Gilgal Josua 5

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Gilgal Josua 5, BdH 1879

„Alles, was zuvor geschrieben ist, ist zu unserer Belehrung geschrieben, auf daß wir durch das Ausharren und durch die Ermunterung der Schriften die Hoffnung haben" (Röm 15, 4). Diese wenigen Worte geben dem Christen ein bestimmtes und unbestreitbares Recht, die Schriften des Alten Testaments zu durchforschen und in ihnen, nach dem Maße seiner Fähigkeit und dem Charakter oder der Tiefe seines geistlichen Bedürfnisses, Belehrung und Ermunterung zu sammeln. Noch an einer anderen Stelle wird von diesem unserem Vorrecht gesprochen. Wir lesen in 1. Kor 10, 11: „Alle diese Dinge aber widerfuhren jenen als Vorbilder und sind geschrieben worden zu unserer Ermahnung, auf welche das Ende der Zeitalter gekommen ist".
Ohne Zweifel ist es beim Lesen des Alten wie des Neuen Testaments gleicherweise nötig, fortwährend wachsam, frei von allen eigenen Gedanken und abhängig zu sein von der unmittelbaren Belehrung des Heiligen Geistes, durch den alle Schriften eingegeben sind. Die Einbildungskraft muß im Zaum gehalten werden, wenn sie uns nicht zu falschen Meinungen und wunderlichen Erklärungen hinreißen soll, die zu nichts nützen, sondern vielmehr die Kraft des Wortes über unsere Seelen schwächen und unserem Wachstum in den göttlichen Dingen hinderlich sind.
Doch dürfen wir andererseits nie das Vorrecht, das uns in Röm 15, 4 gegeben wird, aus dem Auge verlieren, noch für einen Augenblick vergessen, daß „alles, was zuvor geschrieben ist, zu unserer Belehrung geschrieben ist". In der Kraft dieser Worte laden wir auch den Leser ein, uns bis zum Anfang des Buches Josua zurückzubegleiten, um zusammen die uns dort erzählten merkwürdigen und lehrreichen Ereignisse zu betrachten und zu suchen, die in ihnen entfalteten kostbaren Belehrun= gen zu sammeln. Wir glauben sagen zu können, daß wir an den Ufern des Jordan einige schöne Lektionen lernen werden.

Gewöhnlich betrachtet man den Jordan als das Bild vom Tode, vom Tode des Gläubigen; wenn er die Welt verläßt und zurt Himmel geht. Wenn wir aber einen Augenblick nachdenken, werden wir finden, daß diese so allgemeine Auffassung äußerst mangelhaft ist. Wenn z. B. ein Gläubiger stirbt und zum Himmel geht, ist er dann berufen, zu kämpfen? Sicherlich nicht. Droben ist alles Ruhe und Frieden, unaussprechlicher, ewiger Frieden. Kein Kampfgeschrei wird dort gehört, keine Waffe gesehen werden. Wir werden keinen Gürtel für unsere Lenden brauchen, noch einen Brustharnisch der Gerechtigkeit, denn göttliche Gerechtigkeit wird ewiglich dort wohnen. Wir werden die Sandalen entbehren können, da es in jenen herrlichen und segensreichen Gefilden keinen rauhen und dornigen Pfad geben wird. Wir werden keinen Schild mehr brauchen, da wir den feurigen Pfeilen des Bösen für immer entrückt sind, keinen Helm des Heils, denn die göttlichen und ewigen Resultate des Heils Gottes werden dann erreicht sein. Kein Schwert wird mehr nötig sein, da in jenen lichterfüllten Räumen weder ein Feind, noch irgend etwas Böses uns begegnen wird.
Der Jordan kann daher nicht den Tod des Gläubigen und seinen Hingang zum, Himmel bedeuten; der einfachste aller Gründe hierfür ist, daß gerade zu der Zeit, als Israel den Jordan überschritt, ihr Kampf begann. Allerdings hatten sie in der Wüste mit Amalek gestritten, aber erst in Kanaan nahmen die wirklichen Kämpfe ihren Anfang. Ein Kind kann dies verstehen.
Aber stellt der Jordan nicht den Tod dar? Ganz gewiß. Und muß der Gläubige ihn nicht durchschreiten? Allerdings; aber wenn er es tut, so findet er ihn ausgetrocknet, weil der Fürst des Lebens in seine Tiefen hinabgestiegen ist und für die Seinigen einen Pfad geöffnet hat, auf dem sie hinübergehen in ihr ewiges Erbteil, in das himmlische Kanaan. Christus, der wahre Josua, hat den Jordan durchschritten. Der Christ ist nicht, berufen, zitternd am Ufer des Flusses des Todes zu stehen, wie jemand, der nicht weiß, wie es mit ihm gehen wird. Jener Fluß ist für den Glauben ausgetrocknet. Seine Kraft ist gebrochen. Unser anbetungswürdiger Herr „hat den Tod zunichte gemacht, aber Leben und Unverweslichkeit ans Licht gebracht durch das Evangelium" (2. Tim 1, 10).
Herrliche, befriedigende Tatsache! Laßt uns Ihm dafür danken! Laßt uns aus dem tiefsten Grunde unseres Herzens Ihm Loblieder singen, der dem Tode seinen Stachel genommen und den. vernichtet hat, der die Macht des Todes hatte, das ist den Teufel, und der uns in eine Sphäre versetzt hat, die erfüllt ist mit Leben, Licht, Unverweslichkeit und Herrlichkeit! Möchte unser ganzer Wandel zu Seiner Verherrlichung sein!

Doch laßt uns jetzt etwas eingehender die Belehrung der Schrift über diesen großen Gegenstand untersuchen; möchten wir uns dabei der Leitung des Heiligen Geistes überlassen!
„Da machte sich Josua des Morgens frühe auf, und sie brachen auf von Sittim und kamen an den Jordan, er und alle Kinder Israel, und sie rasteten daselbst, ehe sie hinüberzogen. Und es geschah am Ende von drei Tagen, da gingen die Vorsteher mitten durch das Lager, und sie geboten dem Volke und sprachen: Sobald ihr die Lade des Bundes Jehovas, eures Gottes sehet, und die Priester, die Leviten, sie tragen, dann sollt ihr von eurem Orte aufbrechen und ihr nachfolgen. Doch soll zwischen euch und ihr eine Entfernung sein bei zweitausend Ellen an Maß. Ihr sollt ihr nicht nahen, auf daß ihr den Weg wisset, auf dem ihr gehen sollt, denn ihr seid des Weges früher nicht gezogen" (jos 3, 1-4).
Es gibt in der Geschichte Israels drei Punkte oder Abschnitte, die von tiefem Interesse sind und die eingehendste Betrachtung verdienen. Diese sind erstens die mit Blut bestrichene Oberschwelle im Lande Ägypten, dann das Rote Meer und drittens der Jordan. In jedem dieser drei Abschnitte haben wir ein Vorbild des Todes Christi, und zwar jedesmal von einer besonderen Seite aus betrachtet. Wie wir wissen, hat jener gesegnete Tod viele und mannigfaltige Gesichtspunkte, und nichts kann für den Christen nützlicher sein, nichts sollte ihn mehr anziehen, als das Studium des tiefen Geheimnisses des Todes Christi. In diesem Geheimnis gibt es Höhen und Tiefen, deren völlige Ergründurtg der Ewigkeit überlassen bleiben muß; aber es sollte jetzt unsere Wonne sein, unter der Leitung des Heiligen Geistes und in dem vollkommenen Licht der Heiligen Schrift in diese Dinge einzudringen. Sie stärken, trösten und beleben den inwendigen Menschen.
Betrachten wir den Tod Christi, wie er uns in dem Blute des Passah Lammes vorbildlich dargestellt wird, so sehen wir darin das, was uns vor dem Gericht Gottes bewahrt. „Ich werde in dieser Nacht durch das Land Ägypten gehen und alle Erstgehurt im Lande Ägypten schlagen vom Menschen bis zum Vieh, und ich werde Gericht üben an allen Göttern Ägyptens, ich, Jehova. Und das Blut soll euch zum Zeichen sein an den Häusern, worin ihr seid, und sehe ich das Blut, so werde ich an euch vorübergehen; und es soll keine Plage zum Verderben unter euch sein, wenn ich das Land Ägypten schlage" (2. Mo 12,12-13). Wir brauchen wohl kaum zu sagen, daß es für die beunruhigte, schuldbewußte Seele von höchster Bedeutung ist, zu wissen, daß Gott einen Zufluchtsort vor dem kommenden Zorn und Gericht bereitet hat. Niemand wird, wenn er richtig belehrt ist, diese Site des Todes Christi unterschätzen. „Sehe ich das Blut, so werde ich an euch vorübergehen". Die Sicherheit Israels ruhte auf der Wertschätzung  des Blutes von seiten Gottes. Er sagt nicht: „Wenn ihr das Blut seht". Der Richter sah das Blut, kannte seinen Wert und ging an dem Hause vorüber. Köstliche Tatsache!

Wir sind so sehr geneigt, uns mit unseren Gedanken über das Blut Christi, anstatt mit den Gedanken Gottes über es zu beschäftigen. Wir fühlen, daß wir jenes kostbare Blut nicht so wertschätzen, wie wir es sollten, und beginnen dann an unserer Errettung zu zweifeln, da wir in unserer Wertschätzung des Blutes Christi und in unserer Liebe zu Seiner Person einen so großen Mangel entdecken. Wenn unsere Sicherheit aber im geringsten von unserer Wertschätzung des Werkes Christi oder unserer Liebe zu Seiner Person abhinge, so hätten wir alle Ursache, zu zittern. Es ist wahr, völlig wahr, daß wir das. Werk Christi wertschätzen und Ihn Selbst lieben sollen. Aber sobald wir dies zu einer gerechten Anforderung stempeln und unsere Sicherheit von unserer Erfüllung dieser Anforderung abhängig machen, so sind wir in größerer Gefahr und werden gerechter verurteilt, als wenn wir auf dem Grunde eines gebrochenen Gesetzes ständen. Denn in dem Maße, wie die Forderungen Christi und des Christentums höher sind, als die Forderungen Moses und des gesetzlichen Systems, steht es dann schlimmer um uns. Wir stehen alsdann auf einem gefährlichen Boden und sind weit von dem Frieden entfernt.

Doch Gott sei Dank! es ist nicht so. Wir sind errettet durch Gnade, durch eine freie, unumschränkte, göttliche und ewige Gnade, und nicht durch unser Gefühl über sie. Wir sind durch das Blut und nicht dadurch in Sicherheit gebracht, wie wir das Blut wertschätzen. Jehova sagte in jener entsetzlichen Nacht nicht: „Wenn ihr das Blut seht und es so wertschätzt, wie ihr es sollt, werde ich an euch vorübergehen". Nichts derartiges hören wir. Das ist nicht der Weg unseres Gottes. Er wollte Sein Volk in Sicherheit bringen und sie wissen lassen, daß sie in völliger, weil göttlicher Sicherheit waren, und deshalb stellt Er die ganze Sache auf eine göttliche Grundlage. Er nimmt sie ganz aus ihrer Hand, indem Er dirnen versichert, daß ihre Rettung einfach und gänzlich auf dem Blute und auf Seiner Wertschätzung des Blutes ruhe. Er gibt ihnen zu verstehen, daß sie gar nichts mit der Herstellung des .Rettungsmittels zu tun hatten. Dafür sorgte Er; ihr einziges Teil war es, sich dessen zu erfreuen,
Das Blut stand in jener denkwürdigen Nacht zwischen Jehova und Israel, und so steht es jetzt zwischen Ihm und der Seele, die einfach auf Jesum vertraut. Wir sind nicht errettet durch unsere Liebe, noch durch unsere Wertschätzung, noch durch irgend etwas von unserer Seite. Wir sind errettet durch das Blut und durch seine Wertschätzung von seiten Gottes. Und gerade wie Israel innerhalb der mit Blut bestrichenen Türschwelle, sicher vor dem Schwerte des Verderbens, sich an dem gebratenen Lamme erfreuen konnte, so darf der vor dem kommenden Zorn völlig in Sicherheit gebrachte Gläubige in vollkommener Ruhe und in süßem Frieden Christum genießen in der ganzen Köstlichkeit Seiner Person.
Wir haben wahrlich nur ein geringes Verständnis darüber, wie sehr die Eigengerechtigkeit uns selbst nach unserer Bekehrung noch anklebt, und wie sehr sie unseren Frieden stört und uns hindert, uns der Gnade zu erfreuen. Wir mögen 'uns einbilden, wir hätten einen völligen Abschluß mit unserer Eigengerechhgkeit gemacht, wenn wir den Gedanken aufgegeben haben, durch unsere Werke errettet werden zu können; aber ach! es ist nicht so. Das Böse nimmt tausenderlei Formen an, und keine ist feiner und betrügerischer als jene, auf die wir schon anspielten, nämlich das Gefühl, daß wir idas Blut nicht so wertschätzen, wie wir es sollten, und aus diesem Grunde an unserer Errettung zweifeln. Dies alles ist die Frucht der Selbst gerechtigkeit. Wir haben noch nicht mit unserem „Ich" abgeschlossen. Wir machen allerdings keinen Heiland mehr aus unserem Tun, aber wir machen einen aus unseren Gefühlen. Wir suchen, vielleicht ohne es selbst zu wissen, eine Art von Anrecht und Verdienst in unserer Liebe zu Gott und in unserer Wertschätzung der Person Christi zu finden. Doch dies alles muß aufgegeben werden. Wir müssen einfach auf dem Blut Christi und auf dem Zeugnis ruhen, das Gott diesem Blute gibt. Er sieht das Blut. Er schätzt das Blut, wie es es verdient. Er ist befriedigt, und das sollte uns auch befriedigen. Er sagte nicht zu Israel: „Wenn ich sehe, wie ihr euch verhaltet, wenn ich das ungesäuerte Brot, die bitteren Kräuter, die' gegürteten Lenden und die beschuhten Füße erblicke, dann will ich an euch vorübergehen". Ohne Zweifel hatten alle diese Dinge ihren besonderen Platz; aber dieser Platz war nicht der Grund ihrer Sicherheit, sondern das Geheimnis ihrer Gemeinschaft. Sie waren berufen, sich so und so zu verhalten, berufen, das Fest zu feiern, aber nicht etwa, um ein errettetes Volk zu werden, sondern weil sie es waren. Das ist der große Unterschied. Weil sie auf eine göttliche Weise vor dem Gericht geschützt waren, konnten sie das Fest feiern. Sie hatten die Autorität des Wortes Gottes, das ihnen versicherte, daß es. für sie kein Gericht mehr gab; und wenn sie jenem Wort glaubten, so konnten sie das Fest in Frieden und Sicherheit feiern. „Durch Gkuben hat er das Piassah gefeiert und die Besprengung des Blutes, auf daß ider Zerstörer der Erstgeburt sie nicht antaste" (Hebr 11, 28).
Hierin liegt das tiefe und große Geheimnis der ganzen Sache. Durch Glauben feierte Mose das Passah. Gott hatte gesagt: „Sehe ich das Blut, so werde ich an euch vorübergehen", und Er konnte Sich Selbst nicht verleugnen. Er würde Seinen Charakter und Seine Natur verleugnet und Sein eigenes gesegnetes Heil'sm'itte'i nicht beachtet haben, wenn in jener feierlichen Nacht einem Israeliten ein einziges Haar gekrümmt worden wäre. Es handelte sich, wir wiederholen es, in keiner Weise um den Zustand Israels, noch um seine Verdienste. Einzig und allein handelte es sich um den Wert des Blutes in den Augen Gottes und um die Wahrheit und Autorität Seines eigenen Wortes.
Welch eine Festigkeit verleiht dies! Welch einen Frieden und welch eine Ruhe Das Blut Chrisund das Wort Gottes sind der feste Grund unseres Vertrauens. Möchten wir es 'niemals vergessen oder aus dem Auge verlieren Nur durch die Wirksamkeit des Heiligen Geistes sind wir fähig, das Wort Gottes aufzunehmen oder auf das Blut Christi unser ganzes Vertrauen zu setzen. Doch es ist das Wort Gottes und. das Blut Christi und nichts anderes, das dem Herzen im Blick auf alle Fragen in betreff des zukünftigen Gerichts Frieden verleiht. Für den Gläubigen kann es kein Gericht geben. Und warum nicht? Weil das Blut sich vor dem Gnadenstuhle befindet, als der vollkommene Beweis, daß das Gericht schon ausgeführt worden ist.
Vor Gottes Thron bist Du, o Herr für uns erschienen, Du trugst Dein eignes Blut ins innre Heiligtum. Versöhnt sind wir durch Dich, bereitet, Gott zu dienen Und zu verkünden Deinen Ruhm.
Ja, Preis und Dank sei Seinem Namen! so steht es mit jeder Seele, die einfach Gott heil Seinem Wort nimmt und in dem kosbaren Blute Christi ruht. Sie ist versöhnt, sie ist völlig frei. Es ist ebenso unmöglich, daß sie je ins Gericht kommen kann, wie Christus Selbst. Alle, die durch das Blut geschützt werden, sind so sicher, wie Gott sie sicher machen kann, so sicher wie Christus Selbst. Es ist eine wunderbare Sache, daß eine arme, sündige, sterbliche Kreatur solche Worte aussprechen darf. Wenn aber etwa noch irgendeine Frage in betreff der Sicherheit des Gläubigen erhoben werden kann, dann ist das Blut Christi nicht auf dem Gnadenstuhl, oder es hat indem Gericht Gottes keinen Wert. Wenn es sich noch um den Zustand des Gläubigen, um seine Würdigkeit, seine Gefühle, seine Erfahrung, seinen Wandel, seine Liebe, seine Unterwürfigkeit und Wertschätzung der Person Christi handelte, dann würden jene herrlichen Worte: „Wenn ich das Blut sehe, so will ich vorübergehen", weder Kraft noch Wert haben. In diesem Fall würden die Worte ganz andere sein, ein dunkler Schatten würde ihr himmlisches Licht verdüstern; sie würden lauten: „Sehe ich das Blut und will ich an euch vorübergehen".

Doch nein, so ist es nicht und kann es niemals sein. Nichts muß und kann jenem kostbaren Blute hinzugefügt werden, das Gott als Richter völlig befriedigt hat und das jede Seele, die einfältig glaubt, was Gott sagt, weil Er es sagt, vollkommen sicherstellt. Wenn der gerechte Richter Sich für befriedigt erklärt hat, kann der schuldige Verbrecher sicher auch wohl zufrieden sein. Gott ist durch das Blut Jesu befriedigt; und wenn die Seele gleicherweise befriedigt ist, dann ist alles in Ordnung und in betreff der Frage des Gerichts herrscht völliger Friede. „Also ist jetzt keine Verdammnis für die, welche in Christo Jesu sind" (Röm 8, 1). Wie könnte es auch‚sein, da Er an ihrer Statt die Verdammnis getragen hat? Wenn man daran zweifelt, daß der Gläubige von dem Gericht ausgenommen ist, dann macht man dadurch Gott zu einem Lügner und das Blut Christi wirkungslos.
Der Leser wird bemerken, daß wir bis jetzt nur mit der Frage unserer Befreiung vom Gericht beschäftigt waren. In der von Gott für uns bereiteten Errettung ist jedoch noch weit mehr eingeschlossen, als die Befreiung von Zorn und Gericht, gesegnet und herrlich dies auch sein mag. Wir mögen die völlige Gewißheit besitzen, daß unsere Sünden vergeben sind, und daß Gott in betreff ihrer nie mit uns ins Gericht gehen wird, und doch können wir fern von dem Genuß der wahren christlichen Stellung sein. Wir sind vielleicht mit allerlei Befürchtungen in bezug auf uns selbst erfüllt, mit Befürchtungen, die durch das Bewußtsein der in uns wohnenden Sünde, der Macht Satans und des Einflusses der Welt hervorgebracht werden. Alle diese Dinge mögen in uns die ernstesten Besorgnisse erwecken.

Wenn wir uns z. B. zu Kapitel 14 des 2. Buches Mose wen= den, so finden wir Israel in der tiefsten Not und fast überwältigt von Furcht. Es scheint, als hätten sie für den Augenblick völlig die Tatsache aus den Augen verloren, daß sie unter dem Schutz des Blutes gewesen waren. Doch laßt uns einen Blick auf die Stelle selbst werfen: „Und Jehova redete zu Mose und sprach: „Sprich zu den Kindern Israel, daß sie umkehren und sich lagern vor Pi=Hachiroth, zwischen Migdol und dem Meere; vor Baal-Zephon, ihm gegenüber, sollt ihr euch am Meere lagern. Und der Pharao wird von den Kindern Israel sagen: verwirrt irren sie im Lande umher, die Wüste hat sie umschlossen. Und ich will das Herz des Pharao verhärten, daß er ihnen nachjage, und ich will mich verherrlichen an dem Pharao und an seiner ganzen Heeresmacht, und die Ägypter sollen erkennen, daß ich Jehova bin. Und sie taten also. Und es wurde dem König von Ägypten berichtet, daß das Volk entflohen wäre; da verwandelte sich das Herz des Pharao und seiner Knechte gegen das Volk und sie sprachen: Was haben wir da getan, daß wir Israel aus unserem Dienste haben ziehen lassen? Und er spannte seinen Wagen an und nahm sein Volk mit sich. Und er nahm sechshundert auserlesene Wagen und alle Wagen Ägyptens und Wagenkämpfer auf jedem derselben. Und Jehova verhärtete das Herz des Pharao, des Königs von Ägypten, und er jagte den Kindern Israel nach; und die Kinder Israel zogen aus mit erhobener Hand. Und die Ägypter jagten ihnen nach, alle Rosse, Wagen des Pharao und seine Reiter und seine Heeresnacht und erreichten sie, als sie sich am Meere gelagert hatten, bei Pihachiroth, vor Baal-Zephon. Und als der Pharao nahte, da hoben die Kinder Israel ihre Augen auf, und siehe, die Ägypter zogen hinter ihnen her; und die Kinder Israel fürchteten sich sehr und schrien zu Jehova" (2. Mo. 14).
Wir möchten wohl versucht sein zu fragen: „Sind das die Leute, die kurz vorher in vollkommener Sicherheit unter dem Schutze des Blutes das Passahfest gefeiert haben?" Ja,. sie sind es. Aber woher denn diese Befürchtungen, dieser Aufruhr und dieses verzweiflungsvolle Schreien zu Jehova? Dachten sie wirklich, daß Er im Begriff stehe, sie zu richten und zu verderben? Nicht gerade das; sie fürchteten vielmehr, nach allen ihren bisherigen Erfahrungen in der Wüste uirizukommen. „Und sie sprachen zu Mose: Hast du uns darum, weil in Ägypten keine Gräber waren, weggeholt, um in der Wüste zu sterben? Warum hast du uns das getan, daß du uns aus Ägypten herausgeführt hast? Ist dies nicht das Wort, das wir in Ägypten zu dir, geredet haben, da wir sprachen: Laß ab von uns, daß wir den Ägyptern dienen? denn besser wäre es uns, den Ägyptern zu dienen, als in der Wüste zu sterben" (V. 11. 12).
Dies alles war sehr traurig und niederdrückend. Ihre armen Herzen scheinen zwischen „den Gräbern in Ägypten" und dem Tode in der Wüste hin und herzuschwanken. Sie haben kein Gefühl von ihrer Befreiung, noch ein richtiges Verständnis für die Ratschlüsse oder die Rettung Gottes. Tiefes Dunkel umgibt sie; eine fast hoffnungslose Verzweiflung erfüllt ihre Herzen. Von allen Seiten sind sie eingeschlossen; sie können nicht vor noch rückwärts. Ihre Lage scheint sich ungünstiger zu gestalten als je, und deshalb wünschen sie sich zurück zu den Ziegelöfen und Stoppelfeldern Ägyptens. Auf beiden Seiten sind sie von Bergen eingeschlossen, vor ihnen liegt das Meer, hinter ihnen steht Pharao mit seinem ganzen furchtbaren Heer. Ihre Lage schien völlig hoffnungslos zu sein, und sie war es auch, so weit es die Israeliten betraf. Sie waren ohne die geringste Kraft und wurden zubereitet, um dies anzuerkennen und zu verwirk= lichen. Es ist sehr schmerzlich für die Seele, eine solche Schule durchzumachen, aber zugleich auch sehr heilsam, wertvoll und notwendig für einen jeden. Wir müssen alle in der einen oder anderen Weise lernen, daß wir „ohne Kraft" sind, und je mehr wir entdecken, was es ist, ohne Kraft zu sein, je mehr sind wir fähig, das Heil Gottes zu schätzen.
Man möchte jedoch fragen: „Gibt es denn etwas in der jet zigen Geschichte des Volkes Gottes, das der Erfahrung Israels am Roten Meer entspricht?" Ohne Zweifel; denn es wird uns gesagt, daß die Dinge, die unter Israel geschehen sind, Beispiele und Vorbilder für uns sind. Und sicher birgt die Szene an der Küste des Roten Meeres eine Fülle von Belehrung für uns in sich. Wie oft finden wir die Kinder Gottes in bezug auf ihren Zustand und ihre Hoffnung in großer Finsternis! Sie ziehen zwar nicht die Liebe Gottes oder die Wirksamkeit des Blutes Jesu in Frage; auch zweifeln sie nicht daran, daß Gott ihnen ihre Sünden nicht zurechnen, noch mit ihnen ins Gericht gehen wird. Aber sie haben kein Verständnis und kein Bewußtsein von ihrer völligen Befreiung; sie kennen nicht die Anwendung des Todes Christi auf ihre böse Natur. Sie verwirklichen nicht die herrliche Wahrheit, daß sie durch jenen Tod von diesem gegenwärtigen bösen Zeitlauf, von der Herrschaft der Sünde und von der Macht Satans völlig befreit sind. Sie verstehen wohl, daß das Blut Jesu genügt, um sie vor dem Gericht Gottes zu schützen, aber sie haben nicht jenes beseligende, glücklichmachende und von der Welt trennende Gefühl einer voilkommenen und ewigen Erlösung. Sie befinden sich sozusagen noch auf der ägyptischen Seite des Roten Meeres und sind fortwährend in Gefahr, in die Hände des Fürsten dieser Welt zu fallen. Sie sehen nicht „alle ihre Feinde tot am Ufer des Meeres". Sie können nicht das Lied der Erlösung singen. Niemand kann es singen, bevor er sich durch den Glauben auf der anderen Seite des Roten Meeres befindet, mit anderen Worten, bevor er seine vollkommene Befreiung von der Sünde, der Welt und Satan im Tode Christi versteht.
Wenn wir die in den ersten fünfzehn Kapiteln des zweiten Buches Mose erzählten Ereignisse betrachten, so werden wir bemerken, daß nicht eher über die Lippen der Kinder Israel ein Ton des Lobes und Dankes kam, als bis sie das Rote Meer durchschritten hatten. Wir hören ihren Schrei der tiefsten Not unter den grausamen Peitschenhieben der Treiber des Pharao und inmitten der brennenden Ziegelöfen Ägyptens. Ihr Schrekkensruf dringt an unser Ohr aus dem Lagerplatz „zwischen Migdol und dem Meere"; aber wir hören keinen Laut des Lobes, nicht den leisesten Ton eines Triumphgesangs. Erst als die Wogen des Roten Meeres zwischen ihnen und dem Lande des Todes und der Finsternis hinrollten und sie die ganze Macht des Feindes gebrochen und vernichtet sahen, erheben sie den Lobgesang. „So rettete Jehova Israel an selbigem Tage aus der Hand der Ägypter, und Israel sah die Ägypter tot am Ufer des Meeres. Und Israel sah die große Macht, die Jehova an den Ägyptern betätigt hatte; und das Volk fürchtete Jehova, und sie glaubten an Jehova und an Mose, seinen Knecht. Da maIs sangen Mose und die Kinder Israel dieses Lied dem Jehova" (Kap. 14, 30. 31; 15, 1).
Was ist nun die einfache Anwendung von diesem allem auf uns als Christen? Welche große Lektion sollen wir aus den Szenen an den Ufern des Roten Meeres lernen? Mit einem Wort, wovon ist das Rote Meer ein Vorbild, und welches ist der Unterschied zwischen der mit Blut bestrichenen Oberschwelle und dem „gespaltenen" Meer?
Das Rote Meer ist ein Vorbild von dem Tode Christi in seiner Anwendung auf alle unsere geistlichen Feinde, auf die Sünde, die Welt und Satan. Durch den Tod Christi ist der Gläubige völlig und für immer von der Macht der Sünde befreit. Er ist sich leider der Gegenwart der Sünde bewußt, aber ihre Macht ist vernichtet. Er ist in dem Tode Christi der Sünde gestorben; und welche Macht hat die Sünde über einen gestoI berien Menschen? Es ist das Vorrecht des Christen, sich von der Herrschaft der Sünde für ebenso befreit zu halten, wie ein Mensch, der tot auf dem Boden liegt, frei ist. Weiche Macht hat die Sünde über einen solchen? Durchaus keine. Ebensowenig hat sie es über den Christen. Die Sünde wohnt in dem Gläubigen, das ist in seinem Fleische, und sie wird in ihm wohnen bis zum Ende seiner Laufbahn; aber ihre Herrschaft ist vernichtet. Christus hat das Szepter aus der Hand unseres vorigen Herrn genommen und es in Stücke zerschmettert. Sein Blut hat unsere Sünden abgewaschen und Sein Tod hat die Macht der Sünde gebrochen. Es ist eine ganz andere Sache, zu wissen, daß „der Leib der Sünde abgetan", daß ihre Herrschaft beendet und ihre Macht zerstört ist, als überzeugt zu sein, daß unsere Sün den vergeben sind. Viele bekennen, daß sie die Vergebung ihrer früheren Sünden nicht bezweifeln, sie wissen aber nicht, was sie in betreff der in ihnen wohnenden Sünde sagen sollen. Sie fürchten, daß nach allen noch etwas gegen sie kommen und sie ins Gericht bringen könne. Solche Personen befinden sich, um das Bild zu gebrauchen, „zwischen Migdol und dem Meere". Sie haben die Lehre von Römer 6 noch nicht gelernt. Sie haben in ihrem geistlichen Verständnis noch nicht die Auferstehungs= seite des Roten Meeres erreicht. Sie verstehen nicht, was es heißt, der Sünde gestorben zu sein und Gott zu leben durch unseren Herrn Jesum Christum.

Der Leser möge die Bedeutung des Wortes des Apostels; „Haltet euch der Sünde für tot" wohl beachten. Es ist etwas ganz anderes als: „verwirklicht es". Wie kann ich verwirklichen, daß ich der Sünde gestorben bin? Meine ganze Erfahrung, alle meine Gefühle, mein inneres Bewußtsein stehen damit völlig im Widerspruch. Ich kann nicht verwirklichen, daß ich gestorben bin; aber Gott sagt mir, daß ich es bin. Er versichert mir, daß Er mich als mit Christo gestorben betrachtet. Ich glaube es, nicht weil ich es fühle, sondern weil Gott es sagt. Ich halte mich für das, was ich nach dem Worte Gottes bin. Wäre ich ohne Sünde, hätte ich keine Sünde in mir, so würde ich nicht aufgefordert werden, mich der Sünde für tot zu halten, noch würde ich jemals berufen sein, auf Worte zu lauschen, wie: „So herrsche denn nicht die Sünde in eurem sterblichen Leibe". Gerade weil die Sünde in mir wohnt, und um mich von ihrer herrschenden Macht völlig und praktisch zu befreien, wird mir die große, erquickende Wahrheit mitgeteilt, daß durch den Tod Christi die Herrschaft der Sünde gebrochen ist. Doch woher weiß ich das? Vielleicht, weil ich es fühle? Sicherlich nicht. Wie könnte ich es fühlen, wie es verwirklichen? Wie könnte ich, so lange ich in diesem Leibe bin, das Bewußtsein davon haben? Es ist unmöglich. Gott aber sagt mir, daß ich der Sünde gestorben sei, und ohne weiter darüber zu grübeln, glaube ich es. Ich zweifle nicht deshalb daran, weil ich keinen Beweis dafür in mir selbst finde. Ich nehme Gott bei Seinem Wort. Ich strenge mich nicht an und zerarbeite mich nicht, um zu einem sündlosen Zustand zu gelangen, (was unmöglich ist) noch bilde ich mir ein, schon in einem solchen Zustand zu sein, denn das wäre nur Täuschung und Betrug, sondern ich stelle mich durch einen ein fachen, kindlichen Glauben auf den gesegneten Boden, den das Wort Gottes mir anzeigt, und zwar in Verbindung mit einem gestorbenen und auferstandenen Christus. Ich blicke auf Christum und sehe in Ihm, dem Worte Gottes gemäß, den wahren Ausdruck von dein, was ich in der Gegenwart Gottes bin. Ich mache nicht Schlüsse von mir nach oben, sondern von Gott aus auf mich. Dies bildet gerade den Unterschied zwischen Unglaube und Glaube, zwischen Gesetz und Gnade, zwischen menschlicher Religion und göttlichem Christentum. Wenn ich auf mich blicke und von mir aus Schlüsse mache, so tappe ich völlig im Dunkeln umher, und alle meine Folgerungen sind falsch. Ist aber das Gegenteil der Fall, beginne ich, von Gott aus meine Schlüsse zu machen, so befinde ich mich im Lichte,, ja in dem Licht Seiner ewigen Wahrheit, und alle meine Folgerungen gründen sich auf einen göttlichen Boden.
Es ist eine unaussprechliche Gnade, mit dem „Ich" in allen seinen Gestalten und Wirksamkeiten abgeschlossen zu haben und in aller Einfachheit auf Grund des geschriebenen Wortes zur Ruhe gebracht zu sein. Sich mit sich selbst beschäftigen, ist für die Gemeinschaft gleich einem tödlichen Winde, ein völli= ges Hindernis für die Ruhe der Seele. Eine Seele kann unmöglich wahren Frieden genießen, so lange sie mit sich selbst be schäftigt ist. Sie muß sich selbst aufgeben und allein auf das Wort Gottes lauschen und ohne eine Frage, ohne ein Bedenken, auf seinem lauteren, köstlichen und unvergänglichen Inhalt ruhen. Gottes Wort kann sich nie verändern. Ich verändere mich; meine Gestalt, meine Gefühle, meine Erfahrung, meine Umstände wechseln fortwährend, aber das Wort Gottes ist dasselbe gestern und heute und in Ewigkeit.
Es ist ferner für die Seele wichtig, zu verstehen, daß Christus der einzige Ausdruck des Platzes des Gläubigen vor Gott ist. Dies verleiht eine unermeßliche Kraft, Freiheit und Segnung. „Wie er ist, so sind auch wir in dieser Welt" (1. Joh 4, 17). Welch eine wunderbare Sache! Ein armer, böser, schuldiger Sklave der Sünde, ein Knecht Satans, ein Verehrer der Welt und ihrer Vergnügungen, ein Mensch, der dem ewigen Gericht, den Flammen der Hölle verfallen ist, ein solcher wird durch die Gnade erfaßt, völlig von der Macht Satans, der Herrschaft der Sünde und von diesem gegenwärtigen, bösen Zeitlauf befreit, von seinen Sünden gewaschen, gerechtfertigt, in die Nähe Got tes gebracht, angenommen in Christo, ja Ihm völlig und für immerdar gleichgemacht, so daß der Heilige Geist sagen kann, daß, wie Christus ist, so auch er ist in dieser Welt. Dies alles erscheint fast zu herrlich, um wahr sein zu können; jedoch, gepriesen sei der Gott aller Gnade! es ist nicht zu herrlich für Ihn, um es uns zu geben. Gott gibt Seiner Person gemäß. Er will Gott sein trotz unserer Unwürdigkeit und dem Wider stande Satans. Er will handeln in einer Weise, die Seiner selbst sowohl als auch des Sohnes Seiner Liebe würdig ist. Handelte es sich um unsere Verdienste, so könnten unsere Gedanken nur bei dem tiefsten und finstersten Abgrund der Hölle ver weilen. Wenn wir aber sehen, daß es sich um die Frage handelt: „Was ist Gottes würdig, zu geben?" wenn wir verstehen, daß Er nach Seiner Schätzung der Würdigkeit Christi gibt, dann wahr lich können sich unsere Gedanken bis zu dem höchsten Platz im Himmel erheben. Die Herrlichkeit Gottes und die Würdigkeit Seines Sohnes sind in Seinen Handlungen mit uns eingeschlossen; und daher ist alles, was unserer ewigen Segnung im Wege stehen konnte, in einer Weise hinweggeräumt worden, welche die göttliche Herrlichkeit aufrechthält und auf jede Einrede des Feindes eine triumphierende Antwort gibt. Handelt es sich um Übertretungen, Er hat uns alle unsere Übertretun gen vergeben. Handelt es sich um Sünde, Er hat die Sünde ge richtet. Handelt es sich um Schuld, sie ist getilgt durch das Blut des Kreuzes. Handelt es sich um den Tod, Er hat dem Tod seinen Stachel genommen und ihn zu einem Teil unseres Eigentums gemacht; der Tod ist unser. Handelt es sich um Satan, Er hat ihn zunichte gemacht. Handelt es sich um die Welt, Er hat uns von' ihr befreit und jedes Band zerrissen, das uns mit ihr verknüpfte.

Es steht daher, mein lieber christlicher Leser, bei uns, ob wir uns durch die Schrift belehren lassen, ob wir Gott bei Seinem Wort nehmen und glauben wollen, was Er sagt. Möchte der Heilige Geist die Augen des Volkes Gottes öffnen und ihnen den Platz und das Teil zeigen, das ihnen auf Grund der Auferstehung und in Verbindung mit einem auferstandenen und verherrlichten Christus gehört.
Nachdem wir so in den vorigen Abschnitten die beiden Haupiteile des Gegenstandes, der uns beschäftigt, nämlich Israel unter dem Schutze des Blutes und Israel an den Ufern des Roten Meeres, betrachtet haben, bleibt uns noch übrig, für einige Augenblicke unsere Aufmerksamkeit auf jenes Volk zu richten, wie es den Jordan durchschreitet und das Passahfest in Gilgal feiert. Es repräsentiert in diesen beiden Handlungen die wahre Stellung des Christen, die er jetzt einnimmt.

Der Christ ist nicht nur vor dem Gericht in Sicherheit gebracht durch das Blut des Lammes, sondern er ist auch durch den Tod Christi befreit von diesem gegenwärtigen bösen Zeitlauf und er ist mit Ihm vereinigt, wo Er jetzt ist, zur Rechten Gottes. Er ist gesegnet mit aller geistlichen Segnung in den himmlischen tirtern in Christo. Er ist daher ein himmlischer Mensch und ist berufen, als solcher in dieser Weit zu wandeln in all den verschiedenen Beziehungen und verantwortlichen Verhältnissen, in welche die gütige Hand Gottes ihn gestellt hat. Er ist nicht ein Mönch oder ein Einsiedler, der in beschau= licher Ruhe und Einsamkeit seine Tage verbringt, noch gleicht er einem Menschen, der in den Wolken lebt und weder für die Erde, noch für den Himmel geeignet ist. Er führt nicht ein träumerisches Leben inmitteit einer finsteren und trüben Umgebung, nein, sein glückliches Vorrecht ist es, von Tag zu Tag inmitten der Szenen und Umstände der Erde die Gnade und die Tugenden eines himmlischen Christus zu betrachten und zu verkündigen, mit Dem er durch eine unendliche Gnade und auf 'dem unerschütterlichen Grunde einer vollbrachten Erlösung verbunden ist durch die Macht des Heiligen Geistes. Das ist der Christ nach der Belehrung des Neuen Testaments. Seine Sünden sind vergeben, er besitzt ewiges Leben, und er weiß dies, der Heilige Geist wohnt in ihm, er ist angenommen in und verbunden mit einem auferstandenen und verherrlichtenhristi.ts, er ist der Welt gekreuzigt, ist der Sünde und dem Gesetz gestorben, und er findet den Gegenstand seines Herzens, seine Wonne und seine geistliche Nahrung in dem Christus, Der ihn geliebt und Sich Selbst für ihn dahingegeben hat,' und auf Dessen Ankunft er jeden Tag seines Lebens hofft.
Das sind, Wir wiederholen es, die Gedanken des Neuen Testaments über einen Christen. Wie unendlich verschieden sie sind von dem gewöhnlichen Gepräge christlicher Bekenntnisse um uns her, brauchen wir wohl nicht zu sagen. Möchte der Leser sich nach dem göttlichen Muster messen und sehen, wo ran es bei ihm fehlt; denn er kann versichert sein, daß, soweit die Liebe Gottes, oder das Werk Christi, oder das Zeugnis des Heiligen Geistes in Betracht kommen, es durchaus keinen Grund gibt, weshalb er sich nicht des ganzen Reichtums jener geistlichen Segnungen, die der wahren christlichen Stellung angehören, völlig und ungeteilt erfreuen sollte. Finsterer, durch Gesetzlichkeit genährter Unglaube, schlechte Lehre und falsche Religiosität berauben eine große Zahl der geliebten Kinder Gottes des ihnen zukommenden Platzes und ihres Teils. Bei vielen jedoch ist es auch, daß es an dem vollständigen Bruch mit der Welt fehlt, wodurch sie gehindert sind, klar zu denken und als himmlische Menschen ihre Stellung zu verwirklichen und ihre Vorrechte zu genießen.
Doch wir greifen der Unterweisung, die wir in der vorbildlichen Geschichte Israels in Josua 3-5 entfaltet finden, vor. Wir lesen im Anfang des dritten Kapitels: „Da machte sich Josua des Morgens früh auf, und sie brachen auf von Sittim und kamen an den Jordan, er und alle Kinder Israel, und sie rasteten daselbst, ehe sie hinübergingen. Und es geschah am Ende von drei Tagen, da gingen die Vorsteher mitten durch das Lager, und sie geboten dem Volke und sprachen: Sobald ihr die Lade des Bundes Jehovas, eures Gottes seht, und die Priester, die Leviten, sie tragen, dann sollt ihr von eurem Orte aufbrechen und ihr nachfolgen. Doch soll zwischen euch und ihr eine Entfernung sein bei zweitausend Ellen an Maß. Ihr sollt ihr nicht nahen, auf daß ihr den Weg wisset, auf dem ihr gehen sollt; denn ihr seid des Weges früher nicht gezogen" (Jos 3, 1-4).
Es ist unser sehnlicher Wunsch, daß der Leser mit aller Ein= fachheii und Klarheit die wahre geistliche Bedeutung des Jordanflusses erfasse. Wie das Rote Meer, so stellt auch der Jordan den Tod Christi in einem seiner wichtigsten Gesichtspunkte vor, Als die Kinder Israel auf der anderen Seite 'des Schilfmeeres standen, sangen sie das Lied der Erlösung. Sie waren ein befreites Volk, befreit von Ägypten und von der Macht Pharaos. Sie sahen alle ihre Feinde tot an den Ufern des Meeres. Sie konnten deshalb in jubelnden Tönen ihren triumphierenden Einzug in das gelobte Land im voraus besingen. „Du hast durch deine Güte geleitet das Volk, das du erlöst, hast es durch deine Stärke igeführt zu deiner heiligen Wohnung. Es hörten's die Völker, sie bebten, Zittern ergriff die Bewohner Philistas. Es wurden bestürzt die Fürsten Edoms, die Starken Moabs, sie ergriff Beben; es verzagten alle Bewohner Kanaans. Es über= fiel sie Schrecken und Furcht; ob der Größe deines Armes verstummten sie gleich einem Stein, bis hindurchzog dein Volk, Jehova, bis hindurchzog das Volk, das du erworben hast. Du wirst sie bringen -und pflanzen auf den Berg deines Erbteils, die Stätte, die du, Jehova, zu deiner Wohnung gemacht, das Heiligtum, Herr, das deine Hände bereitet haben. Jehova wird König sein immer und ewiglich" (2. Mo 15, 13-18)1 Dies alles war herrlich und göttlich wahr, und doch war Israel noch nicht in Kanaan. Der Jordan, den sie in ihrem prächtigen Siegesge= sang gar nicht erwähnen, lag noch zwischen ihnen und dem gelobten Land. Es ist wahr, nach den Ratschlüssen Gottes und nach dem Urteil des Glaubens gehörte das Land ihnen, aber sie hatten noch die Wüste zu durchpilgern, den Jordan zu überschreiten und das Land selbst in Besitz zu nehmen.
Wir begegnen der gleichen Erscheinung fortwährend in der Geschichte der Seelen. In den ersten Augenblicken nach der Bekehrung findet sich nur Raum für Freude, Dank und Preis. Die Seelen wissen, daß ihre Sünden vergeben sind, und sie sind mit Bewunderung, Liebe und Anbetung erfüllt. Gerecht= fertigt aus Glauben, haben sie Frieden mit Gott; sie können sich in der Hoffnung Seiner Herrlichkeit rühmen, ja sie können sich Gottes Selbst rühmen durch unseren Herrn Jesum Christum. Sie befinden sich in Römer 5, 1-11; und in einer Hinsicht kann es nichts Erhabeneres geben. Im Himmel selbst werden wir nichts Erhabeneres oder Besseres besitzen als diese Freude und dies Rühmen in Gott, aber dann freilich in einer vollkommenen Weise. Man spricht oft davon, daß das achte Kapitel des Römer briefes erhabenere Wahrheiten enthalte, als das fünfte. Aber. was kann wohl höher und erhabener sein, als sich Gottes zu rühmen Wenn wir zu Gott gebracht sind, haben wir den höchsten Punkt erreicht, zu dem eine Seele je kommen kann. Ihn zu kennen als unser Teil, unsere Ruhe, unseren Halt, den Gegenstand unserer Herzen, unser alles, alle unsere Quellen in Ihm zu haben und zu wissen, daß Er zu allen Zeiten, an allen Orten und in allen Umständen eine volle Fülle für unsere Augen ist, das ist für den Gläubigen der Himmel selbst.
Doch dieser Unterschied besteht zwischen Röm 5 und 8, daß die Kapitel 6 und 7 dazwischenliegen. Wenn die Seele prak= tischerweise die Kapitel 6 und 7 durchschritten und gelernt hat, wie sie die kostbaren und tiefen Wahrheiten, die darin sind, auf die großen Fragen der inwohnenden Sünde und des Gesetzes anwenden muß, dann ist sie in einem besseren Zustande, obwohl sicherlich nicht in einer erhabeneren Stellung. Wir wiederholen noch einmal ausdrücklich die Worte: „praktisch durchschritten", denn wir müssen dies getan haben, wenn wir wirklich in jene heiligen Geheimnisse, Gott gemäß, eintreten wollen. Es ist nicht schwer, darüber zu sprechen, daß wir der Sünde und dem Gesetz gestorben sind, es ist leicht diese Dinge in Römer 6 und 7 niedergeschrieben zu sehen und mit dem Verstande ihre bloße Theorie zu erfassen. Die Frage ist aber: Haben wir sie uns zu eigen gemacht? Sind sie durch die Macht des Heiligen Geistes in praktischer Weise auf unsere Seelen angewendet worden? Finden sie in unserem täglichen Wandel einen lebendigen Ausdruck zur Verherrlichung Dessen, Der uns um einen so hohen Preis zu einem so wunderbaren Platz der Segnung und des Vorrechts gebracht hat? Es steht sehr zu befürchten, daß diese tiefen und kostbaren Wahrheiten bei einem großen Teil der Gläubigen eine bloße Sache des Wissens sind, während sie, wenn sie wirklich in geistlicher Kraft erfaßt werden, im praktischen Leben die bemerkenswertesten Resultate hervorzubringen vermögen.
Doch wir müssen zu unserem Thema zurückkehren, und indem wir dies tun, möchten wir die Frage an jeden Leser dieser Zeilen richten: „Verstehst du wirklich die wahre geistliche Be deutung des Jordanflusses?" Wir haben gesagt, daß er den Tod Christi darstelle. Aber wir können den Tod Christi von verschiedenen Gesichtspunkten aus betrachten, und wir glauben, daß der Jordan nicht so sehr ein Bild des Todes unseres Herrn Jesu ist in seiner Anwendung auf das, wovon Er uns befreit hat, als vielmehr auf das, worin wir eingeführt worden sind. Das Rote Meer befreite Israel von Ägypten und von Pharao. Der Jordan brachte sie in das Land Kanaan. Wir finden beides in dem Tode Christi. Er hat uns, gepriesen sei Sein Name! durch Seinen Kreuz.e'stod nicht nur von unseren Sünden, unserer Schuld und unserer Verdammnis, sondern auch von der Macht Satans und von diesem gegenwärtigen bösen Zeitlauf befreit, und Er hat uns durch dasselbe unendlich kostbare Werk jetzt in eine ganz neue Stellung, in eine lebendige Vereinigung und Gemeinschaft mit Sich Selbst gebracht, und zwar dort, wo Er ist zur Rechten Gottes. Das ist die bestimmte Lehre des 2. Kapitels des Briefes an die Epheser. Der Apostel sagt dort: „Gott aber, der reich ist an Barmherzigkeit, wegen seiner vielen Liebe, womit er uns geliebt hat, als auch wir in den Vergehungen tot waren, hat uns mit dem Christus lebendig gemacht (durch Gnade seid ihr errettet), und hat uns mitauf erweckt und mit-sitzen lassen in den himmlischen iirtern in Christo Jesu" (V. 4-6).
Beachten wir hier das Wörtchen „hat". Der Apostel spricht nicht davon, was Gott tun will, sondern was Er getan hat - getan für uns und mit uns in Christo. Der Gläubige erwartet nicht, zum Himmel zu gehen, wenn er stirbt. Er ist schon dort in der Person Seines lebendigen und verherrlichten Hauptes, er ist dort im Geist und durch den Glauben. Aber ist das alles wirklich wahr? möchte vielleicht mancher fragen. Es ist ebenso wahr und gewiß, wie Christus am Kreuze hing und im Grabe lag. Ebenso wahr und gewiß, wie wir tot in Sünden und Übertretungen waren. Es ist so wahr, wie es die ewige Wahrheit Gottes machen kann, so wahr, wie die Inwohnung des Heiligen Geistes in jedem wahren Gläubigen.

Wir sprechen jetzt natürlich nicht von der praktischen Verwirklichung aller dieser herrlichen Wahrheiten im täglichen Leben des Christen. Das ist eine ganz andere Sache. Ach, wenn wir unsere Schlüsse über die wahre christliche Stellung aus dem praktischen Wandel der bekennenden Christen zu ziehen hätten, so könnten wir das Christentum nur als eine sagen hafte Mythe, als einen Schatten aufgeben. Doch, Gott sei Dank! es ist nicht so. Aus den Schriften des Neuen Testaments erfahren wir, was wahres Christentum ist, und wir lernen dort zu gleicher Zeit, uns selbst, unsere Wege. und unsere Um= gebung in seinem himmlischen Licht zu richten. Auf diese Weise werden unsere Herzen, während wir sicher immer über unsere Gebrechen zu seufzen und sie zu bekennen haben werden, mehr und mehr' erfüllt sein mit Lob und Dank gegen ihn, Dessen unendliche Gnade uns in Verbindung und in Gemein schaft mit Seinem eigenen Sohn in eine so herrliche Stellung versetzt hat, eine Stellung, die in keiner Weise von unserem persönlichen Zustand abhängig ist, sondern die, wenn sie wirklich verstanden wird, einen mächtigen Einfluß auf unser ganzes Verhalten und auf unseren Charakter ausüben muß. Je tiefer wir in die vorbildliche Belehrung, die uns in dem Jordanfl.uß dargeboten wird, eindringen, um so klarer muß es uns werden, daß die ganze christliche Stellung in dem Stand= punkt eingeschlossen ist, von dem wir ihn betrachten. Wenn der Jordan ein Bild des Todes ist und wir diesem noch zu begegnen haben, dann sind wahrlich unsere Aussichten sehr düster; denn der Tod ist der Lohn der Sünde) und die Sünde ist der Stachel des Todes. Aber Gott sei Dank! es ist nicht s. Das große Gegenbild der Bundeslade ist vor uns in den Jordan hineingegangen, um iseine Fluten aufzuhalten und ihn zu einem trockenen Pfad für unsere Füße zu machen, damit wir rein und unversehrt in unser himmlisches Erbteil hinübergehen könnten. Der Fürst des Lebens hat um unseretwillen den, der die Macht des Todes hat zunichte gemacht. Er hat dem Tode seinen Stachel genommen, ja Er hat den Tod selbst zu dem Mittel gemacht, durch das wir in dein gegenwärtigen Augenblick im Geiste und durch den Glauben das himmlische Kanaan erreichen.
Laßt uns jetzt untersuchen, inwieweit dies alles in unserem Vorbilde dargestellt wird. Vor allem ist der Befehl, der durch die Vorsteher gegeben wurde, beachtenswert. „Sobald ihr die Lade des Bundes Jehovas, eures Gottes, sehet, und die Priester, die Leviten, sie tragen, dann sollt ihr von eurem Orte auf brechen und ihr nachfolgen". Die Lade mußte vorausgehen. Die Israeliten durften sich keinen Zoll auf jenem geheimnisvollen Wege vorwärtsbewegen, bevor das Symbol der Gegenwart Gottes vorausgegangen war. „Doch soll zwischen euch und ihr eine Entfernung sein bei zweitausend Ellen an Maß. Ihr sollt ihr nicht nahen, auf daß ihr den Weg wisset, auf dem ihr gehen sollt, denn ihr seid des Weges früher nicht gezogen" (V. 4). Es war ein unbekannter Weg, der noch nie betreten worden war. Wir bitten den Leser dringend, mit Aufmerksamkeit Römer 3-8 und Epheser 1 und 2 zu lesen und diese Kapitel In Verbindung mit dem uns augenblicklich beschäftigenden Gegenstande zu untersuchen. Die Kapitel 3-8 im Römerbrief stehen in genauer Beziehung zu den Begebenheiten am Roten Meer, die Kapitel 1-2 im Epheserbrief in Beziehung zu dem Jordan, war. Kein Sterblicher konnte ihn straflos betreten. Tod und Verdammnis sind miteinander verbunden. „Es ist dem Menschen gesetzt, einmal zu sterben, danach aber das Gericht" (Flebr 9,27). Wer kann vor dem König der Schrecken bestehen? Wer kann.jenem grimmigen, schrecklichen Feinde Trotz bieten? Wer kann die Fluten des Jordan durchschreiten? Der arme Petrus glaubte, es zu können, aber wir wissen, wie sehr er sich täuschte. Er sagte zu Jesu: „Herr, wo gehst du hin? Jesus antwortete ihm; Wo ich hingehe, kannst du mir jetzt nicht folgen; du wirst mir aber später folgen" (Joh 13, 36). Welch eine deutliche Erklärung geben uns diese Worte über die Bedeutung jenes geheimnisvollen Zwischenraums zwischen Israel und der Lade des Bundes! Petrus verstand diesen Zwischen raum nicht. Er hatte Josua 3 und 4 nicht richtig untersucht. Er kannte durchaus nicht jenen schrecklichen Pfad, den sein geliebter Herr und Meister im Begriff stand zu betreten. „Petrus spricht zu ihm: Herr, warum kann ich dir jetzt nicht folgen? Mein Leben will ich für dich lassen" (V. 37).
Der arme Petrus! Wie wenig kannte er sich selbst! Wie wenig verstand er von dem, was er sich in seiner Unwissenheit vermaß zu tun! Er dachte nicht im geringsten daran, daß schon das ferne Geräusch der dunklen Wasser des Todes genügen wür= den, um ihn so zu erschrecken, daß er fluchen und schwören würde, seinen Meister nicht zu kennen. „Jesus antwortete: Dein Leben willst du für mich lassen? Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Der Hahn wird nicht krähen, bis du mich dreimal ver leugnet hast" (\T. 38).
„Doch soll eine Entfernung sein zwischen euch und ihr". Wie nötig und wichtig ist dies! Zwischen Petrus und dem Herrn gab es wahrlich einen Zwischenraum. Jesus mußte vorangehen. Er mußte dem Tode in seiner schrecklichen Gestalt begegnen. Er mußte jenen rauhen Pfad in völliger Einsamkeit betreten, denn wer hätte Ihn begleiten können?
„Du kannst mir jetzt nicht folgen; du wirst mir aber später folgen". Anbetungswürdiger Herr! Er wollte nicht dulden, daß Sein armer, schwacher Diener jenen schrecklichen Pfad eher betrat, als bis Er Selbst vorangegangen war und seinen Charakter so gänzlich verändert hatte, daß er durch die Strahlen des Lebens und der Unsterblichkeit erhellt wird. Unser Jesus hat den Tod zunichte gemacht und Leben und Unvergänglichkeit ans Licht gebracht durch das Evangelium” (2. Tim 1, 10). Der Tod ist daher für den Gläubigen nicht länger mehr Tod. Für Jesum war es der Tod in seiner ganzen furchtbaren Wirklichkeit, mit allen seinen Schrecken. Er begegnete ihm als der, Macht, die Satan über die Seele des Menschen besitzt. Er begegnete ihm als der Strafe, welche die Sünde verdient, und als dem gerechten Gericht Gottes gegen die Sünde und gegen uns. Nichts was imstande war, den Tod schrecklich zu machen, fehlt bei dem Tode Christi. Er begegnete allem, und wir werden, Gott sei dafür gepriesen! 'als solche betrachtet, die in Ihm und durch Ihn durch alles hindurchgegangen sind. Wir starben in Ihm, so daß der Tod nicht länger ein Anrecht auf uns oder eine Macht über uns hat. Seine Anrechte sind beseitigt; seine Macht ist gebrochen und für alle Gläubigen hinweggetan. Der ganze Schauplatz ist völlig vom Tode gereinigt und mit Leben und Unvergänglichkeit angefüllt.
Und dann finden wir in der Geschichte des Petrus, im letzten Kapitel des Evangeliums Johannes, wie unser Herr, voll von Gnade, dem aufrichtigen Verlangen Seines Dieners, seinem geliebten Herrn zu folgen, entgegenkommt. „Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: als du jünger warst, gürtetest du dich selbst und wandeltest, wohin du wolltest; wenn du aber alt geworden bist, wirst du deine' Hände ausstrecken, und ein anderer wird dich gürten und hinbringen, wohin du nicht willst. Dies aber sagte er, andeutend, mit welchem Tode er Gott verherrlichen sollte" (Joh 21, 18. 19). Der Tod wurde also, anstatt das Ge= richt Gottes zu sein um Petrus zu überwältigen,-zu einem Mittel, durch das er Gott verherrlichen konnte.
Welch eine herrliche Tatsache! 'Welch ein staunenswertes Geheimnis! Wie verherrlicht dieses das Kreuz oder vielmehr den Einen, 'Der am Kreuze hing! Welch eine gewaltige Umwälzung muß statigeftinden haben, wenn ein armer, sündiger Mensch im Tode Gott verherrlichen kann! So völlig ist der Tod seines Stachels beraubt und so gänzlich sein Charakter verändert worden, daß wir ihm, statt vor ihm zurückzuschrecken, mit Siegesliedern auf unseren Lippen entgegengehen können, und daß er, statt für uns der Lohn der Sünde zu sein, zu einøm Mittel wird, durch das wir Gott verherrlichen können.
Doch wir müssen zu unserem Gegenstand zurückkehren. „Und Josua sprach zu den Priestern und sagte; Nehmet die Lade des Bundes auf und ziehet vor dem Volke hinüber. Und sie nahmen die Lade des Bundes auf und gingen vor dem Volke her. Und Jehova sprach zu Josua: An diesem Tage will ich beSinnen, dich in den Augen von ganz Israel groß zu machen, damit sie wissen, daß, so wie ich mit Mose gewesen bin, ich mit dir sein werde". Josua steht vor uns als ein Vorbild Ides auferstandenen Christus, Der in der Macht des Heiligen Geistes Sein Volk in sein himmlisches Erbe einführt. Die Priester, welche die Lade mitten in den Jordan hineintragen, stellen Christum vor, Wie Er für uns in den Tod ging und die Macht völlig vernichtete. Er ging durch die finsteren Fluten des Todes hindurch, um unsere' Ruhe zu sichern, und nicht allein dies, sondem auch, um uns in Verbindung mit Sich in die Ruhe einzuführen, und zwar jetzt im Geiste und durch den Glauben, später aber in Wirklichkeit. „Und Josua sprach zu den Kindern Israel: Tretet herzu und höret die Worte Jehovas, eures Gottes! Und Josua sprach: Hieran sollt ihr wissen, daß der lebendige Gott in eurer Mitte ist, und daß er die Kanaaniter und die Hethiter... gänzlich vor euch-austreiben wird. Siehe, die Lade des Bundes des Herrn der ganzen Erde wird vor euch hrgehen in den Jordan" (V. 9-11).
Daß die Bundeslade in den Jordan eintrat, bewies zweierlei, nämlich daß der lebendige Gott in der Mitte Seines Volkes gegenwärtig war, und daß Er alle ihre Feinde gänzlich vor ihnen austreiben würde. Der Tod Christi ist für den Glauben die Grundlage und die Garantie für alles. Aus der einen großen Tatsache, daß Christus für uns in den Tod gegangen ist, schlie= ßen wir mit völligem Vertrauen, daß alles in Ordnung gemacht ist. Gott ist mit uns, und Gott ist Für uns. „Er, der doch seines eigenen Sohnes nicht geschonl:, sondern ihn für uns alle hingegeben hat, wie wird er uns mit ihm nicht auch alles schenken" (Röm 8, 32)? Die Schwierigkeit für den Ungläubigen besteht in der Frage: „Wie wird Er schenken?" Der Glaube dagegen fragt: „Wie wird Er nicht schenken?" Israel mochte verwundert fragen, wie denn alle die zahllosen Heere der Kanaaniter vor ihnen ausgetrieben werden sollten; blickten sie jedoch auf die Lade' in der Mitte des Jordan, so mußten alle Bedenken und alle Zweifel schwinden. Und daher können wir fragen: Was dürfen wir nicht erwarten im Blick darauf, daß Christus für uns gestorben ist? Nachdem Gott Seines eingeborenen Sohnes nicht geschont, sondern Ihn für uns alle hingegeben hat, gibt es nichts mehr, was für Ihn zu gut, zu groß oder zu herrlich wäre, um es für uns und in uns und mit uns zu tun. Allesf ist uns durch den Tod Christi zugesichert. Er hat den Weg geöffnet, auf dem sich die reichen Ströme der Liebe Gottes in unsere Seelen ergießen können. Er gibt uns die süße Versicherung, daß Er, der Seinen eigenen Sohn für uns auf dem Fluchholz richtete, allen. unseren Bedürfnissen begegnen, uns durch alle Schwierigkeiten hindurchführen und in den vollen Besitz und Genuß von allem bringen wird, was Seine ewigen Gnaden Ratschlüsse für uns vorgesehen haben. Nachdem Er uns einen solchen Beweis Seiner Liebe zu einer Zeit, da wir noch Sünder waren, gegeben hat, was können wir da nicht jetzt aus Seinen Händen erwarten, wo Er uns in Verbindung mit der gesegneten Person Dessen sieht, Der Ihn im Tode verherrlicht hat? Sobald Israel die Lade in der Mitte des Jordan erblickte, war es berechtigt, alles für geordnet zu betrachten. Sie hatten wohl, wie wir wissen, von dem Lande noch Besitz zu nehmen und ihre Füße auf ihr Erbe zu setzen, aber die Macht, die imstande war, die Wogen des Jordan aufzuhalten, vermochte auch jeden Feind vor ihnen auszutreiben und sie in den friedlichen Besitz von allem zu bringen, was Gott ihnen verheißen hatte.
Bevor wir diese kurze Betrachtung über Gilgal schließen, müssen wir unsere Gedanken noch auf die praktische Anwendung dessen richten, was unsere Aufmerksamkeit bisher be schäftigt hat. Wenn es wahr ist - und es ist wahr - daß Christus für uns starb, so ist es gleichfalls wahr, daß wir in Ihm mitgestorben sind. Es gibt wohl keine Wahrheit von größerem praktischem Wert als diese. Sie bildet die Grundlage von allem wahren Christentum. Wenn Christus für uns und wir mit Ihm gestorben und auferweckt sind, so sind wir dadurch völlig aus unserer alten Stellung und ans allem, was ihr angehörte, herausgenommen und auf einen ganz neuen Boden gestellt wor= den. Wir können von dem Auferstehungs Ufer aus zurückblicken auf den finsteren Todesfluß und in seinen tiefsten Tiefen das Gedächtnis an den Sieg entdecken, den der Fürst des Lebens für uns errungen hat. Wir erblicken den Tod nicht vor uns; er liegt hinter uns, und wir können in Wahrheit sagen: „Die Bitterkeit des Todes ist vorüber".
Jesus begegnete dem Tode für uns, und das in seiner schreck= lichsten Form. Gerade wie der Jordan geteilt wurde, als er am gewaltigsten erschien - „denn der Jordan war voll über alle seine Ufer, alle Tage der Ernte hindurch" - so auch stritt Christus mit unserem letzten großen Feinde in seiner schrecklichsten Gestalt, und Er besiegte ihn. Preis und Anbetung sei Seinem herrlichen Namen! Es ist unser Vorrecht, durch den Glauben und im Geiste auf der kanaanitischen Seite des Jordan zu stehen und unseren Lobgesang zu erheben über alles, was der Heiland, der wahre Josua, für uns getan hat.
„Und es geschah, als die ganze Nation vollends über den Jordan gezogen war, da sprach Jehova zu Josua und sagte: Nehmet euch aus dem Volke zwölf Männer, je einen Mann aus einem Stamme, und gebietet ihnen und sprechet: Hebet euch auf von hier, aus der Mitte des Jordan, von dem Standort, wo die Füße der Priester fest gestanden haben, zwölf Steine, und bringet sie mit euch hinüber und leget sie nieder in dem Nachtlager, wo ihr diese Nacht übernachten werdet. Und Josua rief die zwölf Männer, die er aus den Kindern Israel bestellt hatte, je einen Mann aus einem Stamme. Und Josua sprach zu ihnen: Gehet hinüber vor der Lade Jehovas, eures Gottes, in die Mitte des Jordan, und hebet euch auf ein jeder einen Stein auf seine Schulter, nach der Zahl der Stämme der Kinder Israel, damit dies ein Zeichen unter euch sei. Wenn eure Kinder künftig fragen und sprechen: Was bedeuten euch diese. Steine? so sollt ihr zu ihnen sagen, daß die Wasser des Jordan vor der Lade des Bundes Jehovas abgeschnitten wurden; als sie durch den Jordan ging, wurden die Wasser des Jordan abgeschnitten. Und diese Steine sollen für die Kinder Israel zum Gedächtnis sein ewiglich" (Jos 4, 1-7).
Welche Lektionen gibt es hier für uns zu lernen! Je ein Mann aus jedem Stamm hatte einen Stein zu nehmen von dem Stand= ort hinweg, wo die Füße der Priester gestanden hatten. Alle sollten in eine lebendige, persönliche Verbindung mit der großen, geheimnisvollen Tatsache gebracht werden, daß die Wasser des Jordan abgeschnitten wurden. Alle sollten teilhaben an der Errichtung eines Gedenkzeichens an diese Tatsache, und zwar eines Gedenkzeichens, das die Frage ihrer Kinder erregen sollte. Richten wir auch ein solches Zeichen auf? Sind wir ein Zeugnis von der Tatsache, daß unser Jesus die Macht des Todes für uns überwunden hat? Beweisen wir in unserem täglichen Leben, daß Christus für uns gestorben ist, und wir in Ihm? Gibt es etwas in unserem Wandel, das dem in der eben ange führten Stelle enthaltenen Bilde entspricht? Bekennen wir es offen, daß wir unversehrt den Jordan überschritten haben, daß wir zu dem Himmel gehören und nicht mehr im Fleische, son= dem im Geiste sind? Sehen unsere Kinder etwas in unseren Gewohnheiten und Wegen, in unserem ganzen Charakter, in unserem Wandel und in unserer Lebensweise, das sie dazu führt, zu fragen: „Warum tut ihr dieses?" Leben wir als solche, die mit Christo der Sünde und der Welt gestorben sind? Sind wir praktisch von der Welt getrennt und haben wir, kraft unserer Vereinigung mit einem auferstandenen Christus, alle unsere Stützen auf gegenwärtige Dinge fahren lassen?
Dies sind ernste Fragen für die Seele, mein lieber christlicher Leser. Laßt uns suchen, sie aufrichtig, als die wir uns in der göttlichen Gegenwart befinden, zu beantworten. Wir bekennen diese Dinge und halten sie in der Theorie aufrecht; wir sagen, daß wir glauben, daß Jesus für uns gestorben ist, und wir in Ihm. Wo ist der Beweis, wo das bleibende Gedächtnis? Möchten wir uns aufrichtig vor Gott. richten! Möchten wir uns nicht länger mit etwas wenigerem zufriedengeben, als der völligen, praktischen Verwirklichung der großen Wahrheit, daß „wir gestorben sind, und daß unser Leben verborgen ist mit dem Christus in Gott!" Ein bloßes Bekenntnis ist wertlos. 'Wir bedürfen der lebendigen Kraft, der wahren Resultate und der persönlichen Früchte.
„Und das Volk stieg aus dem Jordan herauf am Zehnten des ersten Monats, und sie lagerten in Gilgal an der Ostgrenze von Jericho. Und jene zwölf Steine, die sie aus dem Jordan genom= men hatten" - es sind' Steine von besonderer Bedeutung; keine anderen Steine konnten eine solche Sprache reden, keine solche Lektionen geben, keine solche wunderbare Tatsache symbolisch darstellen -„jene zwölf Steine richtete Josua zu Gilgal auf. Und er sprach zu den Kindern Israel und sagte: Wenn eure Kinder künftig ihre Väter fragen und sprechen: Was bedeuten diese
Steine? so sollt ihr es euren Kindern kundtun und sprechen: auf trockenem Boden ist Israel durch diesen Jordan gezogen. Denn Jehova, euer Gott, hat die Wasser des Jordan vor euch ausgetrocknet, bis ihr hinübergegangen wäret, wie Jehova, euer Gott mit dem Schilfmeer tat, das er vor uns .austrocknete, bis wir hinübergegangen waren: damit alle Völker der Erde die Hand Jehovas erkennten, daß sie stark ist; damit ihr Jehova, euren Gott, fürchtet alle Tage" (JÖs 4,19-24)
Hier sehen wir also Israel in Gilgal. Jedes Glied des Heeres hatte unversehrt den Jordan überschritten; nicht einer von ihnen war von den Fluten des Flusses berührt worden. Die Gnade hatte sie alle wohlbehalten in das ihren Vätern verheißene Erbteil gebracht. Sie waren nicht nur von Ägypten durch das Rote Meer getrennt, sondern auch durch das trockene Bett des Jordan in das Land Kanaan hineingebracht worden und hatten ihr Lager in den Ebenen Jerichos, bei Gilgal, aufgeschlagen. Doch beachten wir, was jetzt folgt: „Und es geschah, als alle Könige der Amoriter, die diesseits des Jordan westwärts, und alle Könige der Kanaaniter, die am Meere waren, hörten, daß Jehova die Wasser des Jordan vor den Kindern Israel aus= getrocknet hatte, bis sie hinübergegangen waren, da zerschmolz ihr Herz, und es war kein Mut mehr in ihnen vor den Kindern Israel. In selbiger Zeit" - beachten wir Lese Worte! als alle Nationen bei dem bloßen Gedanken an dieses Volk vor Schrek= ken gelähmt waren -„in selbiger Zeit sprach Jehova zu Josua: Mache dir Steinmesser und beschneide wiederum die Kinder Israel zum zweiten Male" (Kap. 5, 1. 2).
Wie bezeichnend ist dies! Welch eine Fülle von Gedanken erwecken diese „Steinmesser" in uns! Als Israel im. Begriff stand, das Schwert über die Kanaaniter zu bringen, mußten zuvor die Steinmesser auf sie selbst angewandt werden. Sie waren -in der Wüste nicht beschnitten worden.
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