter zerrten. In Vers 5 fragt Paulus: »Ist so gar kein Weiser unter euch, auch nicht einer, der da könnte richten zwischen Bruder und Bruder?«
Von Vers 12 bis 19 warnt der Apostel vor der Gefahr der Vermischung. Es ist offensichtlich, daß, wenn ein Gläubiger mit einer Ungläubigen eins wird (V. 16), Licht und Finsternis sich vermischen. Das Gebot Gottes im Blick auf diese große Gefahr der Vermischung lautet: »Fliehet!« (V. 18)
Kapitel 7 offenbart im Prinzip nichts Negatives, Paulus behandelt das Thema der Ehe und Ehelosigkeit.
Kapitel 8 deutet an, daß die Korinther teilweise noch Götzenopfer aßen. Es bestand die Gefahr, daß ihre Aufgeblasenheit (8, 1) in dieser Sache anderen zum Verhängnis werden könnte (V. 11). Auf mangelnde Rücksichtnahme wird hingewiesen (V. 12). Laut Vers 10 saßen offensichtlich einige im Götzenhaus. Auch hier zeigt sich bereits die Gefahr der (sichtbaren) Vermischung.
In Kapitel 9 finden wir eine leidenschaftliche Rechtfertigung des Amtes des Apostels Paulus. Die ungeistlichen Korinther hatten ihn als fleischlich und unfrei bezeichnet (9, 1) und stellten sein Apostelamt in Frage (V. 2). Sie, seine Kinder (4, 15), saßen praktisch über ihn zu Gericht (V. 3). Vers 16 sollte uns eigentlich alle ansprechen: »Wehe mir, wenn ich das Evangelium nicht predigte!«
Eine starke Warnung
Kapitel 10 offenbart einen interessanten Sachverhalt. Wiederum muß Unwissenheit aufgeklärt werden (V. 1). In den Versen 1-4 wird das Wort »alle« vier- bzw. fünfmal wie-
derholt (je nach Text). Mit dem Blick zurück in das Alte Testament betont Paulus die eindeutige Zugehörigkeit der Israeliten zu Gottes Volk. Übertragen auf den Neuen Bund heißt dies, daß die Gotteskindschaft, das Gehören zum Leibe Christi, bei den Korinthern nicht im geringsten in Frage gestellt wird. Im Gegenteil, dies wird besonders hervorgehoben. Der Vers 4 verrät uns sogar, daß wirklich Merkmale echten geistlichen Lebens da waren. Wenn jemand nämlich ißt und trinkt, dann ist er nicht nur zweifelsfrei lebendig, sondern er wächst auch. Obwohl diese Voraussetzungen gegeben waren, heißt es in Vers 5 recht hart: »Aber an den meisten von ihnen hatte Gott kein Wohlgefallen, denn sie wurden niedergeschlagen in der Wüste.« In Vers 6 bezieht Paulus diese betont deutliche Warnung auf sich (man denke an Kap. 9, 27) und die Korinther.
In den Versen 7-10 werden nun Fälle aufgezählt, wo Israeliten des Alten Bundes im Gericht Gottes starben. Vers 11 zeigt deutlich, daß dies als Warnung für uns geschah und niedergeschrieben wurde. Es leuchtet ein, daß Paulus in seinen Briefen jeweils zu der geistlichen Situation der Gemeinde Stellung genommen hat. Je nachdem wie ein Problem oder eine Frage sich ergab, finden wir darüber seine Abhandlung. Zum Beispiel das Thema »Beschneidung« im Brief an die Galater. Fast könnte man sagen, daß Paulus als gründlicher Mann, der er nun war, eine umfangreiche »Bibelarbeit« (tatsächlich wird ja immer wieder die Schrift, d. h. das Alte Testament zitiert) über das jeweilige Problem hielt. Warum erwähnt nun der Apostel die Toten im Alten Bund? Warum weist er darauf hin, daß so viele in jener Zeit des Gesetzes starben?
Ich möchte sagen, daß mir im Zusammenhang mit dieser Frage einmal ein neuer Aspekt des Korintherbriefes wich-
EINIGE NEUE PERSPEKTIVEN
- Gemeinde in Not
- starke Warnung
- heidnische Überbleibsel
- verführte Gläubige
- Passivität
- Zwang durch Finsternis
- das Größte von allem
- Gefährdung der Grundfundamente
FINSTERNISBEZÜGE BEI KINDERN GOTTES
- gibt es Bindungen?
- kann ein Kind Gottes besessen sein?
- allegorische und andere Hinweise
- Aufsehen auf Jesus
BETRACHTUNGEN ÜBER DAS HÄNDEAUFLEGEN