Botschafter des Heils in Christo BdH 1853

01/03/2023
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

Botschafter des Heils in Christo Inhaltsverzeichnis: 1853 Seite
Der Botschafter 7-9
Die beiden Wege  9-11
Jesus und Petrus (Matth. 26, 31—75) 11-14
Die Liebe des Christus drängt uns (2. Kor. 5, 14. 15) 14-18
Halte im Gedächtnis, Jesus Christus aus den Toten auferweckt ist (2. Tim. 2, 8) 18 18-22
Die Wiederkunft des Herrn (1.Thess. 4,15-18) 22-25
Aus dem inneren Lebensgange eines Gläubigen 25-35
Einige Worte über die Gedanken der Brüder in Christi (Phil. 4,4; Kol. 1,2; Thess. 5,27) 35-37
Allerlei Erfahrungen (Reden von Zinzendorf) 37-38
Der Mensch außer Christo 38-42
Nur Heil in Christo! (Joh. 3,16) 42-47
Seid um nichts besorgt (Phil. 4, 6) 47-51
Der Friede mit Gott (Röm. 5, 1)  51-55
Jerusalem und der Mensch der Sünde 55-67
Denn es ist kein Unterschied (Röm. 3, 22. 23)  67-71
Gott, der beweglich Bittende (2. Kor 5,19-20) 71-72
Jonathans Glaube (1 Sam. 14) 72-77
Wachet, stehet im Glauben, seid männlich und seid stark (1. Kor. 16, 10)  77-84
Der Vater und die Wiederaufnahme des verlorenen Sohnes (Luk. 15)  84-97
Brief einer gläubigen Schwester 97-98
Das Ziel Gottes.  98-100
Der Glaube ist eine Gnade des Heilandes (Zinsendorf) 100-101
Christus ist des Gesetzes Ende (Röm. 10, 4) G.D. Krummacher 101-102
Der Weg zum Gericht 102-103
Über die Leiden Christi (Mark. 14, 14—50)  103-109
Ihr seid gestorben (Kol. 3, 3) 109-111
Euer Leben ist verborgen mit Christo in Gott (Kol. 3, 3) 111-114
Wenn aber Christus, unser Leben, sich offenbaren wird (Kol. 3, 4)  114-116
Der Gefangene Paulus vor dem König Agrippa (Apg. 26,29)  116-123
Über den Gottesdienst (Heb 10,12; Joh 4,23; Heb 10,22) 123-145
Gedanken über das Heil in Christo! 145-148
Worauf hoffest Du? 148-150
Unsere Gemeinschaft ist mit dem Vater und mit Seinem Sohne Jesu Christo (1. Joh. 1, 3) 150-152
Vater verherrliche Deinen Namen! (Joh. 12, 28) 152-154
Was aus Gott geboren ist, sündigt nicht. 154 154-160
Gedanken über Epheser 1 160-165
Des Christen himmlischer Beruf 165
Briefe J.N.Darby 170-172
Es nahten aber zu Jesu allerlei Zöllner und Sünder (Luk. 15, 1—2) 172-179
Ist Jemand in Christo, so ist er eine neue Schöpfung (2. Kor. 5, 17) 179-183
Gedanken über Johannes 17 183-192
Der Ratschluß des Herrn in Bezug auf die Vereinigung der Heiligen auf der Erde  192
Über die Zucht 192-207
Der Pharisäer und die Sünderin (Luk. 7, 26—50) 207-219
Briefe 219 219-223
Gehe hin zu meinen Brüdern und sage ihnen: Ich fahre auf (Joh. 20, 17) 223-228
Ausharren aber tut euch not (Hebr. 10, 36) 228-231
Rechtfertigung und Heiligung (1. Petr. 1) 231-242
Die gegenwärtige Erwartung der Kirche (2. Pet 1; Eph 1; Apg 1; Lk 20,17) 242-254
Der Kultus, oder die gemeinschaftliche Gottesverehrung (Joh4,23) 254-282
Die Berufung Abrahams   (1. Mo 11,31; 1. Mo 12,4; Heb 11,8-10) 282-286
Die Schule Gottes (1. Sam. 17) 286-298
Und gleichwie es dem Menschen gesetzt ist, einmal zu sterben (Hebr. 9, 27—28) 298-313
Fortschritt des Bösen auf der Erde (Dan. 2) 313


Über den Gottesdienst

Bibelstelle:

Botschafter des Heils in Christo 1853, S. 123ff

„Die einmal Gereinigten, welche den Gottesdienst üben." (Hebr. 10, 12)

Die Gnade, worin die Gläubigen sich befinden, besteht darin, dass sie sowohl Gottes Söhne, als auch ihrem Gott Priester * Anbeter Gottes sind.

Wir stehen zu Gott in dem Verhältnis als Kinder und auch zu Ihm in einem Dienstverhältnis. Als Anbeter Gottes nehmen wir die Stelle ein, welche Israel einst hatte, als einziges Volk der ganzen Erde, das im Gottesdienst war. Ohne Kinder Gottes zu sein, können wir freilich auch keine Priester Gottes sein. Söhne Gottes ist unsere besondere Würde; wir kommen dadurch im erhabensten Sinne mit Gott in Verbindung. Dies hindert aber nicht, dass wir auch eine dienstliche Stellung haben, und diese wollen wir jetzt betrachten. 

Es ist die gemeinschaft­liche Stellung aller Gläubigen und Heiligen, dass sie, einmal vor Gott gereinigt, im Gottesdienste stehen. Betrachten wir zuerst den Gottesdienst der Kinder Israel, wie Jehova ihn angeordnet hatte. Dieser sowohl, als der Hebräer-Brief offenbart uns den gesegneten und köstlichen Teil dessen, der nun im Gottesdienst steht. — Das besondere Vorrecht Israels war das Nahen zu Gott. „Ihr habt gesehen, was ich getan an Ägypten, und wie ich euch getragen auf Adlersflügeln, u n d euch zu mir gebrach t" (2. Mose 19, 4). Israel wurde hier­durch, zum Unterschied von allen anderen Völkern in eine Stellung als Priester vor Gott gebracht *) Darum steht geschrie­ben: „Und er kam und verkündigte Frieden euch den Entfernten (Heiden) und den Nahen (Juden)" (Eph. 2, 17).

Die Gnade Gottes hatte die Israeliten zu Ihm geführt, indem Er sie den ganzen Weg von Ägpyten durch die Wüste Sinai leitete. Am Sinai aber unternahmen sie es, ihr Be­stehen auf ihren eigenen Gehorsam zu grün­den, und unter dieser Bedingung sollten sie dem Jehova ein Priester-Königreich sein (2. Mose 15, 5. 6). Doch sehr bald sehen wir sie vom Gehorsam abtreten. Sie blieben nun wohl als Volk in der Nähe Gottes, aber dennoch wurden sogleich nach ihrem Ungehorsam eine Anzahl aus ihrer Mitte ausge­hoben, um in eine besondere Nähe zu Gott versetzt zu werden; folglich waren die übrigen hierdurch in eine gewisse Entfer­nung verworfen. Denn dies war der Befehl Jehovas zu Moses: 

„Und du, lass vor dich treten Aaron, deinen Bruder und seine Söhne mit ihm, a u s den Söhnen Israels, dass sie mir Priester seien, Aaron und Nadab, Abihu, Eleasar und Ithamar, die Söhne Aarons (2. Mose 28, 1). Sie sollten dem Altare nahen, zu dienen im Heiligtum" (V. 43 ). Ein Einziger von ihnen hatte das Vor­recht, noch näher zu Gott zu kommen; dies war der Hohe­priester, der allein in's Innere des Vorhangs gehen durfte. Aber nach der Sünde des Nadab und Abihu (3. Mose 10) 1. 2) wurde auch dieses Vorrecht beschränkt. — „Und Jehova redete zu Mose, nach dem Tode der beiden Söhne Aaron's, als sie sich Jehova nahten und starben, und Jehova sprach zu Mose: „Rede zu Aaron, deinem Bruder, dass er nicht eingehe zu aller Zeit in's Heiligtum hinter den Vorhang vor den Deckel auf der Lade" (1. Mose 16, 1. 2). Israel gehörte ohne Zweifel „der Gottesdienst" Jehovas (Röm. 9, 4). Es war ein Gottesdienst, wobei das Nahen zu Gott unvollkommen und beschränkt war. Der Hohepriester war am nächsten; hernach, die Priester; diese beteten an im Innern. Nach ihnen waren die Leviten, welche den Priestern halfen, und denen die Besorgung der Stiftshütte übertragen war; endlich. war das Volk, d. h. die äußeren Anbeter, wie ge­schrieben steht: „Und das ganze Volk stand d r a u ß en zur Zeit des Räucherns" (Luk. 1, 19). Aber selbst in diesen äußeren Vor­hof durfte kein Heide eindringen (Apostg. 21, 28. 29). — 

D a s Wesentliche beim Gottesdienste waren: Opfer und ein Priestertum. Dies wurde besonders dem Volke Israel unter dem Gesetze eingeschärft; auch wir haben beides not­wendig und, Gott sei Dank, wir haben es in Jesu. Dennoch ist zwischen dem damaligen und jetzigen Gottesdienste ein großer Unterschied, im Betreff der Ordnung und des Wertes: über diesen Unterschied zwischen dem Gottesdienste Israels unter dem Gesetze und demjenigen der Kirche (der Gemein­schaft der Gläubigen) lässt uns das Wort Gottes nicht im Dun­keln. In Hebräer 10 gibt uns der Heilige Geist eine Erklärung über das merkwürdige Fest des großen Versöhnungstages, wo­durch wir überzeugt werden sollen, dass die jetzige Stellung des wahren Anbeters gerade das Gegenteil ist von derjenigen der Israeliten unter dem Gesetz. Dies wollen wir nun be­trachten.

Die Opfer unter dem Gesetz konnten den Darbringer nicht zu einem dauernden Anbeter machen. Es fehlt ihnen die innere Kraft und sie mussten auch immer wiederholt werden: „Denn würde sonst nicht die Darbringung aufgehört haben, wenn die Opfernden, einmal gereinigt, kein Bewusstsein (Gewissen) von Sünden gehabt hätten?" Hebr. 10, 2 wird be­merkt, dass das Vollendetsein als Anbeter darin bestehe, kein Bewusstsein von Sünden mehr zu haben. Ein solcher ist ein wahrer Anbeter. Und wie erhebt dies unendlich den Gottes­dienst, welcher nicht stattfindet, um uns zu r e c h t f er t 1- g e n, sondern weil wir gerechtfertigt sind. Er ist nicht das Mittel, sondern das Ziel unserer Rechtfertigung. Wer nicht gerechtfertigt ist, kann Gott nicht dienen; wer sich der Vergebung der Sünden, also seiner Rechtfertigung nicht bewusst ist, worin besteht denn der Gottesdienst eines solchen Menschen? —

Wie gesegnet ist die Lehre des Apostels, nach welcher er hier die zahlreichen Opfer (Opfer, welche niemals Sünden wegnehmen konnten) der einzigen Opfergabe entgegen­setzt, durch welche Christus in Ewigkeit vollendet hat, die, so geheiligt werden (V. 14). Israel wurde für einen Augenblick am Versöhnungstage geheiligt, und selbst da war es nicht nach dem Bewusstsein," weil dieses von dem Blute ihrer Opfer nicht erreicht werden konnte (Hebr. 9, 9). Ihr daher in einem Geiste der Knechtschaft, der die Furcht ge­bieret, geschehen (Röm. 8 ,15). Die volle Freiheit, die wir durch das Blut Jesu haben, konnte nicht dabei sein (Hebr. 10, 19). Die beständige Wiederholung der Opfer bewirkte eine stete Erinnerung an die Sünde. Christus aber, nachdem er für die Sünde, ein einziges Opfer dargebracht hatte, setzte sich für immer zur Rechten Gottes, — nicht als ob Er später noch ein Opfer darbringen sollte, sondern wartend, bis Seine Feinde zum Schemel Seiner Füße gemacht werden. Es bezeugt auch der Heilige Geist: „Und ihrer Sünden und Ungerechtigkeiten will ich nicht mehr gedenken", weshalb auch kein Opfer für die Sünde mehr nötig ist.

Das einzige, vollbrachte und angenommene Opfer Christi ist also von einer immer dauernden Kraft. Jeder, der glaubt, findet darin die Vergebung seiner Sünden, sodass der Gläubige fürderhin kein anderes Opfer für die Sünde mehr zu erwarten hat (V. 18). Wäre dies Letztere nicht der Fall, so würde die Sünde dem Gedächtnis und auf das Gewissen zurückgeführt werden. Dies geschieht immer bei solchen Seelen, welche sich nicht einfach auf das ein für alle Mal durch Christum voll­endete Opfer stützen. Der Glaube sieht, dass der Tod und die Auferstehung Christi deswegen stattfand, damit „der Frevel vollbracht, die Sünde zugesiegelt, die Schuld gesühnt, ewige Gerechtigkeit herbeigeführt, . . . und das Allerheiligste, gesalbt werde" (Dan. 9, 24). Es wurde dem Propheten Daniel geoffen­bart, dass dieses nötig war, um aus seinem Volke „das Priester­königreich und das heilige Volk" zu machen, wonach sie bis dahin durch ihren eigenen Gehorsam vergeblich getrachtet hatten. Sobald aber ein Jude an die Kraft des „teuren Blutes Christi" glaubte, galten ihm die Worte:

 „Ihr aber seid das aus­erwählte Geschlecht, das königliche Priestertum, das heilige Volk, das Volk des Eigentums, damit ihr die Tugenden desje­nigen verkündet, der euch aus der Finsternis zu seinem wunder­baren Licht berufen hat" (1. Petri 2, 9). Also kann der er­habenste Teil des Gottesdienstes, d. h., das Lob und die An­betung, nun unser Vorrecht werden: „Dich will ich erheben. mein Gott, König, und deinen Namen preisen, ewig und immer­dar" (Ps. 145, 1. 2). Während das Lob Jehovas in Zinn schweig t, ist der Mund des Sünders, erlöst durch das kost­bare Blut des Lammes Gottes, geöffnet, um das Lob des Herrn zu verkündigen, und Seinen Namen zu preisen. Gott selbst hat die Frucht der Lippen geschaffen, da er sprach: „Heil, Heil, den Fernen und Nahen, spricht Jehova" (Jes. 57, 19).

Kommen wir auf unser Kapitel zurück. Die Freiheit des Gewissens gehört zum Wesentlichen des wahren Gottesdienstes. Ich meine nicht das, was die Menschen Gewissensfreiheit nen­nen, sondern die Fähigkeit, sich Gott ohne ein Bewusst­sein der Sünden zu nähern. Dies will nicht heißen, dass man behaupten müsse, man sei unschuldig, oder, dass man keine Sünde fühle; denn wenn „ich ich mir nichts bewusst bin, darum bin ich nicht gerechtfertigt" (1. Kor. 4, 4). Wir haben ein voll­ständiges Gewissen, wir erkennen die Sünde an und halten dennoch das Bekenntnis beharrlich fest: sie ist auf ewig hinweggenommen.

Alle Gaben und Opfer unter dem Gesetze konnten den Dar­bringer niemals dem Bewusstsein nach vollenden (Hebr. 9, 9). Es konnte möglich sein, dass er genau nach der vorgeschriebenen Ordnung Gott nahte; aber es geschah mit einem beladenen Ge­wissen. Vor Gott könnte kein Gewissen ruhig sein, wenn irgend etwas vom Tun der Menschen abhinge. Der Anbeter wird ein für alle Mal gereinigt sein; oder es ist bei ihm noch Bewusstsein der Sünde. — Die vollkommene und wahre Stiftshütte ist nicht mit Händen gemacht, d. h., nicht von dieser Schöpfung. Durch diese ist Christus ins Heiligtum eingegangen, und wer Jesu nun erkennt, dass Er nicht durch der „Rinder und Böcke Blut", son­dern durch sein eigenes Blut einmal ins Heiligtum hin­eingegangen ist, und eine ewige Erlösung erfunden hat, — wie kann bei einem solchen noch das Bewusstsein der Sünde sein? 

Christus wird nicht zum zweiten Male ins Heiligtum ein­gehen; kein Opfer für die Sünde bleibt mehr übrig darzubrin­gen; kein anderes Blut darf fürderhin hineingebracht werden; denn wo würde man ein so Wertvolles finden? Alles ist ab­gemacht einmal, und für alle Mal: — darum hat auch der am Gottesdienst, der einmal durch dieses Blut gereinigt ist (Hebr. 9, 14), kein Bewusstsein der Sünde mehr. Er kann dem leben­digen Gott dienen. Nichts hängt mehr von dem ab, was der Anbeter tun soll; es knüpft sich alles an das vollbrachte Opfer, an das teure Blut und an das dauernde Priestertum unseres Herrn Jesu Christi.

Bevor Gott mit Israel in den Gesetzes-Bund trat, sagte Er zu Mose: „Gehe zum Volke und heilige sie heute und morgen, und lass sie ihre Kleider waschen". — „Und so stieg Moses herab von dem Berge und heiligte das Volk". — Und Mose führte das Volk Gott entgegen aus dem Lager" (2. Mose 19). Das Volk sollte geheiligt sein, um Gott entgegen zu gehen; ge­heiligt nach Seinem Willen. Deshalb sprach Jehova, nachdem die Söhne Aarons fremdes Feuer vor ihn gebracht hatten, und vom Feuer des Zorn Jehovas verzehrt waren: „Unter denen, welche mir nahen, will ich mich heilig erweisen" (3. Mose 10, 3). Wer wollte sich nach diesem schrecklichen Beispiele Gott nahen, ohne die von Ihm verlangte Heiligung: denn wie könnte Gott sich also in ihm heilig erweisen?

Was steht nun geschrieben in Bezug auf die Heiligung des jetzigen wahren Anbeters? Was lehrt uns Gott, das nötig sei, um, einmal gereinigt, sich Ihm zu nähern zum Gottesdienste? Es ist unmöglich, dass das Blut von Böcken und Rindern Sünden hinwegnehme. Darum sagt Er bei Seinem Eintritt in die Welt: „Opfer und Gaben hast du nicht gewollt, einen Leib aber hast du mir zubereitet; an Brandopfern und Sündopfern hast du keinen Gefallen. Da sprach ich: Sieh', ich bin gekommen, (in der Buchrolle steht von mir geschrieben), um deinen Willen, o Gott, zu tun . . . Und durch diesen Willen sind wir geheiligt durch die Darbringung des Leibes Jesu Christi ein für alle Mal" (Hebr. 10, 5-10). 

Wir sind also nach dem Befehle Gottes selbst geheiligt. Der eigene Wille Gottes ist in dieser Sache geschehen; deshalb können wir zu Jesu nahen als Anbeter, die gereinigt und geheiligt sind, und in die Stelle des heiligen Volkes eintreten. Das Volk, das im Gottesdienst steht, Sind nun diejenigen, welche auf das Opfer des Leibes Jesu Christi vertrauen, welches einmal dargebracht und angenommen ist, und nie wieder erneuert werden wird. Durch den Willen Gottes selbst empfangen sie diese unbewegliche und gesegnete Stellung.

Betrachten wir ferner den Priester, so sehen wir, wie viel Aaron beschäftigt war. Er hatte nicht nur die jährlichen Opfer am großen Versöhnungstage, sondern auch das Morgen- und Abendopfer, sowie alle Gelegenheitsopfer. Jeden Augenblick konnte er gerufen werden, irgend ein Schuldopfer darzubringen. Er konnte sich niemals niedersetzen, wie jemand, der sein Werk vollendet hat, und es nun mit Zufriedenheit betrachten kann.

Welch einen gesegneten Gegensatz finden wir in den Wor­ten: „Und jeglicher Priester steht täglich im Dienste, und zwar die nämlichen O p f er mehrmals darbringend, welche doch nimmermehr Sünden hinwegzunehmen vermögen. Er aber, nachdem Er e i n Opfer für die Sünden dargebracht, hat sich für immer zur Rechten Gottes gesetzt". Jesus Christus konnte nach der Vollendung Seines Werkes dasselbe mit Zu­friedenheit betrachten und Gott beständig darstellen. Nicht wie Aaron ist Er genötigt, jeden Augenblick bereit zu sein, neue Opfer darzubringen. Ein für alle Mal ist dies geschehen und „nun wartet er fortan, bis dass seine Feinde zum Schemel seiner Füße gelegt sind", — „denn mit Einem Opfer hat er für immer die Geheiligten vollendet."

Der neue Bund hat auch nicht bloß die Verheißungen des Alten, sondern er versichert, dass dieselben erworben sind; erworben durch die Gnade Gottes, nachdem bewiesen wor­den ist, dass sie durch des Volkes Gehorsam nicht erfüllt werden konnten. „Und nun, wenn ihr meiner Stimme ge­horchet, und meinen Bund beobachtet, so sollt ihr mein Eigentum sein aus allen Völkern, denn die ganze Erde ist mein; und ihr sollt mir ein Priester-Königreich sein, und ein heiliges Volk" (2. Mose 19, 5. 6). Dies war der In-. halt des alten Bundes; seine Verheißungen standen unter einer Bedingung, und waren abhängig von dem Gehorsam des Volkes.. 

Aber „der bessere Bund, . . der unter besseren Verheißungen gestiftet ist", spricht also: „sondern dies ist der Bund den i c h schließen will mit dem Hause Israels nach selbigen Tagen, spricht der Herr: Ich lege meine Gesetze in ihrem Sinn und in ihr Herz schreibe ich sie" (Hebr. 8, 6. 10). Hierin hat Gott alles selbst gemacht; und so sind die Verheißungen erfüllt, dass die Gläubigen ein königliches Priestertum und ein heiliges Volk werden. Und es ist noch folgende Verheißung hinzugefügt: „Ihrer Sünden und Ungerechtigkeiten will ich nicht mehr ge­denken" (V. 12). Das Zeugnis des Heiligen Geistes unterstützt also die Wahrheit, dass Jesus durch eine einzige Opfergabe in Ewigkeit vollendet hat die, welche geheiligt werden; denn, wo Vergebung der Sünden ist, da ist kein Opfer mehr für die Sünde.

Wunderbare Wirkungen entstehen für uns, wenn wir das einzige und vollkommene Opfer Jesu Christi recht erkennen; es ist ein Opfer, dem die persönliche Würde des Erlösers seinen unermeßlichen Wert gibt. Unsere gesegnete Stellung ist nun die, ein geistlicher Tempel, ein königliches Priestertum, ein heiliges Volk, das Volk des Eigentums zu heißen. Wir haben vor allen andern das Vorrecht, auf Erden im Gottesdienste zu stehen. Gott selbst durch Seinen Willen (Hebr. 19, 10), Christus durch Sein Werk (V. 14) und der Heilige Geist durch Sein bestimmtes Zeugnis (V. 15), versetzen uns in eine Stellung solcher A n b e­t e r , die einmal und für immer gereinigt sind und die kein Bewusstsein der Sünde mehr haben. Wir können lins, dem wahren Gott nahen — Dem, der unsere Herzen erfor­schen kann — ohne im Mindesten zu fürchten, dass irgend eine Schuld in uns gefunden, oder irgend eine Sünde angerechnet werde, die nicht vollständig versöhnt sei. „Glückselig der, dessen Übertretung vergeben, dessen Sünde zugedeckt ist! Glückselig der Mensch, dem Jehova die Ungerechtigkeit nicht anrechnet, und in dessen Geist kein Trug ist!" (Ps. 32, 1-2).

Konnte wohl ein Israelit, der nach dem Gesetz sich Gott nahte, ohne Trug vor Ihm sein? Ich will nicht entscheiden, aber wenn der leiseste Verdacht Grund fand, dass Gott in ihm eine schwerere Sünde sah, als seine Opfergabe zu versöhnen ver­mochte, oder dass er irgend eine vorgeschriebene Ordnung ver­nachlässigt hatte, so konnte er wohl alles sein, nur nicht ein Mensch ohne Trug. Wenn aber Einer durch den Glauben zu Gott kommt, nicht in dem dazu bestimmten Orte, im Tempel — unter einem Feigenbaum im heiligen Vertrauen zu Gott — gewiss ein solcher konnte ein wahrer Israelit, in dem kein Falsch ist, genannt werden (Joh. 1, 47). So war Nathanael, der unter göttlichem Unterricht sogleich in Jesu den Sohn Gottes und den König von Israel erkannte. Der Glaube hat ein vollkommenes und ewig gültiges Opfer und derjenige, welcher einmal ge­reinigt im Gottesdienst steht, ist ein Anbeter ohne Falsch.

Aber „der bessere Bund, . . der unter besseren Verheißungen gestiftet ist", spricht also: „sondern dies ist der Bund den i c h schließen will mit dem Hause Israels nach selbigen Tagen, spricht der Herr: Ich lege meine Gesetze in ihrem Sinn und in ihr Herz schreibe ich sie" (Hebr. 8, 6. 10). Hierin hat Gott alles selbst gemacht; und so sind die Verheißungen erfüllt, dass die Gläubigen ein königliches Priestertum und ein heiliges Volk werden. Und es ist noch folgende Verheißung hinzugefügt: „Ihrer Sünden und Ungerechtigkeiten will ich nicht mehr ge­denken" (V. 12). Das Zeugnis des Heiligen Geistes unterstützt also die Wahrheit, dass Jesus durch eine einzige Opfergabe in Ewigkeit vollendet hat die, welche geheiligt werden; denn, wo Vergebung der Sünden ist, da ist kein Opfer mehr für die Sünde.

Wunderbare Wirkungen entstehen für uns, wenn wir das einzige und vollkommene Opfer Jesu Christi recht erkennen; es ist ein Opfer, dem die persönliche Würde des Erlösers seinen unermeßlichen Wert gibt. Unsere gesegnete Stellung ist nun die, ein geistlicher Tempel, ein königliches Priestertum, ein heiliges Volk, das Volk des Eigentums zu heißen. Wir haben vor allen andern das Vorrecht, auf Erden im Gottesdienste zu stehen. Gott selbst durch Seinen Willen (Hebr. 19, 10), Christus durch Sein Werk (V. 14) und der Heilige Geist durch Sein bestimmtes Zeugnis (V. 15), versetzen uns in eine Stellung solcher Anbe­ter, die einmal und für immer gereinigt sind und die kein Bewusstsein der Sünde mehr haben. Wir können lins, dem wahren Gott nahen — Dem, der unsere Herzen erfor­schen kann — ohne im Mindesten zu fürchten, dass irgend eine Schuld in uns gefunden, oder irgend eine Sünde angerechnet werde, die nicht vollständig versöhnt sei. „Glückselig der, dessen Übertretung vergeben, dessen Sünde zugedeckt ist! Glückselig der Mensch, dem Jehova die Ungerechtigkeit nicht anrechnet, und in dessen Geist kein Trug ist!" (Ps. 32, 1-2).

Konnte wohl ein Israelit, der nach dem Gesetz sich Gott nahte, ohne Trug vor Ihm sein? Ich will nicht entscheiden, aber wenn der leiseste Verdacht Grund fand, dass Gott in ihm eine schwerere Sünde sah, als seine Opfergabe zu versöhnen ver­mochte, oder dass er irgend eine vorgeschriebene Ordnung ver­nachlässigt hatte, so konnte er wohl alles sein, nur nicht ein Mensch ohne Trug. Wenn aber Einer durch den Glauben zu Gott kommt, nicht in dem dazu bestimmten Orte, im Tempel — unter einem Feigenbaum im heiligen Vertrauen zu Gott — gewiss ein solcher konnte ein wahrer Israelit, in dem kein Falsch ist, genannt werden (Joh. 1, 47). So war Nathanael, der unter göttlichem Unterricht sogleich in Jesu den Sohn Gottes und den König von Israel erkannte. Der Glaube hat ein vollkommenes und ewig gültiges Opfer und derjenige, welcher einmal ge­reinigt im Gottesdienst steht, ist ein Anbeter ohne Falsch.

dienst von Priestern und der Ort desselben sind die himmlischen Vorhöfe.

Die furchtbare Warnung des Apostels in Hebr. 10, 28. 29, mag wohl schon einmal eine jede erweckte Seele erschreckt haben; sie weist auf die traurigen Folgen einer Rückkehr zur alten Ordnung hin und soll uns davor bewahren. Es ist eine Ordnung, die zum schlagenden Gegenteil und nicht zum Muster dienen soll. Zwar werden durch die gottesdienstliche Ordnung unter dem Gesetze die Sinnbilder der himmlischen Dinge ausgespro­chen, doch nur als Gegensatz, wie die Himmel gegenüber der Erde, und die nicht mit Händen gemachten Dinge, denen mit Händen gemachten entgegengesetzt sind. Wenn man also auf gesetzliche Ordnung des Gottesdienstes zurückkommt, so verwirft man die himmlische Ordnung; man zieht ihr ein Abbild der irdischen vor. Dies deutet den Abfall im Gottesdienst an. 

Und ist dies nicht die besondere Eigentümlichkeit der Weltkirche? Sie hat die alle Form des Gesetzes anstatt der himmlischen nach­geahmt. In ihrer Geistlichkeit und in ihren Laien hat sie von neuem einen Unterschied zwischen Priestern und Volk aufge­stellt, eine im Neuen Testamente unbekannte Unterscheidung. So setzt die Weltkirche ihre Priester oder Pastoren in eine ver­gleichsweise Gott nähere Stellung, und hält das Volk entfernt — da sie tatsächlich aus der Geistlichkeit die Kirche bildet, wäh­rend doch von allen Gläubigen gesagt ist: „Ihr seid ein geistlicher Tempel" (1.Petrus 2, 5). 

Heißt das nicht, den Sohn Gottes mit Füßen treten? Sein Opfer und Sein hohepriesterliches Amt hat uns in die Nähe Gottes gebracht und eine weitere Vermittlung bedürfen wir nicht. Gott hat den äußeren Vorhof hinausgewor­fen; auf den Gottesdienst in demselben nimmt er keine Rück­sicht mehr; aber die Menschen suchten ihn auf eine unheilige Weise zu heiligen und damit haben sie den Sohn Gottes mit Füßen getreten. Wir haben schon daran erinnert, dass der Herr dem Moses befahl, das Volk zu heiligen, um Gott entgegen zu gehen, wir haben auch daran erinnert, dass wir durch das eine Opfer Jesu Christi nach dem Willen Gottes geheiligt sind; aber zur alten Form zurückzukehren, heißt nach Hebr. 10, 29 das Blut des Neuen Testaments für unrein achten, durch weiches wir ge­heiligt sind; wir sehen alsdann darin nicht das Recht, in das Allerheiligste einzugehen, sondern als das, was uns noch außer­halb hält. 

Welch eine Schmach für den Geist der Gnade! Er überzeugte die Seelen von der wunderbaren Gnade Gottes und Christi; Er überzeugte den einmal gereinigten Anbeter, dass er sich Gott zum wahren Dienste nahen kann. Denn Gott ist Geist, und die ihn anbeten, müssen ihn im Geiste anbeten! — Welche Schmach, sage ich für den Heiligen Geist, uns wieder zurück in die Stellung zu stellen, dahin, wo das Fleisch sich vor Gott halten soll. Daher rührt auch diese feierliche Ermahnung. Habt ihr eure Stellung als Priester, sowie das Nahen zu Gott der Wahrheit gemäß erkannt, so hütet euch, dass ihr nicht freiwillig sündigt. Unser eigener Wille sucht Gott zu dienen, wie es ihm gut dünkt. In Seinem Dienste überlässt Gott nichts unserm Be­lieben und unserer willkürlichen Wahl; wir haben nicht das Recht zu entscheiden, ob wir zur alten Form zurückkehren, wer dennoch zurückkehrt, setzt sich dem Gerichte aus.

Dem äußerlichen Anbeter bleibt nur die eine furchtbare Er­wartung des Gerichts und ein Feuereifer, die die Widerspen­stigen verzehren wird (Hebr. 10, 27). Sie haben kein Opfer mehr für die Sünde, das sie Gott näher bringen oder angenehm machen könnte. Nicht d a s ist Jesus bereit zu opfern, denn Er hat es ein für allemal getan. Er wartet fortan, bis Seine Feinde zum Sche­mel Seiner Füße gemacht werden.

Zwar war der Gottesdienst der Priester im Heiligtum sehr angenähert; aber dennoch ist er nur zum Teil das Vorbild des gegenwärtigen Gottesdienstes der Heiligen. Jede Stufenordnung der Nähe ist abgeschafft; die Stellung des Hohen-Priesters beim Gottesdienst müssen .wir selbst einnehmen; nur dann begreifen wir unsere Stellung unter dem Evangelium. Während der ersten Stiftshütte war der Weg zum Heiligtum noch nicht ge­offenbart; oder noch nicht vor aller Augen dargestellt; „Indem der Heilige Geist andeutet, dass der Weg zum Heiligtum noch nicht geoffenbart ist, solange noch das vordere Zelt Bestand hat, welches ein Gleichnis für die gegenwärtige Zeit ist" (Hebr. 9, 8): Die Priester konnten wohl immer in das Heiligtum eintreten, aber sie hatten nicht das Recht, weiter zu gehen. 

Der prachtvolle Vorhang war von blauem und rotem Purpur und gezwirntem Bissus; seine Arbeit war künstlich und mit Cherubim bedeckt. Derselbe, vor ihren Augen entfaltet, konnte wohl von den da­hinter verborgenen Herrlichkeiten sprechen, aber die Dinge selbst, z. B. das goldene Rauchfall, und die überall mit Gold überzogene Bundeslade, in welcher der goldene Krug mit dem Manna war, Aarons grünender Stab und die steinernen Tafeln waren dem Auge des Priesters entzogen. Sie hatten keinen Zu­tritt zu der unmittelbaren Gegenwart desjenigen, der zwischen den Cherubim. über dem Gnadenstuhle wohnte. Nur der Hohe­priester durfte jährlich einmal in das Allerheiligste gehen, und selbst dann nicht ohne Blut. 

Dieses opferte er für sich und des Volkes Übertretungen. Beachtet wohl, dass der Hohepriester nicht zu jeder Zeit in's Allerheiligste eintreten durfte; und dass er nicht als einmal gereinigt er Anbeter eingehen konnte; was er vor seinem Eintritt vornehmen musste, bewies deutlich, dass die Sünde nicht für immer von ihm weggenommen war. Aber jetzt ist alles geoffenbart. Durch das Blut Jesu steht der Eingang in's Allerheiligste offen. Mit welcher Gewalt wurde dies durch den Riss des Tempelvorhangs kund getan, welcher mitten entzwei riss, als Jesus am Kreuze hing. Ja, Jesus ist selbst der Weg, der lebendige Weg. „Wenn es einen Vorhang gibt — so ist Er dieser Vorhang nicht, um uns etwas von Gott zu ver­bergen, sondern um uns alles das darzustellen, was wir von Gott zu erkennen vermögen. Da haben diejenigen, welche ein­mal gereinigt im Gottesdienst stehen, immer die Freiheit ein-- zutreten." Da wir nun Brüder usw. Indem der Apostel auf­fordert, sich zu nahen, nimmt er nicht die Stellung eines solchen ein, als der sich in einer größeren Nähe zu Gott befände; er tut nicht, als wenn er der Priester und sie das Volk, er im Inwen digen und sie außerhalb wären.

 Er nimmt mit diesen gleichen Rang ein und nennt sie Brüder, indem er sich so ausdrückt: „Lasset uns hinzutreten" — „lasset uns festhalten" -- „lasset uns auf einander acht haben." Welch ein Unterschied zwischen dieser und der alten Ordnung des Gottesdienstes! Moses allein sollte herzugehen, die andern mussten in der Entfernung anbeten; nun aber sind wir gleich nahe, wir alle haben eine gleiche Freiheit des Zugangs in das Allerheiligste. Was gibt es, was das Blut Jesu unvollkommen gelassen hätte? In diesem vergossenen Blute haben wir die Vergebung unserer Sünden. Durch die Bespren­gung dieses Blutes sind wir für rein erklärt, wie die gereinigten Aussätzigen und sind nun geheiligt als Anbeter. Da wir durch Jesum selbst in das Allerheiligste gebracht worden sind, so ver­schafft uns dieses Blut einen freien Zugang in den Himmel. Dort ist es immer vor dem Gnadenstuhle; denn mittelst dieses Blutes ist Christus in das Heiligtum eingegangen und hat eine ewige Erlösung erfunden.

 Sein Eingang besteht nicht in einer jähr­lichen Feierlichkeit und soll nicht immer wiederholt werden. Aaron trug am großen Versöhnungstage das Blut des Sünd­opfers in das Inwendige des Vorhangs, „um zu versöhnen das Heiligtum wegen der Unreinigkeit der Kinder Israel und wegen ihrer Übertretungen in all ihren Sünden" (3. Mose 16. 16). Dies ist jetzt ein für allemal geschehen. Die Versöhnung für das Heiligtum dauert in die Ewigkeit und es ist ein für allemal gereinigt, wie auch der Anbeter selbst. Nun hat der Anbeter, welcher sich demselben nahet, nicht mehr zu fürchten, seine Unreinigkeit dorthin tragen, weil das Blut Christi, das von allen Sünden reinigt, dort für immer vor Gott ist. Woher rührt es, dass wir in unseren Herzen oft so entfernt von Gott sind? Daher, weil wir zu wenig die wahrhaftige Wirkung des Blutes im Inwendigen des Vorhanges erkennen, und weil wir nicht ge­nug festhalten, dass der barmherzige Gott selbst so treu für unsere heilige, beständige und freie Gemeinschaft mit Ihm sorgt. „Da wir nun, Brüder, Zuversicht auf den Eingang in das Heilig­tum durch das Blut Jesu haben usw."

Betrachtet aber, auf welchem Wege wir uns nahen. Auf dem Berge Sinai war alles Entfernung. „Umhege das Volk ringsum und sprich: Hütet euch, auf den Berg zu steigen und sein Ende zu berühren, was den Berg berühret, soll getötet werden" (2. Mose 19, 12). Diese Entfernung war immer das Wahrzeichen des Gottesdienstes unter dem Gesetze; überall waren Schranken, und wer sie übertrat, wurde getötet. Aaron selbst konnte nicht die Schranken des Vorhangs überschreiten, aus Furcht, dass er stürbe. Ebenso konnte aus Furcht vor dem Tode ein Israelit nicht über die Schranken des Vorhangs gehen. Unter dem Ge­setz war es etwas Unmögliches, Gott zu sehen und zu leben. Aber jetzt ist Jesus der lebendige Weg, der in die Gegenwart Gottes führt. Jesus sehen, heißt Gott sehen und leben.

 Er ist keine Schranke zwischen uns und Gott, sondern der Weg, der zu Gott führt. Dank sei unserem Herrn, es gibt keine Ent­fernung, keine Schranken mehr. Ein Israelit betrachtete das schöne Tuch, von außen, und wünschte vielleicht, es lüften zu können; aber wenn er es gewagt hätte, wäre der Tod sogleich sein Teil gewesen. Wohlan! er sehe auf Jesum, welcher sagt: „Ich bin die Tür, so jemand durch mich eingeht, wird er selig." Ja, der Tod Jesu ist für uns der lebendige Weg zum Aller­heiligsten geworden. Wenn aber der Israelit bis hinter das Tuch der Stiftshütte vorgedrungen war, fand er den Vorhang, der ihn hinderte weiter zu gehen; wohlan! er sehe wieder auf Jesum; der Vorhang ist Sein Fleisch, sagt der Apostel. Derselbe Gott. mit welchem wir zu tun haben, ist uns als voller Gnade und Wahrheit dargestellt. Und wenn der Israelit den zerrissenen Vorhang wahrnimmt, so sehe er von Neuem auf Jesum den Ge­kreuzigten, und die Heiligkeit Gottes, anstatt ihm den Eintritt zu verwehren, fordert ihn auf, dem Orte sich zu nahen. Welch selige Worte für den einmal gereinigten Anbeter: „den er uns eingeweiht als einen neuen zum Leben führenden Weg, durch den Vorhang, das ist durch seinen Leib" (Hebr. 10, 20).

Nicht allein das Werk und der Charakter Jesu flößen uns Vertrauen ein; sondern Er ist selbst der Hohepriester über das Haus Gottes. Seine Amtsverrichtung ist nie einen Augenblick unterbrochen. Er befindet Sich gerade im Allerheiligsten wegen der geschehenen Versöhnung für das Volk und das Heiligtum. Deswegen ist die gegenwärtige Zeit für uns eine Zeit des Gottes­dienstes. Wie sehr ist uns die Gewissheit von diesen Wahr­heiten nötig, um uns zu ermutigen in das Heiligtum einzugehen. Er weilt beständig in demselben. Er hat einen Platz einge­nommen, den Aaron in der Stiftshütte niemals einnehmen konnte; Er ist das Haus, das Sein ist; Er ist der Herr über das­selbe; Er öffnet und Niemand schließt zu.

Er ist buchstäblich ein großer Priester über das Haus Gottes oder „ein großer Hohepriester", wie Er in Hebr. 4, 14 genannt wird. Die Anbeter selbst traten in den Ort ein, wo der Hohe­priester allein das Vorrecht hatte, einzutreten; sie nehmen in dieser Hinsicht selbst die Stellung von Hohepriestern ein und nicht nur die der Priester, welche über das Haus Gottes, d. h. über sie ist (Hebr. 3, 6). Aber nicht durch unser eigenes Recht sind wir Priester oder Hausgenossen, sondern alles hängt von dem großen Hohenpriester ab; und unser Eingang in das Aller­heiligste, hier durch den Glauben und bald in der Wirklichkeit, zeigt uns, wie sehr wir Schuldner Seiner Gnade sind. Möchten wir durch diese Betrachtungen die Kraftwirkung des Blutes Jesu vor Gott kennen lernen, welcher uns die Freiheit verschafft, in das Allerheiligste einzugehen!

Und nun lasset uns innehalten, um zu erwägen, was für uns geschehen ist. Es ist für jeden Menschen geschehen, dessen Augen von den sichtbaren Dingen abgewendet worden sind, um Jesum zu betrachten. Er sitzet zur Rechten des Thrones der Herrlichkeit im Himmel, den Blicken der Welt verborgen, aber dem Glauben geoffenbart.

Diejenigen, welche jetzt im Gottesdienste stehen, sind ein für allemal durch Sein einmal gebrachtes Opfer gereinigt. Sie sind durch den Willen Gottes geheiligt, durch das einmal geschehene Opfer des Leibes Christi. Ein lebendiger Weg ist ihnen durch das Blut gebahnt worden, um sie in's Allerheiligste einzuführen. Die Stätte des Gottesdienstes ist ihnen durch das Blut bereitet, damit sie dort anbeten, und durch das gleiche sind sie zubereitet, um dort anzubeten. Der Hohepriester wein be­ständig an dieser Stätte des Gottesdienstes; kein Dienst fehlt dort; Er ist der Diener des Heiligtums und des wahrhaftigen Zeltes, welches Gott und kein Mensch errichtet hat.

Zugleich ist Er über das Haus, dessen Tore allzeit offen sind und der Eintritt immer freisteht. — Alles finden wir ganz ohne unser Zutun bereitet. Was bleibt uns daher, als nur unsere großen Vorrechte zu gebrauchen und auf dieses Wort zu hor­chen: „Lasset uns hinzugehen!" Dieses soll, so der Herr will, den Gegenstand der dritten Abhandlung bilden.

Es muss uns tief demütigen, wenn wir sehen, dass unter Christen wohl. der Wert des Blutes Jesu zur Vergebung der Sünden erkannt wird; aber es wird nicht bedacht, dass dieses Blut die Stätte des Gottesdienstes für diejenigen gereinigt hat, welchen die Sünden vergeben sind. Das Blut des Opfers lehrte die Israeliten zwei Dinge: „Beinahe alles wird mit Blut gereinigt nach dem Gesetze und ohne Blutvergießung ist keine Vergebung". Es gibt viele Seelen, die den Wert des Blutes im letzteren Falle kennen, aber im ersteren noch nicht erwogen haben.

 Es gibt viele, die durch den Gedanken, als sei das Opfer Christi nicht hinreichend für ihre Sünden, mit Recht beunruhigt würden, und doch unterziehen sie sich einer Kirchenordnung, wodurch einer der wesentlichsten Teile des Werkes Jesu vernichtet wird, nämlich, der die Gottesverehrung betrifft. Die gepredigte Wahr­heit erfreut sie und bewirkt vielleicht eine glückliche Befreiung, und sie unterwerfen sich der Form, weil es einmal also Brauch ist oder auch der Predigt halber. Aber welche schreckliche Herabwürdigung des Gottesdienstes! Welche Verschmähung des von Jesu in's Allerheiligste getragenen Blutes! Welches Vergessen unserer priesterlichen Stellung als einmal gereinigte An­beter für die himmlischen Räume selbst.

Der Herr verzeihe Seinen Heiligen, Seine Gnade durch die Art und Weise ihres Gottesdienstes so missachtet zu haben und führe sie durch Seinen Geist in die alleinige Stätte der. Gott angenehmen Verehrung in das Allerheiligste!

III Das Herzunahen zu Gott (Hebr. 10, 22)

Wenn das, Gewissen eines Sünders aufgewacht ist, so erfreut es ihn, in Jesu Alles zu finden, was zur Vergebung seiner Sün­den, zu seiner Rechtfertigung und zu seinem ewigen Heile not­wendig ist Und für Alle, die zu Jesu gekommen sind, ist es segensreich, sagen zu können, dass AlIes vollbracht ist, um im Heiligtum Gott dienen zu können. In demselben ist durch Ihn Alles angeordnet, um dort eingehen zu können, wo viele Völker hingehen und sagen: „Auf, lasst uns hinanziehen zum Berge Jehovas, zum Hause des Gottes Jakobs und Er soll uns lehren Seine Wege und wir wollen wandeln in Seinen Pfaden; denn von Zion wird ausgehen Belehrung und das Wort Jehovas von Jerusalem!" (Jes. 2, 3). Jetzt aber ist für die Gläubigen die Zeit, einander aufzumuntern; in das Heiligtum einzugehen, nämlich in den Himmel selbst, weil Jesus und Sein Blut sich dort befin­den. „Auf, sagen sie, lasset uns nahen mit einem wahrhaftigen Herzen."

Unter dem Gesetze wurde ein großer Teil der priesterlichen Amtsverrichtungen außerhalb der Stiftshütte vollbracht; sie ge­schahen vor den Augen des Anbeters. Wenn dieser ein Brand­opfer brachte, so wurde das Opfertier an den Eingang der Stifts­hütte geführt und geschlachtet; hernach vergossen die Priester vor ihm das Blut rings um den Altar her, welcher vor der Stiftshütte stand. Dieser Teil der Verrichtung des Priesters war für die Anbeter sichtbar. Aber derjenige, der bis hierher nahen konnte, war nie in seinem Gewissen beruhigt. Er kam zwar bis zu diesen Opfern, er sah sie darbringen, jedoch reichten sie nicht hin, um sein Gewissen zu reinigen. „Denn es ist unmög­lich, dass Blut von Rindern und Böcken Sünden wegnehme." Nun ist dieses ganze Werk ein für allemal vollbracht; das Amt des Priesters völlig innerhalb und unsichtbar; auch ist es nur dem Glauben durch die Offenbarung Gottes bekannt.

Es wurde dem hebräischen Anbeter, der Jesum erkannt hatte, gewiss schwer, in Ihm nun das einzige Opfer für die Sünde zu finden, in Ihm den Hohenpriester zu erkennen,- der immerdar im Allerheiligsten lebt. Manche Kämpfe mussten sich in ihm erheben, wenn er Gott nahte, denn da war kein sichtbares Opfer, worauf er sich stützen, kein Opfertier, worauf er seine Hände legen konnte. Er musste eine große Hingebung für Jesum haben, um sich nahen zu können; Alles, woran er zuvor gewöhnt war, musste er durch Ihn ersetzt betrachten, Alles, was er zuvor gesehen hatte, musste er durch den Glauben in Christo erfüllt erkennen. Manche meinen oft, es sei entweder durch uns oder durch Ihn noch etwas zu tun übrig, um nahen zu können. Sie lassen sich oft mehr von Nebendingen als von Jesu selbst einnehmen; sie zweifeln an dem Rechte sich zu nahen, wenn sie eine Entfernung im Herzen verspüren, als wenn dass Maß unserer Neigungen und nicht das Blut Jesu uns nahe brächte.

Aber, o meine Geliebten, wie sehr ist die Kirche Jesu untreu geworden! Es gibt noch eine Menge Anbeter, die unter der Last einer langweiligen Gottesdienstordnung fast erliegen; es istihnen nie vergönnt, gewesen, zu wissen, dass sie ein für allemal gereinigt sind, und dass Alles bereitet ist, um in das Heiligtum einzugehen. Sie sind zu dem zurückgeführt, was sichtbar ist, und gehen nie weiter bis zur Tür der Stiftshütte. Anstatt die Stelle geheiligter Priester zum Dienst und zur Anbetung im Himmel einzunehmen, stehen sie wie die Juden in der Ferne.

Oft werden die Seelen dahin geführt, die Handlung des Gottesdienstes an die Stelle Jesu zu setzen. Gewiss, dass heißt nicht mit einem wahrhaftigen Herzen nahen. Sobald wir zweifeln an der Vollgültigkeit Seines Opfers oder Seines Prie­stertums, sobald wir Sein Mitleiden und Sein liebevolles Er­barmen nicht völlig anerkennen, nahen wir uns nicht m i t wahrhaftigem Herze n. Wenn wir uns jetzt noch, nach­dem Jesus Alles getan hat, ferne halten, sind wir nicht aufrichtig gegen Ihn.

Es ist ein offenbarer Verrat an Jesu, eine Klasse Menschen aufzustellen, die Gott näher sein sollen, als Andere, indem man sie tatsächlich hinein und die andere tatsächlich hinaus steilt. Sich auf Priester, auf einen Klerus oder besondere Diener zur Gottesverehrung, als notwendig zum Gottesdienste zu stützen, heißt entschieden die Wirkung der Person und des Werkes Christi leugnen. Dies rührt daher, weil man von der Wahrheit der Rechtfertigung des Sünders durch das alleinige Opfer Christi abgewichen ist. 

Ein Gottesdienst in der Entfernung ist die notwendige Folge einer unvollkommenen Rechtfertigung. Lässt man die Rechtfertigung des Sünders vor Gott durch das Blut Jesu nicht völlig zu, so räumt man auch nicht die Frei­heit ein, durch dasselbe Blut zum Gottesdienst in das Aller­heiligste einzugehen, als ein gemeinsames Vorrecht aller Kinder Gottes. Aber auch selbst da, wo die Rechtfertigung noch in Wahrheit verkündigt wird, sehen wir Formen und eine Gottes­dienstordnung, die der Wahrheit ganz und gar entgegen sind. Der im gepredigten Evangelium verkündete freie Zugang, wird denen nicht erlaubt, welche der Predigt geglaubt haben. So werden die Heiligen in der Tat von Jesu fern gehalten: sie wer­den gelehrt, Ihm zu misstrauen.

Der Dienst des großen Hohenpriesters kann nie einen Augen­blick unterbrochen werden, darum „lasset uns herzugehen mit einem wahrhaftigen Herzen, in völligem Glauben!" — Die Worte „in völligem Glauben" bedeuten aber durchaus nicht ein gewisses Maß von Glauben. Es handelt sich hier nicht um das. Maß des Glaubens, sondern, dass er sich auf seinen wahren Gegenstand richte. Der Glaube kann noch einer der schwächsten sein, wenn er nur vollkommen seinen eigentlichen und wahren Gegenstand umfasst.

Wir finden außerdem im Neuen Testament ganz ähnliche Ausdrücke. Es wird von Abraham gesagt: „An der Verheißung Gottes zweifelte er nicht in Unglauben, sondern ward stark im Glauben, Gott die Ehre gebend und fest überzeugt, dass er, was er verheißen, auch Macht habe zu erfüllen" (Röm. 4, 20.21). Und: „Ein Jeglicher sei in seinem Gemüte gewiß über­zeugt" (Röm. 14, 5). Von dem Augenblicke an, wo die Seele Jesum ergriffen hat, ist sie von sich selbst befreit, und muss vollkommen überzeugt sein, dass Alles, was sie bedarf, ihr in Jesu angeboten wird. Dieses einfältige Auge auf Jesum, das ist, was wir zum Gottesdienste bedürfen. Die Dinge, welche der Mensch in seiner Weisheit als geeignete Mittel zur Andacht be­trachtet, sind wirklich große Hindernisse für die Andacht. Der Mensch sucht in seinem Gottesdienste auf die Sinne zu wirken; der Apostel dagegen sucht die Anbeter gerade von den Dingen abzuziehen, die auf die Sinne wirken, um ihre Seele auf einen unsichtbaren Gegenstand hinzulenken, in dem sie Alles finden. 

Der Mensch ist geneigt sich nach seinem Sinn einen Gottesdienst einzurichten und nicht nach der Ordnung Gottes. Er beruft Gläubige und Ungläubige zum Dienste Gottes; er legt den Gläubigen eine Form auf, wodurch er eine vollkommene Recht­fertigung durch das Blut Jesu leugnet oder für ungültig erklärt. Alles, was wir bedürfen, um zu dem wahren Gottesdienste zu gelangen, ist der Glaube an Jesum. Sind wir völlig überzeugt, dass Jesus Alles getan hat, was nötig war, um uns eine Stätte zu bereiten, wo wir mit Gott zusammentreffen können — dann dürfen wir uns nahen. Und mit welchem Vertrauen und welch heiliger Freiheit können wir es tun, da wir besprengt sind in unseren Herzen und gereinigt vom bösen Gewissen." Der Aus­sätzige, um gereinigt und in den Stand gesetzt zu sein, vom Neuen wieder an den Vorrechten des Gottesdienstes teil zu nehmen, musste die Besprengung mit Blut empfangen haben (3. Mose 14, 7). Der Israelite, der etwas angerührt hatte, das ihn verunreinigte, musste die Besprengung mit Reinigungswasser empfangen (4. Mose 19); aber alles .heiligte nur zur äußerlichen Reinigung (Hebr. 9, 13).

Was ist dies Alles im Vergleich gegen ein vom bösen Ge­wissen durch, die Besprengung des Blutes Jesu gereinigtes Herz? Hier findet nicht eine Reinigung des Fleisches statt, sondern eine Reinigung des Herzens durch den Glauben. Das für den Gottes­dienst gereinigte Fleisch konnte mit einem bösen Gewissen zu­gleich bestehen, aber dieses kann nicht bei einem gereinigten Gewissen stattfinden. Nur das, was nicht sichtbar ist, nämlich die reinigende Wirkung des Blutes Jesu, kann vollkommen ein gutes Gewissen bewahren.

Ehe Aaron die heiligen leinenen Kleider anlegen konnte, musste er seinen Leib im Wasser baden (3. Mose 16, 4). Dies ist noch jetzt der Fall, „der Leib gewaschen mit reinem Wasser." Wir können unsere weißen Kleider nur insofern anlegen, als wir wirklich kennen, was die Gemeinschaft mit dem Tode Jesu ist. Man muss den alten Menschen ablegen, ehe man den neuen anziehen kann, und dies ist für uns ein für allemal im Tode und in der Auferstehung des Herrn Jesu geschehen. Doch wie wichtig ist es für uns, wenn wir uns dem Allerheiligsten, der Stätte unseres Gottesdienstes nahen, uns beständig zu erinnern, dass wir gestorben Sind und dass wir in Jesu leben. Wir haben es mit dem lebendigen Gott zu tun, — der auch ein verzehrendes Feuer ist. Alles, was dem Leben entgegensteht, wurde durch den Tod Jesu beseitigt. „Ihr seid gestorben und euer Leben ist verborgen mit Christo in Gott" (Kol. 3, 3). Und nur als Lebendige aus den Toten, die wir waren, können wir Ihm nahen.

„Lasset uns das Bekenntnis der Hoffnung unwandelbar fest­halten". Dies bezieht sich auf das, was im 6. Kapitel Vers 18, 19 gesagt wird: „Auf dass wir durch zwei unwandelbare Tatsachen, wobei unmöglich ist, dass Gott gelogen, einen starken Trost haben sollten, wenn wir uns hinflüchten und die darge­botene Hoffnung ergreifen, an welcher wir gleichsam einen sicheren und festen Anker der Seele haben, der hineingeht in das Innere des Vorhanges." Unsere Hoffnung besteht darin, uns dort zu befinden, weil das Allerheiligste die Stätte ist, welche uns als Priestern Gottes gehört; durch den Glauben aber beten wir jetzt im Geiste dort an.

Es ist wirklich schwer, dies Bekenntnis festzuhalten, das mit Allem in Widerspruch steht, was uns umgibt. Jesus bezeugte Pontius Pilatus ein gutes Bekenntnis (1. Tim. 6, 13), dass Er König sei, ohne an und um sich irgend ein Zeichen der Königs­würde zu tragen. Sein Bekenntnis schien durch sein Äußeres widerlegt zu werden. Timotheus hatte ein schönes Bekenntnis in Gegenwart vieler Zeugen abgelegt (1. Tim. 6, 12) und musste daran erinnert werden. Ebenso geht es uns; denn wir sind beständig geneigt., zu vergessen, dass wir in Hoffnung sind, was wir

sind. Es ist unmöglich, Anderen auf eine genügende Weise zu zeigen, dass wir wirklich sind, was wir bekennen. Wir können wohl gute Gründe für die Hoffnung abgeben, die in uns ist, Was ist dies Alles im Vergleich gegen ein vom bösen Ge­wissen durch, die Besprengung des Blutes Jesu gereinigtes Herz? Hier findet nicht eine Reinigung des Fleisches statt, sondern eine Reinigung des Herzens durch den Glauben. Das für den Gottes­dienst gereinigte Fleisch konnte mit einem bösen Gewissen zu­gleich bestehen, aber dieses kann nicht bei einem gereinigten Gewissen stattfinden. Nur das, was nicht sichtbar ist, nämlich die reinigende Wirkung des Blutes Jesu, kann vollkommen ein gutes Gewissen bewahren.

Ehe Aaron die heiligen leinenen Kleider anlegen konnte, musste er seinen Leib im Wasser baden (3. Mose 16, 4). Dies ist noch jetzt der Fall, „der Leib gewaschen mit reinem Wasser." Wir können unsere weißen Kleider nur insofern anlegen, als wir wirklich kennen, was die Gemeinschaft mit dem Tode Jesu ist. Man muss den alten Menschen ablegen, ehe man den neuen anziehen kann, und dies ist für uns ein für allemal im Tode und in der Auferstehung des Herrn Jesu geschehen. Doch wie wichtig ist es für uns, wenn wir uns dem Allerheiligsten, der Stätte unseres Gottesdienstes nahen, uns beständig zu erinnern, dass wir gestorben Sind und dass wir in Jesu leben. Wir haben es mit dem lebendigen Gott zu tun, — der auch ein verzehrendes Feuer ist. Alles, was dem Leben entgegensteht, wurde durch den Tod Jesu beseitigt. „Ihr seid gestorben und euer Leben ist verborgen mit Christo in Gott" (Kol. 3, 3). Und nur als Lebendige aus den Toten, die wir waren, können wir Ihm nahen.

„Lasset uns das Bekenntnis der Hoffnung unwandelbar fest­halten". Dies bezieht sich auf das, was im 6. Kapitel Vers 18, 19 gesagt wird: „Auf dass wir durch zwei unwandelbare Tatsachen, wobei unmöglich ist, dass Gott gelogen, einen starken Trost haben sollten, wenn wir uns hinflüchten und die darge­botene Hoffnung ergreifen, an welcher wir gleichsam einen sicheren und festen Anker der Seele haben, der hineingeht in das Innere des Vorhanges." Unsere Hoffnung besteht darin, uns dort zu befinden, weil das Allerheiligste die Stätte ist, welche uns als Priestern Gottes gehört; durch den Glauben aber beten wir jetzt im Geiste dort an.

Es ist wirklich schwer, dies Bekenntnis festzuhalten, das mit Allem in Widerspruch steht, was uns umgibt. Jesus bezeugte Pontius Pilatus ein gutes Bekenntnis (1. Tim. 6, 13), dass Er König sei, ohne an und um sich irgend ein Zeichen der Königs­würde zu tragen. Sein Bekenntnis schien durch sein Äußeres widerlegt zu werden. Timotheus hatte ein schönes Bekenntnis in Gegenwart vieler Zeugen abgelegt (1. Tim. 6, 12) und musste daran erinnert werden. Ebenso geht es uns; denn wir sind beständig geneigt., zu vergessen, dass wir in Hoffnung sind, was wir

sind. Es ist unmöglich, Anderen auf eine genügende Weise zu zeigen, dass wir wirklich sind, was wir bekennen. Wir können wohl gute Gründe für die Hoffnung abgeben, die in uns ist, ausgebreitet wird. Wenn ihr euch selbst anschaut, so seid ihr ohne Hoffnung; es steht euch dann nichts bevor als ein schreck­liches Erwarten des Gerichts. Seht also auf Jesum und erkennt eure Hoffnung. Wo ist Er? Im Allerheiligsten als der Vor­läufe r. Dieser Gedanke zerstöre alle Ungewissheit, und ant­worte auf alle Zweifel und Bedenklichkeiten. Allem Sichtbaren und äußerem Anscheine zum Trotze laßt uns das Bekenntnis der Hoffnung festhalten.

„Und lasset uns aufeinander Acht haben, dass wir uns an­reizen zur Liebe und zu guten Werken." Hier erinnert uns der Heilige Geist, dass w i r auch ein Priesterwerk zu verrichten haben. Beim Aussatz musste der Priester Acht haben oder prü­fen, und uns als Priestern gebührt es auch auf einander Acht zu haben, — nicht um zu untersuchen, ob wir rein seien oder nicht, denn der Hohepriester selbst hat gesagt: „Ihr seid schon rein"; aber wir sollen auf einander Acht haben, dass wir uns anreizen zur Liebe und zu guten Werken. 

Der Ausdruck ist sehr bemerkenswert: „Habet Acht auf einander." Ein Einziger, nämlich der Herr, nimmt von Rechtswegen die Stelle des Prie­sters für die Kirche ein, darum sollen wir auf einander Acht haben. Aber wie wird diese Ausübung unserer priester­lichen, gemeinschaftlichen und, wechselseitigen Verrichtung da gänzlich vernichtet, wo man wieder einen Priesterstand errich­tet, der über die Christen herrschen soll! Was bedeutet der Beichtstuhl? Was die Absolution, der Klerus und ähnliche Dinge? Wenn nicht den Priester, der den Aussätzigen von Neuem rein erklärt. Wir müssen uns von diesen und ähn­lichen Missbräuchen abwenden, welche verhindern auf einander Acht zu haben! Wir können diese Pflicht nur dann erfüllen, wenn wir selbst in der Gnade stehen und erkennen, dass unsere Brüder in der gleichen Gnade und Nähe Gottes sich befinden als wir. Wir müssen auf einander Acht haben, als wenn wir uns im Allerheiligsten befänden und folglich uns gegenseitig helfen Alles zu entdecken, was mit unserer erhabenen und segensreichen Stellung sich nicht verträgt. Da gibt es keinen Raum für Nebenbuhlerei.

 Alle sind Priester; aber es ist reich­lich Raum für die Liebe; und das Maß unserer gegenseitigen Liebe soll d i e Liebe sein, welche uns da eingeführt hat, wo wir uns befinden. Die guten Werke aber sollen auch nach derselben Regel beurteilt werden. Das Heiligtum selbst kann nur zum Maßstab genommen werden, um zu bestimmen, was ein gutes Werk sei; das allein, was dem Allerheiligsten angemessen ist, geziemt denen, die geheiligt sind. Nur, was Gott als gute Werke bezeichnet, sollen wir darbringen, nicht was Menschen dafür halten. Maria goss den köstlichen Balsam auf die Füße Jesu und tat ein gutes Werk; die alten und neuen Nützlichkeits­eiferer nennen dies aber eine eitle Verschwendung.

 Die zwei Scherflein der Witwe sind in Jesu Augen köstlicher, als die prächtigen Gaben der Reichen. Was Gott gut nennt, heißen die Menschen schlecht; darum war Christus der Verachtete und Verworfene unter den Menschen, und darum sind auch die wahrhaft christlichen Werke immer derselben Verachtung preis­gegeben. — Wie nötig ist es deshalb für uns, stets im Aller­heiligsten zu bleiben, um da den guten, wohlgefälligen und vollkommenen Gotteswillen zu erfahren. Weiter wird noch hin­zugefügt: „Lasset uns nicht verlassen die Versammlung, wie Manche die Gewohnheit haben."

Als die Israeliten in Kanaan eingegangen waren, durften sie nur an dem vom Herrn bestimmten Orte ihre Opfer darbringen und anbeten. Jerusalem war der Ort, wohin die Stämme gingen. Versetzet euch in die Lage eines gläubigen Hebräers an einem feierlichen Festtage zu Jerusalem, oder in die Lage eines von den dreitausend durch die Predigt Petri bekehrten Juden aus allen Ländern. Jerusalem ist mit Anbetern ange­füllt, während der gläubig gewordene Hebräer sich nun von alledem entfernen soll, was sie herbeizieht. Welche Kämpfe in seiner Seele, um sich entschließen zu können, sich von der andächtigen Menge entfernt zu halten. Indem er es tat, setzte er sich nicht der Gefahr aus, für einen Feind seines Lan­des und des Tempels zu gelten? 

Denket überdies, wie sein Ge­müt von dem Abstande betroffen sein musste, der zwischen dem einfachen Obergemach oder einem anderen bescheidenen Lokale und dem prachtvollen Tempel stattfand. Musste er nicht einen sehr einfältigen Glauben an Jesum haben, um sich zum Brotbrechen und Gottesdienst mit einer gewissen Anzahl Personen zu ver­einigen, die eben so unscheinbar waren, als er; ohne sichtbaren Priester, um den Gottesdienst zu leiten, ohne Opfer, ohne Rauchwerk, ohne Altar, ohne ein ehernes Becken? Die Menge welche das feierliche Fest betrachtete, war sie nicht da, um ihn anzuklagen, dass der Gottesdienst, zu welchem er sich gestellt hatte, gewissermaßen gar kein Gottesdienst sei? Es liegt sicher­lich eine große Kraft in den Worten: „Lasset uns nicht verlassen unsere Versammlung, wie Manche die Gewohnheit haben."

Ja sogar einige von denen, welche an Jesum glaubten, trugen Bedenken, das als einen Gottesdienst zu erkennen, was ohne Form war. Es kostet viel, Jesum als Alles anzunehmen und die Schatten fahren zu lassen. Versammeltsein galt als großes Zeugnis gegen die Religion der Welt, und vermöge dieser Wahr­heit war Jesus Alles. Dies hieß verkündigen, dass Jesus der wesentliche Bestandteil des Gottesdienstes sei, und dass der Gottesdienst der Stellung und Macht seines Priestertums ent­sprechen soll. Die verachtete kleine Herde im ärmlichen Lokal, nährte sich von dem, was wahre Kraft und Leben gewährt, während die andächtige Menge im prunkvollen Tempel sich noch vor den Schattenbildern niederwarf. Diese verachtete Herde hatte, durch den Glauben, Eingang in's Allerheiligste; die, welche dazu gehörten, wussten dass Jesus für sie, und als der Vorläufer dort eingegangen war; und da sie ihn auf diese Weise kannten, konnten sie sich zu jeder Zeit und an jeglichem Orte versam­meln, denn der Name des Herrn war für immer auf den Ort ihrer Versammlung gelegt. 

Sie waren Anbeter im Heiligtum, welches auch der Ort ihrer Zusammenkunft auf Erden sein mochte. Auch lesen wir, dass am ersten Wochentage die Jünger sich versammelten, um das Brot zu brechen" (Apg. 20, 7). Sie konnten Jemanden haben oder nicht, um ihnen das Wort Gottes mitzuteilen, dies war eine Nebensache; sie vereinigten sich zu einem besonderen' und bestimmten Zwecke: um das Brot zu brechen. Zu Troas kam Paulus in ihre Mitte; er besprach sich mit ihnen und hielt ihnen eine lange Rede; dies geschah aber, weil er den nächsten Tag abreisen wollte. Sie versammelten sich als Jünger. Nun die Jünger auf irgend eine Weise an ihrem Versammeln hindern zu wollen, heißt das nicht den Sohn Gottes mit Füßen treten, der ihnen nicht allein das Recht dazu gegeben hat, sondern sogar das ganze Bekenntnis Seines Namens hierin hat bestehen lassen?

 Es ist nötig, dass wir einander in dieser Hinsicht ermahnen, denn es gibt für uns eine besondere Gefahr zur alten Ordnung des Gottesdienstes zurückzukehren. Und der Geist Gottes hat diese Richtung und die Fortschritte, welche sie machen würde, wohl vorausgesehen. Er hat deutlich eingesehen, dass, so wie der Tag nahen würde, wo der Herr Jesus wird offenbart werden, der Gottesdienst immer weltlicher würde — immer ähnlicher dem alten jüdischen Muster des Gottesdienstes in Entfernung. Auch das Fortschreiten der Zeit und der Dinge selbst macht die Ermahnung immer nötiger, uns als Jünger fest­zuhalten in der Gnadeneinfalt. Nichts verrät mehr Barmherzig­keit als das Mittel, wodurch der Herr uns gegen die Fortschritte des Übels hat verwahren wollen.

Je mehr in den Gemütern der Christen der Gedanke über­hand nahm, dass mitten in der Welt die Segnungen wüchsen, hat sich der Gottesdienst der Welt angepasst. Aber als es Gott gefiel, einigen Seiner Heiligen die Augen zu öffnen, damit sie die unaufhörlichen Fortschritte des Übels und die starken For­derungen des Fleisches sähen, hat er sie zugleich zu mehr christ­licher Einfalt zurückgeführt. Und die Pflicht uns gegenseitig zu ermahnen, besonders da wir den Tag nahen sehen, besteht zuvörderst darin, alle Dinge beim Lichte dieses Tages zu prüfen und uns zu überlegen, dass nichts von dem, was nicht von Christo ist, dann wird bestehen können. Ohne Zweifel will der Herr, dass Seine Heiligen fühlen möchten, was sie Alles verloren haben;. aber Er will sie auch den Wert dessen, was ihnen bleibt, empfinden lassen. 

Wenn Er zu Seinem alten Volke sagen musste: „Wer unter euch ist übrig, der dies Haus gesehen in seiner ersten Herrlichkeit? Und wie sehet ihr es nun? Nicht wahr, es ist wie nichts in euren Augen" (Haggai 2, 4). Er sagte dies nicht, um sie zu entmutigen, sondern im Gegenteil, um sie zu stärken. Die ganze äußerliche Herrlichkeit war davon gewichen; aber der Herr war immer gegenwärtig. Deswegen fügt Er hinzu: Nun aber seid wacker . . . und arbeitet! denn ich bin mit e u c h, spricht Jehova. Das Wort des Bundes, den ich mit euch schloss, bei eurem Auszug aus Ägypten und mein Geist bestehet unter euch; fürchtet euch nicht." Gott bleibt beständig derselbe und die Macht, die Er ehemals entfaltet hatte, um Sein Volk zu erlösen, war die wahre Kraft dieses Volkes mitten in seiner Schwachheit, so dass ihre Schwachheit selbst ihr Kraft wurde.

Je mehr der Tag naht, und wir wahrnehmen, dass Alles, was uns umgibt, nicht bereit ist, diesem Tag entgegen zu gehen, desto mehr will Gott, dass Seine Heiligen getröstet und gestärkt seien dadurch, dass sie sich unter einander ermahnen zum Ge­brauche dessen, was ihnen bleibt, und solange Jesus im Aller­heiligsten verweilt und für sie vor dem Angesicht Gottes er­scheint, können sie sich immer nahen. Ja, dies ist unser Vor­recht, besonders jetzt, da diese Haushaltung rasch ihrem Ziele entgegeneilt, wenigstens mehr, als in den Tagen des Apostels. Zwar hat die Untreue der Menschen viele Dinge zwischen ihnen und Gott gelegt, aber das, was uns wieder nahe bringt, bleibt immerdar, nämlich das Blut im Allerheiligsten. Lasset uns daher nahen!

Geliebte, o, wie not tut die Ermahnung in unseren Tagen! Wie viele Christen gibt es, die einen einfachen Gottesdienst ver­schmähen, obgleich dies ihr größtes Vorrecht ist! Wie viele Gläubige, denen die Gegenwart des Herrn ungenügend ist, um sie zur Versammlung zu veranlassen. Jesus ist für sie wirklich nicht! die große, wesentliche Verordnung Gottes. Sich zusam­men vereinigen genügt ihnen nicht, um sie zu erfreuen. O, ver­lassen wir nicht unsere Versammlung; denn wenn wir es tun, setzen wir uns der Gefahr aus, zu vergessen, dass wir ein für allemal gereinigte Anbeter sind und dass die Stätte unseres Gottesdienstes das Heiligtum ist, das ein für allemal gereinigt worden. Dort haben wir einen Hohenpriester, welcher uns auf einmal zum Throne der Majestät im Himmel führen kann, welcher für uns ein Gnadenthron ist, obschon derjenige, der ihn einnimmt, heilig, heilig, heilig ist.

Geliebte, auch das bildet einen Teil unseres Bekenntnisses, dass wir allen Anmaßungen auf ein Priestertum, jeglicher Wie­derholung von einem Opfer und allen erneuerten Sündenlos­sprechungen widerstreben. Unser Gottesdienst soll sich eben sowohl durch eine vertrauensvolle Freiheit uns Gott zu nahen, charakterisieren, als durch die Ehrfurcht vor Seinem Namen. Der Tag naht. Dies zeigt unter anderem deutlich die Rückkehr zu den Menschensatzungen an. Darum haltet euer Bekenntnis fest; zum Widerstande gegen alle Anmaßungen des Fleisches sei Jesus da. Seid versichert, dass Alles, was nicht von Ihm kommt, weiter nichts als eine fleischliche Satzung ist, die in keiner Weise vom Herrn wird anerkannt werden, wenn Er in Seiner Herrlichkeit erscheint.

Wenn wir vorwärts, schauen, was sehen wir in Hinsicht des Gottesdienstes? Alle Schatten für immer vergangen, das Wesen allein bleibt: „Und einen neuen Tempel sah ich nicht in ihr; denn Gott der Herr, der Allmächtige ist ihr Tempel und das Lamm" (Offbg. 21, 22). „Und der Thron Gottes und des Lammes wird in ihr sein Und seine Knechte werden ihm dienen und sein Angesicht schauen und sein Name wird an ihren Stirnen sein. Und die Nacht wird daselbst nicht mehr sein und kein Bedarf einer Leuchte, noch des Lichts der Sonne; denn Gott der Herr, wird über ihnen leuchten und sie werden herrschen in alle Ewigkeiten." Sie werden im Gottesdienste stehen und zugleich herrschen.

 Sie werden dann als Priester und Könige kundgetan werden. Aber jetzt, da sie wissen, dass die Gnade sie schon zu solchen gemacht hat, haben sie das Vorrecht, sich durch den Glauben dieser herrlichen Stätte zu nahen, wo sie sich, wenn diese Zeit gekommen sein wird, in Wirklichkeit befinden werden. Im Vorwärtsblicken besonders werden wir über diesen Gegenstand belehrt werden. Die Wirklichkeit soll unser Vorbild sein. Die irdischen Dinge können nicht als Vor­bilder der himmlischen dienen; wir bedürfen des Wesens selbst (welches der Glaube kennt), das einen Stempel Allen aufprägt, was gegenwärtig und wirklich ist. Wir wollen uns daher Dem nahen, der uns liebt und uns von unseren Sünden gewaschen hat in Seinem Blute, und uns gemacht hat zu einem Königtum, zu Priestern Seinem Gott und Vater: Ihm sei die Herrlichkeit und die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.

*) Die wahren Anbeter sind die, welche den Vater anbeten im Geiste der Kindschaft (Joh. 4, 23).

*) Als aber Israel zu zerfallen anfing, und den Völkern seiner Umgebung ähnlich wurde, (sowohl in ihrer Regierung. als in ihrem Gottesdienst) anstatt in ihrer ursprünglichen Eigentüm­lichkeit zu verbleiben, sprach Jehova zu ihnen „Vertilget wird mein Volk aus Mangel an Erkenntnis". Weil du die Erkenntnis verschmähest, so werde ich dich verschmähen, dass du mir nicht mehr Priest er seiest, und weil du das Gesetz deines Gottes vergissest, so werd' auch ich vergessen deine Kinder (Hosea 4, 6).

Gedanken über das Heil in Christo

(Eingesandt)

Das Wort Gottes ist etwas überaus Herrliches und Köstliches und bleibt ein Brunnen, den wir nie ausschöpfen können; je mehr man sich damit beschäftigt, desto mehr erkennt man, welche Tiefen darin liegen, wie uns Gott so treulich für alle Verhält­nisse, in die wir kommen können, Seinen Willen in Seinem Worte geoffenbart hat. Aber man lernt auch bald fühlen, wie all unser Wissen hienieden nur Stückwerk bleibt, was einerseits sehr gut ist, weil wir dadurch nicht zum Stillestehen, sondern stets zum Forschen in Seinem Worte aufgefordert werden, um immer zuzunehmen an der Erkenntnis Gottes.

Zum Lesen dieses Wortes gehört vor allem, dass man dasselbe nicht nach einem gewissen sich selbst gebildeten Systeme beur­teilt, sondern sich in kindlicher Einfalt unter dasselbe beugt, das Wort auf sich anwendet und als vor dem Angesichte Gottes sich trägt: wie stehst du zu demselben? —

Der demütige und aufmerksame Leser der Bibel wird in Rücksicht auf die herrliche Versöhnungslehre vornehmlich zweierlei im Worte Gottes finden. Zunächst wird uns versichert, dass für den Sünder nur Heil in Christo sei und dann wird uns der Reichtum und die Größe dieses Heiles. geoffenbart.

Dass der Messias kommen, und das' Heil bringen sollte, ge­hört zu den ältesten Verheißungen, aber der Begriff dessen, w a s Christus bringen sollte, war sehr schwach, namentlich wurde erst durch die Apostel und Propheten des neuen Bundes geoffenbart, dass auch die Heiden Miterben der überschwänglichen Gnade und Herrlichkeit in Jesu Christo sein sollten. Erst am Pfingstfest fingen die Gläubigen an, durch den Geist Gottes, der in alle Wahrheit leitet, die Größe dessen, was Christus gebracht und erworben hat, zu verstehen.

Lesen wir die Stellen der Heiligen Schrift, worin die Jünger sich über die Sendung des Herrn Jesu aussprechen; z. 5. die Frage: „wann wirst du dein Reich aufrichten?" oder die Emmaus­Jünger: „wir dachten, er sollte Israel erlösen" oder den Thomas: „ich will es nicht glauben", so sehen wir, wie sie noch so wenig von dem verstanden, was Jesus brachte, und wie unklar ihre Begriffe in diesem Punkte waren, trotzdem sie so lange mit dem Herrn gewandelt hatten. Es beweist aber auch, dass wir unseren Stand ganz verkennen würden, wenn wir denselben demjenigen vergleichen wollten, den die Jünger einnahmen vor der Aus­gießung des Geistes.

In Christo ist Heil! das ist die Posaune, die noch immer durch die Welt tönt, und durch die, der Herr sei dafür gepriesen, noch immer Seelen zu Jesu kommen. Aber so töricht und undankbar es wäre, wenn uns ein reicher Herr in sein Haus als Kind und Erbe aufnähme, und wir dann solche Güte nicht anerkennen und schätzen wollten, eben so töricht und undankbar ist es, wenn Viele, die der reiche Vater im Himmel zu Kindern aufgenommen nicht freudig das zur Ehre Gottes annehmen und anerkennen wollten, was Er ihnen geschenkt hat, aber dies können wir nur dann in Wahrheit, wenn wir den großen Reichtum der Gnade und Herrlichkeit immer mehr erfassen. Es ist darum höchst betrü­bend, wenn so viele Kinder Gottes (?) sich auch fast in keinem Stück von den Kindern der Welt unterscheiden, wodurch sie be­weisen, dass sie ihren Beruf gar nicht recht verstehen, und da das Seligkeit ist, den Herrn recht erkennen, so erfahren sie auch diese Seligkeit, diese Freude am Herrn, so wenig.

In Jesu ist vollkommenes Heil. Gott hat Seine Kinder durch Jesum aus dem Reiche der Finsternis in das Reich des Lichtes versetzt, von der Gewalt des Teufels erlöst und von dem sünd­lichen eitlen Wandel befreit. Er hat alle ihre Sünden auf Jesum gelegt; und als das Wort Fleisch ward, da hat es uns angezogen und wir bekennen nun: wir sind mit Ihm gekreuzigt, gestorben und begraben; wir sind mit Ihm auferstanden und in den Him­mel; wir sehen nicht mehr auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare. Was wir noch im Fleische leben, das leben wir, im Glauben des Sohnes Gottes, und dazu hat er uns 2. Petri 1, 3 alle Kraft, die zum Leben und göttlichen Wandel dient, darge­reicht. Wer könnte auch daran zweifeln, dass der, der uns Jesum geschenkt hat, uns mit Ihm nicht Alles schenken sollte? Ja das Wort Gottes spricht sich hierin so bestimmt aus, dass es unbe­greiflich ist, wie so vielfach versucht wird, Ihm auszuweichen.

Nachdem Jesus uns dem Vater dargestellt hat, heilig und unsträflich, fordert Er von solchen mit allem Ernste, diesem Beruf gemäß zu wandeln, abzutreten von aller Ungerechtigkeit, keine Gemeinschaft zu haben mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis, und der Sünde nicht zu dienen. Wer Sünde tut, der ist der Sünde Knecht; wir waren aber weiland Knechte der Sünde, nun aber sind wir Knechte der Gerechtigkeit (Röm. 6, 16. 17). Unser Vater in Christo Jesu fordert aber nicht bloß, dem Teufel, der Welt und der Sünde fest zu widerstehen im Glau­ben, sondern Er zeigt uns auch die Waffen, welche wir im Kampfe gebrauchen sollen, als 'da sind der Schild des Glaubens, der Helm des Heils, der Panzer der Gerechtigkeit und das Schwert des Geistes; kurz die ganze Waffenrüstung Gottes. 

Wer nun dennoch den Herrn damit verunehren will, dass er, nachdem wir in Ihm errettet und freigesprochen sind, wie wir mit Zu­versicht glauben, einen Stand des „armen Sünders" verteidigt oder gar verkündigt, nämlich, dass wir solche auch unter der Gnade blieben, versteht diese Botschaft von Christo nicht und wird seinen Lohn empfangen. Liebe Brüder! unser Beruf er­fordert es, uns untereinander zu ermahnen, fest zu beharren im Glauben, und so Einer irrt von dieser Wahrheit oder von einem Fehler übereilt wird, ihm mit sanftmütigem Geiste wie­der zurecht zu helfen, uns zu ermuntern, hinzusehen in diesem Kampfe auf Jesum, und zu erkennen die überschwängliche Größe Seiner Kraft an uns, die wir glauben.

Gehen wir in Wahrheit in diesen Kampf des Glaubens ein, so werden wir die Treue und starke Hilfe des Herrn erfahren und dass in Jesu die ganze Fülle der Gottheit wohnt, die uns geschenkt ist. Beharren wir in Seiner Gemeinschaft, so wird sich die Kraft Gottes in reichem Maße an uns offenbaren und wir werden täglich loben und danken können, dass Jesus eine so vollkommene Erlösung gebracht hat. Wir werden auch er- fahren, dass allerwärts das Wort Gottes sich bewährt, wir können es in allen Verhältnissen des Lebens erproben. Darum lasset uns nicht ungläubig zweifeln, dass Gottes Kraft in uns Schwachen wohnen könne, sondern lasset uns dem Worte ge­horsam sein, und wir werden erfahren, dass das Heil in Christo ein vollkommenes ist. — Aber warum reden denn so Viele da­gegen? 

Leider ist das so, und es kann bei manchem, wie er eben steht, nicht anders sein; er würde sich selbst ins Angesicht schlagen. Wer fleischlich ist, wer in der Sünde liegt, oder viel­leicht mit geheimen Fäden an manche Lieblingssünde gebunden ist, verurteilt sich selbst, wenn er die Kraft Gottes an Seinen Kindern verkündigen wollte. Die volle Wahrheit, dass in Jesu nicht nur überschwängliche Kraft ist, sondern auch, dass Er sie uns stets in dem Maße gibt, als wir sie bedürfen; dass Er uns nicht über Vermögen versucht werden lässt, die kann nur der, welcher sie wirklich erfährt, verkündigen, der m u ß aber auch die Tugenden Jesu verkündigen,, der ihn von der Finsternis zu Seinem wunderbaren Licht berufen hat.

So lasst uns denn beten, dass der Herr allen, die nicht wür­diglich wandeln nach Seinem Evangelium, schenken möge, doch Vertrauen zu Ihm zu fassen, um in Seinem Namen und in Seiner Kraft im Kampfe des Glaubens zu beharren.

Worauf hoffest Du?

Die ganze Welt hofft; ihr Leben und Treiben geschieht nur auf Hoffnung. Der Anker ihrer Hoffnung ist die Welt, aber die Welt vergeht mit ihrer Lust. Alles ist hienieden einem ewigen Wechsel unterworfen, nichts ist dauernd und dennoch suchen Menschen ihr Heil darauf zu setzen. Der reiche Mann im Evangelium wollte größere Scheunen bauen und die Ruhe seiner Seele darauf gründen; aber er starb in der Nacht und bewies, dass er ein Narr war. Solcher Narren gibts heutzutage gar viele; da hilft kein Beispiel, ein jeder hofft zu erlangen, was ein anderer nicht erlangen konnte. Ehre und Ansehen, Hab und Gut, die Lust der Augen und des Fleisches, die Freuden und die Annehmlichkeiten des Lebens sind die Preise, wonach so viele jagen; freilich will ein jeder nur so viel von allem haben, um sagen zu können: Nun iss und trink, liebe Seele, und habe guten Mut. 

Darum 'rennt und läuft und hofft man und sucht Zufriedenheit und Glück. Da traut man leicht und wird gar schnell betrogen; am meisten aber träut man sich selbst und betrügt sich auch selbst am meisten. Manch Schloss wird in die Luft gebaut; viel von Glück und Segen geträumt, aber sieht man sich recht um, so ist's nimmer da. „Es ist alles eitel unter der Sonne", sagte der weise König Salomo. Doch ein ganz eigen Ding ist es um das menschliche Herz. Hat der verflossene Tag nichts besonderes gebracht, so soll's der morgige bringen; sieht man sich heute betrogen, so will man's morgen klüger angreifen, und so gehts von Tag zu Tag, bis die Todessichel dazwischen fährt und einen Strich durch die ganze Rechnung macht, und dann? — Ja,, es ist ein eigen Ding um den Menschen; durch die Vergangenheit will er sich nicht belehren, viel lieber sich aber durch die Zukunft täuschen Lassen.

 Woher das kommt, ist eben nicht schwer zu begreifen. Schaut er zurück, so wird ihm seine Nichtigkeit verkündigt; die Erde zeigt sich ihm als das, was sie ist — ein Jammertal; er findet das Wort bewahrheitet, was einst Gott zu dem gefallenen Adam sagte: „Verflucht sei der Acker um deinetwillen. Mit Kummer sollst du dich nähren dein Leben lang" (1. Mose 3, 17). Und so ist alle Hoffnung abgeschnitten, in den Dingen dieser Welt je wahres Glück zu finden. Darum sieht er lieber vorwärts in die verhüllte Zukunft und sucht sich zu täuschen. Er entwirft Pläne auf Pläne; er gibt sich immer wieder eitlen Hoffnungen hin; ein Wunsch verdrängt den an­dern, aber nirgends findet er Ruhe, nirgends wahren Frieden.

Worauf hoffest du mein Freund? Hast du dein Herz und die Dinge dieser Welt schon durchschaut, dass du von der Zukunft nicht mehr als von der Vergangenheit erwartest? Wäre das der Fall, so hättest du eine große Wahrheit erkannt, die manche Weisen dieser Welt und hätten auch viele Jahre ihr Haar ge­bleicht, nicht einmal verstehen wollen. Du würdest dann aus Erfahrung wissen, was durch den Apostel Paulus (Römer 3, 23) geredet wird, dass wir von Natur allzumal Sünder sind. Aber freilich gibt es viele, die dies zu wissen meinen, und wissen es doch nicht. Sie bekennen es mit dem Munde; aber ihr Herz ist nicht davon ergriffen; sie gehen daher, als wenn das eben nichts besonderes wäre,. vor Gott ein Sünder zu sein.

Erlaube mir jetzt eine Frage, mein Freund. Gesetzt, du ständest in diesem Augenblicke an den Pforten der Ewigkeit, wo alle Hoffnungen dieses Lebens in ihr Nichts zurücksänken und es fragte dich jemand: Worauf hoffst du? könntest du da mit fröhlichem Herzen antworten: „Auf die ewige Herr­lichkeit, auf meinen Heiland Jesum Christum, den ich schauen und dem ich gleich sein werde?" Wenn aber nicht, so bedenke doch, dass dies eine gar ernste und wichtige Frage ist, und dass schon mancher gar schnell aus der Zeit in die Ewigkeit entrückt wurde. Du bist noch in der Welt, aber du eilst zur Ewigkeit; jeder Schritt bringt dich dem großen Gerichtstage näher. Dein Richter ist der heilige und gerechte Gott, und du bist ein Sün­der. Vor Ihm kannst du nichts verbergen; du kannst Ihm nicht ausweichen und dich entschuldigen; einmal musst du vor Sein Angesicht treten und all deine Entschuldigungen werden zu­nichte. Bedenke dies doch, solange es noch „Heute" heißt!

Hast du Jesum, so hast du die Hoffnung des ewigen Lebens und der ewigen Herrlichkeit. Erkennst du Ihn, so bist du weise; Sein Licht offenbart dir deine Ohnmacht, die Eitelkeit der Welt, sowie die List und die Gewalt der Sünde. Aber in Ihm findest du ewige Kraft und eine unaussprechliche Herrlichkeit und Gnade. In Ihm ist die Erlösung und Versöhnung durch Sein Blut; Er hat uns geöffnet alle Reichtümer und Schätze eines unverwelklichen und unvergänglichen Erbes im Himmel. In Jesu findest du wahre Ruhe und den göttlichen Frieden; ja die ganze Fülle der Gottheit und alles was Er hat, will Er dir aus Gnaden schenken, wenn du nur willst. Er hat Sein Leben für dich gelassen, ehe du geboren warst, und hat Fluch und Schmach für dich erduldet. Bedenke doch, wie Er dich liebt und nimm Ihn an und glaube an Seinen Namen; dann wird deine Hoffnung eine lebendige und eine ewige sein. Fliehe nicht länger vor Seinem freundlichen und gnädigen Angesicht, das dir nur Liebe und Erbarmen anbietet. Willst du dich aber nicht überreden lassen, so wird Seine Gerechtigkeit dich einst vor Sein Antlitz stellen und welch eine Ewigkeit wird dann dein Los sein! Darum komme nur schnell, mein Freund, und lass Seine freund­liche Stimme noch heute dich bewegen, zu Ihm in Wahrheit hinzueilen, so wird eine freudige und überaus herrliche Hoff­nung dein Herz erfüllen.

Des Christen himmlischer Beruf

Teure christliche Leser! — ich vertraue, dass die folgenden einfachen Bemerkungen dadurch gesegnet sein werden, dass sie uns veranlassen, ernstlich vor dem Herrn zu erwägen, ob nicht Vieles in unserem gegenwärtigen Lebenswandel unwürdig (un­geziemend) ist für Gläubige in Christo Jesu, die in der Geistes­kraft den Gnade wandeln sollten, zu welcher wir berufen sind.

Es ist ein großer Unterschied zwischen der jüdischen und christlichen Haushaltung oder Gnadenspendungswelse, aber der Unterschied ist nicht genugsam hervorgehoben. Und daher ent­ehren wir unsern hochgelobten Herrn zu oft dadurch, dass wir mehr wandeln wie irdische Juden, denn als Heilige, die samt Ihm auferstanden und mit Ihm gesetzt sind in's Himmlische in Christo Jesu (Eph. 2, 6). Ich hoffe, wir werden die Wichtigkeit einsehen, das Jüdische und das Christliche in der Schrift zu un­terscheiden, und — indem wir segensreiche Lektionen aus der Schrift lernen (2. Tim. 3, 16), — doch jeden Teil derselben auf dasjenige anwenden, worauf der Heilige Geist es angewandt haben will. Stellen wir hierüber eine kurze Untersuchung an, so werden wir finden, dass wie der Herr den Juden im Fleische tat, er uns so tut im Geiste.

1. Den Juden segnete Er mit irdischen Segnungen im Lande, uns hat Er (der Vater) gesegnet mit allerlei geistlichen Segnun­gen im Himmlischen in Christo (Eph. 1, 3). Die Veranlassung der grollen Veränderung in dem Walten Gottes war Folgendes: Der Herr Jesus kam auf dies Erde als der Juden Messias, aber die Juden verwarfen Ihn von der Er de zurück in den Himmel, von dannen Er gekommen war (Matth. 21, 38. 39); und jetzt, während der Herr von den Juden fortwährend noch ver­worfen wird, sammelt Er sich eine Kirche aus allen Heiden und Völkern und Sprachen (Offenb. 7, 9), die Seine Schmach zu tragen und Ihm zum Himmlischen nachzufolgen hat. Doch auch die irdische Segnung ist nicht auf immer zu Grunde gegangen, und der Jude ist nicht auf immer weggeworfen (Röm. 11, 15. 25, 26); 

„Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn!", dann werden sie Christum wieder sehen (Matth. 23, 39); er wird sie wieder in ihr eigenes Land bringen (Jes. 11, 11. 16) „und sie zu Lob und Ehren machen unter allen Völkern auf Erden" (Ze­phanja 3, 29). Bis zur Zeit Seines Kommens — während des Zwischenraumes zwischen der Verwerfung Christi und Seiner Wiederaufnahme durch die Juden — ist die Kirche, die vor GrundIegung der Welt in Christo erwählet war (Eph. 1, 4) be­rufen, dass sie stehe — nicht in irgend einer jüdischen Verbin­dung, sondern — in dem Verworfensein des Herrn Jesu Christi, des großen Hauptes der Kirche; denn gleich wie diese Welt Ihn nicht aufgenommen hat, nimmt sie auch Seine Kirche ebenso wenig auf (Joh. 15, 18. 20).

 Und gleich wie Er aufge­nommen ward in den Himmel, so ist Er auch hingegangen, Seiner Kirche eine Stätte zu bereiten, auf dass Er wiederkomme und sie zu Sich aufnehme, dass, wo Er ist, auch sie sein möge (Joh. 14, 2. 3), als die Braut, als das Weib des Lammes (Offbg. 21, 9), die in Seiner eigenen herrlichen Ähnlichkeit gebildet wor­den (Phil. 3, 21) und Seine Miterbin ist, um Seinen Thron mit Ihm einzunehmen (Röm. 8, 17; Offbg. 3, 21). Darum sollte auch der Lebenswandel eines Gläubigen in Jesu so sehr von dem eines Juden unterschied en sein.

2. Die Dinge der Erde waren von dem Herrn den Juden gegeben 1 (Josua 1,11) und deshalb durften sie dieselben genießen. U n s aber sind himmlische und nicht irdische Seg­nungen gegeben; darum ist die Anweisung: „Trachtet nach dem, das droben ist, nicht nach dem, das auf Erden ist" (Kol. 3, 2). Die Juden durften irdische Dinge beherzigen und sollten es ge­tan haben, weil sie waren, was Gott ihnen gab. Diejenigen aber, die jetzt auf irdische Dinge sinnen, deren Ende ist die Verdammnis (Phil. 3, 19). Denn das ist es nicht, was Gott gibt, die Herzen Seines Volkes zu erfüllen.

3.Die Juden hatten mit dem Schwert zu kämpfen gegen irgend einen Feind, der sie in ihrem Lande angriff (4. Mose 10, 9); „aber die Waffen unseres Krieges sind nicht fleischlich" (2. Kor. 10, 4), „denn wir haben zu kämpfen mit den geistlichen Bosheiten, indem wir gebrauchen das Schwert des Geistes, welches das Wort Gottes ist" (Eph. 6, 12. 17).

4.Die Juden hatten in ihrem Lande einen besonderen Ort und ein geweihtes Gebäude in demselben, wo sie Gott ver­ehrten (1. Kön. 8); aber wir haben keinen Ort oder Gebäude, das andern vorzuziehen wäre (Joh. 4, 20. 21), sondern, „wo je zwei oder drei versammelt sind in dem Namen Christi, da ist er mitten unter ihnen" (Matth. 18, 20).

5.Der jüdische irdische Tempel „war geschmückt mit schö­nen Steinen und Kleinodien" (Luk. 21, 5). Aber statt eines sol­chen Gebäudes mit solchem Schmucke in der christlichen Kirche ist die Kirche selbst ein „geistliches Haus", zusammengefügt aus Gläubigen, aus lebendigen Steinen, die zusammen aufgebaut werden zu einer Behausung Gottes im Geiste (Eph. 2, 20-22; 1. Petrus 2, 5).

6.Die Juden hatten gewisse Personen unter sich auf Erden, die ein besonderes Amt hielten, als Priester; aber unser ein­ziger Priester (außer; dass jeder Gläubige ein Priester ist, 1. Petri 2, 9), ist Jesus, der große Hohepriester, der da sitzt zur Rechten auf dem Throne der Majestät im Himmel" (Hebr. 8, 1).

7.In dem jüdischen Königreiche auf Erden waren Reich­tümer ein Zeichen der göttlichen Gunst (1. Kön. 3, 13). Jesus aber spricht: „Ein Reicher wird schwerlich in das Königreich des Himmels kommen" (Matth. 10, 23). Die unergründlichen Reichtümer Christi allein sind in dem himmlischen Königreiche von Wert.

8.Unter den Juden wurden irdischer Rang und königliche Gewalt von Gott gehalten, als Stellen, womit Er Sein Eigenes Volk zu ehren pflegte (1. Kön. 20, 5). Jesus aber sagt: Ihr wisset, dass die Fürsten der Völker herrschen über sie und ihre Großen üben Gewalt über sie. Aber also soll es unter euch nicht sein; sondern welcher will groß werden unter euch, der soll euer aller Diener sein, und welcher unter euch will der Vornehmste werden, der soll aller Knecht sein. Denn auch des Menschensohn ist nicht gekommen, dass er Sich dienen lasse, sondern dass Er diene, und gebe Sein Leben zur Bezahlung für Viele (Mark. 10, 42-45).

9.Unter den Juden durfte ein Beleidigter Rache durchs Ge­setz nehmen (4. Mose 55, 19; 2.Mose 21, 24). Aber die Vorschrift für die Gläubigen jetzt, die nicht unter Gesetz, sondern unter Gnade stehen, ist: „Rächet euch selber nicht, sondern gebet Raum dem Zorn" (Röm. 12, 19). „Vergeltet nicht Böses mit Bösem, oder Scheltwort mit Scheltwort, sondern dagegen seg­net" (1. Petrus 3, 9).

„Darum ihr heiligen Brüder, Mitgenossen des himmlischen Berufes, welche sollten wir dann sein mit heiligem Wandel und gottseligem Wesen? Was in einem Juden ganz richtig war, würde für uns sein die Lust (Begierde) des Fleisches, die Lust (Begierde) der Augen und der Stolz des Lebens. Und wer diese lieb hat, in dem ist nicht die Liebe des Vater" (1. Joh. 2, 15. 16). „Christi Königreich ist jetzt nicht von dieser Welt (Joh. 18, 36), sondern die ganze Welt liegt im Argen" (1. Joh. 5, 18). „Der Satan ist der Fürst dieser Welt, der Gott dieser Welt" (Joh. 14, 30; 2. Kor. 4, 4). Und jetzt von der Welt sein, heißt vom Teufel sein. Eine fürchterliche Wahrheit! — Ach, dass du sie in dein Gewissen möchtest eindringen lassen, armes Weltkind! — O stehe stille und bedenke deine so gefahrvolle Stellung! — Der Herr handelt jetzt nicht mit der Welt, noch mit irgend­einem Teile derselben, wie Er einst mit den Juden handelte.

 Er hat Geduld mit der Welt in Seiner Langmut, nicht, dass sie durch die Predigt des Evangeliums jetzt bekehrt werde; denn dies ist nirgendwo verheißen, sondern um aus den Heiden ein Volk zu nehmen für Seinen Namen (Apost. 15, 14). Und dieses Volk soll nur eine Art von Erstlingsfrucht Seiner Kreaturen sein (Jak. 1, 18). Nicht eine einzige Schriftstelle gibt es, die für die gegenwärtige Haushaltung oder Heilsspendungszeit von einer allgemeinen Erkenntnis Gottes auf Erden redet. Im Gegenteil sind wir gewarnt, dass die Bosheit wird überhand nehmen, bis der Herr kommt, den Menschen der Sünde zu verderben, und das nicht durch die Predigt Seines Wortes, sondern durch die Klarheit Seines Kommens (2. Thess. 2, 8). „Denn der Herr, mein Gott wird kommen und alle Heiligen mit ihm".

 „Und Seine Füße werden stehen zu der Zeit auf dem Ölberge, welcher vor Jerusalem liegt gegen Morgen" (Sach. 14, 4. 5). Und die Juden sollen wieder hergestellt werden in ihrem eigenen Lande. „Zur selbigen Zeit wird man Jerusalem heißen: des Herrn Thron, und werden sich dahin sammeln alle Nationen, zum Namen des Herrn, zu Jerusalem, und werden nicht mehr wan­deln nach den Gedanken ihres bösen Herzens" (Jer. 3, 17). „Denn lebendiges Wasser wird ausgehen von Jerusalem in Strömen der Segnung, die Erde zu bereichern, und Israel wird blühen und grünen, dass sie den Erdboden mit Früchten füllen" (Jes. 27, 6), „und die Erde wird voll sein der Erkenntnis des Herrn, wie Wasser das Meer bedeckt" (Jes. 11, 9).

Alsdann wird die Verheißung, die dem Abraham und dem Altertumsvolke Gottes gegeben ist, erfüllt sein, erfüllt in dem Lande, welches ihnen vor Zeiten verheißen war, in welchem aber Abraham sein Leben zubrachte, wie in einem fremden Lande. Die irdische Herrlichkeit wird in ihrem Wesen himm­lisch sei n, weil. der „Himmel offen gesehen wird und die Engel Gottes auf und abfahren auf des Menschen Sohn" (Joh. 1, 51). Und darum wird man sagen, wie Jakob in seinem Ge­sichte sagte: „Hier ist nichts anders, denn Gottes Haus! Hier ist die Pforte des Himmels!" (1. Mose 28, 17). Und die himm­lische Herrlichkeit wird mit der Erde verbunden sein; denn alle Dinge, beides, die im Himmel und auf Erden sind, werden zusammengefasst werden in Christo durch Ihn selbst (Eph. 1, 10).

Diese frohe Zeit ist noch nicht gekommen; aber die Kinder Gottes werden aufgefordert, dem Kommen des Herrn vom Himmel zur Herbeibringung derselben entgegen zu sehen. Und wie müssten die Kinder Gottes jetzt erfunden werden? (2. Kor. 6, 17) als solche, die da wandeln, nicht wie (irdisch gesinnte) Juden, sondern als die da mit Christo auferstanden sind und nach dem trachten, was droben ist, wo Christus ist, sitzend zur rechten Hand Gottes (Kol. 3, 1), und die „sich nicht Schätze sammeln auf Erden, sondern im Himmel, mit ihrem Herzen im Himmel sind, wo ihr Schatz ist" (Matth. 6, 19-21). „Denn unser Wandel ist im Himmel, von dannen wir auch warten des Heilandes Jesu Christi, des Herrn, welcher unsern nichtigen Leib verklären wird, dass er ähnlich werde seinem verklärten Leibe, nach der Wirkung, damit er kann auch alle Dinge sich untertänig machen" (Phil. 3, 20-21).

 „Denn wir wissen, so unser irdisches Haus, diese Hütte, zerbrochen wird, dass wir einen Bau haben, von Gott erbaut, ein Haus, nicht mit Händen gemacht, das ewig ist im Himmel. Und über demselben sehnen wir uns auch nach unserer Behausung, die vom Himmel ist, und uns verlangt, dass wir damit überkleidet werden" (2. Kor. 5, 1. 2).' „Denn er selbst, der Herr, wird mit einem Feldgeschrei und Stimme des Erzengels und mit der Posaune Gottes hernieder- kommen vom Himmel; und die Toten in Christo werden auf­erstehen zuerst, danach wir, die wir leben und überbleiben, werden zugleich mit denselbigen hingerückt werden in Wolken, dem Herrn entgegen in die Luft, und werden also bei dem. Herrn sein allezeit. So tröstet euch nun mit diesen Worten untereinander" (1. Thess. 4, 16-18).

„Er aber, unser Herr Jesus Christus, und Gott unser Vater, der uns geliebt und einen ewigen Trost gegeben hat und eine gute Hoffnung durch Gnade, der tröste eure Herzen und stärke euch in jedem guten Wort und Werk (2. Thess. 2, 16. 17).

Briefe

Botschafter des Heils in Christo 1853, S. 170ff

G, 2 Mai 1853.

Lieber Bruder! ich freute mich sehr, Ihren Brief zu erhalten und da ich glaube, dass Sie nicht französisch können, will ich ver­suchen, Ihnen einen deutschen Brief zu schreiben, obgleich ich in dieser Sprache zu schreiben nicht gewohnt bin. Ich habe dennoch Ihren Brief vollkommen verstanden; er hat mich sehr interessiert, um so mehr, lieber Bruder, da wir alle im gleichen Zustande sind — dieselben Schwierigkeiten, dieselben Leiden, dieselben Prüfungen uns überall begegnen. Man muss sich vor diesen Anstrengungen des Feindes nicht fürchten, weil stärker ist, der mit uns, als der wider uns ist. Nur muss man sich nahe beim Herrn halten und mit Ihm wandeln, damit wir Seine Stärke besitzen und das Bewusstsein haben, dass der Herr selbst mit uns ist, auf dass die Klarheit Seines Angesichts auf uns glänze. So werden wir ohne Zweifel in dem rechten Wege wan­deln, in dem Seinigen, und weil unsere Augen einfältig sind, so wird unser ganzer Leib voll Licht sein.

 Dann werden die Schwierigkeiten, die uns gewiss auf dem ganzen Wege begegnen, keinen Zweifel in unsere Herzen werfen; wir werden die Ge­genwart des Herrn in der Prüfung finden und Seine Freude wird unsere Herzen erfüllen. Wir werden mehr als Sieger sein, durch den, der uns geliebt hat. Gott sei mit Ihnen, lieber Bruder; ich freue mich herzlich in dem Herrn, dass die Wahrheit sich deutlich in den Herzen der Seinen offenbart auch in den Gegenden, wo Sie wohnen. Gott sei Dank, es ist Seine Arbeit; Er selbst allein kann es tun; Er selbst allein kann es erhalten. Möge Er Ihnen alle Geduld und alle Demut geben, damit Sie mit Christo wandeln; möge Er Sie stärken, Seinen Dienst bis an's Ende zu erfüllen.

Hier segnet uns Gott. In vielen Orten arbeitet der Heilige Geist und führt die Seelen nach dem Brunnen des Lebens und gibt vielen vom Wasser des Lebens zu trinken. Die Versamm­lungen, besonders in G., werden immer zahlreicher be­sucht und überall werden mehr oder weniger Seelen von Gott erweckt. Es waren ungefähr dreißig Arbeiter in unseren Versammlungen zu Montpellier. Wir haben fünfzehn Tage lang viel in dem Worte Gottes zusammen geforscht; haben den Propheten Micha, den 1. Brief des Johannes, das 5. Buch Mose, einige Kapitel vom 2. Korinther-Briefe, das Evangelium Matthäus, einen Teil vom 1. Brief an Timotheus betrachtet, und das Evangelium Johannes flüchtig durchgelesen. Auch haben wir uns noch über verschiedene andere Punkte unterhalten, z. B. über die Ordnung Gottes in der Weltgeschichte vom Anfang bis zum Ende, um den Stand der Kirche zu erklären, in Verbindung mit dem Vorsatze Gottes darüber. Die Gegenwart Gottes hat uns erfreut und die Brüder sind voll Freude und Frieden in ihre Arbeitsfelder zurückgekehrt.

Der Friede Gottes sei mit Ihnen, lieber Bruder. Mit herz­licher Liebe in Christo Jesu Ihr Bruder

J. N. D.

B., den 24. April 1853.

Das Evangelium, was Sie in unserer Mitte verkündigten, hat uns viel Trost und Freudigkeit gebracht. Mein kindliches Verhältnis zu dem lieben himmlischen Vater ist mir jetzt so klar, dass es mir leid wäre, wenn meine früheren Wünsche in Erfüllung gegangen wären. Bald wollte ich sein wie der II., bald staunte ich meinen F. an und dachte: ach, wärst du einmal so, dann könnte dir's nicht fehlen.

Jetzt ist alle Sorge und Angst fort; ich bin so vergnügt und gehe meiner Seligkeit so unverzagt entgegen, als wenn ich sie in der Wirklichkeit schon hätte. Drei Jahre quälte ich mich täglich, der Sünde abzusterben und nun ist mir's, als wenn ein­mal mit Jesu gestorben, genug wäre. Es ist eine Freudigkeit in mir, als wenn jeder Morgen ein neuer Pfingstmorgen wäre. Gott sei tausendmal dafür gedankt, dass Er mich Seine Güte und Liebe in allem hat erkennen lassen. Ach, was ist ein Leben ohne Ihn! Wenn ich an mich zurückdenke, so bemitleide ich solche doppelt, welche Ihn gar nicht oder doch nicht recht er­kennen.

„O Herr, sende Arbeiter in Deine Ernte!" So möchte ich wohl den ganzen Tag rufen. Es liegt die ganze Welt im Argen; aber es ist nicht zu verwundern, wenn selbst die meisten Pre­diger das Wort Gottes und Seine Ordnung verdrehen. Dadurch kommen die armen Menschen auf den Gedanken, dass ihre Taufe, Konfirmation und Abendmahl sie zu Christen mache.

Der hiesige Prediger ist nun auch unser Gegner worden; es fallen mir dabei die Worte Pauli an die Galater ein: „Eifern ist gut, wenn es immerdar geschieht um das Gute." Er eifert auch nicht fein um uns und will, dass wir um ihn eifern sollen. Gott gebe, dass diese für ihn so unerwartete Umänderung bei uns, auch zu Seinem Heil dienen möge. Der Herr begleite Sie auf allen Ihren Wegen; wenn wir auch Trübsal leiden müssen, so ist uns doch nicht bange und wir verzagen nicht. Des Herrn Wort bleibt in Ewigkeit. Amen!     Ihre im Herrn verbundene Schwester K.

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Der Ratschluss des Herrn in Bezug auf die Vereinigung der Heiligen auf der Erde

Bibelstelle:

Botschafter des Heils in Christo 1853, S. 192ff

Das ist das Verlangen unseres Herzens und das, was wir für den Willen Gottes in dieser Haushaltung erkennen, dass alle Kinder Gottes als solche zusammen vereinigt sein sollen und folglich als nicht von dieser Welt betrachtet werden. Der Herr hat Sich selbst nicht allein für dies Volk hingegeben, sondern auch auf dass Er die zerstreuten Kinder Gottes zusammenbrächte. Diese Vereinigung war also der unmittelbare Gegenstand des Todes Christi, die Er­lösung der Auserwählten war ebenso gewiss vor Seiner Ankunft, als nach derselben. Die jüdische Haushaltung, welche Seiner Ankunft in der Welt voranging, hatte nicht zum Zweck, die Kirche auf der Erde zu sammeln, sondern die Regierung Gottes vermittelst einer auserwählten Nation zu offenbaren. Jetzt ist der Zweck des Herrn ebensowohl zu sammeln als zu er­retten, eine Einheit zu verwirklichen, nicht etwa in dem Himmel, wo die Vorsätze Gottes sicherlich erfüllt sein werden, sondern hier" auf der Erde durch einen Geist, der vom Him­mel gesandt ist; „durch einen Geist sind wir alle zu einem Leibe getauft." Dies ist unleugbar die Wahrheit in Betreff der Kirche oder Gemeinschaft der Gläubigen, wie sie uns im Worte Gottes dargestellt wird. Die Vereinigung aller Kinder Gottes zu einem einzigen Leibe stimmt vollständig mit den Gedanken Gottes in Seinem Wort.

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Über die Zucht

Bibelstelle:

Botschafter des Heils in Christo 1853, S. 192ff

1.Die Zucht darf nur als ein Vorrecht der Liebe betrachtet werden

Die Zucht ist eine ernste, feierliche Sache. Sie setzt die Pflicht voraus, die Heiligkeit in dem Hause Gottes aufrecht zu erhalten. Wir dürfen nur dann von ihrer Ausübung reden, wenn wir uns erinnern, was wir in uns selbst s i n d.*)

Wenn ich bedenke, dass ich in mir selbst ein unwürdiger und elender Sünder bin, der einzig und allein durch Gnade gerettet ist und vor Gott nur durch die Wirksamkeit des Werkes Christi besteht, so ist es klar, dass die Ausübung der Zucht mir als eine schreckliche Sache erscheinen muss. Wer anders, als Gott, kann richten? Dies wird mein erster Gedanke sein.

Unter Personen, welche dem Herrn teuer sind, und die ich für höher als mich selbst halten und achten muss, wird schon allein der Gedanke an eine Ausübung der Zucht meinem Herzen äußerst ernst und oft selbst bedrückend erscheinen, besonders wenn ich mir meines eigenen Elends und meiner ganzen Nichtig­keit vor Gott bewusst bin. Nur ein Gedanke wird diesem Ge­fühle meiner Unfähigkeit ein Gegengewicht zu geben vermögen: nämlich die Möglichkeit, die Zucht als ein Vorrecht der Liebe zu betrachten.

Die Liebe, wenn sie wirklich in Tätigkeit ist, ist nur um die Vollkommenheit des Gegenstandes besorgt, den sie im Auge hat. Sehet auf den Herrn Jesum. Nichts kann die Tätigkeit der Liebe, wovon Er erfüllt ist, hemmen oder zum Stillstand bringen. Und dies allein kann dem Geiste Erleichterung gegen das peinliche Gefühl einer durchaus falschen Stellung geben, wie die der Ausübung der Zucht ohne Liebe. Von dem Augenblicke an, wo ich mich von der Liebe entferne, erscheint mir die Zucht als etwas Unnatürliches.

Sie anders, als durch die Liebe ausüben zu wollen, verrät einen durchaus schlechten geistlichen Zustand. Es reicht nicht hin, dass ich mich der Gerechtigkeit gemäß verhalte; es muss auch die Liebe, ja die tatsächliche Liebe mein Herz erfüllen, um den Segen der Heiligkeit in der Kirche (der Versammlung der Gläubigen) zu bewahren, es koste, was es wolle. Es handelt sich nicht darum, die Stellung einer fleischlichen Überlegenheit einzuneh­men (Matth. 23, 8-11). Es geziemt uns keineswegs, die Zucht dadurch in Kraft zu setzen, dass wir den Charakter des Meisters annehmen. Treibt uns auch die Liebe für die Erhaltung der Ordnung, spornt uns eine heilige und wachsame Eifersucht an über einander zu wachen, so müssen wir uns doch stets erin­nern, dass nach alledem, wenn unser Bruder feststeht oder wenn er fällt, er S einem Herrn steht oder fällt (Röm. 4, 4). Nur die Liebe darf der Beweggrund in der Erfüllung dieser Pflicht sein, und nur als ein Dienst der Liebe, den ich dem fehlenden Bruder beweise, darf sie angesehen werden.

Als Meister übte Jesus die Zucht aus; als er eine Geisel von Stricken nahm, um die Entweiher aus dem Tempel zu treiben (Matth. 22; Joh. 2). Er bekleidete damals zum voraus einen Charakter, den Er haben wird, wenn Er kommt, um das Gericht zu vollziehen.

Man verwechselt gewöhnlich unter den Christen zwei oder drei Arten von Zucht, welche eine Fülle von Trost für uns ent­halten, insofern sie ein Zeichen der Vereinigung der einzelnen Personen mit dem ganzen Leibe und mit Gott sind.

Oft hat man die Zucht als eine beratende richterliche Hand­lung erscheinen lassen. Personen verbanden sich freiwillig und stellten Regeln auf, welche für den guten Ruf der Gesell­schaft als wesentlich betrachtet wurden. Durch diese freiwillige Verbindung war die Gesellschaft selbst entstanden und weil man dann meint, dass ein jeder, sich selbst bewahren müsse, so gibt eine solche Gesellschaft in dieser Absicht besondere Vor­schriften. In der Kirche Gottes aber ist dieser Grundsatz ebenso weit von der Wahrheit entfernt, als die Welt von der Kirche oder als das Licht von der Finsternis. - Wir können keinen Grundsatz von freiwilliger Verbindung gestatten, noch irgend eine Regel von menschlicher Erfindung, wovon man sich ein­bildet, dass sie ein Schutzmittel sei. 

D e r. Wille des Men­schen ist es, der zum ewigen Verderben führt. Es ist dies ein durchaus falscher Grundsatz, welcher - Abänderung man ihn auch immer unterziehen mag. In den Dingen Gottes gibt es gar keinen Raum für irgend eine freiwillige Handlung von Seiten des Menschen; man muss durch den Heiligen Geist han­deln, unter der Abhängigkeit von Christo. Von dem Augen­blicke an, wo ein Mensch seinem eigenen Willen gehorcht, ist er im Dienste des Teufels und nicht im Dienste Christi. Seine Handlung hat dann verdrießliche Folgen in Menge und erzeugt eine Masse praktischer Schwierigkeiten, die von denen, welche draußen sind, nicht empfunden werden können. Halte ich fest an dem Gedanken von einer Art richterlichem Verfahren, wel­ches wie eine Kriminalsache, kraft gewisser Gesetze verfolgt werden muss, so habe ich den Boden der Gnade gänzlich ver­lassen; ich habe Dinge, welche sich ganz entgegen stehen, mit­einander vermengt.

2. Einige Gedanken über Matthäus 18, 15-17 in Betreff der Zucht

Diese Stelle wird oft bei Erwähnung der öffentlichen Zucht angeführt; aber, so viel mir scheint, bezieht sie sich nicht direkt darauf. Hier ist von einem Unrecht die Rede, welches von einem Bruder dem andern zugefügt ist, und es ist hier gar nicht gesagt, dass die Kirche in diesem Falle den Schuldigen auszuschließen habe. Es heißt hier nur: „ So sei er dir wie ein Heide oder Zöllner." Es kann hernach der Fall eintreten, dass auch die Kirche ihn als einen Heiden und Zöllner anzu­sehen hat; aber hier wird die Zucht nicht von diesem Gesichts­punkte aus betrachtet. Es heißt hier einfach: „So sei er d i r "..., d. h., habe du nichts mehr mit ihm zu schaffen.

Wenn jemand mich beleidigt hat, was habe ich dann zu tun? Wenn ich in Liebe gegen den handelte, welcher mir Unrecht getan hätte, so würde ich zu ihm sagen: „Mein Bruder du hast gegen mich gesündigt." Diese Vorstellung, welche der Gerechtig­keit gemäß ist, ist vor allem nötig. Man muss sie machen und man kann sie machen, ohne den Weg der Gnade zu verlassen. Will mein Bruder, nachdem ich diesen ersten Schritt getan habe, mich nicht hören, so nehme ich eine oder zwei Personen mit mir, „auf dass Alles auf zweier oder dreier Zeugen Mund beruhe." Wenn auch dies Mittel scheitert, so kann ich dann die ganze Versammlung davon in Kenntnis setzen; und wenn der Bruder, welcher mich beleidigt hat, auch die Kirche nicht hören will, dann sei er d i r wie ein Heide und Zöllner. 

Diese Stelle gibt uns also eine Regel für das persönliche Verhalten, und das Ergebnis derselben ist eine persönliche Stellung eines Bruders gegen den Bruder. Es kann geschehen, dass die Sache bis zu dem Punkte kommt, dass sie die Zucht der Kirche nötig macht, aber dies ist nicht immer und notwendig der Fall. Ich gehe zu meinem Bruder, in der Hoffnung, ihn dadurch zu ge­winnen, dass ich ihn zum reuigen Bekenntnis bringe um ihn so in seine richtige Beziehung von Gemeinschaft mit mir und Gott wieder einzusetzen; denn, wo die brüderliche Liebe angetastet ist, da muss auch notwendig die Gemeinschaft mit dem Vater gelitten haben. Wird mein Bruder gewonnen, so nimmt die Sache keinen weiteren Gang. Sein Fehler muss verges­sen sein; ich darf ihn niemals wieder in Er­innerung bringen. Weder die Kirche noch sonst lernend, wer es auch sei, wird davon etwas zu wissen bekommen, als wir beide allein. Wenn mein brüderlicher Schritt scheitert, so werde ich weiter verfahren, in der Absicht und mit dem Verlangen, meinen Bruder wieder aufzurichten und ihn in den Genuss der Gemeinschaft mit Allen wieder einzusetzen.

3. Die Zucht des Vaters *)

Was die Zucht des Vaters betrifft, so ist diese noch weit mehr ein persönliches Vorrecht gemäß der Gnade. Ich zweifle sehr stark daran, dass sie die Sorge einer großen Versammlung in Anspruch nehmen könne; vielmehr ist sie die persönliche Übung dieser Sorge.

Ich sehe nicht, dass die Kirche den Platz des Vaters ein­nehmen muss. In einem Sinn ist der Gedanke der Überlegen­heit richtig, weil es eine Verschiedenheit von Gnade gibt, wie es auch eine Verschiedenheit von Gaben gibt. Wer würdiglicher wandelt, der muss hingehen und seinen gefallenen Bruder wie­der aufrichten (Gal. 6, 1). Dies ist aber eine persönliche Hand­lung in Gnade und nicht eine Zucht der Kirche. Es ist sehr wichtig, diese Dinge wohl zu begreifen und sorgfältig zu unter­scheiden, damit die persönliche Wirksamkeit nicht zu sehr beschränkt werde, sondern unberührt und an ihrem Platze bleibe. Der Heilige Geist muss seine ganze Freiheit hallen. Ich könnte einen Fall annehmen, wo ein Einzelner Mehrere tadeln muss, wie Timotheus, an den der Apostel schrieb: „Tadle, beurteile, ermahne mit aller Sanftmut" (2. Tim. 4, 2).

 Dies hier gilt von der Zucht, womit sich die Kirche in diesem Falle nicht zu befassen hat; es ist dies eine persönliche Handlung. Die Kirche kann jedoch in anderen Fällen verpflichtet sein, Zucht zu üben, wie dies bei den Korinthern der Fall war (1.Kor. 5, 4). Die Korinther waren nicht sehr geneigt die Zucht zu üben, und Paulus besteht auf der Notwendigkeit, worin sie sind, dies zu tun. Aber die persönliche Übung der Wirksamkeit des Heiligen Geistes auf die Seelen der anderen muss festgehalten werden. Dies erfordert keineswegs die Beschäftigung der Kirche. Es ist ein schwerer Irrtum, die Zucht der Kirche als die einzige zu betrachten. 

Es würde etwas Schreckliches sein, wenn man ver­pflichtet wäre, jede Art des Bösen zur Kennt­nis von Allen zu bringe n. Dies ist gewiss nicht die Absicht, noch die Wirkung der Liebe;. im Gegenteil, „die Liebe wird eine Menge von Sünden zudecken." Hat man die Liebe im Herzen, und sieht den Bruder sündigen, eine Sünde nicht zum Tode, so betet man für ihn, und diese Sünde kann nie, an den Tag kommen; sie kann nie zu einer Frage werden, womit sich die Kirche zu befassen hat.

Ich glaube, dass es nie einen Fall von Kir­chenzucht gibt*), welcher nicht dem ganzen Leibe zur Schande gereiche. So sagt auch Paulus zu den Korinthern, indem er an sie über einen ähnlichen Ge­genstand schreibt: „Ihr habt nicht Leid getragen" . . . S i e wurden mit dem Bösen, welches unter ihnen begangen worden, ganz zusammengestellt. Ebenso zeugt ein Geschwür, welches an einem Gliede des Menschen auftritt, von dem Zustand des ganzen Körpers, der ganzen Leibesverfassung. Keine Versammlung wird je die Zucht üben noch verstehen, wenn sie nicht vor allen Dingen sich ganz gleich gestellt hat mit der Sünde der einzelnen Person, sei es im Dank vor Gott, wenn ihr Zustand ein geistiger und guter ist; sei es durch An­erkennung der Sünde, als ihrer (der Versammlung) eigne n. Sünde, wenn ihr Zustand nicht besser ist. 

Will die Kirche auf eine andere Art verfahren, so nimmt sie eine richterliche Gewalt an sich, welcher nicht der Dienst der Gnade Christi sein würde. Christus hat noch nicht völlig Seinen Charakter als Richter bekleidet. Sobald die Kirche dahin kommt, dass sie sagt: „Der, welcher früher ein Verbrechen beging, begeht es noch", so hat sie sich gänzlich von der Stellung entfernt, die sie einhalten muss. Sie hat völlig vergessen, dass ihr priesterlicher Charakter während der jetzigen Haushaltung ein Charakter der Gnade ist, obgleich er auch ganz und gar ein Charakter der Heiligkeit ist.

Was ist der Charakter der väterlichen Zucht? Und wie übt der Vater sie? Der Grundsatz, welcher ihn bei dieser Zucht leiten wird, ist sein Charakter als V e t e r. Er befindet sich nicht in derselben Stellung, wie ein K i n d. Es gibt hier Jemand, der an Glaube und Weisheit höher steht; dieser sieht einen Andern sich täuschen, sich verirren; er geht zu ihm und sagt: „Ich war einst auch in dieser Lage; handle nicht auf diese oder jene Art." Dies sind Aufforderungen, demütige Bitten; er gibt ein treues Bild der Klippen und Gefahren des Weges, die jedoch mit Liebe geschildert werden. In Fällen der Verhärtung kann auch der Tadel stattfinden. Der Vater kann viel Nach­sieht für die Schwäche und Unerfahrenheit haben, indem er sich erinnert, dass sein Weg ihn selbst durch dies hindurchge­führt hat. 

Mache dich immer so viel als möglich zum Diener des Andern, und möge der Grundsatz des Vaters wohl aufrecht erhalten werden, der da sagt: „Und wenn ich, auch weniger ge­liebt würde, dafür, dass ich dich viel mehr liebe." Dieser Grund­satz entspringt aus der Liebe des Vaters; er umfasst meinen Bruder, und gestattet mir aus Liebe zu ihm nicht, ihn in dem Übel zu lassen. (Ich rede hier nicht von einem Falle in seinem Wandel oder seiner Aufführung, wo er gegen seinen Kinder­charakter fehlt). Wir fehlen in dieser Hinsicht, wenn wir die Pein und die Unannehmlichkeit fürchten, welches ein solches Verfahren uns zuziehen kann. Wenn ich einen Heiligen sich verirren sehe, so bin ich gehalten, ihn durch das eine oder andere Mittel wieder auf den rechten Weg zu bringen. 

Er ist ein Schaf Christi. Es muss mir am Herzen liegen, dass er im Glauben treu wandelt. Er wird mir vielleicht auf meine Er­mahnung erwidern: „Dies geht dich nichts an; du hast dich um meine Sache nicht zu bekümmern", oder was der gleichen Worte mehr sind. Ja ich muss, wenn es nicht anders sein kann, mich ihm zu Füßen werfen, um ihn vom Fallstrick, worin er sich be­findet, zu entreißen, selbst dann, wenn ich mich hierdurch seinen Vorwürfen und seinem Tadel aussetzen sollte. Dies erfordert einen Geist der Gnade, und hinreichende Liebe, dass man die ganze Last seines Bruders auf seine eigene Seele zu nehmen sucht.

4. Die Zucht Christi als Sohn über Sein Eigenes Haus

Eine andere Art der Zucht ist die Christi „als Sohn über Sein Eigenes Haus ". Der Fall mit Judas ist hier von großer Bedeutung. Gibt es geistiges Leben in dem Leibe, so wird das Böse in demselben nie lange dauern können. Es ist unmöglich, dass die Heuchelei oder sonst eine Ungerechtig­keit, sich lange da behauptet, wo es geistiges Leben gibt. In dem Falle mit Judas ist es die persönliche Gnade Jesu, die Alles übersteigt; — und so wird es vergleichungsweise immer der Fall sein. Vor allein offenbarte sich gegen diese Gnade das Böse: „Der, welcher das Brot mit mir isst, hat seine Ferse wider mich erhoben" . . . Nachdem er (Judas) nun den Bissen genommen hatte, ging er sogleich hinaus" (Joh. 13, 30).

Die Zucht Christi befasst sich nur mit dem, was bereits o f f e n b a r ist; sie geht niemals darüber hinaus. Deshalb sehen wir auch, wie die Jünger einander fragen, was die Worte Jesu wohl bedeuten möchten? Bevor die Sünde begangen war, berührte dies nicht das Gewissen der Versammlung. Die Zucht des Vaters betrifft ein Übel, welches noch nicht offenbar ist oder vielleicht erst lange nachher augenscheinlich wird. Wenn ich ein älterer Bruder bin, und sehe einen jüngeren Bruder in Gefahr, so darf ich mit ihm dieser väterlichen Sorge gemäß verfahren, und mit ihm über sein Übel reden; aber dies ist etwas ganz anderes, als die Zucht der Kirche.

Sobald ich eine väterliche Zucht übe, so versteht es sich von selbst, dass ich den Grund des Übels zu beurteilen weiß, welches sich an dem Bruder befindet, und der sich selbst nicht zu beurteilen versteht. Es fehlt ihm die Fassungskraft, durch welche ich durch meine geistige Erfahrung gelangt bin, eine Erfahrung, welche mich berechtigt und antreibt, mit diesem Bruder in treuer Liebe zu verfahren, wenn auch. vielleicht kein Mensch das, was ich tue, zu beurteilen vermöchte.,

Die Verwechslung und Vermischung dieser drei Dinge: der brüderlichen Warnung, — der Zucht des Vaters in einer brüderlichen Sorge, und — der Zucht Christi als Sohn über Sein Haus, oder der kirchlichen Zucht, haben viele Irrtümer in dieser Hinsicht ver­anlasst.

5. Es darf die Ausübung der Zucht nicht den Charakter eines Gerichtshofes haben

Die Zucht muss wesentlich zum Zweck haben, der Ausstoßung oder Ausschließung einer Person vorzubeugen. In neun Fällen unter zehn, wird die persönliche Zucht allein zu walten haben.

Wenn es sich über „ die Zucht des Sohnes" über Sein Eigenes Haus handelt, so wird die Kirche dieselbe nie unternehmen dürfen, es sei denn in einem Geiste der Gleich­stellung mit dem, der gesündigt hat, indem sie die Sünde als Allen gemeinsam bekennt, und sich deshalb beugt, dass das Übel bis zu diesem Punkte hat gelangen können. Diese Zucht würde also gar nicht den Anblick eines Gerichtshofes darbieten, wohl aber den eines Schandflecks für den Leib. Das geistige Leben und Wirken würde die Kirche von der Heuchelei, von der Befleckung von allem Unschicklichen reinigen, ohne jemals

die Gebärde eines Gerichtshofes anzunehmen, indem sie über das Übel urteilte, um sich davon zu reinigen. Nichts sollte uns mehr verhasst sein, als der Gedanke, dass man in dem Hause Gottes dahin gelangen könnte, diese Dinge in richterlicher Weise zu behandeln. Nehmen wir an, dass in einem unserer Häuser irgend etwas Schändliches und Entehrendes geschehen sei. Würde nicht die Ehre des ganzen Hauses dadurch gefährdet sein? Könnte auch nur eines der Mitglieder dieser Familie gleichgültig gegen diesen Schimpf sein und sagen, dass ihn dies nichts angehe? Es kann geschehen, dass ein verderbter Sohn verwiesen werden muss, um der Liebe der übrigen willen. Alle Bemühungen, um ihn zum Guten zurückzuführen, sind geschei­tert; er ist unverbesserlich. Man befindet sich in der Notwen­digkeit zu ihm zu sagen: „Ich kann dich hier nicht mehr be­halten; ich darf nicht dulden, dass du durch deine Sitten und Laster, auf die anderen einen unheilvollen Einfluss ausübst." Ach! würde das nicht ein Gegenstand der Tränen, der Trauer und des Herzzerbrechens, des Schmerzes und der Schande sein für die ganze Familie? Die übrigen Kinder würden nicht gerne von diesem Gegenstand reden. Ihre Freunde würden sich gleich­falls dessen enthalten aus Schonung für ihre Leiden. Der Name des Schuldigen. würde sogar nicht mehr erwähnt werden.

Dies ist ein Bild davon, wie es im Hause des Sohnes zu­gehen muss. Man muss in diesem Hause ein großes Widerstreben bei dem Gedanken fühlen, ein Glied davon auszustoßen. Welche gemeinsame Schande, welche Beklemmung, weiche Niederge­schlagenheit muss hier ein solcher Gedanke nicht hervorbringen! Nichts ist weniger unseres Gottes würdig, als ein richterlicher Prozess in der Kirche.

Wahr ist es, die Kirche Christi ist in den Zustand der Schwäche und Verderbnis verfallen. Dies tut aber dem eben Gesagten keinen Eintrag. Im Gegenteil. Je mehr 'übel es in der Kirche gibt, desto größer ist auch die Verantwortlichkeit derjenigen, welche eine Hirtengabe haben; desto mehr müssen sie in Liebe sich den Heiligen anschließen, und mit Sorgfalt für sie Sorge tragen.

In meinen Gebeten liegt mir nicht mehr am Herzen, als Gott zu bitten, dass er den Versammlungen Seiner Kinder, Hir­ten geben möge. Unter einem „Hirten;" verstehe ich einen Mann, welcher auf seinem eigenen Herzen, allen Kummer, alles Elend und alle Sünden seines Bruders vor Gott zu tragen, und sie Gott vorzustellen vermag, was die Wiedererhebung und Be­freiung dieser Seele befördern kann, ohne dass es nötig wäre, die Dazwischenkunft eines anderen Bruders in Anspruch zu nehmen.

Es gibt hier noch eins zu bemerken. Das Ergebnis der Übung der Zucht kann möglicherweise die Ausschließung sein. Aber, wenn man zu einer gemeinschaftlichen Handlung des Ur­teils kommt, so hört die Zucht von dem Augenblick an völlig auf, wo der, welcher gesündigt hat, ausgeschlossen i s t. „Richtet ihr nicht die, welche drinnen sind? Die, welche draußen sind, wird Gott richten" (1. Kor. 5, 12). '

Andererseits darf bei mir darüber keine Frage entstehen, ob ich mit dieser oder jener Person, welche drinnen ist, mich niedersetzen darf. Es ist etwas ganz Absonderliches, wenn ein Bruder sich der Gemeinschaft beraubt, wegen der Gegen­wart dieser oder jener Person, von der er keine gute Meinung hat, oder mit der er, wie man wohl sagt, nicht in gutem Ver­nehmen steht. Wenn ich auch in dieser Hinsicht ein gewisses Verhalten zu beobachten habe; doch darf ich nicht die Torheit begehen, mich auszuschließen aus Furcht, ein Sünder möge sich in eine Versammlung von Kindern Gottes einschleichen.

6. Die Ausübung der Zucht darf nur als Pflicht und nicht als ein Recht erscheinen

Jede Zucht muss bis zu ihrem Schlussverfahren zum Ziele haben, „wieder her zustellen". Die Handlung des Ab­trennens oder Ausschließens gehört im eigentlichen Verstande des Wortes, nicht zur Zucht, sondern sie sagt gewissermassen, dass die Zucht wirkungslos und zu Ende ist. Diese Handlung (des Ausschließens) selbst findet statt für das Wohl der Seele, wenn dies sein kann. Wenn man einen Solchen dem Satan über­liefern kann, so geschieht es, dass der Geist gerettet sei am Tage des Herrn.

Was die Frage der Einhelligkeit in dem Falle der Zucht der Kirche betrifft, so müssen wir uns erinnern, dass es hier der Sohn ist, welcher Seine Zucht über Sein Eigenes Haus: übt.

Bei den Korinthern sehen wir diese Handlung direkt von Paulus, kraft seiner apostolischen Gewalt, am Leibe vorgenom­men. Die Kirche zu Korinth musste dazu getrieben werden. Der Gedanke, das Recht zu haben, an einer solchen Handlung sich zu beteiligen, muss jedem christlichen Herzen fremd sein; nur die Pflicht kann uns zwingen, es zu tun. Es ist schreck­lich, das Recht zur Ausübung der Zucht in An­s p r u c h zu nehmen?! Das hieße die Familie Gottes in einen Gerichtshof verwandeln. Nehmen wir an, ein Vater stehe auf dem Punkte, einen bösen Sohn vor die Türe zu setzen, und die anderen Kinder sagten: 

„Wir haben Recht, unserm Vater zu helfen, unsern Bruder aus dem Hause zu treiben"; — würde das nicht eine schreckliche Sache sein? Der Apostel war ver­ pflichtet, die Korinther zur Ausübung der Zucht zu zwingen —, eine, an ihrer Stelle, ohne Zweifel immer verbindliche Er­mahnung. Aber er sagt zu ihnen: „Es gibt Sünde unter euch .... und ihr habt nicht Leid getragen, auf dass der, welcher diese Tat begangen hat, aus eurer Mitte getan würde!" Er nötigte sie vorher, anzuerkennen, dass die Sünde, wovon die Rede ist, ebensowohl ihre Sünde, als die des Mannes ist; sodann schließt er mit den Worten: „Schaf f et doch den Bösen aus eurer Mitte." Die Kirche ist nicht im Stande, in rechter Art die Zucht auszuüben, solange sie nicht anerkennt, dass die Sünde des Einzelnen, die Sünde der Kirche ist.

Was für diejenigen, welche sich dazu berufen glauben kön­nen, zu tun ist, ist dies: „Tadle die, welche fehlen in Gegenwart aller, auf dass auch die andern Furcht haben mögen" (1.Kor. 5,20). „Brüder, so­bald jemand in einem Vergehen betroffen wird, so weiset einen solchen zurecht, in einem Geiste von Sanftmut." Wenn aber das Böse einen Charakter hat, dass es die Ausschließung notwendig macht, so muss die Kirche diese bewerkstelligen, nicht als bediene sie sich eines ihr zustehenden Rechtes, sondern gezwungen, so zu handeln. Die Heiligen müssen sich hierin völlig beistimmen können. Diese Handlung nötigt diejenigen, welche sich in der demütigenden Notwendigkeit befinden, sie vorzunehmen, ihren elenden Zustand anzuerkennen, ihn zu bekennen und selbst die Schande zu tragen. Sie entfernen sich von dem schuldigen und unbußfertigen Menschen, welcher in der Schande seines Ver­gehens allein gelassen wird (2. Kor. 2, 7).

Dies ist die Art und Weise wie der Apostel die Korinther nötigte, die Zucht auszuüben. Da die ganze Kirche zu Korinth nur ein Leib war, so war sie auch schuldig insofern, als die Sünde dort begangen war. Es war daher nötig, dass sie durch die Zucht ganz gereinigt wurde; und welche Mühe hatte sie nicht, sich dazu zu entschließen? Der Apostel hatte auf der Aus­scheidung bestanden (1. Kor. 3, 3-5), und die Kirche wider­strebte dieser Handlung, indem sie nicht ein gehöriges Gefühl von der Schwere besaß und um den Ruhm Christi nicht eifer­süchtig war. Sie schonte sich. selbst, dadurch, dass sie die Sünde gestattete, und nicht Sorge trug, den Schuldigen wieder auf den rechten Weg zu bringen, weil sie nicht an ihren eigenen guten Ruf dachte.

Es war die Absicht Satans, unter die Brüder von Korinth die Bosheit einzuführen, und sie gleichgültig zu machen, und dann, wenn diese Bosheit zu ihrer eigenen Schande gediehen sein würde, wollte er sie dahin bringen, als ein Gerichtshof auf­zutreten, um die Bosheit zu bekämpfen. Auf diese Weise wollte er eine Gelegenheit und einen Gegenstand der Uneinigkeit zwischen Paulus und der Versammlung der Heiligen von Korinth hervorbringen. Der Apostel macht sich mit dem ganzen Leibe zu Ein und demselben; indem er sie zuerst nötigt, sich zu reinigen; sodann will er, dass in seinem, wie in ihrem Namen, der, über welchen ein solches Urteil ergangen war, wieder auf­gerichtet werde, sodass zwischen ihm und ihnen eine vollkom­mene Einigkeit waltet. Er handelt mit ihnen; er verbindet sie in diesem Allen mit sich; und so, obgleich abwesend, ist er unter ihnen, sei es zur Beurteilung, sei es zur Wiederaufrich­tung. Wenn das Gewissen des Leibes, (der Kirche) nicht dahin gebracht wird, zu fühlen, was es tut, indem es durch die Hand­lung der Ausschließung sich selbst reinigt, so weiß ich nicht, wozu diese Ausschließung sonst dienen soll.

Das „Haus" muss rein erhalten werden. Die Sorge, welche der Vater hierfür trägt, und die Sorge des „Sohnes über Sein Eigenes Haus" sind zwei verschiedene Dinge. Der Sohn übergibt die Jünger der Obhut des Heiligen Vaters (Joh. 17). Dies ist nicht dasselbe, wie „das Haus in Ord­nung halten ". In Joh. 15 sagt Er: „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben; mein Vater ist der Weingärtner". Dies hier sind die Sorgen des Vaters. Er reinigt die Zweige, damit sie soviel Frucht tragen können, als möglich. Aber in dem Falle, wo der Sohn über Sein Haus handelt, handelt es sich nicht um Einzelne, sondern hier ist es das Haus, wo in Ordnung gehalten werden muss. „Wenn wir uns selbst richten, so würden wir nicht gerichtet", usw.

Es gibt also drei Arten von Zucht:

  1. Die rein brüderliche: Ich gehe zu Jemanden, der mich beleidigt hat, und muss mit Sanftmut und Güte verfahren.
  1. Die väterliche Zucht. Sie muss mit Zartheit und Barmherzigkeit ausgeübt werden. Man muss hier ver­fahren, wie ein guter Vater es tun würde, gegen ein Kind, welches sich verirrt.

3. Die Zucht des „Sohnes über sein Eigenes Haus ", das ist die Verantwortlichkeit, die Reinheit in dem Hause zu erhalten, dergestalt, dass die im Hause be­findlichen, ihr Gewissen mit der Natur dieses Hauses in Übereinstimmung haben. In diesem Falle ist es nicht nur der Einzelne, der da handelt, sondern es ist das Haus, der Leib, das Gewissen des Leibes.

Die Wirkung davon kann die Wiederherstellung des Kranken sein; obgleich dies eine kostbare Gnade ist, so ist dies dennoch nicht der wesentliche Zweck der Zucht. Wenn man bis zu einer Handlung kommt, so gilt es hier etwas mehr, als die Wieder­herstellung eines Einzelnen; es gilt hier die Verantwortlichkeit, das Haus von jener Befleckung frei zu halten. Das Gewissen aller ist hier beteiligt, und dies kann mitunter großen Schmerz hervorbringen.

7. Die Zucht muss in einem priesterlichen Geist erfüllt werden

Was die Natur von dem Allen betrifft, so meine ich, dass die Zucht von einem priesterlichen Geist erfüllt werden muss. Die Priester verzehrten im Heiligtum das Opfer für die Sünden. Sie essen die Sünde. „Es wurde ihnen gegeben, um die Unge­rechtigkeit der Gemeinde zu tragen, um Sühnung für sie zu tun vor Jehova" (3. Mose I0 17).*)

Welches ist der Charakter der Stellung, welche Jesus jetzt inne hat? Es ist der des Dienstes des Oberpriesters und wir sind Ihm zugesellt. Gäbe es in der Kirche mehr von dieser prie­sterlichen Fürsprache, welche durch die Handlung des Essens des Sühnopfers sinnbildlich dargestellt wird, so würde man nicht die Idee einer als Gerichtshof errichteten Kirche haben.

Was für Beklemmung und Bekümmernis, was für Angst und lebhafte Schmerzen wird nicht bei allen Gliedern einer Familie erregt, wenn eines der Kinder irgend eine böse Tat verübt hat! Und nährt nicht Christus sich von dem Sühnopfer? Wird Er nicht durch unsere Ungerechtigkeiten aufs Empfindlichste ge­troffen? Hat nicht Er Sich mit unsern Schmerzen beladen? Er ist das Haupt Seines Leibes, der Kirche; wird Er nicht in einem Seiner Glieder auch verwundet und betrübt? O ja, Er wird es!

Wenn ich mich in der Notwendigkeit befinde, an irgend einen fehlenden Bruder eine persönliche Warnung zu richten, muss ich eingedenk sein, dass ich nur insofern fähig sein werde, diese Warnung auf eine gesegnete Weise zu bewerkstelligen, als meine Seele durch einen priesterlichen Dienst sich hierzu vor­bereitet hat, gleich als ob ich selbst mich in dieser Sünde befun­den hätte.

Was tut Christus? Er trägt die Sünde auf Seinem Herzen und tut bei Gott Fürbitte, dass Seine Gnade heilen möge. Ebenso trägt auch das Kind Gottes die Sünde seines Bruders auf seinem eigenen Herzen in der Gegenwart Gottes. Es redet mit dem Vater wie ein Priester, damit die Wunde, welche dem Leibe Christi, dessen Glied es ist, zugefügt worden, wieder geheilt werde.

Dies ist, wie ich nicht zweifle, der Geist, in welchem die Zucht geübt werden muss. Aber gerade hierin fehlen wir. Wir besitzen nicht genug Wohlwollen und Hingebung, um das Sündopfer zu essen.

Wenn die ganze Versammlung zu handeln berufen wird, so ist besonders das zu erwägen, dass sie dann sich selbst beugen muss, bis sie gereinigt ist. Meines Erachtens liegt der 'Nachdruck in den Worten des Apostels: „Und ihr habt nicht Leid getragen .

Es war in Korinth nicht genug geistliches Leben, dass sie das Übel auf sich hätten laden sollen. Es ist als hätte, der Apostel ihnen gesagt: „Das Übel hätte an euch nagen, und euch keine Ruhe lassen dürfen; euer Herz und euer Geist hätte darüber gebrochen sein müssen, dass so etwas nicht entfernt wurde; die Reinheit des Hauses Christi hätte euch am Herzen liegen sollen 5).

Das Reine vom Unreinen zu scheiden, ist eine andere Eigen­schaft des priesterlichen Dienstes. Die Opferpriester durften weder Wein noch Bier trinken, um sich in einem geist­lichen Zustande zu erhalten, welcher mit den Dienstverrichtun­gen im Heiligtume übereinstimmte, indem sie auf diese Art fähig waren, das Reine vom Unreinen zu unterscheiden. Auch für uns gilt diese Notwendigkeit. Wenn wir es mit dem Bösen zu tun haben, so muss zwischen Gott und uns eine Gemeinschaft in Gedanken und Ansichten obwalten. 

Sein Gegenstand muss auch der unsrige sein. Sein Haus ist der Ort, der Schauplatz, wo die Ordnung Gottes sich offenbart. Es wird z. B. den Frauen gesagt, dass sie. auf ihrem Haupte ein Oberhaupt (Kopfbedeckung) tragen sollen, der Engel wegen (1. Kor. 11, 10), und zwar des­halb, weil die Ordnung Gottes in der Kirche offenbart werden soll. Im Hause Gottes soll nichts geduldet werden, was diesen Wesen (den Engeln), anstößig sein könnte, die da gewohnt sind, die Ordnung zu betrachten, welche, in solcher Nähe, der Gegen­wart Gottes gebührt.

Alles im Hause im vollständigen Verfall. Die Herrlichkeit dieses Hauses wird nur dann vollständig geoffenbart werden, wenn Jesus in Seiner Herrlichkeit kommen wird. Wir müssen aber wenigstens wünschen, dass es in diesem Hause soviel als möglich, durch die Wirksamkeit des Heiligen Geistes eine Über­einstimmung zwischen dem jetzigen Charakter und der zukünf­tigen Beschaffenheit gebe.

Als Israel aus der Gefangenschaft zurückkehrte, nachdem der Herr das „Nicht mein Volk" über sie ausgesprochen; als die Herrlichkeit sich vom Hause Gottes entfernt hatte, und die öffentliche Offenbarung Seiner Gegenwart unter ihnen ver­schwunden war, da suchten Nehemia und Esra nichtsdestoweni­ger nach den Gedanken Gottes zu handeln. Unsere jetzige Stel­lung ist dieselbe, als die ihrige. Und wir, wir haben etwas, was sie nicht hatten. Wir waren immer ein Überrest. Wir datieren vom Ende.

Was für uns gilt, ist dies: „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen" (Matth. 18, 20). So kann ich denn, selbst da, wo der ganze Zusammen­hang zunichte geworden ist, mich an gewissen unveränderlichen gesegneten Grundsätzen halten, von denen alles hergeleitet wird.

Die Vereinigung von „Z w e i e n oder Dreien" ist es, an welche Christus nicht nur Seinen Namen, sondern auch Seine Zucht, die Macht, zu lösen und zu binden, geknüpft hat. Alles geht von hier aus. Welch ein unvergleichlicher Trost? Der große Grundsatz der Einheit bleibt wahr, selbst mitten im Verfall.

Im 20. Kapitel des Johannes finden wir, als Er Seine Jünger aussandte, sie anblies, und zu ihnen sprach: „Nehmet hin den Heiligen Geist; wem ihr die Sünden erlassen werdet, dem wer­den sie erlassen sein; und wem ihr sie behalten werdet, dem werden sie behalten werden." Es ist hier gar nicht die Rede vom Zusammenhang der Kirche als Leib, sondern von der Wirk­samkeit des Heiligen Geistes, der da ein geistliches Urteil in den Jüngern hervorbringt, insofern sie von Christo gesandt sind und in Seinem Namen verfahren. Die Zucht muss die Furcht der Wirksamkeit des Heiligen Geistes sein; wenn sie nicht das Er­gebnis der Macht des Heiligen Geistes ist, so ist sie nichts.

Im Grundsatz ist das Nötige über diesen Gegenstand gesagt. Sind wir auch in der Tat ein kleiner Überrest, so wird hierdurch im Grunde nichts geändert. Vor allem muss die Zucht betrachtet werden, nicht als ein richterlicher Prozess, nicht als die Ange­legenheit von Sündern, die da über Sünder richten, sondern als ein Dienst im Hause Gottes, welcher durch die Tätigkeit des Heiligen Geistes erfüllt wird. Die Einstimmigkeit ist in dieser Hinsicht die Einstimmigkeit des wiedererwachten Gewissens, in Betreff der Notwendigkeit der Erhaltung der Reinheit im Hause Gottes.*)

Es ist etwas Schreckliches, wenn man Sünder davon reden hört, über einen anderen Sünder zu richten; aber ein segens­reicher Anblick ist es, sie in Betreff der Sünde, welche Eingang unter ihnen gefunden hat, in ihrem Gewissen tätig zu sehen.

Ferner ist noch zu bemerken, dass die Zucht in einem Geist der Gnade geübt werden muss. Handle ich nicht in Gnade, so darf ich ebenso wenig zu handeln wagen, als ich es wagen würde zu wünschen, ein Gericht über mich selbst herbei zu führen. „Richtet nicht, auf dass ihr nicht gerichtet werdet; denn mit dem Masse, wo ihr messet, wird man euch messen" (Matth. 7, 1. 2). Wenn wir zu einem andern gehen,. um ein Gericht über ihn zu halten, so werden wir finden, dass dies ein Gericht für uns selbst ist.

8. Schlussbemerkungen über den Geist eines Hirten

Was die Schwierigkeit betrifft, worin die Heiligen sich be­finden, welche sich vereinigen, ohne Hirtengaben unter sich zu haben, so geht mein Gebet dahin, dass Gott Hirten unter ihnen erwecken möge. Ich glaube jedoch, dass überall, wo Brüder sich vereinen, und zusammen nach den Grundsätzen der Brüderschaft wandeln, dieselben so glücklich sein können, als andere, welche sich nicht in solchen Umständen befinden, vorausgesetzt, dass sie aufrichtig ihre Stellung bewahren, und nicht in den Geist ver­fallen, Kirchen stiften zu wollen.

Ohne Zweifel, wenn ich die Schafe des Herrn liebe, so wird ihr Gedeihen mir am Herzen liegen, und folglich werde ich den Herrn bitten, dass Er ihnen Hirten geben möge. Nächst der per­sönlichen Gemeinschaft mit dem Herrn, kenne ich nichts Süße­res, nicht Gesegneteres, als die Sorgen eines Hirten, welcher die Schafe des Herrn weidet. Die Herde, welche Er weidet, ist die Herde des Herrn, und nicht seine eigen e. Ich finde keine Stelle im Worte Gottes, wo die Rede von einem Hirten und seiner Herde wäre, als nur da, wo von Jesus die Rede ist. So etwas würde die Anschauungsweise der Dinge völlig ver­wechseln.

Wenn ein Christ fühlt, dass die Herde, über welche er zu wachen berufen ist, die Herde des Herrn ist, welche Gedan­ken von Verantwortlichkeit, welche Sorgfalt muss dies Gefühl nicht in ihm hervorbringen.

Ich kenne nichts Lieblicheres, als die Worte: „Liebst du mich? — Weide meine Schafe, — weide meine Lämmer." Nein, ich kenne nichts Köstlicheres auf der Erde, als die Sorgen eines getreuen Hirten, eines Mannes, den die Liebe bereit macht, die ganze Last und Mühen und Bekümmer­nisse, der Prüfungen und Versuchungen einer Seele zu tragen, und der da alle die Dinge Gott vorzutragen und sich mit Ihm darüber zu unterhalten weiß.

 Ich glaube, dass ein solcher Dienst die glücklichsten Beziehungen hervorbringt, die gesegnetsten, welche es nur in dieser Welt geben kann. Aber wir dürfen des­halb uns nicht einbilden, dass der „große Hirte" nicht Selber für Seine Schafe sorgen könne, deshalb, weil es demselben an untergeordneten Hirten fehlt. O, wenn die Brü­der, welche sich zusammen vereinen, sich nur fest an den Herrn schließen, wenn sie sich nur nicht anmaßen etwas sein zu wollen, was sie nicht sind, so werden sie ohne Gefahr wandeln können, selbst da, wo es keine Hirten unter ihnen gibt, weil ihnen in dieser Stellung die Sorge des obersten Hirten nicht fehlen wird. Hüten wir uns, dass wir nur nicht Gott unsere Armut anrechnen, als könne Er nicht Sorge für uns tragen. Von dem Augenblicke an, wo die Macht des Geistes bei Seite gesetzt wird, wird die Macht des Fleisches eingeführt.

t) Als Christ darf ich mich nur in Christo ansehen und nicht mehr, was ich i n m i r selbst bin. Bei Ausübung der Zucht aber ist es nötig zu bedenken, was man ohne Chri-, stum ist.

*) Es ist wohl kaum nötig, zu bemerken, dass hier' von „Vätern in Christo" die Rede ist. (Siehe 1. Kor. 4, 15).

•) Wie mir scheint, gibt das Wort „Böse" den Massstab für die Gegenstände der öffentlichen Zucht an; denn dies ist etwas, was dem Charakter Christi offenbar widerstreitet

*) Vergl. 5. Mose 17, 7. 12. 13, Stellen, auf welche der Apostel hindeutet in 1. Kor. 5, 12. 13; vergl. 2. Kor. 7, 11. Sie selbst, und die Ehre Gottes waren hier in Frage gestellt.

*) Ich glaube nicht, dass irgend ein Einzelner, oder irgend eine örtliche Versammlung die Zucht ausüben kann, ohne wenig­stens selbst das Gewissen rein und vor Gott die ganze Macht des Bösen und der Sünde gefühlt zu. haben, wie wenn er es selbst begangen hätte. Dann erst handelt er als Einer, der das Be­dürfnis fühlt, sich selbst zu reinigen. Es ist klar, dass alles dies nur in Fällen tatsächlicher Sünden stattfindet.

5) Es zeigt sich hier ein in der Praxis sehr wichtiger Grund­satz; wenn der allgemeine Zustand der örtlichen Versammlung nicht besser ist als der Zustand dessen, weicher die Sünde be­gangen hat, so ist die Versammlung außer Stande, die Zucht hinsichtlich dieser Sünde auszuüben. Sie solle es zwar, aber sie kann es nicht, weil sie nicht im Namen Christi Gewalt über das Gewissen dessen besitzt, weicher die Sünde begangen hat.

 Chri­stus wird bei der Handlung nicht wirksam sein. Wenn mein Leib in einem schlechten Zustand sich befindet, so wird ein örtliches Übel nicht wieder heilen, ohne eine allgemeine Besserung meiner Gesundheit. In diesem Falle tritt der schlechte Zustand des Leibes der örtlichen Versammlung in dem einzelnen Gliede her­vor, und der Leib kann dasselbe nicht heilen. Es muss folglich der ganze Leib die Schuld sich selbst davon zuschreiben und die Sünde als seine eigene bekennen; und zwar nicht nur in prie­sterlicher Weise, sondern als wirklich schuldig seiend, und er muss durch seine eigene Beugung sich von dieser Sünde, als von seiner eigenen, losmachen, indem er jedes Mal den Sün­der bei. Seite setzt, bis derselbe Reue zeigt, denn man darf die Sünde nicht beibehalten.

*) Was die Einstimmigkeit betrifft, so ist es einleuchtend, dass man sie suchen muss. Aber die Regel des Apostels ist diese: den Ungehorsamen erst dann zu strafen, wenn der Gehorsam der übrigen bewerkstelligt ist, d. h. dass nachdem, durch die Wirk­samkeit seines Wohlwollens, der Heilige Geist diejenigen abge­sondert hatte, welche sich Seiner Unterweisung unterwarfen, diejenigen dagegen, welche sich nicht fügen wollten, selbst ein Gegenstand Seiner Zucht sein würden, die Er ausübte. Es ist klar, dass, wenn Jemand eine schändliche Sünde unterstützt, dies die Ausübung der Zucht nicht hindern darf, sondern es kann dahin führen, dass der, welcher so handelt, der Gegenstand der Zucht wird. Es kann geschehen, dass ernstliche Einwendungen eines gläubigen Bruders der Zucht Einhalt tun, und zu einer tieferen Fortsetzung des Willens Gottes Anlass geben.

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Briefe

Bibelstelle:

Botschafter des Heils in Christo 1853, S. 219ff

Lieber Bruder!

Es steht noch gut in unserer Versammlung; der Herr ist mit uns und segnet uns reichlich. Von Seiten der Obrigkeit erleiden wir keine Störung und auch die Welt lässt uns ziemlich in Ruhe, so dass wir ungestört uns erbauen können. Wir haben aber gehört, dass es in einigen Versammlungen nicht still hergeht und manche Brüder und Schwestern viel zu leiden haben. Wohl ihnen, wenn ihr bewährter Glaube köstlicher erfunden wird, als das vergängliche Gold! doch nehmen wir den herzlichsten Anteil an ihren Trüb­salen und gedenken ihrer stets in unseren Gebeten. 

Ebenso erfahren wir durch Briefe aus mehreren Orten viel Erfreuliches, was unsere Herzen mit Lob und Dank erfüllt. O, der Herr ist sehr treu in unseren Tagen; Er gedenkt Seiner Braut auf Erden wieder mit der herzlichsten innigsten Liebe und Zuneigung. O, möchten doch alle die Seinigen recht erkennen und verstehen, denn nicht lange mehr kann Er verziehen; Er wird bald kommen und Seine teure erkaufte Gemeinde heimholen, und wenn Er er­scheinen wird, so wird auch sie mit Ihm erscheinen in Herrlich­keit. Lass uns die wenigen Tage ausharren lieber Bruder, und auch unsere Brüder und Schwestern zur Geduld ermahnen. Wir können hienieden in manche schwierige Lage kommen und auf viele Hindernisse stoßen, aber der uns gerufen hat, ist treu, und Er weiß uns wohl hindurch zu führen. Richten wir unseren Blick getrost nach oben zum Vater im Himmel; Er liebt Seine Kinder und an Seinem Herzen ruhen wir ganz sorgenlos. Es ist so köstlich für uns, zu wissen, dass Jesus, unser Haupt und Bräutigam, als Hohepriester und Sachwalter zu Seiner Rechten sitzet und unser Leben mit Ihm in Gott verborgen ist.

 Schon jetzt sind wir durch Seinen Geist im Glauben in der seligen Gemeinschaft mit Gott, dem Vater und Seinem Sahne; lass uns darin behar­ren, denn es ist ein köstliches Vorrecht und eine segensreiche Gemeinschaft. Wenn wir uns mit unseren Verhältnissen hier auf Erden einlassen, wenn wir daran denken, was uns hienieden noch treffen kann, so findet gleich der Unglaube Nahrung und uns wird bange. Wir sind hier in der Fremde; unsere Heimat ist droben; was gehen uns die Dinge in der Fremde an, unser Erbteil ist im Himmel. Die Durchreise hienieden ist mit viel Beschwerde und Ungemach verknüpft; der Glaube beschäftigt sich nur mit dem, was droben ist, wo Christus ist, und wir ge­nießen schon jetzt die himmlischen Segnungen, die unser Herz mit Frieden und Freude, mit Lob und Anbetung erfüllen!

Seit einiger Zeit ist in unserer Versammlung mehr Trag­samkeit wie früher; das richtende Gesetz ist gewichen und Gnade und Liebe hat in den Herzen Raum gewonnen, und ich freue mich sehr darüber. Früher sah ein jeder leicht etwas an dem andern und fiel richtend darüber her, jetzt waltet die Liebe und das Band des Friedens hält die Herzen umschlungen.

Der richtende Bruder glaubt in vollem Rechte zu sein, wenn er seinem Mitbruder, zu der Gesinnung Christi ermahnt, aber er gedenkt nicht daran, dass ihm selbst der Charakter Christi abgeht. Wehe uns, wenn Jesus uns nur das Gesetz vorgehalten und zum Tun aufgefordert hätte! Er stellt sich vielmehr für die Sünder in den Riss und nahm ihre Schuld auf Sich und ver­söhnte sie als treuer Hoherpriester, indem Er Sich selbst zum Opfer darbrachte; und nun preiset Gott Seine Liebe gegen uns und lässt uns den Reichtum Seiner Gnade verkündigen. Dies ist es allein, was den Sünder aufrichtet und ihm Kraft und Freu­digkeit gibt, des Herrn würdig zu wandeln und in solchem Wandel zu beharren. Als Priester Gottes, der in der Gesinnung Jesu Christi einher geht, habe ich die Sünden meines Mit­bruders, als meine eigenen vor Gott zu bringen, und diesen auf unsere hohe Berufung und unsere gesegnete Stellung als Kinder zum Vater, aufmerksam zu machen, damit er sein Herz von allem ab, zu der Fülle der Segnungen hinwendet.

Ich fühle immer mehr, wie viel Liebe und Weisheit zum Ermahnen nötig ist. Ich darf nicht vergessen, dass eine jede gläubige Seele, auch die schwächste, ein teuer erkauftes Eigen­tum des Herrn, und ein Gegenstand Seiner Liebe und Sorge ist. Ich darf nur mit Ihm verkehren, als mit einem vom Herrn Ge­liebten. Nicht darf ich irgend eine Sünde übersehen oder gut­heißen, sie soll hinweggeschafft werden, aber dies darf nur im Geiste und Sinne des Vaters und des Sohnes geschehen; denn die Liebe deckt der Sünden Menge.

Die meisten Anfechtungen haben wir hier von Christen zu erdulden, die an unserer Versammlung nicht Teil nehmen. Bis jetzt sind diese uns nur zum Segen gewesen, denn sie haben unsere Herzen in der lauteren Wahrheit befestigt, und zum Forschen in der Schrift aufgemuntert. Alle, die es aufrichtig meinen, werden nimmer den rechten Weg verfehlen. Die eben genannten Christen berufen sich stets auf ihre, und auf die Erfahrungen älterer Mitchristen; sie prüfen aber dabei sehr wenig, ob dieselben dem Worte Gottes gemäß sind, oder nicht. In betreff des Wortes beziehen sie sich am meisten und liebsten auf die Gläubigen unter der Haushaltung des Gesetzes, und bedenken nicht, dass diese vor Gott als Knechte, wir aber vor dem Vater als Kinder stehen. Dieser alttestamentliche Geist hat in unseren Tagen die Kirche Christi vielfach durchdrun­gen, und die so sehr gesegnete und köstliche Stellung als Kinder in den Hintergrund gedrängt. Dem Buchstaben nach wird wohl noch vielfach diese kindliche Stellung festgehalten und ausgesprochen, aber nicht mehr dem Geist und Wesen nach, und die Sünder erkennen nicht, wie viel sie dadurch ver­loren haben. Es muss uns einerseits sehr zum Lob und Dank

auffordern, dass wir durch den Heiligen Geist das nahe und kindliche Verhältnis, in welches uns Jesus durch Sein Opfer zu Gott und dem Vater gestellt hat, erkennen und verstehen, und uns andererseits im Gebet für unsere Mitbrüder verharren lassen, die es noch nicht in Wahrheit erkannt haben. Allen Aufrichtigen wird es gelingen, und da wir sehen, dass der Herr so Großes an uns getan hat, so lass uns nicht müde werden, alle unsere Brüder und Schwestern mit Sanftmut und Liebe auf unsere großen Vorrechte in Christo Jesu und auf die Reichtümer der Gnade und Herrlichkeit hinzuweisen. Unsere Arbeit wird nicht vergeblich sein und das teure Werk Christi nicht unfrucht­bar bleiben. Wir müssen, namentlich in diesen Tagen des Ab­falls und der Verwirrung alle Geduld und Langmut beweisen und nie vergessen, dass auch wir allein durch das wirksame Werk und die reiche Gnade Jesu Christi bestehen.

Grüße alle Heiligen und Geliebten Gottes in Eurer Ver­sammlung; möchten auch sie samt uns die Ermahnung des Apostels recht beherzigen: „Wachet, stehet im Glauben, seid männlich und seid stark!" Lasset uns untereinander unsere Seligkeit mit Furcht und Zittern schaffen, mit Reizen zur Liebe und guten Werken, damit das Werk Christi seine reichen Früchte unter uns trage; lasset uns fortfahren, uns zu ermah­nen, uns zu erbauen, um so viel mehr, da wir sehen, dass sich der Tag Seiner Ankunft nahet.

Es grüßt Dich in herzlicher Liebe

Dein Bruder im Herrn

Liebe Schwester!

Dein Brief hat mir Freude gemacht; er kam gerade zur rechten Zeit, als Satan eben damit beschäftigt war, mich auf mich selbst zu weisen. Ich befolgte aber Deine Ermahnungen, schwang mich im Glauben empor, und setzte mich in seliger Ruhe und Sicherheit zur Rechten des Vaters und lobte und dankte Gott. Lass es uns recht festhalten, dass unser Wandel im Himmel ist, dass wir ein himmlisches Volk und der göttlichen Natur teilhaftig worden sind. Es liegt eine große Macht und Kraft darin, um in allen Lagen des Lebens stille vor dem Herrn zu bleiben. Lass uns recht bitten um den Geist des Gebetes; es tut not, dass wir uns oft durch dasselbe stärken; man geht mit einem neuen geheiligten Willen daraus hervor, und ist sich so lebendig bewusst, dass man mit Gott in Gemeinschaft lebt, und wird so mutig und gerüstet zum Kampfe. Wir beten ja in des Sohnes Namen und wissen, dass der Vater uns alle­zeit erhört.

Einige Brüder von hier sind nach F. zu unseren lieben Mit­schwestern. Ich wünschte, Du lerntest letztere kennen, Du würdest gewiss Deine Freude an ihnen haben. Sie müssen viel leiden, aber das ist ja auch unser Los, nicht wahr? Wir rühmen uns auch der Trübsale, und wissen, dass sie unsere Ehre sind. Das erfahren auch jene Geschwister und sie gehen siegreich aus jeder Verfolgung hervor; immer mehr die Liebe des Herrn erkennend, loben und danken sie stets. — Trage sie auch auf betendem Herzen, es tut not, besonders, da sie sehr auf sich angewiesen sind, und die Gemeinschaft viel entbehren müssen. Schreibe ihnen auch einmal, damit sie erkennen, dass wir alle eine Familie sind.

O geliebte Schwester, ich habe große Freude. Denke Dir, was wird es sein, wenn wir heute oder morgen Ihn und uns untereinander mit einem verklärten Angesichte sehen werden; ja, dann brauchen wir nicht mehr in unseren Häusern als Fremdlinge umher zu schleichen. Harre noch ein wenig, liebes Herz; bald verwandelt sich unser Glaube in ein seliges Schauen, dann hören alle Trübsale auf. Freilich sind wir jetzt schon selig, wenn auch in Hoffnung; denn ob wir auch leiden, so haben wir dennoch stets Geistesfreudigkeit. Es wird uns wohl zu­weilen ein wenig schwül, wir sind in dieser Hütte beschweret und sehnen uns nach unseres Leibes Erlösung; aber wir sind allezeit getrost.

Lass es gehen, wie es will, es bleibt dabei, ein Kind Gottes hat eine beneidenswerte Stellung, ein sorgenfreies und herrliches Leben.— Gott zum Vater? Jesus nennt uns Brüder, und die Engel sind ausgesandt zu unserm Dienst! Niemand darf es ohne Zulassung wagen, uns anzutasten; ja sie müssen freundlich sein, mit uns reden, wenn Gott sie heißt, und selbst die Teufel müssen untertan sein. Lass Dir nicht bange werden, wenn zu­weilen die feurigen Pfeile etwas dicht aufeinander kommen, wir sollen darin zum Streit geübt und geschickt werden. Lass nur den Schild des Glaubens nicht wanken oder fallen; und wenn es ein Kugelregen gibt, wenn es donnert und kracht, als ob unser Herz durchbohrt werden sollte, lass es nur nicht hinfallen. Jesus ist stark! Sein ist der Sieg, und Gott ist unversuchbar. Satan weiß es auch, dass er ein geschlagener Feind ist; aber er ist klug und denkt, wenn er einen so schrecklichen Alarm mache, verlören wir die Besinnung, ließen den Schild des Glau­bens fallen und liefen davon. Dann würden wir freilich ohne alle Kraft sein, aber wir sehen auf Jesum und fürchten uns nicht.

Gott hat uns einen erleuchteten Sinn gegeben zur Unter­scheidung des Guten und Bösen, und einen geheiligten Willen, der nur will, was Er will. Ein zartes Gefühl für alles, was ungöttlich ist; ja unaussprechliche Dinge erhielten wir, da uns Jesum geschenkt ward. O lass uns Dank opfern, denn Gott hat uns über alle Massen reich gemacht.

Wir sind glücklich! Neulich fragte man mich, wie ich mit diesen Grundsätzen wohl durch die Welt kommen wollte. Die Welt sieht, dass wir sorglos einher gehen und kann es nicht be­greifen, dass wir dem Vater so sehr am Herzen liegen. Ich ant­wortete mit großer Freudigkeit: „Ich bin schon längst durch die Welt; mein Jesus hat mich schon mit Sich zur Rechten des Vaters gesetzt." Welch herrliches Los, dass wir nicht mehr wie die armen Kinder dieser Welt, Erde essen müssen, sondern täg­lich mit Himmelsmanna gespeist werden.

Hiermit muss ich schließen. Im Geiste bin ich alle Tage bei Dir!

Es grüßt Deine im Herrn Dich innig liebende Schwester ...

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Gehe hin zu meinen Brüdern und sage ihnen: Ich fahre auf

Bibelstelle: Johannes 20,17

Botschafter des Heils in Christo 1853, S. 223ff

Gehe hin zu meinen Brüdern und sage ihnen: Ich fahre auf zu meinem Vater und zu eurem Vater; zu meinem Gott und zu eurem Gott (Joh. 20, 17)

Wenn wir den Reichtum der Gnade Gottes erkennen, wie er uns in Christo Jesu geoffenbart ist, so wirkt diese Erkenntnis einen tiefen Frieden und eine lebendige Hoffnung. Es handelt sich aber dabei allein um das, was Gott getan hat und nicht um irgend ein Werk des Menschen. Christus Jesus, von Gott ge­sandt, hat allein ein Werk vollbracht, wodurch die Gerechtigkeit Gottes völlig befriedigt ist, und durch welches wir allein vor Gott bestehen können. Es ist vollkommen und allein fähig, unser Herz ganz zu beruhigen. Das Kind Gottes beschäftigt sich mit dem Herzen des Vaters, wie es uns in Jesu voll Gnade und Wahrheit entgegen kommt, und dies soll ja auch seine einzige und liebste Beschäftigung sein.

 Sie allein befestigt die Freude am Herrn, erweckt Lob und Dank und lässt uns in einem Wandel, der des Herrn würdig ist, beharren. Je mangelhafter ich das Werk Christi erkenne, desto unvollkommener und un­gewisser ist mein Verhältnis als Kind Gottes zum Vater, und je weniger ich mich mit dem beschäftige, wohin der zweite Adam durch Sein Werk mich gebracht hat, desto mehr werde ich von dem eingenommen sein, wohin ich durch den Ungehor­sam des ersten Adam gekommen bin. Ich werde alsdann viel von meinem Verderben und der menschlichen Ohnmacht reden; aber wenig von der Gnade und Kraft Gottes in Christo Jesu verstehen.

Das Werk Christi gewinnt Raum in meinem Herzen, jemehr ich mich damit beschäftige, und die wirksame Kraft desselben wird sich in meinem ganzen Wandel offenbaren. Ist mein Herz von den Gedanken Gottes erfüllt, so erkenne ich die segens­reiche Stellung, wohin ich durch das Werk Christi gekommen bin; doch werde ich mich nicht damit aufhalten, wie weit das­selbe in mir wirksam geworden ist, sondern stets das ganze Werk, wie es vollbracht ist und was es vor Gott gilt, f ü r mich festhalten und betrachten.

Als der Herr von den Toten auferweckt war, beauftragte Er Maria Magdalena mit einem lieblichen Gruß an die Seinigen mit den Worten: „Gehe hin, zu meinen Brüdern." Er war durch die Herrlichkeit des Vaters auferweckt, als Sohn Gottes kräftiglich erwiesen und bestätigt und nun sagt Er: „Gehe hin zu meinen Brüder n." Das Werk der Er­lösung hat Er nach dein Rat und Willen des Vaters vollbracht, die Gerechtigkeit Gottes befriedigt, die Sünde hinweggetan und den ersten Adam und sein Geschlecht in Ihm Selbst gerichtet, und nun setzt Er alle, die an Seinen Namen glauben, mit Sich als Söhne Gottes in die gleiche Stellung und nennt sie B r,ü - d e r. Er stand vor Gott ganz an unserer Statt und als solcher ist Er auferweckt und vom Vater als Sohn anerkannt worden. Er war der Erstgeborene, und Alle, die Sein Opfer, als für sie vollbracht anerkennen, wie Gott es erkennt, sind Seine B r ü d e r.

 Welch eine Fülle von Gnade, Weisheit und Macht! Der fluchbeladene Sünder und Feind Gottes ist nun ein Kind Gottes geworden und Sein eingeborener Sohn nennt uns nun Seine Brüder. Jesus Christus erschien im Fleische, ent­äußerte Sich Seiner Gottheit und nahm Knechtsgestalt an, und ward gehorsam bis zum Tode, ja bis zum Tode am Kreuze. Er bewies Sich in allen Versuchungen, sowie in den schwierigsten Lagen als Kind Gottes, das nur daran denkt, durch einen völligen Gehorsam den Vater zu ver­herrlichen und als Er Alles vollbracht hatte, sagte Er: Gehe hin zu meinen Brüder n. Was Er getan, hat Er für uns getan; das Werk des ersten Adams ist durch Seinen Tod am Fluch- holze vor Gott hinweggetan, und das wohlgefällige Werk des zweiten Adams, worin Gott durch eine völlige Hingabe und kindlichen Gehorsam verherrlicht wurde, aufgerichtet worden. Das war der Ratschluss Gottes über uns vor Grundlegung der Welt und Christus Jesus hat ihn zur Ehre und zum Preise unseres Gottes ausgeführt. Er hat ein vollgültiges Werk getan und durch dasselbe allein bin ich dem Vater angenehm. Sobald der Eingeborene, dem Vater gleiche Sohn Gottes, zu den Seini­gen „ in eine Brüder" sagt, so bleibt keine Frage mehr übrig, ob ich es auch wirklich bin; ich habe nur zu glauben und einfältig mich mit den Gedanken Gottes zu beschäftigen. 

Er hat uns Sich gleich gemacht und neben Sich hingestellt heilig, ge­recht und ohne Tadel (Kol. 1, 22). Nehmen wir diese herrliche und segensreiche Stellung hier auch nur im Glauben ein, so haben wir sie dennoch völlig eingenommen, denn Jesus sendet Maria zu den noch auf Erden wandelnden Jüngern mit den Worten: Gehe hin zu meinen Brüder n. Bald werden wir diese Stellung auch dem Leibe nach mit Ihm in der Herrlichkeit zur Rechten des Vaters einnehmen, denn Er hat gesagt: „Vater, ich will, dass, wo ich bin, auch die bei mir seien, die du mir gegeben hast, auf dass sie meine Herrlichkeit sehen" (Joh. 17, 24). „Und die Herrlichkeit, die du mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben" (V.22). Hat der verherrlichte Sohn Sich nicht geschämt, Seine noch mit Schwachheit umgebenen Jünger Brüder zu nennen, so wird Er sie gewiß auch in der Herrlichkeit als B r ü - d e r nicht verleugnen.

 Jesus Christus hat uns einen Platz neben Sich angewiesen und mit Sich in die gleichen Rechte und Beziehungen zu Gott und dem Vater gestellt. Es kann hier gar nicht die Rede von dem sein, was ich getan habe; nein, Jesus hat vor dem Vater ein Werk vollbracht, worauf Sein Auge ruht, was so weit reicht, dass Er uns sagen kann: „meine Brü­der." Gott Selbst macht hier keine Einwendungen, weil die Hingabe und das Opfer Seines Sohnes einen so vollgültigen Wert vor Ihm hat. "Wer will die Auserwählten Gottes beschul­digen? Gott ist hier, der gerecht macht. Wer will verdammen? Christus ist hier, der gestorben ist; ja vielmehr, der auch auf­erstanden ist, der auch zur Rechten Gottes sitzt und für uns bittet" (Röm. 8, 33. 34).

In dem Auftrage des Herrn an die Seinigen, sehe ich die segensreichen Folgen, die Sein Werk für mich hat. Es ist sehr köstlich, diese recht zu verstehen, denn sie sind allein ver­mögend, mein Herz in jeder Beziehung zufrieden zu stellen. Ich darf mich als einen Bruder meines Herrn ansehen, weil Er mich als einen solchen neben Sich hingestellt und anerkannt hat. Durch Ihn bin ich völlig gereinigt und geheiligt und Seines Geistes und Seiner Gesinnung teilhaftig geworden. Ich war fleischlich und unter die Sünde verkauft; aber seitdem Er am Kreuze gestorben und durch die Herrlichkeit des Vaters auf­erweckt ist, spricht Er zu' mir: Du bist mein B r u d e r. Ich lebe in einer Welt, die mich schmäht und hasst; ich werde ver­spottet und verfolgt; ich bin vielen Versuchungen und Leiden unterworfen, und dies Alles geschieht darum, weil Er gesagt hat: Du bist mein Bruder. Mein Herz ist von einer lebendigen Hoffnung erfüllt; ich erwarte als mein Erbteil die Herrlichkeit Gottes des Vaters; denn der, welcher aufgefahren ist und diese Herrlichkeit eingenommen hat, hat zu mir gesagt: 

Du bist mein B r u d e r. Ich trage noch die Hülle an mir, worin einst Satan sein Werk hatte und dieser Stellung ange­hört; ich habe die furchtbare Macht der Sünde und meine Ohn­macht kennen gelernt, und erfahre täglich die listigen Anläufe des Teufels, aber ich weiß, dass Jesus die Scheidewand zwischen Gott und mir niedergerissen und alle Feinde überwunden und einen Triumph aus ihnen gemacht hat. Ich nahe mich mit aller Freimütigkeit dem Vater, als ein geheiligtes und geliebtes Kind, und nicht mehr als ein Sünder mit bösem, schuldbeladenem Ge­wissen; denn Der, welcher gestorben und auferstanden ist, hat zu mir gesagt: Du bist mein B r u d e r. Nicht mehr richte ich meine Blicke auf mich, denn von mir erwarte ich nichts; sondern ich suche durch Seinen Geist die Gedanken Gottes, das Geheimnis des Evangeliums, zu erforschen und zu verstehen, und halte mich an Seinem Worte, denn Er ist treu und wahr­haftig.

„Ich fahre auf zu meinem Vater und zu eurem Vater, zu meinem Gott und euerm Gott." Das ist die gute Botschaft, wodurch der Herr das Herz der Seinigen zu erfreuen suchte und wofür Er das Kreuz erduldete und der Schande nicht achtete. Er hat uns in dasselbe Verhältnis als Kind zu Gott dein Vater gesetzt, wie Er es Selbst eingenommen hat. Es ist unser Gott und Vater, wie es Sein Gott und Vater ist. „Darin ist die Liebe völlig in uns, damit wir Freimütigkeit haben, am Tage des Gerichts, denn gleich wie er ist, also sind auch w i r in dieser Welt" (1. Joh. 4, 17). Wir haben Gott und dem Vater gegenüber so ganz Seine Stellung eingenommen; wir dürfen mit derselben Freimütigkeit „Abba, Vater!" rufen, und haben dieselbe Liebe zu erwarten. Es ruht des Vaters Wohlgefallen auf uns, wie auf Ihm, weil wir angenehm gemacht worden sind in dem Geliebten. Wir verstehen nun das Wort des Apostels Pauli, wenn • er sagt: „Gott und der Vater unseres Herrn Jesu Christi." Von diesem Gott und Vater haben wir Gnade und Friede und alle Segnungen zu erwarten, denn Jesus hat gesagt, dass Er auch unser Gott und Vater sei. Welch eine Fülle von Freude und Hoffnung liegt in dem Gedanken, dass der Erst­geborene unter den vielen Brüdern schon aufgefahren ist, und Seinen Platz in der Herrlichkeit zur Rechten des Vaters einge­nommen hat. Hat der Eine Bruder dort Seine Stellung, ein­genommen, so können auch die anderen nur dort ihren Platz finden. „Wir werden ihm gleich sein, denn wir werden ihn sehen, wie er ist" (I. Joh. 3, 2).

„Jesus wurde für uns zur Sünde gemacht, auf dass wir würden in ihm die Gerechtigkeit Gottes." Jetzt erscheine ich vor dem Vater, als ein gereinigtes und geheiligtes Kind, ohne Flecken und Makel, weil ich durch Jesum also vor Ihn hinge­stellt bin. In Ihm bin ich ganz vollkommen dargestellt, denn durch Sein Opfer, das Er ein für allemal gebracht hat, sind alle die Geheiligten vollende t. Diese Gewissheit gibt mir allein volle Freimütigkeit, mich dem Vater zu nahen; ich rede zu Ihm als Kind und weiß, dass ich erhört werde, wenn ich bitte, da ich in dem Namen Jesu bete. Jesus selbst fordert mich zu dieser Freimütigkeit auf, wenn Er mich Bruder nennt und sagt: „Ich fahre auf zu meinem Vater und eurem Vater, zu meinem Gott und eurem Gott." Es würde eine falsche Demut und ein Verkennen Seiner Gnade und Liebe sein, wenn ich diese so köstliche Stellung nicht einnehmen wollte, worin Er durch Sein Werk mich gesetzt hat; es würde großen Undank verraten, wenn ich von den reichen Segnungen, die Er mir durch Sein teures Blut erworben und geschenkt hat, nicht völligen Gebrauch machen wollte.

Hier wandeln wir im Glauben und nicht im Schauen. Wir können in schwierige Lagen kommen und auf mannigfache Weise versucht werden, und nur das allein vermag uns zu stärken, dass' Jesus, der selbst allenthalben versucht worden ist, zu uns gesagt hat: Mein Gott und Vater ist auch euer Gott und Vater. Was kann uns jetzt noch schaden? Ist Gott für uns, wer mag wider uns sein!? Unser Vertrauen und unsere Hoff­nung ist auf den lebendigen Gott gegründet, der Christum von den Toten auferweckt hat und der nun auch unser. Gott ist. Nichts mehr kann uns von der Liebe Christi scheiden, keine Widerwärtigkeit des Lebens ist dazu vermögend, denn ich liege in der Hand Gottes, des Vaters. Jesus hat mich als Seinen Bruder anerkannt; Er hat mich als Kind vor den Vater hin­gestellt, und mich dessen Obhut anvertraut. Wir schauen in das Vaterherz Gottes und nur Liebe strömt uns entgegen, die zu uns redet wie zu herzlich geliebten Kindern. An unser früheres Verhältnis zwischen Gott und uns außer Christi wird nicht mehr gedacht, denn Er gedenkt nicht mehr unserer Sün­den und Übertretungen. Er hat nur Kinder vor Sich, die Seinem Herzen so angenehm und teuer sind, weil Jesus, der Erstge­borene, vieler Brüder ist. Dieser Reichtum ist allein fähig, auch unser Herz mit Liebe zu erfüllen, und uns in einem kind­lichen Wandel vor Ihm zu erhalten. Unser Mund strömt über von Lob und Preis, wenn wir recht verstehen, dass Jesus gesagt hat: Mein Gott und Vater ist auch euer Gott und Vater.

Der Erstgeborene unter den vielen Brüdern hat Sich schon zur Rechten des Vaters gesetzt, und vertritt die Seinigen immer­dar. Gott hat Ihn zum Herrn gemacht über Seiner Hände Werk und hat Alles unter Seine Füße getan. Er ist gesetzt über Alles, was im Himmel und auf Erden ist, und Sein ist die ganze Herr­lichkeit des Vaters. Er ist der Richter der Nationen und König Seines Volkes. Wollen wir unsere Stellung recht verstehen und Alles das erkennen, womit unsere Hoffnung sich zu beschäftigen hat, so brauchen wir nur zu erforschen, was Ihm anvertraut und in welche Stellung Er eingesetzt ist, denn Er hat uns „Seine Brüder" genannt und gesagt: „Ich fahre auf zu meinem Vater und eurem Vater, zu meinem Gott und eurem Gott." Gott hat uns gemacht und uns Alles bereitet zu Lobe Seiner Herrlichkeit durch Jesum Chri­stum; Ihm allein sei Ehre und Macht von Ewigkeit zu Ewig­keit! Amen.

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Ausharren aber tut euch not

Bibelstelle: Hebräer 10,36

Botschafter des Heils in Christo 1853, S. 228ff

Ihr bedürfet des Ausharrens, auf dass ihr, nachdem ihr den Willen Gottes getan habt, die Verheißung davon traget (Hebr. 10, 36)

Je näher wir dem Ende kommen, desto schwieriger wird es für den Christen in dieser Welt seiner himmlischen Berufung gemäß zu wandeln. Die Verführung nimmt zu und der Abfall und die Verwirrung wächst von Tag zu Tag. Darum tut es jetzt besonders not, geliebte Brüder, dass wir uns stets mit den Wor­ten des Apostels untereinander ermahnen: „W a c h e t, stehet im Glauben, seid männlich und seid stark!" Im alten Bunde klagt Jehova durch den Mund des Propheten: „Mein Volk kommt um aus Mangel an Erkenntnis“

und dieselbe Klage hat Er auch heute über das Volk des neuen Bundes zu führen. Jesus Christus hat' die Kirche, Seine Braut, durch Sein eigenes Blut erkauft, hat sie heilig, gerecht .und un­sträflich neben Sich hingestellt und ihr Seinen Geist, als Unter­pfand einer überschwänglichen Herrlichkeit, die für sie im Himmel aufbewahrt wird, geschenkt, allein wie achtet sie den teuren Kaufpreis so gering, und wie wenig versteht sie Sein so köstliches Erlösungswerk! Sie fragt ja fast in den meisten ihrer Glieder immer noch: Wer wird mich erretten vom Dienst der Sünde und des Todes?! Sie hat die Reinigung ihrer Sünden durch das Blut Jesu vergessen; sie ist sich ihrer Rechtfertigung und Heiligung durch das ein für allemal geschehene Opfer nicht mehr bewusst, und gedenket nicht daran, dass Er mit Einem Opfer die Geheiligten auf ewig vollendet hat (Hebr. 10, 14). Ihr Verständnis ist geschwächt, das Licht des Heiligen Geistes ge­trübt, weil sie sich freiwillig der Erleuchtung und Führung dieses Geistes entzogen hat; sie hat die so gesegnete Stellung, die ihr Gott angewiesen und Christus Jesus so teuer erkauft hat, verlassen, und ist in einen Zustand zurückgesunken, der Ihres Gottes und Heilandes unwürdig ist.

Wie kann es auch anders sein? Der Apostel Paulus ruft den Korinthern zu: „Wisset ihr nicht, dass ein wenig Sauerteig den ganzen Teig versäuert?" Wie viel mehr wird der große Sauer­teig den geringen Süssteig verderben, seit die Kirche mit der Welt buhlt, und der Gläubige mit dem Ungläubigen an einem Joche zieht! Die Gemeine Gottes hat ihre hohe himmlische Berufung vergessen, als sie angefangen hat, sich auf dieser Erde wohnlich einzurichten, und ist nicht hienieden, sondern droben in ihrem Vaterlande ein Fremdling geworden; sie hat das Bewusstsein verloren, dass sie mit Christo auferstanden und in den Himmel versetzt ist, darum ist die Erwartung der An­kunft des Herrn von ihr gewichen und die Hoffnung der Herr­lichkeit in ihr verdunkelt. Sobald sie menschliche Autoritäten über sich anerkannte, hat sie Jesum Christum als ihr alleiniges Haupt und den Heiligen Geist als ihren einzigen Führer ver­worfen; sobald sie in der weltlichen Macht ihren Schutz suchte, hat sie Fleisch für ihren Arm gehalten und ist mit ihrem Herzen vom Herrn gewichen und sobald sie in der menschlichen Ver­einigung ihre Stärke erkannte, hat sie aufgehört, ihre Hoffnung auf d e n Gott zu setzen, der da lebendig macht die Toten, und ruft dem, das nicht ist, dass es sei. 

Darum ist sie auch nicht mehr die verachtete und verfolgte 'Gemeine, die von der Welt verkannte und gehasste Braut, die in der Gesinnung ihres Bräu­tigams einherwandeln soll, sondern sie ist verweltlicht in Ge­sinnung und Wandel. Möchte sie doch in diesen letzten Tagen ihren großen Schaden erkennen, und zu Dem zurückkehren, der Jesum, unsern Herrn, aus den Toten auferweckt hat, welcher um unserer Sünden willen dahingegeben und um unserer Ge­recht-Erklärung willen auferweckt ist, auf dass sie nicht be­schämt werde' vor Ihm bei Seiner Ankunft. Der Abfall ist sehr groß und dennoch haben wir auch in unseren Tagen viel Ur­sache, den Gott und Vater unseres Herrn Jesu Christi zu preisen und Ihm zu danken, dass Er an vielen Seelen den Reichtum Seiner Gnade offenbart, dass ihr Glaube wächst, ihre Liebe völliger und ihre Hoffnung fest wird. Lasst uns darum im Ge­bet verharren, dass die Erkenntnis Gottes und Jesu Christi unter uns immer mehr zunehme.

Wundert euch nun aber nicht, meine Brüder, wenn ihr nicht allein von der offenbaren Welt gehasst und verfolgt werdet, sondern auch von denen viele und mannigfache Verleumdungen zu erdulden habt, die viel von ihrem großen Verderben rühmen, dessen Tiefen sie immer gründlicher zu entdecken meinen, während sie in Wahrheit mehr in sich als im Herrn leben, oder gar von solchen, die da meinen in der Nachfolge des Herrn zu stehen, aber noch dienen im alten Wesen des Buchstaben und nicht im neuen Wesen des Geistes. Wundert euch nicht, wenn ihr seht, dass sich in ihnen Neid, Eifersucht und Bitterkeit regt, wenn sie von eurem Frieden mit Gott und eurer Freude im Heiligen Geiste hören, und wie ihr bereit seid,, Alles zu erdul­den, damit ihr nur gelangt zur ersten Auferstehung. O gewiss, es sind viele Seelen unter ihnen, die nicht aus Mangel an Auf­richtigkeit, sondern nur aus Mangel an wahrer Erkenntnis diese unsichere und unklare Stellung eingenommen haben; wir wer­den Viele am Tage des Herrn gerettet sehen, die uns heute verwerfen. 

Deshalb lasst uns nicht vergessen, dass sie unsere Brüder, ja Brüder unseres Herrn Jesu Christi sind, und dass es auch nur das Werk Seiner Gnade ist, dass wir vor Ihm stehen und leben. Lasst uns nicht müde werden, ihnen mit Sanftmut und Liebe zu begegnen, mit Geduld Alles zu ertragen, stets zu ihrem Dienste bereit zu sein und nicht aufhören, heilige Hände für sie aufzuheben, bis wir alle hingelangen, zu einerlei Glauben und Erkenntnis des Sohnes Gottes, und ein vollkommener Mann werden zu vollem Maße der Fülle Christi (Eph. 4, 13), um so viel mehr, da wir sehen, dass sich d e r Tag naht. Lasst uns stets dabei auf Jesum hinsehen, der ein solches Wider­sprechen von Sündern wider Sich erduldete, der Sich für uns dahingegeben hat, und nicht wiederschalt, da Er gescholten ward, sondern es Dem anheim stellte, der da recht richtet. In dieser Gesinnung laßt auch uns immerdar einhergehen, ja in Seinen Fußtapfen lasst uns wandeln!

Es ist aber nicht zu verkennen, dass wir uns bei dem schnell herannahenden Ende in einer schwierigen Stellung befinden.­ Je mehr die Versuchungen den Schein der Gottseligkeit an sich tragen, desto mehr Nüchternheit und Wachsamkeit bedarf es, um das Ziel unverrückt festzuhalten. Darin liegt das Schwierige unsere Stellung und die Größe der Verführung, dass jahrelange Erfahrungen so Vieler, ja selbst die Heilige Schrift dazu be­nutzt wird, um uns in unserm Laufe zu dem göttlichen Kampf­preise aufzuhalten. Unvermerkt kann sich der Feind einschlei­chen, wenn er sich in einen Engel des Lichts verstellt und scheinbar mit Wahrheit auf uns losdringt; er betrübt das Glau­bensauge, und ehe es manche Seele gewahrt, ist sie durch den Geist der Zeit, der die Kirche Christi in ihrem krankhaften Zustande gefangen hält, mitgefesselt. Lasst uns diese Gefahr wohl beachten und uns gegenseitig ermahnen und aufrichten und uns auf betendem Herzen tragen. Auch dürfen wir nicht daran denken, dass diese Gefahr, so lange wir hier sind, auf­höre; wir dürfen nie dahin arbeiten wollen, uns in dieser Welt Ruhe zu verschaffen; vielmehr wird die Verführung zunehmen und Spott und Verfolgung wachsen, bis der Herr kommt und uns in Seine Ruhe einführt. Aber selig ist, wer beharrt bis an's Ende; es wird der Herr bald kommen und nicht verziehen. „„Der Gerechte wird seines Glaubens leben"" und „„wer sich zurückzieht, an dem hat meine Seele kein Wohlgefallen."" „Wir aber halten es nicht mit dem Zurückziehen zum Verder­ben, sondern mit dem Glauben zur Erhaltung der Seele."

Es ist Gottes Wille, dass wir ausharren in den Drangsalen dieser Zeit, dass wir inmitten der kräftigen Irrtümer Ihm dienen in einem lauteren und heiligen Wandel, bis der Herr kommt und wir die Verheißung davontragen. Wir haben dabei einen herrlichen Trost: „Gott ist für uns, und nichts kann uns von Seiner Liebe scheiden?" Er 1st ein starker und getreuer Gott, und weiß die Seinigen wohl durch alle Versuchungen hindurch- zuführen und uns zu befestigen bis ans Ende, dass wir unsträflich sind am Tage unseres Herrn Jesu Christi (1. Kor. 1, 8). Und wie Er der Gott und Vater unseres Herrn Jesu Christi ist, so ist Er auch unser Gott und unser Vater und trägt und führt uns mit großer Geduld und Liebe. In Seiner Gemeinschaft, in welcher wir mit Jesu leben, lasst uns stets erfunden werden, so kann uns nichts schaden. Wir haben auf dieser Erde nichts mehr zu verlieren, weil wir ein himmlisches Volk sind, und alle unsere Segnungen und reichen Güter uns droben beim Vater aufbewahrt werden. 

Wir harren täglich darauf, um mit Jesu in den Vollgenuss der Herrlichkeit zu gelangen. Jetzt schon eingekehrt in das Heilig­tum droben durch das Blut Jesu, lasst uns Ihm dienen in heiligem Wandel, Ihn anbeten im Geist und in der Wahrheit; lasst uns stets warten auf Seinen Sohn vom Himmel, den Er auferweckt aus den Toten, Jesum, der uns erlöst hat vor dem kommenden Zorn (1. Thess. 1, 10). „Lasst uns nicht er­matten, ob auch unser äußerlicher Mensch zu Grunde gerichtet wird, der innerliche wird. von Tag zu Tag erneuert. Denn- unsere kurz­währende und leichte Drangsal schaffet uns eine überschwängliche, ewige, alles über­treffende Herrlichkeit, uns, die wir nicht sehen auf das Sichtbare, sondern auf das Un­sichtbare. Denn was sichtbar ist, ist zeitlich, was aber unsichtbar ist, das ist ewig" (2. Kor. 4, 16-18). 

Bald werden wir diese zerbrechliche Hütte ablegen und einen Bau aus Gott haben. Wir wissen aber, dass der Herr, vor Dessen Richterstuhl wir Alle offenbar werden müssen, zu fürch­ten ist, darum lasst uns, so lange wir im Leibe und in der Fremde wallen, nur daran denken, Ihm wohlzugefallen. Lasst uns mit Jesu hinausgehen und Seine Schmach tragen, und es für eitel Freude und Ehre achten, um Seines Namens willen zu leiden. Ja bald wird Er kommen und Sein Lohn mit Ihm und wir werden die Stätte bereitet finden. Wir werden Ihm gleich sein und Ihn sehen, wie Er ist. Darum harret diese wenigen Tage aus und seid getrost, meine Brüder! „Freuet euch alle­wege, und abermal sage ich, freuet euch in dem Herrn!" (Phil. 4, 4), Haltet unverrückt das Ziel im Auge und wandelt als die Auserwählten und Geliebten Gottes.

Sein Geist offenbare uns immer mehr die reiche Segens­fülle, die uns in Christo geschenkt ist.

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Der Kultus

Die gegenwärtige Erwartung der Kirche Gottes verbunden mit den Weissagungen in Betreff der Juden und Nationen

Bibelstelle: 2.Petrus 1

Botschafter des Heils in Christo 1853, S. 242ff

1. Einleitung

Der Christ soll nicht nur darnach trachten, die Errettung oder das Heil, das in Christo ist, sondern auch alle die Früchte dieses Heils kennen zu lernen. Er soll nicht nur die Gewissheit haben, dass er in dem Hause Seines Vaters auf­genommen ist, sondern auch noch die Vorrechte dieses Hauses genießen.

Die Herrlichkeit Christi ist die der Kirche; in ihr öffnet uns Gott die Zukunft, die Er selbst mit Seinen Ratschlüssen voll­kommen ausgefüllt hat. Es ist sehr nützlich, sich mit dieser kostbaren Wahrheit zu beschäftigen. Als Freunde Gottes, sollen wir an den Gedanken, die Ihn erfüllen, Teil nehmen (Joh. 15, 15). Gott konnte uns keinen zarteren Beweis Seiner Liebe und Seines Zutrauens geben, und gerade diese Beschäf­tigung mit den Gedanken Gottes sind sehr wirksam zum heiligen Wandel.

Im Wandel eines Menschen gibt sich der Zweck oder das Ziel kund, welches Er verfolgt. Verständen die Gläubigen ihre Berufung, welche ist, Teil zu nehmen an einer zukünftigen, ganz himmlischen Herrlichkeit, was würde dann erfolgen? Sie wür­den hienieden nur als Fremdlinge und Pilgrime leben und den Widerschein und die Farbe des Zukünftigen an sich tragen. Sie würden die Verheißungen für das jüdische Volk und die der Kirche besser zu unterscheiden verstehen; sie würden den Geist der Zeit richten und von allen menschlichen Vorurteilen und irdischen Sorgen sich frei machen; sie würden sich in allen Dingen ganz dem Herrn in vollem Vertrauen hingeben und in kindlicher Treue und Furcht vor Ihm wandeln.

Es ist wichtig für uns, wenn wir auf die Prophezeiungen in dem Worte Gottes recht achten, damit wir nicht das Gefühl unserer Vorrechte und der Güte Gottes verlieren. Der größte Teil derselben wird seine Erfüllung beim Ablauf der Haushaltung finden, in welcher wir leben. Die Gerichte Gottes wer­den bald die Völker überfallen; die Kirche ist gewarnt; (Dank dem Heiligen Geiste, der sie unterrichtet!) sie versteht es, sie glaubt es und entrinnt den Wehen, die da kommen sollen.

Das sind keine Ideen, die sich auf Spekulationen gründen, wie uns Satan gern vorwerfen möchte. Wenn ich mit meinen Gedanken die Ratschlüsse Gottes messen will, so wäre es eitle Spekulation; die Prophezeiung aber legt die Gedanken Gottes dar und entwickelt sie; sie ist die Offenbarung der Gedanken und der Ratschlüsse Gottes in Betreff der Zukunft. Nicht allein werden in der Heiligen Schrift solche Prophezeiungen ausge­sprochen, sondern wir werden auch in derselben über deren Inhalt und Erfüllung belehrt.

Gott erquickt und heiligt uns jetzt schon. mit Seiner Ge­meinschaft, die ewig währen soll, aber Er wirkt auch auf unsere Herzen durch bestimmte Hoffnungen. Diese mussten uns aber mitgeteilt werden, auf dass sie wirksam würden, und unsere Zukunft nicht ungewiss, auch nicht von künstlich zu­sammengesetzten Fabeln angefüllt wäre. Nun, der Gott der Gnade und Güte sei gelobt! unsere Zukunft ist nicht schwan­kend, und mit solchen Fabeln angefüllt.

„Wir haben ein festes prophetisches Wort, und ihr tut wohl, dass ihr darauf achtet, als auf ein Licht, usw. Und das sollt ihr für das erste wissen, dass keine Weis­sagung in der Schrift geschieht aus ei g e n e r Auslegung usw." (2. Petrus 1, 16 — 2, 1).

Wir wollen nun drei wichtige Gegenstände untersuchen: d i e Kirche, die Völker und die Juden.

Gott offenbart Sich den Juden als Jehova (2. Mose 6, 3), den Völkern als Richter, der Kirche als Vater. Jesus ist folglich den Juden in der Eigenschaft des Messias vorgestellt; Er ist der Mittelpunkt der Verheißungen und der Segnungen Jehovas für Sein Volk. Der Kirche erscheint Er als Sohn Gottes, der viele Seiner Brüder mit Sich vereinigt; Seinen Titel und Seine Vor­rechte teilt Er mit uns; wir werden genannt: „Kinder Gottes", „Glieder Seiner Familie" und „Miterben des Eingeborenen", der da ist der Ausdruck der ganzen Herrlichkeit Seines Vaters. Beim Ablauf der Zeiten, wenn Gott Alles in Christo zusammen-bringen wird, dann wird sich auch der volle Sinn Seines Namens verwirklichen, unter welchem Er Sich Abraham, dem Vater der Gläubigen geoffenbart hat und unter welchem Er durch Melchi­sedek ist gepriesen worden. Dieser Melchisedek ist das Vorbild jenes, königlichen Hohenpriesters, der der .Mittelpunkt und die Bürgschaft des Segens über Himmel und Erde in ihrer Ver­einigung sein wird. Und dieser Name lautet:. Der Allmächtige, Besitzer des Himmels und der Erde

2. Die Kirche und ihre Herrlichkeit (Epheser 1)

Gott hat Sich der Kirche als Vater geoffenbart und aus die­sem Verhältnisse fließen für sie alle die Früchte der Gnade und ihr köstlicher Zustand in der Herrlichkeit her, so wie sie für Israel aus dem Namen Jehova flossen. Der Vater hat Christo die Kirche gegeben als Seine Braut, und diese wird in vollem Maße an Seiner Herrlichkeit Teil nehmen. -Wir sind vom Vater als Kinder angenommen und zu Mitgenossen der Rechte und der Herrlichkeit Seines Sohnes gemacht, welcher ist der Erst­geborne unter vielen Brüdern. Als Braut Jesu genießen wir alle Vorrechte, welche Ihm gehören, kraft Seiner unvergleich­lichen Liebe.

„Der Vater liebt den Sohn und hat Ihm Alles übergeben" (Joh. 3, 35). Und gleich wie der Sohn den Vater verherrlicht hat, also wird auch der Vater den Sohn verherrlichen. An dieser Herrlichkeit des Sohnes werden wir Teil nehmen. „Ich habe ihnen gegeben die Herrlichkeit, die du mir gegeben hast, auf dass die Welt erkenne, dass du sie liebest, gleichwie du mich liebest" (Joh. 17, 22. 23). Wenn die Welt uns in der gleichen Herrlichkeit mit Jesu sieht, so wird sie überzeugt werden, dass wir ein Gegenstand der gleichen Liebe sind. Die Hoffnung der Gemeine oder Kirche Gottes ist nicht nur, errettet zu werden, dem Zorne Gottes zu entrinnen, sondern die Herrlichkeit des Sohnes Gottes selbst zu besitzen. Das macht ihre Freude völlig, vorn Vater und von Jesu geliebt zu sein und dann, als Folge dieser Liebe, verherrlicht zu werden. Noch mehr, der Vater wollte uns die volle Erkenntnis Seiner Reichtümer mitteilen und gab uns als Unterpfand, den Heiligen Geist, in allen Erlösten.

 Die Stellung der erkauften Kirche, die sich der Erlösung freut und auch auf die Befreiung des Erbes wartet, hat ihr voll­kommenes Vorbild an Israel. Dieses Volk, erlöst aus Ägypten, trat nicht in Kanaan ein, sondern in die Wüste, während das Land Kanaan noch in der Hand der Kanaaniter war. Die Er­lösung Israels war erfüllt, die Befreiung des Erbes noch nicht. Die Erben waren erlöst, aber das Erbteil war noch nicht aus den Händen des Feindes befreit. „Dies ist ihnen", (den Israeli­ten) sagt der Apostel, „widerfahren, um ein Vorbild zu sein, und es ist aufgeschrieben zu unserer (der Kirche) Belehrung, auf weiche das Ende der Zeiten (der Haushaltungen) gekom­men ist." — Christus erwartet die Auferstehung der Kirche, auf dass Ihm Alles unterwürfig sei, nicht allein dem Rechte, sondern auch der Tat nach, in dem feierlichen Augenblicke, wo Jehova alle Seine Feinde zum Schemel Seiner Füße machen wird. B i s zu diesem Zeitpunkt, der als ein Geheimnis in den Tiefen der göttlichen Ratschlüsse aufbewahrt bleibt, sitzt Er zur Rechten der Majestät in der Höhe.

Christus wird als Mensch das Erbe aller Dinge einnehmen, auf dass die durch Sein Blut erkaufte Kirche, Seine Braut, Alles mit Ihm erben könne, und zwar als die gereinigte Miterbin eines Erbteils, welches selbst gereinigt worden ist.

Alle Dinge, sogar wir, sind Christi. „Er ist gesetzt zum Erben aller Dinge" (Hebr. 1, 2). Sie gehören Ihm von Rechts­wegen, weil Er der Schöpfer derselbigen ist (Kol. 1, 15-18). — In dieser Stelle wird Er genannt „der Erstgeborne (oder das Haupt) der Schöpfung", sodann „der Erstgeborne aus den Toten, das Haupt der Kirche, die da ist Sein Leib." Eine Unter­scheidung, welche viel Licht auf unsern Gegenstand wirft. Alle Dinge sind, so wie durch Ihn, also auch für Ihn geschaffen. Daher wird Er sie als Mensch besitzen, als der zweite Adam, welchem Gott nach Seinem Ratschluss alle Dinge hat unterwürfig machen wollen. Der Psalm 8, den der Apostel dreimal in seinen Briefen anführt, ist in dieser Beziehung sehr wichtig.

In der gegenwärtigen Haushaltung, deren Aufgabe es ist, die Miterben zu sammeln, sind Jesu noch nicht alle Dinge untertan (Hebr. 2, 9), aber Er Selbst ist droben verherr­licht und die Gläubigen erkennen Seine Rechte an. Er ist schon gekrönt mit Herrlichkeit und Ehre; Er ist erhöht als unum­schränkter Gewalthaber zur Rechten der Majestät in der Höhe und dies ist uns ein sicheres Pfand, dass Er zu Seiner Zeit Alles erfüllen und Sich untertan machen wird. Die Kirche wird Er mit Sich in die gleiche Herrlichkeit einführen; Er ist ihr Haupt und erfüllt Alles in Allem.

In 1. Korinther 15 sehen wir, dass Jesus durch Seine Auf­erweckung zum zweiten Adam erklärt worden ist. Ihm ist als Mensch ein Reich übergeben, in welchem Ihm Alles untertan sein wird, und welches Er mit der Kirche, welche Sein Leib ist, bei deren Auferstehung teilen wird. Endlich wird Er Selbst Alles Gott und dem Vater übergeben, der Ihm alle Dinge unter­tan gemacht hat, auf dass Gott Alles in Allem sei. Christus, verherrlicht an Seiner Person, sitzt, während die Kirche sich sammelt, auf dem Throne Gottes, wartend, bis sie vollzählig sei, bis der Augenblick komme, wo Er in Seine königliche Macht eingesetzt, und Jehova Seine Feinde zum Schemel Seiner Füße machen werde.

Außer der Versöhnung der Kirche findet also auch die Ver­söhnung aller Dinge statt. „Und Alles durch Ihn versöhnt würde, für Ihn selbst, es sei auf Erden oder im Himmel, indem Er Frieden gemacht, durch das Blut an Seinem Kreuze, durch Sich selbst." Nach dem Ratschlusse Gottes wird in Christo Jesu Alles vereinigt.

Wir sind durch Sein Blut erkauft und haben die Erstlinge des Geistes als Unterpfand der Herrlichkeit. Auch für die Schöpfung ist das Lösegeld bezahlt, aber ihre Befreiung findet erst bei der Offenbarung der Kinder Gottes statt. Es ist noch Alles in einem Zustande des Jammers; die ganze Schöpfung ist noch an das Verderben gefesselt. Auch sind wir dem Leibe nach an die gefallene Schöpfung gebunden, wie wir es dem Geiste nach an Christo sind. Wir haben von einer Seite die Gewissheit, als Kinder angenommen zu sein; wir sind angenehm gemacht in dem Geliebten und haben die Freude über das hoffende Erbe durch den Geist, der das Unterpfand davon ist; aber von der andern Seite seufzen und sehnen wir uns nach unseres Leibes Erlösung. Alles ist in Unordnung; aber wir kennen Den, der uns erlöst, und uns zu Erben aller Dinge ge­macht hat. Er hat uns eingeweiht in das Geheimnis der Liebe des Vaters, und wir genießen diese Vorrechte.

Was uns betrifft, so werden wir unsern Platz in den „himm­lischen Regionen" finden. Die geistlichen Segnungen in den himmlischen Örtern, die wir jetzt in der Hoffnung und auf tausenderlei Weise gestört genießen, werden an jenem Tage ganz natürlich für uns sein und ihr Genuss keinerlei Störung mehr erleiden. Auch die Erde wird die Wirkungen davon ver­spüren. Die bösen Geister in den himmlischen Örtern (Eph. 6, 12), an deren Stelle dann Christus und Seine Kirche getreten ist, werden aufhören, die fortwährende Ursache des Jammers einer Welt zu sein, die durch die Sünde ihrer Macht untertan ist. 

Die Kirche wird mit Christo, Dessen Gegenwart sie genießt und Der für sie die Quelle und die Fülle der Herrlichkeit ist, auf die Welt Strahlen des Segens zurückwerfen, und die Völker, welche gerettet sind, werden in ihrem Lichte wandeln. Sie ist Ihm ähnlich in Seiner Herrlichkeit; sie ist ganz erfüllt von dem Gedanken ihres Bräutigams und im Genuss Seiner Liebe und also wird sie ein lebendiger Beweis Seiner Segensfülle sein, und diese Wohltaten auch Andern mit Freuden mitteilen. Denn Gott hat dies getan, „um in den zukünftigen Zeiten die Reich­tümer seiner Gnade und Güte gegen uns durch Jesum Christum zu offenbaren" (Eph. 2, 7). Die höchste Freude, ja die Freude aller Freude wird in der Gemeinschaft mit dem Bräutigam und mit dem Vater bestehen; aber es ist auch köstlich, Zeuge Seiner Güte zu sein, die Er an der ganzen Schöpfung offenbaren wird, selbst Teil daran zu haben und ein Werkzeug derselben für die gefallene Welt zu sein.

Teure Freunde! Diese, Erde, die wir bewohnen, wollte Gott zu einem Schauplatz der Offenbarung Seines Wesens und Seiner Gnadenwerke machen. Auf dieser Erde ist's, wo die Sünde Ein­gang gefunden, und sich festgesetzt hat. Hier hat Satan seine Kraft für das Böse entwickelt; hier hat Sich der Sohn Gottes erniedrigt, ist gestorben und auferstanden. Auf dieser Erde haben Sünde und Gnade ihre ganze Wirksamkeit entfaltet; hier ist die Sünde überschwänglich, aber die Gnade noch viel über­schwänglicher geworden. Wenn auch jetzt Christus in dem Himmel verborgen ist, so wird Er sich doch auf dieser Erde offenbaren; auf dieser Erde haben die Engel die hellsten Blicke in die Tiefen der Liebe Gottes getan und sie werden hier das Ergebnis davon durch ihre Offenbarungen in der Herrlichkeit erkennen; auf dieser Erde, wo des Menschen Sohn erniedrigt wurde, wird Er verherrlicht werden. Für uns (die Kirche) sind die himmlischen Örter die Stadt unseres Aufenthalts; wir sind nicht das Erbe, sondern die Erben Gottes und Miterben Christi; aber das Erbe ist notwendig zur Herrlichkeit Christi, so wie die Miterben der Gegenstand Seiner zärtlichsten Liebe, Seine Brü­der, Seine Braut sind.

Wir leben also in der Haushaltung, während welcher die Erben gesammelt werden, und es gibt noch eine andere, bei der Ankunft des Heilandes. Darin werden die Erben sich freuen über das Erbe aller Dinge, wo Alles Christo und Seiner Kirche wird untertan sein. Was noch zuletzt erfolgen wird, gehört jetzt nicht in den Kreis unserer Betrachtungen; ich meine diese letzte Periode, wo Gott Alles in Allem ist, und wo Christus Selbst als Mensch Gott untertan und als Mensch das Haupt einer ewig gesegneten Familie sein wird, und zwar in Gemein­schaft mit dem Gott, der sie geliebt hat und in deren Mitte Er Seine Wohnung aufschlagen wird, Gott, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist, gelobet in Ewigkeit. Amen.

Diese Dinge berechtigen die Kirche Gottes durch die Gnade des Heiligen Geistes zu den schönsten Hoffnungen, und wenn. sie sich damit beschäftigt, so wird sie sich von der Welt los­reißen und den Charakter als Verlobte Christi annehmen, wel­chem sie ihr ganzes Herz und alle Gedanken schuldet.

3. Die zweite Ankunft Christi (Apostelgeschichte 1)

In diesem Kapitel sind bei Gelegenheit der Erhöhung des Herrn drei Dinge zu bemerken. Die Jünger waren begierig, zu wissen, wann und wie Gott das Reich Israel wieder aufrichten werde; und Jesus sagte ihnen, dass der Zeitpunkt dieser Wieder­herstellung noch nicht geoffenbart sei; Er sagt aber nicht, dass dies Reich nicht wieder aufgerichtet würde. Das zweite ist: dass der Heilige Geist kommen sollte, und das dritte: dass Jesus wiederkommen werde, wie Er gen Himmel gefahren sei. Sie sollten auf die Rückkunft Christi warten.

Seit der Zeit die Kirche Christi die Lehre von der Erwar­tung der Rückkehr des Herrn aus dem Gesicht verloren hat, wurde sie geschwächt und verweltlicht. Der Gedanke der Wie­derkunft Christi hatte über den Verstand der Apostel die Ober­hand, erhielt ihre Hoffnung aufrecht und begeisterte sie zu einem heiligen Wandel; dies wird uns durch verschiedene Schriftstellen des Neuen Testamentes klar.

In Apostelgeschichte 3, 19-21 heißt es: „So tut nun Buße und bekehret euch, dass eure Sünden getilgt werden, auf dass da kommen die Zeiten der Erquickung von dem Angesichte (durch die Gegenwart) des Herrn . . . ." Der Heilige Geist ist ge­kommen und hat Wohnung bei der Kirche gemacht; aber die Zeit der Erquickung wird durch die Gegenwart des Herrn kom­men. Wir können diese Stelle nicht auf den Heiligen Geist anwenden, weil derselbe schon gekommen war, und durch den Mund des Apostels sagte: „Welchen der Himmel aufnehmen muss bis auf die Wiederherstellung aller Dinge . . . ." Der Heilige Geist hat nicht alles wieder hergestellt. Und der hier kommen soll, soll auch nicht kommen, um die Toten zu richten, noch dass die Welt verbrannt oder zerstört werde, sondern vor Allem zur Wiederherstellung der Dinge, von welchen Gott durch die Propheten geredet hat. Nach Offenbarung 20 sehen wir, dass das Gericht über die Toten und die Ankunft Christi zwei ver­schiedene Begebenheiten sind. In Bezug auf dieses Gericht heißt es: „Alsdann wird der Himmel und die Erde vor Seinem An­gesicht entfliehen."

Wir sehen den Fall, das Verderben des Menschen; wir sehen zugleich, dass die ganze Schöpfung diesem Verderben unter­worfen ist. Die Braut hat ein Verlangen nach der Offenbarung des Bräutigams. Nicht der Heilige Geist ist es, der die Schöp­fung wieder herstellen wird; auch ist Er nicht der Erbe aller Dinge; es ist Jesus. Wenn Jesus in der Herrlichkeit erscheinen wird, so wird Ihn die Welt sehen, aber den Heiligen Geist kann sie nicht sehen.

„Alle Knie werden sich vor dem Namen Jesu beugen." Es ist nicht das Werk des Heiligen Geistes, alle Dinge hier unten wieder herzustellen, sondern Jesum anzukündigen, als der da wiederkommen wird.

Wir sehen, Römer 8, 19. 22, die ganze Schöpfung in einem Zustande der Erwartung bis zu dem Augenblicke dieser An­kunft, welche klar bezeichnet ist, wenn man diese Stelle mit Joh. 14, 1. 3 und Kol. 3, 1. 4 vergleicht. In 1. Kor. 1, 7 lesen wir: „Ihr habt keinen Mangel an irgend einer Gabe des Heiligen Geistes, und wartet auf die Offenbarung unseres Herrn Jesu Christ i." Epheser 1, 10 steht dasselbe, wo­von wir bereits geredet haben. Weil beim letzten Gericht der Himmel und die Erde vergehen werden, so ist es noch vor diesem Zeitpunkte, dass Gott alle Dinge in Christo vereinigen wird.

„Unser Bürgerrecht aber ist im Himmel, von dannen wir auch warten des Heilandes Jesu Christi, des Herr n, welcher unsern nichtigen Leib verklären wird" (Phil. 3, 20. 21). „Wenn Christus, euer Leben, erscheinen wird, so werdet ihr auch mit ihm in Herrlichkeit erscheinen" (Kol. 3).

Im ersten Briefe an die Thessalonicher bezieht sich Alles auf die Ankunft Christi; Alles, was der Apostel von seinem Werke und von seiner Freude sagt, bezieht sich darauf. Vor allem die Bekehrung selbst hat dahin Bezug. Sie waren be­kehrt von den Abgöttern, sie dienten dem lebendigen Gott und warteten auf Seinen Sohn im Himmel (1. Thess. 1, 10). Man sprach in aller Welt von. ihrem Glauben, nämlich dass sie Jesum vom Himmel herab erwarteten. Im Kapitel 3, 13 bittet er: dass ihre Herzen gestärkt, unsträflich, seien in der Herrlich­keit vor Gott unserm Vater und der Ankunft unseres Herrn Jesu Christi, in Begleitung aller Seiner Heiligen. Wir haben den Herrn vor der Periode der tausend Jahre zu erwarten.

Der Apostel war in einem beständigen Warten auf die An­kunft Christi, obschon er den Augenblick derselben nicht wusste, die er aber mit Grund erwarten konnte. Hat er sich darin geirrt? Ganz und gar nicht. Er tat nichts als warten und diese Erwartung hatte den Vorteil, dass sie ihn in einer vollkomme­nen Absonderung von der Welt erhielt. Wenn man von einem Tage zum andern die Ankunft des Herrn erwartete, so würden alle die eitlen Pläne in diesem Leben hinfallen. Vergl. (2. Tim. 4, 1; Tut. 2, 11-14; Hebr. 9, 28; Jak. 5, 9; 2. Petr. 1, 16-21; 1. Joh. 3, 2. 3; Offb. 5, 10).

Erwarten wir den Herrn vom Himmel, haben wir die lebendige Hoffnung, dass wir Ihn sehen und Ihm gleich sein werden, so reinigen wir uns, wie Er rein ist (1. Joh. 3, 3) und sind bereit, in Seiner Gesinnung einher zu gehen. Diese Hoff­nung hat einen mächtigen Einfluss auf unsern ganzen Wandel.

4. Die erste Auferstehung oder die Auferstehung der Gerechten (Luk. 20, 17)

Die Auferstehung der Kirche Christi, die Auferstehung der Gerechten ist vollkommen verschieden von derjenigen der Gott­losen. Diese wird erst nach dem tausendjährigen Reiche statt haben. Wir betrachten hier die Kirche, wie sie an der Ankunft Christi Teil nimmt, welches durch die erste Auferstehung be­werkstelligt wird.

Bei der Betrachtung dieses Gegenstandes stoßen wir schein­bar auf Schwierigkeiten, welche nicht mit dem Worte Gottes, sondern in unseren vorgefassten Gedanken liegen. Man hat die Gewohnheit außerhalb der Heiligen Schrift zu denken. Man trägt viel eher seine Gedanken in dies Wort hinein, als dass man sie aus demselben herleitet.

Die Lehre von der Auferstehung ist in mehr als einer Be­ziehung wichtig. Sie knüpft unsere Hoffnung an Christum und an Seine Kirche und somit an die Ratschlüsse Gottes in Christo. Sie macht uns begreiflich, dass wir in Ihm ganz frei gemacht sind, dass wir an einem Leben Teil haben, was uns mit Ihm vereinigt, und was die Quelle aller Kraft für uns ist, um Ihn von diesem Augenblick an zu verherrlichen. Sie stellt unsere Hoffnung auf die sicherste Weise fest; sie drückt unser ganzes Heil dadurch aus, dass sie uns in eine neue Schöpfung einführt, durch welche die Allmacht Gottes uns in den zweiten Adam versetzt, jenseits des Bereiches der Sünde, des Satans und des Todes. Die Seele, wenn sie scheidet, geht zu- Jesu, aber sie ist noch nicht verherrlicht. Das Wort. Gottes redet von verherr­lichten Menschen, von verherrlichten Leibern, aber nie von ver­herrlichten Seelen. Aber, wie schon gesagt: Vorurteile und menschliche Lehren haben die Stelle des Wortes Gottes einge­nommen; es hat die Erwartung der Auferstehung aufgehört, der gewöhnliche Zustand der Kirche zu sein.

Die Auferstehung war das Fundament der Predigt der Apo­stel (Apg. 1, 22; 2, 24; 3, 15; 4, 2; 10, 38. 40. 41; 17, 18. 31; 24, 21).

Es wird eine Auferstehung der Gerechten oder der Kirche wie der Ungerechten sein; doch stehen beide in keiner Verbindung, und finden weder zu gleicher Zeit, noch nach demselben Prinzip statt. Es werden freilich beide durch gleiche Macht be­wirkt, aber das Prinzip, welches bei der Auferstehung der Ge­rechten zu Grunde liegt, ist die Innewohnung des Heiligen Geistes, welcher der Auferstehung der Gottlosen fremd ist.

An den Gott, der Toten auferweckt, sind wir berufen zu glauben; in der Auferstehung liegt die Macht, die Kraft unserer Rechtfertigung (Röm. 4, 23-25). Das ist die Wahrheit, die uns diese Stelle vorhält. Unsere Gemeinschaft mit Jesu dem Auf­erstandenen macht, dass wir von Gott angenommen sind. Wir sollen Uns ansehen, als wären wir schon jenseits des Grabes. Die Kraft der Auferstehung umfasst das Leben, die Rechtfer­tigung, die Zuversicht und die Herrlichkeit der Kirche.

Die Auferstehung der Kirche ist eine besondere Sache, weil sie an der Auferstehung Christi Teil hat. Wir werden aufer­weckt, nicht nur weil uns Jesus aus dem Grabe rufen wird, sondern weil wir an Ihm Teil haben im Glauben, sind wir schon in Bezug auf die Seele mit Ihm auferstanden, aber noch nicht nach dem Leibe. Die Rechtfertigung der Kirche besteht darin, dass sie mit Christo auferstanden ist. Diese Tatsache ist auch ausgedrückt in Eph. 1, 18 u. ff.; und 2, 4-6. Paulus sagt nie­mals: „Ich bin zufrieden, wenn ich nur erlöst bin." Er wusste, dass die Hoffnung es ist, welche die Seele in Tätigkeit setzt, und die Liebe anregt, die den ganzen Menschen belebt und ihm seine Richtung gibt.

 Er wünschte, dass das Herz der Kirche von dieser Hoffnung ganz erfüllt wäre. Die Liebe Gottes ist nur dann befriedigt, wenn wir der ganzen Herrlichkeit Seines Sohnes teilhaftig sind, und wir sollen nicht gleichgültig gegen diese Liebe sein. Eph. 2, 6 hält uns die gleiche Wahrheit vor. Wie der Geist Christi unser Tröster ist, uns aushilft in unsern Schwachheiten, uns Zeugnis gibt, dass wir Gottes Kinder sind, und uns fähig macht, Gott zu dienen, ebenso werden wir auch durch den­selbigen Geist, der in uns ist, auferstehen. Wir sagen: Unsere Auferstehung ist die Folge des in uns wohnenden Heiligen Geistes (Röm. 8, 11).

Seht da den Unterschied! „Die Welt emp­fängt den Heiligen Geist nicht; denn die Welt sieht ihn nicht und kennt ihn nicht." Unser Leib nun ist der Tempel des Heiligen Geistes, folglich soll unsere Seele von der Herrlichkeit Christi erfüllt sein. Die Auferstehung versetzt die Kirche in die Welt des neuen Adams. Sie ist schon jetzt dieses Lebens teilhaftig; aber sie wird auch tatsächlich in die neue Welt versetzt, deren Haupt und Herrlichkeit Christus sein wird, weil Er sie erwor­ben hat und weil Er daselbst als auferstandener Mensch regiert. Wir werden bei der Ankunft Christi auferstehen (Phil. 3, 20.21).

Joh. 5. 25-29: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: es kommt die Stunde und ist schon jetzt, dass die Toten werden die Stimme des Sohnes Gottes hören, und die sie hören werden, die werden leben. Denn wie der Vater das Leben hat in Ihm Selbst, also hat Er dem Sohne gegeben das Leben in Ihm Selbst, und hat Ihm Macht gegeben, auch das Gericht zu halten, darum weil Er des Menschen Sohn ist. Verwundert euch dessen nicht; denn es kommt die Stunde, in welcher Alle, die in den Gräbern sind, werden Seine Stimme hören; und werden hervorgehen, die Gutes getan haben zur Auferstehung des Lebens, die aber das Böse getan haben zur Auferstehung des Gerichts."

Er macht lebendig, welche Er will, und alles Gericht — ist Ihm übergeben, auf dass Alle, selbst die Gottlosen, den Sohn ehren, wie sie den Vater ehren. Jesus war hienieden mit Schmach bedeckt; nun sorgt Gott der Vater dafür, dass die Rechte Seiner Herrlichkeit anerkannt werden. Er macht leben­dig, welche Er will, zuerst ihre Seele, dann ihren Leib. Diese verherrlichen Ihn aus freiem Willen. Was die Gottlosen be­trifft, so besteht die Art, die Rechte Jesus in Bezug auf sie geltend zu machen, darin, dass Er sie richtet. In dem Werk der Lebendigmachung handeln der Vater und der Sohn in Überein­stimmung, weil die Lebendiggemachten in Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohne sein sollen. Aber was das Gericht anbelangt, so richtet der Vater Niemanden, weil sie nicht Ihn, sondern den Sohn verschmäht haben. Die Gottlosen werden Jesum Christum wider ihren Willen ehren, wenn sie gerichtet werden.

Zu welcher Zeit wird dies in Erfüllung gehen? Es wird für die Gottlosen zur Zeit des Gerichts der Lebendigen und der Toten geschehen, vor dem großen weißen Throne. Für die Kinder Gottes wird es in Erfüllung gehen, wenn ihre Leiber Teil nehmen werden an dem Leben, was ihrer Seele schon mit- geteilt ist, an dem Leben Christi selbst, zur Zeit der Aufer­stehung der. Gerechten.

Man macht den Einwurf: Jesus habe in Vers 28 gesagt: „Es kommt die Stunde, in welcher Alle, die in den Gräbern sind, werden Seine Stimme hören." Also die Gerechten und Unge­rechten sollen offenbar miteinander auferstehen; allein drei Verse vorher heißt es Vers 25: Es kommt die Stunde, und ist schon jetzt, dass die Toten werden die Stimme des Sohnes Gottes hören, und die sie hören werden, die werden leben." Unter Stunde ist hier der ganze Zeitraum verstanden, welcher seit der Ankunft des Heilandes verflossen ist, und in diesem Worte sind zwei verschiedene Zustände der Dinge inbegriffen, weil die Toten die Stimme des Menschensohnes während Seines Lebens gehört haben und sie schon seit 1800 Jahren hören.

Seht also, was uns hier vor Augen gestellt ist: Die Stunde wird kommen für die Lebendigmachung der Seele; es ist die Stunde, die schon seit 1800 Jahren dauert; und die Stunde zum Gericht wird auch kommen.

Das Wort Stunde hat in diesen zwei Stellen den gleichen Sinn, nämlich, dass es eine Zeit für die Lebendigmachung und eine Zeit für das Gericht gibt, eine Periode, während welcher die Seelen lebendig gemacht werden und eine Periode, wo die Leiber sollen auferstehen. Die Auferstehung ist für mich nur die Anwendung der lebendigmachenden Kraft Jesu Christi auf meinen Leib. Ich werde auferstehen, weil ich schon an meiner Seele lebendig gemacht bin. Die Auferstehung ist die Vollen­dung des ganzen Werkes, weil ich ein Kind Gottes bin, und weil der Heilige Geist in mir wohnt, weil ich in Beziehung auf meine Seele schon mit Christo auferstanden bin.

Es gibt eine Auferstehung zum Leben, an welcher diejenigen Teil haben, welche zuvor in ihren Seelen lebendig wurden, und eine Auferstehung des Gerichtes für diejenigen, welche Jesum verworfen haben.

In 1. Korinther 15, 23 zeigt sich die Verbindung sehr klar, die zwischen der Ankunft Christi und der Auferstehung der Toten statt hat, so wie die Ordnung in der Auferstehung sehr deutlich dargestellt ist. „Christus, der Erstling von denen, die da schlafen"; also von denen, die schlafen, und nicht der Gott­losen. Diejenigen, welche Christo angehören, werden aufer­stehen bei Seiner Ankunft; nach derselben wird das Ende kommen, ein Zeitpunkt, wo das Reich Gottes dem Vater über­geben wird. Wann Er kommen wird, wird Er das Reich ein­nehmen, aber am Ende wird Er es übergeben. Die Erscheinung Christi wird also vor dem Ende stattfinden, und zwar zum Untergang der Gottlosen; Er wird kommen, um Sein Königreich zu reinigen. Christus, der Erstling, hernach die, welche Christo angehören bei Seiner Ankunft, hernach das Ende.

1. Thess. 4: Wenn Christus kommen wird, wird Er die Gläubigen mit Sich führen, und die Toten in Christo werden zuerst auferstehen. Dies ist die Vervollständigung unserer Hoffnung; dies ist die Frucht unserer Rechtfertigung, die Folge des Heiligen Geistes in uns.

Die Gerechten, welche gestorben sind, werden vorher auf­erstehen, dann werden die Gerechten, die dann noch leben, verwandelt und zugleich mit denselben hingerückt werden in den Wolken dem Herrn entgegen in die Luft. Dies ist eine Sache, die ausschließlich der Kirche angehört, diejenigen, welche in Christo entschlafen, und welche von dem Augenblick an für immer bei dem Herrn sein werden. Phil. 3, 10 u. ff.: „Zu er­kennen Jesum Christum und die Kraft Seiner Auferstehung", damit ich, sagte er; „auf irgend eine Weise zur Auferstehung der Toten gelange."

Die Auferstehung der Toten ist eben die erste Auferstehung, welche Paulus immer vor Augen hatte. „Ich willige darin ein, will er sagen, Alles, zu verlieren, Alles zu leiden, wenn ich, es koste, was es wolle, nur zur Auferstehung der Gerechten ge­langen kann — und das ist mein einziges Verlangen."

Die Auferstehung der Toten war offenbar eine Sache, die nur die Kirche anging. Sie konnte mit dem Apostel sagen: „Ich strebe nach dem Ziele, nach dem Kleinod der himmlischen Be­rufung Gottes in Christo Jesu."

Was den Zeitpunkt, oder den Zwischenraum anbelangt, zwischen der Auferstehung der Gläubigen und der Auferstehung der Gottlosen, so ist dies ein Umstand, der ganz unabhängig von dem Prinzip an sich selbst ist, nämlich von der Verschieden­heit der beiden Auferstehungen. Unser Glaube über diesen Punkt soll gänzlich von einer ausdrücklichen Offenbarung ab­hängen, die jedoch kein anderes Gewicht hat, als weil es Gott also gefallen hat, zu Seiner Verherrlichung.

Diese Periode findet sich nirgends angemerkt, als in der Offenbarung unter dem Ausdruck von tausend Jahren. Zwischen den beiden Auferstehungen werden 1000 Jahre ablaufen. Es fragt sich nur um. die Zeitdauer, die unter diesem Ausdruck von tausend Jahren verstanden ist. Die Stelle findet sich Offbg. 20: „Und ich sah Throne . .." Die Welt wird alsdann er­kennen, dass wir begnadigt und geliebt worden sind, wie Jesus Selbst von dem Vater geliebt worden ist. Wenn die erste Auf­erstehung, diejenige der Gerechten, nicht buchstäblich statt hat, warum denn die zweite, diejenige der Ungerechten? Als Gegen­stand unserer Hoffnung, Quelle unseres Trostes und unserer Freude trägt es wenig dazu bei, zu wissen, dass die Ungerechten auferstehen werden; aber das Köstlichste und Wesentlichste ist zu wissen, dass die Auferstehung der Gläubigen die Vollendung ihrer Seligkeit sein, und dass Gott durch dieselbe Seine Liebe gegen uns im vollkommensten Maße erfüllen wird; ja Er wird auch unsern Leib lebendig machen, nachdem Er zuvor unserer Seele das Leben verliehen hat; und wird aus dem Staube der Erde eine Gestalt machen, die für dieses Leben aus Gott pas­send ist.


Botschafter des Heils in Christo 1854 Teil 1

01/25/2024
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

Botschafter des Heils in Christo Inhaltsverzeichnis: 1854 Seite
Friede mit Gott 5
Unsere Hoffnung in Gott 9
Der Wandel vor Gott 13
Verfall der Kirche 17
Gedanken zu Römer 4,5 23
Mit Christus einsgemacht 25
Gedanken zu Matthäus 16,24 29
Paulus und Silas in Philippi 32
Die Welt und die Kirche Teil 1/5 37
Die Geschichte Josephs 40
Wandelt in Liebe 42
Über den Gottesdienst 46
Die Welt und die Kirche Teil 2/5 53
Mose stellt sich seinem Volk gleich 58
Die Welt und die Kirche Teil 3/5 60
Mit Freimütigkeit hinzutreten 69
Gedanken zu Matthäus 18,20 73
Vermischtes 76
Abraham und Lot 78
Die Welt und die Kirche Teil 4/5 83
Gedanken zu Hebräer 11,11-19 91
Gedanken über 1. Samuel 1.2 94
Gedanken 96
Herodes und Petrus 97
Die Welt und die Kirche Teil 5/5 102
Korrespondenz 110
Gedanken 113
Sehnsucht 124
Die Kirche nach dem Wort Gottes 131
Das Brotbrechen 137
Gedanken über 1. Mose 24 143
Wirkungen des Geistes Gottes 137
Gedanken über 1. Johannes 1 143
Gedanken 148
Befreiung vom Gesetz 156
Die Vereinigung der Kinder Gottes 163
Gedanken über Epheser 4,32; 5,1.2 165
Die Heiligen nach dem Wort Gottes 177
Gedanken über Epheser 1,3-9 234

Teil 1

Friede mit Gott (Röm. 5, 1) 

„Da wir nun gerechtfertigt worden sind aus Glauben, so haben wir Frieden mit Gott durch unseren Herrn Jesus Christus“ (Röm 5,1).

Es ist etwas überaus Hohes und Herrliches, in Wahrheit sagen zu können: Ich habe Frieden mit
Gott! Die Gottlosen haben keinen Frieden (vgl. Jes 48,22). Die Sünde hat ihn aus dem Herzen jedes Menschen verdrängt und unsere eigene Gerechtigkeit bringt ihn nie wieder. Der Sünder kann Frieden haben, aber nicht mit Gott. Dieser muss eine gewissere und festere Grundlage haben als unser Herz und seine Gerechtigkeit. „Da wir nun gerechtfertigt worden sind aus Glauben, so haben wir Frieden mit Gott, durch unseren Herrn Jesus Christus“ (Röm 5,1). Wir müssen diesen Frieden nicht in uns, sondern allein in Christo suchen, und wer ihn hier gefunden hat, besitzt ihn völlig. Das Werk Christi ist die unumstößliche Grundlage unseres Friedens und aller Segnungen.

Mit unserer eigenen Gerechtigkeit ist es vor Gott ganz aus; wir können vor Ihm nicht darin bestehen. Was vor Ihm bestehen soll, muss heilig sein, wie Er selbst ist (vgl. 1. Pet 1,16). Gott hat unsere Gerechtigkeit bis auf den Grund erprobt und sie nicht probehaltig gefunden. Wohl uns, wenn wir uns selbst erkannt haben, dass vor Ihm kein Fleisch gerecht ist, und dass wir allzumal als Sünder vor Ihm erfunden werden. Der Mensch außer Christo hat nichts zu fordern, nichts zu hoen, sondern nur zu fürchten. Er lebt im Reich der Finsternis und ist dem Tod als der Sünde Lohn anheimgefallen; nur dem Tod bringt er seine Frucht. Da ist auch nicht das Geringste, was Gott gefallen könnte.

Was bleibt nun noch übrig? Von Seiten des Menschen nichts. Sein Tun ist eitel Verderben, für seine Errettung vermag er keinen Schritt zu tun. Wohl ihm, wenn er gelernt hat, seinen Blick ganz von sich abzuwenden, so wird er sein Heil allein bei Gott suchen. Gottes Gnade allein bleibt noch übrig und bietet Leben und Seligkeit dar, und nur hier nden wir durch den Glauben Heil und Frieden. Geliebte, lernt Jesum und sein Werk kennen, so werdet ihr frohlockend ausrufen: Ich habe Frieden mit Gott!
Wo aber dieser Friede mangelt, da hat man nicht erkannt, dass es mit unserer eigenen Gerechtigkeit aus ist und hat das heilvolle Werk der reichen Gnade in Christo Jesu nicht verstanden.

In seinem Worte hat uns Gott selbst dies Werk durch seinen Heiligen Geist geoenbart und wir tun wohl, wenn wir unsere eigenen Gedanken nicht in diese göttliche Oenbarung hineintragen. Wir schwächen nur dadurch diese köstliche Wahrheit und schwächen somit auch unseren Frieden. Wie Gott selbst von seinem Werke zeugt, so ist es wahr, und nicht das, was wir davon denken. Er oenbart uns eine Tiefe des Reichtums seiner Gnade und Herrlichkeit und wir haben nur zu bewundern und gläubig anzubeten. Hat Gott meine Errettung übernommen, steht mein Heil allein in seiner Hand, glaube ich, dass Er voll Gnade und Wahrheit ist, wie kann ich da anders, als mit vollem Vertrauen das annehmen, was Er mir oenbart? Und was Er uns von unserem Heil verkündigen lässt, wie köstlich und herrlich ist es, wie erfüllt es das Herz mit Freude und Frieden. So laßt uns denn, Geliebte, sein Wort in völligem Glauben aufnehmen, so wird alle Furcht schwinden und das sonst unruhige Herz im Frieden Gott preisen. Wer an sein Heil denkt, muss in jeder Beziehung von sich und aller Kreatur völlig absehen und seinen Blick nur auf das richten, was Gott getan hat.


Das Werk Christi ist also der alleinige Grund unseres Friedens mit Gott. Der natürliche Mensch kann weder in die Gemeinschaft Gottes kommen, noch darin bleiben. Gott kann Sich noch so herrlich und treu beweisen, fordert Er das Geringste von uns, so werden wir immer wieder ausrufen müssen:
„Geh von mir hinaus, denn ich bin ein sündiger Mensch, Herr“ (Lk 5,8). Nicht ein Gesetz, und wäre es noch so gut, darf zwischen Gott und uns aufgerichtet werden, sondern nur die Gnade. Es darf Nichts von uns gefordert, sondern es muss Alles geschenkt werden. Sein Bund mit uns darf sich nie auf Gesetzes Werk, sondern allein auf sein freies Erbarmen gründen. Wo nicht, so werden wir uns immer wieder fürchten müssen. Sehen wir nur das Volk Israel an, das in seiner Unwissenheit versprochen hatte: „Alles, was der Herr geredet hat, wollen wir tun!“ (2. Mo 19,8). Wie zitterte es am Berg Sinai
in der Nähe Gottes! Sie ohen und traten von ferne und sprachen zu Mose: „Rede du mit uns, und
wir wollen hören; aber Gott möge nicht mit uns reden, dass wir nicht sterben!“ (2. Mo 20,19).

 Der Sünder kann nicht vor Gott bleiben. Nur wer los ist vom bösen Gewissen, wer geheiligt und gereinigt ist, darf sich Ihm ohne Furcht nahen. In Jesu aber sind wir Gott dargestellt heilig und tadelos in der Liebe (vgl. Eph 1,4), wir sind geheiligt in Ihm und haben das selige Vorrecht in der Gemeinschaft Gottes zu leben.
Christus war oenbart im Fleische und der erste Mensch, der Gott auf Erden vollkommen verherrlichte. Bei Ihm wurde keine Sünde noch Betrug erfunden; Er wandelte völlig in der Gerechtigkeit Gottes; Er war der geliebte Sohn, an dem Gott Wohlgefallen hatte (vgl. Lk 3,22). Aber alle unsere Sünden wurden auf Ihn gelegt. Schon vor Grundlegung der Welt wurde Er als Lamm Gottes zum Sühnopfer für uns bestimmt. Er trat als Mensch vor Gott ganz und gar in unsere Stelle ein; unsere Strafe lag auf Ihm, damit wir Frieden hätten (vgl. Jes 53,5). Er wurde an unserer Statt gerichtet, unser Urteil wurde das seinige, Er hing am Fluchholz in der Mitte von Mördern; unser Los, als Lohn der Sünde, welches der Tod ist, wurde sein Los für uns. Alle, die wir glauben, sind also in Ihm gerichtet und haben in Ihm den Fluch getragen. Als Er starb, starben wir. Unser alter Mensch ist mitgekreuzigt, damit der Leib der Sünde abgetan sei (vgl. Röm 6,6).

 „Denn was er gestorben ist, ist er ein für alle Mal der Sünde gestorben; was er aber lebt, lebt er Gott“ (Röm 6,10), und wir sollen dafür halten, dass wir der Sünde gestorben sind (vgl. Röm 6,11). Er wurde für uns zur Sünde gemacht, damit wir Gottes Gerechtigkeit würden in Ihm (vgl. 2. Kor 5,21). Unsere Sünden waren die Scheidewand zwischen uns und Gott; Er hat durch sein Fleisch am Kreuze jene hinweggenommen und diese niedergerissen. Die Gerechtigkeit Gottes ist in Betre unserer Sünden durch Ihn in Ewigkeit befriedigt. Sie scheiden uns jetzt nicht mehr von unserm Gott, denn wir sind gerechtfertigt worden. Er ist um unserer Übertretungen willen dahingegeben und um unserer Rechtfertigung willen auferweckt worden (vgl. Röm 4,25). Er ist aus dem Gericht genommen und alle Schuld ist entrichtet, jetzt kann unserer Sünden nicht mehr vor Gott gedacht werden. Er ist durch die Herrlichkeit des Vaters auferweckt und zur Rechten des Vaters versetzt (vgl. Röm 6,4.5; Kol 3,1.3), und Gott lässt uns „mitsitzen in den himmlischen Örtern in Christus Jesus“ (Eph 2,6); wie könnten wir noch Furcht haben? 

Ist Jesus, auf dem alle unsere Sünden lagen, auferweckt und zur Rechten Gottes versetzt, wie könnten wir noch an unserer Annahme zweifeln? Es ist ja in Jesu unser Gericht
vollzogen, die Gerechtigkeit gesühnt, und wir sind freigesprochen. Ist der Stellvertreter gerechtfertigt, so sind es auch die, welche Er vertrat. Sein Werk und Opfer geschah nur für uns, unsere Befreiung war ja sein alleiniger Zweck. Er hat dies Werk vollbracht, und Gott hat es anerkannt. Jetzt rufen wir aus: „Wenn Gott für uns ist, wer gegen uns? Er, der doch seinen eigenen Sohn nicht verschont, sondern ihn für uns alle hingegeben hat: wie wird er uns mit ihm nicht auch alles schenken? Wer wird gegen Gottes Auserwählte Anklage erheben? Gott ist es, der rechtfertigt, wer ist es, der verdamme?


Christus ist es, der gestorben, ja noch mehr, der [auch] auferweckt worden, der auch zur Rechten Gottes ist, der sich auch für uns verwendet“ (Röm 8,31–34).
Jesus ist der große Hohepriester über das Haus Gottes (vgl. Heb 10,21) und hat sein eigenes
Blut in das Allerheiligste droben vor das Angesicht Gottes getragen. Er hat eine ewige Erlösung
erfunden. Sind wir nun durch die Heiligung des Geistes von der Welt abgesondert und unter die
Besprengung dieses Blutes gekommen, so kann unser Herz ja ganz beruhigt sein. Dieses so wertvolle Opfer ist immerdar vor den Augen Gottes und wie könnte Gott angesichts dessen noch an unsere Sünden denken! Vielmehr läßt Er uns durch seinen Geist verkündigen: „Ihrer Sünden und ihrer Gesetzlosigkeiten werde ich nie mehr gedenken“ (Heb 10,17) und: „Glückselig der Mensch, dem der Herr die Ungerechtigkeit nicht zurechnet“ (Ps 32,2). Wir sind ein für allemal gereinigt und losgemacht vom bösen Gewissen, ja wir sind nun in Ewigkeit vollendet (vgl. Heb 10,10–14). 

Sein Blut redet besser wie Abels Blut, es schreit für uns immerdar um Gnade und Erbarmen. Und welch einen treuen Hohenpriester haben wir in Jesu, der immerdar für uns bittet und uns vertritt; aufgrund seines wertvollen Opfers, macht Er jede Anklage gegen uns kraftlos. Verständen alle Kinder Gottes das Werk Christi hier und dort, so würde ihr Herz mit Frieden erfüllt sein. Erkannten sie, dass seine saure Arbeit nur unsere Gerecht-Erklärung zum Ziele hat, und wie nahe wir Gott gebracht sind, sie würden als die Geheiligten und Begnadigten in Christo Jesu mit aller Freimütigkeit nahen; glaubten sie die Gerechtigkeit Gottes in Betre all unserer Sünden auf ewig befriedigt und das jetzt uns Gnade und Frieden nur entgegenströme, alle Unruhe wäre gestillt und durch Lob, Preis und Anbetung würden sie in seligem Frieden Gott verherrlichen.


Ich rede hier nicht von unserem Wandel, sondern allein von dem Werk Christi für uns. Wäre mein Friede mit Gott von meinem Wandel abhängig, so könnte er durch den geringsten Fehltritt gestört werden. Das Werk Christi aber bleibt ewig. Dieses Bewusstsein befestigt unseren Frieden. Sich für immer gereinigt, für immer unter der Besprengung Seines köstlichen Blutes zu wissen und wissen, dass dies Opfer so wertvoll vor Gott ist, dass es stets vor seinem Angesicht bleibt und seine Gerechtigkeit für immer über uns zufrieden gestellt hat; das ist es, was unser Herz vor Gott stillt. Ist mein Friede noch abhängig von meinen Gefühlen, so ist er stets dem Wechsel unterworfen, und wir genießen auch nicht seine ganze Fülle und seine reichen Segnungen.


Jesus hat durch sein Fleisch einen neuen und lebendigen Weg ins Heiligtum für uns bereitet, der
Vorhang ist zerrissen. Sein Blut hat uns den Eingang geönet, sodass wir mit aller Freimütigkeit
nahen dürfen. Wir sind ein königliches Priestertum, ein heiliges Volk geworden; sind für immer
besprengt mit seinem Blut, gewaschen mit reinem Wasser, eingeweiht zu seinem Dienst. Geliebte, lasst uns dieses hohe Vorrecht doch in Wahrheit genießen, lasst uns stets zu seinem Dienste bereit sein und unsere Leiber zu einem lebendigen, heiligen und Gott wohlgefälligen Opfer hingeben (vgl. Röm 12,1). Wir sind die vielgeliebten Kinder geworden, die am Vaterherzen Gottes ruhen dürfen, und unser Leben ist jetzt schon mit Christus in Gott verborgen (vgl. Kol 3,3).

Friede mit Gott
Hier möchte ich noch etwas von Wichtigkeit hinzufügen. Es gibt viele Seelen unter den Gläubigen, die sich zu Jesu recht nahe fühlen, aber bei Gott dem Vater in einer gewissen Entfernung bleiben. Es liegt daran, dass sie nicht recht verstehen, dass von Gott dem Vater unsers Herrn Jesu Christo unser ganzes Heil ausgeht. „Denn so hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab“ (Joh 3,16). Gott war in Christo und versöhnte die Welt mit ihm selbst (vgl. 2. Kor 5,19).
In dem ersten Kapitel des Epheserbriefes treten uns so recht klar die Gedanken Gottes über unser Heil entgegen. In Vers 3 heißt es: „Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns gesegnet hat mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern in Christus“ (Eph 1,3).
Es ist also der Gott und Vater unseres Herrn Jesu Christi, der uns so reich gesegnet hat. Er hat uns mit allen geistlichen Gütern im Himmel in und mit Christo gesegnet. Seine Beziehungen zu Christo sind jetzt auch die zu uns, denn Er ist auch unser Gott und Vater geworden. Jesus selbst bezeugt, dass sein Vater uns liebt, wie Ihn (vgl. Joh 17,23), und am Tage seiner Auferstehung ließ er seinen Brüdern sagen: „Ich fahre auf zu meinem Vater und eurem Vater und meinem Gott und eurem Gott“ (Joh 20,17).
In Vers 4 und 5 des angeführten Kapitels redet der Apostel weiter von unserer Auserwählung in
Christo von Seiten Gottes. Es war schon vor Gründung der Zeiten Gottes Ratschluss, aus uns in
Christo einen Gegenstand zu bereiten, der vor Ihm heilig und tadellos sei in Liebe (vgl. Eph 1,4.5). Es war das Wohlgefallen seines Willens, uns für sich selbst durch Jesum Christum zur Kindschaft zu
verordnen, um seine ganze Liebe über uns zu verherrlichen und sein treues Vaterherz zu offenbaren. Er begnadigte uns und brachte uns sich in Christo Jesu so nahe, um dem unaussprechlichen Reichtum
seiner Gnade im Himmel und auf Erden ein Lob zu bereiten. Dies sind die Gedanken des Gottes
und Vaters unsers Herrn Jesu Christi über uns, die wir von ihm im gleichen Maße geliebt sind.
Johannes ruft aus: „Seht, welch eine Liebe uns der Vater gegeben hat, dass wir Kinder Gottes heißen sollen!“ (1. Joh 3,1). Gott ist sich zwar selbst genug, aber seine Liebe musste einen Gegenstand zu
ihrer Verherrlichung haben. Seht, Geliebte im Herrn, wir sind dieser Gegenstand geworden. Wir
sind sein Werk in Christo Jesu (vgl. Eph 2,10). Welch eine reiche Gnade und welch eine Fülle von Glückseligkeit!
O, gewiß, Brüder, sobald wir diese Gedanken Gottes über uns verstehen, können wir von unserm
Gott und Vater nicht mehr in einer Entfernung bleiben, sondern treten nahe hinzu in aller kindlichen Zuversicht und rufen: Abba, lieber Vater! Es steht unser Heil unerschütterlich fest. Unser Glaube gründet und unser Friede ruht in dem ewigen Gnaden Ratschluß Gottes, in dem vollgültigen Opfer Christi und in den untrüglichen Zeugnissen des Heiligen Geistes.


Unsere Hoffnung in Gott
„Wenn aber Kinder, so auch Erben – Erben Gottes und Miterben Christi, . . . “ (Röm 8,17). „Denn ihr habt nicht einen Geist der Knechtschaft empfangen, wiederum zur Furcht, sondern einen Geist der Sohnschaft habt ihr empfangen, in dem wir rufen: Abba, Vater!“ (Röm 8,15). Gott hat den Geist seines Sohnes in unsere Herzen gesandt, . . . (vgl. Gal 4,6). Unsere Stellung zu Gott ist eine überaus herrliche geworden, und versichert uns der reichsten Segnungen. Christus hat uns zu Seinem Kindschaftsrecht erhoben. Wir erfreuen uns mit Ihm der gleichen Liebe des Vaters und haben vollen Anteil an Seinem überschwänglichen Erbe. Wir sind berufen zu der Herrlichkeit Gottes in Christus Jesus. Er ist uns gleich geworden im Fleische, indem Er alle unsere Sünden auf Sich nahm, und hat uns Sich gleich gemacht als Kind vor Gott dem Vater. Die Herrlichkeit, die du mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben, . . . (vgl. Joh 17,22).


Solange wir in dieser Hülle wallen, sind wir beschwert und sehnen uns nach unserer Behausung, die vom Himmel ist (vgl. 2. Kor 5,2). Wir warten auf unsere volle Kindschaft, nämlich auf die Erlösung unserer Leiber, aber in Honung sind wir selig (vgl. Röm 8,23.24). Doch unsere Honung wird sich bald in ein seliges Schauen verwandeln, all unser Sehnen wird gestillt werden bei der Ankunft des Herrn. Und wie wir getragen haben das Bild des irdischen, also werden wir auch tragen das Bild des himmlischen (vgl. 1. Kor 15,49). Schon jetzt ist unser Leben mit Christo in Gott verborgen, aber wir werden auch dem Leibe nach auferstehen, wenn Er kommen wird (vgl. 1. Thes 4,17). Christus ist aus den Toten auferweckt, und der Erstling der Entschlafenen geworden (vgl. 1. Kor 15,20). Der Geist, der Christum aus den Toten auferweckt hat, wird auch unsere sterblichen Leiber lebendig machen, weil Sein Geist in uns wohnt (vgl. Röm 8,11). 

Er wird unseren Leib der Niedrigkeit umgestalten, zur Gleichförmigkeit mit seinem Leib der Herrlichkeit, nach der wirksamen Kraft, mit der Er sich auch alle Dinge unterwerfen kann (vgl. Phil 3,21). An diesen Augenblick knüpfen sich all unsere Hoffnungen und das Ziel unserer Wünsche. Der Apostel Paulus war bereit, alles zu erdulden, und selbst dem Tode Jesu ähnlich zu werden, um nur zu dieser Auferstehung zu gelangen. Schon jetzt besitzen wir das hohe Vorrecht, alle unsere Segnungen, die wir in Christo haben, durch den Glauben zu genießen. „Der Glaube aber ist eine Verwirklichung dessen, was man hot, eine
Überzeugung von Dingen, die man nicht sieht“ (Heb 11,1). In den Vollgenuss der Segensfülle werden
wir jedoch erst kommen, wenn wir zur Auferstehung von den Toten gelangt sind. Ein ewiges,
unverwelkliches und unbeecktes Erbe wird uns im Himmel aufbewahrt, und wir werden es mit
Christus genießen. Bis zur Befreiung dieses Besitztums ist uns der Geist als Unterpfand geschenkt worden (vgl. Eph 1,14). Durch diesen Geist sind wir auch versiegelt bis auf den Tag Jesu Christi (vgl. Eph 1,13; Eph 4,30; 2. Kor 1,22). Wenn wir unsere Beziehungen zu Gott dem Vater und dem Herrn Jesu Christus recht verstehen, so werden wir uns jetzt schon der reichen Segnungen im Glauben erfreuen. Wir sind nun Gottes Kinder und wir wissen auch, dass wir Ihm (Jesus) gleich sein werden, denn wir werden Ihn sehen, wie Er ist (vgl. 1. Joh 3,2). Die Liebe des Vaters ruht auf uns, wie auf Ihm, denn wie Er ist, so sind auch wir in dieser Welt (1. Joh 4,17). Sie sind Alle aus Einem, beide, der da heiligt und die da geheiligt werden (vgl. Heb 2,11). 

Darum scheut Er sich auch nicht, sie Brüder zu nennen, indem er spricht: „Ich will deinen Namen meinen Brüdern kundtun . . . “ (Heb 2,12). Am Tag Seiner Auferstehung, als Er Sein Werk für uns vollendet hatte, spricht Er selbst zu Maria: „Gehe hin zu meinen Brüdern“ (Mt 28,10). Jesus Christus hat uns einen Platz neben Sich angewiesen und mit Sich in die gleichen Rechte und Beziehungen zu Gott und dem Vater gestellt. Wir dürfen nun als Kinder in aller Zuversicht zu Ihm reden. Welch eine Fülle von Freude und Hoffnung liegt in dem Gedanken, dass der Erstgeborene unter den vielen Brüdern schon aufgefahren ist und Seinen Platz in
der Herrlichkeit zur Rechten des Vaters eingenommen hat! Hat Er dort Seinen Platz eingenommen, so werden auch Seine Brüder Ihn dort nden. Wollen wir wissen, wie sehr wir geliebt und gesegnet sind, so haben wir nur zu erforschen, wie sehr Er geliebt und gesegnet ist, denn wir sind als Seine Brüder Ihm gleich worden.


Noch mehr. Wir sind die Braut des Lammes (vgl. O 22,17). In Ewigkeit sind wir mit Ihm verlobt.
Paulus schreibt der Versammlung in Korinth: „ . . . ich habe euch einem Mann verlobt, um euch als eine keusche Jungfrau dem Christus darzustellen“(2. Kor 11,2). Noch pilgert die Braut in der Fremde und wartet und sehnt sich nach Ihrem entfernten Bräutigam. O, möchte sie es in aller keuschen Treue tun! Im Glauben darf sie jetzt schon vertrauten und innigen Umgang mit Ihm gegen und die Süßigkeit Seiner Liebe schmecken. Bald wird sie Ihn auch von Angesicht zu Angesicht schauen und in der Fülle Seiner Herrlichkeit zu Seiner Rechten thronen. Sie wird Ihm zur Hochzeit entgegengeführt werden und Sich im Vollgenuss Seiner Liebe erfreuen. 

Dann wird es heißen: „Lasst uns fröhlich sein und frohlocken und ihm die Ehre geben; denn die Hochzeit des Lammes ist gekommen, und seine Frau hat sich bereitet. Und es wurde ihr gegeben, dass sie sich kleide in feine Leinwand, glänzend und rein; denn die feine Leinwand sind die Gerechtigkeiten der Heiligen“ (O 19,7.8). Doch noch mehr. Christus ist das Haupt der Versammlung und die Versammlung ist Sein Leib (vgl. Kol 1,18) und jeder Gläubige ein Glied dieses Leibes. Diese Beziehung verbindet uns auf das festeste mit Ihm. Haupt und Leib sind unzertrennlich. Als Saulus die Versammlung verfolgte, trat Ihm Jesus auf dem Wege nach Damaskus in den Weg und bekannte Selbst diese Einheit. Er sagte: „Saul, Saul, was verfolgst du mich?“ (Apg 9,4). Es ist klar: wer meinem Leib Übles tut, tut es mir. Aber die Segnungen des Hauptes sind auch die des Leibes. Beide haben Alles gemein. Diese Beziehungen sind
ungemein herrlich und unauflöslich. Der Apostel redet oft davon in seinen Briefen, namentlich auch in der letzten Hälfte des 5. Kapitels an die Epheser. Er spricht hier von dem innigen Verhältnisse des Hauptes zu dem Leib; indem er das eheliche Verhältnis zum Bild nimmt. Christus ist das Haupt der Versammlung und Er ist seines Leibes Heiland (vgl. Eph 5,23).

 Christus, der die Versammlung geliebt und sich selbst für sie hingegeben hat, damit Er sie heiligte, sie reinigend durch die Waschung mit Wasser durch das Wort, damit Er die Versammlung sich selbst verherrlicht darstellt, die nicht Flecken oder Runzel oder etwas dergleichen habe, sondern dass sie heilig und untadelig sei (vgl. Eph 5,25–27). Wir sind teuer erkauft; wir sind das Werk Seiner aufopfernden und hingebenden Liebe.
Wenn ich so sagen darf, wir sind das Weib Seiner Wahl, das Er aus tiefem Elend und großer Armut und Unreinigkeit durch die Hingabe Seines Eigenen Lebens erlöste, und mit Seinem Blute erkauft und geheiligt hat. Angetan mit den Kleidern des Heils, ist sie bestimmt, alle Seine Rechte und Beziehungen als Sohn Gottes mit Ihm zu teilen. 0, herrliches Los! Sie ist die zweite Eva des zweiten Adams und erwählt, um mit Ihm zu herrschen und zu regieren und das herrliche Erbe zu besitzen.

 „Wer seine Frau liebt, liebt sich selbst. Denn niemand hat jemals sein eigenes Fleisch gehasst, sondern er nährt und pflegt es, wie auch der Christus die Versammlung. Denn wir sind Glieder seines Leibes, [von seinem Fleisch und von seinen Gebeinen]. Deswegen wird ein Mensch den Vater und die Mutter verlassen und seiner Frau anhangen, und die zwei werden ein Fleisch sein. Dieses Geheimnis ist groß; ich sage es aber in Bezug auf Christus und auf die Versammlung“ (Eph 5,28–32). Ja, es ist ein überaus herrliches Geheimnis! Christus liebt in uns Sich selbst und Er kann Sich ja Selbst nicht hassen. Die Versammlung darf überzeugt sein, dass Er sie auch liebt, wie Sich Selbst, und sie mit der innigsten Zuneigung nährt und pflegt, denn sie ist ja Sein Eigener Leib. Wie Eva aus Adams Fleisch und Gebein bereitet war, so die Versammlung aus dem zweiten Adam. Sie ist ein Teil von Ihm, und wenn ich so sagen darf, sein anderes Ich. Wie die zwei, Adam und Eva ein Fleisch waren, also Christus und die Versammlung. 

Er verlässt alles, ja selbst auch das Teuerste, und hängt ihr an. Wie unaussprechlich ist doch die Liebe, womit wir geliebt sind, und welch eine Quelle von Freuden und Segnungen hat uns Gott in Christus bereitet! O, Geliebte, lasst uns doch stets Seinen Namen preisen und verherrlichen! Lasst uns den Gott unsers Herrn Jesus Christus, den Vater der Herrlichkeit bitten, dass Er uns gebe den Geist der Weisheit und Offenbarung zu Seiner Erkenntnis und erleuchtete Augen unseres Verständnisses, zu erkennen die Hoffnung Seiner Berufung und den herrlichen Reichtum Seines Erbes an den Heiligen und die überschwängliche Größe Seiner Kraft an uns den Glaubenden nach der Wirkung Seiner mächtigen Stärke, in der Er gewirkt hat in dem Christus, indem Er Ihn aus den Toten auferweckt hat und gesetzt hat zu Seiner Rechten über Alles, was im Himmel und auf Erden ist (vgl. Eph 1,17–23). Er möge uns mehr mit allen Heiligen erfassen lassen, welches die Breite und Länge und Höhe und Tiefe sei; auch zu erkennen die Liebe des Christus, die doch alle Erkenntnis übersteigt, damit wir erfüllt werden zu der ganzen Fülle Gottes hin (vgl. Eph 3,18.19).

 Noch stehen wir in der Wartezeit. All unser Verlangen ist auf Jesus gerichtet, den wir vom Himmel erwarten. Er ist als Hoherpriester mit Seinem Eigenen Blut in das Allerheiligste droben eingegangen und wir sind das versöhnte Volk, welches auf Sein Kommen mit Sehnsucht harrt. Wir haben große Ursache, Ihn mit aller Freudigkeit zu erwarten, denn Er wird allen denen, die Seiner harren, erscheinen zur Seligkeit (vgl. Heb 9,28). In Gottes Wort werden wir oft ermahnt, stets in dieser Erwartung zu stehen, immer bereit zu sein, Ihm entgegen zu gehen. Diese Bereitschaft übt einen großen Einuss auf unsern ganzen Wandel aus. Sie erhält uns allezeit wacker und tröstet uns in allen unsern Drangsalen. Zur apostolischen Zeit nden wir die Versammlung in Thessalonich in ständiger Erwartung, und der Apostel hatte viel von Ihrem Werk im Glauben, Ihrer Arbeit in der Liebe und Ihrer Ausdauer in der Honung zu rühmen. Ihr wurde am meisten über die Ankunft des Herrn geoenbart. 

Die Söhne dieser Welt haben den Herrn nur zum Gericht zu erwarten. Uns aber hat Gott nicht gesetzt zum Zorn, sondern die Seligkeit zu besitzen. Wir sind nicht in der Finsternis, dass uns der Tag des Herrn wie ein Dieb ergreift, sondern Söhne des Lichts und Söhne des Tages (vgl. 1. Thes 5,4–9). Die hier um Seines Namens willen Trübsal leiden, werden ruhen, wenn der Herr Jesus geoenbart werden wird vom Himmel (vgl. 2. Thes 1,7). Er wird diese Welt richten, aber wir werden vor diesem Gericht, (d. h. derer, die auf Erden leben) hinweggenommen, da wir ja mit Ihm die Welt richten werden (vgl. 1. Kor 6,2; O 2,26.27). Wir, die wir leben und überbleiben auf die Ankunft des Herrn, werden mit den in Christus Entschlafenen zugleich entrückt werden in Wolken, dem Herrn entgegen in die Luft und werden also bei dem Herrn allezeit sein (vgl. 1. Thes 4,15–17). Dies ist die erste Auferstehung.

 Selig und heilig ist, der Teil daran hat; über die hat der andere Tod keine Macht; sie werden Priester Gottes und Christus sein und mit Ihm regieren tausend Jahre (O 20,5–6). Ja, Er hat uns zu Königen und Priestern gemacht und wir werden über die Erde herrschen (vgl. O 5,10). So lasst uns, Geliebte, allezeit wacker und nüchtern sein und Jesus vom Himmel erwarten. Alle Verheißungen sind Ja und Amen in Ihm. Wann Er kommen wird, wissen wir nicht; aber Er ist nahe. Wir können Seine Ankunft jeden Augenblick erwarten. Unsere Honungen und Erwartungen knüpfen sich nicht an diese Erde; unser Erbteil ist droben im Himmel. Wenn wir Ihm entgegengerückt sind, werden wir in dessen Besitz gelangen. So lasst uns nüchtern sein, angetan mit dem Brustharnisch des Glaubens und der Liebe, und mit dem Helm der Honung der Errettung (vgl. 1. Thes 5,8).  

Noch stehen wir in der Wartezeit. All unser Verlangen ist auf Jesus gerichtet, den wir vom Himmel erwarten. Er ist als Hoherpriester mit Seinem Eigenen Blut in das Allerheiligste droben eingegangen und wir sind das versöhnte Volk, welches auf Sein Kommen mit Sehnsucht harrt. Wir haben große Ursache, Ihn mit aller Freudigkeit zu erwarten, denn Er wird allen denen, die Seiner harren, erscheinen zur Seligkeit (vgl. Heb 9,28). In Gottes Wort werden wir oft ermahnt, stets in dieser Erwartung zu stehen, immer bereit zu sein, Ihm entgegen zu gehen. Diese Bereitschaft übt einen großen Einfluss auf unsern ganzen Wandel aus. Sie erhält uns allezeit wacker und tröstet uns in allen unsern Drangsalen.


Zur apostolischen Zeit finden wir die Versammlung in Thessalonich in ständiger Erwartung, und der Apostel hatte viel von Ihrem Werk im Glauben, Ihrer Arbeit in der Liebe und Ihrer Ausdauer in der Hoffnung zu rühmen. Ihr wurde am meisten über die Ankunft des Herrn geoffenbart.

Die Söhne dieser Welt haben den Herrn nur zum Gericht zu erwarten. Uns aber hat Gott nicht gesetzt zum Zorn, sondern die Seligkeit zu besitzen. Wir sind nicht in der Finsternis, dass uns der Tag des Herrn wie ein Dieb ergreift, sondern Söhne des Lichts und Söhne des Tages (vgl. 1. Thes 5,4–9). Die hier um Seines Namens willen Trübsal leiden, werden ruhen, wenn der Herr Jesus geoffenbart werden wird vom Himmel (vgl. 2. Thes 1,7). Er wird diese Welt richten, aber wir werden vor diesem Gericht, (d. h. derer, die auf Erden leben) hinweggenommen, da wir ja mit Ihm die Welt richten werden (vgl. 1. Kor 6,2; O 2,26.27). Wir, die wir leben und überbleiben auf die Ankunft des Herrn, werden mit den in Christus Entschlafenen zugleich entrückt werden in Wolken, dem Herrn entgegen in die Luft und werden also bei dem Herrn allezeit sein (vgl. 1. Thes 4,15–17). Dies ist die erste Auferstehung.

Selig und heilig ist, der Teil daran hat; über die hat der andere Tod keine Macht; sie werden Priester Gottes und Christus sein und mit Ihm regieren tausend Jahre (Off. 20,5–6). Ja, Er hat uns zu Königen und Priestern gemacht und wir werden über die Erde herrschen (vgl. Off. 5,10).
So lasst uns, Geliebte, allezeit wacker und nüchtern sein und Jesus vom Himmel erwarten. Alle
Verheißungen sind Ja und Amen in Ihm. Wann Er kommen wird, wissen wir nicht; aber Er ist
nahe. Wir können Seine Ankunft jeden Augenblick erwarten. Unsere Hoffnungen und Erwartungen knüpfen sich nicht an diese Erde; unser Erbteil ist droben im Himmel. Wenn wir Ihm entgegengerückt sind, werden wir in dessen Besitz gelangen. So lasst uns nüchtern sein, angetan mit dem Brustharnisch des Glaubens und der Liebe, und mit dem Helm der Hoffnung der Errettung (vgl. 1. Thes 5,8).

Der Wandel vor Gott 
Hat der Christ verstanden, wie nahe ihn das Werk Christi gebracht, und in welch‘ herrliche
Beziehungen er zu Gott dem Vater und dem Herrn Jesus Christus gekommen ist, so ist es ihm
auch klar, dass er in seinem ganzen Wandel nur auf die Verherrlichung Gottes und des Werkes
Christi bedacht sein darf. „Denn wir sind sein Werk, geschaffen in Christus Jesus zu guten Werken“ (Eph 2,10). In dem Geliebten Gottes sind wir Geliebte geworden, zu Seinem Dienst bereitet. Dieser Dienst ist unser seliges Vorrecht. Die Welt kann Ihm nicht dienen. Für uns aber ist das Heiligtum geöffnet durch das Blut Jesu und durch dieses Blut besprengt, sind wir die geheiligten und geweihten Priester, geistliche Opfer darzubringen. Für uns ist der Vorhang zerrissen durch Sein Fleisch, und auf einem neuen und lebendigen Weg nahen wir freimütig zum Dienst unseres Gottes. Nicht mehr haben wir nötig zu zittern, wie das Volk Israel am Berg Sinai. Nicht mehr hat sich Gott in eine Wolke verhüllt – Jesus hat uns Sein Vaterherz völlig geoffenbart und uns als Seine Kinder Ihm ganz nahe gebracht. 

So gehören wir auch nun uns nicht mehr selbst, sondern Dem, der für uns gestorben und auferstanden ist. Darum sollen wir unsere Leiber zu einem lebendigen, heiligen und Gott wohlgefälligen Opfer hingeben (vgl. Röm 12,1) und unsere Glieder Gott zu Waffen der Gerechtigkeit.

Unser Wandel betrifft nicht allein den Dienst vor Gott, sondern auch das Leben unter den Heiligen und das Verhalten der Welt und ihrem Wesen gegenüber. Wir sind schuldig, uns überall als die Kinder Gottes zu beweisen, als solche, die den Geist Christi haben. Unsere himmlische Berufung Gottes in Christus Jesus ist etwas Herrliches und unser Wandel soll ihrer würdig sein. Wir sind von der Welt durch den Heiligen Geist für Gott abgesondert und unter den Gehorsam und die Besprengung des Blutes Christi gestellt. Wir sind Schuldner geworden, durch den Geist des Fleisches Geschäfte zu töten und uns von dem Wesen dieser Welt zu trennen und getrennt zu halten. „Wenn ihr nun mit dem Christus auferweckt worden seid, so sucht, was droben ist, wo der Christus ist, sitzend zur Rechten Gottes. Sinnt auf das, was droben ist, nicht auf das, was auf der Erde ist; denn ihr seid gestorben, und euer Leben ist verborgen mit dem Christus in Gott“ (Kol 3,1–3).

Wir wissen, Geliebte, dass unsere Stellung vor Gott in allen Beziehungen zu Ihm vollkommen ist,
weil diese nur eine Frucht des Werkes Christi ist. Solange wir dies nicht erkannt haben, solange der Geist Gottes uns nicht in die Rechte dieses Werkes eingesetzt hat, kann von keinem Wandel und Dienst vor Gott die Rede sein. Wir sind durch den Glauben gerecht, durch die Besprengung des Blutes Christi für immer vor Gott gereinigt. Dieses Blut redet jeden Augenblick für uns. Haben wir dies nicht verstanden, so ist unser Wandel oder Dienst vor Gott nur ein Gelüste des Fleisches. Wir gefallen Gott darin nicht. Suchen wir bewusst oder unbewusst vor Gott eine Gerechtigkeit und Heiligkeit im Fleische aufzurichten, so ist es Ihm ein Greul. Man kann mit dem Geist sehr beschäftigt sein, Gott dienen zu wollen, während man in der Tat nur sich selbst sucht und dient. Ein solcher Dienst verkennt Gottes Wahrhaftigkeit und das Werk Christi. Der Christ aber ruht in Christus und dient Gott im Geist. 

Solange wir aber nicht in Ihm sind und nicht zur Freiheit des Glaubens durchgedrungen sind, dienen wir mit dem Fleisch und bringen dem Tode Frucht. Es Ist gut, wenn wir den Dienst im Geist und mit dem Fleisch wohl zu unterscheiden wissen. Der erste ist vor Gott angenehm, der andere verwerich. Mit dem Fleische dienen wir, um Gott etwas zu bringen, im Geiste aber, weil Gott uns etwas gebracht hat. Jener Dienst ist eine Frucht des Hochmuts und der Eigenliebe, dieser eine Frucht des Werkes Christi und ein Ausfluss der Liebe Gottes.

Wir können den Dienst mit dem Fleisch als unhaltbar und verwerflich vor Gott erkannt haben, und doch den Dienst mit dem Gemüte oder des Geistes, als angenehm vor Gott, nicht anerkennen. Dies ist aber ein Beweis davon, dass wir Gottes Wort und das Werk des Heiligen Geistes in uns nicht recht verstehen. Wir lassen uns dadurch ein köstliches Vorrecht rauben und verherrlichen wenig den Namen Gottes und das Werk Christi. Dieses Werk bleibt wohl in Bezug auf unsere Errettung ewig gültig für uns, wenn wir es wirklich im Glauben angenommen haben, auch wenn wir manchmal nur in geringem Maß seine köstlichen Segnungen genießen. Wir können in Zeiten durch dasselbe sehr getröstet werden, doch wir wandeln nicht immer in der Gemeinschaft und Gegenwart Gottes, in welche uns doch dieses Werk gebracht hat. 

Unsere Lust und Freude haben wir wenig am Herrn, denn wir verstehen und erfahren nicht, wie nahe wir gekommen sind. Wir durchschauen unseren eischlichen Dienst und klagen uns darin an, aber wir wachsen nicht in der Erkenntnis Gottes und Christi Jesu unseres Herrn, wie wir es sollen.

Unser Dienst vor Gott kann schwach und unvollkommen sein, aber es ist gut, wenn wir ihn als ein Vorrecht der Kinder Gottes anerkennen. Er wird dann nicht immer so schwach und unvollkommen bleiben. Wir werden suchen in der Erkenntnis Gottes und Christi und in der Kraft Seiner Auferstehung zu wachsen. Den Aufrichtigen wird‘s gelingen. Der Geist Gottes will uns führen und in die ganze Wahrheit leiten. Er geoffenbart uns Jesum und die ganze Segensfülle in Ihm. Unser Glaube besitzt in Ihm, was wir zum Leben und göttlichen Wandel bedürfen. Wir werden immer mehr zubereitet von Gott zu Seinem Dienst. Er ist der Gott aller Gnade, der uns berufen hat zu Seiner ewigen Herrlichkeit in Christus Jesus und wird uns vollkommen machen, stärken, kräftigen, gründen (vgl. 1. Pet 5,10).


Er reinigt uns, dass wir mehr Frucht bringen, denn dadurch wird der Vater geehrt, dass wir viel
Frucht bringen (vgl. Joh 15,8). Die heilsame Gnade Gottes erzieht uns, das ungöttliche Wesen und die weltlichen Lüste zu verleugnen und züchtigt uns, gerecht und gottselig zu leben in dieser Welt (vgl. Tit 2,12). Der Geist Gottes geoffenbart uns das Werk Christi und die Kraft Seiner Auferstehung und unser Glaube findet darin Leben und Seligkeit, Kraft und Sieg. Er lehrt uns erkennen alle unsere köstlichen Beziehungen zu Gott und überzeugt unsere Herzen von der seligen Hoffnung und Herrlichkeit. Der Geist Christi in uns tröstet, ermahnt und lehrt uns; ja er züchtigt und vertritt uns mit unaussprechlichen Seufzern.

Dies Nahesein verpichtet uns nicht allein zum Gottesdienst und zu einem würdigen Wandel,
sondern es ist, wie gesagt, ein teures Vorrecht geworden. Wir werden dies erkennen, sobald wir
unsere herrlichen Beziehungen recht ins Auge fassen. Als Kinder Gottes sind wir ermahnt Gottes
Nachahmer zu sein und als geliebte Kinder in Liebe zu wandeln (vgl. Eph 5,1). Diese Stellung nahm Christus als eingeborener Sohn allein ein, allein Er hat uns mit Sich gleich nahe gebracht und alle Seiner köstlichen Segnungen teilhaftig gemacht. Darum sind auch wir aufgefordert Ihm gleichgesinnt zu sein (vgl. Phil 2,5) und zu wandeln, wie Er gewandelt ist (vgl. 1. Joh 2,6). Wir sind die Braut des Lammes geworden und warten auf unseren geliebten Bräutigam, der die Braut so teuer erkauft hat – wie darf es nun auch anders sein, als dass wir mit aller keuschen Liebe und Treue auf Ihn harren, damit wir am Tag Seiner Ankunft lauter und ohne Tadel erfunden werden? (vgl. Phil 2,15;vgl. 1. Thes 5,23). 

Wir sind der Leib Christi, die Versammlung, wofür Er Sich Selbst hingegeben hat, um sie Sich herrlich darzustellen (vgl. Eph 5,27). Diese so innige Beziehung, diese so unzertrennliche Einheit fordert die ganze Unterwürgkeit der Versammlung unter ihr Haupt. Ihr Leben und Wesen ist Eins mit Ihm, so kann auch ihr Wandel nur in Seiner Gemeinschaft sein. Ihr Tun und Lassen darf sich nur auf Ihn beziehen, Sein verborgener, wohlgefälliger Wille darf nur die Triebfeder all ihrer Handlungen sein. Er ist das Haupt der Versammlung, wie könnte sie sich noch selber leben wollen! 0, wohl uns, wenn wir unsere so nahe Stellung in Wahrheit erkennen, so werden wir in kleinen und großen Dingen nur an die Verherrlichung Seines Namens denken, und Alles mit und in Ihm und zu Seiner Ehre tun. Das ist die Liebe zu Gott, dass wir seine Gebote halten, und seine Gebote sind nicht schwer (vgl. 1. Joh 5,3).

Wir sind wie die Davoneilenden, die Alles verlassen haben, um einer unvergänglichen Krone
nachzujagen, der Kostbarkeit der himmlischen Berufung Gottes in Christus Jesus. Solange wir in
dieser Hütte wallen, bleibt unser Leben ein Kampf. Wir haben viele Feinde, die voll Bosheit und List sind. Es sind die unsichtbaren Mächte der Finsternis, die Geister der Bosheit an höheren Örtern. Nur in der Kraft des Herrn, nur in der Waffenrüstung Gottes können wir ihnen gegenüber widerstehen (vgl. Eph 6,10–18). Die Welt umgibt uns mit ihren Reizen, die Sünde legt uns ihre geheimen Netze, und das Fleisch sucht seine Ansprüche geltend zu machen, darum bedürfen wir der Kraft des Glaubens und alle Wachsamkeit und Nüchternheit im Gebet, um den Versuchungen zu widerstehen. Was uns aber namentlich im Kampf ermutigt und ausharrende Geduld gibt, ist die Honung unserer Berufung.


Sie bewirkt, dass wir uns reinigen, wie Er rein ist (vgl. 1. Joh 3,3), sie macht und hält uns frei von den Dingen dieser Welt. Die ständige Erwartung des Sohnes Gottes vom Himmel, erhält uns wach und nüchtern, und die Hoffnung Seiner Ankunft und der Herrlichkeit danach, erhält die Freude am Herrn und richtet unsere Blicke stets nach oben. Sie unterhält unsere Sehnsucht nach der Heimat droben, wo Jesus als Erstgeborener vieler Brüder schon eingegangen ist, und gibt uns eine Verleugnung alles Zeitlichen und ein freudiges Ausharren in den Drangsalen dieses Lebens. Wir sind ein himmlisches  Volk geworden, darum darf auch unser ganzer Wandel immer nur himmlisch sein.

Was die Gemeinschaft der Glieder des Leibes Christi untereinander betrifft, so kann sie ihrem Wesen nach nur eine innige und herzliche sein, gegründet auf eine ungeheuchelte und aufrichtige Liebe. Erkenne Ich in jedem wahrhaft Gläubigen die nahe Beziehung zu Gott dem Vater und Christus Jesus, als Kind, Bruder, Glied der Braut und des Leibes, so wird dieses Bewusstsein eine dienende und tröstende Liebe, eine sanftmütige und geduldige Tragbarkeit in mir hervorrufen. Verstehe ich in der Tat, wie teuer jeder Miterlöste dem Herrn geworden ist, und mit welcher Liebe, Erbarmung und Langmut ich selbst Immerdar getragen und gepflegt werde, so wird das mein Herz zur Liebe und innigen Teilnahme an all dem erwecken, was jedes Glied betrifft. Wenn ein Glied leidet, so leiden sie alle und wenn ein Glied verherrlicht wird, so freuen sich alle Glieder mit (vgl. 1. Kor 12,26).


Verstehe ich in Wahrheit die Gedanken Gottes, den Reichtum der Gnade und die Fülle der Liebe
über uns in Christus Jesus, so kann ich nur auf das Wohl und das Heil aller Mitgeliebten bedacht
sein. Wünsche ich, dass der Name Gottes und Christi aus Vieler Mund gepriesen und durch Vieler
Wandel verherrlicht werden soll, so werde ich nicht müde werden, alle Miterkauften, zur Liebe und zu guten Werken zu reizen. „Wenn es nun irgendeine Ermunterung gibt in Christus, wenn irgendeinen Trost der Liebe, wenn irgendeine Gemeinschaft des Geistes, wenn irgend innerliche Gefühle und Erbarmungen, so erfüllt meine Freude, dass ihr gleich gesinnt seid, dieselbe Liebe habend, einmütig, eines Sinnes, nichts aus Streitsucht oder eitlem Ruhm tuend, sondern in der Demut einer den anderen höher achtend als sich selbst; ein jeder nicht auf das Seine sehend, sondern ein jeder auch auf das der anderen. [Denn] diese Gesinnung sei in euch, die auch in Christus Jesus war“ (Phil 2,1–5).

 „In der Bruderliebe seid herzlich zueinander, (Röm 12,10). „Lasst eure Milde kundwerden allen Menschen; der Herr ist nahe“ (Phil 4,5). Ja, Geliebte, der Herr ist nahe; darum seid fest, unbeweglich und nehmt immer zu in dem Werk des Herrn (vgl. 1. Kor 15,28). Haltet eure Lampen geschmückt, denn der Bräutigam hat sich aufgemacht, lasst uns Ihm in aller Unterwürfigkeit entgegen gehen. „Um Mitternacht aber erhob sich ein lauter Ruf: Siehe, der Bräutigam! Geht aus, ihm entgegen!“ (Mt 25,6). Liebe Brüder, es Ist die Nacht weit vorgerückt und der Tag herbeigekommen (vgl. Röm 13,12). Das mitternächtliche Geschrei: „Siehe, der Bräutigam!“ wird in unsern Tagen immer lauter und hörbarer. In vielen Herzen der Glieder Christi ist ein Sehnen nach dem Kommen des Herrn erwacht, und immer werden mehr hinzugetan, welche diese Sehnsucht teilen und mit großem Verlangen auf Den warten, Den Ihre Seele liebt. „Und der Geist und die Braut sagen: Komm! Und wer es hört, spreche: Komm!“ (O 22,17). Lasst euch doch nicht durch die bösen Knechte irre machen, die in falscher Sicherheit sagen:

„Der Herr kommt noch lange nicht“. Schenkt ihnen kein Gehör, selbst wenn sie mit einem Schein von Wahrheit zu euch kommen. Denkt vielmehr daran, dass Er uns alle recht wacker und untadelig finden möchte, zu Seinem Preis und zu unserm Heil! Die Zeit ist kurz, lasst sie uns recht auskaufen. Nicht mehr lange, so werden Ihn unsere Blicke sehen und wir werden immerdar bei Ihm sein. Diese Welt ist nicht unsere Heimat, sie vergeht mit ihrer Lust. Unsere Heimat ist am Thron, wohin der Erstgeborne der Brüder schon eingegangen ist, und unser Erbe ist ein ewiges, unverwelkliches und unbeflecktes. Wir sind Christi geworden und tragen Seinen Namen. Wir dulden Spott, Hohn, Lästerung und Drangsale aller Art, weil wir Sein sind; aber getrost, wir sind ja auf der Reise zu Ihm. Die Kinder Eines Vaters, der Bräutigam und die Braut, das Haupt und die Glieder, haben alles gemeinsam. Das ist ja gewisslich wahr:  Sind wir mit Ihm gestorben, so werden wir auch mit Ihm leben. Harren wir geduldig aus, so werden wir mit Ihm königlich herrschen (vgl. 2. Tim 2,11). 

Darum lasst uns mit Freuden den Weg laufen und der herrlichen Kostbarkeit der himmlischen Berufung Gottes in Christus Jesus unverrückt entgegen eilen. Bald sind wir am Ziel, jeden Augenblick kann unser Sehnen gestillt und unser Glaube und unsere Hoffnung in ein seliges Schauen verwandelt werden. Unsere Freude sei allezeit am Herrn, denn diese Freude ist unsere Stärke. Lasst uns in einem guten Kampf beharren und Seine Erscheinung stets lieb haben, so wird uns, wenn der Erstgeborene erscheinen wird, die Krone der Gerechtigkeit beigelegt werden. O, geliebte Brüder, welch eine Freude wird es sein, wenn wir Ihn kommen sehen werden, und Ihm mit allen Heiligen entgegengerückt werden. Darum lasst uns doch in diesen wenigen Tagen nicht ermatten und nicht müde werden im Gutes tun, bald, bald werden wir auch ohne aufzuhören ernten. „Wacht, steht fest im Glauben; seid mannhaft, seid stark!“ (1. Kor 16,13). Unsere gegenseitige Ermahnung und unser Zuruf bleibt stets: Der Herr ist nahe!

Verfall der Kirche Einige Worte über den Verfall der Kirche und die Anstrengungen zur Wiederherstellung  Autor: John Nelson Darby


Es ist der Wille Gottes in der jetzigen Haushaltung, dass alle Kinder Gottes vereinigt werden sollen, denn sie sind nicht von dieser Welt. Der Herr Jesus hat sich nicht nur für dieses Volk hingegeben, sondern auch, „damit er auch die zerstreuten Kinder Gottes in eins versammelte“ (Joh 11,52). Diese Vereinigung war ein unmittelbarer Zweck seines Todes. Die jüdische Haushaltung hatte nicht das Ziel, die Kirche auf der Erde zu sammeln, denn sie sollte die Regierung Gottes durch eine auserwählte Nation offenbaren. Jetzt ist das Ziel des Herrn, eine Einheit auf der Erde durch einen Geist zu verwirklichen, der vom Himmel gesandt ist: „Denn auch in einem Geist sind wir alle zu einem Leib getauft worden“ (1. Kor 12,13). Das ist die unleugbare Wahrheit in Bezug auf die Versammlung, wie sie uns im Wort Gottes dargestellt wird. Die Vereinigung aller Kinder Gottes zu einem Leib stimmt vollkommen mit den Gedanken Gottes in seinem Wort überein.


Die Reformation hatte es weniger mit dem wahren Charakter der Versammlung zu tun, denn sie
strebte nicht geradezu dahin, sie in ihrer ersten Form wieder herzustellen, obwohl sie auch einen sehr wichtigen Gedanken in den Vordergrund gestellt hat. Sie brachte die Wahrheit Gottes ans Licht, wie Seelen gerettet werden. Und das geschah in großer Klarheit und Macht. Doch unterwarf sie die Kirche dem Staat, um sie von der Unterwerfung unter den Papst zu befreien. Sie betrachtete alle Untertanen eines Landes als Christen.

Manche Gläubige unterscheiden jetzt eine sichtbare und unsichtbare Kirche. Doch in der Schrift
lesen wir: „Ihr seid das Licht der Welt; eine Stadt, die auf einem Berg liegt, kann nicht verborgen sein“ (Mt 5,14). Wozu nützt aber ein unsichtbares Licht? Gott hat nicht ein Licht angezündet, um es unter einen Scheel zu stellen, sondern um es auf einen Lampenständer zu setzen, damit es denen leuchtet, die in dem Haus sind (vgl. Mt 5,15). Wenn die Kirche unsichtbar geworden ist, hat sie aufgehört, der Absicht Gottes zu entsprechen und ist abtrünnig geworden.


Wir sind uns bewusst, dass die Einigung aller Kinder Gottes in Eins nach dem Willen Gottes ist. Dies wird von vielen Gläubigen anerkannt, und um dieses Ziel zu erreichen sind große Anstrengungen
gemacht worden. Zum Beispiel versucht man Versammlungen nach dem Muster der apostolischen
Zeit ins Leben zu rufen. Aber wird auf diesem Weg die Einigung (oder Vereinigung) der Kinder Gottes
erreicht, oder kann es jemals auf diese Weise geschehen? Müssen wir nicht vielmehr bekennen, dass
durch solche Anstrengungen die Verwirrung nur noch größer wird? Die Vereinigung der Kinder
Gottes nden wir dennoch in der Schrift bewahrheitet und zu der apostolischen Zeit verwirklicht. In
jedem Ort bildeten die dort bendlichen Christen einen Teil des Leibes Christi – sie waren „Christi
Leib“ (1. Kor 12,27). Die Gemeinschaft zu Jerusalem zählte über fünftausend Gläubige. Diese stellten dem Charakter nach „Leib Christi“ dar und standen unter der Leitung des Heiligen Geistes und nicht unter einer menschlichen Leitung – selbst wenn sie sich in Privathäusern versammelten. 

Ein Brief an die Versammlung Gottes in Rom oder an einem andern Ort, wird den Weg zu derselben gefunden haben, weil es zu dieser Zeit offensichtlich war, wo die Versammlung nach den Gedanken Gottes dargestellt wurde.
Heute müssen wir den verfallenen Zustand der Kirche erkennen, aber wir haben keine Möglichkeit,
diesen wieder herstellen. Wir müssen zunächst überzeugt sein, dass es nach dem Willen Gottes ist,
in einer Zeit des Verfalles und Niedergangs und in einer Zeit der Zersplitterung die Charakterzüge
der Versammlung Gottes an den einzelnen Orten darzustellen.
Ein kleiner Vergleich kann uns hier etwas helfen. Gott hat den Menschen unschuldig geschaen, aber
dann ist der Mensch in Sünde gefallen. Wenn nun jemand versucht, durch Erfüllung des Gesetzes in
den Stand der Unschuld zurückzukehren und darin Gott zu gefallen, würden wir dann nicht sagen:
„Dieser ist selbstgerecht, verlässt sich auf seine eigene Kraft und versteht Gottes Wort nicht?“ Der
Gedanke an die Rückkehr von dem bestehenden Übel zu dem, was Gott zuerst eingerichtet hatte, ist
nicht immer ein Beweis, dass wir sein Wort und seinen Willen verstanden haben. Sagen wir aber,
dass diese erste Einrichtung gut war und wir solche verlassen haben, so urteilen wir nach Recht und
Wahrheit.
Wenden wir dies auf die Kirche an. Wir haben uns traurigerweise von der ursprünglichen Einrichtung
Gottes entfernt und sind darin schuldig. Und es ist auch nicht möglich, aus menschlicher Kraft den
ursprünglichen Zustand wieder herzustellen. Und doch gibt es den Weg, dass wir uns einzeln und
gemeinsam unter die Leitung des Geistes stellen und so leben, dass wir unserer persönlichen Stellung in Christus und der Wahrheit über die Versammlung Gottes als Leib Christi und Haus Gottes Ausdruck geben.


Nach der Schrift besteht nur eine Versammlung hier auf der Erde, und die Versammlung wird an den
einzelnen Orten dargestellt und ist dort Teil derselben, d. h. Teil des ganzen Leibes Christi. Wer ein
Glied des Leibes ist, gehört somit auch zur Versammlung an einem bestimmten Ort, weil diese ja ein
Teil des Ganzen ist und wer nicht zu einer solchen gehört, ist überhaupt kein Glied der Kirche.
Aber welch eine Verwirrung in unserer Zeit! Oft sind an einem Ort verschiedene Kirchen und
Gruppierungen. Man kann zu einer oder auch keiner gehören und doch ein Glied des Leibes Christi
sein. Das System, Kirchen und Gruppen zu machen, hat solche Verwirrung hervorgerufen und die
Idee der Kirche Gottes fast vernichtet, indem man an verschiedenen Orten Kirchen gemacht hat.
Ich komme auf das obige Beispiel zurück. Setzen wir voraus, das Gewissen sei getroen und durch
den Geist Gottes belebt – was würde die Wirkung sein? 


Ein solcher würde seinen verfallenen Zustand und seinen Mangel an Selbsthilfe erkennen; er würde eine vollständige Abhängigkeit von Gott und eine Unterwerfung des Herzens unter sein Gericht fühlen. Lasst uns dies auf uns anwenden. Während die Leute schliefen, hat der Feind Unkraut gesät. Die Kirche ist in einem Zustand des Verfalls; sie ist eingetaucht und verloren in der Welt. So lasst uns diesen Verfall, dieses Abgewichensein von ihrem ersten Zustand erkennen und uns darunter demütigen. Aber wir, die wir dessen schuldig sind, würden nicht darunter gedemütigt sein, wenn wir uns anmaßen wollten, das alles wieder herzustellen.
Erforschen wir vielmehr mit Demut, was Gott uns in seinem Wort über einen solchen Zustand der
Dinge oenbart hat. Handeln wir nicht wie ein Kind, das ein kostbares Gefäß zerbrochen hat und

 Verfall der Kirche
nun die Scherben sammelt, um es wieder herzustellen, in der Honung, das Übel vor den Augen
anderer zu verbergen?.
Was sagt denn das Wort Gottes über die jetzige Haushaltung? Es sagt uns, dass der Abfall vor dem
Gericht kommen wird, dass in den letzten Tagen schwere Zeiten sein werden, dass es eine Form von
Gottseligkeit ohne die Kraft geben wird. Es fügt hinzu: von diesen wende dich weg (vgl. 2. Thes 2,3;
2. Tim 3,1.5). Der Heilige Geist belehrt uns in Römer 11, dass Gott mit der gegenwärtigen Haushaltung
so verfahren wird wie mit der vorhergehenden, dass die Güte Gottes gegen sie fortbestehen soll,
wenn sie bei dieser Güte verharren, sonst aber wird sie abgehauen werden. So oenbart das Wort
Gottes das Hinwegtun und nicht die Wiederherstellung der Haushaltung, für den Fall, dass sie nicht
treu bleibt.
In dem Gleichnis von dem Unkraut und dem Acker (vgl. Mt 13,24–30) sagt uns der Herr, dass das
hinweggebrachte Übel bis zur Ernte fortdauern würde. Hier ist nicht die Rede von Zucht unter
Kindern Gottes, sondern von einem wirksamen Mittel gegen das Unkraut zur Wiederherstellung. Der
Herr hat die Frage dahin auf das Bestimmteste entschieden, dass es die Ernte ist oder, mit anderen
Worten, „das Gericht“, das das Übel beseitigen würde. Aber bis heute würde es weiter wachsen.
Sich von dem Unkraut trennen und sich mit zweien oder dreien über die Gegenwart Christi freuen,
ist etwas ganz anderes als die Anmaßung, das Feld schon jetzt von dem Unkraut zu befreien. Das
Erste ist zugleich eine Picht und ein Vorrecht, das Letztere ist eine Frucht des Stolzes und eine
Geringschätzung des Wortes über diesen Gegenstand. 2. Thessalonicher 2 erklärt uns, dass das Übel in
den Tagen der Apostel schon eingedrungen war, und es sollte fortfahren, reif werden, sich oenbaren
und durch die Ankunft des Herrn vertilgt werden. Auch 2. Thessalonicher 3 lehrt uns den Verfall der
Haushaltung und nicht ihre Wiederherstellung. Ebenso zeigt uns der Apostel Judas, dass das Übel,
welches schon in die Christenheit eingeschlichen war, der Gegentand des Gerichts und der Ankunft
des Herrn sein werde.
Esist wahr, dass das Wort und der Heilige Geist in der Versammlung wohnen. Gottsei dafür gepriesen!
Die Gegenwart des Heiligen Geistes ist allein der Grund unseres Vertrauens und unserer Honung.
Was die praktische Verwirklichung betrit, ist geradezu zu lernen, sich genau darauf zu stützen. Wir
haben danach zu fragen, was das Wort und der Geist von dem verfallenen Zustand der Kirche sagen,
und nicht, was menschliche Gedanken sagen. Die Stelle: „Das Wort . . . und mein Geist bestehen in
eurer Mitte: Fürchtet euch nicht!“ (Hag 2,5), ist für uns sehr tröstlich und wir dürfen uns immer
darauf stützen. Diese ermunternde Weissagung von Haggai hat Nehemia, der voll Vertrauen zu
Gott war, begleitet, als Israel aus der Gefangenschaft zurückkehrte. Sie führte ihn nicht dahin, die
Aufgabe vorzunehmen und zu erfüllen, die dem Mose, der in seinem ganzen Hause treu war, zu
Anfang dieser Haushaltung gegeben wurde. 

Nein, er gesteht in klaren und bewegenden Ausdrücken den verfallenen Zustand Israels und dass „wir in großer Bedrängnis sind“ (vgl. Neh 9,37). Er tut alles, wozu ihn das Wort Gottes in den bestehenden Umständen berechtigt; nie aber hat er daran gedacht, eine Bundeslade zu machen, wie und weil Moses sie gemacht hatte. Er suchte auch nicht, die Schechina (Gegenwart, Herrlichkeit Gottes) wiederherzustellen, welche Gott allein nur machen konnte, noch die Urim und Thumim (Licht und Recht), solange sie fehlten. Das Wort sagt uns aber, dass er und die Kinder Israel gesegnet wurden, wie es „seit den Tagen Josuas“ nicht gewesen war (vgl. Neh 8,17). Nicht aber dachte er daran, das wiederherzustellen, was Moses gemacht, die Sünde Israels aber zerstört hatte. Hätte er das getan, so würde das ein Akt menschlicher Anmaßung und nicht Gehorsam gewesen sein.

Gehorsam und nicht die Nachahmung der Apostel ist in solchen Umständen unsere Picht. Das ist
weit demütigender; zum wenigsten ist es niedriger und sicherer; und es ist zu wünschen, dass die
Gläubigen eine demütige Gesinnung haben. Mit dem bestehenden Übel sich zufriedenzugeben, als
ob wir nichts tun konnten, das ist kein Gehorsam; auch ist das kein Gehorsam, die Handlung der
Apostel nachzuahmen. Das Bewusstsein der Gegenwart des Heiligen Geistes befreit uns von dem
bösen Gedanken, verpichtet zu sein, in einem Übel zu bleiben; aber es bewahrt uns auch vor der
Anmaßung, mehr zu tun, als der Heilige Geist in dem Augenblick wirkt.


Der Geist Gottes ist immer mit uns, um uns auf dem Weg des wahren Gehorsams zu stärken. Er,
der alles, was in der Kirche vorgehen würde, voraussah, hat in diesem Wort Warnungen gegeben
und zugleich den nötigen Beistand verheißen. Wenn er uns sagt, „dass in den letzten Tagen schwere
Zeiten kommen werden“, und uns die Menschen dieser Zeit schildert, so fügt er hinzu: „von diesen
wende dich weg“ (2. Tim 3,1.5). „Seid nicht in einem ungleichen Joch mit Ungläubigen“ (2. Kor 6,14),
ist eine Warnung für alle Zeiten. Er sagt, wir seien alle „ein Leib“ und essen daher von „einem Brot“
(vgl. 1. Kor 10,17), nde ich aber solche Einigung der Heiligen nicht, so sagt er mir zu gleicher Zeit,
dass da, wo zwei oder drei in dem Namen des Herrn Jesus versammelt sind, Er in ihrer Mitte ist (vgl.
Mt 18,20).
Es ist gut, wenn wir uns von dem Übel, welches unser Gewissen belastet und mit dem Wort Gottes
in Widerspruch steht, trennen. Dieses Wort verlangt, dass die Heiligen eins und vereinigt seien;
es sagt uns, dass da, wo zwei oder drei im Namen des Herrn Jesus versammelt sind, Er in Ihrer
Mitte ist; und wir tun wohl, wenn wir uns aus diesem Grund versammeln. Unter euch sagt ihr,
wir haben eine Kirche organisiert oder wir haben uns einen Vorsteher oder Ältesten gewählt, und
meint, jetzt die Kirche Gottes an eurem Wohnort zu sein, so erlaubt mir diese Frage: Meine Freunde, wer hat euch aufgetragen, dies alles zu tun? Es ist im Wort Gottes keine Spur davon, dass die Versammlungen Vorsteher oder Älteste gewählt hätten. Man beruft sich mit fester Zuversicht auf
die Briefe an Timotheus und Titus als solche, die als Anleitung für die Versammlungen aller Zeiten
dienten, während diese doch an keine Versammlung gerichtet sind. 

Es ist sehr bemerkenswert, dass diese vertrauten Begleiter des Apostels in den Versammlungen zurückgelassen oder dahin gesandt waren, mit dem Befehl, solche Ältesten einzusetzen, als die Versammlungen schon bestanden. Dies ist ein klarer Beweis, dass der Apostel diesen die Macht, ihre Ältesten selbst zu wählen, nicht übertragen
konnte, selbst wenn sie durch ihn gebildet worden waren. – Man sagt, um der Ordnung willen muss
es also sein. Wir dürfen nicht von dem Grund des Wortes abgehen: „wer nicht mit mir sammelt,
zerstreut“ (Mt 12,30). Eine Ordnung nach dem Willen des Menschen, wird bald als eine Unordnung
vor dem Angesicht Gottes erscheinen. Wenn Gott in unsrer Mitte Hirten aufstellt oder sie zu uns
sendet, so ist das gut – es ist ein großer Segen. Es ist sogar unsere Picht, Hirten und Lehrer zu
begehren, welche die Versammlungen pegen, und zu bitten, dass Gott solche in seiner Versammlung
erwecken möge, wie wir sie im Wort Gottes dargestellt nden. Seit dem Tag aber, wo der Heilige
Geist die Kirche bildete, haben wir keine Nachricht im Wort, dass die Kirche sie gewählt habe.
Die Ernennung eines Vorstehers ist ein rein menschlicher Akt ohne irgendeine Bevollmächtigung.
Es ist ein rein willkürliches Hineinmischen in die Angelegenheiten der Versammlung Gottes, eine

Handlung, die schlimme Folgen in sich birgt. Die Wahl von Hirten ist ein vermessener Eingri in
die Autorität des Heiligen Geistes, der die Gaben austeilt, „wie er will“ (vgl. 1. Kor 12,11). Wehe
dem, der nicht die Gabe annimmt, die Gott einem andern gibt. Und was die amtliche Einsetzung zur
Verwaltung des Abendmahls betrit, so nden wir dies nirgends im Neuen Testament begründet.
Es ist klar, dass die Christen am ersten Wochentag zusammenkamen, um das Brot zu brechen (vgl.
Apg 20,7; 1. Kor 11,20.23).
Was sollen wir denn tun? Das, was der Glaube immer tut – seine Schwäche anerkennen und sich
in die Abhängigkeit von Gott stellen. Gott ist zu allen Zeiten für seine Kirche da, wenn sie auch im
Zustand des Verfalls ist. Er wird seine Kinder leiten und führen, wenn sie in Demut und Gehorsam
wandeln, ohne sich mit einer Arbeit zu beschäftigen, die nicht von Gott gegeben wurde. Wenn wir nur
zwei oder drei sind, versammeln wir uns und wir werden sehen, dass Christus mit uns ist. Lasst uns
Ihn anrufen; Er kann alles Nötige geben, damit die Heiligen gesegnet werden, und Er wird es ohne
Zweifel tun. Aber durch Anmaßung, etwas zu sein, da wir doch nichts sind, wird uns der Segen nicht
zugesichert. Hat an manchen Orten die Wahl der Vorsteher oder Hirten nicht den Segen verhindert?
War an manchen Orten es nicht ein Anlass zum Neid und Fall dieser Vorsteher selbst? Sehr oft hat
man in diesen von Menschen errichteten Ämtern die Herrschaft eines Einzigen oder einen Kampf
der Parteien wahrgenommen.
Manche bleiben auch in einem Zustand, den sie als Unrecht anerkennen, aus Furcht vor Unordnung,
als wenn wir weiser als Gott wären. Es ist aber klar, dass es die Picht eines Gläubigen ist, sich von
jeglicher Handlung zu trennen, von der er weiß, dass sie nicht mit dem Wort übereinstimmt. Aber
solche sind gewiss mit aller Liebe und Sanftmut zu tragen, die es aus Unwissenheit nicht tun. Jedoch
die Picht verlangt es selbst dann von ihm, sich von solchen Handlungen zu trennen, wenn er wegen
seiner Treue allein stehen müsste und wie Abraham genötigt wäre auszugehen, ohne zu wissen
wohin. Die Welt als Kirche anzuerkennen oder sich anzumaßen, die Kirche wiederherzustellen, sind
zwei durch das Wort gleich verdammte und unberechtigte Dinge.


Die Gläubigen bedürfen ganz besonders das tiefe Empnden des allgemeinen Verfalls. Dieses Gefühl
treibt mit dem Bekenntnis zu Gott als der einzigen Zuucht und hält oenbar von allem bekannten
Übel zurück. Es erkennt den Geist Christi als die einzige Regierung der Kirche und nimmt die Gabe
eines jeden mit Dank gegen Gott entgegen, der durch eine solche Gabe, einen Bruder zu dem Diener
aller eingesetzt hat.
Das ist also, was wir zu tun haben, uns selbst vor dem Herrn zu demütigen, das Übel anzuerkennen,
uns davon zu trennen, uns in Seinem Namen zu versammeln und uns auf Ihn zu verlassen, der die
Macht hat, uns zu segnen; aber nichts zu tun, was uns das Wort nicht aufgetragen hat. Der Heilige
Geist hat allein die Macht zu sammeln und die Kirche aufzubauen. Wir haben nicht nötig zu warten,
bis die Vereinigung aller bewirkt ist, weil wir die Verheißung haben, dass, wo zwei oder drei in
dem Namen des Herrn Jesus versammelt sind, Er in Ihrer Mitte sein will. Solche Brüder aber, die
versuchen, die Kirche Gottes, wenn sie gefallen ist, wieder aufzurichten, haben keine Verheißung.
Wir werden immer feststellen, dass solche von Menschen errichteten Kirchen bald wieder aufhören
zu existieren oder verweltlichen. Manche scheinen zu denken, dass, sobald sie einige Stellen der
Schrift haben, sie nichts anders zu tun hätten, als sie auszuführen. Jedoch liegt hierin unter dem
Schein von Treue ein verderblicher Irrtum, welcher die Gegenwart und die Macht des Heiligen

Geistes beiseitelässt. Wir können nur durch die Macht Gottes nach dem Worte Gottes handeln. Die
Gründung der Versammlung war eine unmittelbare Wirkung der Macht des Heiligen Geistes.
So lasst uns denn nicht im Kampf gegen die Wahrheit erfunden werden. Demut des Herzens ist der
sicherste Weg für uns, denn Gott schenkt dem Demütigen Gnade (1. Pet 5,5). – Sein Name der Gnade
und der Barmherzigkeit sei gepriesen immer und ewig.
(Nach einem Traktat)

Gedanken zu Römer 4,5
„Dem aber, der nicht wirkt, sondern an den glaubt, der den Gottlosen rechtfertigt, wird sein Glaube
zur Gerechtigkeit gerechnet“ (Röm 4,5). Sobald der Mensch um seine Seligkeit bekümmert wird, denkt er zuerst an „Werke tun“. Er sieht bald ein, dass Er Gnade bedarf; aber er wünscht vorher, sich dieser Gnade selbst würdig zu machen. Er sucht ein besseres Leben zu führen, vor Gott wohlgefälliger zu wandeln, und dann will er Gnade haben. Das scheint Ihm der rechte Weg in den Himmel zu sein. Gott urteilt aber anders und macht die Weisheit der Menschen überall zunichte.
Solang der Mensch noch vor Gott mit Werken umgeht, tappt er im Dunklen. Dringt aber das Licht
des Heiligen Geistes in sein Herz, so sieht er, dass auch diese Werke nichts vor Gott taugen, und dass
sein eigenes Bestreben, besser zu werden, umsonst gewesen ist. 

Er steht da als ein Gottloser in jeder Beziehung. Vergeblich sieht er sich nach dem rechten Weg auf Erden oder bei sich selbst um, aber er findet ihn nicht. Er sucht so lange, bis er jeden Weg und jede Hilfe versperrt sieht, und nun ganz gottlos und hilfos dasteht. Jetzt wünscht er Gnade ohne Verdienst.
Es ist gut, wenn der Mensch dahin gekommen ist, sein Heil nicht mehr auf der Erde und nicht mehr
bei sich selbst zu suchen. Er richtet dann seinen Blick nach oben und sehnt sich nach einer völligen
Gnade und die gute Botschaft dringt von dort in sein Herz. Gott spricht Gottlose gerecht. Er macht
Sünder und Feinde zu Seinen Kindern und rechnet ihnen die Sünden nicht zu. An diese Predigt
hatte der Pharisäer Simon nicht gedacht, als Jesus in seinem Haus die Sünderin rechtfertigte und
ihre Liebe pries, die doch alle Welt für gottlos hielt.
 Und ihn, den Simon, der ohne Liebe war, nicht rechtfertigte, obwohl ihn vielleicht viele Menschen gerecht sprechen würden (Lk 7,36–50). In keinem Menschenherz nden solche Gedanken Raum, dass der Heilige Gott Gottlose rechtfertigt, aber diese Gedanken nden Platz in Gott. Alles verdammt den Sünder. Er muss über sich selbst das Urteil sprechen, und der, von dem er vor allen Dingen Gericht erwarten müsste, rechtfertigt Ihn. Gegen Gott hat er allezeit gesündigt.

 Als ein Gottloser und Feind hat er stets vor Ihm gewandelt, und Gott ist es allein, der seiner Übertretung gar nicht gedenkt (vgl. Jes 43,25). Der verlorene Sohn hatte Alles vergeudet und kehrte in Lumpen gehüllt zu seinem Vater zurück, aber er ist noch nicht zuhause, da fällt ihn der Vater um den Hals und ihn küsste ihn sehr. Er lässt ihn kleiden, wie es seinem geliebten Kind zusteht, und ruft allen entgegen: „Freut euch mit mir!“ (vgl. Lk 15,11–32). Dementsprechend ist das Herz Gottes. Mit schwerer Schuld beladen blickt der Sünder zitternd nach oben und siehe da, es sind unaussprechlich liebende Vaterarme für ihn geönet und in sein Herz dringt die frohe Botschaft:
„Sei getrost; deiner Sünden wird nie mehr gedacht; deine Schuld ist getilgt. Du bist mein geliebtes
Kind, mein Erbe und der Miterbe meines Eingebornen. Ich liebe dich, wie meinen Geliebten und die
Herrlichkeit, die ich Ihm gegeben habe, ist auch dein“ (vgl. Heb 8,12, Röm 8,17; Joh 17,22.23). Der
Sünder nähert sich und denkt nur an seine großen Sünden und Gott denkt nur an Seine Liebe und
Gnade. Ach, wenn Er noch mit einem kleinen Vorwurf der Übertretungen und Missetaten gedächte!

Gedanken zu Römer 4,5
Aber Er spricht kein Wort davon. Sie sind getilgt, der eingeborene Sohn hat sie an das Fluchholz
getragen (vgl. Gal 3,13). Er ist um unserer Sünden willen dahin gegeben worden. Der Gerechtigkeit
Gottes wurde im Opfer Christi auf Golgatha, stellvertretend für uns, völlig genüge getan, sodass
Gott jetzt Seiner vollkommenen Gnade und Liebe über uns freien Lauf lassen kann. Das allein ist
es, weshalb der Gottlose, der sich zu Ihm wendet, nichts als Gnade und Liebe zu erwarten hat. Es
ist kein Wunder, Geliebte, dass der Sünder diese Gedanken nicht gleich erfasst, dass das Gewicht
einer solchen Gnade und Liebe ihn zunächst zu Boden drückt. Wie überaus herrlich und köstlich sind
doch die Gedanken Gottes über den Gottlosen! Der Gottlose hört diese Gedanken, glaubt sie und ist
gerettet. Nicht Werke, sondern sein Glaube wird ihm zur Gerechtigkeit gerechnet (vgl. Röm 3,28).
Ja die Gerechtigkeit Gottes selbst wird ihm geschenkt, sie ist das Kleid, worin der Glaubende vor
Gott wandelt (vgl. O 19,8). Der Friede Gottes, der höher ist als alles und erfüllt sein Herz. Der Geist
Gottes und Christi überzeugt ihn der seligen Kindschaft und versiegelt und versichert ihm alle Rechte
und Beziehungen dieser Kindschaft.
Was unsere Rechtfertigung betrit, so haben wir uns nur mit den Gedanken Gottes und dem Werk
Christi zu beschäftigen, nicht mit unseren eigenen Herzen. Unser Herz denkt immer zu gering von
dem Herzen Gottes. Wir werden immer nden, dass die Seelen, welche die Gedanken Gottes über
den Gottlosen erforschen und ohne Zweifel annehmen, Friede und Freude haben und Ihn durch Lob
und Dank verherrlichen. Die Seelen aber, die selbst mit ihrem eigenen Herzen beschäftigt sind, gehen
gedrückt einher und haben wenig zu preisen. Sie bleiben immer als Sünder ferne stehen und nahen
nicht wie die geliebten Kinder, die sich im Schoß des Vaters wissen.
 Unser Friede besteht darin, dass wir Gott glauben, und nicht uns. Abraham setzte seine Hoffnung auf den Gott, der die Toten lebendig macht und das Nichtseiende ruft, wie wenn es da wäre, der gegen Hoffnung auf Hoffnung geglaubt hat. „Und nicht schwach im Glauben, sah er [nicht] seinen eigenen, schon erstorbenen Leib an, da er fast hundert Jahre alt war, und das Absterben des Mutterleibes der Sara, und zweifelte nicht an der Verheißung Gottes durch Unglauben, sondern wurde gestärkt im Glauben, Gott die Ehre gebend, und war der vollen Gewissheit, dass er, was er verheißen hatte, auch zu tun vermag. Darum ist es ihm auch zur Gerechtigkeit gerechnet worden“ (Röm 4,16–22). Nun sind wir durch den Glauben gerecht geworden und haben so Frieden mit Gott.

Mit Christus eins gemacht 
„Denn wenn wir mit ihm eins gemacht worden sind in der Gleichheit seines Todes, so werden wir
es auch in der seiner Auferstehung sein“ (Röm 6,5).
Es ist notwendig zu verstehen, dass wir mit Christus einsgemacht worden sind, so wie in der
Gleichheit seines Todes, als auch zu in seiner Auferstehung. Auf dieser Wahrheit allein beruht unsere
Rechtfertigung vor Gott, und in gläubiger Anerkennung derselben haben wir Frieden mit Ihm. Viele
Christen verstehen diese Wahrheit nicht, worin der Grund liegt, dass sie immer wieder als „arme
Sünder“ vor Gott erscheinen. Der Christ muss das Wesen des Glaubens verstehen und im Glauben
wandeln. Abraham glaubte dem Herrn und es wurde ihm zur Gerechtigkeit gerechnet. Er hielt sich
an den Dingen, die er nicht sah, als sehe er sie, er hote, als nichts zu hoen war. Gott hatte zu ihm
gesprochen und das war ihm genug. Das ist dem Glauben immer genug. Der Glaube macht uns selig
in den Dingen, die wir nicht sehen. Er schaut da Heil und Sieg, wo der Unglaube nichts sieht, und wo
der Unglaube Hilfe und Errettung zu sehen glaubt, da sieht der Glaube nichts. Wenn Gott gesprochen
hat, so ist der Glaube sicher, dass er das auch tun kann, was Gott zugesagt hat. Kein Mensch kann die Gedanken Gottes ergründen, sie sind auch nie in eines Menschen Herz aufgekommen (vgl. 1. Kor 2,9). Doch der Glaube hält sich stets daran, wie ein fester Anker und bewirkt, dass wir in voller Gewissheit wandeln.

Der Apostel sagt: „Wir sind mit Christus eins gemacht worden in der Gleichheit seines Todes. Ich
erforsche und erkenne, dass das, was mit Christus Jesus geschehen ist, auch mit mir geschehen ist,
weil ich mit Ihm einsgemacht worden bin. Diese Gedanken spricht Gott durch sein Wort aus, wo ein
Mensch nie hätte dran denken können. Und hätte doch ein Mensch daran gedacht, was würde es mir
nützen, wenn Gott sie nicht ausgesprochen hätte. Daher sagt sein Wort: „Oder wisst ihr nicht, dass
wir, so viele auf Christus Jesus getauft worden sind, auf seinen Tod getauft worden sind? So sind wir
nun mit ihm begraben worden durch die Taufe auf den Tod, damit, so wie Christus aus den Toten
auferweckt worden ist durch die Herrlichkeit des Vaters, so auch wir in Neuheit des Lebens wandeln“ (Röm 6,3.4). Alle unsere Sünden lagen auf Jesus, als er auf Golgatha zur Sünde gemacht wurde und in den Tod gegangen ist. Unsere Strafe lag auf Ihm, weshalb wir Ihn am Fluchholz zwischen 2 Mördern hängen sehen. „Der selbst unsere Sünden an seinem Leib auf dem Holz getragen hat“ (1. Pet 2,24). 

Der Leib, auf dem unsere Sünden und unsere Strafe lagen, wurde begraben und vor Gott für ewig hinweg getan. Wir sind nun mit Ihm eins gemacht in der Gleichheit seines Todes und wir sind auch mit Ihm begraben durch die Taufe auf den Tod. „. . . dieses wissend, dass unser alter Mensch mit gekreuzigt
worden ist, damit der Leib der Sünde abgetan sei, dass wir der Sünde nicht mehr dienen“ (Röm 6,6).
Das sind die Gedanken Gottes über uns in Christus Jesus, woran jedoch nur der Glaube sich halten
kann, weil sie nicht gesehen werden. Dieser Glaube aber findet genau darin den Grund unserer
Rechtfertigung und gibt uns den Frieden mit Gott.

 Mit Christus eins gemacht
Wenn ich erkannt habe, dass ich durch den Glauben mit Christus eins gemacht worden bin, so kann
ich als „Sünder von Natur“ vor Gott nicht mehr erscheinen. Denn wer gestorben ist, ist gerechtfertigt oder freigesprochen von der Sünde (vgl. Röm 6,7). Darum wurde Christus „für uns zur Sünde gemacht, damit wir Gottes Gerechtigkeit würden in ihm“ (2. Kor 5,21). Denn wir sind nicht nur eins gemacht mit Ihm in der Gleichheit seines Todes, sondern auch in seiner Auferstehung. Gott hat Ihn um unserer Gerechtigkeit willen auferweckt, „und hat uns mit auferweckt und mit sitzen lassen in den himmlischen Örtern in Christus Jesus“ (Eph 2,6). „Denn ihr seid gestorben, und euer Leben ist verborgen mit dem Christus in Gott“ (Kol 3,3). In dieser Gewissheit und Wahrheit hat unser Glaube die Kraft, der Sünde nicht zu dienen, die Geschäfte des Fleisches und seine Glieder zu töten und in der Neuheit des Lebens zu wandeln.


Wir wissen, dass der aus den Toten auferweckte Christus, nicht mehr stirbt, „der Tod herrscht nicht
mehr über Ihn“ (Röm 6,9). Es herrscht nun aber auch der Tod nicht mehr über uns, die wir durch den
Glauben mit Ihm einsgemacht worden sind. Auch wir sind aus dem Tod in das Leben übergegangen
(vgl. Joh 5,24, 1. Joh 3,14). „Wer den Sohn hat, hat das Leben“ (1. Joh 5,12). Entweder werden wir diese
irdische Hütte ablegen und in der Auferstehung von den Toten eine Behausung von Gott empfangen
(vgl. 2. Kor 5,2), oder, die wir leben und übrig bleiben bis zur Ankunft des Herrn, werden verwandelt
werden (vgl. 1. Kor 15,51.52). So hat in Christus der Tod seine Macht über uns verloren. „Der Lohn
der Sünde ist der Tod“ (Röm 6,23). Diesen Lohn haben wir empfangen in dem Tod Christi. „Denn was
er gestorben ist, ist er ein für alle Mal der Sünde gestorben; was er aber lebt, lebt er Gott. So auch ihr,
haltet dafür, dass ihr der Sünde tot seid, Gott aber lebend in Christus Jesus“ (Röm 6,10.11). Alle, die
durch den Glauben in Christus sind, stehen nicht mehr als Sünder und Gottlose vor Gott, sondern als
Lebende, die mit Ihm auch in der Gleichheit der Auferstehung einsgemacht sind. „Also ist jetzt keine
Verdammnis für die, die in Christus Jesus sind“ (Röm 8,1). Die Rechte und alle Segnungen, welche
unser Herr Jesus in seiner Kindschaft vor Gott dem Vater einnimmt, haben auch wir, weil wir ja mit
Ihm einsgemacht sind. Wir sind Kinder Gottes, denn wir haben den Geist der Sohnschaft empfangen,
indem wir rufen: „Abba, Vater!“ (Röm 8,15). „Wenn aber Kinder, so auch Erben – Erben Gottes und
Miterben Christi“ (Röm 8,17). Ja, sein Geist, der uns jetzt schon gegeben ist, ist das Unterpfand unseres köstlichen Erbteils im Himmel. Wir sind mit Ihm eins gemacht und sind darum auch Teilhaber seiner Herrlichkeit.


Wandeln wir im Glauben in dieser Wahrheit, so lassen wir die Sünde nicht über uns herrschen
und gehorchen nicht mehr ihren Lüsten. „Wir, die wir der Sünde gestorben sind, wie sollten wir
noch darin leben?“ (Röm 6,2). Ihre Herrschaft und Macht, ja ihr schrecklicher Lohn, der Tod, haben
ihre Ansprüche verloren, weil wir für sie nicht mehr leben, sondern in dem Tod Christi unsern Tod
ihretwegen gefunden haben. Doch nur der Glaube, hat das Wesen und die Kraft aller dieser Dinge,
wo der Unglaube nichts als leere und kraftlose Worte sieht. – Unsere Glieder sind nicht mehr zu
gebrauchen als Waen der Ungerechtigkeit, um dem Tod Frucht zu bringen, sondern wir sollen sie
Gott übergeben zu Waen der Gerechtigkeit, so ist unsere Frucht in Heiligung und das Ende das
ewige Leben (Röm 6,22). Wir waren Sklaven der Sünde, nun aber sind wir Sklaven der Gerechtigkeit
geworden (Röm 6,18), und dadurch wird der Vater verherrlicht, dass wir viel Furcht bringen. Es wäre
aber unmöglich, Gott zu dienen und seinen Namen zu verherrlichen, wenn wir nicht mit Christus
einsgemacht worden sind, sowohl in der Gleichheit des Todes als auch in der Auferstehung. Solange
wir der Sünde unterworfen sind, dienen wir ihr und bringen dem Tode Frucht. Wir können nicht

Mit Christus einsgemacht
anders, selbst wenn wir es wollen. Doch sind wir in Christus der Sünde gestorben, so sind wir von
ihr frei gemacht und leben durch Jesus Christus unserem Herrn.
„Denn die Sünde wird nicht über euch herrschen, denn ihr seid nicht unter Gesetz, sondern unter
Gnade“ (Röm 6,14). Es waren in den ersten christlichen Versammlungen viele Gesetzeseiferer
beschäftigt, die Gläubigen unter das Gesetz zurückzuführen, sogar auch die Gläubigen aus den
Heiden, die noch nie unter der Haushaltung des Gesetzes gestanden hatten. Der Bund, den Gott in
dieser Haushaltung mit dem Volke Israel machte, war auf bestimmte Gesetze gegründet. Wer diese
Gebote tat, der sollte leben (vgl. 3. Mo 18,5). Das Volk war in diesen Bund mit Gott eingegangen
und war nun auch verpichtet, darin zu wandeln. Es wurde aber oenbar, was in ihren Herzen
war, sie waren ein halsstarriges Volk. „Denn durch das Gesetz kommt Erkenntnis der Sünde“ (vgl.
Röm 3,20). – Der Apostel Paulus hat oft mit diesen Eiferern des Gesetzes kämpfen müssen und
in seinen Briefen nden wir lehrreiche Mitteilungen über diesen Gegenstand, die uns wohl als
Ermahnung und Warnung dienen können, um so mehr, da auch in unsern Tagen viele aus Mangel an
Erkenntnis der göttlichen Wahrheit, eine gesetzliche Stellung eingenommen haben, und nicht zur
Freiheit des Glaubens durchgedrungen sind. Namentlich sind die Briefe an die Römer und Galater
reich an Belehrungen über diesen Punkt.
In 1. Timotheus 1,9 sagt der Apostel, dass für den Gerechten das Gesetz nicht bestimmt ist, sondern
den Ungerechten und Gottlosen. Wenn ich verstanden habe, dass ich mit Christus einsgemacht
worden bin, sowohl in der Gleichheit seines Todes, wie in seiner Auferstehung, so weiß ich auch,
dass ich durch das Gesetz des Lebens in Christus freigemacht bin (Röm 8,2).
Stelle ich als Herr einen Diener ein, so mache ich mit ihm einen schriftlichen Vertrag mit gewissen
Pichten und Rechten. Diesen schriftlichen Vertrag habe ich aber nicht mit einem Kind. Hier ist nur
die Liebe wirksam, und „die Liebe ist Erfüllung des Gesetzes“ (Röm 13,8–10). „Wenn ihr mit Christus
den Elementen der Welt gestorben seid, was unterwerft ihr euch Satzungen, als lebtet ihr noch in
der Welt?“ (Kol 2,20). Der Gläubige ist mit Christus auferstanden und in den Himmel versetzt; er
gehört dieser Welt nicht mehr an. Jene Satzungen gehörten unter die Haushaltung des Gesetzes, aber nicht unter die Haushaltung der Gnade; sie waren einem irdischen Volk gegeben, aber nicht dem himmlischen. „Unser Leben ist nicht in dieser Welt, sondern es ist verborgen mit dem Christus in Gott (Kol 3,3)“.


„Oder wisst ihr nicht, Brüder (denn ich rede zu denen, die das Gesetz kennen), dass das Gesetz über
den Menschen herrscht, solange er lebt? Denn die verheiratete Frau ist durchs Gesetz an den Mann
gebunden, solange er lebt; wenn aber der Mann gestorben ist, so ist sie losgemacht von dem Gesetz
des Mannes. Also wird sie denn, während der Mann lebt, eine Ehebrecherin genannt, wenn sie eines
anderen Mannes wird; wenn aber der Mann gestorben ist, ist sie frei von dem Gesetz, so dass sie
keine Ehebrecherin ist, wenn sie eines anderen Mannes wird. Also seid auch ihr, meine Brüder, dem
Gesetz getötet worden durch den Leib des Christus, um eines anderen zu werden, des aus den Toten
Auferweckten, damit wir Gott Frucht brächten“ (Röm 7,1–4). So sind also die Gläubigen durch den
Leib Christi freigemacht von dem Gesetz, und als ein himmlisches Volk, als Kinder für Gott beiseite
gestellt. Warum redet aber der Apostel Paulus in Römer 7 noch in den folgenden Versen so viel
von dem Gesetz, dem er doch gestorben ist? Nur zur Belehrung für die, welche nicht verstanden
haben, dass sie durch den Leib Christi von dem Gesetz frei gemacht sind. „Also ist das Gesetz unser

 Mit Christus eins gemacht
Erzieher gewesen auf Christus hin, damit wir aus Glauben gerechtfertigt würden. Da aber der Glaube
gekommen ist, sind wir nicht mehr unter einem Erzieher“ (Gal 3,24.25). „Denn Christus ist das Ende
des Gesetzes, jedem Glaubenden zur Gerechtigkeit“ (Röm 10,4). Christus, „als er ausgetilgt hat die
uns entgegen stehende Handschrift in Satzungen, die gegen uns war, hat er sie auch aus der Mitte
weggenommen, indem er sie an das Kreuz nagelte“ (Kol 2,14).
Dies sollte eigentlich nur eine Belehrung für Gläubige aus den Juden sein, die unter der Haushaltung
des Gesetzes standen; doch es wird für jegliche Seele von Segen sein, die sich freiwillig unter das
Gesetz gestellt hat, und noch nicht zur Freiheit des Glaubens gekommen ist. Alle, die durch den
Glauben mit Christus einsgemacht worden sind, stehen nicht mehr vor Gott als Sünder, die dem
Gesetz und Tod unterworfen sind, sondern als gerechtfertigte und freigemachte Kinder Gottes. Es
wird einen großen Einuss auf unsern ganzen Wandel ausüben, wenn wir verstanden haben, dass
wir mit Christus sowohl in der Gleichheit seines Todes, wie in seiner Auferstehung, einsgemacht
worden sind. Wir stehen nun in der Gnade und der Kraft, das herrliche Vorrecht der Kinder Gottes
genießen zu können, nämlich Gott zu dienen. So lasst uns in der Freiheit stehen, womit uns Christus
befreit hat; lasst uns in seinem Geist wandeln und dieses Vorrecht mit dankbarem und wahrhaftigem
Herzen genießen.


Jeder wahrhaft Gläubige ist mit Christus gestorben und auferstanden. Er steht nicht mehr als Sünder
und Gottloser vor Gott da, selbst wenn er unwissend in diesen Gedanken Gottes ist. Allein diese
Unwissenheit ist es, die seinen Frieden mit Gott stört und seinen Wandel sehr mangelhaft erscheinen
lässt. Hält aber der Christ im gläubigen Bewusstsein an dieser Wahrheit fest, so wandelt er im
Frieden und verherrlicht Gott. Sind wir in Christus, so sitzen wir auch mit Ihm zur Rechten Gottes
und freuen uns der seligen Kindschaft. Dort allein ist die Stellung des Gläubigen und er muss sich
stets vergegenwärtigen, dass er sich dort bendet (vgl. Eph 2,6). Dies ist der Kampf des Glaubens.
Alles, was sichtbar ist, ja selbst unsichtbare Mächte und Bosheiten sind stets beschäftigt, unseren
Glauben zu schwächen und uns diese Erkenntnis zu rauben. Darum bedürfen wir in diesem Kampf
des Glaubens Beharrlichkeit und alle Wachsamkeit im Gebet. Viele Lehren, selbst von Kindern Gottes,
die aber unwissend in diesen so köstlichen Wahrheiten sind, können uns, wenn wir darauf hören,
in unserem Glauben schwach machen, und wir tun besser, sie nicht zu hören. Ja es ist in unserer
Zeit der Verwirrung für ein Kind Gottes schwer, den guten Kampf des Glaubens zu kämpfen. Aber
Gott ist treu: die Aufrichtigen, die in Lauterkeit und Wahrheit vor Ihm allein leben möchten, wird Er
recht leiten und führen. O, wir sind teuer erkauft, so lasst uns nicht Knechte der Menschen werden!

Gedanken zu Matthäus 16,24
Dann sprach Jesus zu seinen Jüngern: Wenn jemand mir nachkommen will, so verleugne er sich
selbst und nehme sein Kreuz auf und folge mir nach (Mt 16,24).
Alles Fleisch ist vor Gott verdorben (vgl. 1. Mo 6,12); es geht seinen eigenen Weg und Willen und
sucht seine Befriedigung im Vergänglichen. Der natürliche Mensch sieht wohl täglich um sich her die
Geringfügigkeit alles Irdischen, aber dennoch jagt er ihm nach, als wäre es ein ewig bleibendes Gut.
Es ist ihm nicht verborgen, dass mancher so plötzlich entschläft und dass es auch ihn mal treen wird,
aber es helfen weder Bitten noch Ermahnungen, weder Warnungen noch Erfahrungen. Er sucht, was
des Fleisches ist; er folgt denen, deren Unglück und Verderben er sieht. Er folgt ihnen, bis der Tod auch
seinem Lauf hier auf Erden ein Ende setzt, und dann – folgt er ihnen ins Gericht. Welch schreckliche
Blindheit, welch entsetzliches Los! Dahin hat der Fall Adams das ganze Menschengeschlecht gebracht.
Doch Jesus ist als „der zweite Mensch“ auf die Erde gekommen (vgl. 1. Kor 15,47). Er kam vom Vater
und ging später auch wieder zu Ihm zurück. Sein Wandel war nicht vor Gott verdorben, sondern sein
Blick, seine Gesinnung und sein Tun waren nur zu Ihm gerichtet. Er ist im Fleisch gekommen, aber
Er lebte nicht nach dem Fleisch. Er lebte in der Welt, aber blieb unberührt von den Dingen dieser
Welt. Die Welt kannte Ihn nicht und nahm Ihn nicht auf (Joh 1,10.11), sondern sie verschmähte und
verwarf Ihn, weil Er ihre Gesinnung nicht teilte und ihrem Wesen nicht folgte. Er verherrlichte Gott
in dieser Welt, was sonst kein Mensch getan hat, und darum hat Gott Ihn auch zu seiner Rechten in
dem Himmel verherrlicht. „Christus Jesus, der . . . sich selbst erniedrigte, indem er gehorsam wurde
bis zum Tod, ja, zum Tod am Kreuz. Darum hat Gott ihn auch hoch erhoben und ihm den Namen
gegeben, der über jeden Namen ist“ (Phil 2,8.9).

Die Welt sah Jesus in seiner Niedrigkeit, sie sah, wie Er verspottet, verschmäht, verworfen wurde
und wie Er sein Leben am Fluch holz zwischen Mördern hingab. Sie hielt Ihn für den, der gestraft
und von Gott geschlagen und verachtet war; sie erkannte nicht, dass Er unsere Leiden getragen,
und unsere Schmerzen auf sich geladen hat. Sie glaubte nicht, dass Er um unserer Übertretungen
willen verwundet und um unserer Ungerechtigkeit willen zerschlagen war, und dass die Strafe zu
unserem Frieden auf Ihm lag, und durch seine Striemen uns Heilung geworden ist (vgl. Jes 53,4.5).
Da war nichts, was ihr gefallen hätte, wie konnte sie daran denken Ihm nachzufolgen? Doch geliebte
Freunde, es ist unser Vorrecht hinter den Vorhang dieses großen Geheimnisses zu schauen. Der Geist
Gottes hat uns durch die heiligen Schriften unaussprechliche Offenbarungen mitgeteilt, sodass die
törichte Predigt von dem gekreuzigten Christus uns zur köstlichsten Botschaft geworden ist (vgl.
1. Kor 1,18). Sie enthüllt uns eine unerschöpfiche Quelle von Liebe und Gnade, von Heil, Leben und
Herrlichkeit. Unsere Blicke folgen dem Gekreuzigten nach oben, denn Er ist auferstanden und zur
Rechten Gottes erhöht, und Leben und Segen strömt hernieder auf alle Glaubenden.

Gedanken zu Matthäus 16,24
Hier will ich nicht weiter von all den herrlichen Beziehungen reden, wodurch uns das Opfer Christi
Ihm und Gott dem Vater so ganz nahe gebracht hat; vielmehr will ich einige Worte von unserem Leben hier auf der Erde in seiner Nachfolge reden. Er ist uns darum in Allem gleichgeworden, ausgenommen die Sünde, um sich als Sohn Gottes, uns in allen Rechten und Beziehungen gleich zu machen. Denn gleich wie er ist, so sind auch wir in dieser Welt (vgl. 1. Joh 4,17). Sein Geist ist uns geschenkt, seine Liebe ist ausgegossen in unser Herz, so können wir vor Gott auch nur einhergehen als geliebte Kinder und in den Fußstapfen Jesu Christi unseren Weg gehen. Die Welt wird danach gegen uns gesinnt sein, wie gegen Ihn; sie wird uns schmähen, verfolgen und allerlei Drangsal bereiten, wie sie es Ihm getan hat (Joh 15,20). 

Doch fassen wir den Ausgang unseres Lebens fest ins Auge, die Kostbarkeit der himmlischen Berufung; halten wir fest an der Honung der Herrlichkeit (vgl. Eph 1,18 und an dem Gesandten und Hohenpriester unseres Bekenntnisses, Jesus Christus fest (Heb 3,1), so werden wir Ihm mit Freuden folgen. Und die wir hier mit Ihm leiden, sollen dort mit Ihm zur Herrlichkeit erhoben
werden. Wenn wir unsere innigen Beziehungen zu Ihm und unsere so überaus nahe Stellung zu Gott
verstanden haben, so ist es uns klar, dass wir auch, in Gesinnung und Wandel, nur Ihm ähnlich sein
können. „Denn diese Gesinnung sei in euch, die auch in Christo Jesu war“ (Phil 2,5). „Wer sagt, dass
er in ihm bleibe, ist schuldig, selbst auch so zu wandeln, wie er gewandelt ist“ (1. Joh 2,6).
Lasst uns Gott preisen, dass Er unsere Füße auf den Weg des Friedens gestellt und unser Herz von all
dem Zeitlichen und darum Vergänglichen zu Ihm gerichtet hat; der Ausgang ist herrlich. Wir gehen
hinter Jesus her, und wo Er ist, werden auch wir hinkommen, und allezeit bei Ihm sein. Das Leben
auf dieser Erde ist mit steter Verleugnung begleitet. 

Es ist nicht eine Verleugnung, wie die des ersten Adams, der sich vor Gott in dieser Welt zu verbergen suchte, sondern eine Verleugnung der Welt und ein Verbergen in Gott. Der Glaube hält uns verborgen in Christus Jesus und ist der Sieg, der die Welt überwunden hat (1. Joh 5,4). Er besitzt die Dinge, die man hofft, und hält sich an dem fest, was man nicht sieht (Heb 11,1) und verleugnet alles Sichtbare. Er versteht die Worte: Wir sind samt Christus gekreuzigt, gestorben, begraben, auferstanden und in den Himmel versetzt. Er ist‘s allein, der uns in der Gemeinschaft Gottes und Christus Jesus wandeln und das herrliche Vorrecht des Dienstes Gottes genießen lässt; ja durch den Glauben erfahren wir die reichen Segnungen des Kreuzes des Christus und die verborgene Kraft seiner Auferstehung, um einen guten Kampf zu kämpfen und darin bis ans Ende festzuhalten.

 Wir tragen an uns eine zerbrechliche Hütte, das Sichtbare umringt uns, aber das ist nichts, worauf der Glaube sich stützen kann, was ihm Kraft und Überwindung gibt. Alles
Sichtbare ist zwar geeignet für uns ein Gegenstand der Versuchung zu werden und uns Kampf zu
bereiten; aber ist nicht geeignet, uns Frieden und Sieg zu verschaffen. Satan und sein ganzes Reich
ist beschäftigt, den Glauben zu schwächen und dem Unglauben Nahrung zu geben und wendet alle
List und Bosheit an, verderbend auf uns einzuwirken. Wie viele Versuchungen begegnen uns an
einem einzigen Tag und wie bestehen doch mancherlei Bindungen, die verlockend versuchen auf
uns einzuwirken! Wir bedürfen ihnen gegenüber der Kraft Gottes und der Macht seiner Stärke und
nur der Glaube, der alles Sichtbare verleugnet und in Jesus Christus ruht, hat die Kraft. So lasst uns
dem Herrn Jesus folgen, indem wir uns selbst verleugnen, in der Gewissheit, dass wir bald am Ziel
sein werden, wo es dann nichts Sichtbares mehr zu verleugnen gibt, denn was wir schauen werden
wird die Herrlichkeit Gottes selbst sein.
In der Nachfolge unseres Herrn finden wir aber auch das Kreuz. Das fällt uns oft schwer, und darum
seufzen wir auch und sehnen uns nach der Erlösung unseres Leibes. Diese stete Verleugnung alles

Gedanken zu Matthäus 16,24
Sichtbaren ist ein Kreuz für uns (Mt 16,24). Alles was uns in der Welt nahe stand, ist jetzt weit
von Ihm entfernt; was uns liebte und ehrte, hasst und verachtet uns; was dem Fleisch angenehm
war, wird ihm entzogen; worin es seine Befriedigung suchte und seine Lust und sein Leben hatte,
wird ihm jetzt zum Kreuz. Unser Fleisch ndet in der Nachfolge des Herrn Jesus nichts, was ihm
gefallen könnte. Der Apostel sagt: Wir müssen durch viele Trübsale in das Reich Gottes eingehen,
und alle, die gottselig leben wollen, müssen Verfolgung erleiden (vgl. Apg 14,22).

 Je einfältiger und lauterer wir dem Herrn Jesus folgen, desto mehr sind die Drangsale. Das Kreuz wird uns begleiten auf allen unseren Wegen. Wir sollen es auf uns nehmen und in Geduld tragen, wie Er es getragen hat. Er ist vorangegangen, der Weg ist gebahnt und in Ihm ndet der Glaube, was er bedarf, um Ihm zu folgen und das Kreuz zu tragen. Nirgends sind wir aufgefordert es abzuwerfen, sondern auf uns zu nehmen (vgl. Mt 11,29). Der Herr vermag es zu erleichtern und wird es tun, wo wir es bedürfen. Es ist dem Herrn ein Geringes, uns aus allen Drangsalen zu erretten, aber es ist Ihm auch ein Geringes, seinen Namen in den Drangsalen zu verherrlichen, und uns zu trösten und zu stärken.


Und sein Trost im Kreuz macht auch uns tüchtig, Andere mit demselben Trost zu trösten. Er ist uns
immer nahe, und was namentlich unsere Freudigkeit und unseren Mut erhält, ist die Hoffnung der
Herrlichkeit. Werden wir seinen Leiden und seinem Tod ähnlich, so werden wir auch der ersten
seligen Auferstehung teilhaftig werden. Die hier mit Ihm gestorben sind, sollen dort mit Ihm leben
und die mit Ihm ausharren, sollen dort mit Ihm herrschen.


So lasst uns Geliebte, ermahnt sein, alles Zeitliche zu verleugnen, das Kreuz auf uns zu nehmen und
unserem Herrn Jesus zu folgen. Bald kommt der Herr und alle Verleugnung hört auf und jedes Kreuz
wird niedergelegt. Lasst uns mit Ausdauer den guten Kampf des Glaubens kämpfen (1. Tim 6,12),
darin verharren und zu Jesus aufblicken. Er erduldete das Kreuz für die Ihm bevorstehende Freude
und achtete der Schande nicht (Heb 12,2). Auch unsere Freude wird groß sein, wenn Er kommen
wird, um uns in seine Herrlichkeit als Miterben einzuführen. Der Kampf des Gläubigen wird oft
heiß sein, die Verleugnung schwer und der Drangsale viel; aber um Des willen, der uns geliebt hat,
überwinden wir in Allem weit (Röm 8,37); und seiner Herrlichkeit gegenüber, die an uns geoffenbart
werden soll, sind alle unsere Trübsale zeitlich und vergleichsweise leicht. So lasst uns wachend und
nüchtern sein in allem Anhalten mit Bitten und Flehen in dem Geist, für uns und alle Heiligen (vgl.
Eph 6,18). Lasst uns mit dem Herrn stets einen innigen und verborgenen Umgang haben und uns
allezeit in Ihm freuen. Zu jeder Zeit dürfen wir mit aller Freimütigkeit Ihm nahen; ja in seiner steten Gemeinschaft können wir hier auf der Erde unseren Weg gehen. Es sind wir nur noch wenige Tage, darum: wer Ihm nachfolgen will, der verleugne sich selbst, und nehme sein Kreuz auf sich und folge Ihm nach! Bald sind wir am herrlichen Ziel!
 

Paulus und Silas in Philippi
Der Christ gehört sich selber nicht mehr an, sondern dem, der für ihn gestorben und auferstanden
ist. Er ist in ganz neue Beziehungen getreten; er ist vom Tod zum Leben hindurchgedrungen und
aus dem Reich der Finsternis in das Reich Jesu Christi versetzt. Nicht mehr ist er ein Kind der Welt,
sondern ein Kind Gottes und der Geist der Kindschaft ruft in ihm das: Abba, lieber Vater! Die in jeder
Beziehung so nahe Stellung zu Gott dem Vater und Christus Jesus zeigt uns hinreichend, dass wir
uns selbst nicht mehr angehören und nicht mehr leben dürfen. Wenn wir durch den Glauben mit
Christus einverleibt sind, so sollen wir auch stets daran denken, den Namen unseres Gottes und das
Werk Christi durch Wort und Wandel zu verherrlichen. Der Gedanke an diese Verherrlichung unseres
Gottes macht uns stets bereit seinen Willen zu erforschen und uns demselben ganz hinzugeben. Nur
wenn dieses geschieht, beweisen wir, dass wir unsere Beziehungen zu Gott ganz verstanden haben.
Gott selbst wird stets seinen Namen an seinem Volk verherrlichen. Er wird immerdar oenbaren,
dass Er unser Gott und Vater und wir seine geliebten Kinder sind. Nie werden wir allein und nie
verwaist sein. Jesus Christus, der für uns gestorben und auferstanden ist, wird sich immer als treuer
Hohepriester seines zu vertretenden Volkes und als starkes und liebendes Haupt seiner Gemeinde
kund tun. Es mag uns in dieser Welt alles verlassen, Gott verlässt uns nicht, und ist Gott für uns,
wer mag wider uns sein?! Es tut aber auch Not, stets in dem lebendigen Bewusstsein zu wandeln,
dass Gott für uns ist, und alles in der gläubigen Überzeugung zu tun, dass es sein Wille also ist. Wir
werden immer nden, dass Christen, die eißig bemüht sind, nur den Willen Gottes zu erforschen
und sich diesem unbedingt zu übergeben, überall ruhig und sicher einhergehen. Keine Lage, wenn
auch noch so schwierig, bringt sie in Verlegenheit, denn sie handeln immer in Übereinstimmung
mit Gott und tragen keine Sorge um die Folgen. Sie wissen, dass Gott jede Verantwortung für alle,
die nach seinem Willen einhergehen, übernimmt; ihr Friede mit Ihm begleitet sie auf allen ihren
Wegen. Sobald wir uns in unseren Handlungen aber nicht in Übereinstimmung mit dem göttlichen
Willen wissen, sind wir Überall ungewiss und unsicher. Sehr bald kommen wir bei den mancherlei
Hindernissen in Verlegenheit und Verwirrung und gehen wir in diesem Zustand dennoch fort, so
werden wir uns bald ganz verstricken strickt sehen; wir werden sehr oft verzagt und mutlos sein,
und der Friede des Herzens wird gestört werden.

In dem oben angeführten Kapitel lesen wir, dass Paulus und Silas, nachdem sie bei der Nacht ein
Gesicht gesehen hatten, überzeugt waren, dass der Herr sie nach Mazedonien berufen hatte, um
daselbst das Evangelium zu predigen (V 10). Die Kinder Gottes, namentlich die Arbeiter im Dienst des
Herrn, sollen immer die Überzeugung haben, dass sie vom Geist Gottes geleitet werden. Sie werden
dann in allen Lagen den Trost bei sich haben, dass Gott sie segnet. Es erfordert aber einen recht
kindlichen Umgang und eine stete Gemeinschaft mit Gott dem Vater und dem Herrn Jesus Christus,
um seinen Willen recht zu verstehen und sich Ihm mit aller Freudigkeit hinzugeben. Wir bedürfen
alle Wachsamkeit und Nüchternheit im Gebet, um nicht vom Satan überlistet zu werden. Wo das Herz
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BdH 1854 Paulus und Silas in Philippi
wenig in innigem und kindlichem Verkehr mit Gott einhergeht, da wird sein Wille wenig erkannt
und befolgt; es wird aber oft die Täuschung stattnden, dass man den eignen Willen für den Willen
Gottes hält. Das stete Aufsehen auf Jesus macht und hält uns frei von uns selbst. Geht es uns nur
darum, dass der Name Gottes verherrlicht werde, und nicht wir selbst, so werden wir durch den
Heiligen Geist, der uns gegeben ist, den Willen Gottes immer mehr verstehen. Solange wir nach
dem Willen Gottes wandeln und uns von seinem Geist leiten lassen, werden wir immer Gelegenheit
nden, Ihn zu loben und zu preisen; Er wird uns immer erkennen lassen, wie nahe Er seinen Kindern
ist. Wir werden auch nie vergeblich arbeiten, wenn Er uns zu seinem Dienst berufen hat; es wird
unsere Arbeit immer gesegnet sein. Wir nden dieses auch an den beiden Knechten Gottes bestätigt,
wie wir Vers 13–15 lesen: „Des Tages des Sabbats gingen wir hinaus vor die Stadt an das Wasser,
da man Pegte zu beten, und setzten uns und redeten zu den Weibern, die da zusammen kamen.
Und ein gottesfürchtiges Weib, mit Namen Lydia, eine Purpurkrämerin, aus der Stadt der Thyatira,
hörte zu, welcher tat der Herr das Herz auf, dass sie darauf Acht hatte, was von Paulus geredet ward.“
Dieses Weib, aus einer fernen Stadt, war die Erstlingsfrucht in Philippi. – Eine bekehrte Seele ist in
den Augen Gottes etwas Großes; sie ist ein Gegenstand der Freude im Himmel und ans der Erde; sie
ist ein Werk der herrlichen Macht des lebendigen Gottes, der die Toten auferweckt; ja eine einzige
bekehrte Seele ist der Gegenstand der Verherrlichung der göttlichen Gnade und des Werkes Jesu
Christi.
Aber der Feind schlummerte auch in Philippi nicht. Der Satan ist immer beschäftigt, das Werk Gottes
zu hindern und zu verderben. Vor allem ist er bemüht, den Trägern der guten Botschaft, allerlei
Drangsale zu bereiten, sie mutlos und verzagt zu machen und sie wo möglich ganz aus dem Weg zu
räumen. In solchen Zeiten wird es recht oenbar, wie er sein Werk in den Kindern des Unglaubens
hat. Paulus mochte selbst wohl wissen, dass, wenn er den Wahrsagegeist im Namen Jesu von der
Magd austriebe, er ihren Herren eine reiche Erwerbsquelle abschneiden und sich und Silas Verfolgung
bereiten würde. Allein er beschäftigte sich nur mit dem göttlichen Willen. So macht es der Christ
immer, der sich ganz seinem Gott übergeben hat. Er handelt stets im Glauben nach dem Willen Gottes
und ist um die Folgen ganz unbekümmert. Seine Sorge ist allem die, als ein gehorsames Kind, als ein
getreuer Knecht erfunden zu werden; für alles andere lässt er Gott sorgen. Es ist etwas Köstliches,
wenn wir also willenlos geworden sind; wir werden alsdann immer nden, wie Gott sich herrlich
an uns beweist. Scheint es oft auch, als ob Satan den Sieg davon getragen habe, so wird der Herr
dennoch oenbaren, dass dieser Sieg eine Niederlage für ihn ist. Mochte er auch triumphieren, als er
den Sohn Gottes unter Mördern am Kreuz hängen sähe, so war dies dennoch der größte Sieg Gottes,
der uns das unaussprechliche Heil brachte. Wird es auch dem Satan zugelassen, den Knechten Gottes
große Drangsale zu bereiten, Schläge und Gefängnis, ja selbst den Tod über sie herbeizuführen, ihr
Gott und Vater wird sich dennoch immer an ihnen verherrlichen.
Wir lesen im obigen Kapitel vom 22. bis 25. Verse: „Und das Volk ward erregt Wider sie; und die
Hauptleute ließen ihnen die Kleider abreißen und hießen sie schlagen. Und da sie sie viel geschlagen
hatten, warfen sie sie in das Gefängnis und geboten dem Kerkermeister, dass er sie wohl bewahrte.
Der nahm dies Gebot an und warf sie in das innerste Gefängnis und legt? ihre Füße in einen Stock.
Um Mitternacht aber beteten Paulus und Silas und lobten Gott. Und es hörten sie die Gefangenen.“
Wir sehen hier, wie viel Paulus und Silas um des Namens Jesu willen in Philippi zu leiden hatten.
Nicht allein wurden ihnen die Kleider abgerissen und blutige Striemen geschlagen, sie wurden noch
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BdH 1854 Paulus und Silas in Philippi
dazu in ein tiefes Gefängnis geworfen und ihre Füße in einen Stock gelegt. In solchen Drangsalen ist
es ein großer Trost, zu wissen, dass man nicht nach seinem eignen, sondern nach dem Willen des
Herrn wandelt. Wo man auf der Erde unter den Menschenkindern weder Erbarmen noch Liebe ndet,
da darf man dann zuversichtlich Auge und Herz zu Gott dem Vater erheben, der in den drückendsten
Lagen sich zu verherrlichen weiß. Ja Gott war nahe, als alles sie verlassen hatte, und nie ist die Not
größer als der Helfer. Sie waren nicht allein im dunklen Gefängnis, wie die übrigen Gefangenen;
obgleich gebunden in der Finsternis, so waren sie dennoch frei und wandelten im Licht. Sie litten
am Fleisch, aber ihr Geist ruhte in Gott. Zu Ihm beteten sie in der Mitternachtsstunde und von Ihm
wurden sie getröstet. Sie fangen Lobgesänge. Da wo die Welt jammert und wehklagt, singt der Christ
Loblieder; wo sie sich verlassen sieht, erfährt der Christ die so herrliche Nähe seines Gottes. Paulus
sagt 2. Korinther 1,9 von der großen Trübsal, die ihm und seinen Begleitern in Asien widerfuhr, als
sie glaubten, dass sie sterben müssten: „Dies geschah aber darum, dass wir unser Vertrauen nicht auf
uns selbst stellten, sondern auf Gott, der die Toten auferweckt. Welcher uns von solchem Tod erlöst
hat und noch täglich erlöst; und hoen auf Ihn, Er werde uns auch hinfort erlösen.“ Und Vers 4–5:
„Der uns tröstet in all unserer Trübsal, dass wir auch trösten können, die da sind in allerlei Trübsal
mit dem Trost, damit wir getröstet werden von Gott. Denn gleich wie wir des Leidens Christi viel
haben, also werden wir auch reichlich getröstet durch Christus.“

Wie fremd mussten die Lobgesänge in den Ohren der übrigen Gefangenen klingen. Sie waren gefesselt
an Leib und Seele. Sie kannten den Gott nicht, der sich also an den Seinen verherrlicht, dass sie
inmitten großer Drangsale Loblieder singen können. Bei ihnen war es noch Nacht, sowohl nach
außen als nach innen. Die arme Welt hat keinen Gott und Vater, der überall nahe ist und seine große
Gnade und Liebe oenbart. Die Sünde beraubt sie ihrer Freiheit nach innen und auch oft nach außen.
Gott weiß aber auch die Seinen aus aller Drangsal zu erretten. Seine Hand ist nirgends zu kurz; Ihm
ist alles untertan. Schnell aber ward ein großes Erdbeben, also dass sich bewegten die Grundfesten
des Gefängnisses. Und von der Stunde an wurden alle Türen aufgetan und aller Bande los (V 26). Der
Herr ist immer beschäftigt, den Seinen sich als ihr Gott und Vater zu beweisen. Wer seine Honung
allein auf Ihn setzt, wird nimmer zu Schanden. Wer in seinem Willen einher geht, wird stets die
Güte und Treue seines Gottes erfahren. O Geliebte, sein Wille sei uns allein heilig; lasst uns Ihm uns
ganz übergeben. Wir dürfen dann in allen Lagen getrost sein; der Herr wird sich immer an uns als
unser Gott und Vater verherrlichen. Sind die Hindernisse und Schwierigkeiten auch noch so groß,
für Ihn sind sie nicht da. Lasst uns im Glauben wandeln und den Kampf des Glaubens kämpfen, so
werden wir in allen Lagen sicher und getrost sein. Der Glaube hält sich allein an Gott und wirkt stets
in seiner Gegenwart und seiner Kraft. Gott und sein Wort ist für ihn genug; er hält sich mit aller
Zuversicht und festem Vertrauen daran.
Paulus und Silas lagen um Mitternacht im innersten Gefängnis und ihre Füße waren in einen Stock
geschlossen. Vor den Augen der Menschen waren sie wohl verwahrt, aber was war dies alles vor
Gott? Nicht eine einzige Nacht vermochten diese Fesseln auszuhalten, als Er redete. Ähnliches nden
wir Apostelgeschichte 12,5–8. „Und Petrus ward zwar im Gefängnis behalten, aber die Gemeinde
betete ohne Aufhören für ihn zu Gott. Und da ihn Herodes wollte vorstellen, in derselben Nacht
schlief Petrus zwischen zwei Kriegsknechten, gebunden mit zwei Ketten und die Hüter vor der Tür
hüteten des Gefängnisses. Und siehe, der Engel des Herrn kam daher, und ein Licht schien in dem
Gemach, und schlug Petrus an die Seite und weckte ihn auf und sprach: Steh schnell auf. Und die
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BdH 1854 Paulus und Silas in Philippi
Ketten elen von seinen Händen. Und der Engel sprach zu ihm: Gürte dich und tue deine Schuhe
an. Und er tat also. Und er sprach zu ihm: Wirf deinen Mantel um dich und folge mir nach.“ Petrus
schlief und wusste doch, was über ihn beschlossen war. Allein Er vertraute auf seinen Gott, dem er
sich ganz übergeben hatte, darum fürchtete er sich nicht. Gott aber wachte über ihn und für ihn.
Weder Gefängnis noch Ketten und Kriegsknechte sind vermögend, dem Willen unseres Gottes zu
widerstehen.
Es wollte aber der Herr in jener Nacht in Philippi noch mehr seine reiche Gnade und herrliche Macht
beweisen. Nicht nursollten die Türen des Gefängnisses geönet und die Fesseln der Gefangenen gelöst
werden, sondern auch noch andere Banden, die Ketten der Finsternis und des Todes sollten gelöst
werden von einem Mann, der ganz frei zu sein schien. Es war der Kerkermeister, der den Knechten
Gottes weder Erbarmen noch Liebe bewies, sondern ihre Wunden und Striemen nicht achtend, sie
in das innerste Gefängnis warf und ihre Füße in einen Stock legte. Bis diese Mitternachtsstunde
hatte dieser Mann ruhig und sicher in seinen Sünden geschlafen; aber als Gott redete, fuhr er aus
dem Schlafe. Doch verstand er diese Stimme noch nicht; denn sogleich war das Mordschwert in
seiner Hand; ein Stoß und – er lag in ewiger Nacht und Finsternis. Doch Gott redete noch einmal
zu ihm durch den Mund seiner Knechte: „Tue dir nichts Nebels, denn wir sind alle hier.“ Es drang
ein anderes Schwert durch seine Seele – das Schwert des Geistes Gottes, und – er ging in das ewige
Leben ein. „Er ward zitternd und el Paulus und Silas zu den Füßen.“ Wohl zum ersten Male in seinem
Leben fühlte er, dass er der Gefangene und jene die Gefreiten waren; wohl zum ersten Male fragte er:
„Liebe Herren, was soll ich tun, dass ich selig werbe?“ Und der Herr lässt ihm die frohe Botschaft
verkündigen: „Glaube an den Herrn Jesus Christus, so wirst du und dein Haus selig.“

Blicken wir jetzt in die zweite Hälfte dieser Nacht, so tritt uns so recht lebendig die Wirksamkeit des
Werkes Christi und die Macht und der Reichtum der göttlichen Gnade entgegen. Dieses Werk und
diese Gnade hatten einen Weg zu dem Herzen des Kerkermeisters gefunden. Die Ketten der Sünde
und der Finsternis sind gesprengt und das Licht des Lebens ist hineingedrungen, und die Liebe Gottes
darin ausgegossen. Sogleich nehmen auch die Handlungen des Kerkermeisters eine andere Richtung,
sie tragen einen himmlischen Charakter an sich. „Und er nahm sie zu sich in derselben Stunde der
Nacht und wusch ihnen die Striemen ab.“ Jetzt ist sein Herz mit Erbarmen und Liebe erfüllt. Hier
erkennen wir, dass die Bekehrung allein Gottes Werk und oft das Werk eines Augenblicks ist. Es ist
der Übergang von der Sünde zur Gerechtigkeit Gottes, von der Finsternis zum Licht und vom Tod
zum Leben. Gott aber ist es allein, der alles wirkt und ist an keine Zeit noch Umstände gebunden.
Wo Er einkehrt mit seiner Gnade, da ist Frieden und Seligkeit.
„Und er führte sie in sein Haus, und setzte ihnen einen Tisch und freute sich mit seinem ganzen
Haus, dass er an Gott gläubig geworden war.“ Welch eine große Veränderung zwischen der ersten
und zweiten Hälfte dieser Nacht. In der ersten schlief der Kerkermeister noch ruhig und sicher in
seinen Sünden, in der zweiten freut er sich mit seinem ganzen Haus seines Gottes und Christi Jesu;
in der ersten sitzen Paulus und Silas im dunklen Gefängnis, unter vielen Schmerzen Gott lobend, in
der zweiten werden sie durch die Liebe und das Erbarmen ihres eigenen Kerkermeisters erquickt. O
wie unendlich reich ist doch die Liebe, Gnade und Macht unseres Gottes! wie sehr weiß Er in einer
einzigen Nacht seinen Namen zu verherrlichen!
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BdH 1854 Paulus und Silas in Philippi
Da wir nun einen solchen Gott haben, Geliebte, so lasst uns mit aufrichtigem Herzen und völligem
Glauben unsere ganze Honung auf Ihn setzen; lasst unsstetsseinen wohlgefälligen Willen erforschen
und darin wandeln. Sein Geist sei immerdar unser Führer, so werden wir gewisse Tritte tun und in
den mancherlei Drangsalen nicht matt und mutlos werden. Er wird uns überall seine verborgene
aber nahe Gegenwart kund tun und uns in stetem Frieden wandeln lassen. „Ist Gott für uns, wer mag
wider uns sein!“ „Und Jesus Christus gestern und heute und derselbe in alle Ewigkeit. Amen.“
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BdH 1854 Die Welt und die Kirche Teil 1/5
Die Welt und die Kirche Teil 1/5
Autor: John Nelson Darby
Ehemals war der Thron Gottes auf der Erde zu Jerusalem. Dies wird wieder stattnden, wie
Jeremia 3,17 es ankündigt. Die Herrlichkeit Jehovas war im Tempel; aber dies hat gänzlich
aufgehört, seit Jerusalem von Nebukadnezar erobert wurde. Die Zeiten der Heiden haben von
da an angefangen, und Gott übergab das Reich dem Nebukadnezar. Die irdische Macht wurde zu
den Heiden übergetragen (Dan 2,37) und die Herrlichkeit Jehovas ist weggegangen1
. Da das Volk
untreu war, hat Gott sein Volk verlassen, und seitdem hat Gott nie wieder auf der Erde seinen Sitz
genommen. Gott stellte bloß seinen Sohn dar als König und als das Recht habend über die Juden zu
regieren; aber der Sohn wurde verworfen. Von da an sammelt Gott die Gemeinde, die Miterbin Christi.
Christus sitzt auf dem Thron bei dem Vater und bittet für uns. Wenn die Gemeinde als Haushaltung
auf der Erde geendigt ist, so wird der Thron Gottes von neuem der Mittelpunkt der Verbindungen mit
der Erde sein, und Gott fängt wieder an, direkt in die Welt einzugreifen2
. Es wird eine Zeit kommen,
wo ein Thron auf die Erde gestellt werden wird. In Oenbarung 4,8 ist der Thron im Himmel, von
welchem in der Oenbarung Johannes alles ausgeht, als aus dein Mittelpunkt der Regierung. Dieser
Thron wird wieder eingreifen in die Regierung der Erde, und eben deshalb, weil Christus kommen
soll, um sein Recht zur Regierung der Erde geltend zu machen, bereitet sich der Antichrist vor, Ihn
zu bekriegen.
Was dem Lamm das Recht gibt, diese Allgewalt auszuüben, ist der Kaufpreis, den dasselbe Gott
gegeben hat. Für Gott war das Erbe wie verloren, das Lamm hat es Gott wiedererlöst. Der Löwe von
Juda, die Wurzel Davids hat gesiegt durch die Erlösung. Adam hatte Recht zum Erbe, aber er verlor
es. Christus musste dieses Recht aus den Händen des Satans loskaufen. Nun hat Christus nicht bloß
das Recht, Seelen zu haben für den Himmel, sondern auch in Besitz der Erde gesetzt zu werden. Er
wusste den Preis darlegen, und dieser Preis war sein Tod.


1 Am Anfang der Prophezeiung Hesekiels sieht man die Cherubim den Tempel und die Stand verlassen (Hes 10,18; 11,23)
2 Das Wiedereingreifen Gottes in die Regierung der Welt geschieht ehe der Sohn eingesetzt sein wird auf der Erde.
Kapitel 6 der Oenbarung zeigt, was voran geht, ehe Jesus Besitz nimmt von der Erde. Das Lamm önet die Siegel. Er zeigt sich noch nicht oen, um vom Erbe Besitz zu nehmen und das Gericht zu vollziehen, noch ist er das Lamm mitten im Thron, im Himmel, während der Zeit, wo Gott die Regierung ergreift, ohne noch den Thron dem Sohn übergeben zu haben.
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BdH 1854 Die Welt und die Kirche Teil 1/5
Die Oenbarung zeigt erstens Gott als Gott den Höchsten, und stellt den Thron des Allmächtigen der
Welt dar3
, und zweitens (das ist der große Gegenstand dieses Buches) den Menschensohn in Besitz
des Erbes gesetzt, dass Er erkauft und gereinigt hat.
Der Gegenstand des vierten Kapitels ist die Schöpfung und das Recht Gottes über die Schöpfung.
Im fünften die Rechte des Lammes durch die Erlösung.4 Die Schöpfung ist sowohl erlöst, wie die
Gemeinde; die Gemeinde um Miterbin, die Schöpfung um Erbe zu sein. Gegenwärtig verlangt Jesus
die Welt noch nicht; seine Bitten beziehen sich auf die Gemeinde; wann er aber die Erbe verlangen
wird, so erfolgt das Gericht, welches dieselbe zubereitet zur Besitznahme. Wenn unser gegenwärtiges
Zeugnis darin besteht, dass der Himmel und alle Dinge Gott angehören, so wird in der letzten Zeit,
wenn die Kirche weggenommen sein wird und Gott wieder in die Regierung der Erde einzugreifen
anfängt, ganz anderes Zeugnis sein, nämlich, dass die Erde Gott angehört und dass sie durch Jesus
erkauft worden. Es wird dann von den Rechten Gottes hinsichtlich der Erde ein Zeugnis abgelegt
werden. Unser jetziges Zeugnis ist das Zeugnis des Heils und bezieht sich auf die Erde. Die Gemeinde
ist ein himmlisches Volk, das nichts gemein hat mit den irdischen Dingen. Das 14. Kapitel zeigt uns
die hundert vierundvierzig tausend auf dem Berg Zion. Dies ist nicht im Himmel, auch nicht bei dem
Tiere, sondern auf Zion. Es sind die Erlösten aus denen, die auf Erden sind, die irdischen Erstlinge
Gott und dem Lamm. Wir sind die himmlischen Erstlinge der ganzen Schöpfung, um mit Christus zu
sein, dem Haupt der Schöpfung auf eine himmlische Weise. Aber Gott will, dass ein Band zwischen
dem Himmel und der Erde sei.5 Und Jesus auf der Erde regierend, soll den Himmel mit der Erde
verbinden. Epheser 1,10 zeigt, dass in der Veranstaltung der Erfüllung der Zeiten, das heißt, wenn
Er wiedergekommen sein wird, alles wieder zusammengefasst werden soll, sowohl was im Himmel
als was auf Erden ist. Das beginnt in diesem 14. Kapitel; die hundert vierundvierzig tausend lernen
das Lied des Himmels, von wo aus ein Freudengesang ertönt, weil der Segen der Erde aufzutauchen
beginnt; sie sind geeignet, als Erstlinge vor der Ernte mit dem Lamm ein Band zwischen dem Himmel
3
In der Oenbarung des Johannes ist Gott niemals als Vater dargestellt. Auch von der Kirche ist nicht die Rede, sondern von der Welt und ihrem Verhältnis zu Gott als dem Regent der Welt. Dies gibt dem Buch den Charakter. Der Gruß (Kap 1,4) ist diesem Charakter angemessen. Gott stellt sich dar, als der da regiert. In Kapitel 4,8 sind alle Namen Gottes außer dem, der die Kirch betrit: der Vater. Er ist Gott, der Herr, der Allmächtige, Jehova. Durch diese Namen hat sich Gott in jeder Haushaltung oenbar. Bei der Kirche heißt er Vater: und dies ndet sich hier nicht.


4 Es ist sehr wichtig zu bemerken, dass der allgemeine Zweck des Buches, die Offenbarung Jesu als Erben der Welt ist, dass Er als das erwürdige Lamm das Recht hat, das versiegelte Buch des Vertrages des Erbes, das Ihm zufallen soll, zu öffnen, und die Gerichte in Bewegung zu setzen. Dies gibt viel Licht zum Verständnis der Oenbarung des Johannes.
5 Die Sünde hat alles verdorben, und dieses Band gebrochen, das in Eden zwischen Himmel und Erde war. Jesus kam und war auf der Erde ein Band zwischen dem Himmel und der Erde; der Heilige Geist stieg auf Ihn herab; der Himmel önete sich, denn Jesus, der, den der Himmel anerkennen konnte, war auf der Erde. Johannes 1,52 

 Die Engel stiegen auf Ihn herab, als auf den Menschensohn, was eigentlich erst in der Herrlichkeit Jesu im tausendjährigen Reiche vollkommen erfüllt sein wird. Stephanus sah zwar den Himmel oen, aber Jesus, der Gegenstand der Wonne Gottes, war nun im Himmel, wo die Mensch, heil in Christus eingegangen ist, und wo der Mensch mit Christus einen Platz ndet. Es war folglich kein Band mehr. Da das Evangelium verwerfen wurde, önete sich der Himmel, auf dass die Gemeinde, voll des Heiligen Geistes, wie Stephanus, Gottes Herrlichkeit im Himmel betrachte. Als Jesus auf Erden war,
schaute der Himmel auf die Erde herab; da aber nun Jesus im Himmel ist, schaut die Gemeinde von der Erde aufwärts.
Und welch ein Trost, sich über alles emporschwingen zu können, und den Himmel oen zu sehen. Alles, was eischlich ist, fällt unter das Gericht Gottes, und dahin aus gehen auch alle Honungen der Menschen. Die Grundsätze des Verderbens der Erde sind jetzt alle in Tätigkeit; die Treue besteht darin, diese Grundsätze, deren Früchte Weintrauben für die Weinlese der Erde und für die Kelter des Zornes des allmächtigen Gottes sind, zu iehen.
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BdH 1854 Die Welt und die Kirche Teil 1/5
und der Erde zu sein. Bevor aber der Herr Jesus Besitz nehmen kann von der Erde, ergehen Gottes
Gerichte über dieselbe, während Er noch nicht oenbart ist, sondern als das Lamm im Himmel die
sieben Siegel önet. Und bevor diese Gerichte beginnen, und der Thron Gottes eingreift von neuem
in die Umstände der Erde, wird die Kirche weggenommen, weil sie nicht in den Zusammenhang der
irdischen Dinge hineingehört. Während der Zeit dieser Gerichte aber, das heißt während der letzten
Woche aus Daniels Gesicht sind zwei Dinge, welche unsere Aufmerksamkeit auf sich ziehen: Das
Weib, (das jüdische Volk) und der Drache, der dasselbe verfolgt (Kap 12). Das Weib ist nicht die Kirche, es sind die Juden, aus welchen Jesus, der Sohn (den das Weib gebar), der zum Himmel entrückt ward, abstammt. Wenn Satan, der jetzt noch in den himmlischen Örtern ist, auf die Erde geworfen sein wird, so versammelt er dann alle seine Macht, um das Weib zu verschlingen, und den Aufruhr gegen den Himmel ausbrechen zu lassen. 

Das 13. Kapitel zeigt die Mittel, die er dazu gebraucht, und im 17.
die Grundsätze, nach welchen er von Anfang an die Welt verdorben hat, und welche dann verkörpert
werden. Babylon und das Tier, das heißt die Verderbnis und die Macht des Bösen, die Gewalttätigkeit.
Der Wille des Menschen oenbart sich auf diese zwei Arten: Verderbnis und Gewalttätigkeit. Satan
ist Lügner und Mörder (Joh 8,44). Der Herr Jesus ist die Wahrheit und das Leben. Babylon ist die
Verderbnis in ihrem ganzen Umfang, und das Tier ist der eigene Wille, der sich gegen Gott empört.
Tiefe beiden Grundsätze, die von Anfang an sind, werden dann verkörpert und also tätig sein.
Babylon ist der Mittelpunkt des Handels und der Reichtümer, der Hauptsitz der Eitelkeiten dieser
Welt, die Mutter der Huren und aller Gräuel der Erde, aber für den Geist Gottes ist es eine Wüste.
Alles, was die Religion mit der Welt verbindet, ist Grundsatz Babylons.
Das Tier mit 7 Häuptern und 10 Hörnern ist das römische Reich, welches aus dem Abgrund aufsteigen
soll, um mit Macht zum Bösen zu wirken.6
Im 18. Kapitel ist Babylon dargestellt in ihrem Sturz und Gericht.
6 Wenn man von dem römischen Reich redet, sagt man, es existiert nicht mehr, was auch wahr ist zum Teil, denn das Papsttum ist nicht das römische Kaiserreich, das vierte Tier Daniels; aber es soll aus der Finsternis aufsteigen. Die Bewohner der Erde werden erstaunt sein, wegen dieser Art Auferstehung des römischen Reiches, und dann wird alle Welt dem Tier nachfolgen (Kap 13,3). Die Welt wird verführt werden, wenn das Tier den Charakter der Auferstehung des schon seit Jahrhunderten zerstörten römischen Reiches haben wird. Das Weib sitzt auf dem Tier und beherrscht es, bis die zehn Könige gegen diese Hure auftreten, sie hassen und zerstören. Die ist die geistliche Macht, die Weltreligion, welche bis jetzt über die Zivilgewalt, über die weltliche Macht geherrscht hat, und auch dann noch eine Zeit herrschen wird, aber (Kap 17,16) die Hörner werden diese äußere Form des verdorbenen Christentums abschütteln, nicht um sich dem Herrn zu unterwerfen, sondern um ihre Macht der herrschenden Gewalt des Tieres zu geben und dann das Lamm
zu bekriegen.
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BdH 1854 Die Geschichte Josephs
Einige Gedanken über die Geschichte Josephs
Diese Geschichte ist so interessant, dass selbst die Kinder ihr immer ein aufmerksames Ohr leihen,
wiewohl sie nicht die Schönheiten verstehen, welche in dieser Geschichte für den Gläubigen enthalten sind, welcher darin das Bild Jesu Christi erkennt; so sehr ist es wahr, dass es (für das Herz, welches noch nicht verhärtet ist) eine innerliche Schönheit in allem gibt, was den Herrn oenbart.
Joseph ist in den Ratschlüssen Gottes der Erbe der Herrlichkeit, und das Oberhaupt seiner ganzen
Familie. Dies erregt die Eifersucht seiner Brüder, umso mehr, da er der Liebling seines Vaters ist. Die
Brüder verkaufen ihn an die Heiden und geben ihn für tot aus, anstatt ihn wirklich zu töten, wie die
Juden mit dem wahren Joseph getan hatten.
Nach diesem verfällt Juda in alle Arten von Elend und Sünden, ohne dass ihm indessen dadurch das
königliche Geschlechtsregister entzogen wird.
Joseph wird, in Folge falscher Anklagen, von den Heiden erniedrigt. Er wird ins Gefängnis geworfen,
seine Füße werden in Fesseln gelegt; das Eisen dringt in seine Seele, bis zur Zeit, wo seine Gerechtigkeit
an den Tag kommt. Das Wort Gottes stellt ihn auf die Probe. Von seiner Erniedrigung befreit, wird er
zur Reckten des Thrones erhoben, die Verwaltung der ganzen Macht der Heiden wird ihm anvertraut,
solange er von seinen Brüdern ungekannt bleibt.
In der Erniedrigung ist er der Dolmetscher der Gedanken und Ratschlüsse Gottes; während seiner
Erhöhung verwaltet er mit Macht und mit derselben Weisheit, welche er schon an den Tag gelegt
hatte, als er in der Unterdrückung war, und übergibt alles unter die unmittelbare Herrschaft dessen,
welcher auf dem Thron sitzt.
Eine andere Szene zeigt sich: Josephs Brüder, von der Hungersnot getrieben, werden auf dem Weg
der Buße und Demütigung dahin gebracht, endlich in der Herrlichkeit den anzuerkennen, welchen
sie einst verwerfen hatten. Benjamin, ein Vorbild der Macht des Herrn der Erde unter den Juden,
wird mit dem vereinigt, welcher, solange er seinen Brüdern unbekannt war, die Macht des Thrones
unter den Heiden hatte. Christus begreift diese beiden Charaktere in sich.
Endlich wird Jakob und den Seinen, als einem besonderen Volk, ein Platz angewiesen in dem Land,
welches das am meisten begünstigte von allen den Ländern war, welche unter der Herrschaft des
großen Königs sich befanden.
Es gibt nichts Rührenderes, als das Benehmen Josephs gegen seine Prüder. Aber ich muss diese
Betrachtungen den Herzen meiner Leser überlassen, indem ich sie, so viel als meine Wünsche dies
vermögen, unter den kostbaren Einuss des Geistes Gottes stelle.
Man ist glücklich, zu bemerken, dass Jakob, als er dem Pharao vorgestellt wird, wiewohl er anerkennt,
dass sein Leben im Vergleich mit dem Leben seiner Väter traurig gewesen ist, nichts desto weniger
sich im Stand fühlt, er, der verachtete Hirte, den Monarchen zu segnen. Es ist unstreitig: der, welcher
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BdH 1854 Die Geschichte Josephs
segnet, ist größer, als der, welcher gesegnet wird. Das kleinste und am meisten strauchelnde unter
den Kindern Gottes hat das Bewusstsein seiner Überlegenheit in Gegenwart der hochstehenden
Leute dieser Welt. Man hat nicht verfehlt, in der Geschichte Josephs eins der merkwürdigsten Vorbilder des Herrn Jesus zu erkennen. Dieser vorbildliche Charakter bezieht sich selbst auf viele Einzelheiten der Wege Gottes in Betre der Juden und Heiden.
So sehen wir im 48. Kapitel Joseph als Erben; die doppelte Erbportion, welche dem altern, dem Erben des Vaters unter den Juden angewiesen wurde, wurde ihm gegeben (Siehe 1. Chr 5,1–2).
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BdH 1854 Wandelt in Liebe
Wandelt in Liebe
„Und wandelt in Liebe, gleichwie auch der Christus uns geliebt und sich selbst für uns hingegeben
hat als Darbringung und Schlachtopfer, Gott zu einem duftenden Wohlgeruch“ (Eph 5,2).
Es ist köstlich und segensreich für uns, wenn unsere Herzen auf die Liebe Gottes gerichtet sind und
wenn wir diese Liebe erkennen und verstehen. Es ist aber nicht genug, dass wir die Sprache der Liebe
im Mund führen und wir vieles über diese Liebe zu reden wissen. Unsere Herzen müssen darauf
gerichtet sein, sie müssen davon erfüllt und durchdrungen sein. Dann wird uns die Liebe Gottes
nicht fruchtleer zurück lassen, dann ist sie stets wirksam.
Gott hat uns seine große Liebe in Christus Jesus oenbart. Er hat uns seinen eingeborenen Sohn
gesandt zur Sühnung unserer Sünden. Von Natur waren wir gottlos und Feinde Gottes, aber jetzt sind
der Gegenstand seiner unaussprechlichen Liebe geworden. Er hat uns zu Kindern angenommen, zu
Erben Gottes und Miterben Christi (Röm 8,17). Er ist unser Gott und Vater geworden, und Jesus selbst
bezeugt, dass der Vater uns liebt wie Ihn. Wir sind das Werk seiner herrlichen Gnade und Liebe, ein
Werk, worin sich die Liebe Gottes in ihrer Fülle erweist. In Christus und seiner Versammlung ist die
Liebe Gottes verherrlicht. Hier haben ihre kräftigen Strahlen die tiefsten Tiefen durchdrungen und
belebt. Jesus Christus ist mit dem Vater eins. Er hat sich selbst für seine Versammlung hingegeben
(Eph 5,25). Er hat sein Leben für uns gelassen, als wir noch Feinde waren. Eine größere Liebe gibt es
nicht. Auch wenn wir sie erkannt haben, so übersteigt sie doch alle Erkenntnis. Die überschwängliche
Erkenntnis Christi übertrit alles und bereitet uns eine völlige Freude. Was wird es erst dann sein,
wenn wir Ihn so erkennen, wie wir von Ihm erkannt sind (vgl. 1. Kor 13,12); da uns schon jetzt das
Bewusstsein seiner Liebe so reich und glücklich macht!

Diese Liebe ist durch den Heiligen Geist in unsere Herzen ausgegossen (Röm 5,5). Sie hat uns nicht
als Fremdlinge bei Gott gelassen, um als Entfernte diese Liebe zu bewundern, sondern wir sind
in Christus ganz nahe hinzugekommen, so dass wir mit aller Zuversicht ausrufen können: „Abba,
Vater!“ (Röm 8,15). Wir sind ganz in die Gemeinschaft dieser Liebe gebracht. Ihr ganzes Wesen hat
uns durchdrungen und so mit ihr befestigt, dass wir sagen dürfen: „Wer wird uns scheiden von der
Liebe Gottes? Drangsal oder Angst oder Verfolgung oder Hungersnot oder Blöße oder Gefahr oder
Schwert?“ (Röm 8,35). Nichts vermag uns zu scheiden von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus
ist, unserem Herrn (Röm 8,39). Solange wir diese Liebe aber nur mit dem Mund preisen, und sie
nicht auch in Tat und Wahrheit beweisen, haben wir die Gemeinschaft dieser Liebe nicht erkannt
und dass sie in unsere Herzen ausgegossen ist. In dieser Beziehung ndet viel Täuschung statt. Dies
wird immer der Fall sein, wenn wir die Liebe Gottes rühmen, die uns geliebt hat, da wir noch Feinde
waren, und ihre Wirksamkeit in uns nicht wie in Gott ist. Der Charakter oder das Wesen dieser Liebe
ist immer derselbe, voll Erbarmen, Gütigkeit und Geduld. „Die Liebe ist langmütig, ist gütig; die Liebe neidet nicht; die Liebe tut nicht groß, sie bläht sich nicht auf, sie gebärdet sich nicht unanständig, sie sucht nicht das Ihrige, sie lässt sich nicht erbittern, sie rechnet Böses nicht zu, sie freut sich nicht
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BdH 1854 Wandelt in Liebe
über die Ungerechtigkeit, sondern sie freut sich mit der Wahrheit, sie erträgt alles, sie glaubt alles,
sie hot alles, sie erduldet alles“ (1. Kor 13,4–7). Das ist der Charakter der Liebe, und sie wird sich
immer in dieser Welt oenbaren. Sind wir von ihr erfüllt, so vergessen wir uns selbst ganz; sie lenkt
immer unseren Blick auf das Wohl der Anderen. Jesus Christus erduldete das Kreuz und achtete die
Schande nicht, und seine Hingabe brachte uns das unaussprechliche Heil.
Haben unsere Herzen eine lebendige Überzeugung dieser Liebe? Stehen wirin dem festen Bewusstsein,
dass sie in Jesus unser Teil geworden ist, so werden wir immer voll Freimütigkeit zum Gnadenthron
treten. Diese Liebe ist unwandelbar, darum dürfen wir auch zu jeder Zeit herzunahen, denn in
Christus kommen wir stets als die Begnadigten und Geliebten. Sind meine Gefühle auch veränderlich,
so bleibt das Herz Gottes immer dasselbe. Diese Erkenntnis lässt uns stets voll Zuversicht leben,
wissend, dass wir zu jeder Zeit einen freien Zutritt wie die Kinder zum Vater haben. Ruhen wir in der
Liebe Gottes, so verschwindet die Furcht und jede Sorge tritt in den Hintergrund, denn Gott ist ja
unser Vater. Was wir sonst nirgends nden, nden wir im Vaterherzen Gottes: eine tröstende Liebe
in Drangsalen, eine Kraft in Schwachheit, eine Hilfe in der Not und eine herrliche Honung für die
Ewigkeit. Hier nden wir alles, was wir bedürfen. 

Hier darf das Herz in Frieden ausruhen, wo es doch sonst nirgends Ruhe nden konnte, und wenn es wirklich auf die Liebe Gottes gerichtet ist, so
werden wir auch mit dem Apostel in die Worte einstimmen: „Seht, welch eine Liebe uns der Vater
gegeben hat, dass wir Kinder Gottes heißen sollen“ (1. Joh 3,1), und erfreuen uns der Ermahnung:
Lasst uns Ihn lieben, „weil er uns zuerst geliebt hat“ (1. Joh 4,19). Seine Liebe zieht unsere Herzen von
allem Sichtbaren und auch von uns selbst ab, und richtet unseren Blick dahin, von woher uns diese
Liebe entgegenstrahlt. Haben wir die Tiefen seiner erbarmenden Liebe in Christus Jesus erkannt,
wie könnte da unser Herz noch etwas nden, wo es mehr hingezogen würde? In der Gemeinschaft
dieser Liebe erfährt man, dass sonst nirgends Liebe ist. Alles liebt und denkt nur an sich. Alles ist
eitel und vergänglich und der Täuschung unterworfen. Solange wir noch uns selbst oder die Dinge
dieser Welt zum Gegenstand unserer Liebe haben, ist unser Herz nicht wahrhaft auf die Liebe Gottes
gerichtet und davon durchdrungen. „Gott ist Liebe, und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott und
Gott in ihm“ (1. Joh 4,16).
„Geliebte, lasst uns einander lieben, denn die Liebe ist aus Gott; und jeder, der liebt, ist aus
Gott geboren und erkennt Gott. Wer nicht liebt, hat Gott nicht erkannt, denn Gott ist Liebe“
(1. Joh 4,7.8).
Der Charakter derer, die aus Gott geboren sind, ist die Liebe und das Erkennen Gottes. Das Kind
kennt seinen Vater. Haben wir diesen Charakter nicht und denken doch Gottes Kinder zu sein, so
täuschen wir uns selbst; denn wir sind dann nicht aus Gott geboren, der die Liebe ist. Was vom
Fleische geboren ist, das ist Fleisch (Joh 3,6) und gehört dieser Welt an. Es wird auch immer den
Charakter des Fleisches und das Wesen dieser Welt oenbaren, selbst wenn es einen Schein von
Frömmigkeit annimmt. Doch sind wir aus Gott geboren, so sind wir ein Geist mit Ihm, und unser
ganzes Wesen ist himmlisch. Unsere Gemeinschaft ist nicht mehr mit der Welt, sondern mit Gott,
dem Vater und Christus Jesus (1. Joh 1,3). Die Welt erkannte den eingeborenen Sohn vom Vater nicht,
darum kennt sie auch uns nicht, denn wir sind ein Geist mit Ihm. Er hat uns zu Kindern Gottes
gemacht, und nachdem Er den Willen Gottes in dieser Welt vollbracht hatte, sagte Er: Ihr seid meine
Brüder: mein Vater ist euer Vater und mein Gott euer Gott (Joh 20,17). Diese so überaus herrliche
Wahrheit zeigt uns unsere Stellung sowohl in dieser Welt, als auch vor unserm Gott und Vater. „Liebt
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BdH 1854 Wandelt in Liebe
nicht die Welt, noch was in der Welt ist. Wenn jemand die Welt liebt, so ist die Liebe des Vaters nicht
in ihm“ (1. Joh 2,15). Was die Welt und ihre Dinge, sowie ihr ganzes Wesen betrit, so gilt hier nur
eine dauernde Verleugnung. Jesus ist unser Vorbild. Er tat den Willen und die Werke des Vaters. „Was
der Vater tut, tut in gleicher Weise der Sohn“ (Joh 5,19). Sein ganzes Wesen war nur auf Gott, den
Vater gerichtet. Er war gehorsam bis zum Tod, ja bis zum Tod am Kreuz (Phil 2,8). Sein Leben hatte
stets die Verherrlichung des Vaters zum Ziel, so dass Er am Ende seines Lebens in dieser Welt sagen
konnte: „ich habe dich verherrlicht auf der Erde“ (Joh 17,4). Es ist jetzt nicht allein unsere heilige
Picht, sondern noch vielmehr unser großes Vorrecht geworden, zu leben, wie Er gelebt hat.
„Seid nun Nachahmer Gottes, als geliebte Kinder, und wandelt in Liebe, wie auch der Christus uns
geliebt und sich selbst für uns hingegeben hat als Darbringung und Schlachtopfer, Gott zu einem
duftenden Wohlgeruch“ (Eph 5,1).
So werden auch wir ermahnt, durch die Erbarmungen unseres Gottes, unsere Leiber als lebendiges,
heiliges und Gott wohlgefälliges Schlachtopfer darzustellen (Röm 12,1). Die Liebe Gottes hat sich in
Christus in solcher Fülle und Herrlichkeit über uns oenbart, dass wir, sobald unser Herz wirklich
darauf gerichtet und davon durchdrungen ist, nicht anders können, als in der Gemeinschaft dieser
Liebe zu wandeln. Sie drängt uns zu Lob, Preis und Anbetung und völliger Hingabe. Sie hat stets
unsere Errettung und Verherrlichung zum Ziel, wie könnten wir anders, als wiederzulieben. Die
Liebe des Vaters dachte schon vor Grundlegung der Welt an uns und bestimmte uns durch Jesus
Christus zur Sohnschaft (Eph 1,4.5); sie macht das Herz voll kindlicher Zuversicht und freudiger
Gewissheit. Nicht genug, dass sich Jesus zu unserer Versöhnung hingegeben hat: sie sorgt für uns in
allen Dingen, sie trägt und pegt uns und leitet uns sicher zur himmlischen Herrlichkeit. Darum,
Geliebte, „lasst uns ihn lieben, denn er hat uns zuerst geliebt“ (1. Joh 4,9).
„Geliebte, wenn Gott uns so geliebt hat, so sind auch wir schuldig, einander zu lieben“ (1. Joh 4,11).
Gott liebt seine Kinder mit großer Liebe in Tat und Wahrheit, wie könnten wir etwas anderes tun,
wenn wir von derselben Liebe durchdrungen sind? „Jeder, der den liebt, der geboren hat, liebt auch
den, der aus ihm geboren ist. Hieran erkennen wir, dass wir die Kinder Gottes lieben, wenn wir
Gott lieben und seine Gebote halten“ (1. Joh 5,1.2). Die Kinder Gottes sind stets ein Gegenstand
der aufopfernden Liebe und der zärtlichsten Sorgfalt und Pege des Vaters. Er trägt das Schwache
mit großer Geduld. Er hilft den Gefallenen mit Sanftmut auf. Er tröstet und erquickt das Bedrängte
mit herzlicher Liebe und leitet alle immer weiter in der Gnade und Erkenntnis dem herrlichen Ziel
entgegen. Diese Früchte kann nur die Liebe Gottes in uns hervorbringen. Man kann die Liebe wie
den Geist Gottes in sich dämpfen, aber ihr Charakter bleibt immer derselbe und wird sich, wo sie
freien Lauf hat, immer so oenbaren. Je mehr wir in der Heiligung zunehmen, desto mehr wird auch
diese Liebe ihre sanften und segnenden Strahlen mitteilen.
Jede Versammlung von Christen ist nur dann gesegnet, wenn sie von der Liebe Gottes getragen
wird, wenn die einzelnen Glieder von ihr erfüllt und durchdrungen sind. Es ist aber auch hier nicht
genug, eine schöne Rede von dieser Liebe halten zu können, mit Worten oder der Zunge zu lieben,
sondern in Tat und Wahrheit. Je weniger die Liebe Gottes in einer Gemeinschaft wohnt, desto weniger
Segen wird auch oenbar werden. Wir werden immer nden, dass da, wo die Liebe erkaltet ist, ein
gesetzliches Richten stattndet. Man sieht den Splitter in dem Auge des Bruders, aber den Balken
im eigenen Auge nimmt man nicht wahr (Lk 6,41.42). Man sieht die Fehler des Bruders, aber man
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BdH 1854 Wandelt in Liebe
hilft ihm nicht in einem sanftmütigen Geist. Vielmehr fordert man von anderen, was man selbst
nicht beweist. Wo aber die Liebe Gottes wirksam ist, da werden die Vergehungen und Schwächen
der Brüder auf betendem Herzen getragen, wie die eigenen, und dann oenbart sich der priesterliche
Charakter. Jesus, der treue Hohepriester, betet immer für die Seinen und vertritt sie auf das Beste.
Zwischen Richten und Ermahnen liegt ein großer Unterschied, wofür aber nur die Liebe Augen hat.
Der richtende Bruder zeigt dem anderen die Fehler an und straft sie. Wo dagegen Ermahnung in
Christus ist, da ist auch viel Gebet, Sanftmut und Geduld und es wird nur an die Besserung gedacht.
„Die Liebe bedeckt eine Menge von Sünden“ (1. Pet 4,8). „Sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hot
alles und erduldet alles“ (1. Kor 13,7). Bei dem richtenden Bruder ist es meistens Eigenliebe, die
wünscht, dass der Andere seine Sünden erkennt. Wo aber die Liebe Gottes im Herzen ist, vergisst
man sich selbst, und ist nur auf die Ehre Gottes und das Heil des Fehlenden bedacht. Solange wir
noch gesetzlich dastehen, können wir großen Eifer für die Heiligkeit Gottes haben, besonders was
die Anderen betrit, das Herz ist aber nicht so sehr auf die Liebe und Geduld Gottes gerichtet und
davon erfüllt. Die Liebe denkt nicht allein daran, die Sünden aufzudecken und zu ermahnen, sondern
sie denkt auch an die vielfachen schweren Versuchungen, worin dieser oder jener Bruder steckt,
und tragen hilft. Gott ist Liebe, und wie diese Liebe mit uns verkehrt, so wird sie auch in uns mit
allen Brüdern verkehren. Wo aber die brüderliche Liebe innig und inbrünstig ist, da wird auch die
allgemeine Liebe gegeben werden.
„Hieran haben wir die Liebe erkannt, dass er für uns sein Leben dargelegt hat; auch wir sind
schuldig, für die Brüder das Leben darzulegen“ (1. Joh 3,16).
Der treue Herr gebe, dass unsere Herzen stets auf seine Liebe gerichtet bleiben, damit auch wir
bereit sein möchten, alles, ja selbst das Leben, für die Brüder hinzugeben. Es ist nichts Besonderes,
solche zu lieben, die uns lieben, sondern wir sollen allen eine inbrünstige Liebe beweisen. Geliebte,
lasst uns doch stets als solche leben, die das lebendige Bewusstsein in sich tragen, dass sie mit
unaussprechlicher Liebe getragen und geleitet werden. Lasst uns auch untereinander anreizen zur
Liebe und guten Werken. Die Liebe sei in uns allen gleich ammend und ungeheuchelt (vgl. 1. Pet 1,22,
Röm 12,9). Dann beweisen wir uns als die Kinder Gottes, deren Hauptcharakter und Wesen die Liebe
ist. Dann werden wir erkannt als solche, die aus Gott geboren sind. Die Weissagungen und die
Erkenntnis werden vergehen, die Sprachen werden schweigen und Glaube und Honung hören auf,
aber die Liebe bleibt. Deshalb ist auch die Liebe das Höchste unter allen.
„Wenn wir einander lieben, so bleibt Gott in uns, und seine Liebe ist vollendet in uns“ (1. Joh 4,12).
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BdH 1854 Über den Gottesdienst
Über den Gottesdienst
Autor: James Lampden Harris
Wenn wir die verschiedenen Seiten betrachten, in welchen der Herr Jesus uns vorgestellt wird, so
ist es nützlich zu unterscheiden, was Er in seiner Person und was Er als Gott ist. Es ist so nützlich
wie köstlich, Ihm von der Krippe in Bethlehem bis zu seiner Ankunft auf den Wolken des Himmels
in der ganzen Fülle seiner Herrlichkeit zu folgen. Der Heilige Geist behandelt mit Freuden diesen
Gegenstand, und oenbart uns, wie Er als ein niedriger Sprosse aus dem Stamm Isai, als eine schwache
Panze ans dürrem Erdreich, zu der ganzen Fülle der Schönheit aufwächst (Jes 11,1–5; 3,2; Jer 33,15;
Sach 3,8; 6,12; Lk 1,78). Es ist auch die besondere Aufgabe des Heiligen Geistes, Jesus zu verherrlichen;
durch uns Zeugnis zu geben was Er im Himmel ist, nachdem Er von der Erde verworfen wurde. In
der Annahme dieses Zeugnisses ndet die Kirche in ihrem streitenden Zustand inmitten dieser Welt
ihre große Kraft.
In seiner Dienstwürde ist Jesus Christus der Gesandte, Anführer und Hohepriester unseres
Bekenntnisses. Er ist weit erhaben über Moses oder Aaron oder Josua. Aber seine Erhöhung, wahrhaft
völlig in seinem Dienste, wird noch herrlicher durch die wesentliche Würde seiner Person. Gott hat
in diesen letzten Tagen zu uns geredet durch den Sohn. Dies ist kein Titel des Dienstes, dies ist seine
eigentliche, wesentliche und besondere Würde, die Er in einem Sinn besitzt, wie sie kein anderer
hat, und wodurch Er sich von allen anderen unterscheidet. Es ist wahr, der Herr hat vorher vielen
Würden verliehen, welche ohne diese nichts waren. Er hat sie dazu Verordnet und eingesetzt und
wer sie darin nicht anerkannte, der verwarf Gott selbst. So ist es auch hier. Gott hat Jesus zu einem
Herrn und Christ gemacht. Aber wer ist Er, der also von Gott verordnet und eingesetzt ist? Es ist der
Sohn. Seine Dienstwürde übertrit nicht seine wesentliche Herrlichkeit, die Er bei dem Vater hatte,
ehe die Welt war. Kein Dienst, mit welcher Würde er auch bekleidet wäre, kann seine Herrlichkeit in
diesem Sinn erhöhen. Er oenbart in einem jeden Dienste seine göttliche Kraft und Würde, und in
jedem Wort geben sich die Zeichen seiner göttlichen Person kund, aber wenn Er auch von seiner
Dienstwürde entblößt wäre, so würde dennoch seine persönliche Würde und Herrlichkeit völlig
bleiben. Dieses macht Ihn allein fähig, „die Ehre zu tragen,“ welche Gott auf Ihn gelegt hat. . . . Als
Gott andere mit verschiedenen Würden bekleidete, wie Moses, Aaron, David, Salomon usw., wurde
immer ihre Untüchtigkeit, diese zu tragen, oenbar. Sie waren nur Menschen, die durchaus keine
Macht in sich selber hatten, solche Dienste zu unterstützen. „Aber Jesus ist der Sohn, und in Ihm ist
das Leben.“
Ein Dienst, welcher von Gott übertragen ist, fordert eine feierliche Verantwortlichkeit, sowohl von
dem, der damit beehrt wird, als auch von denen, welche aufgefordert sind, ihn darin anzuerkennen.
Wir sind ermahnt, die Obrigkeit als von Gott verordnet anzusehen. Ihrer Macht widerstehen, heißt
Gott widerstehen. Menschen, welchen die obrigkeitliche Gewalt übertragen ist, können eine schlechte
Gesinnung an den Tag legen, und dennoch muss ihre Würde als von Gott anerkannt werden. Wenn es
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BdH 1854 Über den Gottesdienst
nun strafbar ist, wo dies nicht geschieht, wie viel mehr ist es verwerich und strafbar, wenn jemand
die Würde und Dienste nicht völlig anerkennt, die Gott auf seinen eigenen Sohn gelegt hat. Aber
ebenso schrecklich ist es auch, in die Rechte jemandes einzugreifen und sich solche Dienste und
Würden anzumaßen. Das ist die letzte Form des Bösen, die sich in der gegenwärtigen Haushaltung
oenbaren und das schreckliche Gericht Gottes herbeiführen wird. Es ist eine Verleugnung Jesu
Christi als Gott und Herr; die Verleugnung seiner wesentlichen wie seiner verliehenen Herrlichkeit,
als Vermittler Darum mögen wir uns wohl hüten, der Ehre, welche wir Jesu, dem Sohn Gottes,
schuldig sind, Abbruch zu tun; denn wie unendlich erhaben ist er über alle, welchen Gott Würden
verliehen hat. Gott wird einst die Menschen von aller Herrlichkeit, welche Er ihnen gegeben hat,
entblößen, und was werden sie dann sein? Nichts. Und wenn der Mensch also erniedrigt sein wird,
wird der Herr Jesus allein gepriesen werden (Jes 2).
Der 82. Psalm gibt uns einen kräftigen Beweis für diese Wahrheit, dass nur die von Gott verliehene
Würde die Menschen aus der Verborgenheit zieht. Wird ihnen diese genommen,so verfallen sie wieder
in ihr Nichts. Dagegen die Würde, welche dem Sohn Gottes gegeben, vergrößert seine persönliche
Würde nicht. Wenn die Würde Ihm genommen oder von den Menschen nicht anerkannt wird, das
führt nur seine Erhöhung durch Gott zu all den Diensten herbei, durch welche der Mensch gefehlt
hat, „auf dass Er in allen Stücken den Vorrang habe.“ „ . . . Ich habe gesagt: Ihr seid Götter und Söhne
des Höchsten seid ihr alle; doch wie Menschen– sollt ihr sterben und wie andere Fürsten fallen. O
Gott, stehe auf und richte die Erde; denn du sollst alle Nationen zum Erbteil haben“ (Ps 82,6–8).
Die Beziehung dieses Psalms auf den Herrn Jesus, gleich wie sie uns im 10. Kapitel Johannes gezeigt
wird, ist sehr merkwürdig. Er hat hier aus die deutlichste Weise seine eigene Gottheit bestätigt:
„Ich und mein Vater sind eins“ (V 30). Da sagten sie: Er macht sich selbst zu Gott (V 33). In Vers 38
bestätigt Jesus noch einmal dieselbe Wahrheit, und sie suchten ihn von neuem zu greifen. Er hatte
aber vorher (V 34–35) Anspielungen auf diesen Psalm gemacht, um zu zeigen, dass sie Ihn in seiner
gesetzmäßigen Macht und in seinem Dienst hätten anerkennen müssen. Seine Werke gaben Zeugnis
von Ihm, dass Er der Gesandte des Vaters war. Nicht allein eine Person war Er, „an welche das Wort
Gottes gerichtet war,“ sondern derjenige, welchen der Vater geheiligt, und in die Welt gesandt hatte;
derjenige, welcher sagen konnte: „Ich bin der Sohn Gottes.“ Um seiner Werke willen hätten sie Ihm
glauben müssen, denn Er tat die Werke seines Vaters; denn Er und der Vater waren eins. Was die
Anderen betrit, so war das Wort Gottes allein an sie gerichtet: – „Ich habe gesagt: Ihr seid Götter.“
Sie hatten in sich selbst keine Würde. Sie waren von der Erde, irdisch und von Gott zur Dienstwürde
erhoben. Aber Jesus war der Sohn. Er war geheiligt und in die Welt gesandt worden; „Er war der
Herr des Himmels.“ Wie unendlich verschieden war Jesus, der Sohn Gottes, von allen denen, zu
welchen Gott gesagt hat: Ihr seid Götter! Von dem Augenblick an, wo ihnen die verliehene Würde
genommen wird, müssen sie, wie alle Menschen, sterben. Sie haben keine erhabene oder bleibende
Macht und Würde. Aber Er war eins mit dem Vater. Er war im Anfang mit Gott und auch nichts
konnte wesentlich seine Würde erniedrigen, weil sie innerlich göttlich war. Er war in sich selbst
tüchtig, gesandt zu werden und alles zu vollbringen, was auf Ihn gelegt war.
Die Übereinstimmung, welche zwischen der persönlichen Herrlichkeit und der Herrlichkeit des
Dienstes des Herrn Jesus Christusstattndet, ist der Hauptgegenstand der Brief an die Hebräer. In dem
ersten Kapitel wird uns der Sohn dargestellt, und wie Er in Betre seiner Person und seines Dienstes
erhaben über die Engel ist. Und es ist der Sohn, welcher auch der Gesandte unseres Bekenntnisses
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BdH 1854 Über den Gottesdienst
ist. In dem zweiten Kapitel wird Er uns dargestellt als unser Hohepriester. Im dritten Kapitel sind wir
ermahnt, „Jesus Christus als den Gesandten und Hohepriester unseres Bekenntnisses“ zu betrachten.
Moses war groß, das ist wahr. Gott hatte ihn vor Pharao herrlich gemacht; dennoch war er nichts
mehr als ein Diener, – ein Mensch, an welchen das Wort Gottes gerichtet war, obwohl Gott Marijam
und Aaron vor ihm erniedrigte. Aber bemerkt wohl, es waren nicht allein seine Dienste, welche Jesus
größer als Moses machten, sondern seine persönliche Große gab Ihm einen unendlichen Vorzug.
„Dieser aber ist größerer Herrlichkeit wert geachtet denn Moses, je eine größere Ehre, denn das
Haus, der hat, der es breitet. Denn ein jegliches Haus wird von jemanden bereitet, der aber alles
bereitet, ist Gott“ (Heb 3,3–4). Moses war als Diener in dem Haus eines anderen treu; aber Christus,
als Sohn, ist über sein eigen Haus. Und sogar, was die oberste Würde des Hohepriesters betrit,
so war Aaron der Hohepriester, aber Jesus ist der große Hohepriester, und Er war also auch, was
den Dienst betrit, erhabener denn Aaron. Aber das ist nicht alles; es ist „Jesus der Sohn Gottes“,
persönlich noch unendlich erhabener, als wie Er es in Betre des Dienstes ist. „Dieweil wir denn
einen großen Hohepriester haben, der durch den Himmel gegangen ist“ (Heb 4,14).
In Hebräer 7. wird uns vornehmlich die Person des Hohepriesters dargestellt, welcher der Sohn
Gottes ist, im Gegensatz von allen, welche einen Dienst überkommen hatten. Nach der Ordnung
Aarons waren die Hohepriester Menschen, welche starben; aber nach der Ordnung Melchisedeks ist
Er derjenige, welcher lebt, darum, weil Er das Leben in sich selber hat. Es ist wahr, dass Er es gelassen
und wiedergenommen, damit Er in das Heiligtum Gottes treten könne, nachdem Er die Reinigung
unserer Sünden vollbracht hatte. Noch mehr; die Ordnung Aarons wurde durch Erbfolge fortgesetzt.
Es musste notwendig also sein. Aaron war ein Mensch im Fleisch, und nach seinem Tod musste
sein Sohn die Dienstverrichtung übernehmen (3. Mo 16,32). Nach dem Gesetz eines eischlichen
Gebots musste das Hohepriestertum nach der Ordnung Aarons fortgesetzt werben. Die Erbfolge ist
das einzige Mittel, welches der Mensch kennt, um etwas fortzusetzen, – und da ist notwendig eine
menschliche Ordnung. Der König kann nicht sterben, sagt man, – Warum? Weil sein letzter Seufzer
seinen Nachfolger auf den Thron setzt, damit die Regierung des Königreichs keinen Augenblick
unterbrochen wird. Die Nachfolge ist notwendig nach dem Gesetz eines eischlichen Gebots. Man darf
sich darum nicht mehr wundern, dass die Menschen zu dieser Ordnung zurückgekehrt sind, weil sie
die natürlichste und menschlichste ist. Aber Gott hat auf eine andere Weise für seine Kirche gesorgt.
Seine Kirche kennt kein Priestertum nach der Erbfolge. Der Sohn ist zum Hohepriester gemacht, nicht
nach dem Gesetz eines eischlichen Gebots, sondern nach der Kraft eines unvergänglichen Lebens.
Auch das, was Er in sich selber ist, gibt seinem Hohepriestertum den besonderen Charakter. Und
das, was dieses Hohepriestertum charakterisiert, das charakterisiert ebenso die ganze Ordnung des
Hohepriestertums in der Kirche, – sie ist nicht erblich. Die Stellung der Kirche in dieser Haushaltung
ist in Leben und in Kraft. Ein eischliches Gebot in Betre des Hohepriestertums oder Gottesdienstes
ndet hier keinen Raum, weil das Hohepriestertum Christus im Himmel fortwährend in Ihm selber
besteht. Keiner ist sein Nachfolger. – Er ist „der oberste Hohepriester für immer.“ Niemand kann
den Heiligen Geist in der Kirche auf der Erde ersetzen: „Er ist ewiglich mit ihr.“ Wenn der Mensch
den Menschen als Leiter in die Kirche einführen sollte, so wäre ein eischliches Gebot notwendig; –
denn ohne dies könnte die Ordnung nicht erhalten werden. Und dies hat der Mensch in die Kirche
eingeführt und hat also die Kirche unter menschliche Leiter und eischliche Autorität gestellt. Wie
schrecklich ist dies. Gottes Ordnung für seine Kirche ist die Gegenwart des Heiligen Geistes, aber
  48
BdH 1854 Über den Gottesdienst
der Mensch hat nach eigenem Gutdünken Gaben ausgeteilt! Wie sollte bei der göttlichen Ordnung
Raum für ein eischliches Gebot sein?
Es wundert mich nicht mehr, dass das vorige Kapitel (Kap 6) so ernst redet über die Sünde, sich von
der Ordnung und der Honung der Kirche abzuwenden, sowie über die schrecklichen Folgen, die
notwendig daraus entstehen. Es ist dies ganz und gar ein Umsturz der Ordnung der Haushaltung. Dies
heißt, Jesus von seiner Hohepriesterwürde entblößen; Ihn von neuem kreuzigen und der Verachtung
aussetzen. In dieser Sache eine Erbfolge anstellen, das hieße notwendig, die Einheit der Gläubigen
mit Jesu in der Kraft eines unvergänglichen Lebens, leugnen; denn eine solche Einheit ist ganz und
gar nicht zu vereinbaren mit dem Gesetz eines eischlichen Gebots.
Bemerken wir hier den Gegensatz: es ist nicht nach dem Gesetz, sondern nach der Kraft eines
unvergänglichen Lebens. Das Königreich Gottes besteht in der Kraft; der Geist, welchen wir
empfangen haben, ist ein Geist der Kraft. Der Abfall vom Glauben in den letzten Tagen, wovor
wir gewarnt sind, wird immer darin bestehen: „Sie haben eine Form von Gottseligkeit, aber die
Kraft leugnen sie.“ Es handelt sich heute nicht darum, eine Form oder, eine eischliche Ordnung
der anderen gegenüber zu stellen, sondern man muss die Kraft, das ist das Leben, allem anderen
entgegensetzen. „Denn wir sind die Beschneidung, die wir Gott im Geist dienen, und rühmen uns
Christus Jesus und verlassen uns nicht auf Fleisch“ (Phil 3,3).
Wenn wir den Gegensatz weiter verfolgen, so nden wir, dass die Hohepriester nach der Ordnung
Aarons wohl von Gott berufen waren; aber Jesus ist als Hohepriester eingesetzt worden mit einem
Eide, durch Denjenigen, welcher zu Ihm gesagt hat: „Der Herr hat geschworen und es soll Ihn nicht
gereuen: Du bist ein Hohepriester nach der Ordnung Melchisedeks.“ Noch mehr; nach der Ordnung
Aarons waren Hohepriester in großer Anzahl, weil der Tod sie hinderte, fortwährend zu bleiben.
Das Hohepriestertum ging von einem zum anderen über; es war erblich. Aber Jesus, darum, dass er
ewig bleibt, hat ein unwandelbares Priestertum. „Daher Er auch retten kann aufs völligste, die durch
Ihn zu Gott kommen, als der da immerdar lebt und bittet für sie.“ Dies stellt notwendig und auf die
einfachste Weise die Vollkommenheit des Hohepriestertums auf ewig fest: eine göttlich vollkommene
Person ist dazu für immer geweiht.
Es ist bemerkenswert, dass allem, was unter dem Gesetz eines eischlichen Gebots war, die Fortdauer
mangelte; das betrit sowohl die Opfer, die Personen, als auch die Vertretung. Aber jetzt, da die
Fortdauer in Betre der Person besteht, so ndet sie auch statt in Betre des Hohepriestertums,
der Opfer und der Vertretung. Sobald aber das Priestertum geändert wurde, war auch eine ganze
Änderung in dem Gesetz und in der ganzen Ordnung des Gottesdienstes notwendig. Jetzt zur alten
Ordnung zurückkehren, ließe das nicht die persönliche Herrlichkeit des Sohnes Gottes leugnen, wie
sein Werk und seinen Dienst kraftlos machen, und den Sohn Gottes mit Füßen treten? Dies muss
notwendig die Gedanken von seiner Ordnung des Hohepriestertums abwenden zu einer anderen hin.
Es hieße menschliche Nachahmungen von Bildern und Schatten, früher von Gott gegeben, wieder
einführen, und man legt diesen Dingen eine Würde bei, welche nur den himmlischen gehört; ja es
hieße, den Gottesdienst vom Himmel auf die Erde erniedrigen, und heiligen, was Gott als unheilig bei
Seite gesetzt hat. Es ist eine Form einsetzen, wo nur die Kraft handeln soll; wo eine Gleichförmigkeit,
welche dem Fleisch gefällt, gesucht, aber die Einheit des Geistes, die dem Fleisch immer fremd bleibt,
geleugnet wird.
  49
BdH 1854 Über den Gottesdienst
Betrachten wir mit Ernst, was der christliche Gottesdienst in Wirklichkeit ist. Sei es, dass wir unsere
eigene Stellung betrachten, sei es, dass wir auf die Veränderung in dem Priestertum Acht haben; wir
werden immer zu diesem Schluss kommen: Eine ganze Änderung in der Ordnung des Gottesdienstes
ist durchaus notwendig geworden. Wir haben das Priestertum Aarons dem Gesetz anzupassen, und
das von Christus, dem neuen Bunde. Das Hohepriestertum Aarons ist fürsprechend, das von Christus
ist es auch. Die Kirche wird durch die fortwährende Fürsprache von Christus unterstützt, welche
der Art ist, wie unser Bedürfnis es fordert und diesem Bedürfnis auf eine so bewunderungswürdige
als erbarmende Weise entspricht. Wenn wir diese so gesegnete Wahrheit völlig erkannt haben, so
verstehen wir auch das Wort: „Einen solchen Hohepriester ziemt uns zu haben.“
Und wenn die Kirche kein fürsprechendes Hohepriestertum mehr bedarf, wie es in der Herrlichkeit
der Fall sein Wird, wird sie die ganze Fülle der Segnungen unaufhörlich genießen. Aber unsere
Stellung ist in Wahrheit jetzt schon so erhaben, als sie dort sein wird. „Jetzt sind wir Kinder Gottes“ –
und die Heiligen müssen von nun an den obersten Hohepriester kennen, wie es ihrer hohen Würde
angemessen ist. Wir sind „heilige Brüder, Genossen des himmlischen Berufs.“ – Es ist hier nicht das
Hohepriestertum Aarons, das solche Menschen, wie er selbst war, bedarf: „Es geziemt uns, einen
solchen Hohepriester zu haben.“ Wer hat uns als heilige Brüder, Genossen eines himmlischen Berufs,
eingesetzt? Gewiss, diese zwei Dinge, – dass der Sohn selbst unsere Sünden gebüßt hat, und dass
„derjenige, welcher heiligt, und welche geheiligt sind, alle von einem kommen; darum hat Er sich
nicht geschämt, sie Brüder zu heißen.“ Wenn in ihnen nicht dasselbe Leben war wie in Ihm selbst,
konnte Er sie nicht Brüder heißen. „Denn ich lebe, sagte Er, und ihr sollt auch leben.“ Ist Er mit dem
Heiligen Geist gesalbt, sie auch. So viele ihrer durch sein Blut gereinigt und als Auferweckte mit Ihm
vereinigt sind, sind auch mit demselben Geist gesalbt.
Die alte Ordnung schloss notwendig die heiligen Brüder von dem heiligen Orte aus und machte
aus ihnen, welche Genossen des himmlischen Berufs waren, gemeine, irdische Anbeter. Und ist es
wirklich das, was man heute sieht? Der Gottesdienst muss die Seele des Anbeters bis zu der Stufe
erheben, dass sie nichts zwischen sich und Gott kennt, ausgenommen den obersten Hohepriester;
aber statt dessen lässt die Kirchenordnung, welcher viele Heiligen unterworfen sind; deren Haupt
wie ein Schilf hängen. – Doch gehen wir weiter. Einen Hohepriester mussten wir haben, „dem nicht
täglich Not wäre, wie jenen Hohepriestern, zuerst für die eigenen Sünden Opfer zu tun, danach für
des Volkes Sünden. Denn das hat Er getan einmal, dass Er sich selbst opferte. Denn das Gesetz bestellt
Menschen zu Hohepriestern, die da Schwachheit haben; das Wort aber des Eides, welches nach dem
Gesetz kam, setzt den Sohn auf ewig vollendet.“
Wie verschieden ist Jesus, unser großer Hohepriester von Aaron? Seine ganze gegenwärtige
priesterliche Bedienung ist auf das einmal von Ihm geschehene Opfer gegründet. Das hat auf die
Ordnung des Gottesdienstes Einuss und verändert ihn ganz und gar. Denn unser Gottesdienst,
so wie das Hohepriestertum Christi, ruht auf dem einmal vollbrachten Opfer. Wir sind noch in
einem unheiligen Orte, wenn wir uns nicht Gott nahen, gegründet auf die Sühnung unserer Sünden,
für immerdar durch Jesus geschehen. Solange wir dieses nicht erkennen, wissen wir auch sein
Hohepriestertum nicht zu schätzen. Dies große Hohepriestertum besteht nur für diejenigen, welche
durch Ihn zu Gott kommen. In welch hohe Stellung hat dies einige Opfer uns also gebracht? Kein
Ort unter dem Himmel ist für den Dienst oder für unseren Gottesdienst geschickt. Der Eine wie
der Andere sind eigentlich himmlisch. Darum muss der Gottesdienst immer da ausgeübt werden,
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BdH 1854 Über den Gottesdienst
wo Jesus ist, – der große Hohepriester, welcher durch die Himmel gegangen. Aaron war von Gott
berufen, das Hohepriestertum in der Stiftshütte, mit Händen gemacht, auszuüben; aber Jesus ist von
Gott in sein Priestertum in den Himmel, in der wahren Stiftshütte, berufen, und wir sind Genossen
der himmlischen Berufung. Die Würde seiner Person und das Wesen seines hohepriesterlichen
Dienstes, so wie der Ort, da Er es ausübt, vereinigen sich, die Notwendigkeit einer Veränderung in
dem Gesetz und in der Ordnung des Gottesdienstes herbeizuführen. Das Gesetz stimmt völlig mit
Einrichtung und der ganzen Ordnung des Gottesdienstes unter demselben überein; aber es hat nichts
zur Vollkommenheit gebracht. Es trägt auf seiner Stirn augenscheinliche Zeichen von Schwäche.
– In dem letzten Verse tritt uns ein großer Gegensatz entgegen; es sind nicht bloß Menschen im
Gegensatz mit dem Sohn, sondern auch Menschen, die der Schwachheit unterworfen sind. Es ist
also auch der Eid in einer bewundernswürdigen Übereinstimmung mit seinem Hohepriestertum und
dessen Ordnung; aber beide Sachen untereinander mischen, wie die Kirche es getan hat und noch
tut, heißt eine schreckliche Verwirrung einführen. Dadurch wird Jesus die Ehre, die Ihm gebührt,
genommen und die Heiligen werden ihrer Freiheit beraubt.
Gedenken wir daran, dass unter dem levitischen Priestertum niemand war, weder Hohepriester noch
Oberster, welcher jemand bevollmächtigen konnte, dem Aaron hinter den Vorhang zu folgen. Aaron
hatte in dieser Beziehung keinen Mithelfer. Jetzt nimmt der Sohn auch Aarons Stelle ein. Er allein
bringt das Blut ins Heiligtum. Er hat keine Mithilfe in irgend einem Teil des Dienstes seines Opfers,
noch um Weihrauch darzubringen. Aber er hat Mitgenossen in dem Ort seiner Dienstverrichtung.
„Wir sind Genossen des himmlisches Berufs.“ Aber unter dem levitischen Priestertum war keine
Gemeinschaft zwischen dem Gottesdienst und dem Hohepriester, selbst was den Ort betrit. Sie
beteten an verschiedenen Orten an. Aber jetzt ist alles verändert, denn die gegenwärtig eingeführte
Ordnung ist diejenige, wovon gesagt ist: „Derjenige, welcher heiligt, und diejenigen, welche geheiligt
werden, sind eins.“ Wir sind eins im Leben, und demnach einverleibt, was unsere Stellung betrit,
mit Jesus Christus. Er kann selbst im Himmel sagen: „Hier bin ich, und die Kinder, welche Gott
mir gegeben hat.“ – Aaron trug die Namen der Geschlechter Israels auf seiner Schulter und seiner
Brust; aber da war keine wesentliche Einheit. Sie konnte nicht bestehen; und selbst, wenn sie hätte
bestehen konnten, was für ein Vorteil wäre diese Einheit mit einem Menschen gewesen, welcher der
Schwachheit unterworfen war? Aber jetzt, da wir den Sohn zum Hohepriester in der Macht eines
unvergänglichen Lebens haben, und derjenige, welcher heiligt, und diejenigen, welche geheiligt
werden, alle von einem sind, ist es oenbar, dass das Vorrecht, Jesus zu haben, nicht nur als Vertreter,
sondern als den, mit welchem wir vereinigt sind, – eine ganze Veränderung in der Ordnung des
Gottesdienstes hervorbringen muss.
Können wir eine Sprache nden, welche besser die Gefahr schildert, zu den Ordnungen
zurückzukehren oder auf die Erde ein Priestertum, zwischen dem großen Hohepriester und seinen
Mitgenossen, herzustellen, als die, welche sich in dem 6. und 10. Kapitel an die Hebräer ndet?
Sollten diese nicht mit Recht Eindruck auf Solche machen, welche sie in unseren Tagen hören? Und
kann es während unserer Pilgerreise durch die Wüste, eine gesegnetere Beschäftigung je geben, die
geeigneter wäre, unsere Seelen über den Staub zu erheben, und uns im Geist in die himmlischen
Vorhöfe treten zu lassen, – als den Gesandten und Hohepriester unseres Bekenntnisses, Jesus Christus,
zu betrachten.
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BdH 1854 Über den Gottesdienst
Heilige Brüder, unser Gottesdienst ist nur dann wesentlich und annehmbar, wenn wir nichts zwischen
unsere Seelen und unseren großen Hohepriester stellen. Wir haben nur zu betrachten, was Er ist und
nicht, was wir sind. Und sind wir in Wirklichkeit etwas, wenn wir uns selbst erhöhen? Es gilt auch
in diesem Sinne, dass, „wer sich selbst erniedrigt, soll erhöht werden.“
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BdH 1854 Die Welt und die Kirche Teil 2/5
Die Welt und die Kirche Teil 2/5
Autor: John Nelson Darby
Das große Prinzip Babylons ist die Weltlichkeit, aber eine Weltlichkeit, die für das Volk Gottes eine
Stellung der Gefangenschaft einnimmt, das in Verbindung steht mit dem Ehebruch der natürlichen
Neigungen des Menschen. Im alten Testamente ist die Hurerei auf den Handel bezogen, nicht auf
denjenigen der Bedürfnisse, sondern auf den Spekulationsgeist. Tyrus ist ein Beispiel hiervon. Der
eigentliche Götzendienst war für Jerusalem ein Ehebruch, Weil Jehova ihr Mann war; in der Kirche
ist es Hurerei, Weil die Hochzeit noch nicht gekommen ist: aber es ndet hierin mehr moralische
Ähnlichkeit statt, als man glaubt, weil das Her; und das Gewissen von Gott entfernt ist durch den
Reiz des Gewinnes. „Der Geiz ist ein Götzendienst“ (Eph 5,5; Phil 3,18–20). Die abscheulichste Form
der Weltlichkeit ist die, wenn solche, die sich Christen, Gottgeweihte durch das Blut des Lammes
nennen, in der Weltlichkeit leben, in den Grundsätzen der Welt, die den Herrn Jesus verworfen hat.
Die Oenbarung ist fast ganz aus dem alten Testamente genommen, so dass dieses uns viel Licht
gibt, dieselbe zu verstehen. Babylon ist die Feindin Jerusalems. Israel ist von Ägypten ausgegangen.
Ägypten ist die natürliche Welt, mit Babylon ist es nicht so. Ein Heide ist in Ägypten, Satan ist
sein Fürst. Israel, von Ägypten ausgegangen, ist niemals dahin zurückgekehrt; aber es ist in der
babylonischen Gefangenschaft gewesen. Von Anfang an ist Babylon der Geist der Weltlichkeit
gewesen, die Reize dieser Welt für das Herz, welches von Ägypten ausging. Es ist ein Mantel von
Sinear, d. h. ein babylonisches Gewand, welches das Herz Achans an sich gezogen hat (Jos 7,21). Als
der König von Babylon zu Hiskia sandte, weil er krank gewesen und wieder genesen war (2. Kön 20,12;
Jes 39,1), zeigte Hiskia den Gesandten des Königs von Babel seine Schätze; aber Jesaja sagte zu ihm:
Alles, was deine Väter gesammelt haben in ihren Schätzen, wird nach Babel geführt werden. Von
dem Augenblick an, wo die Kirche sich vor der Welt erheben will7
, fällt sie unter den Einuss und
die Herrlichkeit der Welt. Später ist Babel dargestellt in ihrer Macht und das Volk ist darin gefangen.
In ihr ist die Abgötterei, das goldene Bild und aller Arten Reichtümer. Babylon ist der Mittelpunkt
der Abgötterei und der Macht der Welt. Sie el durch Kyrus, und das Volk Gottes ist bis auf einen
gewissen Punkt befreit worden. Dieses sind im alten Testamente die Züge Babels. Babel ist die Macht
dieser Welt, welche mit allem Handel treibt; der Welt, welche sich erhoben hat wegen der Sünde des
Volkes Gottes, und in welcher das Volk Gottes sich in Gefangenschaft befand. Wenn die Kirche sich
verweltlicht, ist die Welt immer mächtiger, als die Kirche. Was wir im 18. Kapitel der Oenbarung
nden, ist der Zustand Babylons in ihrem Fall und nicht in ihrer Herrlichkeit. Es ist das Gericht
Babylons (V 2–3) Sie genoss während einer Zeit die Annehmlichkeiten der Erde. Nach ihrem Fall
wird sie eine Wohnung unreiner Geister; und zu gleicher Zeit ist zum Volk Gottes gesagt (V 4): „Geht
7 Und dies durch die Dinge, welche in der Welt Anlkang nden, was übrigens immer der Fall ist, wenn man sich erheben
will.
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BdH 1854 Die Welt und die Kirche Teil 2/5
aus von ihr.“ Israel war gefangen in Babel durch das Gericht Gottes. Als Babel gefallen war, ist Israel
von ihr ausgegangen. Wenn ich Babel unterscheide, bin ich berufen, von ihr auszugehen.
Vers 6–8. Das Volk Gottes auf der Erde ist berufen, ihr ein Gleiches und das Doppelte von dem zu
vergelten, was sie ihm getan hat. Die Kirche im Himmel ist berufen, sich ihres Gerichtes zu erfreuen
(V 20).
Warum macht der Geist Gottes die Aufzählung dieses ganzen Handels? (V 11–13) Um uns die
Beschäftigungen der Kinder Babylons zu bezeichnen. Alles war für sie käuich. Sie ist ein Mittelpunkt
aller Dinge, der sich die Bewohner der Erde erfreuen können. Und wenn die Leiber und die Seelen
der Menschen dazu tauglich wären, würden sie auch in einen käuichen Zustand gebracht. Alles
darin ist für den Gewinst, die Annehmlichkeit und den Handel dieser Welt. Der Geist hiervon ist
schon oenbart, obgleich alle Einzelheiten nicht zu sehen sind. Handeln und sich bereichern, dies ist
die Triebfeder aller gegenwärtigen Politik in der Welt; und wenn die Seelen in dieser Absicht nützlich
sind, ist es einerlei, wenn man nur seinen Zweck erreicht, zu gewinnen, und sich mit der Welt gut
zu verstehen, von welcher Satan der Fürst ist. Je größer die Leichtigkeit sein wird, diesem Geiz und
dieser Pracht zu folgen, je mehr werden die Seelen davon verzehrt werden. Die Welt muss alles sein,
und der Fürst dieser Welt muss ohne Hindernis regieren, und alles muss sie dazu hergeben. Nichts ist
trauriger, als zu sehen, dass alles sich verkauft, alles sich kauft, und dieses der alleinige Gegenstand
der Welt ist, und dass alles nachgibt, wenn es sich um Gewinst handelt. Es ist zu befürchten, dass
das Herz der Christen von diesen Grundsätzen übernommen werde; denn die Grundsätze der Welt
überfallen bis auf einen gewissen Punkt die Herzen der Christen. Man rühmt sich dessen sogar.
Im Herzen Kains war der bestimmte Hass und der Mord, aber auch der Charakter des Fürsten dieser
Welt. Er baute eine Stadt und verschönerte die Welt (1. Mo 4,16). Satan regiert durch diese Welt und
wird so durch alle Annehmlichkeiten, welche diese Welt unschuldig heißt, Fürst dieser Welt. Was ist
es Schlimmes um die Reichtümer. die Musik, die Zeichnung und so vieler anderen Dinge? Weil mittels
ihrer Satan die Welt und die Herzen der Menschen für die Ewigkeit leitet. Dies ist der Charakter
Babels. Es ist verabscheuenswert, dass ein Christ mit den Grundsätzen Babels sich einversteht.
Diese Verderbnis und dieses Annehmlichkeits–System sind besonders für uns schlimm, da alles dies
sich ausübt, nachdem der Mensch aus der Gegenwart Gottes verjagt worden, und dass, weggegangen
von dem Angesicht Jehovas, er die Welt aufs Allerbeste eingerichtet hat, höiche Gesellschaften,
Annehmlichkeiten, Künste usw. Gott hat der Welt seinen Sohn als Erbe aller Dinge dargestellt, und
die Welt hat Ihn verworfen. Aber der Vater empfängt den Sohn, den Verworfenen, und die Welt ndet
sich in unmittelbarem Widerstand gegen Gott. Nachdem Kain seinen Bruder getötet hatte und aus
der Gegenwart Gottes verjagt wurde, verschönerte er die Welt. Schon war die Welt sündig gegen
Gott; aber sie fügte hinzu, noch Denjenigen zu töten, welcher unser Bruder werden wollte. Jesus ist
nicht von der Welt aber vom Vater. „Gerechter Gott, die Welt kennt dich nicht“ (Joh 17,25). Was die
Jünger bezeichnet, ist dem Sohn in den Himmel zu folgen, himmlisch und nicht von der Welt zu sein.
Alles was in der Welt ist, Augenlust, Fleischeslust und hoärtiges Wesen ist nicht vom Vater, aber
von der Welt (1. Joh 2,16). Der Vater ist der Welt entgegengesetzt, der Sohn dem Satan; der Geist dem
Fleisch. So viel der Christ in die Wege der Welt eingeht, so viel ist es eine vollkommene Entehrung.
Wenn die Welt gegenüber der Kirche steht, und die Kirche in Gefangenschaft hält, so ist dies der
volle Charakter Babylons, obgleich sie Babylon war, ehe sie dies tat und um dies zu tun. Alles was
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BdH 1854 Die Welt und die Kirche Teil 2/5
die Welt auf Unkosten Gottes glücklich macht, ist Art und Weise Babylons. Und bendet sich der
Christ darin, so heißt dies sich in Babylon benden. Die Welt kann sich bereichern, ohne dass uns
dies berührt; ndet sich aber in dem Zelt Achans ein Mantel von Sinear8
, ist das ganze Lager entehrt
und Gott richtet es (Jos 7). Wann sich Verhältnisse zwischen Babel und dem Volk Gottes festsetzen,
ist dies eine Anzeige, dass alle Reichtümer Hiskias nach Babel werden geführt werden. Wenn Hiskias
reich genug ist, um seine Schätze zu zeigen, so hat er die Grundsätze der Welt, und das Gericht hat
angefangen. Wann Babel sich schuldig macht, Israel gefangen wegzuführen, hat das Volk Gottes
keine Kraft.
Vers 4. Das Unglück des Volkes Gottes ist, an der Sünde Babels Teil zu haben; und das Mittel nicht
Teil daran zu haben ist, aus ihrer Mitte zu gehen, um ihrer Sünde nicht teilhaftig zu sein und, als
Folge davon, ihrer Plagen. Man geht von ihr aus wegen ihrer Sünden, um dazu nichts beizutragen
und nicht, weil ihre Plagen gekommen sind. Augenscheinlich ist es, dass die Kirchen, die wahren
Christen sich verweltlicht haben. Gott hat lange Geduld gehabt, – Babylon fällt, da Belsazar sich
rühmt, nicht nur das Volk Gottes gefangen genommen zu haben, sondern auch über Gott zu stehen.
Als Babylon el, befand sich das Volk Gottes darin, und dies wird noch stattnden, obgleich die
Kirche vorher weggenommen wird.
Der Geist der Weltlichkeit widersetzt sich dem Zeugnis Gottes, und er ist schuldig am Tod derer,
welche Jesu Zeugnis ablegten. – Je mehr Religion in der Welt ist, je begieriger ist sie, diejenigen zu
toten, welche das Zeugnis von Jesu ablegen. Da Nebukadnezar das goldene Bild aufstellt, wirft er die
Hebräer in den feurigen Ofen. Da Jesus Christus gepredigt wurde, waren es die Juden, welche von
Stadt zu Stadt gingen, die Heiden aufzufordern, die Christen zu verfolgen, und gingen zu dem Zweck
den Aposteln von Stadt zu Stadt nach. Was das Licht Gottes am wenigsten verträgt ist dasjenige, was
Religion Gottes sein will, ohne sie zu sein. Babylon ist die Weltlichkeit, von Gott verjagt, als schuldig
am Tod Christi, und welche nichts desto weniger sich damit beschäftigt, die Welt zu verschönern.
Die Kirche verweltlicht, erlöscht. Babylon in der Kirche erwürgt die Propheten und die Heiligen.
Dieses sind die großen Prinzipien Babels; und diejenigen, welche nicht mit dem Gewissen wirken,
müssen sich dem Joch dieser gedeihenden Weltlichkeit unterwerfen, welche sogar mit den Seelen
der Menschen Handel treibt. Uns bleibt das Zeugnis, dass die Welt nicht vom Vater ist, dass Christus
nicht von der Welt ist, und dass die Welt gerichtet werden wird (V 8).
Bis das Gericht Gottes ans die Welt fällt, wird es der Welt je länger je mehr gelingen. – Dieses ist noch
nicht vollkommen erfüllt; aber wir sind gewarnt, alle diese babylonischen Grundsätze zu iehen,
durch welche die Gesellschaft sich ohne Gott verschönert und einrichtet, und welche sie dahin führen,
aus dem Gewissen selbst eine Ware zu machen. Gott wolle in unsere Herzen legen, an ihren Sünden
nicht Teil zu nehmen, um nicht ihrer Plagen teilhaftig zu werden. Alle diese babylonischen Prinzipien,
alles was eure Augen gelüsten kann für eure Salons, eure Annehmlichkeiten, alles dieses trennt euch
vom Himmel. Alles das ist von der Welt, welche Christus verworfen hat. Wollt ihr vielleicht Babylon
im Kleinen? So wie der Geist entgegengesetzt dem Fleisch ist, der Sohn dem Satan, so ist der Vater
der Welt entgegengesetzt. Es ist die Macht der himmlischen Neigungen, welche die Gelüste dieser
eischlichen Dinge verjagt. –
8
1. Mo 10,10; Sinear ist das Land, wo Babel aufgebaut war, dahin gehört die Ungerechtigkeit. Sach 5,11; Dort ist ihr
Gestell (Siehe auch Dan 1 und 2)
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BdH 1854 Die Welt und die Kirche Teil 2/5
In Babylon gibt es noch andere Prinzipien: Kapitel 10 und 11 des 1. Buches Moses geben uns die
Aufzählung aller Familien der Erde und ihre Einteilung. Darin nden sich zwei große Prinzipien,
welche den regen Hang des menschlichen Herzens bezeichnen, seinen eignen Willen zu tun, nämlich
den Geist des Despotismus und den Geist der Geselligkeit. Nimrod, das erste Beispiel menschlicher
Herrschsucht, ng an mächtig zu werden auf der Erde (1. Mo 10,8). Nebukadnezar, erstes Haupt der
vier Monarchien, übt durch einen starken Willen Macht aus über seines Gleichen. Auf der anderen
Seite liebt der Mensch, nicht regiert zu werden, und er verbindet sich mit anderen, um vollkommen,
unabhängig von Gott zu sein. Verbündet mit anderen, glaubt er sich zu allem fähig. Die Vereinigung
sagt er, macht die Kraft aus, und dies ist wahr, bis Gott dazwischen tritt. Die Menschen verbinden
sich, um einen Namen auf der Erde zu haben. Dies ist der Geist der Geselligkeit. Aber als Gott die
Menschen zerstreute, bemächtigte sich Nimrod alles dessen, was sie gewirkt hatten. „Der Anfang
seines Reiches war Babel“ (1. Mo 10,10). Gott erblickt (1. Mo 11,6) die Macht des Grundsatzes der
Verbindung: es ist das eigentliche Prinzip Babylons. Der Mensch will sich verbinden, und durch seinen
eignen Willen, vereint mit dem der anderen, sich einen Ruf erwerben. Dieser Vereinigungsgeist hat
keinen anderen Gegenstand als den Ruhm und die Ehre der Menschen.
Für die Kirche besteht eine wahrhaftige Einheit. „Ein Geist und ein Leib.“ Diese Einheit hat den
Heiligen Geist als Lebenskraft und Christus als Mittelpunkt von allem. Nur das Christentum konnte
der Individualität und dem Gewissen eine große Kraft geben und zu gleicher Zeit die Menschen unter
der Leitung Christi zu einem Mittelpunkt vereinen, welcher ist Christus. Dieses ist nur durch den
Heiligen Geist möglich, welcher die Selbstsucht wegnimmt, dem Gewissen Kraft gebend, und dem
Herzen durch den Glauben einen Gegenstand außer ihm, der auf das einzelne Gewissen wirkt, und
uns alle durch eine herrschende Neigung auf einen einzigen Mittelpunkt vereint, durch ein einziges
Leben.
Die Einheit Babylons ist ganz anderer Natur. Sie zielt auf den Ruhm des Menschen, der die Welt um
ein System vereinen will, welches die Weisheit und die Klugheit der Menschen erfunden hat. Babylon
hat immer ein Haupt. Nachdem Gott die Menschen in Verwirrung gebracht hat, bemächtigt sich ein
Mensch aller dieser verschiedenen Willensmeinungen, vereint sie unter seinen Willen und macht
sie gehorsam. Verbündung und Despotismus unter beiden Formen, das ist der Mensch, welcher sich
einen Namen machen will. Das Gewissen ist nicht in Tätigkeit; weder Wurzel noch Frucht ist da. –
Während langer Zeit war der Geist dieser falschen babylonischen Einheit äußerlich religiös gewesen;
er ist aber nichts desto weniger der Geist Babylons.
Der Geist der Verbündung ist sehr mächtig in diesen jetzigen Zeiten. Die Handels–Verbindung
beherrscht alles und das Bedürfnis der Einheit wird überall bekannt gemacht. Dem Menschen
wird auf eine erstaunenswerte Art alles gelingen; dies alles aber wird nur zur Verwirrung des
menschlichen Willens und zu seiner Unterwerfung unter den Antichrist, alsletztes Haupt, dienen. Das
Heilmittel zu diesem allem ist das Gewissen. Der Heilige Geist wirkt als Geist der Einigkeit der Kinder
Gottes; das Gewissen aber kann nicht in Gesellschaft sein, und seine individuelle Verantwortlichkeit
zurückwerfen. Es ist individuell, sonst wäre Gott nicht der Herr des Gewissens. Der Heilige Geist
richtet es auf Jesus. Wenn man die Grundsätze des Übels vermeiden will, gibt es kein anderes Mittel,
als das Gewissen. Es macht weise zum Guten und einfältig zum Bösen. Der Christ, welcher nach
seinem Gewissen handelt, wird tausend Fallstricke verhüten, von welchen er gar nichts ahndet. –
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BdH 1854 Die Welt und die Kirche Teil 2/5
Diese Babylon, deren Ruhm wir gesehen haben, wird der Gegenstand des Gerichts Gottes sein. Wenn
dies stattnden wird, werden alle Feinde noch nicht zerstört sein. Noch bleibt das achte Haupt des
Tieres. Gott übt stets die Geduld seiner Kinder. –
Babylon ist Hure, nicht Ehebrecherin. Israel in der Untreue war Ehebrecherin; die verdorbene Kirche
aber ist Hure, weil die Hochzeit des Lammes noch nicht stattfand. Jehova der Mann Israels. Seine
Gegenwart war dort und von Ihm herab oss irdischer Segen. Dem ungeachtet warf sich die Torheit
der Menschen in die Abgötterei. – Die Braut des Lammes ist noch nicht gebildet. Auch muss die
Kirche immer warten. Und da es nicht angenehm ist, zu warten ohne zu besitzen, wollte die Kirche,
wie das Judentum, Genüsse auf der Erde haben. Je mehr Geist da ist, je mehr leidet man, und je
weiter ist man im Kampf vorgerückt. Die Kirche, nachdem sie aufgehört hatte, den Bräutigam zu
erwarten, wollte Genüsse haben in der Welt, und verdarb sich. Weil das irdische Segens–System
in Israel fehlging, wurde die Kirche eingeführt. Für ihre zukünftigen Besitzungen hat die Kirche
nichts als das Angeld. Ihre Stellung ist, zu warten. Satan hat dieses alles lächerlich gemacht, und
die Idee der Aufopferung in der Kirche heruntergesetzt. Niemand im Anfang sagte, dass das einige,
was er besaß, sein wäre. Später sieht man die Briefen die Reichen warnen, (1. Tim 6,17–19) Nachher
wollte die Kirche reich sein. Die weisen Jungfrauen schliefen. Satan hat sich eingeführt und der Fürst
dieser Welt ist der Fürst in der Kirche geworden, ihre wahren Glieder selbst sind fast verloren in der
Verderbnis. Und in dieser verdorbenen Kirche ist es, wo Satan sich bendet, und wo man sogar die
Seelen der Menschen verkauft hat. Die Könige wollen nichts mehr von dieser Hure.
Das Tier selbst, nachdem es die Hure auf die Seite gesetzt und die Hure vernichtet ist, das Tier,
die Gewalttätigkeit, will selbst den Krieg dem Lamm machen. Es ist das römische Reich wieder
auferstanden. Das achte Haupt des Tieres, welches öentlich den Krieg dem Lamm macht. Es ist nicht
mehr einfach die Verdorbenheit; es ist die Gewalttätigkeit. – Jesajas 14,12–18 lässt uns den König
von Babel sehen, welcher alle Titel und Charakter von Christus annimmt. Er will sitzen auf dem
Versammlungsberg zu Jerusalem, in dem Palast des großen Königs am äußersten Norden. Er macht
Ansprüche an alles das, was der König besitzt; er will sich Jesu gleich machen. Seinen Thron über die
Sterne erheben, über die Wolken steigen, dem Herrscher gleich sein; es ist eine Wiederaufzählung
der Titel und der Herrlichkeit Jesu, und die kühnste Form des Hochmuts der Erde. In einem Sinn ist
es gut, dass dies geschieht, weil dann Gott ihn richten und zerstören muss. Vorher aber muss die
Kirche verbunden sein, um in diese Herrlichkeit einzugehen, und wir sind zur Hochzeit des Lammes
eingeführt.
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BdH 1854 Mose stellt sich seinem Volk gleich
Mose stellt sich seinem Volk gleich
Autor: John Nelson Darby
Der Glaube Moses zeigt sich darin, dass er allen Vorteilen der Stellung, worin Gott durch seine
Vorsehung ihn versetzt hatte, entsagt. Sein Glaube, welcher wirksam war durch die Liebe, welche ihn
mit Gott, und folglich auch mit dem, in der Drangsal bendlichen Volk Gottes verband, äußerte sich
nicht in Hilfsleistungen und Erleichterungen, zu deren Erzeigung seine Stellung ihm Gelegenheit
gegeben hätte. Sein Glaube tut besser; er nötigt ihn, sich mit dem Volk ganz gleich zu stellen, und
zwar aus dem Beweggründe, weil es das Volk Gottes ist. Der Glaube schließt sich an Gott und das
zwischen Ihm und seinem Volk geknüpfte Band an; er denkt nicht daran, den Gönner von oben herab
zu machen, als hätte die Welt eine Autorität über das Volk Gottes, oder als wäre sie fähig, ihm zum
Segen zu sein, sondern er erkennt die ganze Kraft dieses Bandes an. Er fühlt, – und dies ist es, was
ihm so eigentümlich angehört, – dass Gott sein Volk liebt, und aus Liebe will er die Stellung dieses
Volkes teilen, welches für Gott kostbar auf der Erde ist. Das ist es, was Christus getan hat. Der Glaube
der Gläubigen besteht darin, Ihm auf seinem Weg der Liebe zu folgen, was sonst auch der Abstand
seines Wandels sein möge.
Was für Gründe hätte nicht Moses gehabt, da zu bleiben, wohin die Vorsehung ihn gesetzt hatte? Ja,
er hätte sogar dabei den Vorwand gehabt, den Kindern Israels auf eine nützlichere Weise zu dienen.
Aber das hätte geheißen, sich auf die Macht Pharaos stützen, statt, das Band anzuerkennen, welches
Gott mit seinem Volk vereinigte. Das Ergebnis hiervon würde für das Volk eine, von der Welt ihm
gewährte Erleichterung, aber nicht eine, durch die Liebe und Macht Gottes vollbrachte Befreiung
gewesen sein. Moses würde verschont, aber entehrt, Pharao geschmeichelt, und sein Ansehen über
das Volk Gottes anerkannt worden sein, und Israel wäre in der Gefangenschaft geblieben, sich auf
Pharao stützend, anstatt Gott in den herrlichen Beziehungen anzuerkennen, welche mit der Annahme
Israels als Volk Gottes verbunden waren. Außerdem wäre Gott selbst nicht verherrlicht worden. Das
ist es, was geschehen wäre, wenn Moses in seiner Stellung am Hof Pharaos geblieben wäre. Die
menschliche Schlussfolgerung und die, aus den Wegen der Vorsehung geschöpften Erwägungen
vereinigten sich, ihm diesen Nach zu geben. Der Glaube aber ließ ihn davon abstehen.
Moses stellt sich also mit dem Volk Gottes gleich. Die ersten Handlungen, durch welche er sich
seinem Volk nähert, tragen vielleicht das Gepräge einer gewissen natürlichen Tätigkeit und des
Bewusstseins einer Kraft, welche nicht rein von oben war; dennoch ist dies die erste Hingebung,
welche vom heiligen Geist als eine schöne und annehmliche Frucht des Glaubens betrachtet wird
(Heb 11,24.26).
Aber es war notwendig, dass seine Tätigkeit Gott völliger unterwürg wurde, und dass sie keinen
anderen Ausgangspunkt als Gott selbst, und den Gehorsam unter seinen ausdrücklichen Willen hatte.
In diesem Sinn verfährt der Herr oft. Das Bedürfnis der Treue oenbart sich, aber Gott stellt uns
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BdH 1854 Mose stellt sich seinem Volk gleich
für den Augenblick bei Seite, um uns zu lehren, unseren Dienst unmittelbar und gänzlich von Ihm
abhängig zu machen.
Die Geschichte Jesu bietet uns etwas Ähnliches dar, hinsichtlich der Zeit der Untätigkeit, welche von
seinem ersten Erscheinen im Tempel an, bis zu seinem öentlichen Dienst verstrich, nur dass es für
Ihn weder Versehen noch Irrtum, und von da an keine äußere Leitung der Vorsehung gab, welche
zum Zweck hatte. Ihn zurückzuführen. Denn die Vollkommenheit des inneren Antriebs, wovon Er
beseelt war, gab Ihm beständig das Bewusstsein, Wessen Sohn Er war, und unterwarf Ihn zugleich
dem Willen seines Vaters in den Umständen, worin Er moralisch versetzt wurde.
Moses, noch scheu in seiner Treue, einerseits die Macht fürchtend, welche, vielleicht ihm selbst
unbewusst, ihm eine gewisse Gewohnheit von Tatkraft verlieh, (denn man fürchtet das, woher man
seine Kraft erhält), und andererseits durch die Ungläubigkeit derer zurückgestoßen, zu welchen seine
Liebe und Treue ihn hingezogen (denn sie verstauten ihn nicht), oh in die Wüste, ein Vorbild des
Herrn Jesus, welcher von dem Volk, das Er liebte, verworfen wurde. Dies Vorbild ist von dem des
Joseph verschieden. Indem Joseph aus dem Gefängnis geht, wo er gleichsam dem Tod überliefert
gewesen war, nimmt er die Stellung des erhöhten Jesu zur Rechten des höchsten Thrones unter den
Heiden ein, und zuletzt empfängt er seine Brüder, von denen er getrennt gewesen war. Seine Kinder
sind ihm ein Zeugnis des Segens, welcher ihm während dieser Trennung gewährt wurde. Er nennt sie
Manasse, „denn Gott,“ sagt er, „hat mich vergessen lassen alle meine Schicksale und das ganze Haus
meines Vaters;“ – und Ephraim, „denn Gott hat mich fruchtbar gemacht im Land meines Elends.“
Moses aber stellt Christus, getrennt von seinen Brüdern, vor; und obgleich Zippora als ein Vorbild der
Kirche betrachtet werden kann, ebenso wie das Weib Josefs, nämlich als Gattin des, während seiner
Trennung von Israel verworfenen Befreiers, so werden doch immer das Herz und die Gefühle Moses,
welche sich in den Namen, die er seinen mindern gibt, ausdrücken, gänzlich von dem Gedanken
beherrscht, dass er fern von Israel ist. Seine Bande, seine Ruhe, sein Vaterland sind mit diesem Volk;
anderswo ist er ganz fremd. Moses ist das Vorbild Jesu, als Befreier Israels betrachtet Er nennt seinen
Sohn Gersom, d. h. Fremdling, „denn,“ sagt er, „ich habe verweilt in einem fremden Land.“ Jitro stellt
uns die Heiden dar, zu denen Christus mit seiner Herrlichkeit seine Zuucht genommen hat, nachdem
die Juden Ihn verworfen haben.
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BdH 1854 Die Welt und die Kirche Teil 3/5
Die Welt und die Kirche Teil 3/5
Autor: John Nelson Darby
Die Herrlichkeit gehört Gott an und dann noch dem Lamm. Wenn die Kirche ihre Vorteile auf der
Erde sucht, so fällt sie in Babylon hinein. Jesus will, dass sie die Herrlichkeit habe, welche Ihm
angehört, und dass sie mit Ihm warten soll, bis Er in seine Herrlichkeit eingehe, um sie mit Ihm zu
genießen. Wenn sie eine irdische Herrlichkeit sucht, veruntreut sie sich ihrem Bräutigam, und dies
ist die größte Untreue. Wir sollen nichts von den Dingen haben, welche der Fürst dieser Welt gibt,
aber die himmlischen Dinge von Gott empfangen, und sie von Ihm selbst erwarten. Die Kirche soll
auf der Erde die Kundmachung dieser gänzlichen Losreißung von der Erde sein; sie soll in einer
vollkommenen Unabhängigkeit von jeder anderen Sache sein und unter der absoluten Abhängigkeit
Gottes. Der Prüfstein und der Beweis des Glaubens besteht darin, den Besitz der Dinge solange
auszuschlagen, bis Gott sie gibt. Dieses ist die Sünde Sauls; er hatte geopfert, ehe denn Samuel
gekommen war. Es ist unendlich besser zu warten, auf dass wir alles mit Christus genießen. Alles
gehört uns an, wir aber Christus und Christus Gott (1. Kor 3,22–23). Und wann diese Kette zerbrochen
ist, ist die Verbindung des Geschöpfs mit Gott auch zerbrochen. Die Kirche muss auf ihre Herrlichkeit
warten, bis dass das Gericht Gottes vollzogen ist.
Die Braut kann nur durch die Gegenwart des Bräutigams glücklich sein. – Gott seinerseits will
die Macht nicht ausüben, ohne Christus. Die Christen, welche den Segen wollen vor dem Gerichte,
stützen sich immer auf das Fleisch.
Vers 3–4: Die Kirche lobt den Herrn über das Gericht Babylons. Das Lamm ist noch nicht oenbart.
Gott richtet das Verderbnis. Das Lamm richtet das Tier, weil es sich gegen den König der Könige
erhob.
Vers 5–6: Gott fängt an, von seinem Reich Besitz zu nehmen. Wenn Gott als. König handelt, so übt Er
das Gericht. Würde Er jetzt als König handeln, jegliche Seele würde weggeworfen; aber Er handelt
jetzt in Geduld und in Gnaden, während der Priesterschaft Jesu.
Der 7. Vers ist der Ausdruck unserer Freude. Unmöglich ist es, dass Christus sein Reich einnehme,
ehe die Kirche geschmückt sei, ehe sie in der Herrlichkeit oenbart werde, und ehe, durch die
Auferstehung, die Einführung der Kirche in die Herrlichkeit zur Hochzeit des Lammes statt nde. –
Jesus will uns mit sich vereint sehen in der Herrlichkeit. Wann Christus seine Herrlichkeit oenbaren
wird, will Er, dass die Welt, welche uns verachtete, wisse, dass wir geliebt sind, wie Christus selbst
geliebt war.
Die Hochzeit des Lammes wird für uns die Oenbarung dieser Liebe sein. Babylon ist gerichtet
und der Herr gibt uns die Hochzeit des Lammes. Wir sehen den Gegensatz zwischen Babel, der
Herrlichkeit der Welt und der Kirche Gottes, welche mit Christus gelitten hat, die in der Welt verfolgt
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BdH 1854 Die Welt und die Kirche Teil 3/5
wurde, welche aber dann mit Jesu verherrlicht ist. Hier sieht man den vollkommenen himmlischen
Charakter der Kirche.
Die Leiden der Kirche sind ihr durchaus nötig. Von dem Augenblick an, wo sie aufhört zu leiden,
fängt sie an, ihren wahren Charakter zu verlieren und ihr Zeugnis in der Welt aufzuheben. Immer
gab es bei den Erweckungen Hindernisse und Verfolgungen, weil Satan nicht gebunden ist. Ein
Mensch, welcher sich zu verteidigen keine Waen gebrauchen kann, muss leiden. Es ist auch sehr
beschwerlich, mit Menschen zu leben, welche uns umgeben, ohne in einer einzigen Idee mit uns in
Gemeinschaft zu sein; und je lebendiger die natürlichen Neigungen sind, je mehr leidet das Herz.
Der Heilige Geist schärft die Empndsamkeit, aber er gibt die Kraft, den Schmerz zu tragen. Die
Empndsamkeit, viel zarter, ist verwundet von allen Seiten, ohne Sympathie. Gott will die Christen so
prüfen, um Christus in ihnen zu oenbaren. Dies kann Er nicht ändern, ehe Er das Gericht vollzieht.
Solange sich ein Herz dem Zeugnis, welches Gott sendet, übergibt, solange ist es noch die Zeit, in
welcher Gott seine Kinder im Leiden lässt. Die Kraft des Heiligen Geistes ist nicht von der Welt; sie
kommt in die Welt, aber sie kann sich nicht an die Welt gewöhnen, noch ihre Zufriedenheit darin
nden. Neun man auf die Sendung des Heiligen Geistes sieht, auf die Stellung des Bräutigams im
Himmel, treibt alles uns an, entschlossen mit Christus zu leiden, für den Namen Christi.
Ist es außerordentlich, dass der Heilige Geist uns an den Himmel bindet, und von der Erde losmacht?
Jesus hatte den Geschmack des Himmels in allem, was er tat, und dies kann die Welt nicht ertragen.
Die Kirche bindet sich los von Christus mit allem und jedem, womit sie sich an die Welt bindet. Jesus
kann nichts anerkennen in der Welt; denn nichts ist in der Welt, was je nicht nach Kraft beigetragen
hätte, Ihn zu verwerfen. Unmöglich kann eine Braut sich mit zwei Männern verbinden. Nicht nur ist
dies verboten, noch mehr, es ist unmöglich. Als Braut gehört die Kirche Christus an; und wir sind
allem abgestorben, ausgenommen dem auferstandenen Christus. Christus kann für die Kirche nur ein
himmlischer Bräutigam sein. Als zeitlicher Erlöser und Jude von Israel verbot Jesus den Seinen, auf
den Weg der Heiden zu gehen, er war Jude und konnte nur die Juden anerkennen. „Ich bin nur gesandt
zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel“ (Mt 15,24). – Die Kirche, um einen Christus zu haben,
muss einen auferstandenen Christus haben. – Da die Welt Christus verworfen hat, will Christus
nichts von der Welt. Das Kreuz hat eine ewige Schranke gemacht zwischen der Welt, als solcher
und Jesus. „Die Welt wird mich nicht mehr sehen“ (Joh 14,19) oder denn als Richter. Jesus rettet eine
Seele, indem Er sie von der Welt trennt, und teilt dieser Seele ein Leben mit, welches die zukünftige
Welt genießt, wo Jesus verherrlicht und geliebt ist. Das für Jesus abgelegte Zeugnis kann nur wirken,
indem eine Seele von der Welt zurückgezogen und in die Kirche hereingebracht worden ist. Könnte
man einen auferstandenen Bräutigam haben und eine Braut auf der Erde? dieses ist nicht möglich.
Das Leben Christi in einem Leib zu haben, welcher noch von der Welt ist, macht, dass der Christ
leidet und sich gehemmt sieht durch diesen Leib des Todes. Christus allein ist es, der auferstandene
Christus, der verherrlichte Christus, welcher der Bräutigam der Kirche ist; und eine Kirche von der
Welt, eine Religion von der Welt ist unmöglich. Um die Kirche zu retten, musste Christus sterben,
und die Kirche kann keinen lebendigen Christus besitzen, es sei denn der Auferstandene. Wir leiden
hier, weil wir eine auferstandene Seele haben in einem Körper, der es nicht ist, und der sich in der
Welt bendet, welche in Feindschaft gegen Gott ist. Die Kirche zubereiten wollen auf der Erde für
die Ankunft Christi, heißt weder Christus noch die Kirche verstehen. Wann Gott, der Herr, der
Allmächtige in sein Reich eingegangen ist, wann die Hochzeit des Lammes gekommen ist, wird die
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BdH 1854 Die Welt und die Kirche Teil 3/5
Kirche die Freude kennen, und die Braut geschmückt sein. Sagen, dass Jehova jetzt regiere, das ist in
einem Sinn eine Art Gotteslästerung. Gott übt seine Macht nicht in unmittelbarer Regierung. Glaubt
ihr, Er erlaube, dass die Sünde gedeihe, dass der Unglaube die Stirn erhebe, und dass der Krieg seine
Verwüstungen ausübe? Beweist nicht dies alles, dass Satan der Fürst dieser Welt ist? Der Herr tritt in
sein Reich nur bei dem Fall Babylons. Die Psalmen auf die gegenwärtige Zeit anwenden, wenn es
heißt: „Jehova herrscht,“ stiftet nur Verwirrung an. Man cht in diesen Psalmen die Gerechtigkeit
und das Verlangen, seine Füße in das Blut der Feinde zu tauchen. Welche Übereinstimmung ist da mit
dem Geist des Christen? Dies bezieht sich auf eine Haushaltung des Gerichtes und der Gerechtigkeit
und nicht der Gemeinde. Jetzt wirkt die Gnade, um das Herz an himmlische Dinge zu binden. Im
Reich Christi wird Gott in Gerechtigkeit herrschen; und in den Psalmen verlangt der Geist Christi die
Gerechtigkeit in der Zeit seiner Regierung. Die Grundsätze der Verbindung Gottes mit den Menschen
sind dann ganz anders. Das Reich Christi wird auf der Erde eine Zeit der Freude sein; diese Freude
aber wird von der Gegenwart, der auf der Erde wirkenden Gerechtigkeit kommen (Ps 95,98–99).
Wenn Jehova in sein Reich eingehen wird, wird Er die Gerechtigkeit und das Gericht auf der Erde
ausüben. Glaubt ihr, dass wenn Er jetzt das Gericht ausüben würde, die Dinge würden auf der Welt
gehen, wie sie darin gehen? Jetzt übt Jehova Gnade, und wann Er die Gerechtigkeit ausüben wird,
wird der Gottlose weggetan und der Gerechte wird in Frieden leben; er wird unterstützt und erfreut
werden.
Als man die Psalmen, als der Kirche angehörend, singen wollte, hat man die Verhältnisse Jehovas
mit Israel und diejenigen des Vaters mit der Kirche verwechselt, und die Kirche in die Finsternis der
Weltlichkeit versenkt. Wenn man alles dies vermengt, ndet es sich, dass Jehova nicht gerecht ist, und
der Vater sein Volk nicht heiligt. In der Oenbarung nden wir nicht die Verbindungen der Kirche
mit dem Vater. Solange die Kirche hier unten ist, ist Jehova noch nicht in sein Reich eingegangen.
Vers 7. Der Erste Gegenstand der Liebe Gottes ist, die Kirche mit Christus zu vereinigen. Dies muss
stattnden, damit Christus in Herrlichkeit erscheinen und das Tier richten könnte. Sie ist noch nicht
das Weib, sie ist nur die Verlobte Christi.
Im Paradies, als Gott das Weib gebaut hatte, stellte er es Adam vor; dasselbe wird mit der Kirche
geschehen (Eph 5,27). Die Liebe Jesu zu der Kirche ist etwas ganz besonderes und viel innigeres, als
die Liebe Gottes zu der Welt. Er gab sein Leben für sie und reinigt sie durch sein Wort, Er wird sie sich
herrlich darstellen in derselben Herrlichkeit, wie Er selbst auferstanden und verherrlicht ist. Dieses
wird die Hochzeit des Lammes sein. Die Kirche ist die Braut, verbunden mit Jesu in der Herrlichkeit.
Sie ist gerechtfertigt, gereinigt, verherrlicht. Eine Braut in einem niedrigen Körper eignet sich nicht
für einen Bräutigam in einem verherrlichten Körper.
Dass der Allmächtige in sein Reich eingehe, ist eine zukünftige Sache. Jetzt regiert Gott nur durch
seine verborgene Vorsehung. In seinem Reich wird alles in Ordnung gebracht werden; aber Er kann
die Erde und die Schöpfung nicht glücklich machen, es sei denn, dass das, was Christus am teuersten
ist, es mit Ihm genieße.
Die erste Sache zur Erfüllung der Ratschlüsse des Vaters und der Liebe Jesu, ist die Auferweckung
der Kirche und die Hochzeit des Lammes. Unser Anteil wird sein, mit Christus zu sein, und mit Ihm
alles das zu genießen, was Er erbt, und alles, was Er genießt. Der Grundsatz der Treue der Kirche
ist, nichts anzuerkennen und nichts zu haben, ehe der Bräutigam kommt. Sie soll leben als Braut,
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BdH 1854 Die Welt und die Kirche Teil 3/5
welche ihren Bräutigam erwartet, und sich in seiner Abwesenheit vor allem zu verwahren suchen,
was seiner unwürdig ist.
Kapitel 19,11–21. Bei der Hochzeit des Lammes sehen wir, was Christus für seine Kirche ist; bei dem
Gericht des Tieres, was Christus als Richter ist. Die Gewalt, welche sich gegen die Macht des Lammes
erhebt, ist der Gegenstand des Gerichtes. Vorher kommt die Herrlichkeit Jesu mit der Kirche, die
Hochzeit des Lammes.
„Alles ist durch Ihn und für Ihn geschaen“ (Kol 1,16). Alles ist zu seinem Ruhm geschaen, und daran
denken die Weltmenschen nicht. Jegliches Knie wird sich vor Ihm beugen; dies ist der Mittelpunkt
aller Gedanken und aller Gerechtigkeit Gottes. Jesus hat sich erniedrigt; Jesus wird verherrlicht
werden. Der Mensch bedient sich der Erniedrigung Jesu, um Ihn zu verachten, Gott aber wird Ihn
eben da verherrlichen, wo Er sich erniedrigt hat, und in der Form, in welcher Er sich erniedrigt hat;
und Er wird Ihn durch diejenigen verherrlichen, für welche Er sich erniedrigt hat. –
Die Philosophie bedient sich Gottes nur als Mittel, den Menschen zu vergrößern und den Menschen
zu verherrlichen; aber Gott hat die Weisheit und die Vernunft des Menschen demütigen wollen,
indem Er durch die Torheit der Predigt alle die rettete, welche glauben. Da, wo der Menschensohn
gedemütigt wurde, da wird Er verherrlicht werden; und der Mensch muss die Knie beugen vor dem
zweiten Adam. Gott will den Herrn Jesus als Herrn der Herrlichkeit; und Er will in Jesu verherrlicht
sein, indem die Menschen sich dem Herrn Jesus unterwerfen. Jesus muss erkannt werden, so wie
Gott Ihn dargestellt hat, nach der Torheit der Predigt, oder erkannt ohne Barmherzigkeit, wann seine
Herrlichkeit oenbart werden wird. Wenn man nicht einen Erlöser will, so wird man einen Richter
haben. Kein Mensch ist, der die Knie vor Jesu nicht beugen wird. Wenn man es jetzt nicht tut, so ist
es Undank und Feigheit.
Der zweite Gedanke Gottes in seinen Ratschlüssen, ist die Kirche. Wie Er Eva dem Adam zugesellt
hat, so hat Er die Kirche Christus zugesellt. Wir sprachen von der Hochzeit des Lammes und der
auferstandenen und verherrlichten Kirche. Dies ist eine Sache ganz verschieden von dem Wohlwollen
Gottes gegen seine Kreaturen. Es ist ein inniges Verhältnis zwischen den Kindern und dem Vater,
zwischen dem Bräutigam und der Braut. Die Kirche wird gerechnet als nicht von der Welt, sondern
vom Himmel. Sie stammt von Oben. Außerdem gibt es Verbindungen Gottes mit der Welt, die
Regierung Gottes. Der Mensch will nicht, dass Christus die Welt beherrsche; er will sie selbst
beherrschen und Gott von der Welt ausschließen. „Hier ist der Erbe, (nicht der Bräutigam) lasst uns
ihn töten und sein Erbe in Besitz nehmen“ (Mt 21,38). Solange die angenehme Zeit währt, die Zeit des
Heils, überlässt sich der Mensch der Ungerechtigkeit mit allen Kräften. Er will seinen Willen haben,
Gott ungeachtet, er will sein wie Gott. In diesem Sinn hat jeder Mensch den Geist des Antichrists,
welchen der Heilige Geist mit den Worten bezeichnet: „Der König wird nach seinem Willen tun“
(Dan 11,36). Dieses kann nicht dauern. Der Mensch muss endlich durch den gerichtet werden, welchen
er verworfen hat. Soll der Himmel die Erde regieren? Ja, der Mensch aber sagt: Ich bin es, der regieren
soll, und nicht Gott.
Bei vier Gelegenheiten hat Gott feierliche Unterredungen mit dem Menschen; Gott hat zum ersten
Male im Garten Eden zu dem Menschen gesprochen. Alle Verbindung mit Gott war schon gebrochen.
Das zweite Mal warf ans dem Berg Sinai. Erschrocken sagt Israel: „Gott rede nicht mit uns“
(2. Mo 20,19). Denn die Herrlichkeit Gottes erschreckt das Herz des Menschen. – Das dritte Mal ist
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BdH 1854 Die Welt und die Kirche Teil 3/5
es in Jesu, – Gott im Fleisch oenbart; aber der Mensch wollte nichts von Gott in Milde. Von da
an musste man entweder Christ oder Antichrist sein. Das vierte Mal ist es, wann Jesus von neuem
kommt, und das Gericht ausübt über alle diejenigen, welche sich Ihm nicht unterworfen haben.
Man wird für Ihn oder gegen ihn erfunden werden. Alle die, welche die Liebe zur Wahrheit nicht
angenommen haben, werden verdammt werden.
Christus und die Kirche erscheinen in Herrlichkeit, und erscheinen nur beim Gericht. Der Himmel
önet sich ihrer herrlichen Erscheinung. –
Der Himmel konnte sich über den Menschen nicht önen, indem der Mensch Sünder ist. Als Jesus
auf die Erde kam, önete sich der Himmel. Jesus wurde anerkannt als Sohn Gottes, und der Heilige
Geist stieg auf Ihn hernieder. Durch den Heiligen Geist sah Stephanus den Himmel oen, (Apg 7,55)
in welchem er seinen Teil mit Jesu sah, verworfen wie Er auf der Erde, aber eins mit Ihm in der
Herrlichkeit. Dieses ist auch die Lage der ganzen Kirche. Am Ende önet sich der Himmel, um
den Menschensohn zu oenbaren, und wann er sich so önet, ist es, damit der Herr Jesus selbst
wiederkomme und das Gericht auf der Erde ausübe. Nur wann das Böse Gott zwingt, ihm seine
Aufmerksamkeit zuzuwenden, schlägt Gott dasselbe. Bis die Ungerechtigkeit ihren höchsten Punkt
erreicht, (1. Mo 15,16) ist die Geduld Gottes voll Langmut.
Das letzte Tier, das auferstandene römische Reich steigt aus dem Abgrund und geht ins Verderben.,
Diesen Auftritt haben wir hier. Die Leidenschaften der Menschen werden durch Satan erregt und
begeistert sein. Die Zukunft des Gottlosen wird nach der „Wirksamkeit des Satans geschehen“
(2. Thes 2,9). Judas ist davon ein Beispiel. In ihm sehen wir nicht allein die böse Lust, oder bloß
die Wirkung des Satans auf die böse Lust; sondern Satan, welcher Besitz vom Herzen nimmt, und
die Verhärtung aller natürlichen Neigungen eines Jüngers gegen Jesus hervorbringt. Ebenso da;
Satan wird die Verhärtung der Herzen bewirken, welche in seinem Besitz sind, sogar gegen die
Oenbarung aller Herrlichkeit Jesu. Gewisse natürliche Neigungen bestehen und nden sich im
Herzen, bis dasselbe vom Satan besessen ist; nachdem aber ist der Mensch zu allem fähig. So wollten
die Hohepriester Lazarus töten, (Joh 12,10) weit Jesus ihn auferweckt hatte, und weil deswegen
mehrere Juden an Ihn glaubten, und sie entschlossen sich, Jesus zu töten, weil Er den Lazarus
auferweckt hatte (Joh 11,47–50).
Der Mensch der Erde erhebt das Haupt bis zum Himmel. Wie Adam, Will er sein wie Gott; er will
es sein nach dem Charakter Christi, und er ist Antichrist. Er will die Erde besitzen, und den Krieg
dem Himmel machen (Jes 14,13–14). Erfüllt mit der ganzen Macht des Satans, alle Fähigkeiten des
Menschen durch die Macht Satans ausübend, bemächtigt er sich aller Menschen, und will sich in
Jerusalem setzen als König der ganzen Erde, und will sich dahin erheben, dem Herrscher gleich zu
sein. Dann wird es sein, dass der Menschensohn, welcher sich erniedrigte, und welchen Gott erhöht
hat, vom Himmel herniedersteigen wird, und der Sohn der Erde, der sich selbst erhöht hat, wird
erniedrigt werden. Es handelt sich nun, und dies ist die ganze Frage, zu wissen, ob der Mensch der
Erde oder der Mensch des Himmels die Oberhand behalten wird. Das letzte Tier, nachdem es die Erde
an sich gezogen Hai, und dem die Könige der Erde nachfolgen, macht Christus den Krieg. Es ist nötig
zu wissen, ob Gott der Stärkere sein werde, nicht im Gewissen nur, sondern in der Welt und in der
Herrlichkeit. Jerusalem wird jetzt schon der Mittelpunkt der Gedanken des Menschen auf der Erde,
denn da ist es, wo die Nationen gesammelt werden sollen, um gerichtet zu werden (Zach 12,1–3). Die
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BdH 1854 Die Welt und die Kirche Teil 3/5
Nationen scheinen anfangen zu wollen, sich mit Jerusalem zu beschäftigen. Sie werden es tun, ohne
die Rechte Christi anzuerkennen, welcher der wahre König der Juden ist. Die Nationen arbeiten im
Feuer reiner Eitelkeit, (Jes 1,11), auf dass derjenige, welcher verachtet worden ist, verherrlicht werde.
Vers 12–13. Jesus erscheint. Er hat seine wesentliche Würde, einen Namen, den Er allein kennt. Alles,
was Er tut, ist Kundmachung dessen, was Gott oenbart hat. Er wird das Wort Gottes im Gericht
sein, und Er wird der Vollzieher des Wortes Gottes gegen die Sünde sein. Gegenwärtig richtet das
Wort Gottes moralisch, dann wird es tätig richten.
Die weißen Pferde sind ein Zeichen des Sieges. Das scharfe zweischneidige Schwert ndet sich schon
Oenbarung 1,16.
Der 15. Vers macht Anspielungen auf Psalm 2,8–9. „Fordere von mir, so gebe ich dir die Völker zum
Besitztum und zum Eigentum die Enden der Erde; du sollst sie zerschmettern mit eisernem Zepter,
wie Töpfe, Gefäße sie zertrümmern.“ Dieses wird Jesus erfüllen bei seiner herrlichen Erscheinung,
Die Nationen zerschmettern mit eisernem Zepter, ist eine ganz andere Sache, als das Evangelium. Er
hat nun die Nationen nicht als Braut, aber als Erbteil. Der kleine Stein (Dan 2,34–35) wird ein Berg,
welcher die ganze Erde erfüllt. Die Kirche (O 2,26–27) teilt die Macht Jesu über die Nationen. Jesus
erhielt von seinem Vater nicht nur, die Kirche zu retten, sondern auch die Nationen zu zerschmettern,
und die Kirche wird mit Ihm sein. Jesus hat das Erbteil der Nationen noch nicht gefordert, sondern Er
bittet, dass die Seinen bewahrt werden. Er ist Hohepriester, nicht der Welt sondern der Kirche: „Wir
haben einen Hohepriester“, (Heb 4,14–15; 8,1) Die widerspenstigen Juden werden gerichtet werden.
Das Gericht Jesu über die Welt ist das Amt seines eisernen Zepters.
Es ist wichtig, das Erbteil der Nationen und die Lage der Kirche zu unterscheiden. In Jesaja 63,1–6 ist
Christus uns oenbart, wie Er die Kelter des Zornes Gottes tritt, und das Blut (O 14,18–2) ießt bis
ans Gebiss der Pferde. So ist uns dieses schreckliche Gericht Gottes beschrieben.
Der 16. Vers lehrt uns dass Jesus seinen Titel als König der Könige erst annimmt beim Ton der
siebenten Trompete. Die Reiche dieser Erde werden die Reiche Jehovas und seines Gesalbten. Wenn
die politische Aufmerksamkeit sich nach Jerusalem wendet, wenn die Dinge sich mit Schnelligkeit
zum Gericht Christi auf der Erde vorbereiten, wenn das Gericht der Vollziehung nahe ist, dann eben
ist es, wann die Nationen Christus verwerfen und sich verhärten.
Jesus wird erscheinen als der Treue, der Wahrhaftige, der König der Könige, Herr der Herren, schon
Bräutigam der verherrlichten Braut.
Nach diesem ist es, dass das Gericht des Tieres kommen wird. Dieses Tier ist der Gottlose, angekündigt
den Thessalonichern, der Antichrist Daniels. Der falsche Prophet ndet sich hier in eins mit dem
zweiten Tier. Der Unterschied zwischen der verherrlichten Kirche und der gerichteten Welt ist in
unserem Kapitel sehr augenscheinlich. Der Antichrist erhebt sich und Christus kommt nur, ihn zu
richten. Die Dinge welche Gott im Gericht scheiden wird, sind in seinem Ratschluss schon geschieden
und sie sind es ebenso gut als dann, wenn sie im Feuerpfuhl gesehen werden, und die Anderen im
Himmel. Das Gericht oenbart dieses nur der Welt.
Es sind drei Charakter des Tieres und der Macht Satans.
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BdH 1854 Die Welt und die Kirche Teil 3/5
1. Das römische Reich in seinem achten Haupt, das Oberhaupt der letzten Form des Tieres in der Zeit
der Heiden.
2. Dieses Oberhaupt tut seinen Willen, und will seinen Thron in Jerusalem festsetzen.
3. Er ist der Gottlose, die Ungerechtigkeit in ihrem höchsten Punkte.
Der falsche Prophet ist das zweite Tier des 13. Kapitels, welches Hörner hatte wie das Lamm, und
wie der Drache sprach. Babylon ist von der Szene verschwunden.
Vers 17. Das Mahl des großen Gottes ist ein sehr starkes Vorbild von der Zerstörung der Könige, der
Obersten und der Gewaltigen, der Rosse und derer, die darauf sitzen, der Freien, der Knechte, der
Kleinen und der Großen, aller derer, mit einem Worte, deren Körper den Raubvögeln gegeben werden.
Der Engel, welcher in der Sonne steht, ist in der Macht der Regierung und der Oberherrschaft Gottes,
in seinem Gericht gegen denjenigen, welcher in Empörung gegen Ihn ist.
Daniel 8,7–8. Zeigt uns das vierte Tier, die vierte Monarchie als eine gotteslästerliche Gewalt,
welche Gott richtet und gänzlich zerstört (V 11). Die Einzelheiten dieser Zerstörung sind uns in der
Oenbarung gegeben.
Daniel 7,17–18. Die Heiligen des Höchsten besitzen in der Herrschaft nicht nur das Tier, welches
vermessene Reden gegen Gott redete, sondern sogar die vier Tiere. Im 21. Vers macht das Horn,
welches Vermessenes redete, den Heiligen den Krieg; denn es kann Christus den Krieg nur in seinen
Heiligen machen. Aber wenn Gott erlaubt, dass das Tier über die Heiligen siege, so ist dies nur bis
Christus, der Alte der Tage, komme, bis dass das Gericht den Heiligen des Höchsten gegeben werde,
und die Heiligen das Königreich erhalten. Was dem Reich des Tieres ein Ende setzt, ist die Ankunft
des Alten der Tage, und nicht die Predigt des Evangeliums. Dies ist der Charakter des Tieres und
sein Ende.
In der Oenbarung, wie in Daniel, sind es zehn Königreiche. Das Tier hat eine tödliche Wunde;
aber es steigt aus dem Abgrund. Die zehn Könige, wie der Drache, geben ihm ihre Macht und es
geht ins Verderben. Die Könige verbinden sich mit ihm; und diese satanische Macht, welche die
Heiligen zu allen Zeiten besiegte, und welche wieder eingesetzt wurde, geht ins Verderben. Das
achte Haupt ist das Tier. Seine ganze Macht ist auf den Kopf, auf das Oberhaupt des römischen
Reiches zusammengezogen. Dieses ist noch nicht oenbart. Der Antichrist, der das Oberhaupt der
Ungerechtigkeit des menschlichen Herzens ist, bringt auf das Höchste die Empörung der Heiden,
welchen Gott die Macht anvertraut hatte, als Er seinen Thron, während der Gefangenschaft in
Babylon von Jerusalem zurückgezogen hatte. Statt Gott in seinem Reich zu verherrlichen, hat der
Mensch Jesus verworfen, und am Ende ndet sich es, dass der Mensch Jesus den Krieg macht.
2. Thessalonicher 2,1–12. Der Antichrist ist im 3. Verse der Sohn des Verderbens. Er geht ins Verderben.
Der Antichrist, der Gottlose, ist der Gipfel der Ungerechtigkeit des Menschen. Gegen Gott gesündigt,
das Gesetz übertreten, Jesus verworfen haben, ist nicht der höchste Grad der Sünde. Das Geheimnis
der Sünde, dies ist das Übel, welches auf eine verborgene Weise im Schoß der Kirche wirkt, als
Keim, der bestimmt ist, bis zur Empörung heranzuwachsen, Empörung, welche so weit geht, sich
gegen Christus, oenbart in seiner Herrlichkeit, zu erheben. Während die Menschen schliefen, säte
der Feind das Unkraut. Das Geheimnis der Ungerechtigkeit, welches sich zur Zeit des Apostels
anbahnte, wird mit der Empörung der Christenheit enden. Gott richtet nicht, was noch im Zustand
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BdH 1854 Die Welt und die Kirche Teil 3/5
des Geheimnisses ist. Nur durch seine Oenbarung wird das Geheimnis kund, ohne dies würde
es jeder menschlichen Erkenntnis verborgen bleiben. Ebenso ist es auch mit dem Geheimnis der
Frömmigkeit, Gott im Fleisch oenbart, und mit dem Geheimnis der Vereinigung Christi mit der
Kirche. Was nun ein Geheimnis der Ungerechtigkeit ist, das ist, dass die Kirche ein Nest gewesen
sei, worin Satan gebrütet hat, und woraus er den höchsten Grad der Ungerechtigkeit des Menschen
hervorbrechen ließ. Judas will über das Heil schreiben, welches ihnen gemein ist, aber Er kann es
nicht. Das Böse hatte angefangen, und er treibt sie an, für das zu kämpfen, was sie haben. Er fordert
sie auf, auf ihrer Hut zu sein. „Denn es sind gewisse Menschen eingeschlichen, welche die Gnade
unseres Gottes zur Ausschweifung missbrauchen, und damit enden, den Herrn Jesus zu verleugnen.“
Es waren dieselben, von welchen Henoch prophezeit hatte. Den Erlöser verleugnen und sich gegen
Ihn erheben, dies ist der höchste Grad; nach diesem kommt das Gericht.
Den Thessalonichern erklärt Paulus den Fortschritt der geheimen Gottlosigkeit, während das, was
sie noch aufhält, noch dasteht. Wann dieses aus dem Weg sein wird, dann wird der Gottlose oenbar
werden. Es ist der Stellvertreter der Bosheit, und er wird oenbar werden, wann, was die Sünde
zügelt, weggetan sein wird. Sein Charakter ist, ohne Gesetz zu sein, seinen eigenen Willen zu tun, den
Willen des Menschen. Das Wort, das man übersetzt hat mit „Gottloser,“ bedeutet derjenige, der ohne Gesetz ist. Christus, der Mensch Gottes sagt: „Hier bin ich o Gott, um deinen Willen zu tun“ (Ps 40,78; Heb 10). Er war Diener in allem. Er gibt das Reich denjenigen, welchen der Vater es bestimmt hat.
Sein einziger Wille war, den Willen Gottes zu tun. „Nicht wie ich will, aber wie du willst.“ „Durch
den Gehorsam des einen werden viele gerecht“ (Röm 5,19). In Nichts tat Er seinen Willen.
Das, was diese Welt bezeichnet und wessen diese Welt sich rühmt, ist das Recht,seinen eigenen Willen zu tun. Dies ist es auch, was die Sünde Adams bezeichnet, ehe die bösen Begierden in der Welt waren.
Der Charakter Christi, des wahren, von Gott erwählten Königs ist der Gehorsam. „Auf dass die Welt
erkenne, dass ich den Vater liebe, und so wie mir der Vater geboten hat, also tue“ (Joh 14,31). Jesus ist gehorsam bis zum Tod. Die Macht Gottes wirkt in Ihm, um Ihn, aller Schwierigkeiten ungeachtet, vor Gott bis zur Vernichtung gehorsam zu machen, und alles für Gott zu tun. Der Charakter des Gottlosen ist, ohne Gesetz zu sein und seinen Willen zu tun. Das Prinzip des Bösen ist, seinen Willen zu tun.
Der Streit besteht darin, zu wissen, wer siegen werde, der Mensch Gottes, oder der Mensch der Erde, welcher seinen Willen tun will. Während langer Zeit zügelt Gott dieses, und zähmt es. Wann er weg
tut, was hindert, dann oenbart sich der Ungerechte, welcher seinen Willen tut, und sich sogar gegen
die Oenbarung der Herrlichkeit erhebt, so wie er sich gegen die Oenbarung der Gnade erhoben
hatte. Keine Unabhängigkeit für den Menschen; Untertan Gottes oder Untertan Satans. Derjenige
allein, welcher sich vor dem Tod verwahren kann, ist unabhängig. Gott erlaubt, dass Satan kräftig
wirke. Sie wollten ihren Willen tun. Sie tun Zeichen, Wunder und Lügen. Der Gottlose wird der
Ausdruck der Ungerechtigkeit des Menschen sein ohne Gesetze. Er wird sich unter den Einuss und
unter die Sklaverei Satans stellen, welcher ihm seine ganze Kraft gibt. Es ist das Prinzip und der
Hauptcharakter des ersten Adams, in seiner ganzen Kraft, aber mit einem entschiedenen Willen, es
wissend und wollend.
Daniel 11,36–45 zeigt uns, dass der Antichrist, der König nach seinem Willen handeln wird. Als König
will er über die Juden zu Jerusalem herrschen. „Er wird sich erheben Wider alle Gottheit; er wird
Ungeheures reden, und es wird ihm gelingen, bis der Zorn vorüber ist.“ Er will König in Jerusalem
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BdH 1854 Die Welt und die Kirche Teil 3/5
sein, Oberster oder Haupt des Tieres, und er ist die oberste Stufe der Sünde. Nachher wird er zerstört.
Das ist das Ende der Zeiten der Heiden.
Das Tier und der falsche Prophet sind geworfen vor allen anderen, in den Feuerpfuhl, der mit Schwefel
brennt. Dies ist der Erste Tod, und, was dieselben wenigstens betrit, das Gericht der Lebenden.
Das Tier, wie der Antichrist, leugnet den Vater und den Sohn, (1. Joh 2,22) Er leugnet Jesus Christus
ins Fleisch gekommen, und er leugnet, dass Jesus der Messias sei. Durch dieses letzte Mittel wird er
die ungläubigen Juden an sich ziehen. Er leugnet Christus ins Fleisch gekommen, und er selbst gibt
sich für Christus aus.
Der falsche Prophet (V 20) ist hier das zweite Tier des Kapitels 13,11 Er hat die Form des Christentums
und die Stimme Satans. Er tut Wunder. Vergleiche 19,20. mit 13,12–14. Diese Stellen zeigen, dass das
zweite Tier mit dem falschen Propheten eins ist. Dieser Charakter des Tieres ist der eines Reiches.
Indem das Tier seinen Charakter als Tier verliert, hört es auf, eine weltliche Macht zu sein, und wird
nur durch seine Lehre eine Macht. Es übt die Macht des Tieres und bewirkt, dass man es anbetet.
Als falscher Prophet ist es gerichtet. Hierin sieht man das falsche Christentum, welches, nachdem
es sein weltliches und irdisches Reich verloren, die Macht seines Lehreinusses behalten hat. Die
weltliche Macht des Papsttums, oder vielmehr die Hierarchie den Papst mit einbegrien, ist, bis
auf einen gewissen Punkt, vernichtet; aber als falscher Prophet besteht sie, und wird dies immer
augenscheinlicher und mit mehr Einuss sein.
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BdH 1854 Mit Freimütigkeit hinzutreten
Lasst uns hinzutreten mit Freimütigkeit
Der Ratschluss Gottes vor Grundlegung der Welt hat uns in Christus Jesus, als Mitgenossen seiner
Herrlichkeit, zur Freiheit berufen; wir haben nicht den Geist der Knechtschaft empfangen, dass wir
uns wiederum fürchten müssten, sondern den Geist der Kindschaft, durch welchen wir rufen: „Abba,
lieber Vater“ (Röm 8,15). Wir dürfen als Kinder mit aller Freimütigkeit zu Gott nahen. Wo aber diese
Freiheit und Freimütigkeit mangelt, da ist die Wahrheit nicht völlig; da wird das Opfer Christi nicht
nach seinem ganzen Werte erkannt. Der Mensch ist zu nichts weniger geneigt, als von sich abzusehen,
und allein auf die Gnade Gottes zu trauen, selbst wenn er fühlt, wie ihn dies stets gefangen hält.
Zuerst gefällt er sich in seinen Werken und zuletzt in seinem Nichts. Aber beides macht ihn nicht
freier. Wo aber der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit.
Mag uns die Welt, die Sünde oder das Gesetz gefangen halten, wir stehen immer unter dem Fluch und
dem Gericht. Die Erlösung liegt nicht in unserer Hand, weder in unseren Werken, noch in unserer
Traurigkeit, sondern in Christus. Der Mensch ist dem Gericht übergeben, entweder in Christus, oder
durch Ihn. Jesus hatte den Vater auf Erden verherrlicht und blieb ohne Sünde; aber weil Er unsere
Sünde auf sich genommen, wurde Er am Fluchholz dem Fluch und Tod preisgegeben. So handelt die
Heiligkeit und Gerechtigkeit Gottes mit Sündern; ihr Los ist der Tod und danach das Gericht. Dies
gilt von allen, die von dem ersten Adam sind und der ersten Schöpfung angehören. Sie bedürfen das
Leben aus dem zweiten Adam, um in eine neue Schöpfung versetzt zu werden. Mag der Mensch auch
in seinen Augen noch etwas gelten; seine Gerechtigkeit hat vor Gott keinen Wert. Das sollte genug
sein, sich selbst keines Blickes mehr zu würdigen und sich ganz zu verlassen. Solange sich aber der
Mensch noch damit beschäftigt, was er kann und nicht kann, was er ist und nicht ist, denkt er an sich
und hat sich nicht ganz aufgegeben. Wenn ihm nichts anders bleibt, so ndet er noch darin seinen
Ruhm, dass er sagt: Ich bin ein „armer, ja der ärmste Sünder!“
Es handelt sich jetzt nicht mehr vor Gott um eine Gerechtigkeit von Seiten der Menschen, – sie ist
verworfen; – vielmehr handelt es sich jetzt darum, wie weit die göttliche Gnade und Liebe reicht.
„Also hat Gott die Welt geliebt, dass Er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass alle, die an Ihn
glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben“ (Joh 3,16). In der Hingabe Jesu für
unsere Sünden sehen wir die Erfüllung des unaussprechlichen Gnadenratschlusses und die alleinige
Quelle unseres Heils. Sein Blut hat eine ewige Erlösung erfunden, hat die Gerechtigkeit Gottes für
uns erworben und unseren Frieden mit Gott für immer festgestellt. Er ist der Mittler des neuen
Bundes, eins mit dem Vater und wir durch den Glauben eins mit Ihm. Zwischen Gott und uns steht
jetzt unaufhörlich der Sohn als Hohepriester mit seinem eigenen Blut und vertritt uns und bittet für
uns. Der Christ darf im Allerheiligsten Gott ohne Furcht und Zittern nahen, weil die Sünden alle vor
Gott getilgt und hinweg getan sind. Der Israelit durfte nicht ins Heiligtum treten, oder er musste des
Todes sterben. Der Vorhang, der den heiligen und gerechten Gott und seine Herrlichkeit den Sündern
verhüllte, war noch nicht zerrissen. Der Sünder konnte nicht vor Ihm stehen noch leben. Die Furcht
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BdH 1854 Mit Freimütigkeit hinzutreten
des Todes kam in der Nähe Gottes über ihn, weil sein Gewissen nicht von Sünden gereinigt war. Wir
aber haben volle Freimütigkeit zum Eingang in das Heiligtum. Durch sein Fleisch ist uns ein neuer
und lebendiger Weg durch den Vorhang erönet (Heb 10,19–20). Wir stehen unter der Besprengung
seines wertvollen Blutes, und nahen Gott in seiner uns durch Christus erworbenen Gerechtigkeit.
Das durch unseren treuen Hohepriester ins Heiligtum droben getragene Blut lässt uns zu jeder Zeit
als Versöhnte und Begnadigte, und darum als Geliebte und stets Willkommene vor Gott erscheinen.
Es ist gut, wenn wir immer dies Bewusstsein haben; es gibt uns volle Freimütigkeit.
Es übersteigt alle menschlichen Begrie von Gnade, wenn wir hören, dass Gott Gottlose rechtfertigt
und ihnen keine Sünde zurechnet. Diese Gnade ist allein gegründet auf die alles übertreende Liebe
Gottes und das vollgültige Opfer Christi. Doch noch mehr werden wir zum Lob und zur Anbetung
hingerissen, wenn uns der unausforschliche Reichtum Christi verkündigt wird, wenn uns die Höhe
und die Tiefe, die Breite und die Länge des unaussprechlichen Geheimnisses, was vor Grundlegung
der Welt in Gott verborgen war, oenbart wird, und wenn wir unsere Gemeinschaft daran erkennen
(Eph 3,8–9). Wer halte es nur wagen können, daran zu denken, dass der Hohe und Erhabene, der Gott
des Himmels und der Erde, der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, auch unser Gott und
Vater würde?! Welch eine Fülle von Weisheit, Gnade und Liebe oenbart sich hier. Er hat uns von
seinem Geist gegeben; wir sind seine Kinder, darum sind wir auch seine Erben und Miterben Christi.
Es gibt kein innigeres Verhältnis, als das des Bräutigams und der Braut, keine festere Vereinigung,
als des Hauptes und des Leibes, und in diesem Verhältnis und in dieser Vereinigung stehen Christus
und die Gemeinde. Aber dieses alles ist die alleinige Frucht des wertvollen Opfers Jesu Christi. Durch
dieses Opfer sind wir in eine Gemeinschaft mit Gott dem Vater und dem Herrn Jesus Christus
gekommen, wie sie nicht inniger und fester sein kann, und wo diese Gemeinschaft lebendig erkannt
wird, da ist Freiheit und Frieden, Kraft und Seligkeit.
Unsere nahen und innigen Beziehungen zu Gott dem Vater und Christus Jesus versichern uns der
köstlichsten Vorrechte. Solange Jesus der treue Hohepriester mit seinem Blut für uns im Heiligtum
vor Gott steht, dürfen wir mit aller Freimütigkeit nahen, und solange sein Volk im Fleisch und
in der Fremde waltet, wird Er dort verweilen. Haben wir die Kraft und die Wirksamkeit dieses
Blutes erkannt, so wissen wir, dass wir stets los vom bösen Gewissen sind, und zu jeder Zeit als von
allen Sünden Gereinigte und Geheiligte erscheinen. Wo diese Erkenntnis fehlt, da ist Furcht und
Ungewissheit. Wir dürfen aber in keinem anderen Bewusstsein zu Gott nahen, als dass unsere Sünder
für immer vor Ihm hinweggetan sind und nur so haben wir volle Freimütigkeit. Das Volk Israel durfte
nicht also nahen, weil es dies Bewusstsein nicht haben konnte. Kein Mensch darf es, und wenn er es
meint zu dürfen, so ist dies Unwissenheit und Blindheit. Nur solche haben dies hohe Vorrecht, die
durch den Glauben unter die Besprengung des teuren Blutes Christi gekommen sind. Dieses Blut
allein hat einen solchen Wert vor den Augen Gottes, dass wir stets ohne Sünden nahen können. Es ist
ein Beweis, dass wir dies selige Vorrecht schätzen, wenn wir recht nahe hinzutreten, und stets in der
Gemeinschaft und Gegenwart Gottes wandeln. Wo es nicht geschieht, da ist Unkenntnis und Undank.
Wandeln wir aber in der Gemeinschaft Gottes, so werden wir immer mehr die Kraft der Auferstehung
und den unaussprechlichen Reichtum Christi erkennen. Dies ist es, was unsere Herzen mit Lob und
Anbetung erfüllt. Es gibt alsdann nichts Köstlicheres für uns, als unseren Gott preisen und seinen
Namen verherrlichen. Da ist nichts Gezwungenes oder Gesetzliches, sondern die Wirksamkeit einer
freien und wahrhaftigen Liebe.

BdH 1854 Mit Freimütigkeit hinzutreten
Es ist ein großes Vorrecht, Gott sowohl einzeln als gemeinsam, durch Preis und Anbetung verehren
zu können. Die Welt tut und kann es nicht und wer nicht ganz in dem freien Erbarmen ruht, tut
es nur mit Furcht. Es ist gut und köstlich, wenn wir erkannt haben, dass nichts mehr da ist, was
uns hindern könnte, unseren Gott mit aufrichtigem und fröhlichem Herzen zu loben. Es ist Gott
wohlgefällig und angenehm, wenn wir seiner Gnade ein Lob bereiten, wenn wir Ihn erkennen, wie
Er ist und was Er für uns ist. Und je mehr wir in die unergründlichen Tiefen seiner Gnade und Liebe
hineinschauen, weiden wir Ihm unsere Lobopfer darbringen. Der Herr wolle uns nach dem Reichtum
seiner Herrlichkeit an dem inwendigen Menschen durch seinen Geist kräftigen, dass Jesus Christus
durch den Glauben in uns wohne und wir durch die Liebe fest gewurzelt und gegründet werden
(Eph 5,17).

Haben wir die große Liebe erkannt, welche uns der Vater erzeigt hat, dass wir Gottes Kinder heißen,
so werden wir uns auch stets der Segnungen teilhaftig machen, welche in dieser so nahen Beziehung
liegen. Jesus ruhte im Schoß des Vaters, obgleich Er auf Erden wandelte. In der Welt halte Er keine
bleibende Statte, sie kannte Ihn nicht. Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen Ihn nicht
auf. Wenn wir Ihn, solange Er unter uns wohnte, begleiten, leuchtet überall sein steter und kindlicher
Umgang mit Gott dem Vater hindurch. Hier nur wurde Er erkannt und geliebt. Jesus suchte in allem
des Vaters Wohlgefallen und Willen zu erfüllen. Er verherrlichte seinen Namen auf Erden. Wir sind
auch aus Gott geboren; wir sind Gottes Kinder, also kann auch unser Wesen nur himmlisch und auf
Gott den Vater gerichtet sein. Wir verleugnen diesen Charakter, wenn wir eischlich sind und mit
der Welt Gemeinschaft haben. Als Kinder sind wir nur für den Vater da; Ihm gehört unser Leben. Des
Vaters Willen und Wohlgefallen soll den Kindern stets heilig sein.

 Er nimmt ja auch die herzlichste Teilnahme an allem, was dem Kind begegnet. Sein Herz ist voll Sorge und Liebe für dasselbe; ja
Gottes Liebe für uns ist unergründlich, wie seine Gnade und sein Erbarmen. Könnten wir außer Ihm
noch etwas nden, was mehr unsere Verehrung und Liebe in Anspruch nähme? Wäre das, so hätten
wir eine geringe Erkenntnis der Gnade und Liebe Gottes. Wo sie aber völlig ist, da dringt sie uns
immer zu einem innigen und kindlichen Umgang mit Ihm. Diese Gemeinschaft ist unsere grüßte
Lust und Freude. Sie übt auf unser Herz den segensreichsten Einuss aus, sie erweckt und belebt
in uns die Neigungen, die unsere Sinne immer mehr auf die himmlischen Dinge gerichtet halten.
Verstehen wir die Liebe des Vaters und alles das, was Gott für uns ist, so gibt dies unseren Herzen
den süßesten Trost und ausharrende Kraft und Mut in allen Drangsalen dieses Lebens. Nichts kann
uns erschrecken, wenn wir in seiner Liebe ruhen; nichts wird uns zu schwer, wenn wir uns in seiner
seligen Gemeinschaft wissen, wo wir mit aller Gottesfülle erfüllt werden, und wir werden es nicht
lassen können, uns gegenseitig zu diesem vertrauten und einfältigen Umgang mit Gott als Kinder zu
ermahnen und ermuntern, damit wir dieses so hohe Vorrecht, welches uns das teure Opfer Christi
gebracht, recht genießen und all der köstlichen Segnungen wahrhaft teilhaftig werden. Durch diesen
Umgang wird auch Gott durch uns verherrlicht, und Ihm allein gebührt ja alles Lob. Wir mögen
hinschauen, wohin wir wollen, überall begegnen wir seinen Gnadenerweisungen und den Strömen
seiner erbarmenden Liebe in Christus Jesus.
Doch nicht allein ist die Gemeinschaft mit Gott und die Lobpreisung seines Namens Ihm angenehm,
sondern auch unser Dienst. Ihm zu dienen, ist ebenso sehr unser Vorrecht geworden, als Ihn zu loben
und innig mit Ihm zu verkehren. Der Dienst der Welt sind nur tote Werke vor Ihm. Wenn niemand
Ihm nahen darf, als in dem Bewusstsein, dass er durch das Blut Christi gereinigt ist, so darf auch
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BdH 1854 Mit Freimütigkeit hinzutreten
niemand daran denken, dass er ohne dies Bewusstsein Ihm dienen könne. Das wäre Vermessenheit.
Jesus, der große Hohepriester, welcher uns im allerheiligsten kraft seines Blutes jeden Augenblick vor
dem Angesicht Gottes vertritt und für uns bittet, damit wir immer ohne Sünde vor Gott erscheinen
können, dessen Wirksamkeit ist es ja auch allein, welche unseren Dienst vor Ihm angenehm und
wohlgefällig macht. Gott wird gepriesen, wenn wir mit Früchten der Gerechtigkeit erfüllt, und sein
Name wird verherrlicht, wenn wir an guten Werken reich sind. „Denn wir sind sein Werk, geschaen
in Christus Jesus, zu guten Werken welche Gott zuvor bereitet hat, dass wir darinnen wandeln sollen“
(Eph 2,10). Unsere Werke dürfen keinen anderen Zweck haben, als die Verherrlichung Gottes, und
keinen anderen Grund, als nur seine freie Liebe in uns. Um Gott recht nahe und mit Ihm in eine
innige Gemeinschaft zu kommen, bedarf es unsererseits keiner Werke mehr. Hierzu genügt allein das
vollkommene Werk Christi. Ja wir dürfen nicht einmal daran denken, gute Werke zu wirken, wenn
wir nicht in dem Bewusstsein leben, dass wir ganz nahe hinzugekommen, und auf das innigste mit
Gott verbunden sind. Wir haben diese herrlichen Beziehungen zu Gott nicht verstanden, wenn wir
ohne dies Bewusstsein an den Dienst Gottes denken. 

Wenn wir aber als Kinder Gottes sagen, dass wir als solche Gott nicht dienen können, so haben wir ebenso wenig diese Beziehungen und ihre reiche
Segnungen, welche für uns darin liegen, verstanden. In Christus ist uns alles geschenkt, was zum
Leben und göttlichen Wandel dient (2. Pet 1,3). Geben wir uns nicht ganz und aus freier Liebe diesem
Dienst hin, so beweisen wir, wie wenig wir dies selige Vorrecht erkennen. Haben wir uns seinem
Diensthingegeben, bleibt unser Wandel stets auf Ihn gerichtet, so wird unser Herz mit großer Freude
erfüllt sein. Wir gehören Gott; für Ihn sind wir durch den Heiligen Geist von der Welt abgesondert,
darum kann auch Gott nur der einige Gegenstand unserer Liebe und unserer Verherrlichung sein.
Dies köstliche Vorrecht werden wir im Himmel in vollem Maß genießen, und es wird unsere einzige
Freude und Wonne sein. Allein durch den Glauben dürfen wir uns jetzt schon seiner erfreuen und
reichlich teilhaftig werden.
So lasst uns denn mit aller Freimütigkeit, welche wir durch das Opfer Christi erlangt haben,
hinzunahen, und die himmlischen Vorrechte jetzt schon durch den Glauben genießen. Es ist dies ja
unsere Seligkeit und wir werden auch immerdar etwas sein, zum Lob und Preise unseres Gottes. Wir
sehen, wie viele Christen den vollen Wert des Opfers Christi nicht erkennen und darum immer in der
Entfernung und in Furcht bleiben, und Gottes Namen durch Wort und Wandel wenig preisen und
verherrlichen. Ist uns nun in dieser Zeit der Verwirrung diese reiche Gnade zu Teil geworden, die
hohen Vorrechte der Kinder Gottes zu erkennen, so lasst uns den schuldigen Dank dadurch beweisen,
dass wir sie mit einfältigem Herzen genießen und darinnen Gott verherrlichen.

Gedanken zu Matthäus 18,20
Diese trostreichen Worte des Herrn Jesus führen uns auch auf ein Vorrecht der Kinder Gottes und es
gereicht uns zu einem großen Segen, wenn wir es recht verstehen und genießen. Alles, was Gott uns
in Christus darreicht, ist ein Aususs Seiner erbarmenden Liebe, und darum ein Segen für uns, und
wer irgendetwas davon gering achtet, der achtet Gott selbst und seine große Liebe gering.
Sind unsere Herzen auf diese Liebe Gottes gerichtet und davon erfüllt, so können wir nicht anders,
als Gott preisen. Die so zärtliche Zuneigung Gottes als Vater für uns, erweckt in uns ähnliche Gefühle.
Sobald wir anfangen zu begreifen, was Gott für uns ist, werden wir immer von tiefer Verehrung
und Liebe gegen Ihn erfüllt sein. Es ist dann unsere größte Freude, wenn unser Gott und Vater
verherrlicht und gepriesen wird. Es genügt uns aber nicht, wenn wir allein Ihm Opfer darbringen.
Wir sehnen uns danach, dass viele Herzen von den Gedanken Gottes erfüllt und aus vieler Mund
Gott gepriesen werde. Die Erkenntnis der Liebe Christi, die zwar alle Erkenntnis übersteigt, ruft in
uns diese Sehnsucht hervor. Es betrübt uns, wenn wir sehen, dass die Heiligen diese Liebe wenig
erkennen und ihre Herzen so wenig darauf gerichtet sind. Dieser Mangel an Erkenntnis erweckt in
uns die Fürbitte und Gebete für die Heiligen und treibt uns zur erbarmenden Liebe und herzlichen
Ermahnung. Wir werden nicht an uns dabei denken, sondern allen Eifer für die Verherrlichung
Gottes und das Heil der Brüder beweisen. Unser ganzes Verhalten wird es oenbaren, wie sehr wir
wünschen, dass Gott und Christus Jesus verehrt und gepriesen werde. Unsere Freude aber wird
erhöht, wenn wir in der Gemeinschaft der Heiligen Gott unsere Lobpreisungen, unseren Dank und
unsere Anbetung darbringen. Wir werden uns zurufen: „Lasst uns ihn lieben, denn er hat uns zuerst
geliebt.“ Diese Liebe soll unsere Herzen ganz erfüllen, und wir sollen erkennen, wie innig sie uns mit
Gott und untereinander verbunden hat.
Sobald wir im Namen Jesu versammelt sind – und anders sollen wir nie versammelt sein –, ist Jesus,
die Quelle aller Segnungen und die Fülle der Gottheit, in unserer Mitte. Sobald wir dieses in Wahrheit
erkennen, werden unsere Herzen auf Ihn gerichtet sein, und wir werden von Ihm erwarten, was wir
bedürfen. Wir sollen uns nicht darum versammeln, weil dieser oder jener begabte Bruder unter uns
ist, sondern weil Jesus selbst da ist, wo wir in Seinem Namen versammelt sind. Wenn man sich nur
dann versammelt, wenn dieser oder jener Bruder gegenwärtig ist, so steht es traurig um die Seelen.
Die Gegenwart Christi wird gering geachtet. Der Bruder wird vielmehr höher gesetzt als Jesus, die
Quelle alles Heils. Die Versammlungen werden immer gesegnet sein, wo die Herzen in Einfalt auf
Jesus gerichtet sind, und wo man von Ihm allein es erwartet, gesegnet zu werden. Sind die Gaben
auch gering, man wird gesegnet sein, weil Jesus in der Mitte ist. Ein begabter Bruder kann nicht
immer in unserer Mitte sein, aber der Gegenwart Christi haben wir uns jeden Augenblick zu erfreuen.
Dies Bewusstsein soll stets unser Trost und unsere Freude sein. Die Glieder einer Versammlung
sollen sich gegenseitig daran erinnern, dass Jesus unter ihnen ist. Sie sollen von Ihm erbitten, was
sie bedürfen. Er wird die Bitte erhören, weil ja alle Seelen auf Seine Ehre und ihr gegenseitiges Heil
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BdH 1854 Gedanken zu Matthäus 18,20
bedacht sind. Wo in der Liebe Gottes vereinte Herzen etwas vom Vater begehren, da werden sie
keine Fehlbitte tun. Es ist des Vaters Wohlgefallen, sich an Seinen Kindern zu verherrlichen und zu
oenbaren, was Er für uns ist.
Eine Versammlung gering schätzen, in welcher Jesus selbst wohnt, heißt Ihn selbst und Seine Liebe
gering schätzen. Wer nicht dahin kommt, wo Jesus, die Segensquelle, sich uns mitteilen will, achtet
sich selbst dieses Segens unwürdig. Glauben wir der Versammlung der Heiligen nicht zu bedürfen,
sondern ohne sie uns erbauen zu können, so beweisen wir, dass wir uns selbst für klug halten, aber
nicht bereit sind, uns vom Herrn segnen zu lassen. Haben die einzelnen Glieder keinen verborgenen
Umgang mit Gott, so werden auch ihre Versammlungen matt und kraftlos sein; verachten wir die
Gemeinschaft der Heiligen, so wird auch unsere persönliche und verborgene Gemeinschaft mit Gott
sehr schwach sein.
Sobald die Brüder, welche in der Versammlung etwas reden, nicht allein auf die Verherrlichung Gottes
und die Erbauung des Leibes Christi bedacht sind, sondern vielmehr an ihre Verherrlichung denken,
werden sie weder sich noch andere in Wahrheit erbauen. Wir mögen mit vielen und schönen Worten
von dem Reichtum Christi reden können. Das macht es nicht aus, sondern die Kraft, und wenn unsere
Herzen von diesem Reichtum erfüllt sind. Wollen wir etwas zur Erbauung reden, so dürfen wir nicht
vergessen, dass Jesus in unserer Mitte ist, und wenn wir uns in Seiner Gegenwart benden. Alles
soll zu seiner Ehre geschehen. In einer Versammlung soll aber nicht nur, der da redet, wirksam sein,
sondern aller Herzen sollen im Gebet und Flehen, im Loben und Danken auf den, der in ihrer Mitte
ist, gerichtet sein. Dies wird stattnden, wenn man sich Seiner Gegenwart erfreut, und von Ihm
allein erwartet, gesegnet zu werden. Je schwächer und mangelhafter eine Versammlung dasteht,
desto leichter werden falsche Brüder einschleichen und sich darin halten können. Ihre Gegenwart
wird aber für die Gemeinschaft ein Bann sein, der den vollen Segen aufhält. Gott ist aber bereit, eine
Versammlung vor solchem Bann zu bewahren und sie davon zu befreien.
Fühlen wir unsere ganze Abhängigkeit von Ihm, leben wir in Seinem Licht, so wird Er die falschen
Brüder von uns fern halten. Tragen wir vor Ihm Leid, wenn eine Gemeinschaft nicht zu Seines
Namens Preis dasteht, sind wir darüber göttlich betrübt, so wird der Herr beweisen, dass Er stets
bereit ist, alles unlautere Wesen zu oenbaren und hinwegzutun. Jesus, in unserer Mitte, ist selbst
auf die Ehre und die Heiligkeit Seines Hauses, welches wir sind, und des köstlichen Namens bedacht,
und wird unsere Gebete auch in diesem Stück erhören. Lasst uns nicht müde werden, mit einfältigem
Herzen zu Ihm zu ehen und Ihm alles anheimzustellen. Liegt uns das Wohl einer einzelnen Seele
am Herzen, wie viel mehr das Heil einer ganzen Versammlung, dass sie in Wahrheit erkenne, was
Gott für uns ist, und Seinen Namen verherrliche. Wo die Einfalt Christi das Herz der Glieder erfüllt,
wo das Band der Liebe und des Friedens sie innig verbunden hält, wird der Herr in vollem Frieden
unter ihnen sein.
Es gibt nichts, was unsere Herzen in der Gemeinschaft der Heiligen so sehr erfreut und unser
Vertrauen in allen Dingen so aufrecht erhält, als das Bewusstsein, dass Jesus in unserer Mitte ist.
Seine Gegenwart allein bewirkt es, dass wir gesegnet werden, weil Er fortwährend beschäftigt ist, für
uns zu beten und uns zu vertreten. Wenn die brüderliche Liebe unser Herz erfüllt, so werden wir uns
gewiss freuen, unsere Brüder und Schwestern zu sehen, und uns mit ihnen versammelt zu wissen,
aber unsere größte Freude soll die sein, dass Jesus, die Quelle alles Heils, selbst in unserer Mitte
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BdH 1854 Gedanken zu Matthäus 18,20
ist. Vor Seiner Gegenwart soll gleichsam für jedes Glied alles andere verschwinden. Sie soll so sehr
unsere Herzen erfüllen und unsere Glaubensblicke gefesselt halten, dass wir für sonst nichts mehr da
sind. Er ist ja der köstlichste Gegenstand unseres Glaubens, unserer Liebe und Honung. Er ist der
Gegenstand unserer Verehrung und Lobpreisung. Wir werden den seligsten Frieden genießen, wenn
wir uns ganz in Ihm verlieren. Wir werden unseren Brüdern mit ungeheuchelter und inbrünstiger
Liebe begegnen, wenn wir sie nur in Ihm suchen und nden.
Der Herr gebe, dass wir das hohe Vorrecht, uns im Namen Jesu zu versammeln, immer mehr schätzen
lernen, damit wir es oft genießen und dass unsere Herzen, so oft wir uns versammelt haben, von der
Gegenwart Christi durchdrungen und auf Ihn gerichtet sein mögen. Nichts ist köstlicher für eine
Seele, als wenn sie in seiner seligen Gemeinschaft mit allen Heiligen sich um Ihn geschart weiß. Es
wird nicht lange dauern, so werden Ihn unsere Augen sehen. Er wird sich dann persönlich in unserer
Mitte benden und wir werden mit Ihm alle Segnungen völlig genießen. Er wird alsdann ganz der
Gegenstand unserer Verehrung und Verherrlichung sein. Wir werden aber auch jetzt von denselben
Neigungen erfüllt sein, wenn wir verstanden haben, dass Er unsichtbar in unserer Mitte ist, sobald
wir in Seinem Namen versammelt sind.

Vermischtes
Leighton sagte, „dass viele zu früh oder zu spät predigten.“ Er gründete diese Meinung auf den
göttlichen Befehl des mosaischen Gesetzes, welcher ein Alter von dreißig Jahren und Erfahrung
vorschrieb, bevor ein Mensch sich einem so mühevollen Werke widmen konnte und ihm eine
stille Zurückgezogenheit bis zu diesem Alter, wo die Kräfte des Verstandes anfangen abzunehmen,
bestimmte. – Es würde sich noch besser auf den vortreichen Gebrauch der ersten Kirche gründen
lassen, worin keine besondere Klasse von Menschen bestand, bei welchen der Dienst am Wort
die ausschließende Profession war, sondern wo die Ältesten, das heißt, die Reichsten im Alter, in
Erfahrung und im christlichen Leben die Versammlungen erbauten. Man würde zu der Zeit solch
einen jungen Menschen, der soeben den Schulbänken entlaufen, nicht in eine Kirche geführt haben,
um sich zu üben, irgend eine akademische Zusammensetzung, geschmückt mit allen Blumen einer
hohen Schulweisheit vorzutragen, welche dem Leben und den Bedürfnissen der Seele so fremd ist,
als ein Ritterroman der wahren Wirklichkeit unserer Erde. – Es ist nicht der Mangel an Jahren, was
wir tadeln; mancher Mensch von fünf und zwanzig Jahren hat mehr im Reich Gottes gelebt, als
viele andere von fünfzig. Es ist vielmehr der beklagenswerte Mangel an Reife in der Erkenntnis
des menschlichen Herzens, seiner Krankheiten, seiner Leidenschaften; es ist die Unwissenheit der
Arzneien, welche ihm geziemen und des Werkes Gottes für die Wiederherstellung der unsterblichen
Seele. Da werden einige kräftige und einfältige Worte eines Bauern, unterrichtet in der Schule des
Geistes Gottes und hervorgebracht aus dem Schatz seiner langjährigen und erlebten Erfahrungen,
mehr wirken, als die gelehrte Abhandlung eines Studierenden, für welchen die Worte noch keinen
auf das Leben anwendbaren Sinn haben.
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Ein Leben in der Erkenntnis Gottes, beraubt von der Verwirklichung der Gemeinschaft, ist beraubt
von dem, was hauptsächlich die göttliche und innige Freude der Seele ist, und was auch die Güte und
Schönheit, äußerlich dargestellt, ausmacht. In dieser Beziehung ist nichts elender, als ein Christentum,
welches sich niemand anpreist. Was auch das Maß der Wahrheit sei, welches wir besitzen können,
ohne die Gnade, welche aus der Gemeinschaft und dem Genuss Gottes stießt, sind alle anderen
Wahrheiten nichts. Sie können uns nicht zur Kraft gegen die Macht und List unseres Widersachers
dienen. Es ist die Verwirklichung der Gemeinschaft mit Jesu, dass wir gegen den Satan stark sind,
sonst ist er stark gegen uns, und er würde uns mit sich fortreißen, wenn wir nicht von Gott, selbst
ungeachtet unseres Mangels an Gemeinschaft, bewahrt blieben.
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Joab konnte ein großer Hauptmann in den Reihen der tapferen Männer Davids sein, auch den David
auf seine Picht aufmerksam zu machen wissen, als dieser sich durch die List Satans verführen ließ
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BdH 1854 Vermischtes
(1. Chr 21,1–3). Doch mangelte Joab oenbar die Gemeinschaft mit David, auch bestand er nicht
mehr während der Regierung Salomos.
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Die Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn bricht mit allem, was nicht in Beziehung mit dem
Vater und dem Sohn steht.
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Der Christ, welcher seine Stellung erkennt, ist nicht ein Mensch, welcher von der Erde den Himmel
anblickt, sondern ein Mensch, der von dem Himmel die Erde anblickt.
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Die Liebe deckt die Fehler anderer; aber sie deckt die Irrtümer auf, oder stellt sie den Urteilen bloß,
welche die Seele verderben können.
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Man kann Liebe für Christus haben und doch in verschiedener Hinsicht ganz des Lichts ermangeln,
um die Wirksamkeit des Feindes zu unterscheiden.
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Wenn jemand Diener in der Kirche ist, muss er nicht wünschen, durch seine Brüder mehr anerkannt
zu werden, als für das, was Christus in Wahrheit in ihm ist. Übrigens genügt es ihm, durch Christus
in seinem Dienst anerkannt zu werden.
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BdH 1854 Abraham und Lot
Abraham und Lot
Der wahre Glaube ist immer mit Verleugnung verbunden. Er schlägt die Dings solange aus, bis sie
ihm Gott gibt. Mag uns noch so viel dargeboten werden, der Glaube bleibt auf Gott gerichtet und
nimmt nur aus seiner Hand. Er hat allein Gott und ruht in Ihm; aber Er hat auch alles und darf alle
anderen Dinge gering achten und ausschlagen.
Abraham war auf Gottes Geheiß ausgezogen. Seine Wanderung war die des Glaubens und des
Gehorsams. Beides ist immer vereint. Er kam in ein Land, was er nicht kannte, in ein Land, was sogar
von Kanaanitern bewohnt war. Allein Gott war mit ihm und das ist genug, selbst inmitten eines
verkehrten und verdrehten Geschlechts. Er baute dem Herrn einen Altar und predigte von seinem
Namen. Der Gläubige weiß sich überall in der Gegenwart Gottes, darum bleibt die Gemeinschaft und
der Dienst ununterbrochen. Es ist ein köstliches Vorrecht, in einer Welt, die nur sich zu verherrlichen
und zu dienen sucht, Gott verherrlichen und dienen zu können. „Wisst ihr nicht, dass ich sein muss,
in dem, was meines Vaters ist.“ Der eingeborene Sohn blieb auch während seines Wandelns auf
Erden stets im Schoß des Vaters (Joh 1,18). „Unsere Gemeinschaft ist mit dem Vater und seinem Sohn
Jesu Christi“ (1. Joh 1,3) Das ist das köstliche Vorrecht aller Kinder Gottes; sie sind von der Welt
abgesondert. Der Christ aber hat auf dieser Erde nichts; sein Heiligtum ist droben, er betet im Geist
und in der Wahrheit Gott an; er betet Ihn an, wie Er ist, und was Er für uns ist.
Abraham war auch im Land Kanaan gesegnet.

 „Er war sehr reich an Vieh, Silber und Gold“ (Kap 13,2). Dieser Reichtum hatte nur darum Wert, weil es eine Gabe Gottes war. Diese Dinge selbst waren irdisch und vergänglich. Der irdische Segen stand in Verbindung mit Kanaan, dem Land der Verheißung.
Die Erben dieses Landes haben an diesen Segnungen Teil. Obgleich die Kanaaniter das Land inne
hatten, so hinderte dies Gott nicht, den Abraham in der Gegenwart zu segnen, und ihm herrliche
Verheißungen zu geben. Der Gläubige, in der Gegenwart gesegnet, erwartet die Erfüllung der
göttlichen Verheißungen. Er genießt die Kraft und den Segen der Dinge, die er hot. Die Welt
hat keine Verheißung, sondern nur ein schreckliches Warten des Gerichts. Sie sättigt sich von ihren
Trabern, die ins Verderben führen; sie hasst Gott und verfolgt sein Volk, weil es Ihn verherrlicht.
Lot war mit Abraham ausgezogen. Obgleich er gläubig war, so war er auf seinem Weg doch mehr
dem Glauben eines anderen gefolgt. Sein Herz war nicht allein auf Gott und seine Verheißungen
gerichtet, sondern verließ sich zugleich auf den Glauben Abrahams, dem er gefolgt war. Jetzt stellten
ihn eingetretene Umstände auf die Probe und er erwählte die Welt. „Da hob Lot die Augen auf
und besäße die ganze Gegend am Jordan. Denn ehe der Herr Sodom und Gomorra verdarb, war
sie wasserreich, bis man gen Zoar kommt, als ein Garten des Herrn, gleich wie Ägyptenland.“ „Da
erwählte sich Lot die ganze Gegend am Jordan und zog gegen Osten“ (V 10–11). Abraham und Lot
konnten nicht länger bei einander wohnen; ihre großen Herden überfüllten das Land und machten
diese Trennung nötig (V 6). Lot wählte darum die Gegend am Jordan, weil sie so wasserreich und
so schön war, und setzte seine Hütten gen Sodom (V 12). Er ahnte nicht die Gerichte Gottes, die
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BdH 1854 Abraham und Lot
ihrer Erfüllung so nahe waren. Mancher erwählt sich diese Welt und ihre Dinge, weil er dies alles für
das Fleisch so angenehm ndet, und denkt nicht daran, wie der Fluch darauf ruht und die sicheren
Gerichte Gottes so nahe bevorstehen.
In Lot haben wir das Bild eines weltlich gesinnten Gläubigen. Er war mit Abraham ausgezogen und
in das Land der Verheißung gekommen. Hier richtete er seinen Blick auf die schöne Erde und nicht
auf Gott; er liebte die Dinge der Welt und ihre Herrlichkeit, und dachte nicht an die Dinge, welche
Gott darreicht; er wellte genießen und sich nicht verleugnen; er wollte besitzen, ehe ihm Gott sein
Besitztum angewiesen hatte. So denkt und handelt der weltlich gesinnte Gläubige immer. Es gefällt
ihm nicht, allein seines Glaubens zu leben und in geduldig er Erwartung auszuharren, bis uns Gott
durch die Erscheinung Jesu Christi in den Vollgenuss und den Besitz der himmlischen Herrlichkeit
einführt. Der Christ soll aber umso mehr die Dinge dieser Welt verleugnen, weil alle seine Segnungen
himmlisch sind und er mit Christus gesegnet ist.
Lot hatte seine Augen auf die schöne und wasserreiche Gegend am Jordan geworfen und sein
Vertrauen darauf gesetzt; aber viele Unannehmlichkeiten verbitterten ihm sein Vertrauen und
seinen Genuss. In dem 14. Kapitel lesen wir, wie er von der Ungerechtigkeit und der Zerstörung
der Weltmacht leidet. „Sie nahmen auch mit sich Lot, Abrahams Bruders Sohn, und seine Habe,
denn er wohnte zu Sodom, und zogen davon“ (V 12). Wir lesen auch im 19. Kapitel, wie er von den
Bewohnern Sodoms selbst zu leiden hatte, wovon Petrus sagt, dass ihm die schändlichen Leute durch
ihren unzüchtigen Lebenswandel alles Leib angetan und ihn Tag für Tag mit ihren ungerechten
Werken gequält hätten (2. Pet 2,7–8). Wo blieb vollends die ganze Herrlichkeit der Gegend, als die
Gerichte Gottes über sie gekommen waren. Nur in großer Eile konnte Lot den Gerichten entiehen
und seine Seele retten.

 Im letzten Augenblicke glaubte er dem ernsten Zeugnisse Gottes, und entoh
einer Gegend, die er sonst so schön und wasserreich gefunden und worauf er sein Vertrauen gesetzt
hatte. Seine Schwiegersöhne glaubten auch jetzt nicht im Angesicht der Gerichte Gottes und er
musste sie dem Verderben überlassen. Sein Weib konnte auf dem Weg die Schönheit der Gegend
nicht vergessen; sie sähe sich um und wurde zur Salzsäule. Er selbst oh in Angst und Furcht; er
war nicht sicher, dass er ohne Unfall den Zuuchtsort erreichen würde. Er verlor alles, was er sich
in dieser Welt erwählt und geliebt hatte. Nichts blieb ihm, als seine zwei Töchter, die noch Ursache
eines Falles für ihn wurden.
Die Führung Lots ist reich an ernster Ermahnung und Warnung für uns. Buhlen wir mit der Welt, so
werden wir durch ihre Sünden und Ungerechtigkeiten immer Schaden leiden. Ihre Gesinnung ist
eine Feindschaft wider Gott. Das Wesen der Welt liegt bei manchen Gläubigen tief verborgen; wo
aber das Herz davon hingenommen ist, wird sich der Friede Gottes nicht völlig oenbaren. Die Welt
vergeht mit ihrer Lust; wer aber den Willen Gottes tut, der bleibt in Ewigkeit. Alle sichtbaren Dinge
verlieren ihren Wert, wenn die Gerichte Gottes darüber kommen. Alles, außer Gott, worauf wir unser
Vertrauen setzen, kann zum Fall werden und uns viel Not und Kummer bereiten. Die Erfahrungen
Lots sind die solcher Gläubigen, die nicht ganz mit sich und der Welt gebrochen haben. Sie kommen
oft in Peinliche Lagen, wo selbst das Licht ihnen zur Dunkelheit wild; sie gehen einher und sprechen:
Gott hat sich uns verborgen! – Es verrät aber große Unwissenheit und Arglist des Herzens, wenn
man solche Erfahrungen für die eines getreuen Gläubigen ausgibt, der sich unverrückt an Gott und
seinen Verheißungen hält. Sind unsere Herzen auf das Sichtbare gerichtet, so werden wir auch den
darauf ruhenden Fluch erfahren; wenn wir nach dem Fleisch leben, werben wir sterben müssen. Die
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Welt, mit allem, was darinnen ist, ist dem Gericht unterworfen. Wer nicht in Gott ruht, ist von der
Welt, und wer von der Welt ausgeht, kehrt in Gott ein. Leben wir mit der Welt, so werden uns ihre
Plagen treen. Der weltlich gesinnte Gläubige ist nicht völlig ausgegangen. Allein um den Gerichten
zu entiehen, muss man aus der Welt ganz ausgegangen und in Gott eingekehrt sein. Es ist besser,
vor den Gerichten aus der Welt auszugehen, als sie abzuwarten. Wenn wir solange warten wollen
bis sie einbrechen, so werden wir alsdann in große Angst und Verwirrung kommen. O möchten
wir uns durch Lots Erfahrungen recht warnen lassen; möchte doch jeder Gläubige aus dieser Welt
ausgehen und sich unbeeckt von ihrem Wesen halten! Nur wenn unsere Herzen in Gott ruhen
und in ausharrender Geduld auf Christus warten, werden wir im Frieden Gottes bleiben und keine
Gerichte zu fürchten haben, vielmehr den vollen Reichtum seiner Herrlichkeit erlangen.
In Abraham nden wir den an die himmlische Berufung Glaubenden, den getreuen Gläubigen, der
im Glauben und Geduld auf die Verheißung wartete und sie ererbte (Heb 6,12). „Er sprach zu Lot:
Lieber, lass nicht Zank sein zwischen mir und dir, und zwischen meinen und deinen Hirten, denn
wir sind Brüder. Steht dir nicht alles Land oen? Lieber, scheide dich doch von mir. Willst du zur
Linken, so will ich zur Rechten; oder willst du zur Rechten, so will ich zur Linken“ (V 8–9). Also
konnte nur ein Herz sprechen, welches auf Gott und seine Verheißungen gerichtet war und sich
daran festhielt. Abraham war überzeugt, dass Gott für seine ihm geschenkten Herden überall, wohin
Er ihn führen möchte, das nötige Futter darreichen würde. Nur der Unglaube verlässt sich auf das
Sichtbare und wo dies mangelt, da ist er ungeduldig und voller Sorgen. Lot ließ sich in einer Gegend
nieder, die ihm der Herr nicht gegeben hatte. Er hatte sie sich selbst erwählt, und zwar darum, weil
sie schön und wasserreich war. Abraham wählte selbst nicht; er ließ sich unterweisen, und unterwarf
sich sogar dem Jüngern, dem dies Land nicht verheißen war. Er wollte das Land nur als ein Erbteil
von Gott dann besitzen, wenn es ihm übergeben wurde. Lot hatte die schönste Gegend in Besitz
genommen und gerade, als sich Lot von Abraham geschieden hatte, sprach der Herr zu Abraham:
„Hebe deine Augen auf, und siehe von der Stätte an, da du wohnst, gegen Mitternacht, gegen den
Mittag, gegen den Morgen und gegen den Abend. Denn alles das Land, das du stehst, will ich dir
geben, und deinem Samen ewiglich. Und ich will deinen Samen machen, wie den Staub auf Erden.
Kann ein Mensch den Staub auf Erden zählen, der wird auch deinen Samen zählen. Darum, so mache
dich auf und ziehe durch das Land, in die Länge und Breite; denn dir will ich es geben. Also erhob
Abraham seine Hütten, kam und wohnte im Hain Mamre, der zu Hebron ist, und baute daselbst
dem Herrn einen Altar“ (V 14–18). Der gläubige Pilger und Fremdling hat auf der Erde nur ein Zelt
und einen Altar und halt dem Herrn Gottesdienst. Lot hatte erwählt, was die Gerichte Gottes bald
verdorbenen, aber Abraham, der jeglichen Besitz, bevor Gott ihn gab, ausschlug, wurde das ganze
Land als Erbteil verheißen.
Der Christ ist hienieden ganz und gar Fremdling. Er dient aber Gott und verherrlicht seinen Namen,
darum wird er von der Welt gehasst und verfolgt. Die Welt denkt nur an ihre Verherrlichung. Unsere
köstliche Berufung bezieht sich auf eine himmlische Herrlichkeit, die wir mit Christus ererben sollen.
Alle unsere Segnungen sind geistlich und himmlisch. Wir genießen sie jetzt schon durch den Glauben
und warten in Geduld, bis wir durch Christus in die himmlische Herrlichkeit eingeführt werden.
Trachtet der Christ nach den Dingen dieser Welt und deren Besitz, so versteht er weder den Charakter
seines Erbteils, noch wartet er, bis Gott ihn in den Besitz seines Erbes einführt. Er will genießen, wo
er entsagen und verleugnen soll. Solange der Christ ein Fremdling auf Erden ist, lebt er des Glaubens
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 Abraham und Lot
und besitzt im Glauben die unsichtbaren Dinge, die man hot; solange er in der Fremde wallt, gilt
für ihn die Ermahnung: „Trachtet nach dem, das droben ist, nicht nach dem, das auf Erden ist“
(Kol 3,2). Die Honung der Herrlichkeit droben gibt uns Kraft und Mut, die Welt und ihre Schönheit
zu verleugnen und zu verachten. Die Hebräer erduldeten den Raub ihrer Güter mit Freuden, weil
sie wussten, dass sie eine bessere und bleibende Habe im Himmel hatten (Heb 10,34). In Hebräer 11
werden uns eine Menge Gläubige aufgezählt, welche bekannten, dass sie Gäste und Fremdlinge auf
Erden waren, und eines bessern, nämlich eines himmlischen Vaterlandes warteten.
Abraham siegte über Lots Feinde; er siegte über die Welt. Der Glaube ist der Sieg, der die Welt
überwunden hat; er handelt stets in der Kraft und Macht Gottes. Der Gläubige scheint der Welt zu
unterliegen; aber er ist Sieger indem er duldet und wird einst mit Christus über die Welt herrschen.
Wo Lot, der sich durch die Schönheit der Welt hatte blenden lassen, unterlag, da siegte Abraham, der
seine Honung allein auf Gott und seine Verheißung gesetzt hatte. In Verbindung mit der Welt und
ihrem Wesen sind wir immer schwach; aber wir siegen in der Kraft Gottes, sobald wir von der Welt
ausgegangen sind. In der Gemeinschaft mit Gott handeln wir immer sicher und mit Erfolg, und wir
überwinden in allem weit; verlassen wir uns aber auf das Sichtbare und sehen aufs Fleisch, so sind
wir immer unsicher und kraftlos.
Lot hatte auf Abraham keine Rücksicht genommen, als er die wasserreiche Gegend wählte; aber
Abraham ist gleich bereit, den Lot zu retten, als er von dessen Gefahr hört. Der Glaube ist stets mit
Demut, Liebe und Teilnahme begleitet. Abraham ist nicht allein bereit, sich zu unterwerfen, als das
Land beider Herden nicht mehr ernähren konnte; er gibt sich auch in Gefahr, um seinen Bruder
und seine Habe zu erretten. Wer eischlich gesinnt ist, unterwirft sich nicht mit willigem Herzen;
er sucht seine Ehre und er besitzt nicht die Liebe, die Ans hot und glaubt, trägt und duldet. Wer
aber geistlich gesinnt ist, denkt nicht an sich selbst, sondern ist immer bereit, in Demut den Anderen
höher zu achten und ihm zu dienen.
Abraham schlug die Dinge aus, welche die Welt gibt. Er sprach zu dem König von Sodom, der ihm alle
Güter angeboten hatte: „Ich hebe meine Hände auf zu dem Herrn, dem höchsten Gott, der Himmel
und Erde besitzt, dass ich von allem, das dein ist, nicht einen Faden noch einen Schuhriemen nehmen
will, dass du nicht sagst, du hast Abraham reich gemacht“ (Kap 14,22–23). Es sollte alle Ehre dem
Herrn bleiben. Abraham wollte nur besitzen, was der Herr ihm darreichte und sich nicht durch die
Welt bereichern. Der Glaube denkt allein an die Verherrlichung Gottes. Er verleugnet alle Dinge,
sobald die Ehre Gottes dabei in Frage kommt. Sein Reichtum ist in Gott, oenbart in Christus Jesus,
der sein Besitztum mit uns teilt.
Wir haben gesehen, welche Verlegenheit und Verwirrung dem Lot seine Wahl bereitet hat. Abraham
blieb von diesem allem verschont, weil er im Glauben sich an Gott und seiner Verheißung hielt.
Selbst blieb er von dem Gericht Gottes über Sodom und Gomorra unberührt, weil er sich nicht durch
die Schönheit hatte blenden lassen, dort zu wohnen. Er wandelte vor Gott und Gott oenbarte ihm,
wie nahe Er ihm war. Er sprach: „Wie kann ich Abraham verbergen, was ich tue“ (Kap 18,17). Er
oenbarte ihm das so nahe bevorstehende Gericht über Sodom und Gomorra. Dies brachte ihn aber
weder in Verwirrung noch in Furcht. Während Lot mit Angst aus Sodom entieht und seiner Freistadt
zu eilt, steht Abraham vor dem Herrn und unterhält sich mit Ihm, über die beiden Städte.
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BdH 1854 Abraham und Lot
Sind wir von der Welt ausgegangen, bevor die Gerichte Gottes kommen, so werden wir nichts
fürchten und wir werden auch unberührt von ihnen bleiben. Wer das Wort seiner Geduld bewahrt,
soll auch vor der großen Versuchung bewahrt bleiben, die über den ganzen Erdkreis kommen soll.
Wandeln wir in der Gegenwart und Gemeinschaft Gottes, so werden wir selbst dann noch ruhig und
mit Zuversicht in seiner Gegenwart sein, wenn die Welt zittert und voll Angst und Verwirrung ist.
Wenn auch alle Gläubige vor den Gerichten Gottes bewahrt bleiben, so sehen wir in Abraham und
Lot, dass es besser ist, nicht in der Welt zu bleiben und die Gerichte abzuwarten, sondern auszugehen,
bevor die Oenbarung derselben stattndet. In Gott sind wir zu jeder Fett und vor jedem Gericht
sicher; darum lasst uns durch den gläubigen Abraham ermahnt sein, durch den Glauben an Gott
und durch eine lebendige Honung an unserer himmlischen Berufung festzuhalten, wir werden
alsdann als Sieger der Welt immer dastehen; wir werden Gott verherrlichen in einer Welt, die nur
sich zu verherrlichen sucht, und werden von den Gerichten Gottes über diese Welt ganz unberührt
bleiben. Möchten wir in Lot gewarnt sein, uns nie durch die Schönheit dieser Welt täuschen zu lassen,
welche durch ihr wachsendes Verderben, so schnell ihrem nahe bevorstehenden Gerichte entgegen
reist. Gott gebe uns erleuchtete Augen und halte unsere Herzen unverrückt auf Christus und unsere
himmlische Berufung gerichtet.

Die Welt und die Kirche Teil 4/5
Autor: John Nelson Darby
Vers 1–6. Wir sahen das Gericht Babylons von Seiten Gottes, und dasjenige des Tieres und des
falschen Propheten, von Seiten Jesu. Jetzt nden wir das Gericht, welches auf Satan fällt, die Quelle,
Macht und Kraft aller dieser Sünde. Das Herz des Menschen war das Erdreich, worauf alles dieses
gesät war. Satan jedoch war der Urheber davon.
Vers 1–3. Die Tatsache, dass Satan gebunden werden wird, ist von größter Wichtigkeit. Man kann sich
schwerlich einen Begri machen von dem Unterschiede, welcher für die Welt daraus entstehen wird;
wir haben hierfür einen zu kleinen Begri von der Verdorbenheit des listigen, und bösen Herzen
des Menschen und von der Macht Satans. Einer der hauptsächlichsten Charakter der zukünftigen
Haushaltung ist der, dass Satan gebunden ist; ein ganz neuer Zustand für die Welt. Als boshaftiger
Verführer ist Satan die Schlange; als Machthaber ist er der Drache; als Widersacher hat er den Namen
Satan; als Ankläger ist er der Teufel. Satan hatte Adam die ganze Schöpfung entrissen, und dadurch
auch Gott. Adam, als Bild dessen, der kommen sollte, war im Besitz der ganzen Erde. Satan verführt
ihn. Eva und Adam fallen, und die ganze Schöpfung ist mit ihnen gefallen. Adam war das Glied
der Kette, welches Gott mit der Schöpfung zusammenband. Das Glied bricht, alles fällt, alles ist
in seinem Handle zerstört und von Gott getrennt, und Satan wird Fürst dieser Welt. Gott kommt
auf verschiedene Weise dazwischen, unter anderem durch die Sintut; dem ungeachtet versenkt
sich alsdann die Welt in die Abgötterei und fallt dadurch mehr als je in die Macht Satans. Denn in
der Schrift ist von einem Götzendienst vor der Sintut nichts gesagt. Der Mensch als Mensch hat
Satan angebetet, und betet ihn an vielen Orten an. Die Philosophen des Altertums haben ihn selbst
angebetet, nicht weniger als die Götzendiener unserer Tage. In der Weisheit Gottes ist bewiesen
worden, dass der Mensch durch seine Weisheit Gott nicht erkenne, und das ist es, wohin ihn seine
Weisheit geführt hat (1. Kor 1,21).
Um jegliche Abgötterei zu vertreiben, hat Gott eine Nation ausgeschieden, ihr seine Herrlichkeit
oenbart, mit ihr geredet, und sich ihr zu erkennen gegeben. Dem ungeachtet, ehe Moses wieder
vom Berg heruntergestiegen war, hatte Israel das goldene Kalb gemacht, und war somit die Macht
des Satans eingetreten, der Schranken unbeachtet, welche Gott um sein Volk setzte.
Gott sandte nachher seinen Sohn, den zweiten Adam, obgleich noch nicht als solcher oenbart.
Christus, der zweite Adam, ward erst nach seiner Auferstehung der Vater des geistlichen Geschlechts,
wie Adam, auf der anderen Seite, erst nach seinem Fall der Vater des gefallenen Geschlechts wurde.
Satan wendet sich auch an Jesus, der vom heiligen Geist in die Wüste geführt wurde, um versucht
zu werden, aber umsonst. Nachdem Jesus den Starten gebunden hatte, verjagt Er die Teufel, zu
gleicher Zeit zeigend, welche Macht Satan auf die Besessenen ausübte. Um zu zeigen, dass nicht die
Ungerechtigkeit des Menschen Teufel genannt wird, wirft sich die Legion in die Schweine und wirkt
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BdH 1854 Die Welt und die Kirche Teil 4/5
in diesen Tieren. Die Teufel baten, nicht in den Abgrund zurückgeschickt zu werden, da die Zeit noch
nicht gekommen war. Da Satan sähe, dass er gegen Jesus nichts mehr vermochte, ihn zu verführen
oder zu vernichten, regte er die Welt gegen Ihn aus. Und da Jesus sich zum Bürgen unserer Sünden
gemacht hat, gebrauchte Satan, welcher die Macht des Todes besitzt, dieses Recht des Todes gegen
Jesus, welcher für uns zur Sünde gemacht wurde. Alles, was der Mensch war, ist zu Gründe gerichtet
und unter dem Tobe; und in der Auferstehung Jesu ndet sich der Sieg und der Beweis des Gerichts
des Fürsten dieser Welt.
Indessen war die Zeit zur Ausführung des Gerichts noch nicht gekommen, und Satan bleibt noch in
den himmlischen Örtern; nicht in dem Himmel, in welchem Gott wohnt, aber in den geschaenen
Himmeln. Der Tod Jesu hat ihn nicht daraus verjagt. Jedenfalls, als in dem Namen Jesu die Jünger die
Teufel aus der Schöpfung verjagten, sagt Jesus: „Ich sah Satan vom Himmel fallen, wie ein Blitz.“ Er
sieht den Fall Satans zum Voraus, durch die Macht dieses Jesus–Namens. Jetzt wirkt Satan noch in
der Schöpfung, wie das Beispiel Hiobs es uns zeigt. Jetzt, ist Jesus abwesend in dem Himmel. Satan,
noch nicht gebunden, versucht und prüft den Menschen, und der Mensch fällt. Er beschäftigt sich
mit der Kirche, sät darin das Unkraut, und verdorben das Werk Gottes auf der Erde. Für den Himmel
kann er es nicht verderben.
In der Zusammenfassung dessen, was Satan auf der Erde vollzieht, sehen wir, wie er alles verdorben,
bis er gebunden ist. Gott, in Wahrheit, bewahrt die Getreuen; dem ungeachtet ist Satan in der Welt
und verdorben darin das Werk Gottes; und wenn unser Heil von der Verantwortlichkeit der Menschen
abhinge, dann wäre kein Heil für uns.
Die Weltmenschen machen sich keinen Begri von der Art, wie Satan das Herz verblendet. Ehe
Gott ihm die Strafe auferlegt, gibt Satan schon einen kräftigen Irrtum, damit die Menschen der Lüge
glauben. Seit dem Anfang bis zum Zeitpunkt, wohin uns dieses 20. Kapitel der Oenbarung führt,
ist alles, was Gott auf der Erde, in der Welt und in der Kirche schuf, durch Satan verdorben worden.
Satan hat Einuss auf die Welt; er verblendet so die Heiden, wie die verchristlichte Welt. Ach leider
verblendet er auch die Kinder Gottes, in Betre ihres Erbes und der Wiederkunft Jesu. Satan will
der Kirche diese Wahrheit rauben und will sie sagen machen: „Der Herr zögert zu kommen.“ Er will
nicht, dass man glaube, dass sein Reich bald zerstört werde.
Wir haben im 12. Kapitel Satan aus dem Himmel verjagt gesehen. Er wird nie mehr dahin
zurückkehren. Er fällt auf die Erde und regt da den Antichrist gegen Christus auf. Dann steigt
Christus vom Himmel, vernichtet das Tier und den falschen Propheten, und bindet Satan selbst.
Alles, was Satan über den ersten Menschen gebracht hat, verschwindet. Die Schöpfung, hört auf,
unter seiner Herrschaft zu stehen, und der Mensch, dem Reich Satans entzogen, geht in das Reich
Jesu über. Im Herzen der Menschen kann noch Böses bleiben, aber Satan ist von der Weltbühne
verbannt. Der Richter, der zweite Adam steigt vom Himmel hernieder zufolge des Sieges, welchen
er bei der Auferstehung schon davon trug. Dieses ist roch nicht der Zustand der Ewigkeit. Es sind
Dinge, welche auf der Erde oenbart sind, wo Jesus regieren wird, nachdem er Satan gebunden, und
die Schöpfung von dem Dienst der Verderbnis befreit haben wird.
Warum Satan nicht sogleich binden? Weil die Schöpfung auf die Oenbarung der Kinder Gottes
harrt (Röm 8,19). Christus kann sich in der Herrlichkeit und im Gericht nicht oenbaren, noch die
Welt befreien, ehe er die Kirche befreit und auferweckt hat, und ohne dass das Gericht der Kirche
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BdH 1854 Die Welt und die Kirche Teil 4/5
gegeben werde, so gut als Christus. „Wisst ihr nicht, dass die Heiligen die Welt richten werden?“
(1. Kor 6,2) Und Daniel sagt (Kap 7,22), dass der Alte der Tage kommt, und das Gericht den Heiligen
des Höchsten gegeben ist. Darum ist es, dass die Schöpfung dieser Welt noch nicht befreit ist von
dem Dienst des Verderbens. Die auferstandene Kirche muss die Welt mit Christus richten.
Die zukünftige Welt muss auch der Prüfung unterworfen sein. Während der ganzen Dauer des
Reiches Christi geschieht dieses nicht, nur am Ende dieses Reiches, wenn Satan aus dem Abgrund
steigt. Dann, wie immer, füllt der Mensch unmittelbar nachher.
Während Satan gebunden ist, gibt es keine Verführung; auch wird da weder Kampf, noch Leiden
noch Sieg sein. Gott erlaubt, dass diese Dinge jetzt stattnden, auf dass wir die Herrlichkeit haben.
Die ganz gewöhnlichsten Vorschriften des Evangeliums setzen die Überlegenheit des Feindes voraus,
hinsichtlich dieser Welt und befehlen, dem Übel nicht Widerstand zu leisten; sie setzen daher einen
Zustand des Leidens voraus. Wenn die Welt wirklich christlich wäre, würden diese Gebote nicht
anwendbar sein, weil nichts zu leiden wäre.
Vers 4–6. Hier sind Throne. Daniel sagt (Kap 7,9) „Ich sah, bis die Stühle aufgestellt wurden.“ Daniel
sieht nur Stühle; hier sehen wir diejenigen, welche darauf sitzen. Gegenwärtig hat man zu leiden,
dann werden wir mit Christus herrschen (O 3,21). „Die Herrlichkeit, die du mir gegeben hast, ich
habe sie ihnen gegeben“ (Joh 17,22). Die Welt wird diese Herrlichkeit scheu, und wird wissen, dass
wir geliebt wurden, wie Christus geliebt wurde. Wenn Christus auf dem Thron seiner Herrlichkeit
sitzen wird, werden wir auf Thronen sitzen. Dieses Reich der Vermittlung, in welchem Christus auf
dem Thron sitzt, wird am Ende Gott dem Vater übergeben werden (1. Kor 15,24).
Die Enthaupteten sind diejenigen, welche unter dem Tier oder anderswo ihres Zeugnisses wegen
gelitten haben während dem Lauf der Ereignisse, welche wir in der Oenbarung gesehen haben.
Außer denjenigen, welche auf Thronen sitzen, und außer den Enthaupteten bemerkt man hier eine
dritte Klasse, diejenigen, welche das Mahlzeichen des Tieres nicht angenommen haben. Eine negative
Treue, das ist wahr, aber sie ist nicht vergessen.
Diese drei Klassen, diejenigen, welche auf Thronen sitzen, die Enthaupteten und diejenigen, welche
das Mahlzeichen des Tieres nicht angenommen haben, haben gleich Teil an der ersten Auferstehung,
welche der Auferstehung der Toten, die in ihren Sünden starben, um tausend Jahre vorangeht.
Wir sehen also hier Satan gebunden, Jesus ans der Erde regierend, und die Getreuen mit Jesu selbst
regierend. Es ist wichtig, wohl zu verstehen, dass Satan jedes Werk Gottes auf der Erde verdorben,
dass in Wahrheit der Tod Jesu den Satan aus dem Gewissen verjagt aber nicht aus dem Himmel. Die
Macht Christi zerstört die Macht Satans; diese Macht aber wird nie so sehr oenbar werden, als in
der Person des Antichrists. Wir aber haben zu kämpfen, bis dass Satan aus dem Himmel verjagt sein
wird.
Kapitel 20,6. Vom Vers 4 bis zum Vers 10 haben wir das Ganze der tausend Jahre. Es ist das Reich
Christi mit seinen Heiligen, welche regieren, und Satan ist gebunden.
Der ganze Zustand der Welt hängt von diesen zwei Dingen ab: Die Herrschaft Christi und das
Gefängnis Satans. Gegenwärtig im Gegenteil ist Christus verborgen und Satan losgelassen und wirkt.

Das Reich, von welchem hier die Rede ist, ist so deutlich und wirklich, dass diejenigen, welche 
          

Die Welt und die Kirche Teil 4/5
im Himmel sind, sagen: „Wir werden auf der Erde regieren“ (O 5,10). Sie haben eine Macht vom
Himmel und werden nach dieser Macht auf der Erde regieren. Das Ziel der Ratschlüsse Gottes ist die
Verherrlichung Jesu. Alles, in der Schrift und in den Wegen Gottes, ist auf dieses Ziel geleitet, ohne
dies kann man das Verständnis der Schrift nicht haben. Der Gegenstand Gottes ist Christus. Gott hat
gewollt, dass sein ganzes Wesen handgreiich oenbart würde, und diese Oenbarung ndet in Jesu
statt. „Niemand hat Gott gesehen. Der Sohn hat es uns oenbart.“ Gott, im Fleisch oenbart, hat sich
uns zu erkennen gegeben. Von den Engeln ist Gott nur durch die Oenbarung Gottes in der Person
Christi gesehen. Die Erkenntnis Gottes in Jesu gibt dem einfältigsten Christen Verständnis. Gott hat
sich dem Menschen oenbart, so wie Er ist, und hat sich ihm gleich gemacht. Die Einfältigen können
Ihn begreifen und verstehen. Er verbirgt diese Dinge den Weisen und Verständigen. Jesus ist der
Zweck und der Gedanke aller Ratschlüsse Gottes.

Diese Herrlichkeit, welche Gott Christus gegeben hat, oenbart Gott in Jesu als Mensch in der
Schöpfung. Jesus hat alles geschaen. Er hat ein Recht auf die Schöpfung; und diese kann nur unter
Jesu und während seinem Reich gesegnet sein. Gott wollte, dass alle Dinge dem Menschen untertan
seien. Adam war das Haupt der Schöpfung; er ist gefallen und alles ist mit ihm und in ihm gefallen.
Satan trug den Sieg davon über Adam und alles ist unter die Macht Satans gefallen, welcher die Welt mit Unheil erfüllt, und welcher durch die Leidenschaften der Menschen regiert.

Es handeltsich in den Ratschlüssen Gottes nicht allein um dies Heil,sondern um die Wiederherstellung aller Dinge. Gott stellt alle Dinge und den Menschen wieder her, indem Er Jesus, den zweiten Adam, in die Welt einführt.

Die Menschenkinder sind deswegen nicht verlassen. Gott vereint die Kirche mit dem zweiten Adam und diejenigen, welche gerettet werden, sind es durch ihre Verbindung selbst mit dem zweiten, Adam. Die ganze Schöpfung el in der Person des ersten Adams, und der zweite Adam ist es, welcher der Gegenstand aller Ratschlüsse Gottes wird. Gott stellt den ersten Adam nicht
wieder her, Er führt einen zweiten ein und eint ihm alle Erkauften.

„Das Wort ward Fleisch.“ Gott ist Mensch geworden, auf dass alle Dinge dem Menschen untertan
würden; und dieser Mensch, es ist Jesus (Heb 2; Ps 8; 1. Kor 15; Eph 1). Der Mensch Jesus ist über alle Dinge gesetzt. Der erste Adam und der zweite Adam können nicht zusammen bestehen. Es ist unmöglich, dass Christus und Satan, beide zu gleicher Zeit Fürsten dieser Welt seien. Christus sitzt noch nicht auf seinem eignen Thron, Er ist auf dem Thron des Vaters (O 3,21). Gegenwärtig ist es die Gegenwart des Geistes Christi in den Herzen, welche ihre Treu e bewirkt. Soll Christus als zweiter Adam herrschen, so muss Satan gebunden sein.

Die Frage ist nicht, zu wissen, ob das Reich Christi ein geistiges oder persönliches sei, denn der
Heilige Geist verlässt uns nicht, und deswegen ist dieses Reich geistig eben sowohl, als persönlich.

Apostelgeschichte 3,19–21. Das, wovon die Propheten geredet haben, ist die Wiederherstellung aller Dinge. Der Himmel muss Jesus Christus aufnehmen, bis zu den Zeiten der Wiederherstellung aller Dinge und bis zu den Zeiten der Erquickung. Christus ist es, welcher als Mensch regieren soll.

Jesus ist überdies noch mit dem Gericht bekleidet. Er richtet, weil Er der Menschensohn ist (Joh 5,27). Die Versprechungen, welche dem zweiten Adam gemacht worden, die Erwartung des Bräutigams, das Gericht, alles bezieht sich persönlich auf den Menschensohn. Jesus ist es, in Person. Alles dies knüpft sich an die Herrlichkeit Christi. Man kann in Nichts, was es auch sei, in der Wahrheit stehen, sobald man sich von der Person des Menschensohnes entfernt. Der Heilige Geist kann nicht anders wirken, als um den Herrn Jesus zu verklären und zu verherrlichen.
Das tausendjährige Reich ist eine Belohnung. Man wagt es, manchmal zu sagen, dass es Grundsätze
sind, welche regieren werden, dass es sich um eine Auferstehung von Grundsätzen handelt. Aber es
ist gesagt, dass sie mit Christus regieren werden, aber ich kann nicht Grundsätze und eine Person
vermengen. Leiden wir, so werden wir regieren; wir sind nicht Grundsätze. Wann wir leiden, soll es
sein, damit die Grundsätze regieren? und das wäre eine sonderbare Belohnung für mich, zu sagen,
dass meine Grundsätze taufend Jahre Legieren werden!!

Der Apostel spricht von der ersten Auferstehung, als ob die ganze Welt wüsste, dass es zwei
Auferstehungen gibt. Im Wort Gottes ist immer von zwei Auferstehungen die Rede, und niemals von einer allgemeinen Auferstehung, wovon man weder den Ausdruck noch den Gedanken ndet. Gott
vermengt nicht also die Gerechten und die Ungerechten, und in nichts sind diese mehr als in der
Auferstehung getrennt. In der Welt sind sie untermengt und gemischt, die Auferstehung aller trennt
sie. Es gibt eine Auferstehung aus den Toten, und bei dieser Auferstehung also gibt es Tote, welche
auferstehen, und andere, welche nicht auferstehen.
Wie können Grundsätze Priester sein? Dies ist ein Unsinn. Diejenigen, welche regieren, werden
Priester sein. Er hat uns gewaschen, uns geliebt, und zu Königen und Priestern gemacht. Grundsätze
kann man weder waschen, noch Priester daraus machen. Nimmt man die Person Jesu und die Personen
der Heiligen in der Herrlichkeit weg, so schneidet man die Wurzel aller Neigungen ab, und man hat
ein tausendjähriges Reich ohne Christus und Neigungen.

Die erste Auferstehung und die zweite oenbaren die Herrlichkeit Christi aus zwei sehr verschiedene
Weisen. Die Kirche verherrlicht den Herrn, indem sie mit Ihm ist, und Ihm dient. Jesus wird im
Gericht der Bösen verherrlicht, welche, gegen ihren Willen, erkennen werden, dass Er der Herr sei.
Und deswegen wird die Auferstehung der Gerechten der Gipfel ihres Lebens und ihrer Herrlichkeit
sein.

Die Lebensmacht Christi wird ihren Leibern mitgeteilt, während die Auferstehung der Gottlosen eine
Auferstehung des Gerichts und nicht des Lebens ist. Die Auferstehung des Lebens gehört keineswegs
den Gottlosen an. „Er wird unsere sterblichen Leiber auferwecken durch seinen in uns wohnenden
Geist“ (Röm 8,11). Das Leben Christi und der Geist Christi sind nicht in den Bösen. Also ist die
Ursache der Auferstehung der Gerechten nicht in den Gottlosen. Durch die Auferstehung sind die
Gerechten dem Bild Jesu Christi ähnlich gemacht (Joh 5,25). In Lukas 14,14 sagt der Herr Jesu: „Es wird
dir vergolten weiden bei der Auferstehung der Gerechten.“ Wenn alle zu gleicher Zeit auferstehen
würden, könnte man weder diese Sprache führen, noch diejenige von Jesu in Lukas 20,35, wo Er
spricht: „Die aber gewürdigt werdet zu jener Welt zu gelangen und zur Auferstehung von den Toten;“
denn, wenn alle zugleich auferstehen, so kann es nicht geschehen, dass es welche gibt, welche der
Auferstehung gewürdigt werden. Dies sät die Auferstehung der Gerechten. Die Auferstehung der
Gottlosen ist zum Gericht. Sie ist nicht gleichzeitig mit derjenigen der Gerechten. Sollen die Gerechten
regieren, so müssen sie auferstanden sein. Sie werden das Bild des Himmlischen tragen. „Wir werden
Ihm gleich sein, denn wir werden Ihn sehen, wie Er ist“ (1. Joh 3,2).

Die Welt und die Kirche Teil 4/5
In 1. Korinther 15,23 lesen wir: „Ein jeglicher aber in seiner Ordnung, als Erstling Christus; sodann
die, so Christus angehören, bei seiner Zukunft.“ Die Idee von einer allgemeinen Auferstehung kommt
durch Menschensatzungen, und daher, dass man das vollkommene Heil der Kirche aus dem Gesicht
verloren hat. Die, welche geglaubt haben, sind schon gerechtfertigt, und sie haben Teil an der
Auferstehung der Gerechten, welche sie auf die höchste Stufe ihrer Herrlichkeit und ihres Glücks
setzt (1. Thes 4,13–17). Die Entschlafenen in Jesu werden auferstehen und die Lebenden werden
hinweg gerückt werden.

Es liegt ein unermessliches Glück in dem Gedanken, dass wir dem Bild Jesu ähnlich sein werden,
und dass wir dasselbe Teil haben werden, wie Er. Würden wir nicht von Gott bewahrt, der Anblick
selbst der Herrlichkeit Jesu würde uns nicht verhindern können, in die Hände Satans zu fallen. Möge
dies uns ermutigen und uns demütig machen.

Kapitel 20,5–17. Die Verse 7 und 8 enthalten ein ebenso demütigendes als wichtiges Ereignis.
Unmöglich ist es, dass der Mensch, in welcher Lage er auch sei, nicht falle, wenn er sich selbst
überlassen ist, und wenn er nicht ein ihm von Gott mitgeteiltes Leben besitzt. Selbst wenn Jesus in
Herrlichkeit oenbart ist, verändert dies das Herz nicht. Diese Veränderung ist ein Werk der Gnade.
Vom Augenblick an, wo selbst diejenigen, welche die Herrlichkeit gesehen haben, nicht mehr vor der
Versuchung bewahrt sind durch die Macht Gottes selbst, und vom Augenblick, wo sie der Versuchung
unterworfen sind, fallen sie, und alsobald macht Satan aus ihnen seine Sklaven. Satan, losgebunden,
steigt aus dem Abgrund, kommt auf die Erde, nicht in den Himmel, wohin er nicht mehr eingeht.
Von der Erde verjagt wird Satan in den Feuer– und Schwefelpfuhl geworfen werben, worin das Tier
und der falsche Prophet seit dem Anfang des tausendjährigen Reiches sind, und niemals wird er
wieder daraus hervorgehen. Hierin haben wir den Beweis, dass das Gericht der Gottlosen nicht bei
der Ankunft Christi stattnden wird. Wenn der große, weiße Thron da ist, dann ieht die Erde, und
es ist nicht die Wiederkunft Jesu.

In der jetzigen Haushaltung wendet sich Gott zu den Heiden, um daraus ein Volk nach seinem Namen
zu machen; (Apg 15,14) ein von der Welt verworfenes Volk, welches dem Zug dieser Welt nicht folgt.
Satan widersetzt sich diesem Volk, mit welchem der Heilige Geist ist, und welches zum Voraus etwas
von der Herrlichkeit und von der Freude genießt, welche dein Volk Gottes gehören. Daraus geht
hervor, dass dieses Volk abgesondert ist, und dass, wenn es, sei es auch nur wenig, in die Wege der
Welt eingeht, seinem Zeugnis fehlt. – Schon in Abraham schied sich Gott aus dieser Welt ein Volk
aus, und ließ es in der Welt. Israel war auf eine nationale Weise von der Welt geschieden. Ein Israelit
konnte keine Heidin heiraten. Diese Absonderung war nach dem Fleisch und nicht das Resultat des
Glaubens.

In der Kirche ist es der persönliche Glaube, welcher die Absonderung bewirkt. Alle Lehren des
Evangeliums setzen einen Zustand der Verfolgung voraus (Mt 5,38–48; Kap 20,16). Alles sitzt
Widerstand voraus. Der Geist Christi oenbart sich in uns in Mitten des Widerstandes; gäbe es
eine christliche Welt, so würden die Lehren des Evangeliums keine Anwendung nden. Während der
lausend Jahre ist es das Gegenteil. Jesus wird der Fürst dieser Welt sein, deren Fürst heute Satan ist.
Heute „werden alle, welche wollen gottselig leben in Christus Jesus, verfolgt werden“ (2. Tim 3,12).
Wir sind berufen zu leiden, und wenn die Welt wahrhaft christlich würde, wären wir berufen, mit
dem Stroms zu schwimmen, statt gegen ihn.

Die Welt und die Kirche Teil 4/5
Wenn Satan gebunden sein wird, dann wird dies alles verändert sein, und dieser Widerstand der Welt
wird aufhören. Der Herr Jesus wird in Gerechtigkeit regieren; und es werden keine Versuchungen
sein, und die Massen werden in der Tat von Ihm regiert werden. Wenn dieses in der gegenwärtigen
Haushaltung geschähe, würden alle Lehren des Evangeliums unnötig und Nebenwerk sein. Unter
der Regierung Christi wird man die Kirche, welche schon gelitten hat, verherrlicht sehen, und die
Welt gesegnet, ohne Versuchungen Satans, in Frieden und unter der Herrschaft des Menschensohnes.
Daraus folgt nicht, dass jede Seele auf der Erde dann bekehrt sei.

Wenn das tausendjährige Reich ein geistiges Reich wäre, so würde es nicht möglich sein, dass Satan
alle diejenigen verführen könnte, welche ja dann das Leben Christi in sich haben würden. Statt
dessen ist es eine Regierung ohne Versuchungen; und wenn Satan losgebunden ist, zieht er den
Menschen fort, der Herrlichkeit Jesu ungeachtet; und dies ist die Endprobe, welche beweist, wie
unmöglich es ist, dass Gott seiner Kreatur vertraue (Joh 2,24). Wir sind berufen, uns der Treue Gottes
anzuvertrauen, weil wir gelernt haben, dass Gott nicht der unseren trauen kann.
Es wäre außerordentlich in den Wegen Gottes, wenn in irgend einer Haushaltung der Mensch der
Prüfung und der Versuchung nicht unterworfen würde. Die des tausendjährigen Reiches müssen
versucht werden wie die Anderen. Die Folge davon ist dieselbe, der Mensch fällt. Die Gegenwart
Christi selbst hindert ihn nicht daran; und das Herz ist so unverbesserlich schlecht und böse, dass es
in Gegenwart Jesu noch seinen Lüsten und Begierden fröhnt, statt Jesu zu gefallen. 

Der unschuldige Mensch ist gefallen; wie viel mehr noch derjenige, der es nicht mehr ist. Solange die Herrlichkeit Jesu
oenbart ist, kann die Empörung nicht verborgen bleiben. Man kann die Herrlichkeit Jesu sehen,
davon überzeugt sein und sich ihr widersetzen. Den auferweckten Lazarus wollen die Juden töten mit
Jesu, wegen des Zeugnisses der Macht Christi. Wenn das Herz des Menschen nicht belehrt, erneuert
und von Gott bewahrt ist, ist es zu allem fähig.

Vers 9 und 10. Sie wollen den Krieg den Heiligen und der geliebten Stadt Gottes machen. Zu dieser
Zeit wird die ganze Welt die Sphäre der Gerichte und der Prophezeiung sein. Bei den Juden sind
die Verheißungen und die Wege Gottes auf das Land Kanaan begrenzt, welches auch einfach Erde
genannt wird. – Später erweitert sich diese Sphäre, und die vier Monarchien, dann die Christenheit
werden die prophetische Erde. Jesus wird auf der ganzen bewohnten Erde herrschen, und die
Prophezeiung erstreckt sich dann zu nahe auf ihre ganze Oberäche. Wenn dann Christus oenbart
ist in Herrlichkeit, und sich die Welt dem Volk Gottes widersetzt, so ist sich nicht zu verwundern,
dass dasselbe jetzt geschieht, wo Christus verborgen ist. – Das Gegenteil denken, hieße sich täuschen.
Um die Herrlichkeit Christi in der Kirche zu begreifen, muss die Kirche von der Welt abgesondert
sein; vermischt sie sich mit der Welt, so verdirbt dies nur die Kirche und die Christen. Die Welt nähert
sich nie den Christen, sie kann es nicht, denn ihre Natur erlaubt es nicht; die Christen aber konnten,
zu ihrem Schaden, sich der Welt nähern, weil der alte Mensch noch bei ihnen ist.
Vers 10. Das Tier und derfalsche Prophetsind im Feuerpfuhlseit dem Gericht der Erde. Gegenwärtig ist
Satan nicht im Feuer– und Schwefelpfuhl. Er herrscht in Wirtshäusern, auf Bällen, in Konzerten, und er
leitet die Herzen der Menschen, indem er ihnen Dinge vorhält, die ihren Begierden schmeicheln. Wenn
Satan im Feuerpfuhl ist, so wird er darin nicht herrschen, sondern das allerelendeste Wesen sein. Im
Anfang des tausendjährigen Reiches wird das Tier und der falsche Prophet lebendig hineingeworfen;

Die Welt und die Kirche Teil 4/5
Satan ist nur gebunden im Abgrund, von wo er hinauskommen soll, um den Menschen wieder zu
versuchen. Solange Satan in himmlischen Örtern ist, ist er der Fürst der Welt, wo Götzendienst, ein Babylon, und
dieser geheime Einuss ist, welcher das Herz des Menschen trügt in dem Gerade, ihm ein Stück Holz
für einen Gott vorzuhalten. Dieses sind die Wirkungen der Betrügereien des Feindes. Woran ist jetzt
der größte Teil des menschlichen Geschlechts? Er ist in die Abgötterei versunken. Die Zivilisation
hebt den Menschen nicht heraus. Die Volker des Altertums, deren Zivilisation auf uns übertragen
worden ist, sind durch dieselbe nicht aus der Abgötterei herausgekommen; und die erleuchtetsten
Menschen unterwerfen sich Dingen, welche ihre Vernunft verwirft, weil sie unter dem Einuss
Satans stehen. Wenn Satan aus dem Abgrund herausgekommen sein wird, kann er diesen Einuss
nicht mehr ausüben, weil er nicht mehr in den Himmel steigen, und sich den Menschen als Gott
ausgeben kann. Er kann sie nur zu einer oenen Empörung treiben.

Vers 11–15. Nachdem Satan auf die Seite gesetzt ist, kommt hier das Gericht der Toten. Das Gericht
des großen, weißen Thrones geht nur die Toten an. Dann ndet die Auferstehung des Gerichts statt.
Die Auferstehung zum Leben ndet nur für diejenigen statt, welche regieren sollen. Die Wirkung des
Gerichtes wird sein: „Vor deinem Angesicht ist kein Lebendiger gerecht“ (Ps 113,2). Nur diejenigen,
welche das Leben Christi in sich haben, entgehen dem Feuer– und Schwefelpfuhl. Nach seinen
Werken gerichtet werden, heißt verdammt sein.

Das, was beweist, dass es sich hier nicht um die Wiederkunft Christi handelt, ist, dass der Ort des
großen, weißen Thrones nicht bestimmt ist, während Apostelgeschichte 1,11 die Wiederkunft Christi
auf der Erde ankündigt, und Sacharja 14,4 Ihn uns auf dem Ölberg zeigt. Auf diesem Berg war Er von
seinen Jüngern erhoben, und auf diesem Berg ist es, worauf Er seine Fußsohlen von neuem setzen
wird. Dies ist durchaus nicht der große, weiße Thron. Wenn dieser erscheint, entiehen vor ihm
Himmel und Erde. Dieses heißt nicht, auf die Erde zurück kommen. Die Toten erscheinen vor ihm.
Für das Gericht der Lebendigen muss er dahin kommen, wo die Lebendigen sich benden. Für den
gegenwärtigen Himmel und die gegenwärtige Erde ist es das Ende.

Gedanken zu Hebräer 11,11–19
Autor: John Nelson Darby
Nach den großen Zügen des Glaubens, vorgestellt in dem Opfer Abels, dem Leben Enochs und der
Erkenntnis der Zukunft in Noah, sehen wir Abraham die Stadt erwarten, welche einen festen Grund
hat, weil nur die gänzliche Erfüllung der Gedanken Gottes der Erwartung des Glaubens genügen
kann.

Wir sehen hier und anderswo in diesem Kapitel, dass es eins der Charaktere des Glaubens ist, auf
Gott zu rechnen, nicht ungeachtet der Hindernisse, sondern ungeachtet der Unmöglichkeit.
Der Glaube erkundigt sich nicht nach Mitteln, er denkt selbst nicht daran; aber er rechnet auf die
Zusage Gottes. Es scheint dem natürlichen Menschen, als mangele dem Gläubigen die Klugheit. Und
von dem Augenblick an, wo er sich der Mittel bedient, um dem Menschen die Sache leicht zu machen,
ist es nicht mehr Gott, der da handelt; es ist nicht mehr sein Werk, wenn man es von diesen Mitteln
erwartet. Wenn für den Menschen keine Möglichkeit mehr da ist, muss Gott dazwischen kommen
und es ist dann noch augenscheinlicher der gute Weg, wenn Gott nicht eher dazwischen kommt,
als bis es sein Wille ist. Der Glaube beachtet nur diesen Willen; er nimmt nicht Rat weder mit den
Mitteln noch mit den Umständen, – mit anderen Worten, er nimmt keinen Rat mit Fleisch und Blut.
– Wenn der Glaube schwach ist, rechnet er im Voraus auf äußerliche Mittel, um das Werk Gottes
zu tun. Die Kirche z. B. ist jetzt schwach im Glauben, wir sehen sie im Voraus auf die äußere Mittel
rechnen, um das Werk Gottes zu tun.

Denkt daran, dass von dem Augenblick an, wo dem Menschen die Sachen möglich sind, er keinen
Glauben nötig hat, weil er die Kraft des Heiligen Geistes nicht bedarf.
Es ist oenbar, dass, um große Resultate zu erzielen, die Macht Gottes handeln muss. Wenn der
Glaube handelt, so sind die Resultate nach der Macht Gottes. Auch sieht man Christen viel wirken
und mit wenig Erfolg. Gott will sich verherrlichen, nicht aber soll der Mensch verherrlicht werden.
Man sät mit Tränen da, wo ein sehr gesegnetes Werk ist; es gibt zuerst Geburtsschmerzen. Die Seele
wird die Schwierigkeiten fühlen und Gott will, dass wir es fühlen, auf dass wir ohne Kraft sind gegen
alle Dinge. Man muss mit Tränen säen, um mit Jubel zu ernten.

Alle diejenigen, von welchen im 13. Verse dieses 11. Kapitels geredet ist, sind im Glauben gestorben.
Die Juden erwarteten den Messias nach der Verheißung Gottes. Wir haben die Verheißung der
Wiederkunft Jesu. Die Apostel sind auch im Glauben gestorben, ohne die Erfüllung dieser Verheißung
zu sehen. Das macht das Leben des Christen glücklich, wiewohl schwer, weil er hier unten die Dinge,
welche Gott verheißen hat, nur in Honung genießt. Wenn ein Mensch großen Fleiß anwendet, um
eine Sache zu erlangen, so tut er es, weil er glaubt und dies ist das Leben des Glaubens. Derjenige,
welcher besitzt, braucht keine Kraft mehr anzuwenden, um es zu erlangen. – Wir haben hienieden

Gedanken zu Hebräer 11,11–19
das Vorrecht treu sein zu können, inmitten der Schwierigkeiten; wir werden es im Himmel nicht
bedürfen, da wir alsdann ohne Schwierigkeiten die Gegenwart des Herrn genießen.
Wir haben das Vorrecht, inmitten der Feinde und Untreuen, treu zu sein; es ist ein großes Vorrecht
und alle Zuneigungen sind alsdann in voller Übung. Und je mehr unsere Zuneigungen ganz für den
Herrn sind, desto mehr Schwierigkeiten kommen dazu.

Nicht allein waren sie Fremdlinge und Pilger, sie bekannten es auch durch ihr ganzes Leben. Man
will bisweilen fromm im Herzen sein, aber nicht davon reden. Das ist nicht die Kraft des Glaubens.
Die Welt zu sehen, welche verloren geht und gerichtet ist und seine Honungen im Himmel haben,
das sind solch erhabene Tatsachen, dass sie notwendig eine gleichmäßige Wirkung hervorbringen
müssen; nämlich diese Wirkung, uns hienieden als Fremdlinge zu betrachten und zu bekennen. Man
muss es im ganzen Leben wahrnehmen können; das Herz ist schon fern, und nichts bleibt mehr übrig,
um es zurückzuhalten. Es bedarf augenscheinlich eines freien und öentlichen Bekenntnisses und
dies ist ein Zeugnis Christus bewiesen. Wir würden mit einem Freunde, der uns unter schwierigen
Umständen nicht bekannte, nicht zufrieden sein. Also ist auch ein Christ, welcher sich verborgen
hält, ein sehr schlechter Christ.

Wenn der Glaube auf Jesus gerichtet ist, begrüßen wir die Dinge, welche wir von ferne gesehen
haben und denken nicht an das, was wir verlassen haben; wir haben nur die Dinge, welche vor uns
sind, in Gedanken, wie Rebekka, wenn sie zu Isaak geht. Wenn aber Schwierigkeiten für den Christen
da sind, und seine Zuneigungen nicht auf Jesus gerichtet sind, kommt das Andenken an die Welt in
sein Herz (Phil 3,7–14).

Der Christ würde lieber sterben, als in die Welt zurückkehren; er will Teil haben an der Auferstehung
von den Toten. Es ist in ihm diese Beharrlichkeit des Herzens, welche zeigt, dass die Zuneigungen
immer in der Zukunft sind. Seine Zuneigungen sind in den Dingen Gottes, – seine Begierden nach
himmlischen Dingen. Darum schämt sich Gott nicht, ihr Gott zu heißen. Er würde sich schämen der
Gott eines Weltlichen genannt zu werden und dass gesagt würde, dass Er in herzlicher Beziehung
mit irgendjemand stehe, welcher den elenden Freuden dieser Welt, oder der Eitelkeit oder dem Geld
nachjage. Gott würde sich einer solchen Beziehung schämen. Aber Er schämt sich nicht, der Gott
derjenigen zu sein, welche den himmlischen Dingen zugetan sind. „Jesus sagt: Ich gehe zu meinem
Gott und zu eurem Gott, zu meinem Vater und eurem Vater. Ein jeder, welcher nicht von allem
absieht, kann nicht mein Jünger sein.“ Der Christ ist in derselben Stellung der Selbstverleugnung,
worin Jesus war; aber auch in derselben Beziehung zu Gott, wie Er.

Gott hatte ihnen eine Stadt bereitet. Ja, Gott beschäftigt sich mit uns; während wir, als Fremdlinge
und Pilger hier mit seinem Werk oft mit Tränen beschäftigt sind, wirkt Gott nach seiner unendlichen
Herrlichkeit, um auch für uns die Herrlichkeit zu bereiten. Er will seine Ruhe nden, um uns in diese
Ruhe einzuführen. Unsere Arbeiten hienieden sind gering; das Werk Gottes ist herrlich und Er wirkt
für uns.

Entweder gilt das Fleisch oder der Glaube; einen Mittelweg gibt es nicht. Der Zweck des Christen
können nur die himmlischen Dinge sein. Die Begierden, die Bedürfnisse des neuen Menschen sind
ganz himmlisch. Man kann das Christentum gebrauchen, um die Welt zu verbessern; aber Gott will
nichts davon. Jesus Christus bittet nicht für die Welt. Uns mit dieser Welt zu verbinden suchen und

Gedanken zu Hebräer 11,11–19
das Christentum zu gebrauchen, um die Welt zu verbessern, sind lauter irdische Dinge. Gott will uns
allein mit dem Himmel verbinden. Man muss den Himmel haben ohne die Welt, oder die Welt ohne
den Himmel. Gott, welcher die Stadt zubereitet, kann nichts dazwischen dulden. Die Sehnsucht nach
dieser bessern Stadt ist die Sehnsucht einer Natur, welche ganz himmlisch ist. Wie bin ich Pilger,
wenn ich die irdischen Dinge und die Verbesserung der Welt suche? Gott schickt uns eine himmlische
Berufung zu; dann schämt Er sich nicht unser Gott und unser Vater zu heißen.
Gott sichtet die Seele, auf dass die Spreu geschieden und das gute Korn für seine Scheune zubereitet
wird. Und wenn wir die Herrlichkeit des wahren Salomos sehen werden, werden wir, wie die Könige
von Scheba sagen: „Man hat uns die Hälfte davon nicht erzählt.“
Gott welcher uns eine Stadt seiner und seiner Zuneigungen würdig, zubereitet, gebe uns, bekannt zu
machen, dass wir Fremdlinge und Pilger auf dieser Erde sind.

Gedanken über 1. Samuel 1.2
Autor: John Nelson Darby
Das, was von Elkana gesagt ist, welcher zwei Frauen hatte, scheint uns ein Vorbild von Christus
und den beiden Haushaltungen (Israel und die Kirche) zu sein. Hanna würde die Juden, wieder
angenommen, in Barmherzigkeit vorstellen; Peninna die Heiden, als bei Seite gestellt. Dies können
wir in dem prophetischen Lobgesang, von Hanna unterscheiden.
Wir sehen hier das Verderben der Opferpriester, und das Urteil über das Haus Eli ausgesprochen. Der
Opferpriester Aaron und seine Söhne waren ein Vorbild der Kirche.
Die Begebenheiten des jüdischen Volkes unter dem Propheten Samuel, Saul und David bis zur
Erhöhung Salomos auf den Thron bilden die vorbereitenden Ereignisse ab, welche die Regierung
des Messias einführen; d. h. sie stellen in Bildern die vornehmsten Tatsachen vor, welche stattnden
werden, bis Gott anfangen wird für dieses Volk zu handeln und bis Jesus sich auf den Thron Davids
in Jerusalem setzen wird.

Das Wort Gottes, zu Eli geredet, ist das Zeugnis, welches Gott gegen tiefe Opferpriester vor Ausübung
seines Gerichts ausspricht. Die Kirche, welche Erkenntnis von dem hat, was geschehen wird, muss
auch Zeugnis geben, dass Gott das heidnische Christentum richten und verwerfen wird. Das Gericht
Gottes wird über diejenigen ausgeführt, welche an dem in die Kirche eingeführten Verderben Teil
haben (Jud 15).

Unter dem Hohepriestertum Elis und seiner Söhne fängt das Gericht an in der Ordnung dieser
Dinge sich zu erfüllen. Als Hohepriester hatte Eli nicht die erforderliche Unterscheidungsgabe; in
diesem Zustand ist das Ohr nicht mehr empfänglich für das, was man verbessern könnte; auch, was
merkwürdig ist, ist das Zeichen, was an Eli vorgestellt, das Gericht selbst, welches Gott ausführen
wird (Kap 2,34).

Das Urteil gegen das Haus Eli ist zur Zeit der Erhöhung Salomos auf dem Thron in Erfüllung
gegangen (1. Kön 2,25.37). Das Hohepriestertum durch Salomo befestigt, ist nach dem Wort des
Ewigen durch den Mann Gottes zu Eli ausgesprochen; ein sicherer Hohepriester . . . welcher für immer
vor meinem Gesalbten stehen wird (V 35). Die Erfüllung dieses Vorbildes unter dem Königreich
Salomos vorgestellt, wird stattnden, wenn Christus zu Jerusalem auf dem Thron seiner Herrlichkeit
sitzen wird; es ist das Hohepriestertum, welches in der Beschreibung der Ordnung des Tempels
mitgeteilt ist (Hes 44,15).

Aaron und seine Söhne stellten das himmlische Hohepriestertum in dem Charakter und der Stellung,
welche Jesus nach seiner Auferstehung eingenommen hat, vor; die Stellung der Kirche ist die von
Christus als verherrlichter Mensch vor Gott dem Vater. Diese, welche als Stellvertreterin dessen
angesehen, was verworfen ist, ist vor seinem Gesalbten. Es ist ein Hohepriestertum in einer anderen

Gedanken über 1. Samuel 1.2
Stellung. Das erste ist himmlisch, welches in der Stiftshütte abgebildet war, Vorbilder der himmlischen
Dinge (Heb 9,24). Das andere ist auf der Erde für den Tempel zu Jerusalem, in den Tagen, worin der
Messias auf dem Thron Davids sitzen wird. Das Hohepriestertum wird nicht fallen, ebenso wenig als
das wieder hergestellte jüdische Volk; weil Christus die Regierung in die Hand genommen haben
wird. Was in die Hände des Menschen unter die Verantwortlichkeit gestellt ist, hat wohl in jeder
Haushaltung fallen können; aber Gott hat, nach seiner Gnade, seine Auswahl erhalten. Ihm gebührt
aller Ruhm.

Eine Unterweisung von der größten Wichtigkeit geht für uns, aus den Heiden, aus den Versen 27
und 28 des 2. Kapitels hervor. Bevor Gott das, was verdorben ist, richtet, erinnert Er immer wieder an
die Natur seiner Berufung nach seiner Gnade, was die Segnungen, gelegt in die Hände der Menschen,
welche die Gegenstände seiner Güte gewesen sind, betrit. Gott sagt zu Eli: Habe ich mich nicht
klar an dem Haus deines Vaters oenbart, als sie in Ägypten, im Haus Pharaos waren? usw. Das
Haus Aarons war immer der Gegenstand einer ganz besonderen Gnade, inmitten der Geschlechter

Israel gewesen. Aber sie hatten diese Gnade vergessen . . . Darum weil sie das Gedächtnis der Güte
Gottes an ihnen nicht verwahrt hatten, waren sie in einen Zustand gänzlicher Verdorbenheit gefallen
und also ist das Gericht das letzte Mittel, welches Gott anwendet, es sei zur Besserung, es sei um
unwiderruich abzubrechen.

Also ist es auch in Betre der Kirche; sie hat auch die Güte Gottes nach Berufung seiner Gnade
vergessen; aber diese Haushaltung wird unwiderruich abgebrochen durch das endende Gericht
Babylons (Apg 18). Es ist also von der größten Wichtigkeit für den Christen, die Gnade Gottes, was
seine erste Berufung angeht, nicht zu vergessen. Erinnern wir uns, woraus uns Gott gezogen hat, auf
dass wir die Anwendung dieser Drohung, welche Jesus den Laodizäern machte: Ich will euch aus
meinem Mund speien! (O 3,16) nicht auch zu erfahren nötig haben.

Gedanken
Es gibt eine lebendige und eine tote Erkenntnis. Erstere gedenkt nur an die Verherrlichung Gottes;
letztere an die Verherrlichung des Menschen; jene ist gewirkt durch den Heiligen Geist, kommt von
oben und macht demütig, diese ist von der Erde, eine Frucht des menschlichen Verstandes und macht
hochmütig und voll Einbildung. Den allein wahren Gott und Jesus, den Er gesandt hat zu erkennen
ist das ewige Leben und diese Erkenntnis erfüllt unser Herz mit Liebe und macht uns reich an guten
Werken. Das tote Wissen der göttlichen Dinge aber lässt uns leer und unfruchtbar und gebiert nur 
Zank. Das Wachstum in der Erkenntnis Gottes und Christi vermehrt das Leben in uns; das Wissen 
aber lässt uns kraftlos, und bereichert nur den menschlichen Verstand.

Es ist Gottes Gnade, die uns in der Erkenntnis mehr und mehr reich werden lässt. Wir werden in der
Schule Gottes täglich unterrichtet, wenn wir anders geneigt sind, Unterricht zu empfangen. Es ist gut,
wenn wir uns immer als Schüler betrachten, die wohl wissen, dass all unser Erkenntnis Stückwerk
ist. Wo Demut ist, da ist auch ein Zunehmen an Erkenntnis und Erfahrung.

Herodes und Petrus
Adam el durch Hochmut; er wollte sein wie Gott. Der Mensch außer Christus oenbart immer diesen
Charakter. Er sucht sich in der Welt Geltung zu verschaen; dahin ist sein ganzes Streben gerichtet.
Er trachtet nach Reichtum, nach Weisheit, nach eigener Gerechtigkeit, und immer liegt darin das
Gelüste, Ehre und Ansehen in dieser Welt zu bekommen. Der Mensch will vor dem Menschen etwas
sein. Hat auch Gott hinreichend bezeugt, dass er ein Sünder ist und gar kein Ruhm für ihn übrig
bleibt, so achtet er doch nicht darauf, und sucht entweder durch äußeren Schein sein wahres Wesen
zu verbergen, aber sucht seine Ehre in der Schande. Der natürliche Mensch denkt nie an den Ruhm
und die Verherrlichung Gottes, sondern stets an seinen Ruhm und seine Verherrlichung vor den
Menschen. Vielmehr hasst er Gott und alle, die Ihn ehren.

In dem König Herodes tritt uns der Grundcharakter des natürlichen Menschen in auallender Weise
entgegen. Wir lesen Vers 1–3: „Um dieselbe Zeit legte der König Herodes seine Hände an etliche von
der Gemeinde, sie zu peinigen. Er tötete aber Jakobus, Johannes Prüder, mit dem Schwert. Und da
er sah, dass es den Juden geel, fuhr er fort und ng Petrus auch.“ Herodes war ein Feind Gottes,
denn er peinigte seine Auserwählten und Geliebten und tötete sie. Er führte Krieg wider Gott. Das
Wohlgefallen des Volkes trieb ihn, darin fortzufahren. Das Wohlgefallen Gottes galt bei ihm nichts.
Der vergängliche Ruhm bei den Menschen, die doch weniger sind, denn nichts, und dem Fluch und
Gericht unterworfen, brachte er alles zum Opfer. 

Er verfolgte Christus, weil er sähe, dass es den Juden wohlgeel; er tötete seine Diener, um seine eigene Macht und Herrschaft Gott gegenüber zu
behaupten. Der Mensch will sein, wie Gott. Diesen Charakter nden wir in Herodes sehr deutlich. Wir lesen
Vers 21 und 22: „Auf einen bestimmten Tag tat Herodes das königliche Kleid an, setzte sich auf den
Richtstuhl und hielt eine Rede. Das Volk aber rief ihm zu: Das ist Gottes Stimme und nicht eines
Menschen.“ Herodes raubte Gott, was sein war. Er stellte sich neben Gott und ließ sich göttliche Ehre
darbringen. Das Volk, dem Gottes Ehre nichts galt, Zollte sie ihm; was allein Gott gebührte, brachten sie einem sterblichen Menschen dar.

Am Ende sehen wir aber auch die Macht Gottes im Gericht sich verherrlichen. „Alsobald schlug ihn
der Engel des Herrn, darum dass er die Ehre nicht Gott gab; und ward gefressen von Würmern und
gab den Geist auf“ (V 23). Der Sünder nimmt ein Ende mit Schrecken. Er will in seinem Hochmut
sein wie Gott und sich neben Ihn setzen, aber sobald Er seine Ehre und Macht oenbart, fällt er
in die tiefsten Tiefen. Der Gottlose besteht nicht vor Gott und in seinem Gericht. In Herodes tritt
uns recht klar das Vorbild des Antichristen entgegen. Von diesem lesen wir 2. Thessalonicher 2,4:

„Der da ist ein Widerwärtiger und sich überhebt über alles, das Gott oder Gottesdienst heißt, also
dass er sich setzt in den Tempel Gottes, als ein Gott und gibt vor, er sei Gott.“ Er wird Vermessenes
und Ungeheures reden wider den Gott der Götter (Dan 7,8–11,36). Er spricht: Zum Himmel will ich
aufsteigen, über die Sterne Gottes meinen Thron errichten. . . . Ich steige auf der Wolken Höhen,

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Die beiden Wege BdH 1853

01/23/2024
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

Die beiden Wege

Bibelstelle:

Botschafter des Heils in Christo 1853, S. 9ff

Hienieden sind alle Menschen Wanderer und eilen zur Ewig­keit. Du bist mit dabei, lieber Leser, und magst wohl. bald Dein Ziel erreicht haben. Aber zwei Wege sind's, die zum Ziele füh­ren; der eine ist breit, der andere schmal; der eine führt zur ewigen Verdammnis, der andere zur ewigen Seligkeit. Das ist Dir bekannt; aber weißt Du auch gewiss, auf welchem Wege Du Dich befindest? Der Ausgang ist ernst und wohl wert sich um­zusehen.

 — Der große Haufe wandelt auf dem breiten Wege; auf ihm sieht man Ehrbare und Lasterhafte, Vornehme und Geringe, Gelehrte und Ungelehrte, Alte und Junge und oft geht`s gar lustig zu. Auf dem schmalen Wege zieht ernst ein geringes und verach­tetes Häuflein und freut sich in seinem Gott. Mit welchen pilgerst Du? Auf dem breiten Wege ruht die Sünde in den man­nigfachsten Reizungen und Versuchungen; da ist Fleischeslust, Augenlust und hoffärtiges Leben; da fragt man nur nach den Freuden dieser Welt; da tut man den Willen des Fleisches und der Vernunft; da liebt man das Sichtbare und erfüllt sein Herz mit den Sorgen dieses Lebens. 

Die auf dem schmalen Wege haben die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt; da hat man Abschied genom­men vom Dienst der Sünde und der Welt; man ist erlöst, ver­söhnt und errettet und lebt Gott in Christo Jesu; da hält man sich am Unsichtbaren, harrt auf Gott, der da allein sorgt und das Herz ist erfüllt mit Glaube, Liebe und Hoffnung. Wer auf dem breiten Wege wandelt, liebt nur sich und die Kreatur; ver­lässt sich auf seine Werke: verehrt Gott mit den Lippen und hofft, die Gerechtigkeit Gottes würde es am Ende doch so genau nicht nehmen. Wer auf dem schmalen Wege einhergeht, hat sich erkannt als einen Gottlosen; gründet allein sein Heil auf die Ge­rechtigkeit Christi; verehrt Gott mit Wort und Wandel und der Heilige Geist bezeugt ihm, dass er Gottes Kind ist.

 Dort auf dem breiten Wege sucht man Ehre und Ansehen bei den Menschen, Ruhe und Frieden in dieser Welt; hier auf dem schmalen Wege findet man Spott und Hohn, Verach­tung und Verfolgungen, man ist ein Narr um Christi willen; aber man ruht in Gott und hat tiefen Frieden im leben­digen Glauben an Jesum Christum. Jene trachten nach den Dingen dieser Welt; diese nach dem ewigen, unverwelklichen und unbefleckten Erbe, welches aufbewahrt ist im Himmel. Jene sprechen: Wir können der Sünde und den mannigfachen Anfech­tungen nicht widerstehen; sie sind uns zu mächtig. Diese rühmen: Die Gnade ist noch viel mächtiger und in dem Allen überwinden wir weit, um Deswillen, der uns geliebt hat. 

Jene fürchten den Tod und das Gericht; diese sprechen mit Zuversicht: Ich weiß, dass mein Erlöser lebt, der mich hernach auferwecken wird. Der Tod ist verschlungen in den Sieg. Tod, wo ist dein Stachel? Hölle, wo ist dein Sieg — Und endlich, wenn Der kommt, dem alles Gericht übergeben ist, Jesus Christus, so wird Er zu jenen sagen: „Gehet von mir, ihr Verfluchten in das ewige Feuer, das be­reitet ist dem Teufel und seinen Engeln"; aber diese wird Er am Tage Seiner Ankunft aufnehmen in" die ewige Herrlichkeit. — Merke doch, der Ausgang ist ernst; siehe wohl zu, auf welchem Wege Du bist. 

Betrüge Dich nicht; am Ende des breiten Weges steht kein Gott, der Dich mit Gnade und Erbarmung empfängt. Aber jetzt ist noch die Gnadenzeit; tritt auf den schmalen Weg; noch heißt's: Kehre um, so sollst du errettet sein. Jesus Christus hat Alles aus dem Wege geräumt; darum komme mit aufrich­tigem Herzen in Ihm zum Vater; komm' und säume nicht. —

Einige Worte über die Gedanken der Brüder BdH 1853

01/23/2024
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

Einige Worte über die Gedanken der Brüder in Christi

Bibelstelle:

Botschafter des Heils in Christo 1853, S. 25ff

(Von Brüdern aus der Schweiz)

Der Name „Bruder" gehört allen Kindern Gottes an (Phil. 4, 1; Kol. 1, 2; 1. Thess. 5, 27) und Jesus selbst hat sie also benannt (Hebr. 2, 11). Wir bekennen demnach eine Gemein­schaft mit a 11 e n Brüdern, Mitbürgern der Heiligen und Gottes Hausgenossen (Eph. 2, 19) und lehnen damit jede Benennung ab, mit der man uns anders, als „Christen", „Brüder" usw. bezeich­nen wollte, indem wir nur eine Einheit in Christo aner­kennen und als Brüder uns vereinigen, die alle Freudigkeit haben zum Eingang in das Heiligtum durch das Blut Christi (Hebr. 10, 19).

Als Priester Gottes (Off. 1, 6) um geistliche Opfer, die Gott durch Jesum Christum angenehm sind, zu opfern (1. Petr. 2.5), glauben wir nicht, dass irgend ein Mensch als Leiter irgend einer gottesdienstlichen Handlung, von Menschen einge­setzt werden darf (Gal.1, 1). Christus ist das Haupt der Gemeinde (Eph. 1,22; Kol. 1, 18) und teilt durch Seinen Geist die Gaben aus (Eph. 4, 7. 8), der Seinerseits wiederum einem Jeglichen zuteilt, je nachdem Er will (1. Kor. 12, 11). Der Geist ist der uns von Christo gegebene Beistand (Joh. 14,16.26; Apgesch. 2, 33), der unsrer Schwachheit aufhilft (Röm. 8, 26), und uns in alle Wahrheit leitet (Joh. 16, 13).

Wir erkennen daher nur solche Gaben an, welche nicht von Menschen, sondern von oben kommen (Jak. 1, 17; Eph. 4, 8; 1. Kor. 12, 4. 7. 8 usw.). Damit soll nicht gesagt sein, dass wir den Dienst - Diakonia - , das „A m t" heutzutage genannt, aufhe­ben; nein, im Gegenteil, wir richten ihn auf und nehmen ihn im allerweitesten Sinne mit Dank an. Seelsorge, Lehre, Ermahnung, Leitung und jeden andern Dienst, und wäre es nur ein Glas kalten Wassers (Röm. 12, 6-8; Eph. 4, 11. 12; 2. Kor. 8, 4; Matth. 10, 42), sind uns von Herzen willkommen und wir begehren, uns dafür dankbar, sowohl gegen Den zu erweisen, Der uns solche Gaben nach Seiner Gnade gibt (Röm. 12, 6), als auch gegen den, durch welchen der Herr uns solche mitteilt; wiederholen es aber nochmal, dass der Mensch weder die Freiheit, noch die Macht dazu hat, solche Gaben auszuteilen und einzusetzen, sondern solches der Wir­kung des Heiligen Geistes überlassen werden muss (Apgesch. 13, 2. 21, 28).

Da nun die Gaben verschieden sind (1. Kor. 12, 4), so glauben wir, dass die völlige Freiheit stattfinden muss, dieselben in unserer Mitte auszuüben. So nehmen wir nun mit Freuden in unseren gottesdienstlichen Versammlungen eine Ermahnung, eine Lehre, ein Gebet usw. von jedwedem Bruder auf, insofern es zur Erbauung geschieht, und sind wir bereit, so weit der Herr uns Kraft und Möglichkeit dazu ver­leiht, uns mit jedem Bruder, der durch den Heiligen Geist beten (Jud. 20) und dem Herrn von Herzen singen und spielen kann (1. Kor. 14. 15. 26. 31; Kol. 3, 16; Eph. 5, 19), zu vereini­g e n. Die Schwachheit und Torheit unseres Fleisches erkennen. wir dabei demütig an und ermahnen deshalb die Brüder, acht zu haben in Allem auf das. geschriebene Wort Gottes, das uns unterweist zur Seligkeit, das nütze ist, zur Lehre, Strafe, Besserung, Züchtigung in der Gerech­tigkeit, auf dass der Mensch Gottes vollkommen sei und zu allem guten Werke völlig geschickt (2. Tim. 3, 15-17). Mit diesem Worte glauben wir auch das Mittel in der Hand zu haben, unter dem Beistande des Herrn durch Seinen Geist unterscheiden zu können, ob eine Lehre von Gott sei o der n i c h t. Indes räumen wir weder der Philosophie (Kol. 2, 8), noch der menschlichen Weisheit (1.Kor.1, 19.20. 21; 3, 19. 20) die Möglichkeit ein, dasselbe verstehen zu können, sondern behaupten mit dem Worte Gottes, dass uns nur der Geist Gottes darüber belehren kann und m u ß (1. Kor. 2, 11. 12. 13). Dabei haben wir die feste Zuversicht, dass in einer Ver­sammlung von Gläubigen, und seien es noch so wenige, es der Herr nie an Seinem Segen fehlen lassen wird, weil Er ja Selbst Sich dort einfinden will (Matth. 18. 20).

Wir versammeln uns am ersten Tage der Woche, „das Brot zu brechen" (Apgesch. 20, 7) und bekennen auch darin unsere Gemeinschaft als L e i b Christi (1. Kor. 10, 16. 17) mit den Gliedern sowohl, als mit dem Haupt e, Dessen Tod der unsre und Dessen Herrlichkeit wir als unser Erbe erwarten bei Seiner Wiederkunft. Mit Ihm gestorben, sind wir auch mit Ihm auferstanden (Kot 2, 13; Eph. 2, 5. 6) und be­gehren nun nicht mehr uns oder der Welt zu Gefallen zu leben, sondern Gott (Röm. 6, 11); halten uns daher nicht nur von der Welt (2. Tim. 2, 21), sondern sogar von jeglichem Bruder fern, der unordentlich wandelt (2. Thess. 3, 6; Kor. 5, 11). Wort­zänkerei zu meiden, sind wir im Worte Gottes ermahnt (1. Tim. 6, 4), dabei aber auch aufgefordert, für den, den Heiligen einmal mitgeteilten Glauben den Kampf zu kämpfen (Jud. 3), und als gute Streiter Christi die dabei unausbleiblichen Leiden (2. Tim. 2, 3. 12) gern zu ertragen.

Verschiedenheiten von Gedanken, welche die Erbauung des Leibes Christi nicht stören und überhaupt dem Worte Gottes nicht bestimmt zuwider sind, geben kein Hindernis für die Gemeinschaft und sichtbare Einheit derer ab, die unsern Heiland lieb haben; denn dieser ist ja auch darum ge­storben, dass er die zerstreuten Kinder Gottes zusam­menbrächte (Joh. 11, 52), und will, dass wir eins seien, auf dass die Welt die Sendung Jesu und die Liebe des Vaters erkenne (Joh.13, 35; 17,23). Für „alle Menschen, für die „Obrigkeit" usw. zu beten und aller Welt das Evan­gelium zu predigen, halten wir für unsere Pflicht.

Von der Welt wollen wir uns trennen, nicht aber von den „Christen ", sondern begehren von Herzen solcher Ver­einigung.

Wenn sich nun Christ en weigern uns anzuschließen, so liegt nicht die Schuld an uns, denn die „Christen' gehören als e i n Leib beisammen; und wer unter ihnen Trennung an­richtet oder ihrer Vereinigung sich widersetzt, ist als solcher, der Trennung anrichtet, (Sektierer), zu meiden (Röm. 16, 17. 18; 2. Tim. 4, 5), denn der Herr selbst sagt: „Wer nicht mit mir sammelt, der zerstreut" (Matth. 12, 30). Die sich indes von den Ungläubigen trennen und von ihnen ausg e h e n , sollen Söhne und Töchter des Allmächtigen heißen (2. Kor. 6, 18), und unser Wunsch und Gebet ist, dass es ihrer recht viele sein mögen.

Alle , die den Namen unseres Herrn anrufen (1. Kor. 1. 2), sollen bei dem Mahle, das uns der Herr zu feiern geboten hat, willkommen s e i n. Wir bitten schließlich noch unsere lieben Brüder inständig, durch unsern Herrn Jesum Christum und durch die Liebe des Geistes (Röm. I5, 30), „in der Apostellehre, in der Gemeinschaft, im Brotbrechen, und in den Gebeten zu verharren" (Apgsch. 2, 42), und auch dadurch, so wie durch ihren ganzen Wandel kund zu tun, dass sie nicht von der Welt sind (Joh. 15, 19; 17, 14), und dass sie nicht ein gleiches Joch mit den Ungläubigen tragen können, denn mit denen sollen und können wir weder Gemeinschaft, noch Übereinstimmung, Teil noch GIeiche haben (Apgsch. 2, 42; (2. Kor. 6, 14-16).

Zwar sind wir schwach, töricht und unedel vor der Welt (1. Kor. 1, 27. 28) und haben wenig Kraft (Off. 3, 8), indes suchen wir das Wort zu behalten und in allen Dingen von Herzen sagen zu können: „durch welchen die Welt uns gekreuzigt ist und wir der Welt" (Gal. 6,14).