Der Knecht
Francke ISBN 3 88224 438 0
Inhalts-Verzeichnis
Der Bauer Ondrasik erhält einen Knecht, mit dem er zufrieden sein kann
Eine herrliche Lektion
Wie beim alten Juden David das Eis zu schmelzen begann 24
«Unter den Schwalben, welche heimfliegen» 32
Ein unheilvoller Hochzeitstag 41
Method erhält sein Haus, und dem alten David geht es auch besser 49
Warum Method zwei Jahre dem Bauern Ondräiik als Knecht diente 52
Der alte Jude David tritt mit den Schwalben die Heimreise an 59
Motto: «Des Menschen Sohn ist nicht gekommen, daß er sich dienen lasse, sondern daß er diene.» Matth. 20,28
Der Bauer Ondräsik erhält einen Knecht, mit dem er zufrieden sein kann
Gerade als der Bauer Ondrik *) Hilfe am meisten nötig hatte und nicht wußte, woher er sie bekommen sollte, da kam unerwartet und ungerufen ein junger Mann in sein Haus.
Es war an einem Sonntagabend zur Zeit der größten Erntearbeit. Ondr&ik saß im Obstgarten vor seinem Hause und stützte den sorgenschweren Kopf in die Hände. Plötzlich bellte im Hof der Fiedel und vor dem verwunderten Bauer stand ein junger, gesunder, gutgekleideter Mann. Nachdem sie sich begrüßt hatten, sagte er, er wäre hierher gekommen, um Arbeit zu suchen.
Ondrik war keiner von denen, die gleich den ersten besten einstellten; aber der junge Mann gefiel ihm und er brauchte notwendig einen Arbeiter. Seine Frau lag krank. Die Schwiegersöhne waren fortgezogen, der eine letztes Jahr, der andere jetzt in diesem Frühjahr; sie waren nach Amerika hinübergefahren und riefen nun auch ihre Frauen nach. So blieb ihm nur die jüngste sechzehnjährige Tochter zu Hause. Einen Kuhhirten hatte er zwar, aber der hatte mit den jungen Burschen im Dorfe eine Schlägerei gehabt und lag nun krank bei seiner Mutter.
So nahm OnddJik den jungen Mann auf. Er dachte: Probieren kann ich's immerhin; ich behalte ihn wenigstens solange, bis der Ondrej wieder gesund ist.
Sie einigten sich, wieviel Taglohn er bekommen sollte, und rechneten, wieviel Lohn es gäbe, wenn er über die ganze Ernte bleiben würde.
In jener Nacht schlief Oridräiik so gut, wie schon seit langer Zeit nicht mehr, und seine Frau, wenn sie auch nicht schlafen konnte, brauchte doch wenigstens nicht darüber nachzugrübeln, wie ihr Mann die große Arbeit bewältigen würde.
Den Ondriks gefiel alles an ihrem neuen Arbeiter. Nur hatte er einen wunderlichen Namen: er hieß Method Ruansky. Zwar hieß der Apostel der Slowaken, 'der einst in Neutra gewohnt hatte und dem Volk das Wort Gottes predigte, auch Method; aber die Bauern gaben ihren Söhnen keine solche Namen, höchstens einige Katholiken, und Ondrälik war doch evangelisch.
Aber der Mensch gewöhnt sich an alles, und so gewöhnten sich die Leute im Dorf auch an Method, der sehr zurückgezogen lebte; das allgemeine Urteil von den Leuten, als sie vom Felde heimfuhren, lautete: «Ondräiik hat einen guten Arbeiter bekommen!»
Einen wie guten, das wußte der Bauer selbst am besten! Er trank nicht, so würde er gewiß auch nicht mit der Dorfjugend raufen; er rauchte nicht, also würde er ihm die Scheune nicht anzünden. In der Woche arbeitete er von früh bis spät in die Nacht hinein, und am Sonntag las er. Ein böses Wort hörte man nicht von ihm, er war immer guter Laune. Wenn Dorka irgendeine Speise verdorben hatte und der Vater sie schalt, so entschuldigte er sie und war zufrieden.
Ondräik gefiel das alles, darum, wollte er ihn von Allerheiligen an als Knecht behalten.
«Gut», sagte Method, «ich bleibe bei Euch, wenn Ihr mich für zwei Jahre dingt und wenn ich mir dort bei dem Schuppen eine Wohnung bauen darf.»
Der Bauer wunderte sich, was das für eine Wohnung sein könnte.
«Ihr werdet sehen, welch schöne Wohnung es geben wird. Was ich jetzt dabei auslege, das könnt ihr mir ja zurückerstatten, wann es Euch gefällt und wenn Ihr sie verwenden könnt, falls ich einmal von Euch fortgehe. Wenn nicht, so werde ich das Häuschen auseinandernehmen und verkaufen.»
Ondräik willigte ein. Als die ersten Regentage anbrachen, holte Method Bretter herbei und fing an zu zimmern. Als er fertig war, führte er den Bauern und seine Tochter hinein.
Ondräiik lachte. «Was für eine Stube er haben wird, schöner als wir! - Aber wie wird das im Winter sein?»
«Nun, schlafen kann ich dort gleichwohl, und den Tag über kann ich mich ja bei Euch wärmen», war die Antwort.
Von den übriggebliebenen Brettern zimmerte Method einen Tisch, dann kaufte er sich ein Strohbett») und einen ebensolchen Stuhl, und in der Ecke brachte er einen Schrank an mit Kleiderhaken.
Er hatte es hier sehr nett, besonders als er später die Fenster in das Dach einsetzte; denn durch diese konnte man auf die nahen Berge und Wälder sehen, die weiten Wiesen und Felder und den manchmal so schönen, wenn auch jetzt schon oft von Uerbstnebeln verhüllten Himmel.
Ondriiks nächste Nachbarn waren Petra's 0*). Diese hatten einen schon zwanzigjährigen, sehr ordentlichen und stattlichen Sohn. Aber trotzdem sie wohlhabende Leute waren, konnte er weder lesen noch schreiben; das kam daher, daß er lahm war. Er konnte sich zwar im Hause langsam umherbewegen und auch etwas tun, aber weiter gehen konnte er nicht.
Frau Petra' war ihr Sohn Samko das liebste ihrer Kinder. Der Vater war nicht besonders gut zu ihm; es ärgerte ihn, daß ein so großer Sohn im Hause nichts helfen konnte und daß er ihm nur immer zur Last fallen würde. Hätte Samko nicht 'die Liebe der Mutter gehabt, so wäre seine Jugend im Elternhaus eine ziemlich traurige gewesen; die Zukunft lag so düster vor ihm. Und wie es oft der Fall ist, daß gerade die, welche sich nicht rühren können, große Dinge in der Welt tun möchten, so war's auch bei ihm.
Einmal saß er am Sonntagnachmittag allein im Garten; alle waren fortgegangen; die einen waren beim Tanz, die anderen im Wirtshaus oder auf dem Felde.
Wie er so allein da saß, den Kopf in die Hände gestützt, in Gedanken versunken, stand auf einmal des Nachbars Knecht vor ihm mit einem Buch.
Den Jüngling überkam es wie Neid. Er ist nur ein Knecht und kann lesen, dachte er, und ich bin so dumm. Kaum dankte er für den freundlichen Gruß.
«Wenn du so allein sitzest, hast du gewiß Langeweile», redete ihn Method an. «Ich habe dir ein Buch mitgebracht.»
Samko errötete bis unter die Haare. «Was soll mir ein Buch, wenn ich keinen Buchstaben kenne?» sagte er finster.
«Verzeih, das wußte ich nicht!» antwortete besänftigend der Knecht; «aber wenn auch, ich bleibe bei dir, wenn du willst, und wir können dann zusammen lesen.»
So fing die Bekanntschaft mit dem neuen Nachbarn an.
An Peträ's Zaun stieß die Hütte des Juden David. Er wohnte ganz allein darin. Er hatte zwei Ziegen, mit denen er sich den ganzen Tag beschäftigte, und wenn er bei den Ziegen nichts zu tun hatte, so sammelte er alte Lumpen und Knochen und was es sonst gab. Die Bäuerinnen brachten sie ihm, er gab ihnen dafür Zwirn und Nadeln. In seinen jüngeren Jahren war er zu diesem Zweck weit in der Umgegend herumgezogen; jetzt ging er nur noch so weit wie die Ziegen.
Niemand hatte je den alten David lächeln sehen, der im übrigen ein guter Mensch war. Die Welt um ihn her hatte ihm schon viel Unrecht getan. Er ertrug alles geduldig. Man erzählte sich, er habe auch einmal eine Frau gehabt, bevor er nach Hradova übersiedelte, aber jemand habe sie ihm entführt. Aber wer weiß, ob es wahr war oder nicht.
Auf der anderen Seite von Ondrdiks wohnte, zum nicht geringen Verdruß des Landwirts, Martin Podhäjsky*) ein Schuhmacher, aber ein solcher Trunkenbold, daß ihm jeder aus dem Wege ging. Bei ihm wohnte seine Mutter. Seine Frau hatte es nicht bei ihm aushalten können und ging lieber in einen Dienst und schickte für die Kinder Kleider und Schuhe, sonst hätten sie im Winter erfrieren müssen. Auch der Schwiegermutter
*) Sprich: Podhaisky. whickte sie etwas für die Pflege der Kinder, anfangs auch für den Mann hie und da ein Hemd. Da er aber immer alles verpraßte, verdroß es sie, und sie schickte nichts mehr.
Wenn OndMiik dem Podhäjsky begegnete und dieser betrunken war - nüchtern war er fast nie -‚ dann wich er ihm lieber aus. Einmal fand Method ihn total betrunken im Sumpf liegen, dem Ersticken nahe. Mund, Nase und Ohren waren voll Schlamm. Allein konnte er ihn nicht herausziehen; es ging aber gerade ein Zigeuner vorbei, den bat er, ihm zu helfen. So trugen sie den unglücklichen Trinker zu Ondriiks und legten ihn in den Schuppen aufs Stroh. Method wärmte Wasser und wusch den ganzen Mann ordentlich, wie - der Leser entschuldige den Vergleich - ein Schwein, wenn es im Troge liegt. Anfangs sträubte sich der Trunkenbold. aber nach und nach wurde er nüchtern und hörte auf zu fluchen, und als ihm Method noch die Haare geschoren, das Gesicht glatt rasiert und die langen Nägel abgeschnitten hatte, da war er selbst froh.
Seit der Zeit hatte Ondräiks Knecht eine Macht über den Trinker; er konnte mit ihm machen, was er wollte. Er ließ sich bei ihm Stiefel machen, und Podhijsky mußte ihm versprechen solange nicht zu trinken, bis er mit diesen fertig sei. Er trank wirklich nicht. Damit er abends keine Langeweile habe, ging Method zu ihm und las ihm aus den Büchern seiner Mutter, dem Gesangbuch und der Bibel vor und aus den Zeitschriften, welche er mitbrachte.
Es war schon November, und die Bauern hatten abends nicht mehr soviel zu tun.
Ondrik freute sich darüber, daß sein Knecht auch Zeitschriften hielt. Selber hätte er sein Leben lang an so etwas nicht gedacht, aber es war doch eine schöne Sache. Dazu waren es gute Zeitschriften; sie halfen die Heilige Schrift verstehen und berichteten auch davon, was in der Welt vorging.
Die kranke Bäuerin lobte den Knecht: «Er pflegt mich wie ein Sohn, und dabei ist er ein kluger Mensch. Er überredete meinen Mann, den Sparherd in die Küche stellen zu lassen. Seitdem Dorka draußen kocht, ist mir viel leichter. Der Kochgeruch war mir unausstehlich. Und damit mein Alter nicht zürnt, daß wir soviel Holz verbrennen, holte er zwei Fuhren aus dem Wald. Ein anderer tut kaum das, was man ihn heißt; dieser tut es von selbst.»
Eines Abends brachte PodMjsky die Stiefel, gerade als Method der Familie vorlas. Sie nötigten ihn, sich zu ihnen zu setzen. Er war nicht betrunken. Seit der Zeit ging Method nicht mehr zu ihm, sondern er kam her. Alle hatten Nutzen davon. In der Abenddämmerung ging Method immer zum Nachbarn Petr1; die Frauen erzählten sich, daß er dort Samko im Lesen unterrichte.
Einmal fragte er, ob er ihn nicht mitbringen dürfte. «Warum denn nicht», sagte die Bäuerin, «da wird ihm die Zeit schneller vergehen.»
Die Winterabende eilten rasch dahin. Ondrej trieb sich nicht mehr mit den Burschen herum, Ondr&iik ging nicht mehr ins Wirtshaus, er schnitzte lieber Kochlöffel, und Samko lernte es von ihm.
Als sie einmal so beieinander saßen, erzählte Dorka, daß der alte David krank sei. «Es wird ihm dort kalt sein; wer weiß, ob er Holz zum Heizen hat.»
An diesem Abend war Method gerade mit seinem Buch zu Ende; er sagte: «Gute Nacht!» und ging davon.
«Ihr werdet sehen, er geht zu dem Juden», sagte Ondrej.
«Oh, er geht ja öfters hin», sagte Samko; «mehr als einmal habe ich ihn gesehen, wie er ihm Wasser holte.»
«Geh, Ondrej, schau doch durch das Fenster, ob er dort ist», rief Dorka, «und was er dort macht!»
Ondrej ging. Es dauerte ziemlich lange, bis er zurückkehrte. «Hast du ihn gesehen?» rief Samko.
«Ja, der Jude liegt im Bett, und Method kochte ihm zuerst irgendeinen Tee. Jetzt liest er ihm aus einem Buch vor.»
«Und was liest er ihm vor? David kann nur Deutsch und Hebräisch lesen; er sagte es mir einmal, als ich ihn fragte.» «Was, weiß ich nicht, slowakisch war es nicht. Aber der Alte
hörte ihm so gespannt zu, daß er kein Auge von ihm wandte.» «Es ist ein sonderbarer Mensch, nichts und niemand scheut
er», seufzte der anwesende Podhäjsky.
«Wirklich sonderbar, aber gut, daß er gekommen ist», stimmte die Bäuerin bei. «Seit wir ihn haben, wissen wir immer, wie es den Kindern in Amerika geht. Früher hörten wir monatelang nichts von ihnen. Keiner von uns kann recht schreiben; aber er schreibt alles, so wie ich's ihm sage. Die Kinder sind ganz glücklich, daß sie soviel über uns erfahren; sie schreiben dann
auch. Nur als ich ihm sagte, er solle auch etwas von sich schrei-
ben, wollte er nicht ‚Von mir will ich nicht erzählen', sagte er.»
])er Winter verging und der Frühling kam, aber die Leute wußten noch nicht mehr von ihm.
Eines Sonntags stand Ondräiik mit seinem Knecht im Obstgarten; vor ihnen lag der Sumpf und ein kleiner Hügel, der mit spärlichem Gras und Sträuchern bewachsen war.
«Hört, Herr», sagte Method, «dieses hier verunstaltet Eure ganze Wirtschaft; Ihr könntet es von der Gemeinde kaufen.»
«Ich? Wozu? Was sollte ich damit?» Der Bauer wunderte sich, daß sein gescheiter Knecht so etwas sagen konnte.
«Nun, den Hügel könnte man abtragen, aus dem Lehm gäbe es gute Ziegel, und mit dem übrigen könnte man den Sumpf zuschütten», meinte Method.
«Ziegel brauche ich nicht, Felder habe ich genug, was sollte ich mit dieser Tatra?» '), sagte der Bauer.
«Wißt Ihr was? Kauft es für mich auf Euren Namen; ich werde es Euch dann abkaufen. Mir gefällt es hier bei Euch; ich habe ein paar hundert Gulden, und in zwei Jahren baue ich mir nach und nach eine Hütte und werde so Euer Nachbar.»
Der Bauer lachte über den vermeintlichen Scherz. Aber es war kein Scherz. Method hatte wirklich keine Ruhe, bis er den Bauer dazu brachte. Ondräiik kaufte den Hügel und den Sumpf von der Gemeinde und verkaufte sie Method.
Sie einigten sich, daß er, ehe die strenge Arbeit beginne, drei Stunden täglich, später zwei Stunden, an seinem Grundstück arbeiten könne.
Als die Aussaat vorüber war, sagte Method: «Wißt Ihr, Herr, r.wei Wochen oder gar drei haben wir nicht viel wichtige Arbeit; ich will bei Euch ein Vierteljahr ohne Lohn arbeiten, wenn Ihr jetzt in diesen Wochen Ondrej mir auf meinem Grundstück helfen laßt. Wollt ihr?»
«Nun, meinetwegen; ich selber will dir auch helfen, denn ich möchte wirklich sehen, was du machen willst. Wenn du ein paar hundert Gulden hast, hättest du dir freilich besser irgendwo ein Häuschen gekauft.»
«Das würde nur ein Häuschen gewesen sein; aber ich will ein Haus haben!» lachte der Knecht. «Ihr werdet sehen, mein Gott, dem ich vertraue, hilft mir.»
Die Nachbarn kamen, das Wunder zu sehen, das Ondriks Knecht jetzt vollbrachte. Er dingte sich Podhäjsky mit seiner Mutter, dazu dann Ondrej, hie und da auch Dorka; ja sogar der Bauer grub mit an dem Hügel und schüttete den kleinen Sumpf zu; sie fuhren so viel Lehm hin, bis das Stück nicht nur geebnet, sondern auch über die Straße erhöht und wie ein Garten ausgearbeitet war.
Aus dem Schulgarten kaufte Method Bäumchen und setzte sie in drei Reihen. Als der Sommer kam, hatten sie alle Wurzeln geschlagen. Dann begannen sie Ziegel zu brennen, und als die Feldarbeit die anderen abrief, arbeiteten Podhäjskys allein weiter, bis auch sie in die Ernte gingen.
«Wer hätte gedacht, daß uns Ondr.liks Knecht solch einen schönen Verdienst geben würde!» sagte Frau Podhäjsky und segnete Method. «Gott selbst hat ihn uns hergesandt.» Martin trank nicht mehr. Als ob er es gar nicht mehr wäre, so zahm war er. Er bereute selber das schlechte Leben und betete zu Gott um Vergebung seiner Sünden.
Eine herrliche Lektion
war ein schöner Sommernachmittag. Die Leute gingen hinaus aufs Feld, die Früchte zu besehen. Unter denen, die sich dazu auschickten, war auch der Landwirt Petra's'. Gerade als er den Rock anziehen wollte, trat Method in die Stube. Es war dem Peträl nicht gleichgültig, obwohl er sich so stellte, wieviel Gutes des Nachbarn Knecht seinem Sohn während der langen Winterzeit erwiesen hatte, daß er ihn gelehrt hatte, ziemlich gut die Ruchstaben zusammenzufügen und zu schreiben. Er war ein stolzer Bauer, und es hatte ihn verdrossen, daß sein Sohn so dumm bleiben sollte. Methods Besuch war ihm also angenehm; er wußte, daß er zu seinem Sohn kam, aber er wollte selber einmal mit ihm plaudern. Er bot ihm einen Platz an und setzte sich ebenfalls. «Samko wird gleich kommen», entschuldigte er den oIin; «er ist hinausgegangen, und du weißt ja, daß er lange braucht, bis er zurückkommt.»
«Es ist gut so», lächelte Method. «Es ist mir lieb, daß ich Euch treffe, Nachbar, und daß er nicht hier ist; ich möchte gerne mit I'uch ein vernünftiges Wort reden, über etwas, das mir schon lange am Herzen liegt.»
Der Bauer wunderte sich, was Method ihm zu sagen haben würde. «Nun, was willst du denn?»
«Habt Ihr schon darüber nachgedacht, was aus Eurem einzigen Sohn weiter werden wird?»
Der Mann zuckte überrascht die Achseln. «Ein Bettler», sagte er trocken. «Kann ich etwas dafür? Seinen Teil wird er ja bekommen, aber was soll er damit machen? Ein Bauer wird aus ii)in sein Lebtag nicht.»
«Das denke ich auch. Ich hörte neulich, daß Ihr einen Schwiegersohn ins Haus nehmen wollt. Solange Samko Eltern hat, geht das noch; aber was dann, wenn Ihr nicht mehr da seid? Er wird imuf die Gnade oder Ungnade der anderen angewiesen sein; sie werden schlecht mit ihm umgehen, und er ist doch Euer einziger erstge
borener Sohn!»
«Warum sagst du mir das?» fragte der Bauer und stützte den Kopf in beide Hände. «Denkst du etwa, es drücke mich nicht genug, wenn ich ihn anschaue? - Wozu ist er in der Welt?»
») Slowakische Bezeichnung für unbrauchbare Felder.
») Ein Bett aus Strohgeflecht. **) Petrasch's.
») Sprich Ondrahschik (= Andreas).
Inhalts-Verzeichnis
Der Bauer Ondrasik erhält einen Knecht, mit dem er zufrieden sein kann
Eine herrliche Lektion
Wie beim alten Juden David das Eis zu schmelzen begann 24
«Unter den Schwalben, welche heimfliegen» 32
Ein unheilvoller Hochzeitstag 41
Method erhält sein Haus, und dem alten David geht es auch besser 49
Warum Method zwei Jahre dem Bauern Ondräiik als Knecht diente 52
Der alte Jude David tritt mit den Schwalben die Heimreise an 59
Motto: «Des Menschen Sohn ist nicht gekommen, daß er sich dienen lasse, sondern daß er diene.» Matth. 20,28
Der Bauer Ondräsik erhält einen Knecht, mit dem er zufrieden sein kann
Gerade als der Bauer Ondrik *) Hilfe am meisten nötig hatte und nicht wußte, woher er sie bekommen sollte, da kam unerwartet und ungerufen ein junger Mann in sein Haus.
Es war an einem Sonntagabend zur Zeit der größten Erntearbeit. Ondr&ik saß im Obstgarten vor seinem Hause und stützte den sorgenschweren Kopf in die Hände. Plötzlich bellte im Hof der Fiedel und vor dem verwunderten Bauer stand ein junger, gesunder, gutgekleideter Mann. Nachdem sie sich begrüßt hatten, sagte er, er wäre hierher gekommen, um Arbeit zu suchen.
Ondrik war keiner von denen, die gleich den ersten besten einstellten; aber der junge Mann gefiel ihm und er brauchte notwendig einen Arbeiter. Seine Frau lag krank. Die Schwiegersöhne waren fortgezogen, der eine letztes Jahr, der andere jetzt in diesem Frühjahr; sie waren nach Amerika hinübergefahren und riefen nun auch ihre Frauen nach. So blieb ihm nur die jüngste sechzehnjährige Tochter zu Hause. Einen Kuhhirten hatte er zwar, aber der hatte mit den jungen Burschen im Dorfe eine Schlägerei gehabt und lag nun krank bei seiner Mutter.
So nahm OnddJik den jungen Mann auf. Er dachte: Probieren kann ich's immerhin; ich behalte ihn wenigstens solange, bis der Ondrej wieder gesund ist.
Sie einigten sich, wieviel Taglohn er bekommen sollte, und rechneten, wieviel Lohn es gäbe, wenn er über die ganze Ernte bleiben würde.
In jener Nacht schlief Oridräiik so gut, wie schon seit langer Zeit nicht mehr, und seine Frau, wenn sie auch nicht schlafen konnte, brauchte doch wenigstens nicht darüber nachzugrübeln, wie ihr Mann die große Arbeit bewältigen würde.
Den Ondriks gefiel alles an ihrem neuen Arbeiter. Nur hatte er einen wunderlichen Namen: er hieß Method Ruansky. Zwar hieß der Apostel der Slowaken, 'der einst in Neutra gewohnt hatte und dem Volk das Wort Gottes predigte, auch Method; aber die Bauern gaben ihren Söhnen keine solche Namen, höchstens einige Katholiken, und Ondrälik war doch evangelisch.
Aber der Mensch gewöhnt sich an alles, und so gewöhnten sich die Leute im Dorf auch an Method, der sehr zurückgezogen lebte; das allgemeine Urteil von den Leuten, als sie vom Felde heimfuhren, lautete: «Ondräiik hat einen guten Arbeiter bekommen!»
Einen wie guten, das wußte der Bauer selbst am besten! Er trank nicht, so würde er gewiß auch nicht mit der Dorfjugend raufen; er rauchte nicht, also würde er ihm die Scheune nicht anzünden. In der Woche arbeitete er von früh bis spät in die Nacht hinein, und am Sonntag las er. Ein böses Wort hörte man nicht von ihm, er war immer guter Laune. Wenn Dorka irgendeine Speise verdorben hatte und der Vater sie schalt, so entschuldigte er sie und war zufrieden.
Ondräik gefiel das alles, darum, wollte er ihn von Allerheiligen an als Knecht behalten.
«Gut», sagte Method, «ich bleibe bei Euch, wenn Ihr mich für zwei Jahre dingt und wenn ich mir dort bei dem Schuppen eine Wohnung bauen darf.»
Der Bauer wunderte sich, was das für eine Wohnung sein könnte.
«Ihr werdet sehen, welch schöne Wohnung es geben wird. Was ich jetzt dabei auslege, das könnt ihr mir ja zurückerstatten, wann es Euch gefällt und wenn Ihr sie verwenden könnt, falls ich einmal von Euch fortgehe. Wenn nicht, so werde ich das Häuschen auseinandernehmen und verkaufen.»
Ondräik willigte ein. Als die ersten Regentage anbrachen, holte Method Bretter herbei und fing an zu zimmern. Als er fertig war, führte er den Bauern und seine Tochter hinein.
Ondräiik lachte. «Was für eine Stube er haben wird, schöner als wir! - Aber wie wird das im Winter sein?»
«Nun, schlafen kann ich dort gleichwohl, und den Tag über kann ich mich ja bei Euch wärmen», war die Antwort.
Von den übriggebliebenen Brettern zimmerte Method einen Tisch, dann kaufte er sich ein Strohbett») und einen ebensolchen Stuhl, und in der Ecke brachte er einen Schrank an mit Kleiderhaken.
Er hatte es hier sehr nett, besonders als er später die Fenster in das Dach einsetzte; denn durch diese konnte man auf die nahen Berge und Wälder sehen, die weiten Wiesen und Felder und den manchmal so schönen, wenn auch jetzt schon oft von Uerbstnebeln verhüllten Himmel.
Ondriiks nächste Nachbarn waren Petra's 0*). Diese hatten einen schon zwanzigjährigen, sehr ordentlichen und stattlichen Sohn. Aber trotzdem sie wohlhabende Leute waren, konnte er weder lesen noch schreiben; das kam daher, daß er lahm war. Er konnte sich zwar im Hause langsam umherbewegen und auch etwas tun, aber weiter gehen konnte er nicht.
Frau Petra' war ihr Sohn Samko das liebste ihrer Kinder. Der Vater war nicht besonders gut zu ihm; es ärgerte ihn, daß ein so großer Sohn im Hause nichts helfen konnte und daß er ihm nur immer zur Last fallen würde. Hätte Samko nicht 'die Liebe der Mutter gehabt, so wäre seine Jugend im Elternhaus eine ziemlich traurige gewesen; die Zukunft lag so düster vor ihm. Und wie es oft der Fall ist, daß gerade die, welche sich nicht rühren können, große Dinge in der Welt tun möchten, so war's auch bei ihm.
Einmal saß er am Sonntagnachmittag allein im Garten; alle waren fortgegangen; die einen waren beim Tanz, die anderen im Wirtshaus oder auf dem Felde.
Wie er so allein da saß, den Kopf in die Hände gestützt, in Gedanken versunken, stand auf einmal des Nachbars Knecht vor ihm mit einem Buch.
Den Jüngling überkam es wie Neid. Er ist nur ein Knecht und kann lesen, dachte er, und ich bin so dumm. Kaum dankte er für den freundlichen Gruß.
«Wenn du so allein sitzest, hast du gewiß Langeweile», redete ihn Method an. «Ich habe dir ein Buch mitgebracht.»
Samko errötete bis unter die Haare. «Was soll mir ein Buch, wenn ich keinen Buchstaben kenne?» sagte er finster.
«Verzeih, das wußte ich nicht!» antwortete besänftigend der Knecht; «aber wenn auch, ich bleibe bei dir, wenn du willst, und wir können dann zusammen lesen.»
So fing die Bekanntschaft mit dem neuen Nachbarn an.
An Peträ's Zaun stieß die Hütte des Juden David. Er wohnte ganz allein darin. Er hatte zwei Ziegen, mit denen er sich den ganzen Tag beschäftigte, und wenn er bei den Ziegen nichts zu tun hatte, so sammelte er alte Lumpen und Knochen und was es sonst gab. Die Bäuerinnen brachten sie ihm, er gab ihnen dafür Zwirn und Nadeln. In seinen jüngeren Jahren war er zu diesem Zweck weit in der Umgegend herumgezogen; jetzt ging er nur noch so weit wie die Ziegen.
Niemand hatte je den alten David lächeln sehen, der im übrigen ein guter Mensch war. Die Welt um ihn her hatte ihm schon viel Unrecht getan. Er ertrug alles geduldig. Man erzählte sich, er habe auch einmal eine Frau gehabt, bevor er nach Hradova übersiedelte, aber jemand habe sie ihm entführt. Aber wer weiß, ob es wahr war oder nicht.
Auf der anderen Seite von Ondrdiks wohnte, zum nicht geringen Verdruß des Landwirts, Martin Podhäjsky*) ein Schuhmacher, aber ein solcher Trunkenbold, daß ihm jeder aus dem Wege ging. Bei ihm wohnte seine Mutter. Seine Frau hatte es nicht bei ihm aushalten können und ging lieber in einen Dienst und schickte für die Kinder Kleider und Schuhe, sonst hätten sie im Winter erfrieren müssen. Auch der Schwiegermutter
*) Sprich: Podhaisky. whickte sie etwas für die Pflege der Kinder, anfangs auch für den Mann hie und da ein Hemd. Da er aber immer alles verpraßte, verdroß es sie, und sie schickte nichts mehr.
Wenn OndMiik dem Podhäjsky begegnete und dieser betrunken war - nüchtern war er fast nie -‚ dann wich er ihm lieber aus. Einmal fand Method ihn total betrunken im Sumpf liegen, dem Ersticken nahe. Mund, Nase und Ohren waren voll Schlamm. Allein konnte er ihn nicht herausziehen; es ging aber gerade ein Zigeuner vorbei, den bat er, ihm zu helfen. So trugen sie den unglücklichen Trinker zu Ondriiks und legten ihn in den Schuppen aufs Stroh. Method wärmte Wasser und wusch den ganzen Mann ordentlich, wie - der Leser entschuldige den Vergleich - ein Schwein, wenn es im Troge liegt. Anfangs sträubte sich der Trunkenbold. aber nach und nach wurde er nüchtern und hörte auf zu fluchen, und als ihm Method noch die Haare geschoren, das Gesicht glatt rasiert und die langen Nägel abgeschnitten hatte, da war er selbst froh.
Seit der Zeit hatte Ondräiks Knecht eine Macht über den Trinker; er konnte mit ihm machen, was er wollte. Er ließ sich bei ihm Stiefel machen, und Podhijsky mußte ihm versprechen solange nicht zu trinken, bis er mit diesen fertig sei. Er trank wirklich nicht. Damit er abends keine Langeweile habe, ging Method zu ihm und las ihm aus den Büchern seiner Mutter, dem Gesangbuch und der Bibel vor und aus den Zeitschriften, welche er mitbrachte.
Es war schon November, und die Bauern hatten abends nicht mehr soviel zu tun.
Ondrik freute sich darüber, daß sein Knecht auch Zeitschriften hielt. Selber hätte er sein Leben lang an so etwas nicht gedacht, aber es war doch eine schöne Sache. Dazu waren es gute Zeitschriften; sie halfen die Heilige Schrift verstehen und berichteten auch davon, was in der Welt vorging.
Die kranke Bäuerin lobte den Knecht: «Er pflegt mich wie ein Sohn, und dabei ist er ein kluger Mensch. Er überredete meinen Mann, den Sparherd in die Küche stellen zu lassen. Seitdem Dorka draußen kocht, ist mir viel leichter. Der Kochgeruch war mir unausstehlich. Und damit mein Alter nicht zürnt, daß wir soviel Holz verbrennen, holte er zwei Fuhren aus dem Wald. Ein anderer tut kaum das, was man ihn heißt; dieser tut es von selbst.»
Eines Abends brachte PodMjsky die Stiefel, gerade als Method der Familie vorlas. Sie nötigten ihn, sich zu ihnen zu setzen. Er war nicht betrunken. Seit der Zeit ging Method nicht mehr zu ihm, sondern er kam her. Alle hatten Nutzen davon. In der Abenddämmerung ging Method immer zum Nachbarn Petr1; die Frauen erzählten sich, daß er dort Samko im Lesen unterrichte.
Einmal fragte er, ob er ihn nicht mitbringen dürfte. «Warum denn nicht», sagte die Bäuerin, «da wird ihm die Zeit schneller vergehen.»
Die Winterabende eilten rasch dahin. Ondrej trieb sich nicht mehr mit den Burschen herum, Ondr&iik ging nicht mehr ins Wirtshaus, er schnitzte lieber Kochlöffel, und Samko lernte es von ihm.
Als sie einmal so beieinander saßen, erzählte Dorka, daß der alte David krank sei. «Es wird ihm dort kalt sein; wer weiß, ob er Holz zum Heizen hat.»
An diesem Abend war Method gerade mit seinem Buch zu Ende; er sagte: «Gute Nacht!» und ging davon.
«Ihr werdet sehen, er geht zu dem Juden», sagte Ondrej.
«Oh, er geht ja öfters hin», sagte Samko; «mehr als einmal habe ich ihn gesehen, wie er ihm Wasser holte.»
«Geh, Ondrej, schau doch durch das Fenster, ob er dort ist», rief Dorka, «und was er dort macht!»
Ondrej ging. Es dauerte ziemlich lange, bis er zurückkehrte. «Hast du ihn gesehen?» rief Samko.
«Ja, der Jude liegt im Bett, und Method kochte ihm zuerst irgendeinen Tee. Jetzt liest er ihm aus einem Buch vor.»
«Und was liest er ihm vor? David kann nur Deutsch und Hebräisch lesen; er sagte es mir einmal, als ich ihn fragte.» «Was, weiß ich nicht, slowakisch war es nicht. Aber der Alte
hörte ihm so gespannt zu, daß er kein Auge von ihm wandte.» «Es ist ein sonderbarer Mensch, nichts und niemand scheut
er», seufzte der anwesende Podhäjsky.
«Wirklich sonderbar, aber gut, daß er gekommen ist», stimmte die Bäuerin bei. «Seit wir ihn haben, wissen wir immer, wie es den Kindern in Amerika geht. Früher hörten wir monatelang nichts von ihnen. Keiner von uns kann recht schreiben; aber er schreibt alles, so wie ich's ihm sage. Die Kinder sind ganz glücklich, daß sie soviel über uns erfahren; sie schreiben dann
auch. Nur als ich ihm sagte, er solle auch etwas von sich schrei-
ben, wollte er nicht ‚Von mir will ich nicht erzählen', sagte er.»
])er Winter verging und der Frühling kam, aber die Leute wußten noch nicht mehr von ihm.
Eines Sonntags stand Ondräiik mit seinem Knecht im Obstgarten; vor ihnen lag der Sumpf und ein kleiner Hügel, der mit spärlichem Gras und Sträuchern bewachsen war.
«Hört, Herr», sagte Method, «dieses hier verunstaltet Eure ganze Wirtschaft; Ihr könntet es von der Gemeinde kaufen.»
«Ich? Wozu? Was sollte ich damit?» Der Bauer wunderte sich, daß sein gescheiter Knecht so etwas sagen konnte.
«Nun, den Hügel könnte man abtragen, aus dem Lehm gäbe es gute Ziegel, und mit dem übrigen könnte man den Sumpf zuschütten», meinte Method.
«Ziegel brauche ich nicht, Felder habe ich genug, was sollte ich mit dieser Tatra?» '), sagte der Bauer.
«Wißt Ihr was? Kauft es für mich auf Euren Namen; ich werde es Euch dann abkaufen. Mir gefällt es hier bei Euch; ich habe ein paar hundert Gulden, und in zwei Jahren baue ich mir nach und nach eine Hütte und werde so Euer Nachbar.»
Der Bauer lachte über den vermeintlichen Scherz. Aber es war kein Scherz. Method hatte wirklich keine Ruhe, bis er den Bauer dazu brachte. Ondräiik kaufte den Hügel und den Sumpf von der Gemeinde und verkaufte sie Method.
Sie einigten sich, daß er, ehe die strenge Arbeit beginne, drei Stunden täglich, später zwei Stunden, an seinem Grundstück arbeiten könne.
Als die Aussaat vorüber war, sagte Method: «Wißt Ihr, Herr, r.wei Wochen oder gar drei haben wir nicht viel wichtige Arbeit; ich will bei Euch ein Vierteljahr ohne Lohn arbeiten, wenn Ihr jetzt in diesen Wochen Ondrej mir auf meinem Grundstück helfen laßt. Wollt ihr?»
«Nun, meinetwegen; ich selber will dir auch helfen, denn ich möchte wirklich sehen, was du machen willst. Wenn du ein paar hundert Gulden hast, hättest du dir freilich besser irgendwo ein Häuschen gekauft.»
«Das würde nur ein Häuschen gewesen sein; aber ich will ein Haus haben!» lachte der Knecht. «Ihr werdet sehen, mein Gott, dem ich vertraue, hilft mir.»
Die Nachbarn kamen, das Wunder zu sehen, das Ondriks Knecht jetzt vollbrachte. Er dingte sich Podhäjsky mit seiner Mutter, dazu dann Ondrej, hie und da auch Dorka; ja sogar der Bauer grub mit an dem Hügel und schüttete den kleinen Sumpf zu; sie fuhren so viel Lehm hin, bis das Stück nicht nur geebnet, sondern auch über die Straße erhöht und wie ein Garten ausgearbeitet war.
Aus dem Schulgarten kaufte Method Bäumchen und setzte sie in drei Reihen. Als der Sommer kam, hatten sie alle Wurzeln geschlagen. Dann begannen sie Ziegel zu brennen, und als die Feldarbeit die anderen abrief, arbeiteten Podhäjskys allein weiter, bis auch sie in die Ernte gingen.
«Wer hätte gedacht, daß uns Ondr.liks Knecht solch einen schönen Verdienst geben würde!» sagte Frau Podhäjsky und segnete Method. «Gott selbst hat ihn uns hergesandt.» Martin trank nicht mehr. Als ob er es gar nicht mehr wäre, so zahm war er. Er bereute selber das schlechte Leben und betete zu Gott um Vergebung seiner Sünden.
Eine herrliche Lektion
war ein schöner Sommernachmittag. Die Leute gingen hinaus aufs Feld, die Früchte zu besehen. Unter denen, die sich dazu auschickten, war auch der Landwirt Petra's'. Gerade als er den Rock anziehen wollte, trat Method in die Stube. Es war dem Peträl nicht gleichgültig, obwohl er sich so stellte, wieviel Gutes des Nachbarn Knecht seinem Sohn während der langen Winterzeit erwiesen hatte, daß er ihn gelehrt hatte, ziemlich gut die Ruchstaben zusammenzufügen und zu schreiben. Er war ein stolzer Bauer, und es hatte ihn verdrossen, daß sein Sohn so dumm bleiben sollte. Methods Besuch war ihm also angenehm; er wußte, daß er zu seinem Sohn kam, aber er wollte selber einmal mit ihm plaudern. Er bot ihm einen Platz an und setzte sich ebenfalls. «Samko wird gleich kommen», entschuldigte er den oIin; «er ist hinausgegangen, und du weißt ja, daß er lange braucht, bis er zurückkommt.»
«Es ist gut so», lächelte Method. «Es ist mir lieb, daß ich Euch treffe, Nachbar, und daß er nicht hier ist; ich möchte gerne mit I'uch ein vernünftiges Wort reden, über etwas, das mir schon lange am Herzen liegt.»
Der Bauer wunderte sich, was Method ihm zu sagen haben würde. «Nun, was willst du denn?»
«Habt Ihr schon darüber nachgedacht, was aus Eurem einzigen Sohn weiter werden wird?»
Der Mann zuckte überrascht die Achseln. «Ein Bettler», sagte er trocken. «Kann ich etwas dafür? Seinen Teil wird er ja bekommen, aber was soll er damit machen? Ein Bauer wird aus ii)in sein Lebtag nicht.»
«Das denke ich auch. Ich hörte neulich, daß Ihr einen Schwiegersohn ins Haus nehmen wollt. Solange Samko Eltern hat, geht das noch; aber was dann, wenn Ihr nicht mehr da seid? Er wird imuf die Gnade oder Ungnade der anderen angewiesen sein; sie werden schlecht mit ihm umgehen, und er ist doch Euer einziger erstge
borener Sohn!»
«Warum sagst du mir das?» fragte der Bauer und stützte den Kopf in beide Hände. «Denkst du etwa, es drücke mich nicht genug, wenn ich ihn anschaue? - Wozu ist er in der Welt?»
») Slowakische Bezeichnung für unbrauchbare Felder.
») Ein Bett aus Strohgeflecht. **) Petrasch's.
») Sprich Ondrahschik (= Andreas).
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