Einleitung
Das Blatt „Licht und Leben", eine Stimme des Pietismus, wurde 1989 100 Jahre alt. Es gibt kein zweites Blatt mit vergleichbarer Prägung und Zielsetzung, von dem ein solches Alter zu vermelden ist. „Heilig dem Herrn" von Pastor Ernst Modersohn z. B. hatte eine noch größere Verbreitung als „Licht und Leben", existiert aber schon lange nicht mehr. Von zwei weiteren einst bekannten und einflußreichen Blättern „Philadelphia" und „Auf der Warte" sind vielen heute kaum noch die Namen bekannt.
„Licht und Leben" hat die Wechselfälle vieler Jahrzehnte überdauert. Es wurde 1889 in der Blütezeit des wilhelminischen Kaiserreiches begründet, hat die 12 Jahre der Weimarer Republik durchlaufen und im Dritten Reich sein vorläufiges Ende gefunden. 1948 erschien das Blatt wieder. Bis heute tut es den ihm aufgetragenen Dienst. Es hat nicht mehr den Bekanntheitsgrad, die Bedeutung und den Einfluß wie in früheren Zeiten. Es hat sich aber auch noch kein Grund gezeigt, das Blatt einzustellen oder an seinem Auftrag bis heute zu zweifeln.
Die Stimme des Pietismus, die „Licht und Leben" immer sein wollte, ist vor allem im Bereich der deutschen evangelischen Landeskirchen erklungen, so wie auch die deutsche Gemeinschaftsbewegung (Gnadauer Verband) dort vor allem ihre Platzanweisung bis heute sieht. Dabei ist mit Kritik an der Kirche nicht gespart worden, wenn und wo „Licht und Leben" die Klarheit, Wahrheit und Ausschließlichkeit der biblischen Botschaft bedroht sah. Das Recht und die Notwendigkeit freier Gemeinschaften und Werke, die nicht dem Pfarramt unterstehen, wurde immer tapfer verfochten.
In diesem Sinne scheute sich„ Licht und Leben" niemals, ein Kampfblatt zu sein. Daneben aber kam die rechte „Erbauung" der Gemeinde und des einzelnen nicht zu kurz. „Wehren, lehren und nähren", so wurde einmal die Aufgabe des Blattes formuliert. Die Auswahl der Beiträge aus den 100 Jahren ist so getroffen worden, daß alle drei Tätigkeiten deutlich werden.
Etwas zu der Anordnung des Stoffes im einzelnen! Zunächst wird eine Übersicht über die 100jährige Geschichte des Blattes geboten. Dabei ist die Zeit des Nationalsozialismus und des Dritten Reiches besonders hervorgehoben. Sie war die dramatischste Epoche für „Licht und Leben". Das Blatt war immer gefährdet und wurde schließlich ja auch verboten.
Der umfangreiche Hauptteil bietet mannigfache Auszüge und Beiträge. Ein Stück Geschichte des Reiches Gottes und der Kirche in den letzten 100 Jahren wird sichtbar. Auch das politische und staatliche Geschehen, das Kaiserreich, Weimarer Republik, Drittes Reich und die Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg umfaßt, tritt etwas ins Blickfeld. Dabei soll und darf nicht verschwiegen werden, daß die Sympathien des Blattes und seiner Schriftleiter bis in die erste Zeit nach 1933 dem deutschnationalen Gedanken und einer konservativen Politik gehört haben. Am meisten wird das in der Treue zu Kaiser und Reich bis 1918 sichtbar. Hier erwiesen sich die Mitarbeiter von „Licht und Leben" als Kinder ihrer Zeit. Sie darin mit den Maßstäben von heute zu beurteilen oder gar zu verurteilen, wäre ungerecht. Eins ist unübersehbar: Das Reich Gottes stand dem Blatt„ Licht und Leben" immer über allen irdischen Reichen.
Beiträge aus der Zeit des temperamentvollen Schriftleiters Wilhelm Busch, Essen, kommen nicht zu kurz. Mit seinem Heimgang 1966 nähern wir uns immer mehr der Gegenwart. Dieser wird begreiflicherweise nicht der Raum gewährt wie der weiter zurückliegenden Vergangenheit. Als Abschluß ist ein Nachruf auf den vorletzten Schriftleiter Pastor Ulrich Affeld aus dem Jahre 1984 gewählt worden.
Der Schlußteil des Jubiläumsbandes besteht aus kurzen Lebensbildern der ersten fünf Schriftleiter.
„Licht und Leben" 1889-1989
Eine Übersicht
21. September 1889 erscheint eine Probenummer des neuen Blattes. I)rr Untertitel lautet: „Evangelisches Wochenblatt für das Volk". Dann folgt der Hinweis auf Herausgeber (Schriftleiter) und Mitarbeiter: „In Verbindung mit Pastor Buchholz, Solingen, Pastor Lohmann, Elberfeld und gleichgesinnten Freunden herausgegeben von J. (Julius) Dammann, Pastor in Essen".
5. Oktober 1889 wird mit Nr. 1 der 1. Jahrgang von „Licht und Leben" rri
1. April 1897 tritt Julius Dammann (geb. 1840) als Pfarrer in Essen wegen seiner angegriffenen Gesundheit vorzeitig in den Ruhestand. Von 1899 an wird in „Licht und Leben" als sein Wohnort Eisenach an gegeben.
30. März 1905 übergibt Dammann das Blatt mit allen Rechten und Pflichten an die Evangelische Gesellschaft für Deutschland, bleibt aber der Schriftleiter.
30. März 1906 (Nr. 13 des 18. Jahrgangs) heißt es zum letztenmal: „Herausgegeben von P. Julius Dammann, Eisenach". Der Begründer von „Licht und Leben" gibt auch die Schriftleitung in die Hände der Evangelischen Gesellschaft für Deutschland.
4. Mai 1906 (Nr. 18 des 18. Jahrgangs) wird im Namen des Vorstandes der Evang. Gesellschaft für Deutschland (Pastor Coerper in Barmen, Präses, und Pastor Gauger in Elberfeld, Leiter des Schriftenwesens) mitgeteilt, daß Pastor Dr. Wilhelm Busch in Frankfurt am Main (bis Ende Mai noch in Elberfeld) die Schriftleitung übernimmt.
190& In dem gebundenen Jahrgang heißt es am Beginn: „In Gemeinschaft mit andern herausgegeben von P. Dr. Busch in Frankfurt und P. Gauger in Elberfeld". Der vielbeanspruchte Großstadtpfarrer Dr. Busch teilt also nach relativ kurzer Zeit die Schriftleitung mit dem Leiter des Schriftenwesens der Evang. Gesellschaft, Pastor Joseph Gauger.
7 November 1909 (Nr. 45 des 21. Jahrgangs) heißt zum erstenmal das Impressum am Ende des Blattes: „Begründet von Pastor Julius Dam