Glaubensgrundlage kirchliche Überlieferung und die Heilige Schrift - der Mensch durch die Sünde verwundet oder verdorben? die Kirche Mutter oder Braut - die Sakramente Symbole oder Gnadenmittel? die Taufe Sakrament der Wiedergeburt? - die Firmung Sakrament der Versiegelung, der Reife und der Mannbarkeit? - die Eucharistie Sakrament der Vereinigung mit Christus oder Gedächtnismahl? die Buße Sakrament der Vergebung der Sünden? die Krankensalbung Sakrament zur Aufrichtung und Stärung der Seele? Sakrament der Weihe Sakrament zur Weiterführung des Priesteramts und Mittleramts Christ? - die Ehe Sakrament zur Mehrung des Gottesvolkes? der Papst Führer, Lehrer und Vater aller Christen? Maria Begnadigte oder Mittlerin der Gnade? nach dem Tod im Fegefeuer oder bei Christus?
1. Die Glaubensgrundlage – Kirchliche Überlieferungen und die Heilige Schrift
Bevor wir beginnen, die wichtigsten Dogmen der röm.-kath. Kirche zu beleuchten, ist es wichtig festzustellen, worin die
Glaubensgrundlage der röm.-kath. Kirche besteht. Wer bestimmt, was geglaubt werden soll? Ist die Heilige
Schrift die unantastbare Grundlage, die alleinige Autorität und das einzige Kriterium unseres Glaubens, oder haben wir auch
noch auf andere Offenbarungsquellen Rücksicht zu nehmen?
Die Antwort der röm.-kath. Kirche ist eindeutig:
»Unsere Kirche hält fest daran und hat immer schon gelehrt, dass die Heiligen Schriften das geschriebene Wort Gottes sind. Die Kirche, um
mit den Worten des Konzils zu sprechen, glaubt und lehrt bezüglich der Bücher des Alten und Neuen Testamentes, dass Gott der Urheber
eines jeden Buches ist, und gestützt auf diesen Glauben hält sie auch unerschütterlich daran fest, dass die Heilige Schrift nichts enthalten
kann als die vollkommene Wahrheit über Glaube und Sitten. Wenn dem aber so ist, müssen wir dann nicht schließen, dass Gottes
Wort einzig in diesen Schriften enthalten ist? Keineswegs. Unsere Kirche behauptet, dass es auch noch ein ungeschriebenes Gotteswort gibt,
das wir apostolische Überlieferung (Tradition) nennen. Sie macht es einem jeden Christen zur Pflicht, das eine wie das andere mit gleicher
Ehrfurcht aufzunehmen.«2
Während die früheren Kirchenväter bis ins 5. Jahrhundert der Überzeugung waren, dass allein die Heilige Schrift Autorität hat (so z. B. Augustinus: »Wenn die kath. Bischöfe etwas denken, was den kanonischen Schriften Gottes zuwiderläuft, braucht man nicht zu denken wie sie«)3
, so finden wir schon in den folgenden Jahrhunderten eine Anzahl Erklärungen, die deutlich machen, dass nicht nur die Heilige Schrift, sondern
auch die Überlieferungen der »heiligen Väter« und der Kirchenversammlungen (»geschriebene und ungeschriebene«)
für absolut gehalten wurden.
»Wer nicht entsprechend den heiligen Vätern mit Herz und Mund bis aufs letzte Wort eigentlich und wahrhaft all das bekennt, was von den
heiligen Vätern und von den fünf allgemeinen verehrungswürdigen Kirchenversammlungen der heiligen katholischen und apostolischen Kirche
Gottes überliefert und verkündet worden ist, der sei ausgeschlossen.«
(Konzil im Lateran unter Papst Martin I., 649)
»Wer nicht die ganze kirchliche Überlieferung annimmt, die geschriebene wie die ungeschriebene, der sei ausgeschlossen.«
(Das 2. Konzil zu Nicäa, 787)
»Die heilige Kirchenversammlung weiß, dass diese Wahrheit und Ordnung enthalten ist in geschriebenen Büchern und ungeschriebenen
Überlieferungen, die die Apostel aus Christi Mund empfangen haben oder die von den Aposteln selbst auf Eingebung des Heiligen Geistes
gleichsam von Hand zu Hand weitergegeben wurden und so bis auf uns gekommen sind.
So folgt sie dem Beispiel der rechtgläubigen Väter, wenn sie alle Bücher des Alten und Neuen Bundes – denn der eine Gott ist ja der Urheber von beiden – zugleich mit den Überlieferungen, die Glaube und Sitte betreffen, mit gleicher frommer Bereitschaft und Ehrfurcht anerkennt und verehrt. Denn sie stammen ja aus dem Munde Christi oder sind vom Heiligen Geist eingegeben und sind in ununterbrochener
Folge in der katholischen Kirche bewahrt worden.«
(Konzil zu Trient, 1546)
»(…) Mit göttlichem und katholischem Glauben ist also das zu glauben, was im geschriebenen oder überlieferten Wort Gottes enthalten ist
und von der Kirche in feierlichem Entscheid oder durch gewöhnliche allgemeine Lehrverkündigung als von Gott geoffenbart zu glauben vorgelegt wird.«
(1. Vatikanisches Konzil, 1870)17
»Die Heilige Überlieferung und die Heilige Schrift sind eng miteinander verbunden und haben aneinander Anteil. Demselben
göttlichen Quell entspringend, fließen beide gewissermaßen in eins zusammen und streben demselben Ziel zu. Denn die Heilige
Schrift ist Gottes Rede, insofern sie unter dem Anhauch des Heiligen Geistes schriftlich aufgezeichnet wurde. Die Heilige Überlieferung aber gibt das Wort Gottes, das von Christus dem Herrn und vom Heiligen Geist den Aposteln anvertraut wurde, unversehrt an
deren Nachfolger weiter, damit sie es unter der erleuchtenden Führung des Geistes der Wahrheit in ihrer Verkündigung treu bewahren, erklären und ausbreiten. So ergibt sich, dass die Kirche ihre Gewissheit über alles Geoffenbarte nicht aus der Heiligen Schrift allein schöpft. Daher sollen beide mit gleicher Liebe und Achtung angenommen und verehrt werden.«
(2. Vatikanisches Konzil, 1964)
Grundlage und Kriterium des Glaubens ist also für die röm.-kath. Kirche nicht allein die Heilige Schrift, sondern gleichbedeutend sind die Lehrentscheidungen von
Päpsten, Konzilien usw., die den Anspruch erheben, dass sie »vom Heiligen Geist eingegeben« und daher für jeden röm.-kath. Gläubigen verpflichtend sind.
Die Lehre über die Inspiration der Heiligen Schrift Leider muss an dieser Stelle deutlich gemacht werden, dass die röm.-kath. Kirche die Überlieferungen von fehlbaren Menschen und Konzilien sehr hoch achtet, mittlerweile jedoch ein gebrochenes Verhältnis zu der Autorität des vom
Heiligen Geist inspirierten, unfehlbaren Wortes Gottes hat. Das Inspirations-Verständnis der röm.-kath. Kirche ist in den
letzten Jahrzehnten deutlich liberalisiert worden. Während es viele Jahrhunderte lang unbestritten war, dass die Heilige Schrift
in allen Teilen vom Heiligen Geist eingegeben worden und damit Die Glaubensgrundlage18 Ich bin auch katholisch
frei von jedem Irrtum ist, hat die historisch-kritische Forschung vor den Türen der röm.-kath. Theologie nicht Halt gemacht, sondern die Lehre über die Inspiration der Bibel stark beeinflusst. 1893 hatte sich Papst Leo XIII. noch in einem Rundschreiben
rückhaltlos zur Irrtumslosigkeit des Wortes Gottes bekannt: »Gewiss besteht die Möglichkeit, dass den Schreibern bei der Abschrift
der Handschriften Fehler unterlaufen sind. Doch ist hier sorgfältige Prüfung am Platz … Aber Unrecht ist es, die göttliche Eingebung nur
auf bestimmte Teile der Heiligen Schrift einzuschränken oder zuzugeben, dass der heilige Schriftsteller geirrt habe. Auch die Auffassung
derer ist nicht zulässig, die sich aller Schwierigkeiten dadurch entledigen, dass sie ohne Bedenken zugeben, die göttliche Eingebung beziehe
sich nur auf Sachen des Glaubens und der Sitten, sonst auf nichts. Sie gehen dabei von der falschen Voraussetzung aus: Wo es sich um die
Wahrheit von Aussagen handelt, da dürfe man nicht so sehr danach fragen, was Gott gesagt habe, sondern vielmehr, wozu er es gesagt habe.
Vielmehr sind alle Bücher, die die Kirche als heilig und kanonisch anerkennt, vollständig mit allen ihren Teilen unter Eingebung des
Heiligen Geistes verfasst. Der göttlichen Eingebung jedoch kann kein Irrtum unterlaufen. Sie schließt ihrem Wesen nach jeden Irrtum aus.
Mit derselben Notwendigkeit schließt sie ihn vollkommen aus, mit der Gott, die höchste Wahrheit, nicht Urheber eines Irrtums sein kann. So
ist es alter und beständiger Glaube der Kirche.
Es ist nutzlos, sich darauf zu berufen, dass der Heilige Geist Menschen als Werkzeuge zum Schreiben benützt habe: So seien nicht dem eigentlichen Urheber, sondern den inspirierten Verfassern Irrtümer unterlaufen. Denn mit übernatürlicher Kraft hat er sie so zum Schreiben angeregt und
bestimmt, ist ihnen so beim Schreiben zur Seite gestanden, dass sie alles das, aber auch nur das, was er sie hieß, richtig im Geist auffassten, getreu
niederschreiben wollten und auch passend in unfehlbarer Wahrheit ausdrückten. Sonst wäre er ja nicht Urheber der gesamten Heiligen Schrift.«4
Auch in der neuesten Ausgabe des »Katechismus der Katholischen Kirche« kann man deutliche Worte lesen, die jeder,
der die Heilige Schrift liest und liebt, nur dankbar unterstreichen kann: